Sie schlieÃt die Tür hinter sich und geht langsam auf das Bett zu, setzt den Schmuckkoffer beinahe zärtlich darauf ab. Der erste Teil des Tages ist vorbei, der schwerste wird noch kommen. Sie öffnet die Nachttischschublade und greift nach einer Packung Aspirin, löst eine der Tabletten aus der Verpackung, lässt ihr eine zweite folgen und schluckt sie, macht sich nicht einmal die Mühe, die Tabletten mit Wasser hinunterzuspülen. Dann greift sie nach ihrem Mobiltelefon, klappt die schwarze Schale auf, stellt enttäuscht fest, dass er sich nicht gemeldet hat, kein Anruf, obwohl sie seit Stunden versucht ihn zu erreichen. Sich langsam zu fragen beginnt, ob er nicht ans Telefon geht, weil er es nicht hört, es im Wagen oder sonst wo hat liegen lassen, oder ob er die Anrufe nicht entgegen nimmt, weil er es nicht will. Sie drückt auf die Wahlwiederholungstaste, lauscht dem Klicken, als die Verbindung aufgebaut wird, drei sonore Klingelzeichen, ein kurzes Rauschen, ehe sich wieder die Mailbox anstatt ihres Ehemannes meldet. âRichard? Verdammt, warum gehst du nicht ans Telefon?â, zischt sie, sagt es mehr zu sich selbst, denn zu ihm, ihr Finger ist schon beinahe dabei aufzulegen, streift schon die Taste als sie es sich anders überlegt, beschlieÃt ihm wenigstens eine Nachricht zu hinterlassen, ihrer Wut und Enttäuschung wenigstens einer Maschine ins Gesicht zu schreien, während sie darauf wartet, dass die Tabletten endlich ihre Wirkung zeigen. âWas ist wenn es brennen würde oder mich jemand entführen würde? Glaubst du etwa deine Mailbox würde das Lösegeld für mich zahlen? Ich verstehe sowieso nicht, wie man sich auf diese unzuverlässigen Maschinen verlassen kann und ich hoffe nur, dass du â deswegen versuche ich dich auch schon den ganzen verfluchten Abend lang zu erreichen, bitte, Richard, um Gottes Willen, trage heute Abend nicht eine dieser albern gemusterten Fliegen. Schwarz, hörst du mich? Schwarze Seide. Ebenso der Anzug und die Schuhe. Und dieser Schnurrbart, denkst du nicht du könntest ihn vielleicht doch abrasieren? Es wäre auch nur für heute, wegen meiner Eltern, von mir aus lass ihn dir nachwachsen. Lass dir von mir aus einen Vollbart stehen, es ist mir gleich, aber meine Eltern, sie- und ich. Ichâ¦â
***
Er trägt einen schwarzen Anzug, sie haben ihn zusammen in Paris gekauft, knapp eineinhalb Jahre ist es her, als alles noch in Ordnung war, als sie vielleicht tatsächlich nur Geliebte waren, als die Zeit zusammen noch nicht in diesem grässlichen Kontrast zu den permanenten Trennungen stand. Er hat den Anzug im Hotel extra aufbügeln lassen, bezweifelt jedoch, dass irgendjemand es bemerken wird, zu lange sitzt er schon in diesem Wagen, starrt durch die hohen Bäume der Privatallee hinunter auf das Haupthaus. Es ist wirklich ein imposantes Gebäude, ein Familiensitz auf dem er nicht unerwünschter sein könnte. Er hat es in den Augen von Emilys Mutter gesehen, an ihren Worten gehört. War überrascht von der Reaktion seiner Frau. Es waren nicht die Worte der Frau, die er kannte. Er kannte sie beileibe nicht, die Emily, die geantwortet hat, Worte gesagt hatte, die seine Emily niemals gesagt hätte, so unbeholfen und linkisch. Er wirft einen