11.09.2005, 00:32
Hey,
hatte gerade eine fixe Idee, die ich unbedingt umsetzen wollte!
Ich habe in den letzten drei Tagen 'Tell me your dreams' von Sydney Sheldon gelesen (ich weiss nicht, wie es auf deutsch heisst und ob es das überhaupt übersetzt gibt) und da die Story mich so beeindruckt hat, habe ich mich entschlossen, einen OneShot zu dem Thema zu schreiben.
Die Idee ist also quasi von Sheldon geklaut, die Figuren und der Hintergrund gehören allerdings mir :biggrin:
Ist auch wirklich nur die grobe Idee von Sheldon
Würde gerne mal hören, was ihr von dieser meiner Kurzgeschichte denkt und ich hoffe auf viel Feedback
Liebe GrüÃe und Viel Spass !
Can
~*~
3 Frauen
Julie nahm einen weiteren Schluck und genoss das brennende Gefühl, welches der Gin in ihrer Kehle verursachte. Genüsslich schloss sie die Augen und legte den Kopf in den Nacken.
Ihre Arme ruhten schwer auf der Lehne des cremefarbenen Sessels, in dem sie fast jeden Abend verbrachte und ein Glas nach dem anderen leerte. Sie hatte sich an diesen Zustand schon gewöhnt. Es hatte sich nichts verändert, seit Darren sie verlassen hatte.
Jeden Abend saà sie dort, ihre glasigen Augen auf das mickrige Feuer im Kamin gerichtet, wenn sie nicht gerade den Boden ihres Glases studierte.
âDu bist ein gottverdammtes Wrack geworden!â, sagte Lyn mit ihrer abwertenden, rauen Stimme. Sie war Kettenraucherin. Angefangen hatte sie damals, als es passiert war.
âSiehst du nicht, dass du dein Leben runinierst? Abend für Abend sitzt du hier und betrinkst dich! Widerlichâ¦â, Lyn schnalzte laut mit der Zunge und nahm sich dann eine Zigarette.
âWeiÃt duâ¦â, begann sie, die Zigarette zwischen den Lippen, das Feuerzeug in ihrer zittrigen Hand. Als es endlich funktionierte und sie den ersten Zug nahm, fuhr sie fort: âSie werden das nicht ewig so mitmachen! Sie werden dich feuern! Das kannst du dir als Versicherungsangestellte nicht leisten! Und wenn sie dich feuern, Süsse, was wird dann aus uns?â
âIch scheiss auf den Jobâ¦â, lallte Julie und nahm einen tiefen Schluck. Ihre rechte Hand verkrampfte sich kurz, bevor sie wieder entspannt auf der Lehne ruhte.
âLyn hat Recht,Jules!â, Jessicas Stimme war zart, aber sicher. Sie war eine tolle Frau, Julie war fast neidisch, dass sie nicht so war, wie Jess. Sie hatte immer alles unter Kontrolle und lieà sich von nichts aus der Ruhe bringen. Ausserdem strahlte sie eine unglaubliche Wärme aus, selbst Schicksalsschläge brachten sie nicht aus der Ruhe.
âDu musst dich auf dein Leben konzentrieren! Auf deinen Job! Es ist furchtbar, dass Darren gegangen ist, aber es muss weitergehen!â, versuchte Jessica es weiter.
âIch brauche diesen verdammten Mistkerl auch nicht! Soll er doch bleiben, wo er will⦠Ich brauche ihn nicht! Und diesen beschissenen Job brauch ich auch nicht!â, darauf hob Julie ihr Glas, als würde sie mit jemandem anstoÃen und leerte es dann in einem Zug.
âErbärmlichâ¦â, schnaubte Lyn. Sie konnte nicht begreifen, dass Julie sich so gehen lieÃ. SchlieÃlich hatten sie und Jessica es auch irgendwie geschafft. Es war eine schwere Zeit, aber die lag jetzt auch schon drei Jahre zurück. Das Schlimmste sollte überwunden sein.
