23.10.2004, 15:52
~*Kapitel 3*~
Stars Hollow, Sommer 2004
Das Telefon läutete bereits zum dritten Mal und Lorelei wühlte verzweifelt in einem riesigen Berg Wäsche, der auf dem Küchentisch lag. âVerdammt, verdammt, verdammt, irgendwo hier muss es doch seinâ¦â Der Anrufbeantworter sprang an. âMomâ Lorelei hastete in die Diele und sah sich suchend um. âVerdammtes Ding. Wo bist Du?â
âMom? Wenn du da bist, nimm bitte ab!â
Sie drehte sich ratlos im Kreis âIch bin da, aber das verdammte Telefon ist nicht da.â
âMoooooom!?!â
âNicht auflegen, nicht auflegenâ¦..ich habâs gleichâ¦â¦â, ihr Blick blieb an der Wohnzimmercouch hängen.
âGut, also ruf mich doch bitte zurück, sobald du nach Hause kommst.â
âHa!â Lorelei rannte ins Wohnzimmer. âHab ich dich erwischt!â Mit einem riesigen Satz hechtete sie auf das Sofa zu und angelte das Telefon aus den Ritzen. âRory? Rory?â
âMom, wo warst du? Wieso gehst du nicht ans Telefon?â
âWeil das blöde Ding nie da ist, wenn man es braucht!â Sie machte es sich auf dem Sofa bequem, griff nach einen Stück Pizza und untersuchte es auf seine GenieÃbarkeit.
âVielleicht solltest du einfach netter zu ihm seinâ, erwiderte Rory trocken.
Ihre Mutter protestierte. âIch gebe ihm ein Dach über dem Kopf und versorge es mit Strom, Igittâ, angewidert warf sie die Pizza zurück in den Karton, âmehr kann das hinterhältige Biest nicht von mir erwarten.â
[i]âDu könntest es allerdings auch mal mit aufräumen versuchen.â
Lorelei verdrehte die Augen und stöhnte, âGott, du hörst dich wie meine Mutter an. Apropos Emily: Sie will, dass ich ihr Luke vorstelle.â
âWoher weià sie das mit euch? Hast du ihr es etwa erzählt?â
âNein, natürlich nicht! Wieso glaubt neuerdings eigentlich jeder, ich würde mit ihr über mein Intimleben reden?â
Rory kicherte âArmer Luke. Grandma wird ihn in seine Einzelteile zerlegen.â
âNicht wenn du es schaffst geschickt das Thema auf dich zu lenken, sobald sie zum Angriff ausholt.â
âOh, ich befürchte das wird nicht gehen. Ich kann am Freitag nicht zum Dinner kommen.â
Lorelei fuhr hoch âRory! Das kannst du mir nicht antun.â Panik lag in ihrer Stimme. âIch brauche dich. Luke braucht dich. Ohne dich wird das Ganze in einem Desaster enden, schwere Geschütze werden aufgefahren werden und die Welt wird im atomaren Winter versinken. Möchtest du das? Möchtest du für eine Welt ohne Blumen und Sonnenschein verantwortlich sein?â
âWenn du mich fragst, ist es zurzeit sowieso viel zu heiÃ. Und was die Blumen angeht: Paris hat mittlerweile gelernt wie man Rosen aus Servietten bastelt.â
âUns werden sämtliche Haare ausfallen.â
âIch wird mir ne Perücke kaufen.â
âRoryâ¦.bitttteeeeeeeâ, flehte sie ihre Tochter an.
âIch würde ja wirklich gerne Mom, aber ich kann nicht. Ich bin nämlich nicht kreativ genug.â
âDu kannst nicht zum Dinner kommen, weil du nicht kreativ genug bist?â
âBehauptet zumindest Professor Lowell.â
Lorelei schüttelte verdutzt den Kopf âWoher will die denn wissen wie es bei den Dinnern meiner Mutter zugeht?â
âEs geht nicht ums Abendessen, sondern um meinen Aufsatz.â
âWas ist mit deinem Aufsatz?â
âEr ist leblos, weil ich nicht kreativ genug bin.â
âUnsinn, du bist sogar sehr kreativ!â
âAch ja? Nenn mir ein Beispiel.â
âNa ja.â Lorelei stand auf und ging in die Küche. âDu wolltest das Luke dir ein Regal mit Blümchen drauf baut.â
âWirklich sehr kreativ.â
Sie klemmte sich das Telefon zwischen Schulter und Ohr und begann die Küche nach etwas Essbarem zu durchsuchen. âDu hast es geschafft meinem Dad ein Geburtstagsgeschenk zu kaufen das ihm gefällt.â
âIch habe ich gefragt was er sich wünscht.â
âDu, du â du hast mit ânem rosa Plüschhammer Häuser für Bedürftige gebaut.â
âDen Hammer hast du mir gebastelt.â
âAber du hast ihn benützt - hab ich euch endlich!â Triumphierend zog Lorelei eine angebrochene Tüte Marshmellows aus dem Kühlschrank.
