05.06.2008, 18:36
Nici schrieb:Tut mir Leid, dass kein fb kam aber ich bin's einfach nicht mehr gewöhnt mich im Ff Bereich aufzuhalten. ^^kein thema! schön das du die story trotzdem nicht ganz vergessen hast.
Jess und Ty. Ihr Leben muss wirklich furchtbar sein, wenn sie sich so etwas antut und dann auch noch zu Fremden ins Auto steigt ohne zu wissen, wohin es geht. Gut, zu Jess würd ich auch einfach einsteigen aber das ist etwas anderes. :gg: Du beschreibst alles so, dass man es direkt vor Augen hat. Man hat gar keine andere Wahl, man muss es sich einfach bildlich vorstellen. Ich bin wirklich gespannt, wie es mit Jess und Ty weiter geht. Vor allem ihre Geschichte interessiert mich. Mir hat das letzte Kapitel gut gefallen.
Und zu dem Kapitel mit Dotty noch... ich lieb Jess & Dotty zusammen. Jess wirkt in ihrer Nähe irgendwie 'weicher' (ist nicht ganz das passende Wort aber so in etwa). Freu mich schon auf ihr nächstes Zusammentreffen.
Edward/Bella set, huh? :gg:
yep, das twilight(new moon, eclipse)-fieber hat mich gepackt.
ich überleg schon seit einer woche, ob ich mich nicht mal an einer vampir story ala edward&bella versuchen soll, aber ich glaub ich lass es bleiben

ok, ich hab gesagt ich geb Gas, daher hier das komplette Kapitel 5
*********
âHier ist der Anschluss von Luke Danes...â âDem miesgelaunten Diner Besitzer.â âLorelai!â Jess zog verwundert die Augenbrauen zusammen. Lorelai? âOk, ihr wisst wie es läuft sprecht nach dem Sig...â âPiiiieeeeepâ âHimmel, Lorelai! Erinnere mich bitte daran, dass ich mich nie wie...â Die Ansage brach ab, als das Signal ertönte.
âUhm, Luke, Jess hier. Ich wollte nur... also mir gehtâs gut. Ich bin gerade in Dayton, Ohio. Dann, also... bis irgendwann.â Jess hängte den Hörer des Münzfernsprechers wieder ein, nicht sicher warum er hier vor einen 24-Stunden- Supermarkt in einer Telefonzelle stand und seinen Onkel angerufen hatte.
Langsam machte er sich auf den Weg zurück zu seinem Wagen. Es war bereits später Nachmittag und die Sonne stand in einem Winkel, der es ihm unmöglich machte, geradeaus zu schauen ohne seine Augen abzuschirmen.
Obwohl er fast den ganzen Tag verschlafen hatte, war er müde. Warum auch immer. Vielleicht hatte er einfach zu viel geschlafen, wobei er zugeben musste, dass es sowieso kein sehr erholsamer Schlaf gewesen ist. Fast im Stundentakt war er aufgewacht und es hatte immer einige Minuten gedauert, bis er wieder schlief.
An seinem Auto angekommen, zog ereine einzelne Zigarette aus seiner Jackentasche und zündete sie an. Den Qualm einatmend lehnte er sich gegen die Fahrertür. Die Sonne war, trotz der Jahreszeit, überraschend warm, solange man sie auch tatsächlich abbekam.
Ein halbes Jahr, ein verdammtes halbes Jahr fuhr er schon durch die Gegend, ohne zu wissen wie lange er noch unterwegs sein würde. Er hatte kein Ziel, also gab es auch kein absehbares Ende für seine Reise. Reise. Suche. Diese Worte trafen es nicht.
Flucht. Flucht war ein Wort das zumindest zum Teil zutraf. Wenn er ehrlich war, war es sogar DAS Wort. Er war auf der Flucht. Er floh vor sich selbst, seinem Onkel und vor allem vor IHR.
Würde sie jetzt vor ihm stehen...
Er würde sterben. Der Blick, dieser Blick den sie hatte als - Nein - alles den Bach hinunter ging und dabei war alles was er wollte mit ihr zusammen zu sein.
Er war es müde. Das war es. Er war ES müde. Er war es müde allein zu sein, auch wenn er nie ein sehr geselliger Mensch gewesen war.
Er nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette und schnippte den Stummel gekonnt einige Meter weiter. Er hatte eigentlich auf eines der Löcher, des Kanaldeckels, keine fünf Meter von ihm entfernt gezielt, aber der Stummel landete etwa drei Zentimeter davor.
Es gab Tage, an denen ihm einfach nichts gelang.
Nachdenklich sperrte er das Auto auf und stieg ein, aber anstatt loszufahren, nahm er Papier und einen Stift aus dem Handschuhfach und begann zu schreiben.
