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Wie aus dem Frosch kein Prinz wurde und andere Merkwürdigkeiten [R-16] - Druckversion

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Wie aus dem Frosch kein Prinz wurde und andere Merkwürdigkeiten [R-16] - Riska - 23.10.2005

Ouvertüre

Alles beginnt. Irgendwie. Alles endet. Irgendwann.

Das Haus wurde 1907 erbaut, ein stattliches Gemäuer ist es. Groß und beeindruckend, wie der Name der Familie in dessen Besitz es ist. Die Gilmores. Zu wahrer Größe hätten sie es bringen können. Wahre Größen waren sie fürwahr. Zumindest bis Abbott Gilmore Mitte des 18. Jahrhunderts auf die glorreiche Idee kam die familieneigenen Textilfabriken zugunsten des Bank- genauer gesagt des Aktiengewerbes aufzugeben. Zugegeben, zu Anfang war es brillant. Man nannte Abbott ein wahres Genie. Er war ein wahres Genie, denn das Geld mehrte sich rasant. Leider verschwand es auch ebenso rasant. Es verschwand sogar mit exorbitanter Lichtgeschwindigkeit, manche Freitage sind nun Mal besonders schwarz. Und der 9. Mai 1873 nahm den Gilmores Prestige und Vermögen. Dank Abbotts angeheirateter Verwandtschaft blieb man zwar vor dem ganz tiefen Fall bewahrt, aber in den Olymp der amerikanischen Gesellschaft reichte es nie wieder. Egal wie sehr man sich anstrengt, gleich wie lange man schrubbt, Pech hat die dumme Eigenschaft über Jahrzehnte kleben zu bleiben. Aber es heißt auch Pech im Spiel, Glück in der Liebe. Zweifelhaft. Leider. Meistens zumindest. Im Fall von Charles und Lorelai Gilmore sicherlich. Cousin und Cousine, ehelich vereint am 1. September 1939, der Tag an dem im fernen Europa die Deutschen in Polen einmarschierten. Sie war ihm zu starrsinnig, er war ihr zu weichlich, man war sich selten einig. Sehr einig war man sich allerdings über Talent und Intelligenz des einzigen gemeinsamen Sohnes Richard, dem Retter des Gilmorschen Geschlechts, sonst nur Töchter allerortens. Das er zudem am 23. Januar 1943, dem Tag an dem die Britischen Truppen Tripolis einnahmen, geboren wurde – ein himmlisches Zeichen. Dachte man. Denn wie gesagt, Pech ist eine äußerst hartnäckige Substanz. Und je stattlicher ein Gemäuer ist, umso leerer ist es, wenn man alleine darin sitzt. Sitzt und wartet. Auf die Ehefrau und auf das Ende von etwas, das niemals hätte anfangen sollen.