âDu solltest dich mal sehen, Juju! Du bist nicht mehr du selbst!â
Jocelyn Cheny war eine starke Frau, fast wie Jessica. Sie verlor nie den Ãberblick und die Fassung, hatte immer eine passende Antwort auf jede Frage auf Lager und war niemals kleinzukriegen.
Ihre Wurzeln hatte sie in Afrika, ihre Eltern waren vor ihrer Geburt nach Amerika ausgewandert und hatten sich hier so gut es ging hochgearbeitet. Jocelyn hatte Chancen gehabt und es noch weiter geschafft.
âLyn, halt endlich die Klappe!â, fuhr Jessica sie schroff, aber bestimmt an, bevor sie ihren Kopf zur Seite drehte und hustete.
âDeine Raucherei⦠bringt mich noch um!â, beschwerte sie sich zwischen zwei Hustern.
Bewusst provokant zog Jocelyn erneut an ihrer Zigarette und grinste frech.
âDass du dich immer noch nicht dran gewöhnt hastâ¦â
âIch werde mich niemals daran gewöhnen! Rauchen ist furchtbar, basta!â, Jessicas kleiner Hustenanfall war vorüber und sie nahm einen Schluck Wasser, um ihre Kehle zu erfrischen.
Sie trank nicht, Alkohol war für sie nie ein Thema gewesen. Darauf legte sie keinen Wert, für sie gab es Wichtigeres, als sich zulaufen zu lassen. Es reichte ihr schon, wenn sie sah, dass sich Julie jeden Abend abschoss. Und das auch noch alleineâ¦
Jessica Caruso lebte religiös. Sie war schon immer katholisch erzogen worden und lebte diesen Glauben auch voll und ganz aus. Es gab für sie bestimmte, festgelegte Normen und Werte, an die sie sich ohne wenn und aber hielt.
Diese Sache von damals hatte sie noch längst nicht überwunden, das passte einfach nicht in ihr Bild, aber sie lieà es die anderen denken, um Julie helfen zu können. Sie war nämlich nicht wie Lyn. Lyn verstand es, Julie fertig zu machen. Immer wieder erwähnte sie diese Sache, obwohl sie wusste, dass Julie es nicht ertrug.
Jessica hingegen wollte ihr wirklich helfen. Auch wenn sie dafür ihre eigenen Gefühle zurückstecken musste.
âLyn hat Rechtâ¦â, lallte Julie plötzlich. âSie hat vollkommen Recht! Ich bin ein erbärmliches Wrackâ¦â Ihr stiegen Tränen in die Augen, die sie aber sofort mit einem Schluck neueingefülltem Gin runterspülte. Ihr Blick heftete an dem kleinen Feuer, welches sich in ihren Augen wiederspiegelte. Es wäre so einfach. So einfach könnte sie das alles beenden. Dann würde es endlich vorbei sein. Nie wieder würde sie die schrecklichen Stimmen hören, die ihr immer und immer wieder dasselbe sagten.
âEr ist tot, Juju, tot. Und du bist schuld!â, hallte es in ihrem Kopf. Sie schloss die Augen und sah ihn vor sich. Niemals hatte sie ihn gesehen, aber sie konnte sich genau vorstellen, wie er ausgesehen hätte. Blonde Haare hätte er gehabt. Und braune Augen. Genau wieâ¦
âVerdammt, Juju! Pass auf dein Glas auf!â, fluchte Lyn und stellte das Glas, welches Julie soeben runtergefallen war, auf den kleinen Tisch neben dem Sessel. âDu musst dich und deine Sauferei endlich beherrschen! Sonst endest du noch wie Treyâ¦â
âTrey war ein guter Mensch! Wäre seine liebe Frau damals nicht gestorben, wäre er ein erfolgreicher Anwalt geworden!â, nahm Jess ihn in Schutz.
Trey war ein ehemaliger Kollege in ihrer Firma gewesen, doch als seine Frau Sally bei einem Unfall ums Leben gekommen war, hatte er sich zurückgezogen und war Alkoholiker geworden, bis seine Leber das alles irgendwann nicht mehr mitgemacht hatte.
