07.05.2005, 22:56
âBewegt euch!â Jess klopfte ungeduldig auf das Lenkrad.
Rory seufzte. Sie standen bereits seit über einer Stunde im Stau. Es kam ihr jedoch vor als wären es mindestens zehn Stunden gewesen. Die Sonne brannte auf ihrem rechten Arm. Rory kurbelte erneut das Fenster herunter. Eine Klimaanlage wäre ein Segenâ¦
âIch habe dir schon dreimal gesagt, dass du das lassen sollst. Wir werden an diesen Abgasen noch ersticken.â Jess blickte sie mürrisch an.
âDas nächste Mal sollten wir mit meinem Auto fahren.â Schlug sie vor.
âDer Stau wird deshalb nicht kürzer dauernâ¦â
âAber im Auto wird es dann wenigstens nicht wie in einer Sauna sein.â Sie strich sich genervt den Schweià von der Stirn.
âVerdammtâ¦â Jess blickte wütend auf die stehenden Autoschlangen vor und neben sich.
Rory seufzte. Noch mehr als der Stau und die unerträgliche Hitze nervte sein Fluchen. Sie spielte ungeduldig am Autoradio.
âLass das. Die Musik wird davon nicht besser. Ich habe im Handschuhfach ein paar Kassetten.â
Sie einigten sich schnell auf eine Kassette. Rory stellte das Radio etwas lauter und wippte schon etwas fröhlicher im Takt.
Es kam ihnen wie ein kleines Wunder vor als sich das Auto vor ihnen bewegte. Jess wollte gerade stärker aufs Gas steigen als plötzlich wieder alles zum Stillstand kam. âVerdammt! Wir nehmen die nächste Abfahrt, egal in was für einem Nest wir landen.â
Rory seufzte und griff nach ihrem Handy. Sie hatte es den ganzen Tag abgeschaltet gehabt.
Ein kurzes Tonsignal teilte ihr mit, dass jemand auf den Anrufbeantworter gesprochen hatte.
âHallo Rory. Ich habe schon lange nichts mehr gehört von dir. Nächste Woche gibt es eine Buchmesse in New Haven. Ich dachte, du hättest vielleicht Lust sie mit mir gemeinsam zu besuchen. Ruf mich zurück.â
Rory schaltete ihr Handy wieder ab.
âWer hat dir auf den Anrufbeantworter gesprochen?â erkundigte sich Jess. Seine Blicke waren noch immer wütend auf die stehenden Autos gerichtet.
âMum.â Rory fühlte sich unwohl bei dieser Lüge, wollte aber einen Streit mit Jess aus dem Weg gehen. Der Anruf von Will würde seine ohnehin schon furchtbare Laune kaum verbessern.
âWas wollte sie schon wieder?â fragte er unwirsch.
Der Unterton störte Rory. Ihre Mutter war heute übertrieben besorgt gewesen, aber sie hatte es nur gut gemeint. âNichts Wichtiges.â antwortete sie kühl.
Nancy beobachtete Dean aus dem Augenwinkel. Sie hatte es noch nie erlebt, dass ein Mensch einen Stau so gelassen akzeptierte. Nancy strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und seufzte. Wie würde er wohl reagieren, wenn sie es ihm schlieÃlich sagte? Ein Test, eine Bestätigung zweier Ãrzte - und ihre kleine Welt und damit auch ihr Plan waren zusammengebrochen. Sie wollte Jess, sie hatte immer ihn gewollt. Dean war nur ein Mittel zum Zweck gewesen. Und jetzt trug sie sein Kind in ihr.
Dave ging gelangweilt die StraÃe entlang. Die Band besprach erneut den genauen Ablauf, sie hatten nicht einmal bemerkt, dass er den Raum verlassen hatte. Er dachte lächelnd an seine nervöse Freundin. Der Gedanke an sie erfüllte sein Herz mit Wärme. Sie war das Beste was ihm jemals passiert war. Er war sich seiner Liebe zu ihr ganz sicher. Es brach ihm jedes Mal beinahe das Herz wenn er sich von ihr verabschieden musste. Er seufzte. Sein Studium würde noch vier Jahre dauern. Er hatte einen guten Teilzeitjob und eine gemütliche Wohnung. Es war alles perfekt bis auf diese eine Sache. Sein Magen krampfte sich zusammen. Er musste mit ihr reden. Sie liebte ihn, da gab es wohl keine Zweifel. Aber liebte sie ihn genug, dass sie Connecticut, ihre Mutter, ihre Freunde und die Band verlassen würde?
