01.02.2005, 19:15
Kapitel 31
Vergeblich versuchte er seinen Puls zukontrollieren. Wie lächerlich konnte man sich aufführen? Er stand da, in der Küche, presste sich an die Wand und sein Herz klopfte wie verrückt. Cesar stand vor ihm und beäugte ihn misstrauisch vom Herd aus.
âLuke, du hast sie doch nicht mehr alle. Das ist nur eine Frau verdammt und du bist ein Ladenbesitzer. Geh jetzt da raus und tu deinen Job. Sie ist nur eine Frau. Nur eine Frau. Ganz ruhig alter, alles okay.â Verdammt, jetzt sprach er schon mit sich selbst. Und alles nur wegen ihr. Er hatte es so satt, so dermaÃen satt. Seit wann lies sich Lucas William Danes sein Leben von einer Frau bestimmen. Unglaublich aber wahr. Er schnappte die zwei Burger auf den Tellern und schritt in Richtung Tür.
âHallo Diner! Wie hab ich dich vermisst, was du hast mich auch vermisst? Das verstehe ich, komm lass dich drücken.â Stühlescharren, Räuspern und Husten von den andren Gästen und klirrende Möbel die wohl gerade überschwänglich von Lorelai umarmt wurden.
Er wollte ja weiterlaufen, aber seine Beine blockten ab und er stand bewegungslos da. Seine Ohren hörten ihre verhasste Stimme. Ihre sinnlosen Worte hallten in seinen Ohren wieder als wären es Popmelodien. Kalter Schweià stand ihm auf der Stirn.
âÃhm Luke?â Cesar kratzte sich an seiner Mütze. âDie Burger werden kalt.â
âSchon gut, kümmer dich um deine Arbeit. Du wirst bezahlt und nicht andersrum, klar?â Cesar hatte es natürlich nicht verdient, dass er so auf ihm rumtrampelte, aber was sollte er tun? Am liebsten würde er einfach seine Schürze hinknallen und zurück zu dem See fahren.
Aber es ging nicht. War einfach nicht drin, allein schon wegen dem Laden nicht.
âKomm schon, du hast schon schlimmeres überstanden.â Ach ja, was denn? Was war schlimmer als der Frau ins Gesicht schauen zu müssen, die dich so gedemütigt hat? Was denn verdammt? Mir fällt da nichts ein, ach auÃer vielleicht, dass sie deine Einladung zu einem Date abgelehnt hat? âDas hat sie nicht!â Und wie. Schon vergessen? Sie hat Chris zu dir gesagt! Chris, ja nicht Luke. Du existierst doch gar nicht verdammt. Du tröstest sie, nimmst sie in den Arm und sie denkt du wärst Chris. Wie blöd bist du? Vergiss sie endlich!
âKomm, halt die Klappe.â
Jetzt war Cesar wirklich beleidigt. Der arme Kerl konnte ja auch nicht ahnen, dass Luke die Stimme in seinem Kopf meinte, die ihm seit Tagen vergeblich einzureden versuchte, Lorelai einfach zu hassen.
Cesar grummelte nur noch in seinen nicht vorhandenen Bart. Sollte doch der Chef machen was er wollte, war ja nicht sein Bier.
Luke atmete noch einmal tief durch. Jetzt war er soweit, jetzt konnte und musste er â bei einem Blick auf die nicht mehr ganz so warmen Burger- auch.
âLuke Kaffee!â Maria, sie wagte es doch tatsächlich nach ihm zu brüllen. Jetzt musste er seine Maske aufsetzten und sie musste überzeugend sein.
Keine Mimik, keine privaten Worte, schau sie am besten gar nicht erst an. Ignorier sie einfach und behandle sie wie jeden anderen Gast. Die flüsternde Stimme in seinem Ohr wurde bedrohlich laut als er durch die Küchentür trat.
Der ganze Raum hielt förmlich den Atem an. Die Leute die nicht mehr ins Diner gepasst hatten, dank der flinken Babette, drückten sich drauÃen mit Andrew, Gypsy und Morey fast die Nase platt. Einige Kinder starrten auf ihn, als wäre er eine Jahrmarktskuh. Kurz überlegte er, ob er mal muhen sollte, aber seine Poren spürten ihre Anwesenheit. Angestrengt blickte er aus der Türe hinaus auf den Marktplatz. Vielmehr starrte er in Toms Gesicht, der wie gebannt vor der Tür stand und hinein schielte. Vielleicht sollte er auch gleich aufhören zu atmen, denn seine Nase bildete sich doch tatsächlich ein, sie zu riechen. Schwachsinn, purer Schwachsinn. Wie sollte man in einem Raum voller Menschen und Küchendüften noch eine einzelne Person erkennen?