erneuten Blick auf die Uhr, den dritten in dieser Minute, die Zeit vergeht nicht, das Abendessen rückt nicht näher, während seine Sorgen stetig wachsen. Irgendetwas beunruhigt ihn, es ist nichts konkretes, aber irgendetwas an Emilys Verhalten beunruhigt ihn. Beunruhigt ihn, seit er sie zusammen mit Lorelai und Rory am Flughafen abgeholt hat. Er schiebt den Gedanken zur Seite, tut ihn ab, natürlich erscheint es dir seltsam, mahnt er sich, schlieÃlich habt ihr euch während der gesamten Fahrt hierher wie ein geschiedenes Paar benommen, musstet es um des Anscheins willen. Und das, das ist alles was dich beunruhigt. Es stört dich, dass sie dir zur BegrüÃung nicht einmal die Hand gereicht hat, dir nur kühl zunickte, obwohl ihre Augen dich anlächelten. Es stört dich, dass sie vehement darauf bestand, dass Lorelai auf dem Beifahrersitz Platz nimmt, während sie sich mit Rory die Rückbank teilte. Es stört dich, dass sie keinen deiner Blicke aufnahm, sondern die gesamte Fahrt über angestrengt aus dem Fenster sah, sich dabei nicht einmal die Mühe machte eine ihrer üblichen Ablenkungsmanöver abzuhalten, sondern vornehmlich schwieg. Schwieg, während Rory wie ein Wasserfall redete, ohne Atempause von einem Thema zum nächsten überschweifte ohne auch nur zu erwarten, dass jemand sie in ihrem Monolog bremste.
Er sieht erneut auf die Uhr, stellt erleichtert fest, dass es fünf Minuten vor Sechs ist, startet den Motor und lässt den Wagen langsam die StraÃe hinunter rollen, fährt in die groÃe Einfahrt, lenkt ihn geschickt zwischen zwei pompöse Neuwagen. Er löst den Gurt und zieht den Schlüssel ab. SchlieÃt einen kurzen Moment die Augen, ehe er aussteigt und auf die Eingangstür zusteuert.
Ein Hausmädchen öffnet ihm, es ist nicht dasselbe wie am Morgen, sie ist jünger, scheint kaum Volljährig zu sein. Nickt ihm ergeben zu und geleitet ihn ins Haus, während er unwillkürlich an Lorelai denken muss.
Sie nimmt ihm seinen Mantel ab, ein weiteres Mädchen, dieses Mal ist es dasselbe wie beim ersten Besuch, führt ihn in einen stilvoll eingerichteten Salon. Auch hier herrschen die Farben des Hauses vor, Ebenholz und dunkles Rot, majestätisch. Majestätisch sind auch die Gesichter, die sich ihm zuwenden, obwohl er kaum eines von ihnen kennt, erkennt er doch in vielen das seiner Frau wieder, familiäre Ãhnlichkeiten, bis es ihm endlich gelingt die familiärsten Auszumachen und der Anflug eines stolzen Lächelns seine Mundwinkel umspielt. Vielleicht ist er der Unerwünschteste aller Gäste hier, es mag sein, ist vermutlich so, aber dennoch sind seine Tochter und seine Enkeltochter die mit Abstand atemberaubendsten Wesen in diesem Raum. Er steuert auf die beiden zu, merkt ein unbestimmtes Gefühl der Unsicherheit in sich aufsteigen â denn sollte er sich nicht zunächst bei den anderen Anwesenden vorstellen? SchlieÃlich kennen ihn die meisten nicht, woher denn auch? Er fängt den Blick von Emilys Vater auf, erinnert sich genau an ihre bislang erste und einzige Begegnung, nickt seinem Schwiegervater höflich zu, ehe er seine beiden Mädchen begrüÃt.
âIhr seht einfach bezaubernd ausâ, erklärt er mit etwas zu überschwänglichem Eifer, Rory kichert, Lorelai verdreht die Augen.
