Wie angedroht wollte ich mal ein paar Zeilen zu "The Good Wife" (TGW) schreiben, der hierzulande leider nicht sehr populären Serie, die gerade nach der siebten Staffel zu Ende gegangen ist. Titel (Hä?) und Thematik (Anwaltsserie) hatten mich zunächst abgeschreckt, jetzt bin ich schwer süchtig. Und ich möchte Betrachtungen zur Ähnlichkeit mit GG anstellen und verraten, wer der Kirk von TGW ist. Das ist hier exklusiv, das findet Ihr sonst nirgends im Internet.
Peter Florrick, Bezirksstaatsanwalt von Chicago, verliert sein Amt unter dem Vorwurf, er habe sich durch die Dienstleistungen einer Prostituierten bestechen lassen. Es gibt da ein Video, das ihn beim Zehennuckeln zeigt. Seine Frau Alicia Florrick hat sich seit eineinhalb Jahrzehnten um die beiden Kinder gekümmert, ist aber gelernte Juristin und hat die Möglichkeit, als angestellte Anwältin in die Großkanzlei eines Studienfreundes einzusteigen, um nun die Familie versorgen zu können. Sie ist also eine vierzigjährige Berufseinsteigerin; gleichzeitig mit ihr fängt - sozusagen als ihr Wettbewerber - auch noch ein frischer Uni-Absolvent an - unser Matt Czuchry.
In jeder Episode bearbeitet Alicia genau einen Rechtsfall. Oft, nicht immer, vor Gericht. Diese Fälle werden leider nur kurz abgehandelt. Häufig kommt die Lösung (Urteilsspruch, Vergleich, Freispruch, was auch immer) etwas plötzlich, geschuldet dem begrenzten Zeitbudget. Viele, vielleicht die meisten der Rechtsfälle sind von authentischen Vorbildern inspiriert. Ganz oft denke ich: Da war doch wirklich mal was. Vom "Engel mit den Eisaugen" (Mordfall Meredith Kercher) bis zur Drohnenpilotin der Streitkräfte, die von ebendiesen als Sündenbock angeklagt wird. Irgendwann mache ich mal eine Liste mit einer Zuordnung der realen Vorbilder zu den Serienepisoden, so wie die "Häs" hier im Forum.
Die juristischen Fälle liefern einen abwechslungsreichen Vordergrund, um im Hintergrund die Rahmenhandlung voranzutreiben. Oder sind Vorder- und Hintergrund nicht sogar anders herum? Alicia muss sich in der Kanzlei behauptet, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät und erheblich Personal abbauen muss (2009, Finanzkrise). Wenn sie erschöpft von der Arbeit kommt, warten da kein Feierabend, sondern zwei Kinder in der Pubertät. Ihr Mann Peter muss zunächst zu Hause eine elektronische Fußfessel tragen, wird dann hinsichtlich seiner Bestechlichkeit freigesprochen und startet schließlich ein erfolgreiches Comeback (allerdings in einer eigenen Wohnung, nachdem Alicia ihn vor die Tür gesetzt hat).
Mit Will Gardner, dem Haupteigentümer der Kanzlei und Alicias Studienfreund, ist die Beziehung emotional vorbelastet, wird aber zeitweilig tatsächlich zu einer heimlichen Beziehung. Die zweite Haupteigentümerin Diane Lockhart ist in der dritten Generation Demokratin, hat ein Bild von sich neben Hillary Clinton auf dem Schreibtisch stehen, und verliebt sich in eine Art Cowboy-Typen, einen Waffenexperten mit einem Faible für Sarah Pallin.
Hier haben wir einen großen Unterschied zu GG: Während die Bezüge in Gilmore meist weit in die Vergangenheit zurückweisen, in die 1950er oder 1980er Jahre, sind sie in TGW so aktuell wie in kaum einer anderen Serie. TGW arbeitet sich da eher an der Gegenwart ab.
Die Ähnlichkeit zu Gilmore besteht zum einen darin, dass es fast nur Sympathieträger gibt, wohin man schaut. Und zum anderen darin, dass so viele dieser Charaktere mehr oder weniger schrullig, originell oder komisch sind. Das gilt für die meisten Richter während der Prozesse wie für die meisten Anwälte der Gegenseite (mehrere Auftritte: Edward Herrmann!). Das Figurenpanorama von Stars Hollow findet sich in der Belegschaft der Kanzlei Lockhart Gardner wieder. Geerdet werden die quirky Charaktere von Figuren wie Kalinda, der kanzleieigenen Ermittlerin, die und deren Absichten und Wünsche umso rätselhafter erscheinen.
Eli Gold, der als Wahlkampfmanager Peter Florricks Comeback verantwortet, aber auch als zunehmend wichtiger Mitarbeiter in der Kanzlei neben Alicia Florrick arbeitet, ist in seinem multifunktionalen Einsatz in meinen Augen der Kirk von TGW. Auch wenn sein undurchschnittliches Auftreten auf eine ganz andere Art anders ist als dasjenige Kirks, glaube ich doch, dass er sich immer bewusst ist, dass er irgendwie... ungewöhnlich ist, und genau das unterstelle ich auch Kirk. Allerdings ist Elis Taylor hier eher sein Gegner, der Scheidungsspezialist David Lee.
https://www.youtube.com/watch?v=f3w6Q9Vwpno
Ähnlich wie in Gilmore geht die Handlung - die übergeordnete Außenherumhandlung - langsam voran, mit einem realistischen Tempo. Ich bin jetzt in der dritten Staffel. Die Charaktere haben sich entwickelt. Die Serie hat einen beachtlichen Flow, und das Pendel schlägt partiell stark Richtung Comedy aus, obwohl die Serie in erster Linie als Drama charakterisiert wird. Jedenfalls eine schlaue Story, Gilmore-Charaktere und also ganz viel Suchtfaktor.
TGW gibt's auf amazon Prime (Staffeln 1-5). Wer das nicht hat, dem leihe ich gerne die DVDs zum binge-watching.
http://www.spiegel.de/kultur/tv/the-good...91123.html
http://www.zeit.de/kultur/film/2016-05/t...ettansicht
https://www.youtube.com/watch?v=nN42qPh_9V4