Es kostete ihn unglaublich Kraft, dass was er jetzt tat zu tun. Aus den Augenwinkeln â verflucht seien seine weitsichtigen Pupillen, sah er unbewusst dass sie am Tresen hing, genau an der Stelle an der ihn Taylor vorhin noch nach dem Grund seines Verschwindens gelöchert hatte. Er schüttelte die Steine auf seiner Brust hinab und lief einfach an ihr vorbei. Miss Patty, Babette, Taylor und die anderen zogen entsetzte Stirnfalten. Was war denn jetzt los?
Stumm und starr vor entsetzen saÃen die Leute da. Nur Jess zerplatze Kaugummiblase zeriss die Stille.
âSo Kirk, dein bestellter Cheeseburger. Mit ein paar extra Salatblätter.â Kirk starrte Luke mit offenem Mund an. Jeder in der Stadt wusste, dass Kirk nicht nur eine Abneigung gegen Käse hatte, sondern sogar allergisch auf Blattsalat reagierte.
Lorelai hing förmlich auf der Theke wie bestellt und nicht abgeholt. Ihr Mund stand offen und ihr Blick hing etwas hilflos in der Luft. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet.
âLuke Kaffee!â diesmal brüllte sie schon etwas leiser. Aber selbst dadurch lies sich Luke nicht stören. Er klatschte Taylor seinen Burger vor die Nase. Unfähig etwas zu sagen klebten die Augen der gesamten Stadt auf ihm. Rory saà still neben ihrer Mutter und zwickte sich in den Arm. War sie wirklich wach, träumte sie vielleicht?
Lorelai schnaufte irritiert und stand auf. Die Augen der Stadt weiteten sich. Jetzt kam sicher gleich der groÃe Knall. Die Kinder steckten sich ihre Finger in den Mund und es war wirklich totenstill. Jess âunbeeindruckt von dem ihm dargebotenen, kramte bereits nach einer Stecknadel, die er fallen hören wollte.
Lorelai lief auf Luke zu. Stemmte die Hände in die Hüfte.
âHast du nicht gehört? Ich brauch Kaffee! Ich will Kaffee! Ich bin ein zahlender Kunde ich will auf der Stelle meinenâ schlimmer als ein kleines Kind stammelte sie auf den riesigen Rücken vor sich ein.
Luke fuhr herum, versteckte seine zitternden Hände unter den gebrauchten Servietten:
âDu wartestâ er sprach langsam, was seinen Worten noch mehr Härte und Kälte verlieh, âbis du dran bist.â
Wum, Ende. Das war´s. Lorelai kam sich vor wie im falschen Film. War das der Luke, zu dem sie seit Jahren ging? Ihr Dealer? Ihr Luke mit der Mütze und dem Flanellhemd? Schockiert starrte sie auf den Mensch vor sich. Blaue Mütze, kariertes Hemd, braune Haare sachte unter der Mütze hervor lugend, ja es musste Luke sein.
Er drehte sich wieder um und fragte die geschockte Miss Patty nach ihrer Bestellung. Die konnte es immer noch nicht glauben und zeigte irritiert auf die Speisekarte, was sie haben wollte.
Lorelai zog geknickt den Rückzug an. Schmiss sich neben Rory und starrte auf ihre Hände. Die Zeit schien wie stehen geblieben. Kirk, ihm graute vor seinem Killerburger, brach die Stille als Erster:
âAlso, ich muss dann mal los, total vergessen dass meine Mutter heute kochen wollte.â Schnell sprang er auf und eilte aus dem Laden. Tom machte schnell genug zwei Schritte rückwärts und wäre beinahe noch hinunter gefallen.
âSag mal Rory, hast du schon das neue Buch von James Patterson gelesen?â Alle Augen lieÃen von Luke ab und wanderten hinüber zu Jess. Rory reagierte etwas benommen und unbeholfen.
âÃh das neue, du meinst dass, was erst rauskam? Also noch so ganz neu, öh ich glaub das hab ich nicht gelesen, nein.â Unendlich dankbar schaute Rory Jess an. Die Stille machte die ganze verquerte Situation nicht besser.
âSoll ich es mal holen, dir zeigen?â Jess fing ihren Blick auf und freute sich. Tja, Rory brauchte ihn eben doch.
Luke ignorierte immer noch alles. Er wanderte gelassen zu Babette und fragte sie nach ihrer Bestellung. Jess Blick schweifte noch einmal über den Laden. Es war wirklich ein Bild für die Götter wie ganz Stars Hollow im Diner die Luft anhielt. Die Sache fing an, ihm Spaà zu machen.
âTja weiÃt du, dass Buch das du mir neulich geliehen hast, ich werds gleich mitbringen. Das war echt einsame klasse.â Grinsend stieg er die Treppe hoch.
