01.02.2005, 18:34
Kapitel 5
Die Haustüre öffnete sich fast von allein. Etwas steckte den Schlüssel ins Schloss, vielleicht schloss sie auf, vielleicht auch nicht. Es war dunkel im Haus. Aber wen kümmerte es, es war ihr egal, genauso wie es ihrer Tochter egal war. Eigentlich war doch alles egal? Sie schmiss ihre Handtasche neben die Kommode, anstatt sie wie sonst halbwegs ordentlich darauf zu legen. Die heià geliebten Schuhe flogen in die Flurecke. Sie wusste gar nichts mehr. Als ob irgendetwas die gesamte Intelligenz aus ihrem Kopf gesogen hatte. Lorelai stolperte über etwas als sie in das dunkle Wohnzimmer lief. Es war das Sofa. Lorelai spürte den Schmerz in ihrem linken Schienbein kaum. Was war schon dieser kleine Schmerz, diese lächerliche Berührung im Gegensatz zu dem was ihr Herz spürte? Was ihre Seele quälte? Ihr das Atmen schwer machte und sie beinahe in die Knie sinken lies? Es war egal, einfach egal. Sie blieb regungslos auf dem Sofa liegen. Wozu aufstehen? Wozu laufen. Warum denken? Warum weiter die schrecklichen Gedanken haben die ihr die Tränen in die Augen trieben? Waren ihre Augen auf oder zu? Sie wusste es nicht, denn Schmerz erfüllte ihre Augen. Schmerz von brennenden Tränen die sie nicht vergessen lieÃen. Es würde nie vorbei gehen.
Luke stand unschlüssig im Flur. Die ganze Heimfahrt über hatten alle drei geschwiegen. Rory hatte keinen Ton von sich gegeben. Sie starrte einfach nur hinaus in die Landschaft. Lorelai war ebenfalls abwesend. Es war gut, dass Rory nicht wusste, warum Chris diesen Unfall hatte. Wenn sie es wissen würde, Luke konnte sich nicht vorstellen was passieren könnte. Sein Herz schmerzte ebenfalls aber weniger wegen dem Verlust von Christopher. Er mochte ihn schon allein dafür, dass er es immer wieder geschafft hatte, Lorelai dazu zu bringen mit ihm zusammen zu sein und sie dann verlies, nicht. Schlimmer für ihn war, wie Lorelai offensichtlich litt.
âHerr Hayden ist zu schnell gefahren. Er scheint es sehr eilig gehabt zu haben nach Stars Hollow zu kommen. Er ist mit überhöhter Geschwindigkeit von der rutschigen Fahrbahn abgekommen und leider in dem kleinen Pinienwald frontal gegen einen alten Baum geschlittert. Für erste Hilfe war es zu spät. Herr Hayden war bereits bewusstlos, als die Einsatzkräfte vor Ort ankamen. Es tut mir Leid, aber ihrem Bruder konnte nicht mehr geholfen werden. Er war nicht angeschnallt und flog mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe. Ich frage mich was einen Menschen dazu treibt auf einer so gefährlichen StraÃe wie ein Irrer zu rasen.â Luke wusste, was die Schwester meinte. Er kannte die StraÃe. â Jeder kannte sie. Und jedem dem sein Leben lieb war, achtete dort auf besondere Sicherheit. Aber er wusste auch, was Christopher trieb: Lorelai. Er muss sie wirklich geliebt haben, dachte Luke mit einem riesigen Kloà im Hals. Aber jetzt hatte er keine Zeit für solche Gedanken. Er hatte eine Aufgabe: Er musste sich um Lorelai und Rory kümmern. Letztere stand immer noch in der Haustür. Im Haus war es dunkel. Luke wusste nicht wo Lorelai hinwar. Da Rory keine Anstalten machte, sich zu bewegen machte er sich auf die Suche nach einem Lichtschalter. Er stolperte über einige Dinge, die er aber durch die Dunkelheit nicht erkennen konnte. Es war ja auch egal, also suchte er weiter. Aber wie sich rausstellte suchte er im völlig falschen Eck. Den auf einmal ging das Licht an. Er drehte sich um. Rory stand mit ausdruckslosem Gesicht neben der Tür, die Hand immer noch am Lichtschalter. Das hätte ich mir auch gleich denken können, dass der Lichtschalter neben der Tür ist! Luke ärgerte sich über sich selbst. Aber er war eben, auch wenn er es wie immer nicht zugeben wollte, verwirrt. Mehr als verwirrt. Er war fertig mit den Nerven. Aber er musste stark sein. Für sich, für Lorelai und natürlich für Rory. Sie sah so hilflos aus, so verloren, dass er sie trösten wollte. Er wusste nicht, ob er sie umarmen durfte. SchlieÃlich war er nicht ihr Vater. Im Gegenteil, ihr Vater war gerade gestorben. Konnte er da? Aber als er sah wie Rory eine Träne über die Wange lief, war es ihm egal. Rory musste getröstet werden, dass spürte Luke. Er ging einfach auf sie zu und nahm sie in seine starken Arme. Rory zuckte in dem Moment als Luke sie berührte zusammen. Spürte dann aber die starken warmen Arme die ihr ein Gefühl von Sicherheit gaben. Sie umklammerte Lukes muskulösen Rücken und fing an zu schluchzen. Sie sagte nichts, es gab auch nicht zu sagen, Luke und sie verstanden sich auch ohne Worte. Luke war da wenn sie ihn brauchte, er war immer schon da. Er war ihr wie, sie fing an zu zittern und ihr schmaler Körper bebte fast. â Er war ihr wie ein Vater. Der Vater den sie nie gehabt hatte und ihn jetzt sogar umgebracht hatte. Es tat weh, es tat unglaublich weh es zu denken. Aber es war so. Luke hielt sie einfach nur fest. Er lies ihr instinktiv Zeit, vielleicht dass beste was er tun konnte. Lorelai war stark, aber Rory? Es kam ihm vor, als ob man ihr den Boden unter den FüÃen weg gerissen hätte. Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter. Er spürte die Tränen. Sie weinte bitterlich. Komischerweise war es ihm nicht unangenehm. Luke hatte sonst Angst vor Gefühlsregungen. Aber es war ok, denn es war Rory, Lorelais Rory und damit vielleicht sogar seine Rory. Diesen Gedanken hatte Luke schon öfters gedacht, auch wenn er ihn nie aussprechen würde. Er selbst fühlte sich wie ein Vaterersatz, der nicht nur Kaffee kochte, sondern eben immer da war. Rory wurde ruhiger. Nach einer Ewigkeit verstummte sie. Sie stand ganz still und spürte Lukes Wärme und Herzschlag. Das gleichmäÃige Heben und Senken seines Brustkorbs gab ihr Kraft. Kraft um weiter zu machen. Hinein ins Wohnzimmer zu ihrer Mutter zu gehen, die Augen zu öffnen und zu atmen. Sein Herzschlag hielt sie am Leben.
