Lorelais Tränen - alle Teile
#2

Kapitel 2

Mit klopfendem Herzen standen die beiden Lorelais im Krankenhaus in Hartford. Lore war keinesfalls weniger aufgeregt und nervös als Rory – aber als Mutter musste sie ihrer Tochter der leise Tränen über die Wangen liefen beruhigen. „Schätzchen, jetzt reg dich nicht auf. Es wird schon alles gut gehen.“ Lorelai klammerte sich an ihre Worte. Sie erinnerte sich, wie sie eines Nachts daran dachte, wie es wäre wenn Christopher tot wäre – bei Gott wie konnte sie so was nur jemals denken? Wenn Christopher nun wirklich tot war, das würde sie nicht ertragen! Wäre es dann ihre Schuld? Ach Blödsinn, so hör doch auf damit! Christopher ist nicht tot und er wird auch nicht sterben. Christopher wollte Hundert Jahre alt werden – ein Jugendtraum von ihm. „Chris ist zäh. Und Unkraut vergeht nicht wie du weißt, mein Schatz.“ Lorelai umklammerte Rorys Hand noch mehr als ihre Tochter. Sie mochte Krankenhäuser nicht. Die Tatsache das hinter jeder Tür Menschen liegen denen es schlecht geht – Nein das war nichts für Lorelai. Das letzte Mal war sie hier in der Notaufnahme als ihr Vater einen Herzanfall hatte. Die ganze Nacht sass sie mit Luke vor dem Zimmer ihres Vaters und traute sich nicht zu ihm hinein. Sie schüttelte den Kopf um ihre Gedanken, die immer weiter abschweiften, wieder zu der allgegenwärtigen Situation zurück zu bekommen.
„Rory Gott sei Dank bist du da. Meine Güte Kind! Hach bin ich froh das du da bist!“ Eine unfrisiert und ungeschminkte hochschwangere Sherry rannte den Gilmoredamen –insofern es mit dem großen Bauch ging – entgegen. Rory war völlig überfordert mit der Situation und lies sich von Sherry umarmen. „Hallo Sherry.“ Lorelai fühlte sich etwas ignoriert. “Was willst du hier? Geh wieder. Ich hab nur Rory angerufen. Dich will ich hier als allerletztes sehen! Du bist doch an allem Schuld!“ Sie fing beinahe an zuweinen. Die sonst so perfekte Sherry war in einem Zustand den sie nicht kontrollieren konnte. Keiner von Christophers Frauen hatte das je zu Gesicht bekommen. Lorelai verstand allerdings gar nichts. Sie an allem Schuld? Was meinte sie damit? Sie konnte doch nicht ahnen dass sie sich in einer schmerzhaften Nacht –und auch wirklich nur für Sekunden und aus lauter Verzweiflung – Christophers Tod vorgestellt hatte. „Sherry , beruhig dich doch. Du bist verwirrt, das verstehe ich. Wo ist Chris?“ Lorelai versuchte ihren Arm um Sherry zu legen und Rory von der schweren Last, die auf ihrem schmalen Körper hing und sie fast zum schwanken brachte, zu befreien. Aber Sherry dachte gar nicht daran. Sie fing an zu kreischen: „Nimm deine Hände weg. Wage es nicht mich an zufassen! Wie kannst du es wagen! Nimm deine Finger weg du Schlampe.