âNatürlich war Trey ein guter Mensch! Er war toll und er war ein Traummann! Aber das ändert nichts daran, dass er als dummer Idiot gestorben ist! Er hätte sich einfach ein bisschen zusammenreiÃen müssen⦠Genau wie Juju jetzt!â, erklärte Lyn, während sie sich eine neue Zigarette nahm und an der kleinen Kerze neben dem Sessel anzündete. Sie blies den Rauch genussvoll wieder aus und beobachtete ihn einen Moment lang, wie er sich langsam auflöste und irgendwann nicht mehr zu sehen war.
âJuju hat damals groÃe Scheisse gebaut!â, fing sie nun wieder an. Lyn konnte es einfach nicht lassen. Sie sagte zwar, dass sie über die Sache hinweg war, aber im Grunde dachte sie heute noch an nichts anderes. Ständig redete sie sich ein, dass es nun mal passiert war und dass das Leben weitergehen musste. Aber im Grunde nagte es immer noch an ihr, ob sie es nun einsehen wollte oder nicht.
âLyn! Nicht heute, bitte nicht heute Abend!â, Jessica hatte schon die ganze Zeit gehofft, dass Lyn wenigstens heute Abend nicht davon anfangen würde.
âDu merkst doch, dass es Jules nicht gut geht. Sie braucht unsere Hilfe! Du darfst gar nicht erst wieder daran denken, hörst du?â
Lyn schloss die Augen, während sie einen kräftigen Zug an ihrer Zigarette nahm. Dieses dumme Ding, dachte sie.
âHaltet doch beide endlich die Klappe⦠Ihr macht mich noch wahnsinnig!â, wimmerte Julie plötzlich. Eine Träne rollte über ihre Wange und sie schluchzte leise.
âBitte, Jules, nicht weinen! Ich kann das nichtâ¦â, flehte Jess. Es war furchtbar für sie, wenn Menschen weinten, besonders Julie.
âTu uns einfach den Gefallen und vergiss die Geschichte, Juju!â, sagte Lyn genervt.
âJocelyn! Wie kannst du so etwas sagen? So eine Sache kann man nicht vergessen, man kann lediglich irgendwann weiterlebenâ¦â, Jess war sich selber nicht sicher, ob man das tatsächlich konnte, aber Julie musste das wenigstens glauben.
âWas auch immer⦠hauptsache sie kriegt ihr Leben wieder auf die Reiheâ¦â, winkte Lyn gleichgültig ab.
âDu bist fiesâ¦â, Jessica konnte Lyn manchmal einfach nicht verstehen. Warum musste sie nur manchmal so bosartig sein? Hatte sie denn keine Gefühle? War sie wirklich schon über die Sache hinweg? Das konnte einfach nicht sein! Warum sonst sollte sie auch ständig davon anfangen?
âEr wäre jetzt drei, weiÃt du das, Juju?â, Lyn flüsterte fast, die Augen hatte sie geschlossen.
Julies Faust fiel wütend auf den kleinen Tisch neben dem Sessel. Die Flaschen darauf klirrten, einige fielen runter auf den hellen Teppich und ihre Inhalte verursachten dunkle Flecken. Das Bild von Julie und Darren fiel klirrend zu Boden, das Glas zersprang.
Julie stieà einen verzweifelten Schrei aus und ihre Hände verkrampften sich in den Lehnen.
âWas hast du nur getan, Lyn!â, Jessicas Stimme bebte vor Aufregung. Lyn war einfach unmöglich! Lyn antwortete nicht mehr.
âIch hasse euch, euch alle beide! Lasst mich endlich in Ruhe, ihr macht alles nur noch schlimmer!â, kreischte Julie, während Tränen ihre Wangen hinunterliefen.
âJules, bitte, ich bin bei dir! Ich will, dass es dir gut geht, Jules! Du hast damals nichts falsch gemacht! Lyn lügt! Sie hat keine Ahnungâ¦â
âHau endlich ab, du Miststück!â, Julies Stimme war kaum noch zu erkennen. Sie zitterte am ganzen Körper und ihre Hände waren immer noch in den Lehnen verkrampft.