Sie schließt die Tür hinter sich, ein Zug kühler Luft, der ihr das durchdringende Aroma von Zigarren und Parfum in die Nase treibt welches sich in ihrem Haar festgesetzt hat. Ein bleiernes Etwas in den Knochen, sie kann nicht sagen was es ist, jedenfalls hat sie das Gefühl sich langsamer als sonst zu bewegen. Und so bewegt sie sich, sei es langsam oder nicht, folgt den leisen Klängen des Plattenspielers. Macht auf ihrem Weg an der Bar halt, spült den süßlich-bitteren Spermageschmack auf ihrem Gaumen mit einer großzügigen Dosis Scotch hinunter. Dann füllt sie ihr Glas erneut, folgt der Musik ins Arbeitszimmer ihres Mannes. Er sitzt auf der Couch, die Hemdsärmel aufgeschlagen, der aufgeknöpfte Kragen gibt den Blick auf seine behaarte Brust frei. Er blickt nicht auf, als die das Zimmer betritt, sondern starrt weiter in sein Glas, das mit Whiskey gefüllt ist. Sie schlüpft aus ihrem Nerz, legt ihn auf den Schreibtisch. Anschließend öffnet sie ihre Handtasche und reicht ihm wortlos ein sorgsam gefaltetes Bündel aus Papieren.
Er studiert es aufmerksam und sie zündet sich eine Zigarette an, setzt sich neben ihn. Er erkennt die Handschrift, während sie ihre Schuhe abstreift, die Beine auf das Sofa zieht. Sie wartet geduldig bis er seine Lektüre beendet hat, nippt lediglich hin und wieder an ihrem Scotch und bläst den Rauch ihrer Zigarette in den Raum. Dabei erlaubt sie sich sogar die Spielerei blaue Kreise zu formen, die geräuschlos durch die Luft wabern bis sie in sich zusammenfallen.
„Lass das“, murmelt er nach einer Weile unwirsch und blickt doch auf, beobachtet wie ihre Lippen provokativ einen weiteren Rauchkreis formen und ihn auf die Reise schicken, er in seinem Gesicht zerplatzt.
„Ich habe Hunger“, erklärt sie im selben Augenblick mit leichtem Trotz. „Lass uns etwas Essen gehen.“
„Lass uns etwas Essen gehen?“, wiederholt er ihre Worte verblüfft und steht auf, macht sich daran die Papiere sorgsam in einem der zahlreichen Aktenordner zu verstauen. „Ist das alles, was du zu sagen hast?“, erkundigt er sich.
Sie zuckt mit den Schultern und lehnt sich nach vorne, um ihre Zigarette auszudrücken. „Was willst du denn hören?“, antwortet sie mit einer Gegenfrage, sieht ihm fest in die Augen und ein warmes Lächeln umspielt ihre Mundwinkel. „Du bist besser“, sagt sie aus einer alten Manier heraus und er starrt sie mit offenem Mund an, Wut und Schmerz verzerren sein sonst so gelassenes, gutmütiges Gesicht. Sie steht auf und geht zu ihm, legt ihre Arme um seine Hüften. „Denk einfach nicht daran“, fordert sie ihn mit leiser Stimme auf. Er lehnt sich vor um sie zu Küssen, sie wendet abwehrend ihren Kopf zur Seite. „Ich werde mich umziehen gehen, du kannst uns solange einen Tisch bestellen“, fordert sie ihn auf und löst sich.
„Ich kann das nicht, Emily“, flüstert er und schüttelt den Kopf. Aschfahle Haut, die in letzter Zeit viel zu selten die Sonne gesehen hat.
„Das fällt dir jetzt ein? Dass du das nicht kannst?“, ein leises Lachen entschlüpft ihr und er zieht eine gekränkte Miene.
„Ich bin nicht so wie du, Emily, das weißt du ganz genau“, ruft er unwirsch aus, ist sichtlich unzufrieden mit sich, mit ihr.
Sie tritt wieder einen Schritt auf ihn zu, ihr Gesicht wirkt seltsam leer. „Wie bin ich denn?“
„Du bist“, setzt er an, obwohl er nicht weiß, was er sagen soll, besser gesagt nicht weiß, ob er es ihr sagen soll. „Macht es dir überhaupt nichts aus?“
„Würde das etwas ändern?“, wieder eine Gegenfrage, sie drehen sich im Kreis, wissen es beide.
„Ich habe dich etwas gefragt!“, schreit er jetzt. Völlig unerwartet kommt es, beide zucken zusammen. Er fährt sich durchs Gesicht, Tränen glitzern in seinen müden, blutunterlaufenen Augen.
„Wir haben diese Entscheidung gemeinsam getroffen“, entgegnet sie wütend. „Also hör auf mich anzusehen wie ein geprügelter Hund seinen Herrn. Dafür ist es jetzt nämlich endgültig zu spät. Es ist vorbei!“
„Das war erst der Anfang. Es ist immer der Anfang.“
„Gewiss nicht“, schnaubt sie. „Ich liebe dich zwar, aber auch diese Liebe hat ihre Grenzen.“

