18.09.2008, 09:09
Sindy85 schrieb:So langsam kommt sie doch dem Rätsel auf die Spur, wird ja auch Zeit, auch wenn sie das nicht wahrhaben will!
Mir war wohl irgendwie entfallen, das Ty in NY ist, sorry! Also der Teil war klasse und deine FF wird immer besser!
Liebe GrüÃe Sindy
*g* macht ja nix, wenn solche Sachen mal in Vergessenheit geraten.
Wenn du mal einen Blick in den allerersten Post (Kapitelübersicht) wirfst, wirst du sehen das es tatsächlich an der Zeit ist, dass Rory der Lösung näher kommt^^
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On The Road - Life Is A Highway
Egal wie oft er sich in den letzten Monaten gewünscht hatte, einfach in sein Auto zusteigen und Detroit und alles was für ihn damit zusammenhing einfach hinter sich zulassen, jetzt wo er wieder in seinem Auto saÃ, wünschte er sich dorthin zurück.
Aber es gab kein zurück mehr. Der Laden und die Wohnung waren bereits verkauft worden. Sicher er, mehr oder weniger als Alleinerbe, bekam das Geld das dadurch abfiel, genauso wie das Geld, das der Laden in den letzten Monaten gemacht hatte, aber Geld machte nicht glücklich. Es machte das Leben angenehmer, immerhin er musste nicht arbeiten um genug Geld zu haben um sein Ãberleben zu sichern und um den Sprit zu bezahlen, den er täglich verfuhr.
Trotzdem schon nach weniger als sechs Stunden Fahrt vermisste er Detroit.
Vor zwanzig Minuten hatte er die Grenze nach Indiana überfahren und steuerte im Moment direkt auf Gary zu.
Wenn er weiter fuhr und nicht viele Pausen machte, würde er es vielleicht sogar noch bis nach Chicago, Illinois, schaffen oder mit viel Glück eventuell noch ein Stück weiter, bis an die Grenze von Illinois nach Wisconsin. Wenn er direkt auf der Strecke, entlang des Lake Wisconsin blieb, war es gar nicht so unwahrscheinlich.
Er hatte keine Ahnung warum er diese Strecke fuhr, geschweige denn wo sie ihn letztlich hinführen würde, aber diesen Dingen hatte er im letzten Jahr nie viel Bedeutung zugemessen und irgendwie hat es sich immer als richtig erwiesen.
Zudem war er noch nie so weit im Norden unterwegs, genau genommen war der nördlichste Punkt den er bisher im Laufe seiner Fahrt erreicht hatte Detroit und im Moment wollte er über seine Zeit in Detroit nicht mehr nachdenken, sie lag nun hinter ihm. Wie so viele andere.
Die Fahrt war einsam, einsamer als er seine früheren Fahrten in Erinnerung hatte. Jetzt, nachdem er wusste wie es sein konnte mit Begleitung unterwegs zu sein, zerrte die Einsamkeit schon nach diesen wenigen Stunden an seinen Nerven.
Mit einem schnellen Griff nach vorne drückte Jess das Radio an. Er erwartete nicht einen Sender mit guter Musik zu erwischen, aber zumindest die Stille, die nur gelegentlich von einem anderen Auto, das sich wie er auf diese verlassene LandstraÃe verirrt hatte, gestört wurde, konnte er damit vertreiben.
***
Die Stunden waren nur schleppend vergangen, aber er hatte sie hinter sich gebracht. Es war bereits zehn Uhr abends als er auf einen kleinen Rastplatz, kurz vor der Bundesgrenze nach Wisconsin, fuhr. Er hatte sich kurz hinter Chicago dazu entschlossen auf Madison zuzusteuern und von dort aus weiter zusehen. Aber die Müdigkeit hatte ihn überrollt und das Risiko nach weiter zufahren, war ihm mit der Zeit zu groà geworden.
Obwohl es Sommer war, lag schon ein düsteres Zwielicht über dem Platz und Jess hätte darauf gewettet das man in dem angrenzten Wald vermutlich noch nicht einmal mehr seine eigene Hand vor Augen sehen konnte, wenn man es darauf anlegte den Wald überhaupt zu betreten.
Er schüttelte kurz den Kopf, bevor er den Motor abwirkte und ausstieg, ein Päckchen Zigaretten und sein Feuerzeug in der Hand.