âschaut doch nur mal, wie spät es ist.â âich muss los.â âich muss zur Arbeit.â âich sowieso.â
In Windeseile war das Diner wie leergefegt. Nur noch Taylor, Miss Patty, Babette und Lorelai mitsamt Rory saÃen da. Luke brachte sein leeres Tablett in die Küche und ging dann hinter den Tresen.
So, damit wären wir bei âWie ignoriere ich Lorelai Gilmoreâ die 2te. Schlimmer kann es ja jetzt nicht mehr werden. Vor der ganzen Stadt hat er sich ja jetzt schon blamiert. Vielleicht sollte er es doch einmal mit Muhen probieren.
Na ja, wenigstens sein trockener Humor war ihm nicht verloren gegangen.
Lorelai registrierte nur noch beiläufig, dass er hinter dem Tresen stand. Geknickt saà sie auf ihrem Hocker, die Knie an die Theke gelehnt und die Arme angewinkelt. Sie war kurz davor ihr Gesicht auf ihre Handballen zu stützten. Lorelai war es egal ob der Laden voll war oder nicht, sie hatte nicht bemerkt das fast alle Gäste sich verflüssigt hatten. Nicht einmal mehr auf Luke konnte sie sich verlassen. Eigentlich gab es jetzt nur noch Rory und sie. Eine eigene kleine Welt, ohne Kaffee und ohne Luke. Verdammt die Tränen saÃen schon wieder viel zu locker. Sie spürte genau wie sich ihre Augen mit Tränen füllten und schaute hoch. Schaute direkt in sein Gesicht. Verdammt er ignorierte sie gnadenlos. Sein Gesicht schien kälter als Eis und er starrte an ihr vorbei hinaus aus dem Diner. Was hatte sie ihm den getan? Ihre Augen waren inzwischen so wässerig, dass sie Luke nur noch verschwommen sehen konnte. Aber das war ihr ganz recht, sie wollte ihn am liebsten nie mehr sehen.
Sie verstand nicht warum er sich so kindisch aufführte wie er es offensichtlich tat. Wollte er sie nicht mehr als Freundin haben? Warum sprach er nicht mit ihr? Lorelai spürte wie ihr langsam übel wurde. Vor ihren Augen begann es gefährlich zu flimmern. Waren das die Tränen? Sie klammerte ihre Finger um die Theke. Was war denn nur mit der Welt los? Ihr Leben war auf einmal so verschwommen, so völlig aus der Bahn geworfen. Jetzt hatte sie auch noch Luke verloren.
Lorelai hatte keine Erinnerung an den Tag. Laut Diagnose der Ãrzte hätte sie den Auslöser ihrer Schmerzen einfach verdrängt. Der Tag, an dem sie mit Luke zu Emily in Christophers Wohnung gefahren war fand für Lorelai nie statt. Lorelai wusste nicht, dass sie damals Sherry gefolgt war und an die folgenden Minuten hatte sie keinerlei Erinnerung. Nur immerwiederkehrende Wortfetzen und Alpträume lieÃen sie immer wieder zu dem Tag zurück kehren. Die eine Stimme die sie ständig hörte machte sie wahnsinnig. Je öfter sie sie hörte, desto mehr versuchte sie, sie zu verdrängen. Aber es ging nicht. Sie suchte nach der Erinnerung und ihr Gehirn werte sich gleichzeitig verzweifelt dagegen. Wenn sie Glas in der Hand hatte oder eine Flamme aufleuchtete, wenn Benzin in ihre Nase stieg oder Glas zerbrach, Lorelai schien durch zu drehen. Sie konnte die Erinnerung nicht mehr von der irrealen Traumwelt unterscheiden. Niemand konnte ihr helfen, da sie alleine mit Sherry in dem Raum und Sherry seitdem spurlos verschwunden war. Laut Diagnose hatte sie sich die Wunde an ihrem Hals nicht selbst zugefügt. Aber würde eine schwangere Frau auf eine andere losgehen? Die Polizei stand vor einem Rätsel. Und der einzigste Mensch der es lösen konnte, hatte die Erinnerung verloren.
