25.08.2005, 16:30
Sie richtet sich matt auf, schluckt, um das Kratzen in ihrer Kehle zu vertreiben, doch der erhoffte Effekt bleibt aus. Ein träges Blinzeln, dann entdeckt sie Lorelai, die in der Ecke des Raumes auf einem Stuhl sitzt, ein Stück Papier in der Hand, darauf eingeschlafen ist. Obwohl sie sich zittrig fühlt, ganz benebelt, steht sie auf, nimmt die Angoradecke, welche auf einem der antiken Sessel liegt und breitet sie über ihre Tochter. Ihr Blick streift dabei das Papier, ein Japsen nach Luft, die Decke gleitet zu Boden, ihre rechte Hand greift nach dem Brief.
Sie muss ihn nicht lesen, um zu wissen, was darin steht. Ebenso wenig, wie sie sich über die Existenz dieser Kopie wundert. Es ist die Tatsache, dass sie in Lorelais Existenz gelangt ist.
âWo hast du den her?â, erkundigt sie sich mit brüchiger Stimme. âLorelaiâ, wiederholt sie lauter und ihre Tochter schrickt auf, wacht auf. âWo hast du den her?â
âEr war in unserem Zimmerâ, antwortet sie, deutet auf den Karton zu ihren FüÃen. âSie alle waren es.â
Emily folgt dem Blick ihrer Tochter, eine Welle der Panik durchflutet sie. âHast du sie gelesen?â, fragt sie, macht sich nicht die Mühe dabei Zorn und Anspannung aus ihrer Stimme zu vertreiben.
âNur den einenâ, gibt Lorelai ehrlich zu.
Sie nickt, tut es erleichtert, erleichtert und traurig. âDas hättest du nicht tun sollen, Lorelai, du hattest kein Recht ihn zu lesen. Er ist privat, er geht nur deinen Vater etwas an. Deinen Vater und mich.â
âSeit wann interessierst du dich wieder für Dads Rechte?â, wendet sie kühl ein und Emily fährt sich mit der Hand über die Schläfe, setzt sich in einen der Sessel, umklammert den Brief dabei fest, leises Knittern, als ihre Finger das Papier verknicken.
âSeit wann, Mutter?â, fragt sie erneut, ist der festen Ãberzeugung, das Recht dazu zuhaben, ein Recht es zu erfahren.
âEine ganze Weileâ, lautet die müde Antwort. âZwei Jahreâ, fügt sie die Wahrheit hinzu und Lorelai lacht entsetzt auf.
âZwei Jahre?â, stöÃt sie hervor. âZwei Jahre!?!â
âEs ist nicht seine Schuld, Lorelai. Ich wollte es nicht. Ich wollte nicht, dass ihr es erfahrt. Dass irgendjemand es erfährt. Dein Vater, Richard, er hat lediglich meinen Wunsch respektiert.â
âDeinen Wunsch respektiertâ, ein verbittertes Schnauben. âAber er hat ja schon immer getan was du wolltest.â
âSag so was nichtâ, bittet Emily sie. âEs ist nicht wahr.â
âEr hat immer alles für dich getan, Mom. Er hat für dich gesorgt, er hat sich beinahe zu Tode gearbeitet, um dir diesen ganzen antiken Krempel, Uhren, Kleider und Schmuck zu finanzieren. Und zum Dank dafür hast du ihn nach Strich und Faden betrogen.â
âDas ist nicht wahr!â, erwidert sie scharf. âEs ist nicht wahr. Ich liebe Richard, ich habe es immer getan.â
âUnd deshalb hast du die Beine für Farnsworth breit gemacht?â, zischt sie. Ihre Worte, mit Bedacht gewählt, mit der Absicht zu verletzen, verfehlen ihre Wirkung nicht, Emily zuckt zusammen, japst nach Luft, das bisschen Farbe in ihrem Gesicht verwandelt sich in Totenblässe.
âIch erlaube es nicht, dass du so mit mir sprichst, Lorelaiâ, versucht sie so kühl wie möglich zu sagen, doch ihre Stimme klingt schrill und kratzt.