Einen Moment später war wieder Stille eingekehrt. Julie hatte sich plötzlich beruhigt, starrte apathisch auf das Kaminfeuer.
âDu bist schuld, Juju, du hast ihn umgebracht!â, hörte sie die lästigen Stimmen in ihrem Kopf wieder singen. Sie nickte vorsichtig, kaum erkennbar.
âDu hast deinen kleinen Jungen sterben lassen, noch bevor er überhaupt leben konnteâ¦â, fuhren die Stimmen fort. âNiemand anderes hat Schuld! Niemand!â
Julie wimmerte leise, ihr Blick heftete immernoch starr auf dem Feuer. Sie war halb in sich zusammengefallen, und ihr Anblick war grauenvoll.
âHättest du damals noch nicht getrunken, wäre er jetzt bei dir⦠Und diese lästigen Weiber würden dich auch nicht ständig nervenâ¦â, höhnten die Stimmen weiter. Julie war dieses Spektakel in ihrem Kopf gewohnt. Jeden Tag sangen sie dort oben, jeden verdammten Tag. Und sie wusste, dass es kein Ende nehmen würde, niemals.
Das Schlimmste war, dass sie Recht hatten. Diese Stimmen hatten Recht. Hätte sie damals, während der Schwangerschaft nicht getrunken, wäre ihr kleiner Junge jetzt bei ihr. Und sie würde sich nicht mit zwei Frauen unterhalten, die nicht mal eigene Körper besaÃen. Sondern sich in ihrem eingenistet hatten, am Tag seines Todes.
So saà sie wieder alleine da, wie jeden verdammten Abend, wie jede verdammte Nacht⦠Und fürchtete sich jetzt schon vor der nächsten Nacht, weil es nachts immer am schlimmsten war.
~*~
edit: ja, julie/jules/juju; natürlich, o.c. finde die spitznamen einfach klasse für 'julie', da musste ich die verwenden^^
hatte gerade eine fixe Idee, die ich unbedingt umsetzen wollte!
Ich habe in den letzten drei Tagen 'Tell me your dreams' von Sydney Sheldon gelesen (ich weiss nicht, wie es auf deutsch heisst und ob es das überhaupt übersetzt gibt) und da die Story mich so beeindruckt hat, habe ich mich entschlossen, einen OneShot zu dem Thema zu schreiben.
Die Idee ist also quasi von Sheldon geklaut, die Figuren und der Hintergrund gehören allerdings mir :biggrin:
Ist auch wirklich nur die grobe Idee von Sheldon
Würde gerne mal hören, was ihr von dieser meiner Kurzgeschichte denkt und ich hoffe auf viel Feedback
Liebe GrüÃe und Viel Spass !
Can
~*~
3 Frauen
Julie nahm einen weiteren Schluck und genoss das brennende Gefühl, welches der Gin in ihrer Kehle verursachte. Genüsslich schloss sie die Augen und legte den Kopf in den Nacken.
Ihre Arme ruhten schwer auf der Lehne des cremefarbenen Sessels, in dem sie fast jeden Abend verbrachte und ein Glas nach dem anderen leerte. Sie hatte sich an diesen Zustand schon gewöhnt. Es hatte sich nichts verändert, seit Darren sie verlassen hatte.
Jeden Abend saà sie dort, ihre glasigen Augen auf das mickrige Feuer im Kamin gerichtet, wenn sie nicht gerade den Boden ihres Glases studierte.
âDu bist ein gottverdammtes Wrack geworden!â, sagte Lyn mit ihrer abwertenden, rauen Stimme. Sie war Kettenraucherin. Angefangen hatte sie damals, als es passiert war.
âSiehst du nicht, dass du dein Leben runinierst? Abend für Abend sitzt du hier und betrinkst dich! Widerlichâ¦â, Lyn schnalzte laut mit der Zunge und nahm sich dann eine Zigarette.
