Ich hab erst gestern von dieser Fanfiction Challenge erfahren und ich wollte mich mal als Autorin versuchen und mitmachen. Irgendwer hat gemeint, dass man nur bis 15 Uhr posten kann, was ich aber erst jetzt gelesen hab. Ich hoffe, dass ihr meine Story noch in euer Voting aufnehmt.
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This Year
âNein, nein, nein â¦!â Ihre Stimme schien immer lauter und schriller zu werden, wie ein endlos langer Schwall, der seine Intensität im Sekundentakt verstärkte. Nicht nur ihr Aufschreien veränderte sich, sondern auch ihre ganze Gestalt schien eine Verwandlung durchzumachen. Die sonst so berauschend blauen Augen tauchten ein in eine tiefschwarze Nacht und das Gesicht wurde zu einer Art Maske, ja zu einem verzerrten Abbild ihrer selbst. Das Funkeln der Augen war verschwunden und geblieben war eine unendliche Leere und Flachheit, die alles in sich aufzusaugen schien. Er sah wie sie auf ihn zukam, sah wie sie nach ihm packte, aber er spürte nicht einen Reiz auf seiner Haut. Im Zeitlupentempo stieà sie zu, riss an seinen Schultern und drückte ihn nach hinten. Er versuchte sich verzweifelt mit den Armen aufzufangen, fand jedoch keinen Halt am Boden, da die Erde ihn regelrecht aufsog und mit nach unten riss. Auf seiner Brust lag ein gewaltiger Druck und ihm fehlte der Sauerstoff zum Atmen. Das Nichts hielt ihm bereitwillig die offenen Flügel entgegen, doch er wollte nicht fallen, wollte zurück auf die Erde, festen Boden unter den FüÃen spüren. Noch immer drangen die Abwehrschreie an seine Ohren und vor Schmerz riss er den Mund auf, um seinem inneren Gefühlsstrom Luft zu machen, aber er brachte nicht eine Silbe zustande. âNeeeeeeeiiiiiii â¦!â
âNein, Rory!â Wie vom Tode verfolgt fuhr Jess in seinem Bett hoch. Seine Lunge rang nach Luft, seine Augen starrten ins Dunkel und sein Körper zitterte. Kalter Schweià stand ihm auf der Stirn und sein Herz drohte in tausend kleine Teilchen zu zerspringen, weil es so stark schlug. Er musste sich beruhigen, kein bisschen davon war real, nichts. Seine Fantasie ging mal wieder mit Jess durch, wie sooft die letzten Monate. Sein Gehirn schien ihm nachts einige Streiche zu spielen. Es versuchte regelrecht ihn zu zermürben und fertig zu machen. Er sehnte sich nach einem Ende von diesem ganzen nächtlichen Spuk. Dieser eine Abend konnte ihn doch nicht bis an sein Sterbebett begleiten. Wie sollte Jess jemals wieder Gefühle für ein anderes Mädchen entwickeln? Er gab sich so viel Mühe sie zu vergessen. Er musste es schaffen. Langsam schloss er seine Augenlider, zog seine Knie an seinen Oberkörper, legte sich die Handflächen an die Ohren und versuchte vergebens das Vergangene auszulöschen. Wie ein kleines Häufchen Elend saà er auf seinem Bett, das eigentlich aus einer ziemlich unbequemen Matratze bestand, in seinem New Yorker Apartment. âLass mich endlich in Ruhe. Lass mich endlich in Ruhe. Lass mich endlich in Ruhe.â Diesen Satz sagte sich Jess so oft vor, bis sich sein Zustand wieder einigermaÃen normalisiert hatte. Er richtete sich auf und warf einen Blick auf die Wanduhr â 00:05 Uhr. Ein weiterer, dieses Mal unsicherer Blick versicherte ihm, dass seine Freunde noch in irgendeiner Bar hängen geblieben waren. Er war allein, zum Glück. Er kam sich schäbig vor, hilflos, alleine und wenn er daran dachte, wie ihn seine Träume quälten, war es ihm regelrecht peinlich, dass er von diesem Mädchen, seiner ersten groÃen Liebe, so eingenommen wurde. Warum konnte er nicht loslassen? Vorsichtigen Schrittes, um nicht über irgendwelche Gegenstände zu stolpern, tastete er sich im Dunkeln bis ans Fenster heran und zog den Vorhang ein wenig zur Seite. Ein eisiger Wind wehte um das Gebäude und rüttelte an den mit kleinen Lichterketten beschmückten Ãsten der Bäume. Im dumpfen Licht der StraÃenlaterne vor dem Fenster beobachtete er die sinnlichen und harmonischen Tänze der weiÃen Schneeflocken. Winter, Schnee, Schlitten, Bracebridge Dinner, Weihnachten ⦠halt, Bracebridge Dinner? Wieso erinnerte er sich auf einmal an dieses Ereignis? Bracebridge Dinner? Rory? Schluss damit.
