While you're sleeping (Literati & evtl. später JJ) -
MinowaySunshine - 02.08.2006
Oh, man, bin ich froh das noch wer da ist...
Also, ich muss jetzt zwar los, aber ich verspreche dass ich bald den nächsten Teil poste. Ich freue mich das noch wer diesen Thread betritt und meine Story doch noch liest... danke
Minoway
While you're sleeping (Literati & evtl. später JJ) -
MinowaySunshine - 05.09.2006
So, endlich der neue Teil, hoffe dass noch jemand Lust drauf hat. Wenn genug Leute lesen und auch FB geben... ich muss mich erst wieder einfinden. Also verzeiht dass es ein wenig Chaotisch ist.
Hiermit widme ich diesen Teil Selene, danke fürs lesen... Viel Spass
[B]Kapitel 10.[/B]
Ich fühle mich so anders. So als könnte ich aufstehen und einfach loslaufen. Als könnte ich Rory in meine Arme schlieÃen und sie einfach nur fest an mich drücken. Als könnte ich zu Jasons Grab gehen und, wie versprochen, eine Gitarrensaite darauf legen. Ich fühle mich, als könnte ich die Welt umarmen, den Himmel küssen... und so viel Luft einatmen, wie ich sie die letzten Monate vermisst habe. Ich fühle mich, als würde ich bald wieder hier rauskommen und Rory in meine Arme schlieÃen können. Ich fühle mich so lebendig...
Ich öffne erneut die Tür zu Jessâ Zimmer und gehe ein paar Meter den Flur hinunter, bis zu dem Münztelefon. Ich fühle mich schwach, meine Knie sind zittrig und mir ist kalt. Ich stütze mich einen Moment gegen das Telefon und atme tief durch. Ich greife nach dem Hörer und fühle mich einfach nur müde, überanstrengt und kaputt. Ich schmeiÃe einige Münzen ein und wähle eine mir wohlbekannte Nummer.
Ich werde von einem schrillen Klingeln wach. Verschlafen sehe ich mich um. Ich sitze auf dem Sofa, Luke hockt neben mir und schnarcht ein bisschen. Dann dringt das Telefonklingeln an mein Bewusstsein. Ich springe auf und reiÃe Luke beinahe auf den Boden. Ich hebe den Hörer ab und murmle ein grummeliges.
[B]Guten Morgen, an alle...[/B]
[B]Ja, ein schöner morgen, [/B]
sagt Sookie am anderen Ende.
[B]Wer bist du, du Fisch? [/B]Frage ich und wundere mich über meine BegrüÃung.
Lorelai, ist alles okay? Fragt Sookie und klingt besorgt.
[B]Ja, ja, ich habe geschlafen...[/B]
[B]Ich habe dich geweckt!!!! Das tut mir leid, wirklich, es tut mir leid... Jetzt kannst du schon mal schlafen und ich blöde Kuh wecke dich einfach... es tut mir so leid...[/B]
stammelt Sookie und ich höre ein merkwürdiges Geräusch, wie ein Kopf, der auf eine Tischkante schlägt.
Sookie, es ist nicht so schlimm, ich hätte dich sowieso anrufen müssen. Ich wollte dich fragen, ob es dir was ausmacht, wenn ich mir heute frei nehme und zu Rory fahre. Ich sage Michel Bescheid und alles, ganz wie du willst... ich weiÃ, Sookie hat Verständnis.
Ist doch klar, SüÃe. Sag ihr schöne Grüsse von mir, ja? Sagt Sookie und klingt fröhlich.Warum hast du angerufen? Frage ich.
Ãhm... ich weià nicht mehr so genau... mach dir keine Sorgen, ich hab es vergessen... sagt Sookie und ich muss lächeln. Wir verabschieden uns und ich lege auf.
Enttäuscht hänge ich den Hörer ein. Das war jetzt der vierte Versuch in fünf Minuten. Immer besetzt. Was wohl los ist? Soll ich noch einmal probieren? Ich lasse den Kopf hängen und fühle mich allein gelassen mit meinen Gefühlen und Empfindungen. Ich muss mich zusammenreiÃen um nicht laut loszuschluchzen. Ich beiÃe mir auf die Lippe und werfe erneut die Münzen ein. Das Telefon klingelt. Hoffentlich komme ich diesmal durch.