âWie sollte ich denn sonst mit dir sprechen, Mutter?â, sie betont das Mutter mit Nachdruck, speit es förmlich aus. âWie soll ich denn sonst mit einer Frau sprechen, die nichts weiter als eine ââ, sie bricht ab, schüttelt den Kopf. âWie konntest du das nur tun? Wie konntest du das Daddy nur antun?â
âIch war sehr einsam damals, Lorelaiâ, antwortet sie, ist überrascht es ausgesprochen zu haben, überrascht über die eigene Ehrlichkeit. âUnd William, er hat mir â er gab mir das Gefühl am Leben zu sein, lebendig zu sein, schön zu sein. Deswegen bin ich zu ihm ins Hotel gefahren, ich wollte es, ich hatte den Vorsatz es zu tun, ich hatte tatsächlich den Vorsatz Richard zu betrügen. Und ich habe es auch getan, du weiÃt, dass ich es getan habe, er weià es. Aber es war nur dieses eine Mal, ein einziges Mal und ich wünschte ich hätte es nicht getan.â
âAber du hast es getanâ, entgegnet Lorelai knapp.
âUnd er hat es mir verziehen. Er hat mir verziehen, was ich niemals hätte tun dürfen. Er hat mir immer all meine Dummheiten verziehen.â
âWie es gesagt habe, er hat immer alles für dich getan.â
âSo wie ich alles für ihn getan hätte. Alles für ihn getan habe, was ich konnte. Das musst du mir glauben, Lorelai, bitte. Aber es, es war einfach nicht genug, ich war nicht genug, ich habe weder ihm noch dir genügt, weil ich â ich bin einfach nicht damit zu Recht gekommen.â
âWomit?â
Sie sieht auf, sieht Lorelai zum ersten Mal direkt in die Augen. âIch habe es nie gelerntâ, setzt sie an. âMan hat es mir nicht beigebracht. Ehe ich deinen Vater kennen gelernt habe, bin ich der festen Ãberzeugung gewesen, dass so etwas wie die Liebe nur in Büchern, in Romanen und Filmen existiert. Aber so ist es nichtâ, sie schluckt. âEs gibt sie. Ich weià nur nicht, wie man mit ihr umgehen muss. Ich kann es einfach nicht.â
Sie weià nicht, was sie von dieser seltsamen Entschuldigung ihrer Mutter halten soll, weià nicht einmal, ob es überhaupt eine Entschuldigung ist oder ob sie sie annehmen soll, annehmen will. âEs tut mir leid, dass ich dir beim Suchen und Finden der Liebe im Weg warâ, sagt sie stattdessen.
âLorelaiâ¦.â, ein Keuchen.
âWas denn, Mom? Wenn du schon ehrlich bist, es ein einziges gottverdammtes Mal bist, dann kannst du auch endlich darüber die Wahrheit sagenâ, stöÃt sie hervor, die Erinnerung an den Brief blitzt kurz auf, doch sie schiebt ihn zur Seite. âGib doch einfach zu, dass du mich nicht wolltest, dass ich dir und deinem glücklichen Leben nur im Weg war!â
âNeinâ, ruft sie aus. âNeinâ, wiederholt sie leiser. âDu warst das schönste Geschenk, dass dein Vater mir jemals gemacht hatâ, ein Lächeln, sie schüttelt sanft den Kopf. âEin Unerwartetes, aber dafür umso schönerâ, ein kurzes Zögern. âWeiÃt du, die Nacht in der du â in der wir dich â wir wollten nicht miteinander schlafen. Wir hatten zwar nicht darüber gesprochen, aber es, wir hatten diese Abmachung, ein stilles Abkommen. Dieser Abend sollte nicht so enden, wie all die anderen. Das hätte ich nicht ertragen. Ich hätte seine Nähe nicht ertragen, sie hätte alles nur noch schwerer gemacht, ich hatte Angst, dass, wenn ich es tun würde, dass ich ihn dann erst Recht nicht mehr loslassen kannâ, sie seufzt, fragt sich ob sie zu weit geht, ist es vermutlich schon lange. âWir waren Essen und danach sind wir Tanzen gegangen. Dein Vater ist ein phantastischer Tänzerâ, ein Lachen. âEines der wenigen Dinge, für dich ich seiner Mutter dankbar bin, ist, dass sie ihn zu den Tanzstunden gezwungen hat. Er, immer