[Nici]

Kapitel V
Freunde für's Leben?

-Nein!… -Und wieso nicht?... -Weil ich noch nicht gehen will... -Ach wirklich?... -Ja! Ich bleib hier auch so lange sitzen wie ich will und wenn’s dir nicht passt, dann ignorier mich doch einfach und kümmre dich um deinen Freund da... -Tut mir leid aber das kann sie nicht, denn ich bin nicht mehr ihr Freund... -Was?.. .-Weißt du, ich hab versucht das alles zu ignorieren, ganz ehrlich. Ich weiß nicht mal wieso!... -Was redest du da überhaupt?... -Du willst nicht mit mir zusammen sein... -Doch, natürlich... -Oh bitte, du fährst auf ihn ab seit er in der Stadt ist. Ich hab mit wochenlang, nein monatelang einzureden versucht, dass das nicht stimmt und du nur mich liebst. Aber jetzt weiß ich, dass das idiotisch war. Du stehst auf ihn und er steht auf dich, du Shane solltest gut zuhören, denn es ist nämlich verdammt offensichtlich... -Was ist offensichtlich? Was hab ich gemacht?... -Jeder hier hat’s mitbekommen, Rory jeder von uns! Ich habe es satt aber ich komm schon klar. Also los, nur zu, du kannst ihn haben und das hätte ich schon viel früher sagen sollen: Ich will nicht mehr!...

...-Nein, ist er nicht. Er hatte Recht. Er hatte Recht mit allem was er gesagt hat, er hatte auch Recht mit dem, was er über uns beide gesagt hat. Ich hab ihn belogen und mit seinen Gefühlen gespielt. Er hatte Recht... -Ja, er hatte Recht mit allem was er gesagt hat!... -Und was machen wir jetzt?...

Wie gut konnte sich Rory an diesen Abend erinnern. Es war in der Nacht des Tanzmarathons gewesen, in der Nacht, in der sich Dean von ihr getrennt hatte. Jess war der Grund dafür gewesen. Wie sehr wollte sie es bereuen, wie sehr wollte sie sich wünschen, dass Jess nie in ihr Lebengetreten war. Doch sie konnte nicht. Alles geschieht aus bestimmtem Grund. Konnte sie dieser Weisheit recht geben? Hatte sie aus daraus gelernt? Hatte es sich gelohnt ihren ersten Freund für ihn zu opfern?
„Rory?“ Lorelai riss ihre Tochter aus den Gedanken. Schon seit Minuten lief diese schweigend neben ihnen her. Lore machte sich nun langsam Sorgen um ihre Tochter.
„Was?“, schreckte Rory auf und warf ihrer Mutter einen fragenden und erschrockenen Blick zu. Lorelai und Amy begannen zu lächeln.
„Wir sind da, Süße.“ Lorelai deutete auf ein weißes Haus, das von einem weißen Gartenzaun umringt war. Dürre und morsche Bäume wiegten sich im Wind und etwas grüner Rasen blitzte stellenweise hervor. Die Klappläden an den Fenstern waren dunkelblau gestrichen, im Großen und Ganzen war es ein typisches Kleinstadthaus.
„Was haltet ihr davon?“, fragte Amy und blickte die Gilmore girls etwas unsicher an.
„Ich finde es schön“, meinte Lore, „sehr schön.“ Rory nickte zustimmend. Es gefiel ihr wirklich. Amy schaute trotzdem etwas ängstlich drein.
„Ich hoffe, dass es dem Rest der Weston Familie auch gefällt.“ Bei diesen Worten leuchteten Rorys Augen auf.
„Apropos Rest der Familie, wo sind sie denn alle?“ Amy zeigte auf einen schwarzen Kleinbus, der am Straßenrand stand.
„Sie schlafen noch. Ich bin das letzte Stück nach Stars Hollow gefahren und hielt es für das Beste, sie schlafen zu lassen.“
„Oh“, kam es enttäuscht von Rory worauf Amy ein Grinsen über die Lippen huschte.
„Aber ich denke, sie waren jetzt lange genug im Land der Träume.“ Lorelai und Rory strahlten sich an und rannten auf den Wagen zu. Sie blickten durch die Scheiben hinein, konnten aber kaum etwas erkennen, da alle Insassen in dicke Decken eingekuschelt waren. Ein kurzer Blickwechsel, Rorys Herzschlag wurde schneller und ihre Hände wurden feucht. Ihre Aufregung war nun kaum mehr zu verbergen. So riss Lorelai die Hintertüre auf.