âKomm Luke. Wir müssen zu Mom.â Sie löste sich aus der Umarmung. Luke wusste nicht, wie sie es tat, aber sie tat es. Sie strich ihre langen Haare nach hinten und hob ihren Kopf. Sie war so schön, dachte Luke. Aber in ihren sonst so strahlenden blauen Augen konnte man den Schmerz noch immer sehen. Sie versuchte sogar ein Lächeln. Extra für ihn. Luke war gerührt und stolz zugleich. âJa. Lass uns rein gehen. Deine Mutter braucht uns jetzt.â Bei dem Wort uns lief Rory ein wohliger Schauer über den Rücken. Sie war froh Luke zu haben, unendlich froh.
âAhhh Chris, lass dass!â Lorelai lachte wie ein kleines Kind. Sie lag nur in Unterwäsche bekleidet auf einem Bett im Independence Inn. Chris machte sich einen Spaà daraus auf ihrem ganzen Körper dass von Lorelai gebrachte Essen zu verteilen. Doch damit nicht genug! Genüsslich leckte er die sorgfältig verteilte Vanillecreme von Lorelais Oberschenkel. Während er seine Zunge über Lorelais Bein ziehen lies schaute er sie mit seinen traumhaften Augen an. Lorelai die immer noch kicherte wurde auf einmal ernster. âHerr Hayden! Versuchen Sie etwa gerade mich zu verführen?â Chris schaute sie an wie ein unschuldiges Lamm aber bewegte sich keinen Zentimeter von ihrem Bein weg. âFalls ja, vergessen Sie es. Das Schokoladenmousse ist um einiges anziehender als Sie!â Demonstrativ steckte sie sich einen riesigen Berg Mousse in den Mund. Chris blickte auf und lies Lorelais Bein einen Moment lang in Ruhe. Er überlegte. Für ihn schien es so, als wäre es eine Einladung. Eine Einladung die er auf jeden Fall annehmen wollte:âHey! Willst du etwa alles alleine essen? Lass mir auch noch was?â Ein Blick auf die nun leere Schüssel genügte und Chris vergass die Vanillecreme auf Lorelais Bein. Er arbeitete sich mühsam zu ihrem verführerischen Mund vor und fing an sie zu küssen. Seine Lippen näherten sich Lorelais Mund, die darauf nur gewartet hatte und sofort ihre Lippen öffnete. Frech sog er den letzten Rest Schokomousse von Lorelais Lippen. Lorelai schloss die Augen. Sie war einfach nur glücklich. Chris sollte nie aufhören sie zu küssen. Chris würde nie aufhören sie zu küssen! Lorelai wollte mehr! Gezielt richtete sie sich während des Kusses auf und lehnte sich leicht nach vorne. Chris nutzte die Gelegenheit und griff nach hinten. Er streichelte mit seinen warmen klebrigen Händen über Lorelais Schulterblätter und beschäftigte sich schlieÃlich mit dem Verschluss ihres Bhs. âWas wird denn das? Ganz schön frech!â quietschte Lorelai die von Chris Händen auf ihrem Rücken eine Gänsehaut bekam. Chris küsste sie weiter und sagte immer wieder: âLorelai, Lorelai....â
âLorelai? ........... Lorelai? ...... Bitte wach doch auf!â Luke hatte Angst. Angst dass Lorelai vielleicht ohnmächtig war. Oder, ach er wusste es nicht so genau. Er wollte dass sie aufwachte. Sie lag immer noch mit dem Gesicht nach unten auf dem Sofa. Wie lange war er mit Rory im Flur? Konnte sie in so kurzer Zeit einschlafen? Es war seltsam. âLorelai?â Die Unsicherheit war ihm in der Stimme anzuhören. âLorelai!â Luke wurde energisch. Seine ohnehin schon tiefe Stimme lies Lorelai zusammen zucken. Lukes Stimme war so viel tiefer als Christophers. Froh das sie sich endlich regte atmete Luke erst einmal tief durch. Dass Lorelai nicht wie frisch aus dem Ei gepellt aussehen würde war ihm klar. Aber dass es so schlimm werden würde? Damit hatte er nicht gerechnet. Als sie sich langsam hoch hievte fielen ihr zuerst ihre langen dunklen Haare ins Gesicht. Aber dann drehte sie sich um. Sie sah Luke direkt in die Augen. Ihr Gesicht wirkte wie in Sekunden um Jahre gealtert. Ihre Lippen waren blutig und rissig. Ihre Stirn zeigte tiefe Sorgenfalten und ihre Augen. Ihre Augen! Luke gab es einen tiefen Stich ins Herz. Von Lorelais Katzenaugen war nicht mehr viel übrig. Tiefe Schwarze Ränder unter ihren Augen und verlaufene Wimperntusche bis hinunter zu den Wangenknochen lieÃen auf bittere Tränen schlieÃen. Luke wusste das Lorelai nicht schnell weinte. Ihr musste es wirklich schrecklich gehen. Wenn sie sich in diesem Zustand ihm so zeigte, war sie am Ende.
Lorelai stand unter Schock. Als sie Luke ihren Namen sagen hörte dachte sie für Sekunden es wäre Chris der es sagte. Als sie jetzt vor Luke stand zitterte sie immer noch. Es war einfach zu schrecklich. Niemand kann so eine Schuld auf sich tragen und damit weiter leben als wenn nichts wäre. Sie schaute Luke mit so viel Unglück an, dass dieser fast ausrastete. Lorelai hatte das Gefühl als würde alle Schuld der Welt auf ihr liegen. âLuke?â Sie musste es sagen. Es zu geben. Dazu stehen. Vielleicht würde wenigstens Luke ihr vergeben, wenn schon der Rest der Welt immer wissen würde, dass sie , sie allein für Christophers Tod verantwortlich war.
Luke schaute Lorelai nicht an. Er konnte nicht. Es würde ihm alle Knochen brechen sie so zu sehen. Wenn er sie anschauen würde, müsste er sie sofort umarmen und ihr die Tränen von der Wange küssen. Aber er wusste nicht ob sie es wollen würde, ob sie es ertragen könnte. Also schaute er weg. Doch Lukes Selbstschutz führten zu einem schweren Missverständnis zwischen Lorelai und ihm.