âHey, das Lied liebst du doch?â Mel stellte das Radio auf volle Lautstärke und warf Mandy ein kurzes Lächeln über den Rückspiegel zu.
Mandy grinste vergnügt und sang mit.
Will beobachtete sie lächelnd. Er hätte nicht gedacht, dass sie so gut singen könnte. Seine Blicke glitten langsam über ihren Körper. Sie ist nicht wie Rory, da gibt es keine Zweifel. Dachte er. Aber wenn Steve mit Mel Spaà hat, warum sollte ich mich nicht ein wenig mit Mandy amüsieren?
Mandy entgingen seine anzüglichen Blicke nicht. âHat sie sich schon gemeldet?â fragte sie weniger kühl als sie eigentlich geplant hatte. Er hatte ihr nur wenig von Rory erzählt. Sie wusste nicht wie lange die beiden sich schon kannten. Da er aber von Liebe gesprochen hatte, nahm sie an, dass sie einander schon länger bekannt sein mussten. Das war auch der Grund warum sie über sein oft sehr nervendes Verhalten hinweg sehen konnte. Er tat ihr leid. Sie wusste schlieÃlich wie es war, mit dem Menschen, dem man liebte, nur befreundet sein zu können.
âUnd, wie haben dir die Filme gefallen?â Lore blickte ihren Freund erwartungsvoll an. Sein Schnarchen war nicht zu überhören gewesen.
âSo wenig wie ich befürchtet habe.â Meinte Luke.
âDas ist schade. Fandest du nicht einmal die Schlussszene von Footlose toll? Der Tanz auf der Brücke war doch beeindruckend.â
âDer war ganz gut.â
Lore verkniff sich ein Schmunzeln. âDu hast anscheinend auch ganz gut geschlafen. Erstens haben wir bis jetzt nur Dirty Dancing gesehen. Zweitens ist die Schlussszene von Footlose nicht auf einer Brücke!â Sie lachte.
Luke rieb sich die Augen. âBei so etwas Langweiligem muss man auch einschlafen.â
âDas ist ganz und gar nicht langweilig, sondern absoluter Kult!â korrigierte Lore.
âMan weià anfangs schon wie es ausgehtâ¦â
Lore rollte mit dem Augen und küsste ihn. Er strich ihr sanft durchs Haar.
âWorauf wartest du?â Er deutete auf die zweite Filmhülle. âIch will weiter schlafen.â Luke grinste.
Sie schüttelte ungläubig den Kopf und legte den zweiten Film ein. Luke beobachtete sie lächelnd. Sie ist so wunderschön. Er wusste, dass er sie immer lieben würde. Ihre Beziehung war vollkommen, einfach perfekt. Er wollte sie vertiefen, noch einen Schritt weiter gehen. Luke war nicht sicher, ob Lore dazu schon bereit war, beschloss deshalb noch auf den richtigen Moment zu warten. Nur woher weià man, wann der richtige Moment ist?
Jess fand nach längerem Suchen endlich einen Parkplatz in der groÃen Parkgarage. Er seufzte erleichtert und stellte den Motor ab. âWas für eine Fahrtâ¦â
Rory nickte bloÃ. Sie war sehr ermüdet und hoffte, die Nacht durchhalten zu können.
âRoryâ¦â Jess blickte sie unsicher an. âIch war ziemlich mürrisch..."
Sie umarmte ihn. âIch hatte auch schlechte Laune. Kein Wunder bei diesen Verkehrsverhältnissen⦠aber jetzt sind wir ja da und ein toller Abend kann beginnen.â Sie lächelte.
68. Teil (2)
Paris stand ungeduldig vor dem Eingang des Clubs und blickte sich wütend um. âSie wollten bereits vor einer halben Stunde hier seinâ¦â
âEs gab bestimmt einen Stauâ¦â meinte Carlos.
âDann hätten sie eben früher losfahren müssen. Das ist wieder typisch Mann.â
âVielleicht ist ja Rory gefahrenâ¦â
âRory ist im Gegensatz zu Jess und dir immer pünktlich.â
âEinen Stau könnte selbst sie nicht beeinflussen.â
âHallo.â Rory und Jess gingen gut gelaunt auf die beiden zu.
âEndlich.â Meinte Paris.
âWir standen lange im Stauâ¦â erklärte Rory.
âBist du gefahren?â erkundigte sich ihre Freundin.
âNein.â
âWas habe ich dir gesagt?â Paris warf Carlos einen triumphierenden Blick zu.
âNur noch neunzig Minuten.â Lane atmete tief durch und setzte sich auf die kleine Couch des Proberaums.