âMich wundert es, dass du uns trotz all der Klunker überhaupt erkannt hastâ, entgegnet sie salopp, streckt ihm ihre Hand entgegen, an der ein weiÃer Diamant glitzert. Sie war schon beinahe im Flur, als sie wieder kehrt gemacht hatte. Den grünen Smaragd doch wieder von ihrem Finger zog und gegen den Diamantring getauscht hatte. Weià selbst nicht, weshalb sie ihrer Mutter den Gefallen tut. Immerhin ist sie mit zu diesem Treffen, ein Gefallen, der nicht gröÃer sein könnte. Ein Gefallen und reine Neugier. Neugier auf die Familie ihrer Mutter, eine Familie von der sie bislang nur ihre Tante Hope und deren Ehemann Jacques kannte. (Zum Glück, fügt sie in Gedanken hinzu, denn bislang hat sie hier niemanden entdeckt, mit dem sie freiwillig auch nur eine Sekunde verbracht hätte, geschweige denn jemals eingestehen würde, Blutsverwandt mit ihm zu sein.)
âDen habe ich deiner Mutter zu unserem fünften Hochzeitstag geschenktâ, ignoriert er die Spitze seiner Tochter. âEr ist aus St. Petersburg, ein Erbstück der Zarenfamilie.â
âIch wage es zu bezweifeln, dass dir das irgendjemand irgendwann geglaubt hatâ, antwortet Lorelai, ein seltsames Gefühl in ihrer Magengegend dabei. Magenschmerzen. Magenschmerzen?
âAber so ist esâ, erwidert er mit einem Augenzwinkern und wendet sich Rory zu. âUnd diese Kette, junge Dameâ, fährt er fort, während er auf die Perle am Hals seiner Enkeltochter deutet. âHat früher der Ehefrau der letzten Königs von Namibia gehört. Seiner einzigen Ehefrau wohlgemerkt. Denn obwohl sie ihm satt des Langersehnten Thronfolgers nur siebzehn Töchter geschenkt hat, hat er niemals von seinem Vorrecht auf Polygamie Gebrauch gemacht.â
âWie süÃ!â, seufzt Rory, während ihre Mutter ein âDeshalb war er wohl der Letzteâ, murmelt.
âLorelai?â, sieht er sie an, runzelt dabei fragend die Stirn.
â17 Töchter. Er scheint sein Frau wirklich sehr, ähm, gerne gehabt zu haben.â
âAllerdingsâ, sagt er ein wenig geistesabwesend, sieht sich verstohlen im Raum um, kann sie jedoch nirgendwo entdecken. âNunâ, ruft er etwas zu laut aus, schlägt dabei die Hände zusammen. âIch frage mich, ob es in diesem Schloss auch etwas zu trinken gibt.â
âSelbstverständlich tut es das, mein lieber, lieber Schwagerâ, flötet eine Stimme hinter ihm und er dreht sich herum. âVerzeih, ich vergesse immer wieder, dass ihr geschieden seidâ, entschuldigt Hope sich mit einem Gesichtsausdruck, der jeder Stummfilmschauspielerin zur Ehre gereichen würde. âEx-Schwagerâ, korrigiert sie ihre Worte, greift gleichzeitig auf das Tablett eines vorbeilaufenden Kellners und reicht Richard ein Glas Champagner. âEn Chantéâ, sagt sie mit einem zuckersüÃen Lächeln, er erwidert es, stürzt beinahe den gesamten, viel zu süÃen Inhalt des Glases mit einem Zug herunter. âWir haben uns seit Ewigkeiten nicht mehr gesehenâ, fährt Hope fort, eine Lüge, zumindest was Richard betrifft, zu oft hat sie ihn in letzter Zeit gesehen. Nun, vielleicht nicht gesehen, aber seine Anwesenheit hat ihr das gesamte Paris vergällt. Ohne eine Antwort abzuwarten, wendet sie sich an ihre Nichte. âUnd du, Lorelai, sieh dich an, wie hübsch du bist. Und deine Tochter erst. Eine Schande, dass die kleine Ruth nicht hier ist, ich bin mir sicher, sie ist entzückend!â