Das Telefon klingelt erneut. Wer verlangt mich denn heute alles? Ich hebe ab.
[B]Das zweite Gespräch innerhalb von zehn Minuten. Ihr habt mich aber heute alle wieder lieb, was? [/B]Sage ich fröhlich und erwarte eine empört-lachende Antwort auf meine morgendliche Frische, die ich nur meiner bevorstehenden Fahrt zu Rory zu verdanken habe.
Mom... höre ich Rorys Stimme am anderen Ende der Leitung.
Rory! Rufe ich erstaunt und lasse mich in den Sessel sinken. Was ist los, mein Schatz?
Mom, kannst du kommen? Fragt Rory und klingt verzweifelt.
[B]Ich hatte mir frei genommen. Ich wollte gerade zu dir los fahren. [/B]Meine Stimme klingt belegt und mein Kopf ist schwer. Was ist los mit ihr? Was ist los mit dir?
Ich bin gestern Abend ins Krankenhaus gefahren und Dr. Welling hat auf mich gewartet. Sie haben Jess in ein anderes Zimmer verlegt. Auf einer anderen Station. Ich war die ganze Nacht hier, kannst du bitte kommen? Fragt Rory und ich will auflegen und mich sofort ins Auto setzen.
[B]Natürlich, mein Schatz, ich mache mich sofort auf den Weg. [/B]
Wir legen auf und ich gehe zum Sofa.
[B]Luke! Luke, wach auf.[/B]
[B]Was ist... [/B]
murmelt er und öffnet die Augen. Er sieht mich an. Wie spät ist es...
Ich sehe auf die Uhr neben dem Telefon. Acht.
[B]Was?
[/B]
Ich fahre wie als ginge es um mein Leben, viel zu schnell. Ich überschreite jede Geschwindigkeitsgrenze um über die Hälfte. Wo 60 steht, fahre ich 90. Luke neben mir, auf dem Beifahrersitz, stirbt tausend Tode. Mein Kopf dröhnt, malt sich verschiedene Situationen aus. Was ist mit Jess? Ob er wohl...
Nein, Lorelai, es geht ihm bestimmt besser... oder?
In meinem Kopf schwirren Erinnerungen an meinen letzten Besuch bei Rory. Das ist jetzt etwa zwei Wochen her.
..........................
Ich komme in ihr Zimmer. Sie sitzt auf dem Bett und blättert in einem Buch. Ich bleibe in der Tür stehen und beobachte sie lange Zeit. Sie sieht konzentriert aus, und doch weià ich, dass es nicht so ist. Ich sehe mich um. Dass Bett steht in der Mitte des Raums und daneben ein kleiner Nachttisch, auf dem eine Lampe und ein Bilderrahmen mit einem Foto von Jess und Rory steht. Ich weià noch ganz genau wie ich dieses Bild selbst aufgenommen habe.
Mein Blick schweift weiter durch den Raum. Auf der linken Seite ein Schreibtisch, vor dem Fenster, auf der Rechten ein Kleiderschrank und ein Bücherregal, mit den wichtigsten Büchern.
Ich beobachte Rorys Gesicht. Sie ist schmal geworden, dünn, fast mager. Sie hat dunkle Augenringe und ihr Haar glänzt nicht mehr. Ihr Zustand treibt mir Tränen in die Augen, und ich unterdrücke sie um ihretwillen. Wie sie da sitzt, trauernd und leise denkend, mein Schatz, meine Kleine, mein Baby...
Endlich blickt sie auf. Sie entdeckt mich und springt auf, mir direkt in die Arme. Ich denke, es war einfach nötig, sie musste sich einfach ausweinen. Gibt es dafür einen besseren Ort als die Schulter der Mutter?
Sie drückt mich so fest, dass es fast schon weh tut. Ich freue mich, dass du da bist, sagt sie leise und mir wird warm.