Es war klar, nicht einmal Luke würde ihr vergeben. Er drehte sich fast weg. Wenn sogar Luke so reagierte, dann war sie schuldig. Was sollte sie tun? Was hatte sie getan? âLuke?â Er drehte sich weg. âLuke! Um Himmels Willen Luke!â Es konnte doch nicht wahr sein. Luke machte keine Anstalten ihr in die Augen zu schauen. âJa?â Seine tiefe Stimme zitterte leicht, er konnte nicht verbergen dass er aufgeregt war. âEs ist meine Schuld! Meine Mutter hatte Recht. Es ist meine Schuld!â Lorelai schrie das unglaubliche heraus. Länger hätte sie es nicht für sich behalten können. Dann drehte sich Luke um. Er hatte Tränen in den Augen. Lorelai zitterte von Kopf bis FuÃ. âLuke! Es ist meine Schuld, ich weià es.â Sie wollte zu Luke hingehen. Ihren Kopf an seine starke Schulter legen. Aber in dem Moment als Lukes Augen Lorelais Blick streiften wurde es Luke zuviel. Entweder er würde sie jetzt auf der Stelle in den Arm nehmen und sie trösten oder er â er würde gehen.
Luke entschied sich fürs gehen. Er konnte Lorelai nicht mehr ertragen. Es tat ihm unglaublich weh sie so zu sehen. Und wenn er jetzt nicht alles kaputt machen wollte, musste er gehen. âIch geh Kaffee holen!â Ohne sich noch einmal um zu drehen verlies er das Haus. Als er die Haustür hinter sich zu geschlagen hatte verlor er seinen letzten Rest Beherrschung. Tränen liefen ihm über die rauen Wangen. Aber es waren andere Tränen. Er trauerte nicht um Chris. Er wollte nicht weinen. Aber er musste seinen Schmerz irgendwie ausdrücken. Lorelai ging es so schlecht wie schon lange nicht mehr. Glaubte sie wirklich Schuld an Chris Unfall zu sein? Es machte ihn wahnsinnig, dass er nichts tun konnte. Er war hilflos. Er konnte Lorelai nicht helfen. Wie sollte er auch? Er war nicht Christopher und er würde es nie sein. Verzweifelt vor Wut trat er mit voller Wucht gegen den Reifen seines Autos. Der Schmerz in seinem FuÃgelenk lenkte ihn wenigstens kurz von Lorelai ab. Viel zu schnell fuhr Luke davon.
Rory wusste nicht was ihre Mutter meinte. âMom? Wovon redest du? Woran sollst du Schuld sein?â Lorelai stand mit hängenden Schultern vor dem Sofa und blickte Luke hinterher. Er ging. Er ging, weil er ihre Anwesenheit nicht ertragen konnte? Weil er nichts mit einer Mörderin zu tun haben wollte?
âMom! Mom bitte, wovon redest du?â Rory ging auf ihre Mutter zu. Sie packte sie an den Schultern. âMom!â Lorelai schaute ihre Tochter an. Sie konnte es ihr nicht sagen. Rory würde sie ewig dafür hassen, da war sie sich sicher. Sie würde ausziehen, vielleicht sogar zu Emily und nie wieder mit Lorelai reden. Sie war zu jung um so etwas zu wissen. Sie war zu jung um damit umzugehen dass ihre eigene Mutter ihren Vater auf dem Gewissen hatte. Lorelai wusste nicht was sie sagen sollte. Sie nahm Rory in den Arm und drückte ihre Tochter an sich. âMom, du kannst mir alles sagen....wirklich alles! Bitte, was hast du gemeint? Und warum ist Luke gegangen?â Rory wurde immer verwirrter. Es hatte keinen Zweck. Lorelai musste dazu stehen was sie getan hatte. âSchätzchen, du musst jetzt ganz stark sein. Aber ich fürchte Luke ist gegangen, weil er nichts mit einer Mörderin zu tun haben will.â Rory gefror das Blut in den Adern. Sie löste sich aus der Umarmung. âAlso ist es doch meine Schuld! Er hat gelogen! Luke hat gelogen! Ihr alle habt gelogen! Ihr habt gesagt dass es nicht meine Schuld ist! Ich hab ihm doch nichts getan.... Ich bin doch nur in dass Zimmer hinein und hab seine Hand gestreichelt...Ich konnte doch nicht wissen, dass ihn das so erschrecken würde!â Lorelai verstand gar nichts mehr. Rory soll schuld sein? Warum Rory? âNein Schatz. Es ist nicht deine Schuld. Sondern meine!â Rory setzte sich ohne nach hinten zu schauen auf das Sofa. Das war einfach alles zuviel. âMom? Was meinst du? Warum sollte es deine Schuld sein?â Lorelai versuchte vergeblich sich zu beherrschen. Sie atmete tief durch. Sie musste ruhig bleiben. Wenn sie Rory präzise und genau erklären würde, warum es so war, dann würde Rory sie vielleicht nicht verlassen. âChristopher war auf dem Weg nach Stars Hollow als er den Unfall hatte....â Lorelai sank ebenfalls aufs Sofa. âIch weià Mom. Er ist von der Fahrbahn abgekommen. Wenige Meter nach der Stelle wo mich einmal ein Reh gerammt hat... Aber warum? Was wollte er in Stars Hollow? Er hat uns doch verlassen. Er wollte doch zu seiner neuen Tochter...Die so viel besser sein wird als ich....Und er wollte doch eine Familie haben...Wir waren ihm ja nicht gut genug...â Bittere Tränen tropften von Rorys Gesicht auf ihre Beine. Es schien als würde ihr ganzes Leben mit den salzigen Tränen davon schwimmen. Lorelai strich die Tränen aus Rorys Gesicht. Sie wusste nicht dass es für Rory so schlimm war, dass Chris sie verlassen hatte. Lorelai war entsetzt. Sie dachte immer nur daran dass Chris sie verlassen hatte. Die Tatsache dass es für Rory so schien als hätte Chris auch sie verlassen hatte sie völlig verdrängt. Sie war eine schreckliche Mutter. Sie war unglaublich egoistisch gewesen. Lorelai drückte Rory an ihre Brust und wiegte ihr Kind sanft. âEr ist wegen uns gekommen. Er wollte zurück zu uns. Weil er begriffen hat, dass du die perfekteste Tochter bist, die jemand haben kann. Er wollte zurück zu dir. Und zu mir. Er ist zu schnell gefahren... denn er konnte es kaum erwarten seine tolle Tochter um Verzeihung zu bitten.â Rory wurde hellhörig. Sie löste sich aus der Umarmung und setzte sich Kerzen gerade hin. Die Tränen versiegten. Sie strich ihre Haare aus dem Gesicht. Einige Haare klebten an ihren salzigen Wangen. âWoher weiÃt du dass?â Lorelai strich die letzte Träne von Rorys Nase. âEr hat Sherry einen Brief geschrieben. Und einen an meine Eltern. Er bittet darin um Erlaubnis uns beide heiraten zu dürfen....â Rory wurde weiÃer als die Wand hinter ihr. Ein Schlag ins Gesicht hatte nicht die gleiche Wirkung wie diese Erkenntnis.