Liebe. Unerwartet kommt sie oft. Kommt, wo man sie gar nicht sucht oder vermutet. Manchmal findet man sie im Nachbarhaus, manchmal in dunklen Gassen. Hin und wieder auch in weiter Ferne. Denn obwohl zu Weihnachten 1944 in Europa noch der zweite Weltkrieg tobte, wurde in dem kleinen Ort Verville-Sur-Mer so manches zarte Band geknüpft. Vielleicht nicht so, wie die Mütter der Soldaten des V. Amerikanischen Corps es gerne gesehen hätten, aber nach all dem Gefetzte und Getümmel, nach Tod und Verrecken hatten sie sich ein paar geruhsame Feiertage verdient. Sie hatten sich einen Braten verdient und Wein, Musik und Gesang. Tanz und, natürlich, hübsche Frauen. Marie Lepin war eine dieser Frauen, Jonathan Miller einer dieser Soldaten. Ein Ehrenmann wie er war und ist, ehelichte Jonathan die durchaus ansehnliche Marie am 24. Februar 1945 und verfrachtete sie umgehend an Bord der USS Minnesota und somit in das sichere Amerika. Ihre erste Tochter Emily wurde am 17. September 1945 im Coney Island Hospital in Brooklyn geboren. Offiziell zu früh, inoffiziell ziemlich genau die vorgeschriebenen 40. Wochen nach der nicht ganz so unbefleckten, weihnachtlichen Empfängnis. So schnell die erste Schwangerschaft gekommen war, solange lies die Zweite auf sich warten. Erst sechs Jahre später, genauer gesagt am 22. Mai 1951 erblickte das zweite Kind der Millers das Licht der Welt. Obwohl nicht der lang erhoffte Sohn, wurde das bildhübsche Mädchen mit dem Namen Hope bedacht. Und siehe da, Nomen est tatsächlich Omen, nur 12 Monate später erfüllte sich die Hoffnung der Millers. Am 28. Mai 1952 wurde Jonathan jr. geboren. Ihm folgte 12 Jahre später, ein weiteres weihnachtliches Wunder, am 24. Dezember 1964 das Nesthäkchen Elaine. Aber noch spricht man nicht von ihr, schließlich schreiben wir erst den 14. November 1963. Elaine wird sich also noch etwas gedulden müssen, ehe sie in einem Anfall lang vergessener ehelicher Leidenschaft gezeugt wird. Zudem ist es ohnehin nicht ihre Geschichte, sondern die ihrer ältesten Schwester und ihres Mannes. Der Frage wie sie ein Paar wurden. Und vor allem weshalb. Oder ob sie es vielleicht besser gelassen hätten. Schwenken wir also von Brooklyn auf den weitaus attraktiveren und populäreren Stadtteil New Yorks. Schwenken wir nach Manhattan.


Wie aus dem Frosch kein Prinz wurde und andere Merkwürdigkeiten [R-16] - *Jessy* - 23.10.2005

Also Riskalein, das klingt sehr sehr vielversprechend, ich bin sehr begeistert. Wie ich sehe hast du ja noch bisschen was geändert, aber es ist ziemlich cool. Ich fin den Rückblick (ich nehme an es soll einer sein) sehr gelungen, bin gespannt was sich daraus noch ergeben wird und warum Emily das getan hat...und mit wem...Rolleyes Bin ma gespannt.

Klingt auch so sehr vielversprechend als Anfang. Weiß aber grad nich was ich noch dazu schreiben soll, aber ich bin sehr sehr gespannt wie es weiter geht (und vor allem wann, hoffe nämlich bald :biggrin: )

Also, weiter so!!!!
hdl
Hugs


Wie aus dem Frosch kein Prinz wurde und andere Merkwürdigkeiten [R-16] - EmilyFan - 23.10.2005

Riskalein, ich bin stolz auf dich, dass du es endlich geschafft hast zu posten!

Ich finde es toll, wie du im Prolog historische Ereignisse und Ereignisse im Leben deiner Charaktere vermischt, ganz tolle Idee... der Einmarsch in Polen, während Trix' Hochzeit, *umsink*, das ist einfach perfekt. Da stellt sich mir doch gleich die Frage, wer von den beiden nun Deutschland und wer Polen ist Wink

Sehr, sehr gespannt bin ich auch, wie es überhaupt zu der Situation im Arbeitszimmer kommt.

Zitat:„Ich liebe dich zwar, aber auch diese Liebe hat ihre Grenzen.“

sehr schön von Emily gesagt, ich bin ja gespannt, seehr gespannt, wie es dazu kommst, was die Umstände sind usw.

Also schnell, schnell updaten, meine Liebe!

Bienchen


Wie aus dem Frosch kein Prinz wurde und andere Merkwürdigkeiten [R-16] - Riska - 24.10.2005

Akt 1

Wort. Spiele.

Sie ist nicht die Gebildeteste. Das weiß sie auch selbst, dafür ist sie schlichtweg zu früh von der Schule. Aber das heißt nicht, dass sie dumm wäre oder sich gar dafür hält. Eigentlich hält sie sich sogar für relativ schlau, schließlich kennt sie die Regeln. Es sind zwar nur fünf, aber wenn man sie nicht kennt, dann hat man verloren.