Zach ging zu ihr und strich ihr kurz über die Schulter. âWir schaffen das. Der Plattenproduzent wird uns lieben. Die anderen Bands werden neben uns verblassen. Wir haben schlieÃlich den besten Drummer.â Er zwinkerte ihr aufmunternd zu.
âDanke.â Sie lächelte ihn dankbar an und sah sich nach Dave um. Er war vor einiger Zeit verschwunden und noch nicht zurückgekommen.
Und wieder erriet Zach ihre Gedanken. âEr kommt schon wieder. Unsere Besprechungen waren ihm wahrscheinlich zu langweilig.â
âEr wird rechtzeitig da sein.â Brian und Gil waren nun auch zu ihnen gekommen.
Lane strahlte ihre Bandkollegen an. Sie war glücklich solche Freunde zu haben. Die Band war die beste Entscheidung meines Lebens.
âWir holen uns noch etwas zu Trinken. Kommt ihr mit?â fragte Gil.
Zach blickte kurz zu Lane, schüttelte schlieÃlich den Kopf. âWir warten hier.â
Nachdem Brian und Gil gegangen waren, setzte er sich neben sie. âEs läuft wieder sehr gut zwischen dir und Dave.â
âJa.â Lane lächelte.
âDas ist schön. Eine zeitlang ging es dir ja ganz schön schlecht. Wir wussten gar nicht mehr wie wir dich aufheitern sollten.â
âIch hätte euch von Anfang an von ihm und mir erzählen müssen.â
âDas war okay. Wir brauchen alle unser Privatleben.â Zach grinste.
Rory nippte an ihrem Glas und sah sich in dem immer voller werdenden Club um. Sie saÃen auf einem kleinen runden Tisch, der ihnen eine ausgezeichnete Sicht auf die Bühne bot.
âWie spät ist es?â erkundigte sich Paris ungeduldig.
Rory blickte auf ihre Armbanduhr. âKurz vor halb neun.â
âDie Zeit vergeht heute verdammt langsam.â
âAch, tatsächlich?â Carlos grinste.
âHalt dich jetzt bloà zurück!â Paris blickte ihn wütend an.
âWie gut stehen dann die Chancen einer Wiederholung?â
âSchlecht bis ganz schlecht.â Erklärte sie kühl.
âDann müsste es doch relativ egal sein was ich sageâ¦â
Rory und Jess tauschten einen kurzen Blick.
âSollen wir euch alleine lassen?â Jess grinste.
âDas wäre im Moment nicht so gut.â Meinte Carlos.
âWie viele Bands treten denn heute noch auf?â erkundigte sich Paris.
âIch glaube vier oder fünf.â Antwortete Rory.
âDas wird eine lange Nacht.â Jess zog eine Packung Zigaretten aus der Hosentasche.
âMuss das jetzt sein?â Paris blickte ihn wütend an, warf dann Rory einen vorwurfsvollen Blick zu.
âParis, hier ist es sowieso schon verraucht.â Meinte diese nur.
Jess schob Carlos die Packung zu, dieser nahm sich ebenfalls eine Zigarette heraus.
âWisst ihr eigentlich, dass ihr nicht nur euch sondern auch Rory und mich damit umbringen werdet? Nein, wahrscheinlich nur uns. Und dann werdet ihr ewig eine Therapie besuchen müssen um mit dieser Schuld fertig zu werden.â
âWir haben uns bereits nach einem guten Therapeuten umgehört.â Meinte Carlos.
âSchlieÃlich muss man auf alles vorbereitet sein.â Jess grinste.
Paris blickte Rory, welche mühsam versuchte ein Lachen zu unterdrücken, empört an. âDein Freund verleitet meinen zum Rauchen!â
âAlso meine allererste Zigarette hab ich von ihm bekommen.â Verteidigte sich Jess.
âDas ist ja wieder typisch. Wahrscheinlich hast du auch noch Laura dazu verleitet.â Paris blickte Carlos wütend an.
âLaura raucht? Darf man das überhaupt in einer Klosterschule?â Jess grinste.
âDas ist einer der Hauptgründe warum sie vor drei Jahren begonnen hat. Hast du sie eigentlich schon angerufen?â
âWozu? Soll ich mir einen Psalm vorlesen lassen?â
âDu hast ihr ein Date versprochen, wenn sie sechzehn ist. Das erzählt sie mir seit Jahren.â
âWirklich?â Jess überlegte kurz. âRichtig. Das war vor vier oder fünf Jahren. Wir wollten sie nicht auf diese Party mitnehmen. Die Kleine war damals ziemlich vernarrt in mich.â
âJa. Das war verdammt anstrengend.â
âWarum habt ihr sie nicht einfach mitgenommen? Das wäre sinnvoller gewesen als falsche Versprechungen zu machenâ¦â Paris blickte Jess vorwurfsvoll an.