Als sie aufwachte war es hell. Sonnenstrahlen fielen durch die Jalousien und kitzelten ihre Nase und Augenlider. Sie lies ihre Augen geschlossen. Irgendetwas schweres lag auf ihrem Arm. Für einen Moment verlor sie die Orientierung. Das schwere auf ihrem Arm war warm und es, ja es bewegte sich. Sie genoss die Wärme. Bewegte sich keinen Zentimeter von der Stelle. Wagte kaum zu atmen. Ihr Puls war normal. Sie spürte ihr Herz. Es schlug gleichmäÃig und ihr Atem war flach und entspannt. Es schien als wenn alles perfekt wäre. Vielleicht war ja auch alles perfekt. Es war still um sie herum, nur dass gleichmäÃige Atmen von ihr und einer weiteren Person. Atmen? Von wem? Sie schlug die Augen auf. Als sie auf ihren rechten Arm blickte sah sie ihre Tochter. Rory lag an sie gekuschelt mit dem Gesicht an ihrem Ellenbogen. Lorelai schaute sich um. Das Fenster, die Schränke, wo war sie? Der Raum hier war nicht ihr Zimmer. Und das Bett nicht ihr Bett. Dann schnellte Lorelais Puls in die Höhe. Ihr Herz fing an zu pulsieren. Auf einmal viel ihr wieder alles ein. Die Gedanken in ihrem Kopf spielten verrückt. Christopher, Krankenhaus, ihre Mutter, Luke, Sherry und ihre Tochter. Sie musste erst einmal alles ordnen. Wenn sie nicht durchdrehen wollte musste sie sich endlich damit abfinden.
Rory war wach. Sie hatte die Augen zwar geschlossen aber sie wusste dass ihre Mutter ebenfalls wach war. Da sie auf dem Arm ihrer Mutter lag spürte sie wie ihr Puls nach oben schnellte. Es tat ihr weh. Denn sie wusste woran Lorelai gerade dachte. Vielleicht weinte sie auch. Rory horchte auf verräterische Anzeichen. Sie wartete auf kurzatmige Seufzer oder unterdrückte Schluchzer. Aber es kam nichts. Denn Lorelai lag einfach nur da und litt. Rory glaubte förmlich zu spüren was in ihrer Mom vorging. Sie öffnete die Augen. Eine einzelne Träne huschte über Lorelais Gesicht. Rory wollte nicht darüber nachdenken, aber sie war sich sicher dass ihre Mutter gerade an alte Zeiten gedacht hatte. Das wollte sie verhindern. Jetzt war es Zeit für sie sich um ihre Mom zu kümmern. Lorelai war schlieÃlich ihr Leben lang für sie da. Jetzt brauchte sie wirklich Hilfe. Rory erinnerte sich an gestern Abend. An die schrecklichen Vorwürfe die Lorelai sich selbst machte. Und an ihre eigenen Vorwürfe die sie sich machte. Rory war schlieÃlich zu dem Schluss gekommen das weder sie noch ihre Mutter Schuld waren. Es war eben Schicksal, sie konnte es nicht ändern. Sie hatte nicht gewollt dass er stirbt. Sie war unendlich wütend auf ihn, dafür dass er sie und ihre Mutter verlassen hat. Warum hatte sie nie mit Lorelai darüber geredet? Lorelai hatte es aber auch nie angesprochen. Es muss sie wirklich mitgenommen haben. Rory spürte wie sie immer mehr Mitleid mit ihrer Mutter bekam. Sie streckte ihre Hand aus und wischte vorsichtig die Träne die inzwischen an Lorelais Nase hing weg. âMom. Komm wir gehen zu Luke. Ich brauch Kaffee und Donats und Pancakes und French toast und ....â Lorelai lächelte. Sie liebte ihre Tochter über alles. âDas du verhungerst kann ich nicht verantworten. Ich mach mich nur kurz frisch und dann gehen wir zur Raubtier-fütterung.â
So konnte Lorelai auf keinen Fall aus dem Haus. Sie musste die verräterischen Spuren der Träne vertuschen. Selbst als Lorelai fertig angezogen und geschminkt die Treppe hinunter ging hatte sie immer noch dass Gefühl die Träne im Gesicht zu haben. Lorelai hasste es zu weinen. Es war bei ihr nicht einfach nur eine Träne, nein es war mehr. Es war ein Gefühl. Ein Gefühl dass ihre Haut reizte. Der salzige Fluss der Träne über ihr Gesicht erinnerte Lorelai immer wieder daran. Aber Rory wusste wie sie ihrer Mutter helfen konnte: Ablenkung war die Lösung des Problems. Da war sich Rory sicher. âWow Mom du siehst toll aus. Gut dass du die neuen und viel zu teuren Stiefel doch noch gekauft hast. Die würden ausgezeichnet zu diesem Top passen....â Rory versuchte zum normalen Alltag zurück zu kehren. Sie redete und redete auf Lorelai ein. Diese lies alles mit sich machen und kommentierte einige Witze von Rory sogar mit einem Lächeln. Rory war nervös. Sie war es nicht gewöhnt dass ihre Mutter keine Witze und Ãbertreibungen von sich gab. âLos Mom! Gehen wir endlich zu Luke. Ich stehe dem Tod näher als dem Leben!â Rory schaffte es tatsächlich, dass Lorelai Christopher vergas. Auf dem Weg zu Luke fingen sie an über einen lächerlichen Videofilm zu lachen, der dringend neue Texte brauchte. Solange die hoch bezahlten Story-writer von Hollywood noch im Urlaub waren konnten die Gilmoregirls das ja auch übernehmen.