Die StraÃen waren noch so gut wie leer, als Jess sich am nächsten Morgen mit seinem Wagen durch die StraÃen bewegte. Den Brief hatte er direkt beim Supermarkt in einen Briefkasten geworfen. Dieses mal ging er nach Rochester im schönen Staate New York.
Jess hatte sich in der Bäckerei des Supermarktes für den Tag mit Lebensmitteln eingedeckt und etwas weiter die StraÃe entlang getankt und war, wie zu erwarten, völlig Pleite. Ein Dollar, sonst nichts.
Er hatte noch ein paar Konserven von Dotty, aber das änderte nichts daran das er wieder arbeiten musste. Er konnte sich nicht erinnern, je sowenig Lust dazu gehabt zu haben. Die letzten zwei Tage hatten ihm Kraft, die er gebraucht hätte, um sich aufzurappeln und ernsthaft nach einem Job zusuchen, geraubt, stattdessen wartete er darauf in irgendeinem Schaufenster ein kleines Schild zu finden - Aushilfe gesucht-, ein paar Dollar zu verdienen und diese Stadt hinter sich lassen zu können, ohne selbst tatsächlich etwas dafür zu tun.
Der Wunsch wieder in Detroit zu sein, wuchs von Minute zu Minute.
Oder war es der Wunsch... ?
Nein war es nicht!
Stattdessen...
Jess blinzelte ein paar mal. Langsam fuhr er zum Bürgersteig und hielt an.
Direkt zu seiner Rechten war eine kleine Parkanlage, nicht gröÃer als ein FuÃballfeld, und auf einer Bank keine fünfzehn Meter entfernt saà ein kleines schwarzes Bündel, mit blonden, struppigen Haaren.
Ohne zu überlegen, ob er das Richtige tat, stieg er aus und ging zielstrebig auf das Bündel zu. Wie drei Tage zuvor, als er einfach so ihr Handgelenk gegriffen hatte, dachte er auch jetzt nicht darüber nach, ob sein Handeln, in diesem Moment, das Richtige war.
âTy?â
Das Mädchen vor ihm schreckte auf. Ohne ein Wort stand sie auf und machte anstallten zu gehen, die Schultern versteift, den Kopf gehoben, eine klare Geste, dass sie von Jess nichts wissen wollte, aber Jess griff nach ihrem Arm, bevor sie den Abstand zwischen sich und ihm stark vergröÃern konnte. âEs tut mir leid! Ok? Es ist deine Sache! Aber erwarte bloà nicht von mir das ich dich einfach so gehen lasse!â
Tiana, die sich erst noch gegen Jessâ Griff gewehrt hatte, stand mit einmal regungslos da. Sie sah fast aus wie vor drei Tagen, auf der StraÃe in Bluffton.
Plötzlich löste sie sich aus ihrer Erstarrung und schmiss sich gegen Jessâ Brust.
Ihre Hände krallten sie sich an seiner Jacke fest, ohne das sie es beabsichtigt hatte, ohne, das Jess damit gerechnet hatte.
Genauso wenig beabsichtigt, fing sie an zu schluchzen und vergrub ihr Gesicht an Jessâ Hals und genauso wenig hatte Jess auch damit gerechnet.
Dieses Mädchen forderte ihn. Seit ihr sie kannte, keine 72 Stunden, hatte er schon häufiger verschiedene Verhaltensweisen gezeigt, als in den letzten zehn, wenn nicht sogar fünfzehn, Jahren seines Lebens.
In den letzten Jahren war sein Verhalten auf wenige Dinge beschränkt - pöbeln, provozieren, flirten, baggern, ignorieren - und damit hatte es sich.
Er hatte mit allem gerechnet, das sie ihn anschreit, ihm die Augen auskratzt, ihn einfach stehen lässt, aber nicht damit.
Sie kannte ihn nicht und er kannte sie nicht, trotzdem kam es ihm vor als sei er in diesem Moment alles was sie hatte, wahrscheinlich war es so und wenn er ehrlich war, war er froh darüber.
Vorsichtig legte er die Arme um sie. Unsicher ob es angebracht war, aber sicher, dass es das war was sie wollte, was sie brauchte, vielleicht sogar das was er brauchte. Er musste sich selbst Beweisen, dass er mehr war als der vorlaute GroÃstadtpunk. Er war nie gut in so etwas gewesen und würde es nie sein, aber in diesem Augenblick schien er seinen Job ganz gut zumachen.
âLass uns gehen!â Jess klang sachlich, als er Ty ein Stück wegdrückte und sie zum Auto führte.
Ty saà neben ihm, die Beine angezogen und die Wolldecke vom Rücksitz bis zum Kinn hochgezogen. Es zerrte an Jess Nerven das sie einfach nicht aufhörte zu weinen. Am liebsten hätte er sie angeschrieen, sie soll mit diesem dummen Geheul aufhören.