Regel Nummer Eins: Es gibt keine weißen Pferde und schon gar keine mit Prinzen im Sattel.
Regel Nummer Zwei: Wenn ein Kerl dir Komplimente macht, will er dich rumkriegen. Also glaub sie nicht.
Regel Nummer Drei: Wenn ein Kerl dir Geschenke macht, will er dich erst recht rumkriegen. Also nimm sie nicht.
Regel Nummer Vier: Lass dich ruhig rumkriegen, solange du
Regel Nummer 4a. Nur das tust, was dir Spaß macht.
Regel Nummer 4b. Dabei verhütest.
Regel Nummer 4c. Und die Regeln Nummer 1 bis 3 nicht vergisst.
Regel Nummer Fünf: Vergisst du die Regeln Nummer 1 bis 4, dann hat du verloren und kannst Monate damit zubringen dein gebrochenes Herz vom Asphalt zu kratzen. Solltest du zudem blöd genug gewesen sein Regel Nummer 4b. besonders zu missachten, dann tust du diese Drecksarbeit auch noch fett und arbeitslos.

Das sind sie, die Regeln. Einfache Regeln sind es. Simpel. Teuer. Gott, sie haben sie ein Vermögen gekostet. Sie hat zwar nicht in irgendeiner Währung dafür bezahlt, aber sie hat bezahlt. Sie hat sie also gewissermaßen käuflich erworben und deshalb hält sie sich an sie. Denn wenn etwas dermaßen teuer war, dann achtet und ehrt man es. Alles anderer wäre dumm. Und wie gesagt, für dumm hält sie sich ganz gewiss nicht.

Gladys hingegen vergisst die verdammten Regeln ständig. Seit Emily sie kennt, ist es dasselbe Spiel. Sie verliebt sich, sie schwebt auf Wolken. Sie wird verlassen, sie ist am Ende. Aber nur bis sie sich wieder verliebt, wieder schwebt, wieder verlassen wird, wieder abstürzt. Momentan ist sie ganz unten, vor fünf Tagen hat er sie abserviert. Andererseits heißt das auch, dass sie wohl in weniger als 48 Stunden wieder verliebt sein wird. Wie gesagt, es ist immer dasselbe Spiel. Und mit etwas Hilfe vom guten Onkel Fusel sollte die Krise sogar noch schneller überstanden sein. Sehr schnell sogar, denn der Schnaps brennt höllisch in Emilys Kehle, forciert einen Hustenanfall. Sie schiebt das Glas angewidert von sich und spült den Geschmack des Hochprozentigen mit einigen hastigen Schlucken Wasser nach unten. „Gott“, keucht sie. „Das ist das Widerlichste, was Al uns jemals vorgesetzt hat.“
„Das beste Mittel gegen Schwermütigkeit“, erklärt Rose zwinkernd, deutet mit dem Kinn auf Gladys, die bei diesen Worten erneut in Tränen ausgebrochen ist, zwei reichlich hässliche Ringe schwarzer Wimpertusche und Lidstrichs unter ihren verheulten Augen.
„Ich begreife es einfach nicht“, schluchzt sie herzzerreißend auf. „Er liebt mich doch.“
Emily schwankt zwischen Mitleid und Überdruss, eine wandelnde Heulboje, deprimierend, bemitleidenswert. Sie seufzt, greift nach der Flasche Schnaps und schenkt Gladys großzügig nach. „Hier“, schiebt sie ihr das etwas zu volle Glas zu, eine nasse, klebrige Spur bildet sich auf dem dunklen Holz.
„Danke“, schnieft Gladys und hält sich die Nase zu, ehe sie den Schnaps hinunter kippt, sich hinterher schüttelt. „Ekelhaft“, erklärt sie, schiebt Emily dennoch auffordernd das leere Glas zu und sie schenkt ihr nach. Ihre Freundin kommt jedoch nicht dazu es zu leeren, da sie von einem erneuten Heulkrampf geschüttelt wird. „Gott, Gladys“, stöhnt Emily. „Irgendwann muss auch genug sein.“
„Lass sie doch“, mahnt Rose und es reicht ihr endgültig.
„Ach komm schon“, erklärt sie genervt. „Es war doch von Anfang an klar, dass er sie sitzen lassen wird. Er ist verheiratet, er hat Geld.“
„Aber er ist in mich verliebt“, schluchzt Gladys beleidigt, es ist verrückt, er lässt sie sitzen und sie behauptet, er würde sie lieben. „Nicht in dich, darin dich zu vögeln“, weist Emily sie unsanft zu Recht und Rose wirft ihr einen warnenden Blick zu.
„Emily, es reicht!“
„Wieso denn?“, sie zuckt mit den Schultern. „Es bringt doch nichts, wenn sie sich was vormacht. Er ist weg und er wird nicht zurückkommen.“
„Du bist so was von verbittert“, giftet Gladys, ein Schlag unter die Gürtellinie, nun, dass kann sie auch.
„Ich bin nur nicht dumm genug mich in jeden dahergelaufenen Kerl zu verlieben.“
„Da hättest du auch viel zu tun.“
„Was soll das denn bitte heißen?“
„Das es in Manhattan bald keinen Kerl mehr gibt, mit dem du noch nicht im Bett warst.“
„Das…“, ihr Mund klappt auf.
„Reicht“, beendet Rose den Satz, doch Emily ist alles andere geneigt, Gladys Vorwurf auf sich sitzen zu lassen.
„Das ist nicht wahr“, zischt sie über den Tisch hinweg. Na schön, vielleicht ist es nicht gerade die feine englische Art den Liebhaber öfter als einmal im Leben zu wechseln, aber sie hat nun Mal nicht vor zu heiraten. Zumindest nicht solange es sich vermeiden lässt. „Ich war nicht mit mehr oder weniger Männern im Bett als du oder Rose. Nur weil ich mich nicht gleich Hals über Kopf in jeden von ihnen verliebe, bin ich noch lange keine Schlampe!“, sie spürt Roses Hand auf ihrer, ein Blick, der ihr deutet zu schweigen und sie lehnt sich zurück. „Sie verlassen ihre Frauen nun Mal nicht. Das tun sie nie“, sagt sie in einem etwas gemäßigterem Ton. „Etwas anderes zu glauben, heißt sich etwas vorzumachen. Also vergiss ihn einfach, Gladys. Es gibt noch genügend andere.“
„Sie hat Recht“, stimmt Rose ihr zu. „Wir sollten dich wirklich langsam auf andere Gedanken bringen, Schätzchen“, sie deutet mit dem Kinn auf einen Ecktisch. Drei Männer sitzen daran, dem Alter und der Kleidung nach zu urteilen, sind es Studenten. Der Blonde ist tatsächlich attraktiv, der typische angehende Arzt. „Gladys bekommt den Arzt“, erklärt sie, Emily schenkt ihr ein falsches Lächeln, will gerade etwas sagen, doch Rose ist schneller. „Und ich nehme ich den Footballspieler“, sie zieht einen Taschentuch hervor und beginnt Gladys die verlaufene Schminke aus dem Gesicht zu wischen.
Hervorragend, denkt Emily sich und starrt auf die blasse Gestalt, die man ihr zugedacht hat, niemals. „Wieso bekomme ich den Buchhalter?“, protestiert sie.
„Ich hatte schon immer eine Schwäche für starke Männer“, erklärt Rose zuckersüß und steht auf, Gladys tut es ihr gleich.