“ Lorelai war so schockiert das sie Sherry nicht mal den Ausdruck Schlampe übel nahm. Wovon redete sie? Sie und Schlampe? Sherry musste wirklich total unter Schock stehen. Hilflos schaute sie Rory an. Es hatte keinen Zweck weiter auf Sherry einzureden. Sherry war nicht zu beruhigen und hatte dies wohl auch nicht vor. Sie schluchzte an Rorys Schulter. Lorelai hielt es nicht mehr aus. Sie wollte und konnte nicht tatenlos rumstehen und sich beschimpfen lassen ohne zu wissen warum und noch viel wichtiger: wie es Chris ging. Dann kam ihr endlich die rettende Idee. „Rory, bring Sherry in irgendein Wartezimmer. Ich besorge uns erst einmal Kaffee.“ Dankbar lächelte Rory sie an. „Das ist wenigstens etwas was Schlampen wie ich können.“ Sagte sie mehr zu sich selbst. Spontan lief sie nach rechts los und rannte direkt in einen Arzt hinein. „Oh entschuldigen Sie bitte.“ Obwohl der Arzt offensichtlich gestresst war , blieb er einige Sekunden lang stehen und schaute in Lorelais traumhafte Augen. Aber Lorelai hatte keinen Zeit für einen Flirt. Chris, Chris, Chris schrie es in ihrem Kopf. „Entschuldigen Sie.“ Sie lächelte ihr verführerischtees Lächeln das sie in diesem Zustand zustande brachte. Immer noch auf ihre Augen fixiert sagte der Arzt: „ja bitte? Ihnen entschuldige ich doch alles.“ Dankbar klimperte sie mit den Wimpern und säuselte: „Ich bin auf der Suche nach Christopher Hayden. Können Sie mir vielleicht sagen wo er sich befindet?“ Der Arzt erwachte in der Realität. „Sind sie seine Frau?“ „Nein. Ja. Nein oder ach ich weiß nicht. Jedenfalls hab ich ein Kind von ihm. Und sie“, sie zeigte auf die immer noch wimmernde Sherry, „ist seine Frau. Wollen sie lieber mit mir reden?“ Der Arzt war leicht zu überzeugen. „Gut. Das geht wohl in Ordnung. Also kommen sie mit. Herr Hayden befindet sich auf der Intensivstation.“ Mit zittrigen Knien ging Lorelai dem Arzt hinterher. Intensivstation....Intensivstation. In ihrem Kopf hämmerte und pochte es. Ihre Gedanken drehten sich nur noch um Chris. Aller Trennungsschmerz und Hass und aufgestaute Wut waren vergessen. Jetzt wurde es ernst, das spürte Lorelai genau, als der Arzt eine Tür mit der Aufschrift „Unbefugten ist der Zutritt verboten“ öffnete. „Nein! Nein! Nein! Du gehst da nicht rein. Noch bin ich seine Frau und nicht du.“ Sherry schrie von hinten so laut sie konnte. Lorelai drehte sich um. Sherry schaute sie bitterböse an und beeilte sich bei dem jungen Arzt anzukommen. Kaum da fing sie an los zu keifen. „Dieses Weibstück kommt nicht in die Nähe meines Verlobten. Geh weg!“ Der Arzt fing an sich am Kopf zu kratzen. Schwierige Situation für ihn, aber das war Lorelai im Moment herzlich egal. Warum ritt Sherry dauernd darauf rum das sie nicht zu Chris gehen sollte? Warum denn nur? Was wollte sie denn noch? Sie hatte doch alles was lorelai wollte: Sie war schwanger von Chris, wurde bald seine Frau und Chris hatte sie sogar für Sherry verlassen. WAS wollte sie den bloß noch mehr?
„Ich gehe mit. Ich bin seine einzigste Tochter.“ Lorelai wunderte sich das Rory noch so reden konnte. Man hörte ihrer Stimme kaum an welche Ängste sie ausstand. „Gut dann folgen sie mir. Wir betreten jetzt die Intensivstation. Meine Damen bitte warten sie im Wartezimmer.“ Dann ging die Tür zu und Lorelai stand allein Mit Sherry in dem alltäglichen Chaos des Krankenhaus.