Die Haustüre öffnete sich fast von allein. Etwas steckte den Schlüssel ins Schloss, vielleicht schloss sie auf, vielleicht auch nicht. Es war dunkel im Haus. Aber wen kümmerte es, es war ihr egal, genauso wie es ihrer Tochter egal war. Eigentlich war doch alles egal? Sie schmiss ihre Handtasche neben die Kommode, anstatt sie wie sonst halbwegs ordentlich darauf zu legen. Die heià geliebten Schuhe flogen in die Flurecke. Sie wusste gar nichts mehr. Als ob irgendetwas die gesamte Intelligenz aus ihrem Kopf gesogen hatte. Lorelai stolperte über etwas als sie in das dunkle Wohnzimmer lief. Es war das Sofa. Lorelai spürte den Schmerz in ihrem linken Schienbein kaum. Was war schon dieser kleine Schmerz, diese lächerliche Berührung im Gegensatz zu dem was ihr Herz spürte? Was ihre Seele quälte? Ihr das Atmen schwer machte und sie beinahe in die Knie sinken lies? Es war egal, einfach egal. Sie blieb regungslos auf dem Sofa liegen. Wozu aufstehen? Wozu laufen. Warum denken? Warum weiter die schrecklichen Gedanken haben die ihr die Tränen in die Augen trieben? Waren ihre Augen auf oder zu? Sie wusste es nicht, denn Schmerz erfüllte ihre Augen. Schmerz von brennenden Tränen die sie nicht vergessen lieÃen. Es würde nie vorbei gehen.
Luke stand unschlüssig im Flur. Die ganze Heimfahrt über hatten alle drei geschwiegen. Rory hatte keinen Ton von sich gegeben. Sie starrte einfach nur hinaus in die Landschaft. Lorelai war ebenfalls abwesend. Es war gut, dass Rory nicht wusste, warum Chris diesen Unfall hatte. Wenn sie es wissen würde, Luke konnte sich nicht vorstellen was passieren könnte. Sein Herz schmerzte ebenfalls aber weniger wegen dem Verlust von Christopher. Er mochte ihn schon allein dafür, dass er es immer wieder geschafft hatte, Lorelai dazu zu bringen mit ihm zusammen zu sein und sie dann verlies, nicht. Schlimmer für ihn war, wie Lorelai offensichtlich litt.
âHerr Hayden ist zu schnell gefahren. Er scheint es sehr eilig gehabt zu haben nach Stars Hollow zu kommen. Er ist mit überhöhter Geschwindigkeit von der rutschigen Fahrbahn abgekommen und leider in dem kleinen Pinienwald frontal gegen einen alten Baum geschlittert. Für erste Hilfe war es zu spät. Herr Hayden war bereits bewusstlos, als die Einsatzkräfte vor Ort ankamen. Es tut mir Leid, aber ihrem Bruder konnte nicht mehr geholfen werden. Er war nicht angeschnallt und flog mit dem Kopf gegen die Windschutzscheibe. Ich frage mich was einen Menschen dazu treibt auf einer so gefährlichen StraÃe wie ein Irrer zu rasen.â Luke wusste, was die Schwester meinte. Er kannte die StraÃe. â Jeder kannte sie. Und jedem dem sein Leben lieb war, achtete dort auf besondere Sicherheit. Aber er wusste auch, was Christopher trieb: Lorelai. Er muss sie wirklich geliebt haben, dachte Luke mit einem riesigen Kloà im Hals. Aber jetzt hatte er keine Zeit für solche Gedanken. Er hatte eine Aufgabe: Er musste sich um Lorelai und Rory kümmern. Letztere stand immer noch in der Haustür. Im Haus war es dunkel. Luke wusste nicht wo Lorelai hinwar. Da Rory keine Anstalten machte, sich zu bewegen machte er sich auf die Suche nach einem Lichtschalter. Er stolperte über einige Dinge, die er aber durch die Dunkelheit nicht erkennen konnte. Es war ja auch egal, also suchte er weiter. Aber wie sich rausstellte suchte er im völlig falschen Eck. Den auf einmal ging das Licht an. Er drehte sich um. Rory stand mit ausdruckslosem Gesicht neben der Tür, die Hand immer noch am Lichtschalter. Das hätte ich mir auch gleich denken können, dass der Lichtschalter neben der Tür ist! Luke ärgerte sich über sich selbst. Aber er war eben, auch wenn er es wie immer nicht zugeben wollte, verwirrt. Mehr als verwirrt. Er war fertig mit den Nerven. Aber er musste stark sein. Für sich, für Lorelai und natürlich für Rory. Sie sah so hilflos aus, so verloren, dass er sie trösten wollte. Er wusste nicht, ob er sie umarmen durfte. SchlieÃlich war er nicht ihr Vater. Im Gegenteil, ihr Vater war gerade gestorben. Konnte er da? Aber als er sah wie Rory eine Träne über die Wange lief, war es ihm egal. Rory musste getröstet werden, dass spürte Luke. Er ging einfach auf sie zu und nahm sie in seine starken Arme. Rory zuckte in dem Moment als Luke sie berührte zusammen. Spürte dann aber die starken warmen Arme die ihr ein Gefühl von Sicherheit gaben. Sie umklammerte Lukes muskulösen Rücken und fing an zu schluchzen. Sie sagte nichts, es gab auch nicht zu sagen, Luke und sie verstanden sich auch ohne Worte. Luke war da wenn sie ihn brauchte, er war immer schon da. Er war ihr wie, sie fing an zu zittern und ihr schmaler Körper bebte fast. â Er war ihr wie ein Vater. Der Vater den sie nie gehabt hatte und ihn jetzt sogar umgebracht hatte. Es tat weh, es tat unglaublich weh es zu denken. Aber es war so. Luke hielt sie einfach nur fest. Er lies ihr instinktiv Zeit, vielleicht dass beste was er tun konnte. Lorelai war stark, aber Rory? Es kam ihm vor, als ob man ihr den Boden unter den FüÃen weg gerissen hätte. Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter. Er spürte die Tränen. Sie weinte bitterlich. Komischerweise war es ihm nicht unangenehm. Luke hatte sonst Angst vor Gefühlsregungen. Aber es war ok, denn es war Rory, Lorelais Rory und damit vielleicht sogar seine Rory. Diesen Gedanken hatte Luke schon öfters gedacht, auch wenn er ihn nie aussprechen würde. Er selbst fühlte sich wie ein Vaterersatz, der nicht nur Kaffee kochte, sondern eben immer da war. Rory wurde ruhiger. Nach einer Ewigkeit verstummte sie. Sie stand ganz still und spürte Lukes Wärme und Herzschlag. Das gleichmäÃige Heben und Senken seines Brustkorbs gab ihr Kraft. Kraft um weiter zu machen. Hinein ins Wohnzimmer zu ihrer Mutter zu gehen, die Augen zu öffnen und zu atmen. Sein Herzschlag hielt sie am Leben.