Nach diesem Traum, in dem Rory ihn den Abgrund hinunter gestoÃen hatte, schlief Jess ruhig bis zum Morgengrauen.
Am nächsten Tag schaltete er das Radio ein, setzte sich an den Frühstückstisch und begann angestrengt nachzudenken. Nach einigen Minuten Ãberlegung kam er zum Entschluss, dass es an der Zeit war, wieder unter Leute zu gehen. Seitdem Rory ihm ein für alle Mal klar gemacht hatte, dass sie nichts mehr von ihm wollte, war Jess kaum aus der Wohnung hinausgekommen und beschäftigte sich stets nur mit lesen. Damit sollte nun Schluss sein. Entschlossen schaltete er die Musik ab und nahm seine Lederjacke vom Haken. Während er schnellen Schrittes das Gebäude verlieÃ, schlüpfte er in seine Jacke und fischte aus seiner Hosentasche eine Zigarettenschachtel heraus. Dieses Jahr wollte er nicht noch einmal verletzt werden.
Da war er nun - Stars Hollow. Es trieb ihn immer wieder in diese gottverdammte Kleinstadt zurück. Dieses Mal mit einem Unterschied: Nicht das Mädchen zog ihn hierhin, sondern sein Onkel, auf den er sich, so glaubte er, nun verlassen konnte. Er war der einzige, der zu ihm gehalten hatte, bei dem Autounfall mit Rory, er hatte an ihn geglaubt, nicht wie sein Vater oder seine Mutter, die ihn abgeschoben hatten. Obwohl Jess es niemals zugegeben hätte, war Stars Hollow so etwas wie seine Heimatstadt geworden, neben N. Y. natürlich. Luke hatte ihn zwar weggeschickt, aber das aus gutem Grund. Er, Jess, hatte sich damals nicht an die Vereinbarung gehalten. Trotzdem war er sich sicher, dass er bei Luke für eine gewisse Zeit unterkommen konnte. Wenigstens über die Feiertage wollte er ein wenig Gesellschaft haben, auch wenn er das nach auÃen hin nicht zeigte, war er, seit er in New York lebte, ziemlich einsam.
Jess stieg aus seinem Auto aus und steuerte zielstrebig das Diner an. Ein paar Meter vor dem Diner machte er Halt und begann neugierig den Stimmen, die aus dem Gebäude kamen, zu lauschen: âNein, nein, nein, Taylor, das kommt unter keinen Umständen in Frage!â, hörte er Luke schreien. âWarum nicht? Hast du Angst, dass die Leute dein Diner lieber mögen?â âWas soll der Blödsinn? Meine Kunden sind zufrieden mit dem Service hier, mit meinem Essen und AUCH mit meiner Dekoration!â Wieder war es Taylor, der seine Stimme erhob. Jess konnte durch die angelaufenen Scheiben erkennen, wie jemand wie wild mit seinen Armen herumfuchtelte. âDa ⦠da ⦠oder da, überall dort könntest du ein wenig Weihnachtsschmuck anbringen.â âWas bringt DIR das?â Taylor schüttelte unschuldig seine Schultern und meinte scheinheilig mit Sorgenfalten auf der Stirn: âMIR? Luke, hier geht es nicht um mich, sondern um das Wohlergehen der Stadt. Die Menschen stehen bei mir im Vordergrund.â âHa! Wusste ich es doch, dass du daraus einen persönlichen Nutzen ziehen willst!â âWas, davon war nie â¦â Ãrgerlich fiel Luke dem Mann in der markanten Weste ins Wort: âDu willst, dass ich mein Diner dekoriere, damit die Spinner aus deinem Laden durch dieses Fenster dort â¦â Luke deutete auf das Fenster in der Mauer zwischen den beiden Geschäften. â⦠ins Diner sehen und mit der Aussicht zufrieden sind. Hab ich Recht?