âWenn sie jetzt sechzehn ist, war sie damals noch etwas zu jung für solche Partys.â Gab Rory zu bedenken.
Carlos nickte. âRichtig. Dafür war sie zweimal mit im Kino.â
âDas war furchtbar. Sie redete ununterbrochen. Wessen Idee war es eigentlich sie mitzunehmen?â
âMandys.â
âUnd du kannst Mandy ja nichts abschlagen?â Paris blickte Carlos herausfordernd an.
âNein. Das kann keiner.â
Seine Worte verletzten Paris, sie versuchte es aber zu verbergen.
âMandy hatte immer ihre ganz besondere Ãberredungskunst.â Erklärte Jess.
âErspart uns die Details.â Paris blickte angewidert auf die Tischplatte.
âParis, ich muss dich und deine Phantasien leider enttäuschen, es war eine rein verbale Ãberredungskunst.â
âDas interessiert mich nicht. Entschuldigt mich bitte kurz.â
âWir hätten doch ein wenig früher wegfahren sollen.â Meinte Keisha
Mel strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn und blickte zur Bühne. âSo schlecht ist unsere Sicht von diesem Tisch aus gar nicht.â
âIch empfinde meine Sicht als optimal.â Will grinste und zwinkerte Mandy, die ihm gegenüber saÃ, zu.
Mandy seufzte kurz und überging den Annäherungsversuch. âWann treten sie denn auf?â
âIn einer halben Stunde. Sie sind die ersten.â Erzählte Mel fröhlich.
âOkay. Dann gehe ich mich noch schnell frisch machen.â Mandy erhob sich. Sie wollte in Wirklichkeit nur eine Zeit vor Will flüchten, der sie langsam aber sicher zu Nerven begann.
Paris wusch sich gerade die Hände als plötzlich die Tür mit einem Schwung aufgerissen wurde.
Wie sollte es auch anders sein? Sie seufzte als sie die Person erkannte.
âHi Paris. Das ist aber eine Ãberraschung.â Mandy ging lächelnd auf sie zu.
âStimmt. Wir begegnen uns ständig. Woran das wohl liegen mag.â
âEin Bekannter von mir hat heute einen Auftritt mit seiner Band.â Erklärte Mandy.
âWie aufregend.â Paris trocknete ihre Hände ab.
âKennst du auch jemanden, der heute auftritt, oderâ¦â
âJa.â
Mandy nickte. âWie geht es dir sonst so?â
âWunderbar. Alles Bestens.â
âDas ist schön. Hör mal, ich feiere Anfang Juli meinen Geburtstag. Vielleicht möchtest du ja auch kommen?â
âIch brauche keine Mitleidseinladung.â
âIch würde mich ehrlich freuen.â
âWieso?â
Mandy wollte gerade antworten als plötzlich die Tür erneut geöffnet wurde. Paris sah an ihr vorbei und seufzte genervt auf.
âWas hast du denn?â Mandy drehte sich um.
âAlso euch beide hätte ich wohl am wenigsten hier erwartet.â Samantha blickte die beiden spöttisch an.
âAuch wir müssen einmal die Toilette aufsuchen.â Mandy lächelte süÃlich.
âHat Miss Harvard denn überhaupt genug Zeit um einen ganz normalen Club zu besuchen? Ich dachte du wärst jetzt etwas Besseres.â
âEtwas Besseres als du war ich schon immer.â
âHör mal gut zu, meine Liebe. Ich brauche mir nicht alles von dir bieten zu lassen.â Samantha blickte sie wütend an.
âGehen wir, Paris.â Schlug Mandy vor.
âWir könnten doch noch gemeinsam an die Bar gehen und uns ein wenig unterhalten?â Samantha musterte die beiden lächelnd.
âEs gibt nichts worüber ich mich mit dir unterhalten könnte.â Meinte Paris kühl.
âIhr beide habt euch bestimmt mehr zu sagen, das verstehe ich.â
Mandy zog Paris sanft in Richtung Tür. âLass uns gehen. Es hat keinen Sinn.â
âNein.â Stimmte Paris zu.