âKomm Luke. Wir müssen zu Mom.â Sie löste sich aus der Umarmung. Luke wusste nicht, wie sie es tat, aber sie tat es. Sie strich ihre langen Haare nach hinten und hob ihren Kopf. Sie war so schön, dachte Luke. Aber in ihren sonst so strahlenden blauen Augen konnte man den Schmerz noch immer sehen. Sie versuchte sogar ein Lächeln. Extra für ihn. Luke war gerührt und stolz zugleich. âJa. Lass uns rein gehen. Deine Mutter braucht uns jetzt.â Bei dem Wort uns lief Rory ein wohliger Schauer über den Rücken. Sie war froh Luke zu haben, unendlich froh.
âAhhh Chris, lass dass!â Lorelai lachte wie ein kleines Kind. Sie lag nur in Unterwäsche bekleidet auf einem Bett im Independence Inn. Chris machte sich einen Spaà daraus auf ihrem ganzen Körper dass von Lorelai gebrachte Essen zu verteilen. Doch damit nicht genug! Genüsslich leckte er die sorgfältig verteilte Vanillecreme von Lorelais Oberschenkel. Während er seine Zunge über Lorelais Bein ziehen lies schaute er sie mit seinen traumhaften Augen an. Lorelai die immer noch kicherte wurde auf einmal ernster. âHerr Hayden! Versuchen Sie etwa gerade mich zu verführen?â Chris schaute sie an wie ein unschuldiges Lamm aber bewegte sich keinen Zentimeter von ihrem Bein weg. âFalls ja, vergessen Sie es. Das Schokoladenmousse ist um einiges anziehender als Sie!â Demonstrativ steckte sie sich einen riesigen Berg Mousse in den Mund. Chris blickte auf und lies Lorelais Bein einen Moment lang in Ruhe. Er überlegte. Für ihn schien es so, als wäre es eine Einladung. Eine Einladung die er auf jeden Fall annehmen wollte:âHey! Willst du etwa alles alleine essen? Lass mir auch noch was?â Ein Blick auf die nun leere Schüssel genügte und Chris vergass die Vanillecreme auf Lorelais Bein. Er arbeitete sich mühsam zu ihrem verführerischen Mund vor und fing an sie zu küssen. Seine Lippen näherten sich Lorelais Mund, die darauf nur gewartet hatte und sofort ihre Lippen öffnete. Frech sog er den letzten Rest Schokomousse von Lorelais Lippen. Lorelai schloss die Augen. Sie war einfach nur glücklich. Chris sollte nie aufhören sie zu küssen. Chris würde nie aufhören sie zu küssen! Lorelai wollte mehr! Gezielt richtete sie sich während des Kusses auf und lehnte sich leicht nach vorne. Chris nutzte die Gelegenheit und griff nach hinten. Er streichelte mit seinen warmen klebrigen Händen über Lorelais Schulterblätter und beschäftigte sich schlieÃlich mit dem Verschluss ihres Bhs. âWas wird denn das? Ganz schön frech!â quietschte Lorelai die von Chris Händen auf ihrem Rücken eine Gänsehaut bekam. Chris küsste sie weiter und sagte immer wieder: âLorelai, Lorelai....â
âLorelai? ........... Lorelai? ...... Bitte wach doch auf!â Luke hatte Angst. Angst dass Lorelai vielleicht ohnmächtig war. Oder, ach er wusste es nicht so genau. Er wollte dass sie aufwachte. Sie lag immer noch mit dem Gesicht nach unten auf dem Sofa. Wie lange war er mit Rory im Flur? Konnte sie in so kurzer Zeit einschlafen? Es war seltsam. âLorelai?â Die Unsicherheit war ihm in der Stimme anzuhören. âLorelai!â Luke wurde energisch. Seine ohnehin schon tiefe Stimme lies Lorelai zusammen zucken. Lukes Stimme war so viel tiefer als Christophers. Froh das sie sich endlich regte atmete Luke erst einmal tief durch. Dass Lorelai nicht wie frisch aus dem Ei gepellt aussehen würde war ihm klar. Aber dass es so schlimm werden würde? Damit hatte er nicht gerechnet. Als sie sich langsam hoch hievte fielen ihr zuerst ihre langen dunklen Haare ins Gesicht. Aber dann drehte sie sich um. Sie sah Luke direkt in die Augen. Ihr Gesicht wirkte wie in Sekunden um Jahre gealtert. Ihre Lippen waren blutig und rissig. Ihre Stirn zeigte tiefe Sorgenfalten und ihre Augen. Ihre Augen! Luke gab es einen tiefen Stich ins Herz. Von Lorelais Katzenaugen war nicht mehr viel übrig. Tiefe Schwarze Ränder unter ihren Augen und verlaufene Wimperntusche bis hinunter zu den Wangenknochen lieÃen auf bittere Tränen schlieÃen. Luke wusste das Lorelai nicht schnell weinte. Ihr musste es wirklich schrecklich gehen. Wenn sie sich in diesem Zustand ihm so zeigte, war sie am Ende.
Lorelai stand unter Schock. Als sie Luke ihren Namen sagen hörte dachte sie für Sekunden es wäre Chris der es sagte. Als sie jetzt vor Luke stand zitterte sie immer noch. Es war einfach zu schrecklich. Niemand kann so eine Schuld auf sich tragen und damit weiter leben als wenn nichts wäre. Sie schaute Luke mit so viel Unglück an, dass dieser fast ausrastete. Lorelai hatte das Gefühl als würde alle Schuld der Welt auf ihr liegen. âLuke?â Sie musste es sagen. Es zu geben. Dazu stehen. Vielleicht würde wenigstens Luke ihr vergeben, wenn schon der Rest der Welt immer wissen würde, dass sie , sie allein für Christophers Tod verantwortlich war.
Luke schaute Lorelai nicht an. Er konnte nicht. Es würde ihm alle Knochen brechen sie so zu sehen. Wenn er sie anschauen würde, müsste er sie sofort umarmen und ihr die Tränen von der Wange küssen. Aber er wusste nicht ob sie es wollen würde, ob sie es ertragen könnte. Also schaute er weg. Doch Lukes Selbstschutz führten zu einem schweren Missverständnis zwischen Lorelai und ihm.