âMacht 1.50â Rory starrte Luke entgeistert an. Als ob Lorelai nicht wüsste, wie viel Lukes Kaffee kostete. Lorelai hing immer noch kraftlos an der Theke. Auf einmal war sie schrecklich müde. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie ihre verkrampften Finger von der Theke löste und beide Hände nach der Tasse ausstreckte. Es war ihre Tasse. Ihre persönliche Lieblingstasse. Luke hatte es also nicht vergessen. Ihre Arme streckten sich nach der Tasse und sie klammerte sich verzweifelt an sie. Der heiÃe Inhalt schwappte leicht über und lief über ihre Finger. Es war egal. Tropfte auf die Oberfläche der Theke. Lorelai bemerkte das heiÃe Wasser auf ihren Fingern kaum. Sie zog sich zurück auf ihren Stuhl und hielt die Nase ganz nah über die Tasse. Endlich wieder Kaffee von Luke. Der weiche Duft der gerösteten Bohnen stieg ihr sofort in die Nase und durchströmte ihren Körper mit einem kleinem angenehmen Glücksgefühl. Sie vergas die Welt um sich herum und versank in der Vergangenheit. Sie bemerkte nicht, wie Rory vergeblich versuchte ein Gespräch mit Luke zu führen:
âAlso Luke, äh wie wars denn beim Angeln. Viele Fische ins Netz gegangen?â Rory wartete vergeblich auf Schwärmereien von der Angeltour.
âHmh.â Luke grummelte nur und wischte die Kaffeeflecken von Lorelais Tasse ab. Er versuchte genauso wie Lore in seiner Arbeit zu versinken und sie einfach nicht mehr wahr zu nehmen. Aber wie gewöhnlich gelang es ihm kaum. Seine Augen suchten sie und sein Blick ging immer wieder auf die Frau mit der Tasse in der Hand. Er sah wie tief sie über ihre Tasse gebeugt war, sie schien fast darin ertrinken zu wollen. Energisch wischte er an den mittlerweile unsichtbar gewordenen Flecken herum und sah das Glitzern in ihren Augen. Er starrte sie nicht an, er schaute hinaus auf den Marktplatz. Aber leider war sein Blickwinkel so weit, dass er sie trotzdem sah. Und was er sah, brachte seinen Puls zum toben. Eine einzelne Träne lief grausam langsam über Lorelais weiche Wange, tropfte hinab und versank unendlich tief in ihrer Tasse. Luke konnte nicht mehr, er war kur davor das Diner zu schlieÃen und wieder abzuhauen. So gerne würde er mit Lorelai reden. Sie umarmen, beschützen, ihre Tränen trocknen. Aber es ging nicht. Sie nahm ihn gar nicht wahr, sah in ihm vielleicht sogar Christopher. Verletzt schaute er auf seine Hände und bemerkte endlich dass er sekundenlang einen unsichtbaren Fleck bearbeitete. Er lies den Lappen sinken und ging an das andere Ende der Theke um einen Donut zu holen. Die Schritte hallten auf dem Boden und seine Glieder wurden mit jedem Zentimeter schwerer. Kurz bevor er die groÃe Glasschale öffnen konnte sprach Rory ihn noch mal an.
âLuke, geht es dir gut?â
Luke öffnete die Schale und drückte Rory stumm einen Donut in die Hand. Er war unfähig etwas zu erwidern. Er hätte keine Worte gefunden um auszudrücken wie es ihm ging. Er drehte sich um, knüpfte seine Schürze auf und schmiss sie neben die Kasse. Dann stieg er die Stufen zu seinem Apartment hoch, kurz nachdem man die Türe zufallen hörte kam auch schon Jess irritiert die Treppe mit den Büchern hinunter.
Rory schaute ihn verwundert an. âExtraschicht.â Rory gönnte Jess noch einen mitleidigen Blick bevor sie sich mitsamt Donut wieder neben ihre Mutter setzte. Lorelai schien immer noch in ihren Kaffee versunken.
âLorelai?â Lorelai schaute aus ihrer Tasse hoch, drehte sich nach links und blickte direkt in Taylors Bart. Dieser räusperte sich kräftig und setzte dann an:
âAlso, wir, die Stadt Stars Hollow, wollen unseren Luke zurück. Wir wollen essen was wir bestellen und wir wollen uns mit ihm streiten. Wir haben das gerade in einer spontanen Sitzung beschlossen und abgestimmt. Also ich bitte Sie, gehen Sie da hoch und schaffen sie diesen Streit aus der Welt.â Fürsorglich legte er den Arm auf ihren Rücken. Lorelai zuckte zusammen bei der Berührung und stand auf. Beinahe hätte sie noch die Tasse fallen lassen. Schusselig knallte sie das Porzellan auf die Oberfläche und starrte Taylor an. Dieser hatte inzwischen die Arme verschränkt und schaute streng. Lorelai blickte zu Babbette und Patty. Auch die schienen von dem Plan überzeugt.
Kurz überlegte sie, ob sie eine Diskussion über spontane Stadtversammlungen anzetteln sollte, aber dann fügte sie sich und lief in Richtung Vorhang. Stars Hollow hatte ja Recht.