Gerade als Mandy nach der Türschnalle greifen wollte, meinte Samantha: âParis, du wärst vielleicht eine Spur weniger frustriert wenn du diese eine Regel⦠ich glaube es war 78 oder 87⦠aufheben würdest. Das würde dir gut tun.â
Rory seufzte. Sie standen bereits seit über einer Stunde im Stau. Es kam ihr jedoch vor als wären es mindestens zehn Stunden gewesen. Die Sonne brannte auf ihrem rechten Arm. Rory kurbelte erneut das Fenster herunter. Eine Klimaanlage wäre ein Segenâ¦
âIch habe dir schon dreimal gesagt, dass du das lassen sollst. Wir werden an diesen Abgasen noch ersticken.â Jess blickte sie mürrisch an.
âDas nächste Mal sollten wir mit meinem Auto fahren.â Schlug sie vor.
âDer Stau wird deshalb nicht kürzer dauernâ¦â
âAber im Auto wird es dann wenigstens nicht wie in einer Sauna sein.â Sie strich sich genervt den Schweià von der Stirn.
âVerdammtâ¦â Jess blickte wütend auf die stehenden Autoschlangen vor und neben sich.
Rory seufzte. Noch mehr als der Stau und die unerträgliche Hitze nervte sein Fluchen. Sie spielte ungeduldig am Autoradio.
âLass das. Die Musik wird davon nicht besser. Ich habe im Handschuhfach ein paar Kassetten.â
Sie einigten sich schnell auf eine Kassette. Rory stellte das Radio etwas lauter und wippte schon etwas fröhlicher im Takt.
Es kam ihnen wie ein kleines Wunder vor als sich das Auto vor ihnen bewegte. Jess wollte gerade stärker aufs Gas steigen als plötzlich wieder alles zum Stillstand kam. âVerdammt! Wir nehmen die nächste Abfahrt, egal in was für einem Nest wir landen.â
Rory seufzte und griff nach ihrem Handy. Sie hatte es den ganzen Tag abgeschaltet gehabt.
Ein kurzes Tonsignal teilte ihr mit, dass jemand auf den Anrufbeantworter gesprochen hatte.
âHallo Rory. Ich habe schon lange nichts mehr gehört von dir. Nächste Woche gibt es eine Buchmesse in New Haven. Ich dachte, du hättest vielleicht Lust sie mit mir gemeinsam zu besuchen. Ruf mich zurück.â
Rory schaltete ihr Handy wieder ab.
âWer hat dir auf den Anrufbeantworter gesprochen?â erkundigte sich Jess. Seine Blicke waren noch immer wütend auf die stehenden Autos gerichtet.
âMum.â Rory fühlte sich unwohl bei dieser Lüge, wollte aber einen Streit mit Jess aus dem Weg gehen. Der Anruf von Will würde seine ohnehin schon furchtbare Laune kaum verbessern.
âWas wollte sie schon wieder?â fragte er unwirsch.
Der Unterton störte Rory. Ihre Mutter war heute übertrieben besorgt gewesen, aber sie hatte es nur gut gemeint. âNichts Wichtiges.â antwortete sie kühl.
Nancy beobachtete Dean aus dem Augenwinkel. Sie hatte es noch nie erlebt, dass ein Mensch einen Stau so gelassen akzeptierte. Nancy strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und seufzte. Wie würde er wohl reagieren, wenn sie es ihm schlieÃlich sagte? Ein Test, eine Bestätigung zweier Ãrzte - und ihre kleine Welt und damit auch ihr Plan waren zusammengebrochen. Sie wollte Jess, sie hatte immer ihn gewollt. Dean war nur ein Mittel zum Zweck gewesen. Und jetzt trug sie sein Kind in ihr.
Dave ging gelangweilt die StraÃe entlang. Die Band besprach erneut den genauen Ablauf, sie hatten nicht einmal bemerkt, dass er den Raum verlassen hatte. Er dachte lächelnd an seine nervöse Freundin. Der Gedanke an sie erfüllte sein Herz mit Wärme. Sie war das Beste was ihm jemals passiert war. Er war sich seiner Liebe zu ihr ganz sicher. Es brach ihm jedes Mal beinahe das Herz wenn er sich von ihr verabschieden musste. Er seufzte. Sein Studium würde noch vier Jahre dauern. Er hatte einen guten Teilzeitjob und eine gemütliche Wohnung. Es war alles perfekt bis auf diese eine Sache. Sein Magen krampfte sich zusammen. Er musste mit ihr reden. Sie liebte ihn, da gab es wohl keine Zweifel. Aber liebte sie ihn genug, dass sie Connecticut, ihre Mutter, ihre Freunde und die Band verlassen würde?
âHey, das Lied liebst du doch?â Mel stellte das Radio auf volle Lautstärke und warf Mandy ein kurzes Lächeln über den Rückspiegel zu.