Es war klar, nicht einmal Luke würde ihr vergeben. Er drehte sich fast weg. Wenn sogar Luke so reagierte, dann war sie schuldig. Was sollte sie tun? Was hatte sie getan? âLuke?â Er drehte sich weg. âLuke! Um Himmels Willen Luke!â Es konnte doch nicht wahr sein. Luke machte keine Anstalten ihr in die Augen zu schauen. âJa?â Seine tiefe Stimme zitterte leicht, er konnte nicht verbergen dass er aufgeregt war. âEs ist meine Schuld! Meine Mutter hatte Recht. Es ist meine Schuld!â Lorelai schrie das unglaubliche heraus. Länger hätte sie es nicht für sich behalten können. Dann drehte sich Luke um. Er hatte Tränen in den Augen. Lorelai zitterte von Kopf bis FuÃ. âLuke! Es ist meine Schuld, ich weià es.â Sie wollte zu Luke hingehen. Ihren Kopf an seine starke Schulter legen. Aber in dem Moment als Lukes Augen Lorelais Blick streiften wurde es Luke zuviel. Entweder er würde sie jetzt auf der Stelle in den Arm nehmen und sie trösten oder er â er würde gehen.
Luke entschied sich fürs gehen. Er konnte Lorelai nicht mehr ertragen. Es tat ihm unglaublich weh sie so zu sehen. Und wenn er jetzt nicht alles kaputt machen wollte, musste er gehen. âIch geh Kaffee holen!â Ohne sich noch einmal um zu drehen verlies er das Haus. Als er die Haustür hinter sich zu geschlagen hatte verlor er seinen letzten Rest Beherrschung. Tränen liefen ihm über die rauen Wangen. Aber es waren andere Tränen. Er trauerte nicht um Chris. Er wollte nicht weinen. Aber er musste seinen Schmerz irgendwie ausdrücken. Lorelai ging es so schlecht wie schon lange nicht mehr. Glaubte sie wirklich Schuld an Chris Unfall zu sein? Es machte ihn wahnsinnig, dass er nichts tun konnte. Er war hilflos. Er konnte Lorelai nicht helfen. Wie sollte er auch? Er war nicht Christopher und er würde es nie sein. Verzweifelt vor Wut trat er mit voller Wucht gegen den Reifen seines Autos. Der Schmerz in seinem FuÃgelenk lenkte ihn wenigstens kurz von Lorelai ab. Viel zu schnell fuhr Luke davon.
Rory wusste nicht was ihre Mutter meinte. âMom? Wovon redest du? Woran sollst du Schuld sein?â Lorelai stand mit hängenden Schultern vor dem Sofa und blickte Luke hinterher. Er ging. Er ging, weil er ihre Anwesenheit nicht ertragen konnte? Weil er nichts mit einer Mörderin zu tun haben wollte?
âMom! Mom bitte, wovon redest du?â Rory ging auf ihre Mutter zu. Sie packte sie an den Schultern. âMom!â Lorelai schaute ihre Tochter an. Sie konnte es ihr nicht sagen. Rory würde sie ewig dafür hassen, da war sie sich sicher. Sie würde ausziehen, vielleicht sogar zu Emily und nie wieder mit Lorelai reden. Sie war zu jung um so etwas zu wissen. Sie war zu jung um damit umzugehen dass ihre eigene Mutter ihren Vater auf dem Gewissen hatte. Lorelai wusste nicht was sie sagen sollte. Sie nahm Rory in den Arm und drückte ihre Tochter an sich. âMom, du kannst mir alles sagen....wirklich alles! Bitte, was hast du gemeint? Und warum ist Luke gegangen?â Rory wurde immer verwirrter. Es hatte keinen Zweck. Lorelai musste dazu stehen was sie getan hatte. âSchätzchen, du musst jetzt ganz stark sein. Aber ich fürchte Luke ist gegangen, weil er nichts mit einer Mörderin zu tun haben will.â Rory gefror das Blut in den Adern. Sie löste sich aus der Umarmung. âAlso ist es doch meine Schuld! Er hat gelogen! Luke hat gelogen! Ihr alle habt gelogen! Ihr habt gesagt dass es nicht meine Schuld ist! Ich hab ihm doch nichts getan.... Ich bin doch nur in dass Zimmer hinein und hab seine Hand gestreichelt...Ich konnte doch nicht wissen, dass ihn das so erschrecken würde!â Lorelai verstand gar nichts mehr. Rory soll schuld sein? Warum Rory? âNein Schatz. Es ist nicht deine Schuld. Sondern meine!â Rory setzte sich ohne nach hinten zu schauen auf das Sofa. Das war einfach alles zuviel. âMom? Was meinst du? Warum sollte es deine Schuld sein?â Lorelai versuchte vergeblich sich zu beherrschen. Sie atmete tief durch. Sie musste ruhig bleiben. Wenn sie Rory präzise und genau erklären würde, warum es so war, dann würde Rory sie vielleicht nicht verlassen. âChristopher war auf dem Weg nach Stars Hollow als er den Unfall hatte....â Lorelai sank ebenfalls aufs Sofa. âIch weià Mom. Er ist von der Fahrbahn abgekommen. Wenige Meter nach der Stelle wo mich einmal ein Reh gerammt hat... Aber warum? Was wollte er in Stars Hollow? Er hat uns doch verlassen. Er wollte doch zu seiner neuen Tochter...Die so viel besser sein wird als ich....Und er wollte doch eine Familie haben...Wir waren ihm ja nicht gut genug...â Bittere Tränen tropften von Rorys Gesicht auf ihre Beine. Es schien als würde ihr ganzes Leben mit den salzigen Tränen davon schwimmen. Lorelai strich die Tränen aus Rorys Gesicht. Sie wusste nicht dass es für Rory so schlimm war, dass Chris sie verlassen hatte. Lorelai war entsetzt. Sie dachte immer nur daran dass Chris sie verlassen hatte. Die Tatsache dass es für Rory so schien als hätte Chris auch sie verlassen hatte sie völlig verdrängt. Sie war eine schreckliche Mutter. Sie war unglaublich egoistisch gewesen. Lorelai drückte Rory an ihre Brust und wiegte ihr Kind sanft. âEr ist wegen uns gekommen. Er wollte zurück zu uns. Weil er begriffen hat, dass du die perfekteste Tochter bist, die jemand haben kann. Er wollte zurück zu dir. Und zu mir. Er ist zu schnell gefahren... denn er konnte es kaum erwarten seine tolle Tochter um Verzeihung zu bitten.â Rory wurde hellhörig. Sie löste sich aus der Umarmung und setzte sich Kerzen gerade hin. Die Tränen versiegten. Sie strich ihre Haare aus dem Gesicht. Einige Haare klebten an ihren salzigen Wangen. âWoher weiÃt du dass?â Lorelai strich die letzte Träne von Rorys Nase. âEr hat Sherry einen Brief geschrieben. Und einen an meine Eltern. Er bittet darin um Erlaubnis uns beide heiraten zu dürfen....â Rory wurde weiÃer als die Wand hinter ihr. Ein Schlag ins Gesicht hatte nicht die gleiche Wirkung wie diese Erkenntnis.