wenn er mit mir getanzt hat, dann war es, es war eine Art Ouvertüre, unglaublich sinnlich und befreit. Und so war es auch an diesem Abend, er hat immer und immer wieder dieses eine Lied aufgelegt. Es war fast so, als wolle er die Zeit abschalten, diesen einen Moment immer und immer wieder erleben. Aber es hat nicht funktioniert, natürlich nicht, irgendwann hat die Bar geschlossen und er hat mich zum Wagen gebracht, mir die Tür geöffnet und die Zeit hatte uns endgültig eingeholtâ, wieder ein Lächeln, trauriger dieses Mal. âAuf dem Nachhauseweg habe ich ihn gebeten anzuhalten und er hat es getan. Wir saÃen einfach nur so da, wir haben uns nicht einmal an den Händen gehalten, wir saÃen einfach nur nebeneinander und haben geschwiegen, während die Zeit nur noch schneller vorbei ging und es langsam hell wurde. Die verdammte Sonne ging auf und ich dachte mir nur, dass ich es keine Sekunde länger aushalte, nicht in diesem Wagen, nicht bei ihm. Und ich habe nach der Tür gegriffen und Richard, er hat nach meiner Hand gegriffen und sie gedrückt, nur ganz leicht, so als wollte er sagen âLeb wohlââ, sie stockt, hat Mühe Weiterzusprechen, zwingt sich dennoch dazu. âUnd dann hat er mich geküsst und ich - da war plötzlich dieses Gefühl in mir, ich kann es nicht beschreiben, es war â es war als ob alles andere verschwinden würde, all die Angst und die Wut und Trauer. Da war nur noch er, seine Küsse, seine Berührungen und es war so unglaublich schönâ¦â, sie bricht ab, sieht ihre Tochter an, hat dabei Mühe die Tränen in ihren Augen wegzublinzeln, ein leichtes Zucken mit den Schultern.
Lorelai weià nicht was sie sagen oder denken soll, weià nur, dass sie etwas sagen muss. âIch kann einfach nicht glaubenâ, sagt sie also mit fester Stimme. âIch kann einfach nicht fassen, dass ihr mich in einem Auto gezeugt habt. Nicht das ich mir jemals Gedanken darüber gemacht hätte, aber wenn, wenn dann wäre es eine Suite in Paris gewesen, in einem Bett und nicht auf einer Rückbank.â Beide können nicht umhin zu lachen, tun es, weil es das Beste ist, was man in so einem Moment tun kann.
âEs war ein 63er Chevyâ, räuspert Emily sich nach einer Weile. âEin Sportwagen. Grünes Metall, weiÃe Ledersitze, die, die Innenverkleidung war aus dunklem Holzâ, sagt sie, eine kleine Pause, ehe sie fort fährt. âEin wunderschöner Wagen.â Sie nimmt Lorelais Hand, hält sie mit dieser Geste davon ab, etwas zu sagen. âLorelai, ich war so oft kurz davor dir die Wahrheit zu erzählen. Alles über deine Mutterâ, ein leises Lachen, vielleicht ist es auch einfach nur ein ersticktes. âAber ich konnte nicht. Die Wahrheit, dass hieÃe nicht nur meine, sondern auch die deines Vaters. Und das kann ich nicht, ich habe nicht das Recht dazu. Und ich will es auch nicht, ich will nicht, dass du ihn so siehst, dass du ââ, sie hält inne. âIch will, dass du mit ihm redest, Lorelai. Sag ihm er hat mein Einverständnis dazu, er hat mein Einverständnis dir alles was mich betrifft zu erzählen. Was ihn selbst betrifft, so ist es seine Entscheidung. Darauf habe ich keinen Einfluss.â
Lorelai presst die Lippen aufeinander, sieht ihre Mutter an, erschrickt. Die Blässe in deren Gesicht, dunkle Schatten. Sie hebt die Hand, zuckt kurz zurück, legt sie aber dennoch prüfend auf die Stirn Emilys. âWenn er wüsste, dass du nicht im Bett liegstâ, sagt sie so unverfänglich wie möglich. âDann würde er dir die Hölle heià machen.â
âEr hat sich schon immer zu viele Sorgen um mich gemachtâ, antwortet sie leise.