Mandy grinste vergnügt und sang mit.
Will beobachtete sie lächelnd. Er hätte nicht gedacht, dass sie so gut singen könnte. Seine Blicke glitten langsam über ihren Körper. Sie ist nicht wie Rory, da gibt es keine Zweifel. Dachte er. Aber wenn Steve mit Mel Spaà hat, warum sollte ich mich nicht ein wenig mit Mandy amüsieren?
Mandy entgingen seine anzüglichen Blicke nicht. âHat sie sich schon gemeldet?â fragte sie weniger kühl als sie eigentlich geplant hatte. Er hatte ihr nur wenig von Rory erzählt. Sie wusste nicht wie lange die beiden sich schon kannten. Da er aber von Liebe gesprochen hatte, nahm sie an, dass sie einander schon länger bekannt sein mussten. Das war auch der Grund warum sie über sein oft sehr nervendes Verhalten hinweg sehen konnte. Er tat ihr leid. Sie wusste schlieÃlich wie es war, mit dem Menschen, dem man liebte, nur befreundet sein zu können.
âUnd, wie haben dir die Filme gefallen?â Lore blickte ihren Freund erwartungsvoll an. Sein Schnarchen war nicht zu überhören gewesen.
âSo wenig wie ich befürchtet habe.â Meinte Luke.
âDas ist schade. Fandest du nicht einmal die Schlussszene von Footlose toll? Der Tanz auf der Brücke war doch beeindruckend.â
âDer war ganz gut.â
Lore verkniff sich ein Schmunzeln. âDu hast anscheinend auch ganz gut geschlafen. Erstens haben wir bis jetzt nur Dirty Dancing gesehen. Zweitens ist die Schlussszene von Footlose nicht auf einer Brücke!â Sie lachte.
Luke rieb sich die Augen. âBei so etwas Langweiligem muss man auch einschlafen.â
âDas ist ganz und gar nicht langweilig, sondern absoluter Kult!â korrigierte Lore.
âMan weià anfangs schon wie es ausgehtâ¦â
Lore rollte mit dem Augen und küsste ihn. Er strich ihr sanft durchs Haar.
âWorauf wartest du?â Er deutete auf die zweite Filmhülle. âIch will weiter schlafen.â Luke grinste.
Sie schüttelte ungläubig den Kopf und legte den zweiten Film ein. Luke beobachtete sie lächelnd. Sie ist so wunderschön. Er wusste, dass er sie immer lieben würde. Ihre Beziehung war vollkommen, einfach perfekt. Er wollte sie vertiefen, noch einen Schritt weiter gehen. Luke war nicht sicher, ob Lore dazu schon bereit war, beschloss deshalb noch auf den richtigen Moment zu warten. Nur woher weià man, wann der richtige Moment ist?
Jess fand nach längerem Suchen endlich einen Parkplatz in der groÃen Parkgarage. Er seufzte erleichtert und stellte den Motor ab. âWas für eine Fahrtâ¦â
Rory nickte bloÃ. Sie war sehr ermüdet und hoffte, die Nacht durchhalten zu können.
âRoryâ¦â Jess blickte sie unsicher an. âIch war ziemlich mürrisch..."
Sie umarmte ihn. âIch hatte auch schlechte Laune. Kein Wunder bei diesen Verkehrsverhältnissen⦠aber jetzt sind wir ja da und ein toller Abend kann beginnen.â Sie lächelte.
68. Teil (2)
Paris stand ungeduldig vor dem Eingang des Clubs und blickte sich wütend um. âSie wollten bereits vor einer halben Stunde hier seinâ¦â
âEs gab bestimmt einen Stauâ¦â meinte Carlos.
âDann hätten sie eben früher losfahren müssen. Das ist wieder typisch Mann.â
âVielleicht ist ja Rory gefahrenâ¦â
âRory ist im Gegensatz zu Jess und dir immer pünktlich.â
âEinen Stau könnte selbst sie nicht beeinflussen.â
âHallo.â Rory und Jess gingen gut gelaunt auf die beiden zu.
âEndlich.â Meinte Paris.
âWir standen lange im Stauâ¦â erklärte Rory.
âBist du gefahren?â erkundigte sich ihre Freundin.
âNein.â
âWas habe ich dir gesagt?â Paris warf Carlos einen triumphierenden Blick zu.
âNur noch neunzig Minuten.â Lane atmete tief durch und setzte sich auf die kleine Couch des Proberaums.