Sie muss ihren Rock rüschen, um mit ihren Freundinnen Schritt halten zu können, mustert dabei den ihr Zugewiesenen. Ein Adonis ist er wahrlich nicht, viel zu groß, viel zu dürr. Das Haar ist ordentlich gekämmt, vor ihrem inneren Auge sieht sie eine Mutter, die sich einmal kräftig in die Handflächen spuckt, bevor sie das widerspenstige Haar ihres Sohnes zähmt. Trotz mangelnder Begeisterung setzt sie ihr strahlendstes Lächeln auf, als sie am Tisch der Studenten angekommen sind. „Darf ich?“, ohne eine Antwort abzuwarten, setzt sie sich auf den freien Platz neben den Buchhalter, der auch nicht gerade begeistert von ihr zu sein scheint. Hervorragend, denkt sie erneut, ein lustiger Abend wird es werden. Mit leichtem Neid schielt sie zu Gladys und Rose, deren Auserwählte mit größerem Enthusiasmus auf ihre neuen Tischpartnerinnen reagieren, sich schnell in nichts sagende Gespräche vertiefen, gespickt mit zärtlichen Gesten und aufmunternden Blicken. Etwas ungeduldig trommelt Emily auf den Tisch, zählt innerlich bis hundert. Als der Buchhalter auch dann keinerlei Anstalten macht sich vorzustellen, übernimmt sie die Regie.
„Bist du öfters hier?“, erkundigt sie sich, Plattitüde Nummer eins.
„Hast du mich schon Mal hier gesehen?“, antwortet er mit einer Gegenfrage und sie grinst.
„Ich deute das als Nein.“
„Eine überraschend akkurate Deutung“, sagt er und sie lächelt amüsiert, beschließt die Spitze, falls es überhaupt eine war, zu ignorieren.
„Danke“, sagt sie und er sieht ihr zum ersten Mal direkt in die Augen. Sie schafft es ihm ein Lächeln abzuluchsen, seine Gesichtszüge gewinnen dadurch einiges an Attraktivität. „Emily“, stellt sie sich vor und er nickt höflich.
„Richard“, nennt er ihr auch seinen Namen.
„Es freut mich dich kennen zu lernen, Richard“, wieder entsteht eine Pause, immerhin sehen sie sich in dieser Zeit an. Ein echter Fortschritt befindet sie, vielleicht ist der Abend doch noch nicht verloren. Doch wieder macht er keinerlei Anstalten das Schweigen zu brechen und das obwohl er auf sie nicht gerade den Eindruck macht, schüchtern zu sein. Weshalb also so distanziert? Ihr Blick fällt auf seine Hand, ein schmaler Ring ziert sie, die Antwort auf ihre unausgesprochene Frage. Eine treue Seele. Aber es gibt sie nicht, die Treuen. Seine Freunde sind der beste Beweis dafür, keine zehn Minuten sind sie am Tisch und schon liegen ihre beringten Hände auf schmalen Knien, streichen nackte Oberarme entlang. Gefällt sie dem Buchhalter etwa nicht? Nicht einmal genug für ein Gespräch?