Tut mir leid, dass ich nicht eher kommen konnte. Sage ich und führe sie zum Bett. Wie geht es dir? Frage ich, doch ich kenne die Antwort längst.
Na ja... es geht. Es könnte mir besser gehen, sagt sie und ich bin nicht überrascht. Sie setzt sich und ich lasse mich neben ihr nieder. Sie schiebt das Buch, in dem sie geblättert hatte, zur Seite, als wolle sie es verstecken.
Was liest du? Frage ich neugierig und greife nach dem Buch. Ich sehe wie Rory nach Luft schnappt, als würde sie sich auf das Schlimmste gefasst machen. Ich sehe auf den Umschlag des Buches. Es ist ein sehr altes Buch, vermutlich das älteste und wohl auch das dickste, das sie in der Uni-Bibliothek finden konnte. âKoma â Ursachen und Folgen" steht in groÃen Buchstaben auf dem Umschlag. Ich sehe sie an und lege das Buch zur Seite. Ach, Rory... ich ziehe sie in meine Arme und spüre, wie sie wieder zu weinen beginnt.
Es ist alles so aussichtslos, Mom... ich kann mich nicht konzentrieren, meine Noten werden immer schlechter und Jessâ Zustand ist auch unverändert. In dem Buch steht, dass es ab dem zweiten Jahr im Koma unwahrscheinlich ist, dass ein Patient je wieder aufwacht, und...
Ich unterbreche sie. Rory! Mach dich nicht verrückt. Wenn du es so siehst, ist er erst relativ kurz im Koma. Er wird wieder aufwachen, da bin ich mir sicher. Ich sehe sie an. Tränen laufen über ihr Gesicht und ich würde am liebsten alles, was sie an Last mit sich trägt, auf mich nehmen.
Aber... Hier steht auch, dass er sich vielleicht an nichts mehr erinnern kann. Dass er wahrscheinlich nicht einmal mehr reden oder laufen können wird. Ich habe so groÃe Angst. Nicht nur davor, dass er nicht mehr aufwacht, sondern vor dem was wird, wenn er wieder aufwacht. Sie schluchzt.
Wenn er wieder aufwacht, werden wir alles dafür tun, dass es ihm besser geht. Alles dafür, dass er sich an alles erinnert und dass er wieder zu einem normalen Leben kommt. Ja?
Rory nickt und wirkt weniger verängstigt.
Ich will nur, dass er nicht leidet. Ich will nur, dass alles so wird wie früher...
Ich sehe sie verständnisvoll an.
Du liebst ihn sehr, nicht? Frage ich und bereue es sofort, ich weià auch nicht warum.
Rory sieht mich ehrlich an. Aus tiefstem Herzen, sagt sie und ich weiÃ, dass es stark untertrieben ist.
.....................
Ich sehe Luke neben mir an. Er hat sich ein wenig entspannt und sieht aus dem Fenster. Ich fahre noch immer viel zu schnell, auf dem Highway nach New York. Ich will so schnell wie möglich bei Rory sein, ihr beistehen, was auch immer mit Jess ist. Ich höre noch immer ihre Stimme in meinem Kopf: Aus tiefstem Herzen...
While you're sleeping (Literati & evtl. später JJ) - Selene - 05.09.2006
Hallo!
Erst mal, vielen Dank für die Widmung!
Wegen lesen, gern geschehn
So, jetzt aber zu deinem wohlverdienten Feedback:
Zitat:Ich fühle mich so anders. So als könnte ich aufstehen und einfach loslaufen. Als könnte ich Rory in meine Arme schlieÃen und sie einfach nur fest an mich drücken. Als könnte ich zu Jasons Grab gehen und, wie versprochen, eine Gitarrensaite darauf legen. Ich fühle mich, als könnte ich die Welt umarmen, den Himmel küssen... und so viel Luft einatmen, wie ich sie die letzten Monate vermisst habe. Ich fühle mich, als würde ich bald wieder hier rauskommen und Rory in meine Arme schlieÃen können. Ich fühle mich so lebendig...