âDer Dummkopf liebt dich ebenâ, Lorelai lächelt, Emily hingegen sieht sie mit leichter Verwunderung an, ehe sie auch ein schwaches Lächeln zustande bringt. Lächelt und den Druck auf die Hand ihrer Tochter verstärkt.
To be continued.
ATN: Ich hoffe du bist mit dieser Rate einverstanden, liebes Küsilinchen
Sie muss ihn nicht lesen, um zu wissen, was darin steht. Ebenso wenig, wie sie sich über die Existenz dieser Kopie wundert. Es ist die Tatsache, dass sie in Lorelais Existenz gelangt ist.
âWo hast du den her?â, erkundigt sie sich mit brüchiger Stimme. âLorelaiâ, wiederholt sie lauter und ihre Tochter schrickt auf, wacht auf. âWo hast du den her?â
âEr war in unserem Zimmerâ, antwortet sie, deutet auf den Karton zu ihren FüÃen. âSie alle waren es.â
Emily folgt dem Blick ihrer Tochter, eine Welle der Panik durchflutet sie. âHast du sie gelesen?â, fragt sie, macht sich nicht die Mühe dabei Zorn und Anspannung aus ihrer Stimme zu vertreiben.
âNur den einenâ, gibt Lorelai ehrlich zu.
Sie nickt, tut es erleichtert, erleichtert und traurig. âDas hättest du nicht tun sollen, Lorelai, du hattest kein Recht ihn zu lesen. Er ist privat, er geht nur deinen Vater etwas an. Deinen Vater und mich.â
âSeit wann interessierst du dich wieder für Dads Rechte?â, wendet sie kühl ein und Emily fährt sich mit der Hand über die Schläfe, setzt sich in einen der Sessel, umklammert den Brief dabei fest, leises Knittern, als ihre Finger das Papier verknicken.
âSeit wann, Mutter?â, fragt sie erneut, ist der festen Ãberzeugung, das Recht dazu zuhaben, ein Recht es zu erfahren.
âEine ganze Weileâ, lautet die müde Antwort. âZwei Jahreâ, fügt sie die Wahrheit hinzu und Lorelai lacht entsetzt auf.
âZwei Jahre?â, stöÃt sie hervor. âZwei Jahre!?!â
âEs ist nicht seine Schuld, Lorelai. Ich wollte es nicht. Ich wollte nicht, dass ihr es erfahrt. Dass irgendjemand es erfährt. Dein Vater, Richard, er hat lediglich meinen Wunsch respektiert.â
âDeinen Wunsch respektiertâ, ein verbittertes Schnauben. âAber er hat ja schon immer getan was du wolltest.â
âSag so was nichtâ, bittet Emily sie. âEs ist nicht wahr.â
âEr hat immer alles für dich getan, Mom. Er hat für dich gesorgt, er hat sich beinahe zu Tode gearbeitet, um dir diesen ganzen antiken Krempel, Uhren, Kleider und Schmuck zu finanzieren. Und zum Dank dafür hast du ihn nach Strich und Faden betrogen.â
âDas ist nicht wahr!â, erwidert sie scharf. âEs ist nicht wahr. Ich liebe Richard, ich habe es immer getan.â
âUnd deshalb hast du die Beine für Farnsworth breit gemacht?â, zischt sie. Ihre Worte, mit Bedacht gewählt, mit der Absicht zu verletzen, verfehlen ihre Wirkung nicht, Emily zuckt zusammen, japst nach Luft, das bisschen Farbe in ihrem Gesicht verwandelt sich in Totenblässe.
âIch erlaube es nicht, dass du so mit mir sprichst, Lorelaiâ, versucht sie so kühl wie möglich zu sagen, doch ihre Stimme klingt schrill und kratzt.