Zach ging zu ihr und strich ihr kurz über die Schulter. âWir schaffen das. Der Plattenproduzent wird uns lieben. Die anderen Bands werden neben uns verblassen. Wir haben schlieÃlich den besten Drummer.â Er zwinkerte ihr aufmunternd zu.
âDanke.â Sie lächelte ihn dankbar an und sah sich nach Dave um. Er war vor einiger Zeit verschwunden und noch nicht zurückgekommen.
Und wieder erriet Zach ihre Gedanken. âEr kommt schon wieder. Unsere Besprechungen waren ihm wahrscheinlich zu langweilig.â
âEr wird rechtzeitig da sein.â Brian und Gil waren nun auch zu ihnen gekommen.
Lane strahlte ihre Bandkollegen an. Sie war glücklich solche Freunde zu haben. Die Band war die beste Entscheidung meines Lebens.
âWir holen uns noch etwas zu Trinken. Kommt ihr mit?â fragte Gil.
Zach blickte kurz zu Lane, schüttelte schlieÃlich den Kopf. âWir warten hier.â
Nachdem Brian und Gil gegangen waren, setzte er sich neben sie. âEs läuft wieder sehr gut zwischen dir und Dave.â
âJa.â Lane lächelte.
âDas ist schön. Eine zeitlang ging es dir ja ganz schön schlecht. Wir wussten gar nicht mehr wie wir dich aufheitern sollten.â
âIch hätte euch von Anfang an von ihm und mir erzählen müssen.â
âDas war okay. Wir brauchen alle unser Privatleben.â Zach grinste.
Rory nippte an ihrem Glas und sah sich in dem immer voller werdenden Club um. Sie saÃen auf einem kleinen runden Tisch, der ihnen eine ausgezeichnete Sicht auf die Bühne bot.
âWie spät ist es?â erkundigte sich Paris ungeduldig.
Rory blickte auf ihre Armbanduhr. âKurz vor halb neun.â
âDie Zeit vergeht heute verdammt langsam.â
âAch, tatsächlich?â Carlos grinste.
âHalt dich jetzt bloà zurück!â Paris blickte ihn wütend an.
âWie gut stehen dann die Chancen einer Wiederholung?â
âSchlecht bis ganz schlecht.â Erklärte sie kühl.
âDann müsste es doch relativ egal sein was ich sageâ¦â
Rory und Jess tauschten einen kurzen Blick.
âSollen wir euch alleine lassen?â Jess grinste.
âDas wäre im Moment nicht so gut.â Meinte Carlos.
âWie viele Bands treten denn heute noch auf?â erkundigte sich Paris.
âIch glaube vier oder fünf.â Antwortete Rory.
âDas wird eine lange Nacht.â Jess zog eine Packung Zigaretten aus der Hosentasche.
âMuss das jetzt sein?â Paris blickte ihn wütend an, warf dann Rory einen vorwurfsvollen Blick zu.
âParis, hier ist es sowieso schon verraucht.â Meinte diese nur.
Jess schob Carlos die Packung zu, dieser nahm sich ebenfalls eine Zigarette heraus.
âWisst ihr eigentlich, dass ihr nicht nur euch sondern auch Rory und mich damit umbringen werdet? Nein, wahrscheinlich nur uns. Und dann werdet ihr ewig eine Therapie besuchen müssen um mit dieser Schuld fertig zu werden.â
âWir haben uns bereits nach einem guten Therapeuten umgehört.â Meinte Carlos.
âSchlieÃlich muss man auf alles vorbereitet sein.â Jess grinste.
Paris blickte Rory, welche mühsam versuchte ein Lachen zu unterdrücken, empört an. âDein Freund verleitet meinen zum Rauchen!â
âAlso meine allererste Zigarette hab ich von ihm bekommen.â Verteidigte sich Jess.
âDas ist ja wieder typisch. Wahrscheinlich hast du auch noch Laura dazu verleitet.â Paris blickte Carlos wütend an.
âLaura raucht? Darf man das überhaupt in einer Klosterschule?â Jess grinste.
âDas ist einer der Hauptgründe warum sie vor drei Jahren begonnen hat. Hast du sie eigentlich schon angerufen?â
âWozu? Soll ich mir einen Psalm vorlesen lassen?â
âDu hast ihr ein Date versprochen, wenn sie sechzehn ist. Das erzählt sie mir seit Jahren.â
âWirklich?â Jess überlegte kurz. âRichtig. Das war vor vier oder fünf Jahren. Wir wollten sie nicht auf diese Party mitnehmen. Die Kleine war damals ziemlich vernarrt in mich.â
âJa. Das war verdammt anstrengend.â
âWarum habt ihr sie nicht einfach mitgenommen? Das wäre sinnvoller gewesen als falsche Versprechungen zu machenâ¦â Paris blickte Jess vorwurfsvoll an.