âSie ist noch zu klein für eine so weite Reiseâ, erklärt Lorelai. Und genügt es nicht, das Rory und ich mir das antun? , fügt sie in Gedanken hinzu. Kein Grund also Ruth und Luke auch noch in die Höhle des Löwen zu werfen. Apropos, seufzt sie innerlich, als die Tür sich öffnet, Emily darin erscheint. Sie weià selbst nicht weswegen, augenblicklich haftet sie ihren Blick auf ihren Vater, findet ihr ungutes Gefühl in seinem Blick bestätigt, beiÃt sich wütend auf die Unterlippe und versucht gleichzeitig so bezaubernd wie möglich auszusehen. Zudem kann sie nicht umhin sich zu wundern, sich zu fragen, weshalb ihre Mutter sie und Rory wie Weihnachtsbäume ausgestattet hat, während sie selbst kein einziges Schmuckstück trägt, nun, nichts denn den goldenen Ring an ihrem kleinen Finger.
Auch Richard stellt das Fehlen jeglicher offensichtlicher Zierde fest, doch ihm erscheint es nicht wie ein Manko, im Gegenteil. Dennoch hält er sich von ihr fern, wirft ihr hin und wieder flüchtige Blicke zu, während der Empfang seinen Verlauf nimmt. Es ist eine seltsame Gesellschaft, beängstigend auf eine merkwürdige Art und Weise, er fühlt sich ihnen auf beängstigende Art und Weise unterlegen, kann sich im selben Moment eines gewissen Gefühles der Ãberlegenheit nicht erwehren. Sie mögen vielleicht reicher, wichtiger sein, aber sie scheinen keinen Spaà dabei zu haben. Zwischen ihnen wirkt er wie ein kleines Kind, das sich verlaufen, verirrt hat. Er wirft erneut einen zaghaften Blick auf Emily, stellt beruhigt fest, dass sie im Gegensatz zu ihrer Mutter, ihren Schwestern unendlich lebendig wirkt, Frauen die an der Seite ihrer Männer nicht wie Frauen wirkten, eher Kunstwerken glichen, einer altmodischen Inszenierung der Ehe, distanziert und kühl, Geschäftspartner. Unauffällig â zumindest denkt er so â bewegt er sich auf sie zu, wartet den Moment ab, in dem einer der Kellner neben ihr Stehen bleibt, stellt sein leeres Champagnerglas auf seinem Tablett ab (Es ist das Fünfte) und greift nach einem Neuen. Beugt sich zu Emily, senkt seine Stimme. âSag mir, dass wir nie so waren.â
âWovon sprichst du?â, erkundigt sie sich erstaunt, wundert sich dennoch nicht darüber, dass er sich nicht einmal die Mühe zu machen scheint, sie zu begrüÃen â und sei es nur der Form halber.
âVon deiner Familie, diesen seltsamen Paaren. Haben wir etwa auch so auf andere gewirkt?â
âWie meinst du das?â
âAls wären wir, als würden wir uns überhaupt nicht kennen, als wären wir einander völlig gleichgültig. Als wäre uns alles andere gleichgültig. Denn wenn es so ist, dann werde ich mich erschieÃen müssen. Erhängen. Je nach dem, ob ich zuerst ein Seil oder einen Revolver auftreiben kann.â
âRichardâ, sie lacht, nicht nur ihre Lippen, auch ihre Augen tun es. Mustern ihn mit Amüsement und Liebe.
âWillst du etwa behaupten, du genieÃt dieses Stück? Nicht nur, das die Handlung miserabel ist, nein, die Schauspieler sind noch viel schlechter.â
âSo sind sie nun Malâ, sagt sie mit einem beschwichtigenden Unterton, erzielt damit jedoch keinerlei Wirkung.