âWeiÃt duâ¦â, begann sie, die Zigarette zwischen den Lippen, das Feuerzeug in ihrer zittrigen Hand. Als es endlich funktionierte und sie den ersten Zug nahm, fuhr sie fort: âSie werden das nicht ewig so mitmachen! Sie werden dich feuern! Das kannst du dir als Versicherungsangestellte nicht leisten! Und wenn sie dich feuern, Süsse, was wird dann aus uns?â
âIch scheiss auf den Jobâ¦â, lallte Julie und nahm einen tiefen Schluck. Ihre rechte Hand verkrampfte sich kurz, bevor sie wieder entspannt auf der Lehne ruhte.
âLyn hat Recht,Jules!â, Jessicas Stimme war zart, aber sicher. Sie war eine tolle Frau, Julie war fast neidisch, dass sie nicht so war, wie Jess. Sie hatte immer alles unter Kontrolle und lieà sich von nichts aus der Ruhe bringen. Ausserdem strahlte sie eine unglaubliche Wärme aus, selbst Schicksalsschläge brachten sie nicht aus der Ruhe.
âDu musst dich auf dein Leben konzentrieren! Auf deinen Job! Es ist furchtbar, dass Darren gegangen ist, aber es muss weitergehen!â, versuchte Jessica es weiter.
âIch brauche diesen verdammten Mistkerl auch nicht! Soll er doch bleiben, wo er will⦠Ich brauche ihn nicht! Und diesen beschissenen Job brauch ich auch nicht!â, darauf hob Julie ihr Glas, als würde sie mit jemandem anstoÃen und leerte es dann in einem Zug.
âErbärmlichâ¦â, schnaubte Lyn. Sie konnte nicht begreifen, dass Julie sich so gehen lieÃ. SchlieÃlich hatten sie und Jessica es auch irgendwie geschafft. Es war eine schwere Zeit, aber die lag jetzt auch schon drei Jahre zurück. Das Schlimmste sollte überwunden sein.
âDu solltest dich mal sehen, Juju! Du bist nicht mehr du selbst!â
Jocelyn Cheny war eine starke Frau, fast wie Jessica. Sie verlor nie den Ãberblick und die Fassung, hatte immer eine passende Antwort auf jede Frage auf Lager und war niemals kleinzukriegen.
Ihre Wurzeln hatte sie in Afrika, ihre Eltern waren vor ihrer Geburt nach Amerika ausgewandert und hatten sich hier so gut es ging hochgearbeitet. Jocelyn hatte Chancen gehabt und es noch weiter geschafft.
âLyn, halt endlich die Klappe!â, fuhr Jessica sie schroff, aber bestimmt an, bevor sie ihren Kopf zur Seite drehte und hustete.
âDeine Raucherei⦠bringt mich noch um!â, beschwerte sie sich zwischen zwei Hustern.
Bewusst provokant zog Jocelyn erneut an ihrer Zigarette und grinste frech.
âDass du dich immer noch nicht dran gewöhnt hastâ¦â
âIch werde mich niemals daran gewöhnen! Rauchen ist furchtbar, basta!â, Jessicas kleiner Hustenanfall war vorüber und sie nahm einen Schluck Wasser, um ihre Kehle zu erfrischen.
Sie trank nicht, Alkohol war für sie nie ein Thema gewesen. Darauf legte sie keinen Wert, für sie gab es Wichtigeres, als sich zulaufen zu lassen. Es reichte ihr schon, wenn sie sah, dass sich Julie jeden Abend abschoss. Und das auch noch alleineâ¦
Jessica Caruso lebte religiös. Sie war schon immer katholisch erzogen worden und lebte diesen Glauben auch voll und ganz aus. Es gab für sie bestimmte, festgelegte Normen und Werte, an die sie sich ohne wenn und aber hielt.
Diese Sache von damals hatte sie noch längst nicht überwunden, das passte einfach nicht in ihr Bild, aber sie lieà es die anderen denken, um Julie helfen zu können. Sie war nämlich nicht wie Lyn. Lyn verstand es, Julie fertig zu machen. Immer wieder erwähnte sie diese Sache, obwohl sie wusste, dass Julie es nicht ertrug.