âWie sollte ich denn sonst mit dir sprechen, Mutter?â, sie betont das Mutter mit Nachdruck, speit es förmlich aus. âWie soll ich denn sonst mit einer Frau sprechen, die nichts weiter als eine ââ, sie bricht ab, schüttelt den Kopf. âWie konntest du das nur tun? Wie konntest du das Daddy nur antun?â
âIch war sehr einsam damals, Lorelaiâ, antwortet sie, ist überrascht es ausgesprochen zu haben, überrascht über die eigene Ehrlichkeit. âUnd William, er hat mir â er gab mir das Gefühl am Leben zu sein, lebendig zu sein, schön zu sein. Deswegen bin ich zu ihm ins Hotel gefahren, ich wollte es, ich hatte den Vorsatz es zu tun, ich hatte tatsächlich den Vorsatz Richard zu betrügen. Und ich habe es auch getan, du weiÃt, dass ich es getan habe, er weià es. Aber es war nur dieses eine Mal, ein einziges Mal und ich wünschte ich hätte es nicht getan.â
âAber du hast es getanâ, entgegnet Lorelai knapp.
âUnd er hat es mir verziehen. Er hat mir verziehen, was ich niemals hätte tun dürfen. Er hat mir immer all meine Dummheiten verziehen.â
âWie es gesagt habe, er hat immer alles für dich getan.â
âSo wie ich alles für ihn getan hätte. Alles für ihn getan habe, was ich konnte. Das musst du mir glauben, Lorelai, bitte. Aber es, es war einfach nicht genug, ich war nicht genug, ich habe weder ihm noch dir genügt, weil ich â ich bin einfach nicht damit zu Recht gekommen.â
âWomit?â
Sie sieht auf, sieht Lorelai zum ersten Mal direkt in die Augen. âIch habe es nie gelerntâ, setzt sie an. âMan hat es mir nicht beigebracht. Ehe ich deinen Vater kennen gelernt habe, bin ich der festen Ãberzeugung gewesen, dass so etwas wie die Liebe nur in Büchern, in Romanen und Filmen existiert. Aber so ist es nichtâ, sie schluckt. âEs gibt sie. Ich weià nur nicht, wie man mit ihr umgehen muss. Ich kann es einfach nicht.â
Sie weià nicht, was sie von dieser seltsamen Entschuldigung ihrer Mutter halten soll, weià nicht einmal, ob es überhaupt eine Entschuldigung ist oder ob sie sie annehmen soll, annehmen will. âEs tut mir leid, dass ich dir beim Suchen und Finden der Liebe im Weg warâ, sagt sie stattdessen.
âLorelaiâ¦.â, ein Keuchen.
âWas denn, Mom? Wenn du schon ehrlich bist, es ein einziges gottverdammtes Mal bist, dann kannst du auch endlich darüber die Wahrheit sagenâ, stöÃt sie hervor, die Erinnerung an den Brief blitzt kurz auf, doch sie schiebt ihn zur Seite. âGib doch einfach zu, dass du mich nicht wolltest, dass ich dir und deinem glücklichen Leben nur im Weg war!â
âNeinâ, ruft sie aus. âNeinâ, wiederholt sie leiser. âDu warst das schönste Geschenk, dass dein Vater mir jemals gemacht hatâ, ein Lächeln, sie schüttelt sanft den Kopf. âEin Unerwartetes, aber dafür umso schönerâ, ein kurzes Zögern. âWeiÃt du, die Nacht in der du â in der wir dich â wir wollten nicht miteinander schlafen. Wir hatten zwar nicht darüber gesprochen, aber es, wir hatten diese Abmachung, ein stilles Abkommen. Dieser Abend sollte nicht so enden, wie all die anderen. Das hätte ich nicht ertragen. Ich hätte seine Nähe nicht ertragen, sie hätte alles nur noch schwerer gemacht, ich hatte Angst, dass, wenn ich es tun würde, dass ich ihn dann erst Recht nicht mehr loslassen kannâ, sie seufzt, fragt sich ob sie zu weit geht, ist es vermutlich schon lange. âWir waren Essen und danach sind wir Tanzen gegangen. Dein Vater ist ein phantastischer Tänzerâ, ein Lachen. âEines der wenigen Dinge, für dich ich seiner Mutter dankbar bin, ist, dass sie ihn zu den Tanzstunden gezwungen hat. Er, immer wenn er mit mir getanzt hat, dann war es, es war eine Art Ouvertüre, unglaublich sinnlich und befreit. Und so war es auch an diesem Abend, er hat