Jess betrachtete das Haus noch einmal genau um zu kontrollieren ob die Hausnummer auch wirklich die richtige war. Redford-Drive 27. Die Adresse war korrekt, zum Entsetzten Jess. Hatte ihm dieser Idiot Malcom etwa die falsche Anschrift gegeben oder lebte Austin schon nicht mehr hier? Die alte Dame bemerkte Jess verwirrten und hilflosen Gesichtsausdruck doch leider konnte sie ihm ihre Hilfe nicht mehr als anbieten. Jess spürte die Blicke der Frau und wandte sich erneut an sie. Auch wenn er nicht gern um Hilfe bat, er musste es jetzt tun oder aufgeben. Aber wie konnte er aufgeben, wenn er keine Ahnung hatte wohin und kein zu Hause mehr hatte?
„Lebt hier vielleicht ein Austin Parker?“, kam die Frage nur zögerlich über seine Lippen. Die Frau lächelte und nickte, zur Erleichterung Jess. Sie wich ein Stück zur Seite und öffnete ihm die Türe. Als Jess das alte Haus betrat war er überrascht. So heruntergekommen dieses Gebäude von außen wirkte, so sauber und gemütlich wirkte es von innen. Der Flur, in dem sie sich momentan befanden, war karg möbliert aber mit Bedacht und Liebe eingerichtet.
„Sind Sie ein Freund von Austin?“, erkundigte sich die rundliche Frau und blickte Jess dabei tief in die Augen. Er nickte zustimmend.
„Ja, wir sind alte Freunde.“ Jedenfalls hoffte Jess, dass sie noch befreundet waren, denn Austin war immer sein bester Freund gewesen und bis auf ein paar Ausnahmen auch der einzige. Jess vertraute einfach mal auf die Verbindung, die schon ein Leben lang zwischen ihnen lag.
„Austin wohnt oben. Folgen sie einfach dem Verlauf der Treppe.“ Die Frau deutete auf die alte Holztreppe und verschwand dann, mit einem Lächeln auf den Lippen, in einer Tür am Ende des Flurs. Jess stieg langsam eine Treppe nach der anderen empor, sein Herzschlag jedoch wurde von Stufe zu Stufe schneller. Jedem Schritt folgte ein Knarren der alten Holzstufen. Ihm war bewusst, dass dieser Augenblick sein Leben beeinflussen könnte. Zögerlich klopfte er nun auch gegen diese Türe jedoch stärker als die anderen Male zuvor. Ein lautes Fluchen war hinter der Türe zu hören. Mit Schwung wurde diese schließlich aufgerissen. Ein erstaunter und überraschter Austin blickte Jess an. „Mariano?...“, kam es nur von ihm. Die Verwirrung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Regungslos standen sie sich gegenüber. Keiner wagte sich zu bewegen bis sich schließlich ein Grinsen über Austins Lippen zog. Jess atmete erleichtert auf.
„Was tust du denn hier? Wie lange ist es her? Oh Mann, ich freu mich dich zu sehen.“ Jess hatte auf eine Reaktion dieser Art gehofft, jedoch nicht erwartet. Austin klopfte Jess freundschaftlich auf die Schulter und einen Moment später verfielen sie einer kurzen Umarmung, einer ’männlichen‘ Umarmung.
„Worauf wartest du? Komm rein“, forderte Austin seinen Freund auf. Jess betrat die Wohnung und folgte ihm in das Wohnzimmer. Dort ließen sie sich auf der Couch nieder. Austin strich sich über das Gesicht und fuhr sich durch das dunkelblonde Haar. Er konnte es kaum glauben, seit zwei Jahren hatte er Jess schon nicht mehr gesehen und nun stand dieser plötzlich an einem Sonntagmorgen vor seiner Haustüre.
„Was verschafft mir die Ehre? Ich meine, als wir uns das letzte Mal gesehen haben, hast du dich von mir verabschiedet um in dieses Bauernkaff zurückzugehen. Was treibt dich nach Boston?“ Jess überlegte ob er Austin nun die ganze Wahrheit erzählen oder nur mit einem Schulterzucken antworten sollte. Austin wusste von Rory doch nicht von Jess wahren Gefühlen für sie. Damals hatte er sie vor ihm als eine Art Eroberung dargestellt, als ein schüchternes Mädchen mit einem festen Freund, das er rumkriegen und danach fallen lassen wollte. Ein Mädchen für sein Ego.
„Na ja, ich...“
„Jess“, kreischte ein kleines Mädchen in rosanem Flanellschlafanzug und Häschenpantoffeln. Sie hatte ihr gelocktes, dunkelblondes Haar zu zwei Zöpfen zusammengeflochten und rannte auf Jess zu. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und drückte sich fest an ihn.
„Christie“, flüsterte er, da das 7-jährige Mädchen gerade dabei war ihm die Luft abzudrücken. Er strich mit seinen Händen über ihren Rücken und ein kleines Lächeln schlich sich über seine Lippen. Nur Christie durfte ihn mit so einem Gefühlsausbruch begrüßen. Schließlich löste sich das Mädchen von Jess und setzte sich neben ihn auf die Couch. Ihrem Bruder Austin warf sie einen beleidigten Blick zu.
„Warum hast du mir nicht erzählt, dass Jess zu Besuch kommt. Ich hätte mich doch dann für ihn schön gemacht.“ Danach grinste sie Jess an und ließ dabei ihre Zahnlücken blitzen.