Sherry würde sich nicht von Lorelai helfen lassen, da war Lorelai sich sicher. Aber was sollte sie schon machen? Sich noch weiter von Sherry anschreien lassen wäre sinnlos. So lies sie Sherry allein und suchte einen Kaffeeautomaten. So viele Gedanken waren in ihrem Kopf. Sherry musste einen triftigen Grund haben das sie so sauer auf sie war. Aber was? Nicht zum ersten Mal fühlte sich Lorelai ungerecht behandelt. Sie hasste das Gefühl für etwas wo sie nichts für konnte gehasst zu werden. Zu oft schon war sie –in Emilys Augen – und auch von Christophers Eltern für alles schlechte was Chris wiederfahren war, verantwortlich gemacht. Zu oft hatte sie gehört sie hätte nicht nur ihr sondern auch Chris leben mit ihrer Schwangerschaft zerstört hatte. Obwohl Rory ganz sicher nicht von allein entstanden war, galt Chris als unschuldig. Damit hatte sie sich schon vor langer Zeit abgefunden, aber das sie daran Schuld haben sollte, dass Chris hier war, das sah sie nicht ein.
Sie lies zwei Becher heißen Kaffee aus dem Automaten. Als literweise Kaffeetrinkerin war ihr klar das er zu heiß zum trinken war. Auf dem Weg zurück ins Wartezimmer viel ihr ein, das Sherry ja schwanger war und kein Kaffee trinken durfte. Sie balancierte zurück und überlegte wie sie mit zwei Bechern heißen Kaffees und einem Tee zurück kommen sollte. „Entschuldigen Sie. Hätten sie kurz Zeit für mich?“ Sie drückte einem jungen Mann im Anzug den Tee und einen Kaffee in die Hand. „Würden Sie mich kurz dahin begleiten? Ich kann das nicht alleine tragen.“ Mit Kaffee in der Hand wies sie in Richtung Wartezimmer. Da er den Kaffee bereits in der Hand hatte lief er hinter Lorelai her und stellte den Kaffee auf den, mit Magazinen übersäten, Tisch. Sherry saß in einem weichen Polsterstuhl und trank ein Glas Wasser, das ihr die Schwester hinhielt. Wie immer große Aufregung um die kleine Blonde Frau. Lorelai war es gewöhnt. „Ich danke Ihnen vielmals. Sie sind mein Lebensretter, ohne Sie hätte ich den Weiten weg nicht..“ Der Mann winkte ab und drehte sich um. „...geschafft.“ Na ja auch egal. Sherry lies sie nicht aus den Augen. „Tina geben Sie mir dass.“ Sie nahm der Schwester das Glas ab und wollte das mit Sherry ein für allemal klären. „Schwester! Lassen Sie mich nicht mit ihr allein! Sonst nimmt sie mir auch noch mein Baby weg.“ Sherry war doch total durchgeknallt. Ihr Baby wegnehmen? Wie sollte das den gehen? „Danke Sherry ich habe schon das perfekteste Kind der Welt. Ich will dein Baby nicht, aber danke für das Angebot.“ Die Schwester verkniff sich ein Lächeln und zwinkerte Lorelai aufmunternd zu. „Ich muss leider weiter.“ Und weg war sie. Lorelai und Sherry waren wieder allein. Gut. Dann los. Sie überlegte. Wie sollte sie anfangen? Was sagen, was fragen? Aber Sherry nahm ihr das ab. „So. Bist du jetzt glücklich? Jetzt hast du ihn ja endlich.“ Lorelai verstand nur Bahnhof. „Sherry. Ich weiß nicht wovon du redest. Was meinst du damit?“ Sherrys Augen funkelten. „Was ich meine? Du fragst was ich meine?“ Sie fing an in ihrer Handtasche zu kramen. Nach wenigen Sekunden wurde es ihr zu bunt und sie schmiss die ganze Tasche auf den Boden. Dann viel ihr wohl wieder ein, dass sie ja etwas aus ihr brauchte. Lorelai bückte sich und gab sie ihr, bevor Sherry sich überhaupt regen konnte. Als sie die Tasche in der Hand hatte wollte sie selbst rausholen, was Sherry suchte. „So geht es schneller. Bist ja kein D-Zug, was?