Scheinbar nicht, er schweigt sie mit überraschendem Eifer an, würgt jeden ihrer Versuche ein Gespräch in Gang zu setzen gekonnt ab. Nach einer Weile wird es Emily zu blöd, sie kann die Zeit auch anders und mit mehr Vergnügen Tod schlagen. Außerdem - hat Paul nicht heute seinen freien Abend? Also zieht sie ein paar Dollar aus ihrer Tasche, legt sie auf den Tisch und nickt dem Kellner zu. „Ich muss Morgen früh raus“, sagt sie und steht auf. Er tut es ihr gleich, wirkt beinahe erleichtert über den schnellen Abschied und sie fühlt sich aufs Tiefste gekränkt. „Ich wohne nur ein paar Blocks von hier“, erklärt sie deshalb. „Es würde sich nicht lohnen ein Taxi zu nehmen.“ Wenn er wenigstens etwas Anstand in den Knochen hat, dann bietet er dir an dich zu begleiten, es ist spät, es ist dunkel. Tatsächlich scheint er ihre unausgesprochene Forderung zu verstehen, auch er zieht ein Bündel Scheine aus seiner Tasche hervor und legt sie auf den Tisch.
„Ich begleite dich ein Stück“, erklärt er, wirkt nicht wirklich glücklich dabei. „Ich wollte ohnehin zurück ins Hotel.“
„Zu reizend“, sie fängt Roses Blick auf, ein Zwinkern, ein privates Lächeln, dann wendet sie sich wieder ihrem Footballspieler zu. Emily trippelt derweil dem Buchhalter hinterher. Irgendetwas hat er doch an sich, so groß und schlank, der selbstsichere Gang. Sie fragt sich, ob sie ihn nicht doch noch knacken kann. Und sei es nur, um ihre Theorie einmal mehr zu untermauern.