Ein gelungener Anfang
Man wird sofort wieder in den Bann deiner Geschichte gezogen.
Du hast einen wunderbaren Schreibstil. Ich leide und lebe jedes Mal richtig mit in deiner Geschichte.
Jess' Gedanken klingen so positiv. Ich hoffe, dass es ihm auch wirklich schon etwas besser geht.
Ich hoffe, dass seine Verlegung positive Gründe hat...
Rory - aber natürlich auch alle anderen, die um Jess bangen sowie dieser selbst - tun mir so leid. Ich fühle ihre Angst vor dem Ungewissen, als würde ich sie selbst durchleiden. Sie muss sich noch furchtbarer und allein gelassener gefühlt haben, als sie ihre Mutter nicht sofort erreichte.
Auch das Flashback ist dir wirklich gelungen.
Ich hatte Tränen in den Augen.
Besonders die Stelle ging mir Nahe:
Zitat:[B]Ich habe so groÃe Angst. Nicht nur davor, dass er nicht mehr aufwacht, sondern vor dem was wird, wenn er wieder aufwacht
[/B]
Ich muss mich wiederholen: Ich hab aller gröÃten Respekt davor, wie du es stets schaffst, die Gefühle zu vermitteln.
Lorelai leidet genau wie Rory, aber sie versucht so stark zu sein für ihre Tochter. Das finde ich toll. Rory braucht sie jetzt ganz besonders.
Der Teil war einfach spitzenmäÃig. Ich liebe deine FF.
Du schreibst so gefühlvoll, es geht einem wirklich nahe.
Ich freu mich schon auf den nächsten Teil, bin schon richtig nervös, wie es weiter geht.
Bussi Selene
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Lava - 05.09.2006
hey mino
es ist toll wieder von dir zu hören
und der teil war einfach klasse
aber jetzt wissen wir immer noch nicht, ob jess wach ist oder nicht
vll kann er jetzt schon wieder alleine atmen oder so...aber es ist schon mal gut, dass er auf eine andere station verlegt worden is
und der flashback war einfach schön
vor allem der satz von rory "Aus dem tiefsten herzen"*Schmelz*
aber was wollte sookie denn von lore?is ja komisch
freu mich auf jeden fall schon auf einen neuen teil
mfg lava
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MinowaySunshine - 06.09.2006
Hey, ihr zwei, schön dass ihr das leest... freue mich über jedes neue FB, werde morgen oder übermorgen den nächsten Teil fertigstellen... Bye, eure mino.
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redeagle - 07.09.2006
Hi,
schön das es einen neuen Teil von deiner super FF gibt. Hab mich wahnsinnig darüber gefreut.
Der neue Teil war super. Am besten hat mir das Gespräch zwischen Rory und Lore gefallen.
Zitat:Wenn er wieder aufwacht, werden wir alles dafür tun, dass es ihm besser geht. Alles dafür, dass er sich an alles erinnert und dass er wieder zu einem normalen Leben kommt. Ja?
Rory nickt und wirkt weniger verängstigt.
Ich will nur, dass er nicht leidet. Ich will nur, dass alles so wird wie früher...
Ich sehe sie verständnisvoll an.
Du liebst ihn sehr, nicht? Frage ich und bereue es sofort, ich weià auch nicht warum.
Rory sieht mich ehrlich an. Aus tiefstem Herzen, sagt sie und ich weiÃ, dass es stark untertrieben ist
Wie Lore versucht Rory aufzubauen und ihr verspricht alles zu tun, damit Jess wieder ein normales Leben führen kann, das fande ich einfach rührend. Und die Liebeserklärung von Rory war einfach himmlich. Das hast du super geschrieben.
Natürlich will ich jetzt wissen wie es Jess geht und ob er wieder aufwacht. Ich freu mich auf einen neuen Teil.
GLG
Redeagle
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~Loorie~ - 07.09.2006
HEy hab gerade deine Geschichte
auf einmal durchgelesen und ich bin
begeistert.
Mit deiner Schreibweise ziehst du jeden in deinen Bann.