Es war angenehm warm, zu warm für seine Lederjacke. Er ging ein Stück um seine kleine Schrottkarre herum und setzte sich auf die Motorhaube. Er spürte wie die Wärme des Motors und der erst kürzlich untergegangenen Sonne davon abgegeben wurden. Auch wenn er es nie zugegeben hätte, er vermisste andere Menschen um sich herum. Es ging noch nicht einmal so sehr darum, dass er eine Begleitung für die Fahrt hatte, sondern einfach darum andere Menschen zu sehen, mit ihnen zu reden, auch wenn es nur ein Hallo war.
Er zog eine Zigarette aus dem Päckchen, klemmte sie zwischen seine Lippen und zündete sie an.
Der erste Zug brannte leicht in seiner Kehle, er hatte schon seit Wochen keine mehr geraucht, aber er stört sich nicht daran. Er lieà sich nach hinten gegen die Windschutzscheibe sinken und schloss die Augen.
Die Anspannung die ihn seit dem Morgen nicht verlassen hatte, verflog langsam. Immer wieder zog er an seiner Zigarette und genoss zum ersten Mal an diesem Tag die Stille.
***
âWo bist du im Moment?â Tianas Stimme hallte hohl durch den Hörer der öffentlichen Telefonzelle. âNorth Dakota!â antwortete er knapp. Lässig lehnte er sich gegen die Glaswand, die ihn von seiner Umwelt abschirmte. âNorth Dakota? Du bist weit gekommen, das ist eine ganz schöne Strecke für vier Tage fahrt!â Jess grinste âDa ich niemanden mehr an mir kleben hab, dessen Hobby es ist zu trödeln, gehtâs nun mal schneller!â âHa Ha! Witzig, Jess!â Tiana klang verletzt, aber er kannte sie inzwischen gut genug um den künstlichen Klang zu bemerken. Einen Moment herrschte schweigen, nur das leise knarren der Leitung war zu hören. SchlieÃlich ergriff er wieder das Wort âWie läuft es mit deinem Job?â âGut, ich arbeite acht Stunden jeden Tag. Anfangs war es ziemlich stressig aber inzwischen. Der Laden würde dir gefallen. Viele Bücher, Fachzeitschriften und dazu Kaffe, Donuts und den ganzen Kram.â âEine richtige Collegebude, huh?â âJap.â Er hörte Ty leise seufzen âSie ist nur einen Block von der Hudson University entfernt. Es ist ganz cool die ganzen Studenten zu beobachten...â âAber du wärst lieber eine von ihnen, anstatt sie zu beobachtenâ, beendete Jess den Satz für sie. Es dauerte kurz bis Ty antworte âVielleicht nächsten Jahr!â
âAlsoâ, setzte Jess an âIch meld mich wieder!â âMach das!â
Ohne ein weiteres Wort hängte Jess den Hörer ein und trat aus der Telefonzelle.
Jess schaute kurz die StraÃe entlang, bevor schlieÃlich hinüber rannte.
Er betrachtete das Diner kurz. Es sah aus wie eines dieser typischen American Diners, wie man sie aus Filmen kannte. GroÃe Fenster die sich über die ganze türkis - blaue Fassade hinweg zogen, das metallene, in der Sonne glänzende Vordach und direkt über dem Eingang der Schriftzug im 50er Style. Randyâs.
Jess konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen als er die Tür aufdrückte und das Diner betrat. Auch von innen schien es eher eine Filmkulisse zu sein, als ein reales Diner. Entlang den Fenstern und den Seitenwänden waren kleine Sitzbuchten platziert, immer groà genug für vier Personen. Die Bänke waren mit türkisem Leder überzogen. Die Tische aus einem grauen Material das sich kaum definieren lieÃ, waren mit Tassen, Servietten und Menükarten bedeckt, in der Mitte lag jeweils eine der türkisen Servietten, mit dem Schriftzug ausgebreitet.
Er entdeckte einen leeren Tisch in der hintersten Ecke, direkt neben dem Fenster. Ohne groÃe Umschweife steuerte er darauf zu.
Er lieà sich auf die Sitzbank fallen und nahm die Karte, die im Serviettenhalter steckte zur Hand.