Auf dem Weg zu ihrer Wohnung mustert sie ihn verstohlen. Sein Blick ist starr geradeaus gerichtet, seine Hände sind sorgsam hinter seinem Rücken verschränkt. Wie würdevoll, denkt sie, majestätisch, dabei haben sie selbst im alten Europa die Monarchie schon vor einer ganzen Weile abgeschafft. Ein albernes Kichern, er blickt sie überrascht an.
„Was?“
„Nichts“, noch immer lächelnd schüttelt sie den Kopf, seltsamerweise lächelt er zurück. Gott, wenn er lächelt sieht er wirklich fast gut aus. Noch viel seltsamer, er macht ihr ein Kompliment.
„Du siehst sehr hübsch aus, wenn du lächelst.“
„Danke. Du aber auch.“
Verblüfft bleibt er stehen, stammelt ebenfalls ein „Danke.“
„Es ist mein Ernst“, erklärt sie, tänzelt ein paar Schritte rückwärts, dann wendet sie sich von ihm ab. Keine Sekunde später ist er wieder neben ihr, ihre Schultern berühren sich fast. Regel Nummer Zwei. Nein. Nicht er. Tatsächlich? Vielleicht. Also nimmt sie nicht die Vordertür, sondern bugsiert ihn über eine schmale Gasse in den Hinterhof.
„Vielen Dank für die professionelle Begleitung“, sagt sie und sieht ihn an, einer ihrer kokettesten Augenaufschläge. Wieder ein Lächeln seinerseits. Regel Nummer 4a. Sicherlich.
„Es war mir ein Vergnügen.“ Der Buchhalter deutet eine Verbeugung an und will sich zum gehen wenden. Nicht so schnell. Aber er wird nicht mit nach oben gehen, wenn sie ihn jetzt darum bittet, sie ahnt es. Daher geht Emily einen Schritt auf ihn zu und stellt sich auf die Zehenspitzen. Endorphine, die durch die Blutbahn geschleudert werden, so diesen seltsamen Augenblick vor dem ersten Kuss schaffen. Sie legt ihre Lippen vorsichtig auf die seinen und er weicht zurück. Sie wiederholt die Prozedur, legt dabei eine Hand in seinen Nacken, benetzt seine Lippen mit sanften Küssen, die er nur äußerst zaghaft erwidert. Ihre vorsichtigen Versuche seine Lippen zu teilen, wehrt er ab, macht aber auch keine Anstalten mehr sich von ihr zu lösen. Daher beschließt sie einen Schritt weiterzugehen, legt ihre freie Hand auf sein Knie, lässt sie langsam noch oben gleiten. Ein Schauer durchfährt seinen Körper, als sie am Ziel angelangt ist, im nächsten Moment spürt sie seine Zunge in ihrem Mund, lässt die ihre um seine kreisen, während ihr Puls zu rasen beginnt. Der Buchhalter küsst gut, denkt sie. Wünscht sich, er würde nicht mehr damit aufhören, ein sehnsüchtiges Ziehen in ihrem Unterleib und das obwohl seine Hände nach wie vor sittsam hinter seinem Rücken verschränkt sind. Vielleicht aber auch gerade deswegen. Und da ihre Hand nach wie vor in seinem Schritt ruht, kann sie sagen, dass es ihm genauso gut gefällt.
„Lass uns nach oben gehen“, flüstert sie, sein warmer Atem an ihrer Wange, ein sanftes Schütteln seines Kopfes.
„Ich muss zurück ins Hotel. Die anderen werden schon auf mich warten.“
„Das denke ich nicht“, erklärt sie mit einem Grinsen. Im Hotel wird ihn ganz sicher keiner erwarten. Außerdem will sie nicht, dass er geht. Und sie gefällt ihm doch auch, sonst hätte er sie nicht so geküsst. „Also bleib.“
„Ich muss wirkl-“, sie erstickt seine Antwort mit einem hastigen Kuss und schlingt ihre Arme um seinen Hals.
„Bleib“, wiederholt sie zwischen zwei Atemzügen und er nickt eilig, seine Hände fahren endlich ihre Beine entlang, kommen auf ihrer Hüfte zum liegen, als er sie gegen die Hauswand schiebt. Keine treue Seele, schießt es ihr durch den Kopf. Trotzdem, er wird bleiben, jubiliert sie leise, triumphiert sie hungrig. Plötzlich geht alles schnell, seine Zurückhaltung ist verflogen. Seine Hände, seine Lippen, sie sind überall, tasten und suchen, reizen und fordern heraus. Begehren, das sich spätestens jetzt wie ein Lauffeuer in ihr ausbreitet. „Ich will dich spüren“, wispert sie und öffnet dabei seine Gürtelschnalle mit einer geschickten Bewegung. Die Hose fällt zu Boden, der Saum ihres Rockes rutscht nach oben. Sie lässt eine Hand ihre Tasche gleiten, Regel Nummer 4b., zieht ihn dabei mit der anderen noch enger an sich, ein unsägliches Verlangen ihn zu spüren, ein Keuchen seinerseits. Dann sackt er über ihr zusammen. Flüssigkeit, die die Innenseiten ihre Oberschenkel hinabsickert. Ein wenig perplex hält sie in ihrer letzten Bewegung inne, unsicher, was die angemessene Reaktion in so einem Augenblick wohl ist. Ihm scheint es nicht anders zu gehen, bewegungslos verharrt er über ihr, scheint selbst den Atem anzuhalten. Irgendwann klopft sie ihm mehr oder weniger aufmunternd auf den Rücken, dann schiebt sie ihn von sich. Peinlich berührt zieht sie ihren Rock zurecht, ihm scheint alles noch viel unangenehmer zu sein. Natürlich. Ein Grinsen huscht über ihr Gesicht, sie bemüht sich es schnell wieder zu verscheuchen.