“ Sherry streckte ihre blasse Hand aus. Bevor sie wieder anfangen würde zu schreien gab ihr Lorelai lieber das gewünschte. Sie lehnte sich zurück und stellte sich auf noch mehr Vorwürfe ein. Sherrys Hand zitterte, als sie weiter in der grünen Tasche kramte. „Verdammt wo sind diese scheiß Teile.“ Sherry hatte gerade wirklich Scheiß gesagt? Wow. Ich wusste nicht, das Sherry einen so unfeinen Wortschatz besaß. Fast grinste Lorelai schon wieder. Aber dann hatte Sherry endlich etwas gefunden. „Hier!“, Rief Sherry. „Hier hast du den Beweis! Wegen dir stirbt Chris noch! Und mein Kind muss ohne Vater aufwachsen.“ Lorelai verstand immer noch nicht was Sherry von ihr wollte. Briefe – schön und gut, was sollte sie jetzt damit? Sie schrieb keine Briefe an Chris. Wenn dann Emails, aber selbst dass schon lange nicht mehr, denn zu tief saß der Schmerz den Chris ihr zugefügt hatte. „Ich habe nie Briefe an Chris geschrieben. Was soll das Sherry. Ich habe nie etwas an Christopher geschrieben.“ Wieder und wiederholte sie „Ich habe nie etwas an Chris geschrieben.“ Aber Sherry schien ihr nicht zu glauben. „Wer sagt das du geschrieben hast? Nein, du hast nur mit ihm geschlafen!“ Lorelais Mundwinkel kippten nach unten. Was sollte das? Woher wusste Sherry? Was meinte sie damit? Und vor allem, was ging es sie an? „Sherry... ich.... also“ Sherry umklammerte die Briefe das ihre aus ihren Fingern alle Farbe wich. „Sei still. Hör auf zu leugnen. Ich weiß es. Ich weiß es von Christopher. Und willst du mir immer noch erzählen dass du nicht wusstest das er zu dir zurück wollte? Und nur aus mitleid bei mir fetten Kuh blieb?“ Lorelai war sprachlos. Sie konnte sich nicht erinnern wann sie das letzte Mal sprachlos war. In ihrem Kopf fing es an zu rotieren. Ihre Gedanken drehten sich. „Sherry...was.. meinst du? Ich verstehe nicht, dich verlassen? Was soll das?“ Sherry wollte gerade zu einer Antwort ansetzen als sie verstummte. Rory kam kreidebleich aus der Tür. Ihr ohnehin nicht gerade dunkler Teint war nur noch zu erahnen. Tränen rannen von ihren Wangen und sie wurde von einer Schwester gestützt. Lorelai sprang auf und schloss ihre Tochter in die Arme. „Schätzchen? Was ist den passiert?“ Rory schluchzte an ihre Schulter. Unfähig etwas zu sagen, drückte Rory ihre Mutter an sich. Sherry hievte sich hoch: „Was ist mit Chris? Was ist mit meinem Mann? Verdammt noch mal wenn ihr mir nicht sofort sagt was mit ihm ist dann drehe ich durch!“


Niemand konnte Rory abnehmen was sie in den letzten Stunden erleben musste. Es war so in etwa das schlimmste was einer Tochter passieren konnte und nicht einmal ihre Mutter die alles für sie tun würde konnte ihr dieses Erlebnis abnehmen und es sie vergessen lassen. Die Bilder waren für immer in ihrem Gehirn eingebrannt und würden sie womöglich ein Leben lang verfolgen. Lorelai konnte nur erahnen wie schrecklich es hinter der Tür zur Intensivstation vor wenigen Minuten zuging. Aber es half alles nichts. Rory war und blieb unfähig auch nur einen Ton zu sagen. Sie wimmerte nur immer wieder „Dad“ und trank ihren Kaffee. Dem Nervenzusammenbruch nahe war Lorelai dankbar als endlich ein Arzt zu ihnen kam. Sherry war am Ende ihrer Kräfte sie sank in den Kissen zusammen. Der Arzt blickte zuerst Rory dann Lorelai an. Dann sagte er zu Sherry: „ Es tut mir schrecklich Leid, Miss. Aber ich habe eine schlechte Nachricht für Sie.