âScheintot?â
âRichardâ, mahnt sich ihn mit tadelnder Stimme, hat jedoch Mühe nicht wie ein Schuldmädchen zu kichern.
âIch überlege mir schon die ganze Zeit, wie so wohl reagieren würden, wenn ich plötzlich anfangen würde etwas Verrücktes zu tun.â
âEtwas Verrücktes?â
Er will etwas antworten, lässt es jedoch. Nimmt ihr das Champagnerglas aus der Hand und stellt es zusammen mit dem seinen auf das Tablett des noch immer wartenden Kellners, ergreift im nächsten Augenblick ihre Hand, murmelt ein schnelles âEntschuldigt uns bitteâ, zieht sie aus dem Raum, ignoriert ihre gemurmelten Proteste, die der anderen Anwesenden, schiebt sie an den Schultern durch die Lobby, nach drauÃen.
âBist du verrückt geworden? Was sollte das?â, entgeistert sieht sie ihn an, doch er zuckt nur mit den Achseln und legt einen Arm um ihre Hüfte, zieht sie an sich, presst seinen Mund sanft gegen den ihren. Ihm entgeht nicht, dass sie unter dieser unerwarteten Berührung zusammenzuckt, ein Stück nach hinten taumelt, seinen Kuss dennoch zaghaft erwidert, sich selbst dann nicht von ihm löst, als er vorsichtig ihre Lippen teilt. Ihn hinterher entgeistert ansieht, ihre Augen zornig glitzern.
âWas â¦?â, setzt sie an, es gelingt ihr jedoch nicht die passenden Worte zu finden.
âIch konnte nicht mehr, es war einfach zu absurd. Ich musste einfach etwas tun, sonst wäre ich noch verrückt geworden.â
âEtwas? Etwas tun, heiÃt also dich dermaÃen unpässlich zu benehmen? Mich vor den Augen meiner versammelten Familie in den Hof zu zerren, nur um mich zu küssen?â
âDu hast dich nicht gewehrt.â
âWeil ich perplex warâ, weil ich mir den ganzen Tag über gewünscht habe, du wärst bei mir und würdest es tun. Sie schlieÃt die Augen, reibt sich die Schläfen. âWas wenn uns jemand gesehen hat?â
âSie sind alle da drin, Emâ, sagt er leise und sie schüttelt den Kopf, ein leises Lachen.
âGott, wenn meine Mutter uns gesehen hätte.â
âEs wäre bestimmt nicht das erste mal, dass sie sieht, wie zwei Menschen sich küssen.â
âVermutlich stimmt das sogar.â
âIch bitte dich, sie ist verheiratet.â
âDu verstehst das nichtâ, fängt sie leise an, erklärend. Will versuchen ihm begreiflich zu machen, was hier vor sich geht, was mit ihr vor sich geht. âFür meine Mutter waren derartige Dinge immer etwas teuflisches, sie hat uns jahrelang vor den fleischlichen Gelüsten der Männer gewarnt, uns eingebläut, das eine anständige Frau sich dafür nicht hergibt. Bauernmädchen tun es, Fabrikarbeiterinnen, ja, Prostituierte, aber nicht eine Dame von Gesellschaft.â
âUnd wie seid ihr dann gezeugt worden?â
âDarüber möchte ich bitte nicht nachdenken.â
âSelbst deine Mutter ist im 20. Jahrhundert aufgewachsen.â
âIn einer Klosterschule Richard, ebenso wie ich auf einer Klosterschule war. Es waren Tabuthemen, selbst ein Gedanke daran kann dich in die Hölle stürzen.â
âUnd ich soll dir abnehmen, dass du daran geglaubt hast?â
âJa, nein, ich, teilweiseâ, stottert sie hilflos, hat keine Ahnung welche dieser zahlreichen Antworten nun wirklich zutrifft. âNatürlichâ, denn war es nicht so?