Vergeblich versuchte er seinen Puls zukontrollieren. Wie lächerlich konnte man sich aufführen? Er stand da, in der Küche, presste sich an die Wand und sein Herz klopfte wie verrückt. Cesar stand vor ihm und beäugte ihn misstrauisch vom Herd aus.
âLuke, du hast sie doch nicht mehr alle. Das ist nur eine Frau verdammt und du bist ein Ladenbesitzer. Geh jetzt da raus und tu deinen Job. Sie ist nur eine Frau. Nur eine Frau. Ganz ruhig alter, alles okay.â Verdammt, jetzt sprach er schon mit sich selbst. Und alles nur wegen ihr. Er hatte es so satt, so dermaÃen satt. Seit wann lies sich Lucas William Danes sein Leben von einer Frau bestimmen. Unglaublich aber wahr. Er schnappte die zwei Burger auf den Tellern und schritt in Richtung Tür.
âHallo Diner! Wie hab ich dich vermisst, was du hast mich auch vermisst? Das verstehe ich, komm lass dich drücken.â Stühlescharren, Räuspern und Husten von den andren Gästen und klirrende Möbel die wohl gerade überschwänglich von Lorelai umarmt wurden.
Er wollte ja weiterlaufen, aber seine Beine blockten ab und er stand bewegungslos da. Seine Ohren hörten ihre verhasste Stimme. Ihre sinnlosen Worte hallten in seinen Ohren wieder als wären es Popmelodien. Kalter Schweià stand ihm auf der Stirn.
âÃhm Luke?â Cesar kratzte sich an seiner Mütze. âDie Burger werden kalt.â
âSchon gut, kümmer dich um deine Arbeit. Du wirst bezahlt und nicht andersrum, klar?â Cesar hatte es natürlich nicht verdient, dass er so auf ihm rumtrampelte, aber was sollte er tun? Am liebsten würde er einfach seine Schürze hinknallen und zurück zu dem See fahren.
Aber es ging nicht. War einfach nicht drin, allein schon wegen dem Laden nicht.
âKomm schon, du hast schon schlimmeres überstanden.â Ach ja, was denn? Was war schlimmer als der Frau ins Gesicht schauen zu müssen, die dich so gedemütigt hat? Was denn verdammt? Mir fällt da nichts ein, ach auÃer vielleicht, dass sie deine Einladung zu einem Date abgelehnt hat? âDas hat sie nicht!â Und wie. Schon vergessen? Sie hat Chris zu dir gesagt! Chris, ja nicht Luke. Du existierst doch gar nicht verdammt. Du tröstest sie, nimmst sie in den Arm und sie denkt du wärst Chris. Wie blöd bist du? Vergiss sie endlich!
âKomm, halt die Klappe.â
Jetzt war Cesar wirklich beleidigt. Der arme Kerl konnte ja auch nicht ahnen, dass Luke die Stimme in seinem Kopf meinte, die ihm seit Tagen vergeblich einzureden versuchte, Lorelai einfach zu hassen.
Cesar grummelte nur noch in seinen nicht vorhandenen Bart. Sollte doch der Chef machen was er wollte, war ja nicht sein Bier.
Luke atmete noch einmal tief durch. Jetzt war er soweit, jetzt konnte und musste er â bei einem Blick auf die nicht mehr ganz so warmen Burger- auch.
âLuke Kaffee!â Maria, sie wagte es doch tatsächlich nach ihm zu brüllen. Jetzt musste er seine Maske aufsetzten und sie musste überzeugend sein.
Keine Mimik, keine privaten Worte, schau sie am besten gar nicht erst an. Ignorier sie einfach und behandle sie wie jeden anderen Gast. Die flüsternde Stimme in seinem Ohr wurde bedrohlich laut als er durch die Küchentür trat.
Der ganze Raum hielt förmlich den Atem an. Die Leute die nicht mehr ins Diner gepasst hatten, dank der flinken Babette, drückten sich drauÃen mit Andrew, Gypsy und Morey fast die Nase platt. Einige Kinder starrten auf ihn, als wäre er eine Jahrmarktskuh. Kurz überlegte er, ob er mal muhen sollte, aber seine Poren spürten ihre Anwesenheit. Angestrengt blickte er aus der Türe hinaus auf den Marktplatz. Vielmehr starrte er in Toms Gesicht, der wie gebannt vor der Tür stand und hinein schielte. Vielleicht sollte er auch gleich aufhören zu atmen, denn seine Nase bildete sich doch tatsächlich ein, sie zu riechen. Schwachsinn, purer Schwachsinn. Wie sollte man in einem Raum voller Menschen und Küchendüften noch eine einzelne Person erkennen?