âWenn sie jetzt sechzehn ist, war sie damals noch etwas zu jung für solche Partys.â Gab Rory zu bedenken.
Carlos nickte. âRichtig. Dafür war sie zweimal mit im Kino.â
âDas war furchtbar. Sie redete ununterbrochen. Wessen Idee war es eigentlich sie mitzunehmen?â
âMandys.â
âUnd du kannst Mandy ja nichts abschlagen?â Paris blickte Carlos herausfordernd an.
âNein. Das kann keiner.â
Seine Worte verletzten Paris, sie versuchte es aber zu verbergen.
âMandy hatte immer ihre ganz besondere Ãberredungskunst.â Erklärte Jess.
âErspart uns die Details.â Paris blickte angewidert auf die Tischplatte.
âParis, ich muss dich und deine Phantasien leider enttäuschen, es war eine rein verbale Ãberredungskunst.â
âDas interessiert mich nicht. Entschuldigt mich bitte kurz.â
âWir hätten doch ein wenig früher wegfahren sollen.â Meinte Keisha
Mel strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn und blickte zur Bühne. âSo schlecht ist unsere Sicht von diesem Tisch aus gar nicht.â
âIch empfinde meine Sicht als optimal.â Will grinste und zwinkerte Mandy, die ihm gegenüber saÃ, zu.
Mandy seufzte kurz und überging den Annäherungsversuch. âWann treten sie denn auf?â
âIn einer halben Stunde. Sie sind die ersten.â Erzählte Mel fröhlich.
âOkay. Dann gehe ich mich noch schnell frisch machen.â Mandy erhob sich. Sie wollte in Wirklichkeit nur eine Zeit vor Will flüchten, der sie langsam aber sicher zu Nerven begann.
Paris wusch sich gerade die Hände als plötzlich die Tür mit einem Schwung aufgerissen wurde.
Wie sollte es auch anders sein? Sie seufzte als sie die Person erkannte.
âHi Paris. Das ist aber eine Ãberraschung.â Mandy ging lächelnd auf sie zu.
âStimmt. Wir begegnen uns ständig. Woran das wohl liegen mag.â
âEin Bekannter von mir hat heute einen Auftritt mit seiner Band.â Erklärte Mandy.
âWie aufregend.â Paris trocknete ihre Hände ab.
âKennst du auch jemanden, der heute auftritt, oderâ¦â
âJa.â
Mandy nickte. âWie geht es dir sonst so?â
âWunderbar. Alles Bestens.â
âDas ist schön. Hör mal, ich feiere Anfang Juli meinen Geburtstag. Vielleicht möchtest du ja auch kommen?â
âIch brauche keine Mitleidseinladung.â
âIch würde mich ehrlich freuen.â
âWieso?â
Mandy wollte gerade antworten als plötzlich die Tür erneut geöffnet wurde. Paris sah an ihr vorbei und seufzte genervt auf.
âWas hast du denn?â Mandy drehte sich um.
âAlso euch beide hätte ich wohl am wenigsten hier erwartet.â Samantha blickte die beiden spöttisch an.
âAuch wir müssen einmal die Toilette aufsuchen.â Mandy lächelte süÃlich.
âHat Miss Harvard denn überhaupt genug Zeit um einen ganz normalen Club zu besuchen? Ich dachte du wärst jetzt etwas Besseres.â
âEtwas Besseres als du war ich schon immer.â
âHör mal gut zu, meine Liebe. Ich brauche mir nicht alles von dir bieten zu lassen.â Samantha blickte sie wütend an.
âGehen wir, Paris.â Schlug Mandy vor.
âWir könnten doch noch gemeinsam an die Bar gehen und uns ein wenig unterhalten?â Samantha musterte die beiden lächelnd.
âEs gibt nichts worüber ich mich mit dir unterhalten könnte.â Meinte Paris kühl.
âIhr beide habt euch bestimmt mehr zu sagen, das verstehe ich.â
Mandy zog Paris sanft in Richtung Tür. âLass uns gehen. Es hat keinen Sinn.â
âNein.â Stimmte Paris zu.
Gerade als Mandy nach der Türschnalle greifen wollte, meinte Samantha: âParis, du wärst vielleicht eine Spur weniger frustriert wenn du diese eine Regel⦠ich glaube es war 78 oder 87⦠aufheben würdest. Das würde dir gut tun.â