“ Lorelai viel das Herz in die Hose. Jeder noch so leichte Farbton wich aus ihrem wie aus Sherrys Gesicht. „Hören sie zu Doc. Wir sind hier nicht bei Emergency Room. Bitte sagen Sie uns endlich warum meine Tochter am Boden zerstört ist.“ Lorelai musste stark sein. Es war egal ob sie es konnte oder wollte. Ihre Tochter brauchte sie und für Rory würde sie alles tun. „Ich sagte ja schon, es tut mir Leid aber Christopher Hayden ist vor wenigen Minuten nach mehrmaligen erfolglosen Wiederbelebungsversuchen seinen schweren inneren Verletzungen erlegen.“ Ein Schlag ins Gesicht. Ohne Fahrradhelm gegen eine Betonwand. Von einer dreißig Meter hohen Brücke ohne Seil springen. – Nichts konnte den Adrenalinstoß den Lorelai genauso wie Sherry gerade erlebten beschreiben. Stumm und starr vor entsetzten saß Sherry da, sie hielt sich ihren Bauch. „Verletzungen erlegen? Was meinen Sie damit? Was soll dass heißen?“ Lorelai hatte Mühe nicht zu stottern. „Sagen Sie uns gerade, dass Chris bei Ihnen im Krankenhaus gestorben ist? Wollen Sie das sagen? Wann?“ Lorelai war außer sich. „Wann? Ich fragte wann. Wann ist er gestorben? Rory, warst du etwa dabei?“ Rory hatte sich keinen Millimeter bewegt. Ihre Augen starrten ins leere. Sie nickte. Erst langsam und dann energischer. Schließlich sprang sie auf und fing an zu schreien: „Ja Mom. Ja ich war dabei! Ich kam um meinem Vater im Koma beistand zu leisten. Und was passiert? Ich betrete dass Zimmer und er stirbt! Es ist meine Schuld, wäre ich nur nie reingegangen!“ Sie klappte zusammen. Lag einfach flach auf dem Boden. Lorelai schaltete ihre Gefühle aus. An Christopher konnte sie später noch denken. Jetzt ging es um Rory. Um ihre Tochter die flach auf dem Boden lag und aus Angst und Schmerz schrie als würde man ihr die Finger brechen. Sherry gab kein Geräusch von sich. Sie saß einfach nur da, als würde sie nicht dazu gehören. Als ginge sie alles nichts an. Vielleicht realisierte sie es nicht. Oder sie wollte es nicht. Sie sah weder zu Rory noch zu dem Arzt der etwas hilflos in der Gegend herum stand. „Doc. Könnte sich vielleicht eine Schwester um meine Tochter kümmern? Ein Beruhigungsmittel wäre gut.“ Die Schwester kam auch ohne das der Arzt sie rief, immerhin schrie Rory fast das halbe Krankenhaus zusammen. Aber Lorelai lies sie schreien. Besser sie drückte ihre Gefühle aus und lies den Schmerz zu , als dass sie ihre Gefühle ignorierte und sich ordentlich benahm. Mit einer Schwester zusammen trugen und schoben sie Rory auf eine flache Liege. In einem Behandlungszimmer bekam Rory ein Medikament dass sie innerhalb von zehn Minuten beruhigen sollte. Lorelai wollte aufstehen, doch ihre Tochter hielt sie fest. „ich bleib bei dir Schätzchen, keine Angst. Lass nur meinen Handknöchel etwas lockerer, es könnte sein das ich ihn irgendwann noch einmal brauche.“ Rorys weitaufgerissene Augen machten ihr Angst. So hatte sie Rory noch nie gesehen. „Ach Schätzchen, drück weiter zu, ich hab ja noch ein Handgelenk.