Aber hätte es etwas besser gemacht? Verdammt, noch mal - Nein! Er war kein Idiot, wenigstens nicht immer, daher wusste er zumindest so viel.
Jess atmete tief durch. Ein weinendes, verzweifeltes Mädchen, in seinem Auto, selbst Dean Forester, wäre ihm gerade ein lieberer Begleiter gewesen, obwohl, vielleicht auch nicht, aber zumindest hätte Dean Ty trösten können.
âHey Ty?â Jess fiel nichts besseres ein, als es einfach drauf ankommen zu lassen, ihr auf den Schlips zu treten âWarum erzählst du ...nicht einfach... was los ist. Ich glaub zwar nicht...â Jess brach ab. ScheiÃe, was sollte der Mist überhaupt. Tiana war ein emotionales Frack und daran würde er nichts ändern können.
âEs ist meine Sache ich will... Ich kann nicht darüber...â
Jess nickte âWir sollten irgendwo Klamotten für dich auftreiben. Du kannst nicht immer in dem Pulli rumlaufen.â
Diesmal lächelte Ty wirklich, ein Lächeln das Jess bei ihr noch nie gesehen hatte.
âArbeiten,â gab Jess knapp zurück.
âKann ich was fragen?â Tiana schaute Jess bittend an. Er gab ihr nur ein kurzes Nicken als Antwort. âWarum machst du das?â âWas?â Jess war sich nicht ganz im klaren darüber, auf was Ty hinaus wollte. âDas hier - durch die Gegend zu fahren, zu arbeiten, wenn du Geld braucht, psychisch Gestörte kutschieren.â âDu bist ni...â âLenk nicht ab!â Ty schien für den Moment fast wieder die Alte zu sein. Nicht das scheue Reh, am Abend in Bluffton, sondern Ty mit den abgedrehten Sprüchen, die Jess mir an eine Psychopatin erinnerte als die andere.
Jess zuckte mit den Schultern âIch glaube ich weià es selbst nicht!â âDu lügst!â âIch lüge nicht!â Jess klang beleidigt als er Ty antwortete. âDoch tust du!â
âDamn it, Ty!â
Die Sonne stand inzwischen höher, er spürte wie das innere des Autos sich ständig mehr erwärmte. Tage waren lang, aber wenn man Hunger hatte, kein Geld hatte, auf der Suche nach einem Job war, waren sie nie lang genug um tatsächlich einen zufinden.
âIch tendiere zu erstens.â, gestand er offen. Sein Gegenüber, dieses nicht mehr ganz so fremde Mädchen, lächelte ihn traurig an âIch auch.â
Alles was ihm zu tun blieb, war kurz zu nicken und, nachdem er einmal tief durchgeatmet hatte, seinen Blick auf die StraÃe zu richten.
Jess schnaufte, als er die zehntausendste Kiste hoch hob und sich seinen Weg durch den schmalen vollgestellten Flur bahnte. Sein ganzer Oberkörper tat ihm weh. Als wäre es nicht genug gewesen schon den ganzen Nachmittag des Vortages damit zu verbringen Kisten zu schleppen. Nein, natürlich nicht.
Heute ging es gleich weiter.
Aber, erinnerte er sich wieder, es gab gutes Geld. Vier Dollar pro Stunde für ihn, zwei für Tiana. Gestern hatten sie beide fünf Stunden gearbeitet, was nach Adamriese dreiÃig Dollar machte. Dazu kam das sie nach der Arbeit umsonst duschen konnten. Ein Luxus für den sonst eher selten Geld da war, auch wenn er es nicht gerne zugab.
Die dreiÃig Dollar von gestern hatten sie bar auf die Hand bekommen und , wie Jess gerne hinzufügen würde, für Mädchen typisch, hatte Ty gleich fünfzehn Dollar in einem Second Hand Laden verprasst. Wie gesagt er würde es gern hinzufügen, tat es aber nicht - Immerhin Tiana war abgehauen ohne etwas mitzunehmen. Klamotten zum wechseln und eine Jacke waren eine Notwendigkeit.
Mit einem weiteren Seufzer, stellte Jess die Kiste auf der Ladefläche eines mittleren Trucks ab und machte sich wieder auf den Weg nach drinnen.
Ty kniete auf dem Boden und war immer noch damit beschäftigt, den ganzen Krempel in Kisten zu verstauen.
Wenn sie Glück hatten, würde das Ausräumen das alten Sozialbaues ihnen noch für, na einen vielleicht zwei weitere Tage Arbeit geben und bei dem Lohn wäre Geld etwas über das sie sich erst in ein bis anderthalb Wochen wieder Gedanken machen. Eventuell sogar länger.
