Ist doch nicht so schlimm, wenn man ungeduldig ist. Ganz im Gegenteil, ich freue mich darüber.
Tut mir leid, dass es eine Weile gedauert hat, aber ich hatte Stress in der Schule und dann ist auch noch mein Freund gekommen. Da hatte ich wirklich keine Zeit, weiter zu schreiben. Aber jetzt hab ich es endlich geschafft und ich hoffe, der neue Teil gefällt euch.
Als Lorelai wieder hinunter ins Diner kam, war es schon Mittag. Luke sah kurz auf und lächelte sie an, als sie sich an den Tresen setzte. Er griff nach einer Tasse und schenkte Kaffee ein. Unter normalen Umständen hätte er so etwas nie freiwillig getan. Lorelai Kaffee einschenken. Da musste sie ihn zuerst immer eine halbe Ewigkeit anbetteln. Aber was war in letzter Zeit schon normal?
Er schob die blaue Tasse über den Tresen und Lorelai griff danach. Nach einem groÃen Schluck lächelte sie ihn müde an.
âDanke, dass du wieder einmal für mich da warstâ, sagte sie leise.
âSchon okay.â
Er hob eine Glasglocke hoch und fischte darunter einen Donut heraus. Zusammen mit einer Serviette reichte er ihn Lorelai.
Sie biss einmal ab, dann schob sie ihn weg. In letzter Zeit war ihr der Appetit vergangen. Sie brachte nichts mehr runter. Keine Donuts, keine Muffins, keine Marshmellows, nichts. Nur noch Kaffee. Und wenn sie doch einmal etwas Festes zu sich nahm, dann lag es ihr so schwer im Magen, dass sie sich übergeben musste. Die Sache mit Rory machte ihr zu schaffen.
âLorelai, du solltest essenâ, forderte Luke sie auf.
âIch will nicht.â
âLorelaiâ¦â, setzte er noch einmal an.
âNein, Luke, verdammt. Ich will nicht essen. Ich kann es sowieso nicht bei mir behaltenâ, fuhr sie ihn an. Luke wich erschrocken einen Schritt zurück. Mit so einem Wutausbruch hatte er nicht gerechnet.
Sofort traten Lorelai die Tränen in die Augen.
âEs tut mir leide, Lukeâ, sagte sie mit zitternder Stimme. Sie war verzweifelt. In letzter Zeit hatte sie ihre Gefühle einfach nicht mehr unter Kontrolle.
Luke ging um den Tresen herum und nahm sie in seine Arme. Vorsichtig strich er ihr durchs Haar, wie er es in letzter Zeit ständig tat.
âIst schon gutâ, versuchte er sie zu beruhigen. Er suchte nach noch mehr tröstenden Worten, konnte aber keine finden.
Lorelai wischte sich ein paar Tränen weg und richtete sich wieder auf. Dankbar lächelte sie Luke an. Er war der beste Freund, den man sich wünschen konnte. Er war immer für sie da. Und er lieà alle ihre Launen über sich ergehen. Kaum zu glauben, dass sie jahrelang nicht bemerkt hatte, was sie wirklich für ihn empfand.
Ihr Blick fiel auf einen Block, der auf dem Tresen lag. Darauf hatte jemand ganz schön heftig gekritzelt.
âWas ist das?â, fragte sie.
âAch dasâ¦â, sagte Luke und griff nach dem Block, ââ¦das sind Pläne.â
âPläne wofür?â, erkundigte sich Lorelai.
Luke zögerte kurz und betrachtete sein Gekritzel. Den ganzen Vormittag hatte er damit verbracht, ständig neue Ideen auf das Blatt Papier zu schreiben, nur um sie später wieder zu streichen. Lorelai sah ihn durchdringend an, sodass er ihrem Blick nicht länger standhalten konnte und seinen Kopf senkte.
âDas sind Pläne, wie wir Rory wieder auf den richtigen Weg bringen können.â
Lorelai war sprachlos. Verblüfft sah sie ihren Freund an, der verlegen am Block herumzupfte.
âDu machst Pläne?â, fragte sie.
âIch mache mir nur Gedankenâ, spielte Luke seine Tat hinunter.
Lorelai sagte nichts, sondern sah ihn einen Moment nur an. Dann stand sie auf und umarmte ihn.
âNoch nie hat jemand so etwas für mich getanâ, flüsterte sie ihm ins Ohr.
âSchon gut, es ist doch nichts Besonderes. Ich mache mir auch Sorgen um Rory.â
Lorelai drückte ihm einen Kuss auf die Wange, dann setzte sie sich wieder.
âBist du zu einer Lösung gekommen?â
Luke sog hörbar die Luft zwischen seinen Zähnen ein.
âLeider nicht.â
Lorelai versuchte, ihren enttäuschten Gesichtsausdruck zu verbergen, was ihr aber nicht sonderlich gelang.
âTut mir leidâ, sagte Luke entschuldigend.
âSchon okay, du hast es zumindest probiert. War eine nette Geste.â
âIch wünschte, ich könnte mehr für dich tunâ, sagte Luke und legte seine Hand auf ihr Knie.
Lorelai nahm seine Hand und drückte sie leicht.
âIch weiÃ, Luke, aber das musst du nicht. Du brauchst dir nicht so viele Gedanken um mich und Rory machen. Das ist meine Aufgabe. Dich betrifft es doch gar nicht, ich muss damit wohl alleine klar kommenâ, sagte sie und lächelte leicht. Doch Luke erkannte, dass das kein ehrliches Lächeln war.