â âNa ja â¦, Luke, ⦠hmm ⦠so würde ich das nicht sagen ⦠ich â¦â âVerschwinde!â Wild gestikulierend deutete Luke Taylor das Diner zu verlassen. Ein letztes Mal versuchte Taylor seinen Plan durchzuführen: âWeihnachten ist â¦â âHo, ho, ho! Luke, warst du dieses Jahr brav?â Luke hatte nicht mitbekommen, dass jemand im Wortgefecht sein Diner betreten hatte. âKiiiiiiiiiirk?â âKirk? Ich kenne einen Kirk. Kirk war jedes Jahr ein liebes Kind und hat sich nie beschwert, dass seine Brüder und Schwestern bevorzugt wurden. Auch dieses Mal wird der tolle, einzigartige Kirk von mir, dem Weihnachtsmann, ein Geschenk bekommen.â Kirk stand plötzlich vor Luke, verkleidet als Santa Clause. âDu bist n i c h t der Weihnachtsmann, Kirk!â, wurde er von Luke angefahren. âZweifelst du an mir, obwohl ich doch in Fleisch und Blut vor dir stehe. Ich bin hier um dich zu fragen, ob du dich immer vorbildlich verhalten hast. Doch keine Sorge â¦â Kirk klopfte Luke auf die Schulter. â⦠Weihnachten ist die Zeit der Vergebung, wir gedenken der Geburt Jesus Christus. Deshalb werde ich dir deine Schuld nicht anrechnen. Aber sag mir doch, was du dir von mir wünschst! Lass mich raten â einen ⦠Pudel. Nein? Du hast ja jetzt Lorelai, die du kraulen kannst. Vielleicht ⦠so eine schöne Weihnachtsmütze wie ich sie habe? Auch nicht? Ich habs ⦠Weihnachtsschmuck!â Mehr als genervt stieà Luke hervor: âIst diese Stadt verrückt geworden?â Ein gleichzeitig erklingendes âAber â¦â war von Taylor und Kirk zu hören. âIhr beide habt die gesamte Weihnachtszeit Hausverbot! Und Kirk, untersteh dich, deine Nase an meinen frisch geputzten Fenstern flach zu drücken. Hast du verstanden?â Luke drehte sich nach dieser Erklärung um, um wieder hinter den Tresen zu gehen. Wieder ertönte das Läuten der Glocke. âJess!?â, schallte es dieses Mal im Chor. Taylor hatte sogleich einen Einwurf: âDieser Flegel darf in dein Diner und ICH nicht?â Luke beachtete Taylor nicht mehr und ging auf seinen Neffen zu. âHey, was hat dich denn hierher verschlagen? Komm, setz dich. Du musst ja halb erfroren sein. Ich bringe dir sofort einen warmen Kaffee.â Kirk musterte Jess die ganze Zeit über verächtlich. âWas?â, fauchte Jess ihn an. âDu bekommst nichts vom Weihnachtsmann!â âZum Glück hast du das nicht zu entscheiden, sondern der Weihnachtsmann.â âIch b i n der Weihnachts â¦â âJa, wir wissen es, verzieh dich wieder auf den Nordpol, bevor du alle kleinen Kinder in Stars Hollow verschreckst!â, meinte Luke, als er mit einer groÃen Tasse Kaffee auf Jess zusteuerte.
Als sie endlich alleine im Diner waren, begann Luke: âRory ist â¦â Er nahm seine blaue Kappe ab und kratzte sich verlegen am Kopf. âSie ist wieder mit Dean zusammen.â Alles was sein Neffe dazu hervorbrachte war sein berüchtigtes âHuhâ. Obwohl er sich dachte âWas solls. Ich kann auf sie verzichten.â, tobte in ihm ein Kampf, der noch lange nicht ausgestanden zu sein schien.