Als sie aufwachte war es hell. Sonnenstrahlen fielen durch die Jalousien und kitzelten ihre Nase und Augenlider. Sie lies ihre Augen geschlossen. Irgendetwas schweres lag auf ihrem Arm. Für einen Moment verlor sie die Orientierung. Das schwere auf ihrem Arm war warm und es, ja es bewegte sich. Sie genoss die Wärme. Bewegte sich keinen Zentimeter von der Stelle. Wagte kaum zu atmen. Ihr Puls war normal. Sie spürte ihr Herz. Es schlug gleichmäÃig und ihr Atem war flach und entspannt. Es schien als wenn alles perfekt wäre. Vielleicht war ja auch alles perfekt. Es war still um sie herum, nur dass gleichmäÃige Atmen von ihr und einer weiteren Person. Atmen? Von wem? Sie schlug die Augen auf. Als sie auf ihren rechten Arm blickte sah sie ihre Tochter. Rory lag an sie gekuschelt mit dem Gesicht an ihrem Ellenbogen. Lorelai schaute sich um. Das Fenster, die Schränke, wo war sie? Der Raum hier war nicht ihr Zimmer. Und das Bett nicht ihr Bett. Dann schnellte Lorelais Puls in die Höhe. Ihr Herz fing an zu pulsieren. Auf einmal viel ihr wieder alles ein. Die Gedanken in ihrem Kopf spielten verrückt. Christopher, Krankenhaus, ihre Mutter, Luke, Sherry und ihre Tochter. Sie musste erst einmal alles ordnen. Wenn sie nicht durchdrehen wollte musste sie sich endlich damit abfinden.
Rory war wach. Sie hatte die Augen zwar geschlossen aber sie wusste dass ihre Mutter ebenfalls wach war. Da sie auf dem Arm ihrer Mutter lag spürte sie wie ihr Puls nach oben schnellte. Es tat ihr weh. Denn sie wusste woran Lorelai gerade dachte. Vielleicht weinte sie auch. Rory horchte auf verräterische Anzeichen. Sie wartete auf kurzatmige Seufzer oder unterdrückte Schluchzer. Aber es kam nichts. Denn Lorelai lag einfach nur da und litt. Rory glaubte förmlich zu spüren was in ihrer Mom vorging. Sie öffnete die Augen. Eine einzelne Träne huschte über Lorelais Gesicht. Rory wollte nicht darüber nachdenken, aber sie war sich sicher dass ihre Mutter gerade an alte Zeiten gedacht hatte. Das wollte sie verhindern. Jetzt war es Zeit für sie sich um ihre Mom zu kümmern. Lorelai war schlieÃlich ihr Leben lang für sie da. Jetzt brauchte sie wirklich Hilfe. Rory erinnerte sich an gestern Abend. An die schrecklichen Vorwürfe die Lorelai sich selbst machte. Und an ihre eigenen Vorwürfe die sie sich machte. Rory war schlieÃlich zu dem Schluss gekommen das weder sie noch ihre Mutter Schuld waren. Es war eben Schicksal, sie konnte es nicht ändern. Sie hatte nicht gewollt dass er stirbt. Sie war unendlich wütend auf ihn, dafür dass er sie und ihre Mutter verlassen hat. Warum hatte sie nie mit Lorelai darüber geredet? Lorelai hatte es aber auch nie angesprochen. Es muss sie wirklich mitgenommen haben. Rory spürte wie sie immer mehr Mitleid mit ihrer Mutter bekam. Sie streckte ihre Hand aus und wischte vorsichtig die Träne die inzwischen an Lorelais Nase hing weg. âMom. Komm wir gehen zu Luke. Ich brauch Kaffee und Donats und Pancakes und French toast und ....â Lorelai lächelte. Sie liebte ihre Tochter über alles. âDas du verhungerst kann ich nicht verantworten. Ich mach mich nur kurz frisch und dann gehen wir zur Raubtier-fütterung.â
So konnte Lorelai auf keinen Fall aus dem Haus. Sie musste die verräterischen Spuren der Träne vertuschen. Selbst als Lorelai fertig angezogen und geschminkt die Treppe hinunter ging hatte sie immer noch dass Gefühl die Träne im Gesicht zu haben. Lorelai hasste es zu weinen. Es war bei ihr nicht einfach nur eine Träne, nein es war mehr. Es war ein Gefühl. Ein Gefühl dass ihre Haut reizte. Der salzige Fluss der Träne über ihr Gesicht erinnerte Lorelai immer wieder daran. Aber Rory wusste wie sie ihrer Mutter helfen konnte: Ablenkung war die Lösung des Problems. Da war sich Rory sicher. âWow Mom du siehst toll aus. Gut dass du die neuen und viel zu teuren Stiefel doch noch gekauft hast. Die würden ausgezeichnet zu diesem Top passen....â Rory versuchte zum normalen Alltag zurück zu kehren. Sie redete und redete auf Lorelai ein. Diese lies alles mit sich machen und kommentierte einige Witze von Rory sogar mit einem Lächeln. Rory war nervös. Sie war es nicht gewöhnt dass ihre Mutter keine Witze und Ãbertreibungen von sich gab. âLos Mom! Gehen wir endlich zu Luke. Ich stehe dem Tod näher als dem Leben!â Rory schaffte es tatsächlich, dass Lorelai Christopher vergas. Auf dem Weg zu Luke fingen sie an über einen lächerlichen Videofilm zu lachen, der dringend neue Texte brauchte. Solange die hoch bezahlten Story-writer von Hollywood noch im Urlaub waren konnten die Gilmoregirls das ja auch übernehmen.
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And I start to feel for him again. Stupid me.
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And I start to feel for him again. Stupid me.
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