ATN: Please R&RWink


Wie aus dem Frosch kein Prinz wurde und andere Merkwürdigkeiten [R-16] - EmilyFan - 24.10.2005

Riska, das ist so genial, ich hab schon ewig nicht mehr so herzlich gelacht. Richard kann so froh sein, dass er mit Emily im Hinterhof war, ich hätt ihn einfach zu sehr verspottet, der arme hätte wahrscheinlich einen so starken psychischen Knacks gehabt, dass er nie wieder gekonnt hätte...

Emily bekommt nur den Buchhalter, sehr düster, wenn, dann schon den Footballer :biggrin: (tjaja, Cheerleader Wink )

Die Unterhaltung zwischen ihnen finde ich genial, sehr aussagkräftig. Ich hätte an ihrer Stelle schon früher aufgegeben..

Abschließend möchte ich noch anmerken: Männer sind ja so unheimlich berechenbar:
Zitat:Ein Schauer durchfährt seinen Körper, als sie am Ziel angelangt ist, im nächsten Moment spürt sie seine Zunge in ihrem Mund, lässt die ihre um seine kreisen, während ihr Puls zu rasen beginnt.

Zuerst soo unheimlich niedlich zurückhaltend und dann sowas... Wink :biggrin:
Und das Schlimmste, ich bin nicht einmal schockiert Wink

Bitte, bitte, date gaaanz schnell up!!!!

Hdl :knuddel:
Ein noch immer laut lachendes Bienchen

EDIT: Wie konnte ich die Regeln vergessen? Sehr brauchbare Regeln, Emily kann nicht gaanz so doof sein Wink
Und das Gespräch zwischen den Weibern am Anfang war auch super :biggrin:


Wie aus dem Frosch kein Prinz wurde und andere Merkwürdigkeiten [R-16] - *Jessy* - 24.10.2005

Jetzt wissen wir also wie Emily "den Buchhalter" kennen gelernt hat...seehr cool!!!
Ich finds ja sowas von "süß" (Wink ) wie sich das entwickelz: erst sagt er nix, dann begleitet er sie trotzdem nach Hause und dann...naja...dann geht es wohl alles "etwas schnell". [Bild: g030.gif] War wohl alles etwas viel für Richard. *rofl*

Ich find aber auch Emily hier sehr cool, das sie solang bei Richard durchgehalten hat...ich glaub ich hätt 3mal aufgegeben, bei diesen Reaktionen...Rolleyes Wer weiß was Emily als nächstes macht...ob sie nochmal soviel Geduld beweist?!? Wer weiß, wer weiß...

Ich wär dafür das du es uns ganz schnell sagst, was soviel heißt, wie: schnell schnell posten!!! :biggrin:

War auf jeden fall wieder ganz ganz klasse und ich hab viel gelacht. *gg*
hdl :knuddel:


Wie aus dem Frosch kein Prinz wurde und andere Merkwürdigkeiten [R-16] - **lil** - 25.10.2005

Hallo!!!
Hab gerade deine FF endeckt und ich find sie super... musst total viel lachen... und dein Schreibstil... traumhaft... also ich hoffe es geht bald weiter... den deine FF gefällt mir jetzt schon total

Knuddl


Wie aus dem Frosch kein Prinz wurde und andere Merkwürdigkeiten [R-16] - Riska - 26.10.2005

Danke für das liebe FeedbackSmile *Geschmeichelt fühl* Und der Richie kann doch nix für, war halt "nervös". Böse ihn dafür auszulachen....... *Cough* :biggrin:


Wie aus dem Frosch kein Prinz wurde und andere Merkwürdigkeiten [R-16] - GG_Addict - 28.10.2005

Uiii süß! :lach: Richard ist zu niedlich...und göttlich :lach: so witzig *tränchenausaugenwinkelwisch* Und Emily ist genauso wie ich sie mir vorstelle...allerdings...Halbfranzösin? *augenbraueheb*
Nicht gut, gaaaar nicht gut... Und dann auch noch Marie? Wie...klischeehaft Wink

Aber das alles sei dir verziehen dank deines mehr als genialen Schreibstils, ich bin wiedereinmal einfach nur überwältigt Smile


Wie aus dem Frosch kein Prinz wurde und andere Merkwürdigkeiten [R-16] - Riska - 28.10.2005

Halbfranzösin hat einen Grund:biggrin: Außerdem, Klischee, da wollte man dir einen Gefallen tun und dich ehren und du *Pah*