Es dauerte nicht lange bis eine Frau, in einer helltürkisen Uniform und mit einer gläsernen Kaffeekanne in der Hand, auf ihn zu kam âKaffee?â
Er nickte. Die Frau nahm eine der Tassen, die auf dem Tisch standen und füllte sie mit der schwarzen, dampfenden Flüssigkeit. Als die Tasse fast bis zum Rand voll war, stellte sie die Kanne ab und zog einen Block und einen Kugelschreiber aus ihrer Schürze âDarfâs sonst noch was sein?â
Wieder nickte Jess âDas Roastbeefsandwich!â Die Frau schrieb kurz und schaute ihn dann wieder an âDas Sandwich kommt gleich!â
Als sie wieder hinter dem Tresen verschwunden war, lieà Jess seinen Blick schweifen. Am Tresen saà eine junge Frau, neben ihr auf Hocker rutschte ein kleiner Junge unruhig hin und her. Weiter dahinter saÃen zwei Arbeiter, beim Mittagessen und einen Tisch neben ihnen saÃen ein paar Jugendliche, vielleicht ein zwei Jahre jünger als er und hinter dem Tresen standen zwei Kellnerinnen, ansonsten war der Laden leer. Es dauerte keine fünf Minuten bis die Kellnerin mit einem Teller in der Hand wieder zu ihm kam âIhr Roastbeefsandwich!â âDanke! Könnte ich noch etwas Kaffee bekommen?â âSicher!â Die Kellnerin machte ein paar Schritte zurück zum Tresen, wo ihre Kollegin ihr die Kanne schon entgegen hielt. Anscheinend hatten die Beiden heute wirklich nicht viel zu tun.
Der Rest des Tages zog sich für ihn ins unendliche. Nachdem er gegessen hatte war er herum gelaufen und hatte sich die Stadt angesehen. Es war eine Stadt von der Sorte die es Tausende Male in den USA gab.
Keine Besonderheiten, keine Attraktionen, eine öffentliche Bibliothek, eine Grundschule, eine Junior High, die High School war im Nachbarort, so schien es wenigstens.
Da es langsam auf den späten Abend zuging entschloss sich Jess noch einmal das Diner zu besuchen. Als er es diesmal betrat war deutlich mehr los. Die Sitzecken waren vollständig besetzt, oder eher überfüllt. Zum Teil hatten sich acht Jugendliche in eine einzige Bucht gequetscht. Wie sie so überhaupt noch genug Platz hatten, um zu Essen, war Jess ein Rätsel.
Er suchte sich einem Platz direkt am Tresen und Bestellte ein kleines Steak mit Salat und Pommes. Während er auf das Essen wartete zog er ein Buch aus seiner Hosentasche. Be-Bop, Bars und weiÃes Pulver von Jack Kerouac, eines der Bücher die er in Dottys Regal entdeckt und behalten hatte.
Er kam ein gutes Stück weiter, bevor ein überfüllter Teller vor ihn geschoben wurde.
âHey Junge!â Jess schaute irritiert auf. âJa genau dich mein ich!â Der Kerl neben ihm grinste ihn schelmisch an. âDich hab ich noch nie hier gesehen!â Jess schaute den alten Farmer etwas misstrauisch an âIch bin nur auf der Durchreise.â Damit schien für Jess die Unterhaltung beendete zu sein, also wendete er sich seinem Essen zu und fing an hungrig an es zu verschlingen. âUnd woher kommst du!â Jess kaute zu Ende, bevor er sich dem Alten zudrehte âNew York, Stars Hollow, Los Angeles, suchen sie sich was aus!â Er klang gereizt, obwohl er es nicht drauf angelegt hatte. Der Alte zuckte mit den Schultern âNa dann!â Mit den letzten Worten des Alten war das Gespräch entgültig beendet. Jess wusste, dass er unhöflich war, aber er war, trotz all seiner trüben Gedanken darüber, dass er Menschen um sich brauchte, nicht dazu aufgelegt eine Unterhaltung zu führen.
Seine Einsamkeit und die daraus resultierende miese Laune, war an einem Punkt angelangt, der es ihm unmöglich machte, nicht unhöflich zu sein.
Nachdem Jess zuende gegessen hatte, bezahlte und verlieà er das Diner.
Er hatte zwar vor gehabt erst noch ein paar Stunden zu schlafen, bevor es weiter ging, aber mit seiner aktuellen Laune entschied er sich dazu noch ein paar Meilen hinter sich zu lassen, bevor er schlafen ging. Die Grenze zu Montana war nicht mehr so weit entfernt, das konnte er noch schaffen.