Jessica hingegen wollte ihr wirklich helfen. Auch wenn sie dafür ihre eigenen Gefühle zurückstecken musste.
âLyn hat Rechtâ¦â, lallte Julie plötzlich. âSie hat vollkommen Recht! Ich bin ein erbärmliches Wrackâ¦â Ihr stiegen Tränen in die Augen, die sie aber sofort mit einem Schluck neueingefülltem Gin runterspülte. Ihr Blick heftete an dem kleinen Feuer, welches sich in ihren Augen wiederspiegelte. Es wäre so einfach. So einfach könnte sie das alles beenden. Dann würde es endlich vorbei sein. Nie wieder würde sie die schrecklichen Stimmen hören, die ihr immer und immer wieder dasselbe sagten.
âEr ist tot, Juju, tot. Und du bist schuld!â, hallte es in ihrem Kopf. Sie schloss die Augen und sah ihn vor sich. Niemals hatte sie ihn gesehen, aber sie konnte sich genau vorstellen, wie er ausgesehen hätte. Blonde Haare hätte er gehabt. Und braune Augen. Genau wieâ¦
âVerdammt, Juju! Pass auf dein Glas auf!â, fluchte Lyn und stellte das Glas, welches Julie soeben runtergefallen war, auf den kleinen Tisch neben dem Sessel. âDu musst dich und deine Sauferei endlich beherrschen! Sonst endest du noch wie Treyâ¦â
âTrey war ein guter Mensch! Wäre seine liebe Frau damals nicht gestorben, wäre er ein erfolgreicher Anwalt geworden!â, nahm Jess ihn in Schutz.
Trey war ein ehemaliger Kollege in ihrer Firma gewesen, doch als seine Frau Sally bei einem Unfall ums Leben gekommen war, hatte er sich zurückgezogen und war Alkoholiker geworden, bis seine Leber das alles irgendwann nicht mehr mitgemacht hatte.
âNatürlich war Trey ein guter Mensch! Er war toll und er war ein Traummann! Aber das ändert nichts daran, dass er als dummer Idiot gestorben ist! Er hätte sich einfach ein bisschen zusammenreiÃen müssen⦠Genau wie Juju jetzt!â, erklärte Lyn, während sie sich eine neue Zigarette nahm und an der kleinen Kerze neben dem Sessel anzündete. Sie blies den Rauch genussvoll wieder aus und beobachtete ihn einen Moment lang, wie er sich langsam auflöste und irgendwann nicht mehr zu sehen war.
âJuju hat damals groÃe Scheisse gebaut!â, fing sie nun wieder an. Lyn konnte es einfach nicht lassen. Sie sagte zwar, dass sie über die Sache hinweg war, aber im Grunde dachte sie heute noch an nichts anderes. Ständig redete sie sich ein, dass es nun mal passiert war und dass das Leben weitergehen musste. Aber im Grunde nagte es immer noch an ihr, ob sie es nun einsehen wollte oder nicht.
âLyn! Nicht heute, bitte nicht heute Abend!â, Jessica hatte schon die ganze Zeit gehofft, dass Lyn wenigstens heute Abend nicht davon anfangen würde.
âDu merkst doch, dass es Jules nicht gut geht. Sie braucht unsere Hilfe! Du darfst gar nicht erst wieder daran denken, hörst du?â
Lyn schloss die Augen, während sie einen kräftigen Zug an ihrer Zigarette nahm. Dieses dumme Ding, dachte sie.
âHaltet doch beide endlich die Klappe⦠Ihr macht mich noch wahnsinnig!â, wimmerte Julie plötzlich. Eine Träne rollte über ihre Wange und sie schluchzte leise.
âBitte, Jules, nicht weinen! Ich kann das nichtâ¦â, flehte Jess. Es war furchtbar für sie, wenn Menschen weinten, besonders Julie.
âTu uns einfach den Gefallen und vergiss die Geschichte, Juju!â, sagte Lyn genervt.