Ich bin zwar im Moment eher Sophies aber egal.
An deiner Geschichte bin ich nicht vorbei gekommen...
Schreib schnell weiter
While you're sleeping (Literati & evtl. später JJ) -
MinowaySunshine - 12.09.2006
Hi an alle. Wollte nur sagen dass ich bis mindestens donnerstag nächster Woche, dem 21 nichts posten werde, da ich auf wohnungssuche gehe und dafür einige hundert kilometer von zu hause entfernt sein werde. Habe aber schon angefangen den neuen Teil zu schreiben und einige Ideen für die folgenden Teile...
bye, eure daniela
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MinowaySunshine - 25.09.2006
So, der neue Teil ist Fertig. Hoffe es gefällt euch, viel Spass beim lesen...
Kapitel 11
Langsam öffne ich die Augen. Vor mir sehe ich die kalte Krankenhauswand, einen grün-weià gekachelter Flur, alles in einem sterilen Ton. Ich schlieÃe die Augen wieder. Alles tut nur noch weh. Ich denke an Mom. Wo sie wohl ist? Ich hätte sie gerne bei mir, neben mir. Sie ist nicht da, und doch fühle ich, ich spüre wie sie an mich denkt, wie sie mich in Gedanken in den Arm nimmt. In die schützenden Arme einer Mutter. Ich spüre förmlich wie sie mein Haar streichelt und mich sanft wiegt. Ich sehe ihr leises Lächeln; das Lächeln einer Mutter, die mir sagt: "Alles wird gut."
Ich fühle mich hilflos und alleine, irre durch den Krankenhausflur, warte bis alles vorbei ist, bis ich wieder die Kontrolle habe, Gewissheit, über das, was geschieht. Es ist die schrecklichste Zeit, die ich je erlebt habe, die langen Monate, die ich neben Jess' Krankenbett verbrachte mit einbezogen. Ich fürchte und zugleich wünsche ich, dass die Ãrzte endlich herauskommen. Ich bin so hilflos und alleine, ich weià gar nicht mehr wer ich überhaupt bin.
In meiner Ratlosigkeit ziehe ich mein Handy aus der Tasche und versuche Mom anzurufen, doch es geht nur der AB ran. Ich wähle Lanes Handynummer, doch es ist ausgeschaltet, und ich bin den Tränen nahe. Haben mich denn alle vergessen?
Ich stütze meine Ellenbogen auf die Knie und vergrabe das Gesicht in den Händen. Ich schluchze leise. Ich stehe erneut auf und stecke die Hände in die warme Jacke, die eigentlich Jess gehört. Ich fühle etwas im Inneren der Tasche und greife danach. Es ist ein Stück Papier, und als ich es entfalte steht dort in Jess' krakeligster Handschrift: "Wir sehen uns später... Kuss"
Ich muss bitter lächeln, denn ich weià noch genau wann und warum er das geschrieben hat.
...................................
Ich stehe am Bahnsteig und warte. Lange. Sehr lange. Ungeduldig sehe ich auf die Uhr. Es ist acht Uhr. Ich setze mich auf eine Bank, neben einen alten Mann, der in einen eleganten schwarzen Mantel gekleidet ist. Er hält eine Pfeife in der Hand und zieht langsam daran. Ich sehe wieder nach vorne. Leute stehen auf dem Bahnsteig, dutzende. Ich höre das Lachen einiger Kinder und das Schimpfen einiger Mütter. Nervös sehe ich erneut auf die Uhr.
[B]Sie haben es eilig, was? [/B]Der Mann neben mir hat die Pfeife aus dem Mund genommen und sieht starr nach vorne. Dennoch bin ich sicher, dass er die Frage gestellt hat.
[B]Ja,[/B] sage ich und nicke.
Menschen haben es immer nur eilig. Sie rennen und laufen, fahren und fliegen. Früher, mein Kind, da sind die Leute höchstens auf einem Mistwagen gefahren. Heute ist alles nur noch teuer. Die Leute haben mehr Geld und geben mehr aus. Worin arbeiten Sie, wenn Sie es so eilig haben? Endlich dreht er sich zu mir um.