Die zwei Gestalten auf der Rückbank schreckten hoch. Lorelai und Rory sahen in verschlafene und mürrische Gesichter. Lorelai lächelte Colin und Janine fröhlich an. Plötzlich änderten sich Jans Gesichtszüge. Ihre Augen glitzerten und ein Lächeln zog sich über ihre Lippen. Sie sprang auf und direkt in Rorys Arme. Für einen kurzen Augenblick hielten sich die Freundinnen einfach nur in den Armen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, Tränen der Freude. Seit sieben Jahren hatten sie sich nun nicht mehr gesehen und endlich war der Moment da, von dem sie schon seit Zeiten träumten. Lorelai beobachtete die Szene glücklich. Endlich passierte wieder etwas schönes in dem Leben ihrer Tochter.
„Was ist mit mir?“, erkundigte sich Lore und schaute schmollend drein. Jan begann zu lachen und schlang ihre Arme nun um Lorelais Hals, den Hals ihrer Patentante. Colin beobachtete die Gefühlsausbrüche vom Inneren des Kleinbusses. Er wollte nicht lachen und Freudentränen vergießen, denn er konnte es nicht mehr. Vor drei Monaten hatte er das Glück zurückgelassen und war sich sicher es nie wieder zu finden. Amy stieß nun auch zu dem kleinen Grüppchen, blickte aber mit Sorge zu ihrem Sohn.
„Was haltet ihr davon, wenn Rory Jan Stars Hollow zeigt und Lore, David und ich die ersten Kartons in das Haus bringen und einen Kaffee miteinander trinken. So haben wir alle die Chance tiefgründige, private Gespräche zu führen. Danach treffen wir uns alle wieder hier und feiern unser Zusammenkommen.“ Amy blickte in die Runde und wartete auf die Reaktionen.
„David?“, fragte Lore und sah sich um. Amy deutete auf den Beifahrersitz. Lorelai stemmte ihre Hände in ihre Hüften.
„Wie kann er bei so viel Liebe nur weiterschlafen?“ Ihr Gesicht ließ darauf schließen, dass sie sich darauf freute David wiederzusehen doch innerlich fiel es schwerer als erwartet. Rory packte Janines Hand und zog sie mit sich. Sie hielt Amys Idee für sehr gut, denn so konnte sie alleine mit Jan reden und ihre Freundschaft wieder aufleben lassen. Lorelai sah den Mädchen zufrieden nach.
„Ich denke sie mögen deinen Vorschlag.“ Colin stieg schließlich auch aus dem Kleinbus. Sein Haar war noch ganz wirr und seine Augen gerötet. Lorelai lächelte ihm zu, Colin jedoch erwiderte diese Geste nicht. In seinen Augen spiegelten sich Trauer und Wut und Lore war sich ziemlich sicher, dass dies nicht vom Schlafmangel kam.
„Das letzte Mal war ich noch sieben Jahre jünger und hatte vielleicht noch nicht so viele Falten. Ich persönlich jedoch finde, dass ein Mensch wie ein Stück Käse ist. Man wird mit der Zeit reifer und schöner“, versuchte Lorelai zu scherzen doch auch dieses Mal gab es keine Reaktion von dem Jungen. Sie warf Amy einen fragenden Blick zu doch diese zuckte nur mit den Schultern.
„Du siehst gut aus, ich meine du bist ein schöner junger Mann und musst dich mit deinen 16 Jahren auf keinen Fall verstecken, nur gut, dass ich schon älter bin.“ Colin blickte Lorelai noch einmal stumm an und ging zum hinteren Teil des Kleinbusses. Er öffnete den Kofferraum und eine kleine, braune, wuschelige Gestalt sprang heraus. Der kleine Hund schwang seinen Schwanz freudig hin und her und bellte vor Freude.
„Darf ich vorstellen, Washington.“
„Ich geh mit ihm spazieren“, nuschelte Colin und griff nach der Leine.
„Komm Washington“, rief er dem Welpen zu worauf dieser auf ihn zurannte.
„Du weißt doch gar nicht wohin.“
„So groß ist dieses Kaff auch nicht. Ich werde schon wieder zurückfinden.“ Mit schnellen Schritten ging er davon ohne ein weiteres Wort oder einen weiteren Blick.
„Was ist denn mit ihm los?“ Lorelai sah Amy traurig an. Amy seufzte und zuckte erneut mit den Schultern.
„Seit drei Monaten verhält er sich so seltsam. Ja, er mochte diese ewige Pendlerei noch nie doch so trotzig und zurückgezogen war er niemals. Ich weiß nicht mehr, was ich noch tun soll. Deswegen... bin ich vielleicht auch...“
„Sesshaft geworden“, vervollständigte Lorelai den Satz von Amy. Diese nickte ihr zustimmend zu.
„Reden wir von etwas anderem“, bat die rothaarige Frau, „vielleicht von deinem Liebesleben. Von dir und dem, wie nennst du ihn doch gleich, Dinerboy?“
„Was?“ Lorelais Augen weiteten sich und sie starrte Amy empört an. Diese Aussage löste etwas in Lore aus, ein unbeschreibliches Gefühl. Sie versuchte verzweifelt das Grinsen zu unterdrücken.


Ich weiß, der Teil hat nicht viel Handlung aber er muss sein um das Geheimnis um Amy lösen zu können :biggrin: Im nächsten wird mehr verraten. Würde mich über euer fb freuen!