âLorelai, Rory bedeutet mir genauso viel. Ich will ihr helfen.â
âDas ist lieb von dir, aber im Moment können wir wohl nichts tun.â
Sie fuhr mit ihrer Hand an seine Wange und streichelte sie. Dann stand sie auf und gab ihm einen Kuss.
âIch sollte jetzt gehen. Du hast heute schon genug für mich getan.â
Sie wollte schon gehen, drehte sich aber dann noch einmal um und nahm den Donut vom Tresen. Sie hatte keinen Hunger, aber sie tat es, um Luke glücklich zu machen. Er machte sich ständig Sorgen und kümmerte sich um sie, da war das das mindeste, was sie tun konnte. Und als sie Lukes zufriedenen Blick sah, wusste sie, dass sie es geschafft hatte.
Lorelai ging über den Platz und schlug den Wag nach Hause ein. Als sie sicher war, dass Luke sie nicht mehr sehen konnte, biss sie noch einmal vom Donut ab, bevor sie ihn in den nächsten Mülleimer warf. Sie brachte einfach keinen Bissen runter.
Als sie die Einfahrt zu ihrem Haus hinauf ging, sah sie zwei alte Autos dort stehen. Schrottkarren, die aussahen, als wären sie im zweiten Weltkrieg schon gefahren worden. Früher oder später würden sie wohl in der Mitte auseinander fallen.
Sie ging ins Haus und auf dem Weg in die Küche kamen ihr ein paar Typen entgegen, die ihr alles andere als geheuer waren. 4 junge Männer um die 25, alle in schwarzen Lederjacken, Springerstiefeln und ausgewaschenen Jeans. Sie hatten allesamt fettige Haare und Piercings. Hinter ihnen erschienen 3 Mädchen, die aussahen, als würden sie auf eine Party gehen. Geschminkt, eine Tonne Haarspray und genauso enge Hosen, wie sie Rory in letzter Zeit trug. Am Ende von dem âZugâ kam noch so ein schmieriger Typ mit Rory im Schlepptau.
Die Mädchen gingen an Lorelai vorbei, als wäre sie Luft. Nur die Männer sahen sie an und lieÃen ein leises Pfeifen von sich vernehmen.
Als Rory ihre Mum entdeckte bliebe sie kurz stehen und seufzte.
âWas ist hier los?â, erkundigte sich Lorelai.
âGar nichtsâ, erwiderte Rory und betrachtete ihre Fingernägel.
âGar nichts? Wer sind die Kerle?â
âWer ist denn diese Zicke?â, erkundigte sich Johnny bei Rory.
âIch bin ihre Mum und wer du bist will ich lieber nicht wissenâ, antwortete Lorelai für ihre Tochter. Sofort hielt Johnny seine Klappe. Er konnte es mit jedem Kerl aufnehmen, davor hatte er keine Angst. Er war immer für einen Kampf bereit. Aber wütende Mütter waren eine Sache für sich.
âKönnen wir endlich fahren?â, kam es von drauÃen.
âKlarâ, rief Johnny zurück und schob sich an Lorelai vorbei, die ihn wütend anfunkelte. Rory wollte ihm folgen, doch Lorelai hielt sie zurück.
âDu bleibst hierâ, kommandierte sie.
âRory verdrehte die Augen und seufzte.
âSpinn hier nicht rum, Mum.â
âIch spinne nicht rum. Ich sage nur, dass du mit denen nicht mitgehst. Wer sind die überhaupt?â fragte Lorelai aufgebracht.
âMeine Freundeâ, entgegnete Rory.
âSchön, deine Freunde gefallen mir nicht. Such dir andereâ, sagte Lorelai und versuchte ihre Tochter zurück in die Küche zu schieben.
âLass mich losâ, fauchte Rory sie an und befreite sich aus ihrem Griff.
âDu bleibst hierâ, sagte Lorelai befehlend.
âAls ob du mich daran hindern könntest, dass ich geheâ, meinte Rory nur und stieà Lorelai gewaltsam zur Seite. Lorelai war so perplex, dass sie gar nicht reagierte. Und bevor sie realisierte, was passiert war, hörte sie auch schon die Haustür zufallen und kurze Zeit später ein Auto davonfahren.
Verzweifelt fuhr sie sich durch die Haare. Langsam schien ihr alles zu entgleiten. Rory entfernte sich immer mehr von ihr, und sie hatte keine Ahnung, wie sie das verhindern konnte. Absolut keine Ahnung.
Sie ging in Rorys Zimmer und hielt augenblicklich die Luft an. Die Vorhänge waren zugezogen, nur eine kleine Lampe brannte. In deren Licht sah sie, wie sich der Rauch kräuselte. Sie hatten hier geraucht. In ihrem Haus. Im Zimmer ihrer Tochter. Doch das war noch nicht das Schlimmste. Neben dem Bett standen ein paar Bierflaschen. Leer natürlich. Fassungslos trat sie ein paar Schritte zurück und lies sich auf einen Stuhl fallen. Ihren Kopf verbarg sie in ihren Händen. Einen Moment war es ganz still im Haus, doch plötzlich wurde die Stille von ein paar Schluchzern von Lorelai zerrissen. Ihr Körper schüttelte sich. Sie hatte versucht, stark zu sein, aber es ging nicht. Sie stand kurz vorm Zusammenbruch. Was war nur aus ihrem Mädchen geworden?
Tritt nicht in die FuÃstapfen anderer, du hinterläÃt sonst selbst keine Spuren.
Rückkehr nach Stars Hollow, Wird er sich jemals ändern? Auf der schiefen Bahn
Kurzgeschichte:
Sometimes it's too late
Die Zeit heilt nicht alle Wunden, aber sie lehrt uns mit dem Schmerz umzugehen.