âWo ist die zwei andern?â Jess schaute sich in dem kleinen Raum suchend um. âIm zweiten Stock, fangen an die Kisten aus dem Flur zu räumen.â Ty sah nicht von ihrer Arbeit auf. Arbeiten, das war neu für sie, aber das hier war nicht schlecht und das sie mitarbeitete half ihr und, haha, wer hätte es Gedacht, Jess.
Ty war aufgeregt, es war neu für sie zu arbeiten aber wie neu würde es erst sein ohne Ziel, Tage - wochenlang durch die USA zu touren? Und das mit Jess. Ty war nie eine gute Menschenkennerin gewesen aber eins wusste sie auch so - der Streit auf dem Highway war nicht der letzte gewesen, den sie beide hatten. Es würde mehr geben, vielmehr.
Die Schatten wurden allmählich länger, als der Truck, der den ganzen Tag vor dem Haus geparkt hatte sich in Bewegung setzte. Jess hatte irgendwann aufgehört mitzuzählen, wie viele Trucks er in den letzten drei Tagen beladen hatte. Er wusste nur das es einige gewesen waren.
Die Menschen, die hier gelebt hatten, hatten nicht viel Wert auf ihre Besitztümer gelegt, die meisten Dinge hatten sie einfach zurückgelassen.
So wie er. Vor einigen Monaten, hatte auch er den gröÃten Teil seines Besitzes hinter sich gelassen. Es war nicht so, als hätte er jemals viel besessen und, abgesehen davon, war er sich relativ sicher, dass seine Sachen nicht von einer Entrümpelungsfirma zusammengepackt und weiter verkauft werden würden. Relativ.
Jess stand gemeinsam mit Ty vor der abgeschlossenen Haustür, des Hauses, das Morgen, um diese Zeit nicht mehr existieren würde. Morgen um Sechs Uhr früh, kamen die Abriss Leute. Für Drei, war die Sprengung angesetzt.
âDu hast wie viel?â Jess richtete seinen Blick auf Ty während sie kurz überlegte. âAcht stunden, zu zwei.â Ty überlegte kurz âSechszehn Dollar. Plus fünf Extra, weil Mr. Cone mich so gut leiden konnte.â
Jess nickte. Mr. Cone war ein alter fetter, schmieriger Umzugsunternehmer, der so ziemlich alles angrub, aber wenn man es zu seinem Vorteil nutzen konnte und er nicht zu aufdringlich wurde... wieso nicht?
âOk, das macht mit meinen zweiunddreiÃig, satte zweiundfünfzig Dollar!â Diesmal war es an Ty zu nicken âUnd was jetzt?â Jess zuckte mit den Schultern âMorgen noch einmal Kisten schleppen und weitere fünfzig einstecken oder...â âIch glaube das - oder - gefällt mir jetzt schon besserâ, warf Ty ein.
Jess grinste sein schiefes Grinsen â...oder, wir setzten uns ins Auto und fahren weiter.â Er beobachtete Ty aufmerksam während sie sich umsah und schlieÃlich einen Blick zum Himmel warf âIch hab doch schon gesagt dass das Oder mir besser gefällt.â âOk!â Jess setzte sich in Bewegung, sein Wagen stand auf einem kleinen Parkplatz fünf Minuten die StraÃe runter. Ty folgte ihm ohne ein weiteres Wort, obwohl...
âJess!â âHuh?â âWürdest du mir nen gefallen tun?â Jess blieb stehen und drehte sich zu Ty um âWas?â âKönnten wir vielleicht nach...â Ty zögerte kurz â... New... Orleans... Fahren?â Jess versuchte nicht darüber nach zudenken, warum Ty ausgerechnet nach New Orleans wollte aber âOkâ
Old Bull Lee, wir kommen.
Dayton - Who I am
[...] Und wenn wir zusammen sind, dann werden wir verrückt,
weil wir zusammen sind."
Stephen King
weil wir zusammen sind."
Stephen King
âHier ist der Anschluss von Luke Danes...â âDem miesgelaunten Diner Besitzer.â âLorelai!â Jess zog verwundert die Augenbrauen zusammen. Lorelai? âOk, ihr wisst wie es läuft sprecht nach dem Sig...â âPiiiieeeeepâ âHimmel, Lorelai! Erinnere mich bitte daran, dass ich mich nie wie...â Die Ansage brach ab, als das Signal ertönte.
âUhm, Luke, Jess hier. Ich wollte nur... also mir gehtâs gut. Ich bin gerade in Dayton, Ohio. Dann, also... bis irgendwann.â Jess hängte den Hörer des Münzfernsprechers wieder ein, nicht sicher warum er hier vor einen 24-Stunden- Supermarkt in einer Telefonzelle stand und seinen Onkel angerufen hatte.