Es kostete ihn unglaublich Kraft, dass was er jetzt tat zu tun. Aus den Augenwinkeln â verflucht seien seine weitsichtigen Pupillen, sah er unbewusst dass sie am Tresen hing, genau an der Stelle an der ihn Taylor vorhin noch nach dem Grund seines Verschwindens gelöchert hatte. Er schüttelte die Steine auf seiner Brust hinab und lief einfach an ihr vorbei. Miss Patty, Babette, Taylor und die anderen zogen entsetzte Stirnfalten. Was war denn jetzt los?
Stumm und starr vor entsetzen saÃen die Leute da. Nur Jess zerplatze Kaugummiblase zeriss die Stille.
âSo Kirk, dein bestellter Cheeseburger. Mit ein paar extra Salatblätter.â Kirk starrte Luke mit offenem Mund an. Jeder in der Stadt wusste, dass Kirk nicht nur eine Abneigung gegen Käse hatte, sondern sogar allergisch auf Blattsalat reagierte.
Lorelai hing förmlich auf der Theke wie bestellt und nicht abgeholt. Ihr Mund stand offen und ihr Blick hing etwas hilflos in der Luft. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet.
âLuke Kaffee!â diesmal brüllte sie schon etwas leiser. Aber selbst dadurch lies sich Luke nicht stören. Er klatschte Taylor seinen Burger vor die Nase. Unfähig etwas zu sagen klebten die Augen der gesamten Stadt auf ihm. Rory saà still neben ihrer Mutter und zwickte sich in den Arm. War sie wirklich wach, träumte sie vielleicht?
Lorelai schnaufte irritiert und stand auf. Die Augen der Stadt weiteten sich. Jetzt kam sicher gleich der groÃe Knall. Die Kinder steckten sich ihre Finger in den Mund und es war wirklich totenstill. Jess âunbeeindruckt von dem ihm dargebotenen, kramte bereits nach einer Stecknadel, die er fallen hören wollte.
Lorelai lief auf Luke zu. Stemmte die Hände in die Hüfte.
âHast du nicht gehört? Ich brauch Kaffee! Ich will Kaffee! Ich bin ein zahlender Kunde ich will auf der Stelle meinenâ schlimmer als ein kleines Kind stammelte sie auf den riesigen Rücken vor sich ein.
Luke fuhr herum, versteckte seine zitternden Hände unter den gebrauchten Servietten:
âDu wartestâ er sprach langsam, was seinen Worten noch mehr Härte und Kälte verlieh, âbis du dran bist.â
Wum, Ende. Das war´s. Lorelai kam sich vor wie im falschen Film. War das der Luke, zu dem sie seit Jahren ging? Ihr Dealer? Ihr Luke mit der Mütze und dem Flanellhemd? Schockiert starrte sie auf den Mensch vor sich. Blaue Mütze, kariertes Hemd, braune Haare sachte unter der Mütze hervor lugend, ja es musste Luke sein.
Er drehte sich wieder um und fragte die geschockte Miss Patty nach ihrer Bestellung. Die konnte es immer noch nicht glauben und zeigte irritiert auf die Speisekarte, was sie haben wollte.
Lorelai zog geknickt den Rückzug an. Schmiss sich neben Rory und starrte auf ihre Hände. Die Zeit schien wie stehen geblieben. Kirk, ihm graute vor seinem Killerburger, brach die Stille als Erster:
âAlso, ich muss dann mal los, total vergessen dass meine Mutter heute kochen wollte.â Schnell sprang er auf und eilte aus dem Laden. Tom machte schnell genug zwei Schritte rückwärts und wäre beinahe noch hinunter gefallen.
âSag mal Rory, hast du schon das neue Buch von James Patterson gelesen?â Alle Augen lieÃen von Luke ab und wanderten hinüber zu Jess. Rory reagierte etwas benommen und unbeholfen.
âÃh das neue, du meinst dass, was erst rauskam? Also noch so ganz neu, öh ich glaub das hab ich nicht gelesen, nein.â Unendlich dankbar schaute Rory Jess an. Die Stille machte die ganze verquerte Situation nicht besser.
âSoll ich es mal holen, dir zeigen?â Jess fing ihren Blick auf und freute sich. Tja, Rory brauchte ihn eben doch.
Luke ignorierte immer noch alles. Er wanderte gelassen zu Babette und fragte sie nach ihrer Bestellung. Jess Blick schweifte noch einmal über den Laden. Es war wirklich ein Bild für die Götter wie ganz Stars Hollow im Diner die Luft anhielt. Die Sache fing an, ihm Spaà zu machen.
âTja weiÃt du, dass Buch das du mir neulich geliehen hast, ich werds gleich mitbringen. Das war echt einsame klasse.â Grinsend stieg er die Treppe hoch.