“ Die Trauer ihrer Tochter beschäftigte sie sosehr das sie gar nicht dazu kam ihr blutendes Herz zu spüren dass wie verrückt klopfte. Chris war tot – das konnte sie im Moment nicht ändern und wenn sie nicht aufpasste würde Rory ihm noch Gesellschaft leisten. Endlose elf Minuten umklammerte Rory ihre Hand bis sie endlich Tränen überströmt einschlief. Lorelais Handgelenk schmerzte und war rot angelaufen. Sie rieb sich ihre kalten Finger und verlies die kleine Kammer in der Rory lag. Hier war sie fürs erste aufgehoben. Jetzt musste sie laufen. Sie hielt es nicht mehr aus. Irgendetwas musste sie tun, denn sonst würde sie auf der Stelle explodieren. Da ihr nichts besseres einfallen wollte, machte sie sich auf die Suche nach Sherry. Kurz vor dem Wartezimmer traf sie wieder den Arzt. Den Schreckensarzt. Der Mann der ihr Leben für immer verändert hatte. Ihr etwas genommen hat, was ihr nicht mehr gehörte. Jemand der nun zwei Kinder zurück lies, von dem eins nicht einmal mehr seinen Vater kennen lernen würde. Sie hatte einen unglaublichen Hass auf den Mann, dass sie ihn am Liebsten verprügeln würde. Aber es würde nichts an den Tatsachen ändern. Und womöglich würde sie nur eingesperrt werden und da hätte Rory nichts von. „Oh. Da sind Sie ja. Ich muss sie etwas fragen. Sie sind doch eine Exfrau von Herr Hayden? Wir brauchen jemanden der uns bescheinigt dass der Verstorbene wirklich Christopher Hayden war. Sie wissen schon, wegen der Versicherung und so.“ Nein, Lorelai wusste nicht. Wie konnte man so was von ihr erwarten? Sie sollte Chris – ihren Chris den sie seid ihrer Kindheit liebte – des Todes beglaubigen? „Kann das nicht Sherry machen?“ „Die Gnädige Frau hat eine Schlaftablette genommen und ist damit beeinflussbar. Sie sind leider die einzigste, die in Frage kommt. Oder wollen Sie dass ihrer kleinen Tochter zumuten?“ Rory sollte zu Chris? Nein das konnte sie nicht machen. „Schon gut. Ich machs. Aber vorher brauch ich Kaffee. Und zwar Jede Menge. Sonst kipp ich da drin um.“ Lorelai hatte niemals zu vor einen Toten gesehen. Und schon gar nicht jemanden den sie liebte.
So langsam wie möglich schlürfte Lorelai ihren Kaffee. Doch es half nichts, irgendwann war selbst die langsamste Schlürftaktik wirkungslos – der blaue Becher wiederlichen Krankenhauskaffees war leer. Der Arzt hatte wenigstens soviel Anstand ihr Zeit zu lassen. Chris lag noch immer auf der Intensivstation in seinem Krankenhausbett. Lorelai stand vor der Beobachtungsscheibe und konnte seinen toten Körper sehen. „Gut. Ich weiß dass dies nicht einfach für Sie sein wird. Aber es genügt leider nicht hier zu stehen. Sie müssen mit reinkommen. Da drin werde ich Sie kurz fragen, ob sie mir bestätigen können, dass der Tote Christopher Hayden war und dann werde ich sie mit ihrem Exmann alleine lassen, so dass Sie sich in Ruhe von ihm verabschieden können.“ Wenn er dass sagte, hörte sich alles so einfach an. In Ruhe verabschieden. Wovon redete der Mann? Sie sollte sich von Chris verabschieden. Sollte sie hin gehen und sagen, Chris altes Haus. Adios Amigo, wir sehen uns in einem anderen Leben? Wie stellte der gute Mann sich dass vor? Man kann sich nicht einfach von dem Vater seiner Tochter verabschieden. Lorelai war so wütend auf Chris, dass er ihre Tochter zur Halbwaise machte, dass ihr schlecht wurde. Chris würde nie wieder spontan in Stars Hollow auftauchen, auf der Couch schlafen und über die schlechte Dusche nörgeln. Niemand würde ihr Leben in Zukunft gehörig durcheinander bringen und über ihre speziellen Witze lachen, die nicht einmal mehr Rory verstand. Eine einzelne Träne bildete sich in ihrem linken Auge. Lorelai war eine starke Frau. Sie weinte nicht schnell und schon gar nicht vor anderen Leuten. Energisch wischte sie die Träne weg. Sie konnte die Träne nicht in ihrem Gesicht ertragen. Das salz auf ihrer Wange bedeutete puren Schmerz für sie. Es war als würde die Träne in ihr Gesicht einbrennen und die Wunde nie heilen lassen. Sie immer wieder erinnern. Ihre Mutter sagte ihr immer: „Tränen sind ein Zeichen von Schwäche. Zeig niemals jemand wie schwach du bist.