âJocelyn! Wie kannst du so etwas sagen? So eine Sache kann man nicht vergessen, man kann lediglich irgendwann weiterlebenâ¦â, Jess war sich selber nicht sicher, ob man das tatsächlich konnte, aber Julie musste das wenigstens glauben.
âWas auch immer⦠hauptsache sie kriegt ihr Leben wieder auf die Reiheâ¦â, winkte Lyn gleichgültig ab.
âDu bist fiesâ¦â, Jessica konnte Lyn manchmal einfach nicht verstehen. Warum musste sie nur manchmal so bosartig sein? Hatte sie denn keine Gefühle? War sie wirklich schon über die Sache hinweg? Das konnte einfach nicht sein! Warum sonst sollte sie auch ständig davon anfangen?
âEr wäre jetzt drei, weiÃt du das, Juju?â, Lyn flüsterte fast, die Augen hatte sie geschlossen.
Julies Faust fiel wütend auf den kleinen Tisch neben dem Sessel. Die Flaschen darauf klirrten, einige fielen runter auf den hellen Teppich und ihre Inhalte verursachten dunkle Flecken. Das Bild von Julie und Darren fiel klirrend zu Boden, das Glas zersprang.
Julie stieà einen verzweifelten Schrei aus und ihre Hände verkrampften sich in den Lehnen.
âWas hast du nur getan, Lyn!â, Jessicas Stimme bebte vor Aufregung. Lyn war einfach unmöglich! Lyn antwortete nicht mehr.
âIch hasse euch, euch alle beide! Lasst mich endlich in Ruhe, ihr macht alles nur noch schlimmer!â, kreischte Julie, während Tränen ihre Wangen hinunterliefen.
âJules, bitte, ich bin bei dir! Ich will, dass es dir gut geht, Jules! Du hast damals nichts falsch gemacht! Lyn lügt! Sie hat keine Ahnungâ¦â
âHau endlich ab, du Miststück!â, Julies Stimme war kaum noch zu erkennen. Sie zitterte am ganzen Körper und ihre Hände waren immer noch in den Lehnen verkrampft.
Einen Moment später war wieder Stille eingekehrt. Julie hatte sich plötzlich beruhigt, starrte apathisch auf das Kaminfeuer.
âDu bist schuld, Juju, du hast ihn umgebracht!â, hörte sie die lästigen Stimmen in ihrem Kopf wieder singen. Sie nickte vorsichtig, kaum erkennbar.
âDu hast deinen kleinen Jungen sterben lassen, noch bevor er überhaupt leben konnteâ¦â, fuhren die Stimmen fort. âNiemand anderes hat Schuld! Niemand!â
Julie wimmerte leise, ihr Blick heftete immernoch starr auf dem Feuer. Sie war halb in sich zusammengefallen, und ihr Anblick war grauenvoll.
âHättest du damals noch nicht getrunken, wäre er jetzt bei dir⦠Und diese lästigen Weiber würden dich auch nicht ständig nervenâ¦â, höhnten die Stimmen weiter. Julie war dieses Spektakel in ihrem Kopf gewohnt. Jeden Tag sangen sie dort oben, jeden verdammten Tag. Und sie wusste, dass es kein Ende nehmen würde, niemals.
Das Schlimmste war, dass sie Recht hatten. Diese Stimmen hatten Recht. Hätte sie damals, während der Schwangerschaft nicht getrunken, wäre ihr kleiner Junge jetzt bei ihr. Und sie würde sich nicht mit zwei Frauen unterhalten, die nicht mal eigene Körper besaÃen. Sondern sich in ihrem eingenistet hatten, am Tag seines Todes.
So saà sie wieder alleine da, wie jeden verdammten Abend, wie jede verdammte Nacht⦠Und fürchtete sich jetzt schon vor der nächsten Nacht, weil es nachts immer am schlimmsten war.
~*~
edit: ja, julie/jules/juju; natürlich, o.c. finde die spitznamen einfach klasse für 'julie', da musste ich die verwenden^^
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.JensenLover.JamesLover.
champagne for my real friends and real pain for my sham friends
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