âschaut doch nur mal, wie spät es ist.â âich muss los.â âich muss zur Arbeit.â âich sowieso.â
In Windeseile war das Diner wie leergefegt. Nur noch Taylor, Miss Patty, Babette und Lorelai mitsamt Rory saÃen da. Luke brachte sein leeres Tablett in die Küche und ging dann hinter den Tresen.
So, damit wären wir bei âWie ignoriere ich Lorelai Gilmoreâ die 2te. Schlimmer kann es ja jetzt nicht mehr werden. Vor der ganzen Stadt hat er sich ja jetzt schon blamiert. Vielleicht sollte er es doch einmal mit Muhen probieren.
Na ja, wenigstens sein trockener Humor war ihm nicht verloren gegangen.
Lorelai registrierte nur noch beiläufig, dass er hinter dem Tresen stand. Geknickt saà sie auf ihrem Hocker, die Knie an die Theke gelehnt und die Arme angewinkelt. Sie war kurz davor ihr Gesicht auf ihre Handballen zu stützten. Lorelai war es egal ob der Laden voll war oder nicht, sie hatte nicht bemerkt das fast alle Gäste sich verflüssigt hatten. Nicht einmal mehr auf Luke konnte sie sich verlassen. Eigentlich gab es jetzt nur noch Rory und sie. Eine eigene kleine Welt, ohne Kaffee und ohne Luke. Verdammt die Tränen saÃen schon wieder viel zu locker. Sie spürte genau wie sich ihre Augen mit Tränen füllten und schaute hoch. Schaute direkt in sein Gesicht. Verdammt er ignorierte sie gnadenlos. Sein Gesicht schien kälter als Eis und er starrte an ihr vorbei hinaus aus dem Diner. Was hatte sie ihm den getan? Ihre Augen waren inzwischen so wässerig, dass sie Luke nur noch verschwommen sehen konnte. Aber das war ihr ganz recht, sie wollte ihn am liebsten nie mehr sehen.
Sie verstand nicht warum er sich so kindisch aufführte wie er es offensichtlich tat. Wollte er sie nicht mehr als Freundin haben? Warum sprach er nicht mit ihr? Lorelai spürte wie ihr langsam übel wurde. Vor ihren Augen begann es gefährlich zu flimmern. Waren das die Tränen? Sie klammerte ihre Finger um die Theke. Was war denn nur mit der Welt los? Ihr Leben war auf einmal so verschwommen, so völlig aus der Bahn geworfen. Jetzt hatte sie auch noch Luke verloren.
Lorelai hatte keine Erinnerung an den Tag. Laut Diagnose der Ãrzte hätte sie den Auslöser ihrer Schmerzen einfach verdrängt. Der Tag, an dem sie mit Luke zu Emily in Christophers Wohnung gefahren war fand für Lorelai nie statt. Lorelai wusste nicht, dass sie damals Sherry gefolgt war und an die folgenden Minuten hatte sie keinerlei Erinnerung. Nur immerwiederkehrende Wortfetzen und Alpträume lieÃen sie immer wieder zu dem Tag zurück kehren. Die eine Stimme die sie ständig hörte machte sie wahnsinnig. Je öfter sie sie hörte, desto mehr versuchte sie, sie zu verdrängen. Aber es ging nicht. Sie suchte nach der Erinnerung und ihr Gehirn werte sich gleichzeitig verzweifelt dagegen. Wenn sie Glas in der Hand hatte oder eine Flamme aufleuchtete, wenn Benzin in ihre Nase stieg oder Glas zerbrach, Lorelai schien durch zu drehen. Sie konnte die Erinnerung nicht mehr von der irrealen Traumwelt unterscheiden. Niemand konnte ihr helfen, da sie alleine mit Sherry in dem Raum und Sherry seitdem spurlos verschwunden war. Laut Diagnose hatte sie sich die Wunde an ihrem Hals nicht selbst zugefügt. Aber würde eine schwangere Frau auf eine andere losgehen? Die Polizei stand vor einem Rätsel. Und der einzigste Mensch der es lösen konnte, hatte die Erinnerung verloren.