immer und immer wieder dieses eine Lied aufgelegt. Es war fast so, als wolle er die Zeit abschalten, diesen einen Moment immer und immer wieder erleben. Aber es hat nicht funktioniert, natürlich nicht, irgendwann hat die Bar geschlossen und er hat mich zum Wagen gebracht, mir die Tür geöffnet und die Zeit hatte uns endgültig eingeholtâ, wieder ein Lächeln, trauriger dieses Mal. âAuf dem Nachhauseweg habe ich ihn gebeten anzuhalten und er hat es getan. Wir saÃen einfach nur so da, wir haben uns nicht einmal an den Händen gehalten, wir saÃen einfach nur nebeneinander und haben geschwiegen, während die Zeit nur noch schneller vorbei ging und es langsam hell wurde. Die verdammte Sonne ging auf und ich dachte mir nur, dass ich es keine Sekunde länger aushalte, nicht in diesem Wagen, nicht bei ihm. Und ich habe nach der Tür gegriffen und Richard, er hat nach meiner Hand gegriffen und sie gedrückt, nur ganz leicht, so als wollte er sagen âLeb wohlââ, sie stockt, hat Mühe Weiterzusprechen, zwingt sich dennoch dazu. âUnd dann hat er mich geküsst und ich - da war plötzlich dieses Gefühl in mir, ich kann es nicht beschreiben, es war â es war als ob alles andere verschwinden würde, all die Angst und die Wut und Trauer. Da war nur noch er, seine Küsse, seine Berührungen und es war so unglaublich schönâ¦â, sie bricht ab, sieht ihre Tochter an, hat dabei Mühe die Tränen in ihren Augen wegzublinzeln, ein leichtes Zucken mit den Schultern.
Lorelai weià nicht was sie sagen oder denken soll, weià nur, dass sie etwas sagen muss. âIch kann einfach nicht glaubenâ, sagt sie also mit fester Stimme. âIch kann einfach nicht fassen, dass ihr mich in einem Auto gezeugt habt. Nicht das ich mir jemals Gedanken darüber gemacht hätte, aber wenn, wenn dann wäre es eine Suite in Paris gewesen, in einem Bett und nicht auf einer Rückbank.â Beide können nicht umhin zu lachen, tun es, weil es das Beste ist, was man in so einem Moment tun kann.
âEs war ein 63er Chevyâ, räuspert Emily sich nach einer Weile. âEin Sportwagen. Grünes Metall, weiÃe Ledersitze, die, die Innenverkleidung war aus dunklem Holzâ, sagt sie, eine kleine Pause, ehe sie fort fährt. âEin wunderschöner Wagen.â Sie nimmt Lorelais Hand, hält sie mit dieser Geste davon ab, etwas zu sagen. âLorelai, ich war so oft kurz davor dir die Wahrheit zu erzählen. Alles über deine Mutterâ, ein leises Lachen, vielleicht ist es auch einfach nur ein ersticktes. âAber ich konnte nicht. Die Wahrheit, dass hieÃe nicht nur meine, sondern auch die deines Vaters. Und das kann ich nicht, ich habe nicht das Recht dazu. Und ich will es auch nicht, ich will nicht, dass du ihn so siehst, dass du ââ, sie hält inne. âIch will, dass du mit ihm redest, Lorelai. Sag ihm er hat mein Einverständnis dazu, er hat mein Einverständnis dir alles was mich betrifft zu erzählen. Was ihn selbst betrifft, so ist es seine Entscheidung. Darauf habe ich keinen Einfluss.â
Lorelai presst die Lippen aufeinander, sieht ihre Mutter an, erschrickt. Die Blässe in deren Gesicht, dunkle Schatten. Sie hebt die Hand, zuckt kurz zurück, legt sie aber dennoch prüfend auf die Stirn Emilys. âWenn er wüsste, dass du nicht im Bett liegstâ, sagt sie so unverfänglich wie möglich. âDann würde er dir die Hölle heià machen.â
âEr hat sich schon immer zu viele Sorgen um mich gemachtâ, antwortet sie leise.
âDer Dummkopf liebt dich ebenâ, Lorelai lächelt, Emily hingegen sieht sie mit leichter Verwunderung an, ehe sie auch ein schwaches Lächeln zustande bringt. Lächelt und den Druck auf die Hand ihrer Tochter verstärkt.
To be continued.
ATN: Ich hoffe du bist mit dieser Rate einverstanden, liebes Küsilinchen