âDas ist nicht dein Ernst.â
âDas ist esâ, sie presst die Lippen aufeinander. âNachdem wir das erste Mal miteinander geschlafen hatten, nachdem ich das erste Mal ââ, sie bricht ab, Blut schieÃt in ihre Wangen. âGott, ich dachte mit mir stimmt etwas nicht.â
âEmilyâ, ein überraschtes Lachen. âWeshalb nur?â
âWeil ich es nicht als grausame Pflicht empfunden habe, deswegen. Im Gegenteil, ich fand es schön.â
Er bleibt stehen, sieht sie an. âSchön?â, ergreift er sie an beiden Händen, drückt sie fest.
âJa, Richard. Schön.â
âNur schön?â
âBitte?â, erkundigt sie sich irritiert.
âNun, wenn ich mich Recht erinnere, dann fandest du es oft mehr als nur schön.â
âRichardâ, ruft sie aus, fühlt wie noch mehr Blut in ihre Wangen schieÃt. Er registriert es mit einem sanften Lächeln, ein wenig nachdenklich vielleicht. Es scheint ihm als ob da noch etwas anderes wäre, das ihr Wangen zum Glühen bringt, etwas Abseits der unerklärlichen und dafür umso liebenswerteren Verlegenheit.
âDas ist keine Antwort auf meine Frage.â
âWas für eine Frage?â
âOb es sich gelohnt hat zu einer gefallenen Sünderin zu werden.â
âDu bist unmöglichâ, protestiert sie, lässt sich dennoch von ihm an sich ziehen.
âIch kann das Thema auch gerne bis zum Abendessen fallen lassenâ, entgegnet er mit einem Grinsen.
âUm Gottes Willen, nein.â
âAlso?â
âAlso was? Was soll das?â
âGanz einfach, es handelt sich hierbei lediglich um eine Frage rein wissenschaftlicher Natur.â
âWissenschaftlicher Natur?â
âTechnischer Natur.â
âDu bist verrücktâ, erklärt sie.
âIm Gegenteil, ich bin lediglich dabei zu ergründen, ob bei unseren zukünftigen Begegnungen ein anderes Verhalten an den Tag legen sollte.â
Sie kann nicht anderes, muss lachen, schüttelt den Kopf dabei und legt eine Hand auf seine Wange. âIch bin sehr zufrieden, danke der Nachfrage.â
âSicher?â, fragt er, küsst sie sanft.
âGanz sicherâ, sie streicht ihm über die Wange, lächelt beinahe scheu und lässt die Hand wieder sinken.âWas sollen wir ihnen jetzt nur sagen, Richard? Wie sollen wir Lorelai und Rory nur erklärenâ¦â, sie bricht ab, sieht ihn fragend an.
âDie Wahrheit.â
âSie wird dir böse sein.â
âDas wird sie nicht, Emily.â
Sie glaubt ihm nicht, nickt trotzdem. âIch denke wir, sollten wieder reingehenâ, erwidert sie. âDas Abendessen wird jeden Moment serviert werden.â Sie löst sich von ihm und geht langsam zum Haus, er folgt ihr mit einigen Schritten abstand, ruft ihren Namen als sie gerade dabei ist die Tür zu öffnen. Sie dreht sich herum, sieht ihn an, lächelt als sie das Lächeln auf seinen Lippen bemerkt.
âDu siehst wunderschön aus, heute Abendâ, sagt er und ihr Lächeln wächst, die scheint förmlich von innen heraus zu glühen.
âDanke sehr.â
âDanke, dass du nicht so wie die anderen bist.â
Ein kurzes Aufblitzen in den Augen, es mag vieles bedeuten, dann öffnet sie die Tür, wartet im offenen Spalt bis er angekommen ist und tut das, was sie an diesem Morgen schon flüchtig getan hat, ergreift wieder seine Hand, hält sie dieses Mal länger als einen Augenblick lang fest.