Ich arbeite nicht, ich studiere. Ich habe es trotzdem sehr eilig. Sage ich und sehe ihm ins Gesicht.
[B]So? Was studieren Sie denn schönes? [/B]Er sieht mich spöttisch an, als fände er es albern. Als fände er mich albern.
Warum? frage ich und in diesem Moment kommt der Zug. Ich springe schnell auf und schon bin ich am Bahnsteig. Der Mann folgt mir ebenso schnell und ich bin erstaunt über seine Schnelligkeit.
[B]Ich meine, wenn Sie es so eilig haben, muss das doch einen Grund haben, [/B]sagt er und folgt mir in das Abteil. Er setzt sich mir gegenüber und sieht mich fragend an.
[B]Ich habe es nicht eilig, weil ich studiere,[/B] gestehe ich. Mein Freund lebt in New York und er hat heute eine wichtige Prüfung, und ich würde ihm gerne Glück wünschen. Und zwar persönlich.
Ich sehe ihn an und bin überrascht als er nickt. Und er scheint mit dieser Antwort völlig zufrieden. Er schweigt. Die ganze Fahrt endlang. Er sieht aus dem Fenster und zieht hin und wieder an seiner Pfeife, die in seinem schiefen Mundwinkel hängt. Ab und zu schaut er mich an und heftet seine stahlblauen Augen, mit den Furchen-tiefen Falten, in die meinen. Lange sitzen wir so da. Bis er den Mund öffnet und mich fragt, was ihm schon seit er schwieg auf der Zunge lag.
Eine Fernbeziehung ist bestimmt nicht so leicht, oder? fragt er und sieht mich ehrlich an.
[B]Nein, das ist es nicht. Ich habe oft Angst, New York ist schlieÃlich sehr groÃ. Immer wieder sitze ich vor dem Fernseher, ein Zugunfall mit 20 Toten, ein Bankraub - 4 Tote. Ich sitze da und flehe, bete zu Gott es möge nicht er sein. Und ich bin erleichtert wenn er abends anruft um mir eine Gute Nacht zu wünschen. [/B]Ich schweige, denn ich fürchte zu viel gesagt zu haben. Er nickt freundlich und lächelt.
[B]Haben Sie keine Angst vor Konkurrenz? [/B]fragt er und ich glaube, er kann Gedanken lesen.
Ich nicke traurig. Ja. Natürlich. Davor auch. Sehr. Aber... ich vertraue ihm. Ich finde das sehr wichtig. Trotzdem... die Angst ist immer da.
Er nickt und lächelt wieder. Und er schweigt erneut. Diesmal bis zum Ende seiner Fahrt. Er steigt eine Haltestelle vor meiner aus. Er steht langsam auf und nimmt die Pfeife aus dem Mundwinkel. Er reicht mir die Hand.
[B]Leben Sie wohl. Es hat mich gefreut. [/B]Dann schickt er sich an zu gehen. Vorher sagt er jedoch etwas, dass ich niemals vergessen werde:
[B]Denken Sie immer daran, wenn sie Angst haben: "Was zusammen gehört wird niemand so schnell trennen." [/B]und er geht.
Ich muss lächeln. Hoffentlich ist das so.
Ich beschlieÃe gleich zu Jess' Schule zu fahren, denn es ist schon spät, und er ist sicher schon dort. Ich steige also aus und laufe einige Blocks weiter. Die StraÃen sind brechend voll. Alle Leute laufen in die gleiche Richtung. Alle auÃer mir. Ich werde geschubst und gedrängelt und merke, dass ein Leben in der GroÃstadt wirklich nicht für mich gemacht ist. So geht das eine Weile weiter und ich komme der Schule Stückchen für Stückchen näher.
Ich betrete die Schule, ein sehr groÃes Gebäude. Hell und steril, wie ein Krankenhaus. Vor einer Klasse, am Ende des Flures, stehen einige Schüler drauÃen. Unter ihnen Jess. Er sieht mich und kommt auf mich zu. Er trägt Jeans und einen Blaugrünen Sweatshirt, dass ich ihm gekauft habe.