âMacht 1.50â Rory starrte Luke entgeistert an. Als ob Lorelai nicht wüsste, wie viel Lukes Kaffee kostete. Lorelai hing immer noch kraftlos an der Theke. Auf einmal war sie schrecklich müde. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie ihre verkrampften Finger von der Theke löste und beide Hände nach der Tasse ausstreckte. Es war ihre Tasse. Ihre persönliche Lieblingstasse. Luke hatte es also nicht vergessen. Ihre Arme streckten sich nach der Tasse und sie klammerte sich verzweifelt an sie. Der heiÃe Inhalt schwappte leicht über und lief über ihre Finger. Es war egal. Tropfte auf die Oberfläche der Theke. Lorelai bemerkte das heiÃe Wasser auf ihren Fingern kaum. Sie zog sich zurück auf ihren Stuhl und hielt die Nase ganz nah über die Tasse. Endlich wieder Kaffee von Luke. Der weiche Duft der gerösteten Bohnen stieg ihr sofort in die Nase und durchströmte ihren Körper mit einem kleinem angenehmen Glücksgefühl. Sie vergas die Welt um sich herum und versank in der Vergangenheit. Sie bemerkte nicht, wie Rory vergeblich versuchte ein Gespräch mit Luke zu führen:
âAlso Luke, äh wie wars denn beim Angeln. Viele Fische ins Netz gegangen?â Rory wartete vergeblich auf Schwärmereien von der Angeltour.
âHmh.â Luke grummelte nur und wischte die Kaffeeflecken von Lorelais Tasse ab. Er versuchte genauso wie Lore in seiner Arbeit zu versinken und sie einfach nicht mehr wahr zu nehmen. Aber wie gewöhnlich gelang es ihm kaum. Seine Augen suchten sie und sein Blick ging immer wieder auf die Frau mit der Tasse in der Hand. Er sah wie tief sie über ihre Tasse gebeugt war, sie schien fast darin ertrinken zu wollen. Energisch wischte er an den mittlerweile unsichtbar gewordenen Flecken herum und sah das Glitzern in ihren Augen. Er starrte sie nicht an, er schaute hinaus auf den Marktplatz. Aber leider war sein Blickwinkel so weit, dass er sie trotzdem sah. Und was er sah, brachte seinen Puls zum toben. Eine einzelne Träne lief grausam langsam über Lorelais weiche Wange, tropfte hinab und versank unendlich tief in ihrer Tasse. Luke konnte nicht mehr, er war kur davor das Diner zu schlieÃen und wieder abzuhauen. So gerne würde er mit Lorelai reden. Sie umarmen, beschützen, ihre Tränen trocknen. Aber es ging nicht. Sie nahm ihn gar nicht wahr, sah in ihm vielleicht sogar Christopher. Verletzt schaute er auf seine Hände und bemerkte endlich dass er sekundenlang einen unsichtbaren Fleck bearbeitete. Er lies den Lappen sinken und ging an das andere Ende der Theke um einen Donut zu holen. Die Schritte hallten auf dem Boden und seine Glieder wurden mit jedem Zentimeter schwerer. Kurz bevor er die groÃe Glasschale öffnen konnte sprach Rory ihn noch mal an.
âLuke, geht es dir gut?â
Luke öffnete die Schale und drückte Rory stumm einen Donut in die Hand. Er war unfähig etwas zu erwidern. Er hätte keine Worte gefunden um auszudrücken wie es ihm ging. Er drehte sich um, knüpfte seine Schürze auf und schmiss sie neben die Kasse. Dann stieg er die Stufen zu seinem Apartment hoch, kurz nachdem man die Türe zufallen hörte kam auch schon Jess irritiert die Treppe mit den Büchern hinunter.
Rory schaute ihn verwundert an. âExtraschicht.â Rory gönnte Jess noch einen mitleidigen Blick bevor sie sich mitsamt Donut wieder neben ihre Mutter setzte. Lorelai schien immer noch in ihren Kaffee versunken.
âLorelai?â Lorelai schaute aus ihrer Tasse hoch, drehte sich nach links und blickte direkt in Taylors Bart. Dieser räusperte sich kräftig und setzte dann an:
âAlso, wir, die Stadt Stars Hollow, wollen unseren Luke zurück. Wir wollen essen was wir bestellen und wir wollen uns mit ihm streiten. Wir haben das gerade in einer spontanen Sitzung beschlossen und abgestimmt. Also ich bitte Sie, gehen Sie da hoch und schaffen sie diesen Streit aus der Welt.â Fürsorglich legte er den Arm auf ihren Rücken. Lorelai zuckte zusammen bei der Berührung und stand auf. Beinahe hätte sie noch die Tasse fallen lassen. Schusselig knallte sie das Porzellan auf die Oberfläche und starrte Taylor an. Dieser hatte inzwischen die Arme verschränkt und schaute streng. Lorelai blickte zu Babbette und Patty. Auch die schienen von dem Plan überzeugt.
Kurz überlegte sie, ob sie eine Diskussion über spontane Stadtversammlungen anzetteln sollte, aber dann fügte sie sich und lief in Richtung Vorhang. Stars Hollow hatte ja Recht.
~
And I start to feel for him again. Stupid me.
[SIZE=2]~
[/SIZE]
And I start to feel for him again. Stupid me.
[SIZE=2]~
[/SIZE]