Langsam machte er sich auf den Weg zurück zu seinem Wagen. Es war bereits später Nachmittag und die Sonne stand in einem Winkel, der es ihm unmöglich machte, geradeaus zu schauen ohne seine Augen abzuschirmen.
Obwohl er fast den ganzen Tag verschlafen hatte, war er müde. Warum auch immer. Vielleicht hatte er einfach zu viel geschlafen, wobei er zugeben musste, dass es sowieso kein sehr erholsamer Schlaf gewesen ist. Fast im Stundentakt war er aufgewacht und es hatte immer einige Minuten gedauert, bis er wieder schlief.
An seinem Auto angekommen, zog ereine einzelne Zigarette aus seiner Jackentasche und zündete sie an. Den Qualm einatmend lehnte er sich gegen die Fahrertür. Die Sonne war, trotz der Jahreszeit, überraschend warm, solange man sie auch tatsächlich abbekam.
Ein halbes Jahr, ein verdammtes halbes Jahr fuhr er schon durch die Gegend, ohne zu wissen wie lange er noch unterwegs sein würde. Er hatte kein Ziel, also gab es auch kein absehbares Ende für seine Reise. Reise. Suche. Diese Worte trafen es nicht.
Flucht. Flucht war ein Wort das zumindest zum Teil zutraf. Wenn er ehrlich war, war es sogar DAS Wort. Er war auf der Flucht. Er floh vor sich selbst, seinem Onkel und vor allem vor IHR.
Würde sie jetzt vor ihm stehen...
Er würde sterben. Der Blick, dieser Blick den sie hatte als - Nein - alles den Bach hinunter ging und dabei war alles was er wollte mit ihr zusammen zu sein.
Er war es müde. Das war es. Er war ES müde. Er war es müde allein zu sein, auch wenn er nie ein sehr geselliger Mensch gewesen war.
Er nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette und schnippte den Stummel gekonnt einige Meter weiter. Er hatte eigentlich auf eines der Löcher, des Kanaldeckels, keine fünf Meter von ihm entfernt gezielt, aber der Stummel landete etwa drei Zentimeter davor.
Es gab Tage, an denen ihm einfach nichts gelang.
Nachdenklich sperrte er das Auto auf und stieg ein, aber anstatt loszufahren, nahm er Papier und einen Stift aus dem Handschuhfach und begann zu schreiben.
***
Die StraÃen waren noch so gut wie leer, als Jess sich am nächsten Morgen mit seinem Wagen durch die StraÃen bewegte. Den Brief hatte er direkt beim Supermarkt in einen Briefkasten geworfen. Dieses mal ging er nach Rochester im schönen Staate New York.
Jess hatte sich in der Bäckerei des Supermarktes für den Tag mit Lebensmitteln eingedeckt und etwas weiter die StraÃe entlang getankt und war, wie zu erwarten, völlig Pleite. Ein Dollar, sonst nichts.
Er hatte noch ein paar Konserven von Dotty, aber das änderte nichts daran das er wieder arbeiten musste. Er konnte sich nicht erinnern, je sowenig Lust dazu gehabt zu haben. Die letzten zwei Tage hatten ihm Kraft, die er gebraucht hätte, um sich aufzurappeln und ernsthaft nach einem Job zusuchen, geraubt, stattdessen wartete er darauf in irgendeinem Schaufenster ein kleines Schild zu finden - Aushilfe gesucht-, ein paar Dollar zu verdienen und diese Stadt hinter sich lassen zu können, ohne selbst tatsächlich etwas dafür zu tun.
Der Wunsch wieder in Detroit zu sein, wuchs von Minute zu Minute.
Oder war es der Wunsch... ?
Nein war es nicht!
Stattdessen...
Jess blinzelte ein paar mal. Langsam fuhr er zum Bürgersteig und hielt an.
Direkt zu seiner Rechten war eine kleine Parkanlage, nicht gröÃer als ein FuÃballfeld, und auf einer Bank keine fünfzehn Meter entfernt saà ein kleines schwarzes Bündel, mit blonden, struppigen Haaren.
Ohne zu überlegen, ob er das Richtige tat, stieg er aus und ging zielstrebig auf das Bündel zu. Wie drei Tage zuvor, als er einfach so ihr Handgelenk gegriffen hatte, dachte er auch jetzt nicht darüber nach, ob sein Handeln, in diesem Moment, das Richtige war.
âTy?â
Das Mädchen vor ihm schreckte auf. Ohne ein Wort stand sie auf und machte anstallten zu gehen, die Schultern versteift, den Kopf gehoben, eine klare Geste, dass sie von Jess nichts wissen wollte, aber Jess griff nach ihrem Arm, bevor sie den Abstand zwischen sich und ihm stark vergröÃern konnte. âEs tut mir leid! Ok? Es ist deine Sache! Aber erwarte bloà nicht von mir das ich dich einfach so gehen lasse!â
Tiana, die sich erst noch gegen Jessâ Griff gewehrt hatte, stand mit einmal regungslos da. Sie sah fast aus wie vor drei Tagen, auf der StraÃe in Bluffton.