“ Das war natürlich völliger Blödsinn, Lorelai war für das Weinen, speziell bei Problemen mit Jungs, aber in diesem Fall war es anders. Es war zu endgültig. Es war keine Beziehungspause, keine Trennung auf Zeit. Es war schlimmer: Sie würde Chris das letzte mal sehen, bevor sein Körper mit einem Sargdeckel verschlossen würde. Die Vorstellung das der tote Körper der hinter der Scheibe lag bald unter der Erde verschwinden würde, machte Lorelai wahnsinnig. Weder wollte noch konnte sie den Anblick länger ertragen. Als sie sich um die eigene Achse drehen wollte und raus gehen, hielt Dr. Gahyl sie an der Schulter fest. „Glauben Sie mir. Wer einmal hier drin war kommt nie wieder zurück. Bitte bringen wir es hinter uns.“ Langsam aber bestimmt schob er Lorelai in Richtung Schiebetür. Als er die Tür geräuschlos geöffnet hatte erstarrte Lorelai zu Stein. Unfähig sich zu bewegen starrte Lorelai auf Chris Gesicht. Seine Augen waren geschlossen, sein ganzes Gesicht entspannt. Er sah aus als ob er schlief. Die Farbe in seinem Gesicht war wie eh und je, etwas rot um die Wangenknochen. Seine langen Wimpern lagen entspannt auf den unteren Wimpern. Sein Mund war leicht geöffnet und seine weißen Vorderzähne glänzten in dem fahlen Licht der Lampe die über Chris Bett hing. Lorelai klammerte ihre Finger um ihre Ellenbogen. Ihr Unterarm zitterte und die Knie wurden ihr weich. Doktor Gahyl räusperte sich: „Miss Gilmore. Sind sie im Vollbesitz ihrer geistigen Fähigkeiten? Hat sie niemand zu dieser Aussage angestiftet oder sogar dafür bezahlt?“ Lorelai nickte nur schwach mit dem Kopf. In ihrem Gehirn entstand ein Schwindelgefühl das sie kaum mehr wusste wo oben und unten war. „Da sie eine Familienangehörige von Christopher Hayden frage ich Sie: Ist dieser tote Mann, 1.88 Meter groß, dunkel braune Haare, weiß und gestorben am 23. September um 10 Uhr 30 Ortszeit, der Vater ihres Kindes?“ Lorelai brauchte lange bis sie ein „Ja.“ stammeln konnte. Danach zog sich Doktor Gahyl endlich zurück und lies Lorelai alleine mit ihrem Highschool Freund. Wie in Trance bewegte sie sich langsam auf ihn zu. Es kam ihr vor als vergingen Stunden bevor sie anfing mit ihrer zittrigen Hand Chris Wange zu streicheln. Sie fuhr mit dem Daumen über Christophers weichen Mund- der Sie nie wieder küssen wurde. Sie streichelte über seine Augen – die sie nie wieder frech anlachen würden. Sie berührte seine Stirn mit den wenigen Sorgenfalten und tippte an seine Wangenknochen. Sie war kurz davor los zu brüllen um ihn auf zu wecken. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er wirklich tot war. Er sah so lebendig aus. Er sah aus wie immer, wenn sie neben ihm aufwachte und er noch schlief. Nichts hatte sich verändert , gar nichts. Aber dann fing sie an seinen muskulösen Brustkorb zu berühren. – Etwas hatte sich verändert: Der Brustkorb hob und senkte sich nicht mehr und ein Herz schlug nicht – weder für Sherry noch für sie, Lorelai.