Was tust du denn hier? fragt er doch ich habe keine Zeit zu Antworten.
Der Prüfer pfeift alle zusammen. Jess ziert sich, er will wissen, warum ich hier bin, doch ich schubse ihn ins Klassenzimmer. Durch die Fenster zum Flur hin sehe ich wie er sich setzt und zu mir sieht.
Ich öffne meinen Rucksack und hole ein Notizblock heraus. Ich schreibe "Ich wollte dir nur Glück wünschen", und halte es hoch. Durch die Jalousien sehe ich wie er mich ansieht und lächelt. Dann holt er seinen eigenen Block und kritzelt. "Wir sehen uns später... Kuss". Dann sehe ich nur noch wie er von seinem Lehrer zur Ordnung gerufen wird. Dann klappt die Jalousie zu und ich sehe ihn nicht mehr. Ich wandere langsam zum Ausgang. Als ich die Hände in die Hosentaschen stecke, spüre ich einen Schlüssel. Ich ziehe ihn heraus und es ist der Schlüssel, den Jess mir mal gegeben hat, damit ich in seine Wohnung komme. Ich gehe hinaus, die Treppe hinunter und in Richtung Jess' Wohnung. Diesmal schwimme ich mit dem Strom und niemand stöÃt mich. Alles ist toll. Und ich weiÃ; was zusammen gehört wird niemand so schnell trennen.
......................................
Ich muss lächeln. Gedankenverloren starre ich an die gegenüberliegende Krankenhauswand. Eigentlich ist alles nur noch trist und grau. Ich sehe auf das Blatt in meiner Hand. Tränen treten in meine Augen, beim Anblick von Jess' Handschrift. Ich bin nur noch verzweifelt und könnte nur noch heulen. Bei der Ãberlegung mir einen Kaffee zu holen, drehe ich das Blatt um. Erstaunt sehe ich darauf. Ich kriege weder Mund noch Augen wieder zu. Ebenfalls in Jess' Handschrift steht dort ein Name und eine Telefonnummer. Olivia.
Wer ist Olivia? In sekundenschnelle schieÃen mir tausende von möglichen Antworten durch den Kopf.
Ist New York vielleicht doch zu groÃ? Eine Mitschülerin? Eine... Am Ende hat er... Ich schüttle die Gedanken aus dem Kopf und ziehe langsam mein Handy aus der Tasche.
While you're sleeping (Literati & evtl. später JJ) - Selene - 25.09.2006
Hallo SüÃe :knuddel:
Freut mich, dass weitergeht
Wow, dein Schreibstil ist wirklich toll. Respekt.
Du schaffst es Gefühle auf eine Art und Weise zu vermitteln, dass man vollkommen von diesen eingenommen wird. Bei deiner Geschichte lebt man nicht nur mit, man fühlt auch mit.
Das Flashback war wieder groÃartig.
Zitat:Denken Sie immer daran, wenn sie Angst haben: "Was zusammen gehört wird niemand so schnell trennen."
Das war so schön gesagt. Freut mich, dass er Rory so sehr ermutigen konnte damit.
Zitat:
Ebenfalls in Jess' Handschrift steht dort ein Name und eine Telefonnummer.
Ich bin mir sicher, dass es dafür eine logische Erklärung geben wird.
Rory sollte sich in nichts hineinsteigern, bevor sie nicht mehr weiÃ. Trotzdem kann ich ihre zusätzliche Angst verstehen. Mir würde es in ihrer Situation wahrscheinlich nicht anders gehen. Sie ist aufgrund Jess' Zustand nervlich beinahe am Ende. Der Glaube an ihre Liebe hat ihr Kraft gegeben und nun findet sie einen Zettel, der möglicherweise die Beziehung in Frage stellen könnte.
Das Wichtigste ist aber erst mal, dass Jess wieder gesund wird. Alles andere können sie dann klären.
Ich bin wieder richtig gespannt, wie es weiter geht und freu mich schon total auf den neuen Teil!
Bussi Selene