Plötzlich löste sie sich aus ihrer Erstarrung und schmiss sich gegen Jessâ Brust.
Ihre Hände krallten sie sich an seiner Jacke fest, ohne das sie es beabsichtigt hatte, ohne, das Jess damit gerechnet hatte.
Genauso wenig beabsichtigt, fing sie an zu schluchzen und vergrub ihr Gesicht an Jessâ Hals und genauso wenig hatte Jess auch damit gerechnet.
Dieses Mädchen forderte ihn. Seit ihr sie kannte, keine 72 Stunden, hatte er schon häufiger verschiedene Verhaltensweisen gezeigt, als in den letzten zehn, wenn nicht sogar fünfzehn, Jahren seines Lebens.
In den letzten Jahren war sein Verhalten auf wenige Dinge beschränkt - pöbeln, provozieren, flirten, baggern, ignorieren - und damit hatte es sich.
Er hatte mit allem gerechnet, das sie ihn anschreit, ihm die Augen auskratzt, ihn einfach stehen lässt, aber nicht damit.
Sie kannte ihn nicht und er kannte sie nicht, trotzdem kam es ihm vor als sei er in diesem Moment alles was sie hatte, wahrscheinlich war es so und wenn er ehrlich war, war er froh darüber.
Vorsichtig legte er die Arme um sie. Unsicher ob es angebracht war, aber sicher, dass es das war was sie wollte, was sie brauchte, vielleicht sogar das was er brauchte. Er musste sich selbst Beweisen, dass er mehr war als der vorlaute GroÃstadtpunk. Er war nie gut in so etwas gewesen und würde es nie sein, aber in diesem Augenblick schien er seinen Job ganz gut zumachen.
âLass uns gehen!â Jess klang sachlich, als er Ty ein Stück wegdrückte und sie zum Auto führte.
[...] Don't worry about me, I'm gonna make it alright
Got my enemies crossed-eyed in my sight [...]
Jess lehnte sich im Fahrersitz zurück. Egal was andere über diese Situation sagen würden oder tun würden, er war restlos überfordert. Der Anfang war zwar leichter gewesen, als er erwartet hatte, aber was kam jetzt? Got my enemies crossed-eyed in my sight [...]
Ty saà neben ihm, die Beine angezogen und die Wolldecke vom Rücksitz bis zum Kinn hochgezogen. Es zerrte an Jess Nerven das sie einfach nicht aufhörte zu weinen. Am liebsten hätte er sie angeschrieen, sie soll mit diesem dummen Geheul aufhören.
Aber hätte es etwas besser gemacht? Verdammt, noch mal - Nein! Er war kein Idiot, wenigstens nicht immer, daher wusste er zumindest so viel.
Jess atmete tief durch. Ein weinendes, verzweifeltes Mädchen, in seinem Auto, selbst Dean Forester, wäre ihm gerade ein lieberer Begleiter gewesen, obwohl, vielleicht auch nicht, aber zumindest hätte Dean Ty trösten können.
[...] I take a bad situation gonna make it right
In the shadows of darkness I stand in the light[...]
Gut das wenigstens sein CDPlayer noch funktionierte. Trotz des unsanften Fluges gegen die Heckscheibe, war das Teil noch intakt. In the shadows of darkness I stand in the light[...]
âHey Ty?â Jess fiel nichts besseres ein, als es einfach drauf ankommen zu lassen, ihr auf den Schlips zu treten âWarum erzählst du ...nicht einfach... was los ist. Ich glaub zwar nicht...â Jess brach ab. ScheiÃe, was sollte der Mist überhaupt. Tiana war ein emotionales Frack und daran würde er nichts ändern können.
[...] You see it's our style to keep it true
I've had a bad year, a lot to go through
I've been knocked out, beat down, black and blue [...]
Ty sah Jess von unten herauf an. Er war ein Fremder. Ein völlig Fremder und dazu noch nicht einmal einer von der super netten Sorte. Aber auch keiner von der üblen Sorte. âIch ..ich kann ...â Tiana atmete tief durch, langsam stellte sie ihre FüÃe auf den Boden und richtete sich auf âMein Dad prügelt mich seit Jahren. Ich habâs nicht mehr ausgehalten und...â Ty versuchte Jess anzulächeln â...hier bin ich!â âUnd das ist alles?â Jess war sich sicher das sie die Wahrheit sagte, aber nicht die ganze Wahrheit. Ty blinzelte ein paar Mal. So sollte es nicht sein... I've had a bad year, a lot to go through
I've been knocked out, beat down, black and blue [...]