Tränen versperrten ihr die Sicht. Lorelai konnte anfangs jede einzelne Träne spüren die ihre heißen Wangen hinab strömten. Doch bald weinte sie aus tiefster Seele, sodass sie wie durch einen Schleier sah. Sie sank in die Knie vor Chris Bett und brach förmlich zusammen. Ihre Beine gaben nach, alles in ihr gab nach. Ihr ganzer Körper weinte und zitterte – aber nichts tat so weh wie ihre Seele die schrie wie verrückt.





Lorelai hatte dass Gefühl, dass es nie aufhören würde. Die Tränen würden ewig über ihre Wangen hinab laufen und sie am Boden halten. Lorelai konnte nicht aufrecht stehen, sich nicht rühren. Ihr Kopf lehnte an dem kalten Gestell des Bettes und die Tränen tropften auf den Boden. Nach einer Ewigkeit von einer halben Stunde kam Lorelai sich lächerlich vor. Die Tränen versiegten und zurück blieben nur die Spuren ihres Make-ups. Innerhalb von Sekunden änderte sich Lorelais Gemüt. Sie war nicht mehr traurig. Sie weinte nicht mehr um ihre verlorene Liebe, denn sie erinnerte sich dass sie diese Liebe schon vor seinem Tod nicht mehr hatte. Vor zwei Monaten hatte er sich für Sherry entschieden und sie verlassen. Was bildete sich Chris ein? Dass sie hier an seinem Totenbett saß und um ihn trauerte? Nein, dass tat sie nicht. Die Kraft in ihren Beinen und Händen kam zurück. Sie stand auf und schnaufte wütend. Nein, nicht mit ihr. Sie trauerte nicht um einen Mann der eine so tolle Frau wie sie nicht wollte. Sie machte auf ihrem Absatz kehrt und wollte den Raum verlassen. Ihre neugewonnene Energie hielt bis zur Schiebetür. Sie benutze all ihre Wut und Erinnerung an die Schmerzen, die Chris ihr zugefügt hatte um die Tür zu öffnen. Sie drückte so stark sie konnte gegen die Schiebetür. Dann spürte sie die alten Tränen auf ihrer Haut. Sie drehte sich um und rannte zu ihm zurück. Auf Chris Brust sank sie nieder und begann still zu wimmern. Lorelai kam sich vor wie in einem Kinofilm, denn sie sah vor ihrem inneren Auge immer mehr Bilder von sich und Chris. Von Rory und Chris... sie erinnerte sich an ihr erstes Mal auf dem Balkon und an Christophers Rückkehr. Sie sah sich Hand in Hand die Treppe des Inns hinauf gehen und konnte fast die Wärme seiner Lippen auf ihrem ganzen Körper spüren. Sie sah sich vor Sookies Haus am Abend der Hochzeit. Alles war so schön gewesen... so perfekt....zu perfekt? Vielleicht hatte sie es nicht verdient. Oder hatte Christopher sie nicht verdient? Die Erinnerung an Sherrys Anruf und Christophers gestammelte Entschuldigung kamen hoch. Lorelai fing an den Kopf zu schütteln. Sie glaubte, zu spüren wie all ihre Schmerzen in ihrem Kopf hin und her flogen. So konnte sie den Schmerz umgehen. Wie bessenen schüttelte sie ihren Kopf. Ihre langen Locken flogen hin und her, doch Lorelai hörte nicht auf. Sie konnte nicht aufhören denn sonst würde all der Schmerz zurück kommen.

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And I start to feel for him again. Stupid me.
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