âEs ist meine Sache ich will... Ich kann nicht darüber...â
Jess nickte âWir sollten irgendwo Klamotten für dich auftreiben. Du kannst nicht immer in dem Pulli rumlaufen.â
Diesmal lächelte Ty wirklich, ein Lächeln das Jess bei ihr noch nie gesehen hatte.
[...] If I fall back down, you're gonna help me back up again
It takes disaster to learn a lesson
You're gonna make it through the darkest night [...]
âJa, sollten wir wohl.â âWir haben nur ein Problem.â Ty schaute Jess fast ängstlich an âWas?â Ihre Stimme zitterte immer noch, auch wenn die Tränen verschwunden waren. âIch bin pleite. Ein Dollar das warâs.â âAlso?â It takes disaster to learn a lesson
You're gonna make it through the darkest night [...]
âArbeiten,â gab Jess knapp zurück.
âKann ich was fragen?â Tiana schaute Jess bittend an. Er gab ihr nur ein kurzes Nicken als Antwort. âWarum machst du das?â âWas?â Jess war sich nicht ganz im klaren darüber, auf was Ty hinaus wollte. âDas hier - durch die Gegend zu fahren, zu arbeiten, wenn du Geld braucht, psychisch Gestörte kutschieren.â âDu bist ni...â âLenk nicht ab!â Ty schien für den Moment fast wieder die Alte zu sein. Nicht das scheue Reh, am Abend in Bluffton, sondern Ty mit den abgedrehten Sprüchen, die Jess mir an eine Psychopatin erinnerte als die andere.
Jess zuckte mit den Schultern âIch glaube ich weià es selbst nicht!â âDu lügst!â âIch lüge nicht!â Jess klang beleidigt als er Ty antwortete. âDoch tust du!â
âDamn it, Ty!â
[...] Even if I look and act really crazy
I went way down, she betrayed me
Now my vision is no longer had [...]
âDein Problem, wenn duâs mir nicht erzählen willst!â Diesmal klang Ty nicht weniger beleidigt als Jess. âHimmel, wenn duâs unbedingt wissen willst. Ich laufe weg! Genau wie du, nur nicht aus den selben Gründen!â Jess schlug wütend mit einer Hand aufâs Lenkrad, bevor er mit der anderen den Zündschlüssel umdrehte und Gas gab. âUnd deine Gründe wären?â âWas geht dich das an?â âDas Selbe was dich meine Gründe angehen. Jess, wir kennen uns nicht, aber so wie es aussieht, werden wir einige Zeit miteinander auskommen müssen. Wir haben also zwei Möglichkeiten. Ersten wir schweigen, über die Dinge, über die wir nicht reden wollen und fragen den andern auch nicht danach oder wir packen aus, alles, gnadenlos, ohne Rücksicht auf Verluste.â Jess beobachtete sie, jeden Zentimeter ihres Gesichts, jedes Augenzwinkern, jedes Verziehen der Mundwinkel.I went way down, she betrayed me
Now my vision is no longer had [...]
Die Sonne stand inzwischen höher, er spürte wie das innere des Autos sich ständig mehr erwärmte. Tage waren lang, aber wenn man Hunger hatte, kein Geld hatte, auf der Suche nach einem Job war, waren sie nie lang genug um tatsächlich einen zufinden.
âIch tendiere zu erstens.â, gestand er offen. Sein Gegenüber, dieses nicht mehr ganz so fremde Mädchen, lächelte ihn traurig an âIch auch.â
Alles was ihm zu tun blieb, war kurz zu nicken und, nachdem er einmal tief durchgeatmet hatte, seinen Blick auf die StraÃe zu richten.
[...] If I fall back down, you're gonna help me back up again
If I fall back down, you're gonna be my friend [...]
âWohin fahren wir?â, fragte Ty unbekümmert von Jessâ kleinem Ausraster. âArbeit suchen, was denkst du denn?â If I fall back down, you're gonna be my friend [...]
***
Jess schnaufte, als er die zehntausendste Kiste hoch hob und sich seinen Weg durch den schmalen vollgestellten Flur bahnte. Sein ganzer Oberkörper tat ihm weh. Als wäre es nicht genug gewesen schon den ganzen Nachmittag des Vortages damit zu verbringen Kisten zu schleppen. Nein, natürlich nicht.
Heute ging es gleich weiter.
Aber, erinnerte er sich wieder, es gab gutes Geld. Vier Dollar pro Stunde für ihn, zwei für Tiana. Gestern hatten sie beide fünf Stunden gearbeitet, was nach Adamriese dreiÃig Dollar machte. Dazu kam das sie nach der Arbeit umsonst duschen konnten. Ein Luxus für den sonst eher selten Geld da war, auch wenn er es nicht gerne zugab.
Die dreiÃig Dollar von gestern hatten sie bar auf die Hand bekommen und , wie Jess gerne hinzufügen würde, für Mädchen typisch, hatte Ty gleich fünfzehn Dollar in einem Second Hand Laden verprasst. Wie gesagt er würde es gern hinzufügen, tat es aber nicht - Immerhin Tiana war abgehauen ohne etwas mitzunehmen. Klamotten zum wechseln und eine Jacke waren eine Notwendigkeit.
Mit einem weiteren Seufzer, stellte Jess die Kiste auf der Ladefläche eines mittleren Trucks ab und machte sich wieder auf den Weg nach drinnen.
Ty kniete auf dem Boden und war immer noch damit beschäftigt, den ganzen Krempel in Kisten zu verstauen.
Wenn sie Glück hatten, würde das Ausräumen das alten Sozialbaues ihnen noch für, na einen vielleicht zwei weitere Tage Arbeit geben und bei dem Lohn wäre Geld etwas über das sie sich erst in ein bis anderthalb Wochen wieder Gedanken machen. Eventuell sogar länger.
âWo ist die zwei andern?â Jess schaute sich in dem kleinen Raum suchend um. âIm zweiten Stock, fangen an die Kisten aus dem Flur zu räumen.â Ty sah nicht von ihrer Arbeit auf. Arbeiten, das war neu für sie, aber das hier war nicht schlecht und das sie mitarbeitete half ihr und, haha, wer hätte es Gedacht, Jess.
Ty war aufgeregt, es war neu für sie zu arbeiten aber wie neu würde es erst sein ohne Ziel, Tage - wochenlang durch die USA zu touren? Und das mit Jess. Ty war nie eine gute Menschenkennerin gewesen aber eins wusste sie auch so - der Streit auf dem Highway war nicht der letzte gewesen, den sie beide hatten. Es würde mehr geben, vielmehr.
Die Schatten wurden allmählich länger, als der Truck, der den ganzen Tag vor dem Haus geparkt hatte sich in Bewegung setzte. Jess hatte irgendwann aufgehört mitzuzählen, wie viele Trucks er in den letzten drei Tagen beladen hatte. Er wusste nur das es einige gewesen waren.
Die Menschen, die hier gelebt hatten, hatten nicht viel Wert auf ihre Besitztümer gelegt, die meisten Dinge hatten sie einfach zurückgelassen.
So wie er. Vor einigen Monaten, hatte auch er den gröÃten Teil seines Besitzes hinter sich gelassen. Es war nicht so, als hätte er jemals viel besessen und, abgesehen davon, war er sich relativ sicher, dass seine Sachen nicht von einer Entrümpelungsfirma zusammengepackt und weiter verkauft werden würden. Relativ.
Jess stand gemeinsam mit Ty vor der abgeschlossenen Haustür, des Hauses, das Morgen, um diese Zeit nicht mehr existieren würde. Morgen um Sechs Uhr früh, kamen die Abriss Leute. Für Drei, war die Sprengung angesetzt.
âDu hast wie viel?â Jess richtete seinen Blick auf Ty während sie kurz überlegte. âAcht stunden, zu zwei.â Ty überlegte kurz âSechszehn Dollar. Plus fünf Extra, weil Mr. Cone mich so gut leiden konnte.â
Jess nickte. Mr. Cone war ein alter fetter, schmieriger Umzugsunternehmer, der so ziemlich alles angrub, aber wenn man es zu seinem Vorteil nutzen konnte und er nicht zu aufdringlich wurde... wieso nicht?
âOk, das macht mit meinen zweiunddreiÃig, satte zweiundfünfzig Dollar!â Diesmal war es an Ty zu nicken âUnd was jetzt?â Jess zuckte mit den Schultern âMorgen noch einmal Kisten schleppen und weitere fünfzig einstecken oder...â âIch glaube das - oder - gefällt mir jetzt schon besserâ, warf Ty ein.
Jess grinste sein schiefes Grinsen â...oder, wir setzten uns ins Auto und fahren weiter.â Er beobachtete Ty aufmerksam während sie sich umsah und schlieÃlich einen Blick zum Himmel warf âIch hab doch schon gesagt dass das Oder mir besser gefällt.â âOk!â Jess setzte sich in Bewegung, sein Wagen stand auf einem kleinen Parkplatz fünf Minuten die StraÃe runter. Ty folgte ihm ohne ein weiteres Wort, obwohl...
âJess!â âHuh?â âWürdest du mir nen gefallen tun?â Jess blieb stehen und drehte sich zu Ty um âWas?â âKönnten wir vielleicht nach...â Ty zögerte kurz â... New... Orleans... Fahren?â Jess versuchte nicht darüber nach zudenken, warum Ty ausgerechnet nach New Orleans wollte aber âOkâ
Old Bull Lee, wir kommen.