âNur weil ich spät dran war und deshalb keine Zeit mehr hatte, mir einen Neuen zu besorgen.â
âSo sehr schätzt du also die Geschenke deiner Mutterâ, erwiderte Lorelei und schob sich zufrieden einen Marshmellow in den Mund. âUnd du kannst Freitag wirklich nicht?â
âNein, denn ich bin jetzt offizielles Mitglied des Yale-Projekts âKunst im Alltag` und werde Freitag und sieben weitere Tage damit verbringen müssen, einem kreativen Menschen über die Schulter zu schauen.â
âWer denkt sich denn so einen Schwachsinn aus?â
âKeine Ahnung. Aber ich werde meine kreativen Erlebnisse in einem kreativen Artikel für die âYale Newsâ niederschreiben und den Kreativitätsnobelpreis dafür erhalten.â
âDa bin ich mir sicherâ, antwortete Lorelei kauend. â Ich frage mich nur ob die Preisverleihung in den wirren Zeiten eines kalten Krieges überhaupt stattfinden kann.â
âIch werde auf keinen Fall auf diese Ehre verzichten, nur weil du das Dinner vergeigst. Sei nett.â
âSchon gut, ich werde mein Bestes geben. Aber behaupte hinterher nicht, ich hätte dich nicht vor dem Day after Tomorrow gewarnt!â
Hartford, Sommer 1967
Es war ein lauer Sommerabend und Emily hatte den Tisch im Garten decken lassen. Nervös lief sie um ihn herum, schob hier eine Gabel weiter nach rechts und dort ein Glas weiter nach links. SchlieÃlich trat sie einige Schritte zurück um das Gesamtwerk zu mustern.
âIch glaube die Kerzenhalter stehen nicht im richtigen Abstand zueinanderâ, Jerusha war unbemerkt hinter sie getreten.
âTatsächlich? Dabei habe ich den Abstand zwei Mal nachgemessen.â Emily sah sie suchend um. âWo habe ich bloà das verflixte MaÃband hingelegtâ¦..â
âIch habe nur einen Scherz gemacht, Emâ, Jerusha schüttelte grinsend den Kopf. âHallo erstmalâ, sie umarmte Emily.
âSchön dich zu sehenâ, sie lächelte. âGut siehst du aus.â
Jerusha knickste âVielen Dank. Ich kann das Kompliment nur zurückgeben. Und der Tisch sieht auch äuÃerst elegant aus.â
âDanke â und die Kerzenständer stehen wirklich im richtigen Abstand zueinander?â
âMartha Steward wäre begeistert.â
âGott sei dankâ, Emily holte tief Luft und sah auf ihre Armbanduhr. âIch frag mich wo Richard bleibt. Seine Eltern werden bald hier sein und das Soufflee wird in sich zusammenfallen wenn es nicht pünktlich serviert wird.â
âDu hast gekocht?â versuchte Jerusha sie zu necken, aber Emily ging nicht darauf ein.
âAperitif?â
âGerne, wenn du einen mittrinkst. Es sei dennâ¦â, sie sah ihre Freundin fragend an, doch die schüttelte den Kopf.
âOh.â Jerusha nickte âTut mir leid.â
âWie wärâs mit einem Martini?â
âÃhmâ¦.Martini wäre phantastisch, danke.â
âIch bin gleich wieder zurück.â Emily rang sich ein Lächeln ab und verschwand im Haus, während Jerusha ihr nachdenklich hinterher sah.
Dorham, Sommer 2004
Die Morgensonne fiel durch die groÃen Fenster des Ateliers und tauchte es in ein warmes Licht. An den Wänden lehnten unzählige Leinwände, der Geruch von Ãl und Farbe hing in der Luft und der Ventilator wirbelte blaue Rauchschwaden umher. Eine Zigarette in der einen und einen Pinsel in der anderen Hand stand eine Frau vor einer Staffelei. Rory beobachtete sie eine Weile und klopfte schlieÃlich zögernd an die offen stehende Glastür âMrs. Bromley?â
Die Malerin drehte sich um und musterte Rory âWas kann ich für sie tun?â
âIch bin Studentin in Yale und ââsie wurde unterbrochen.
âGott, dass hatte ich total vergessen.â Mrs. Bromley legte den Pinsel weg.
âOhâ¦â Rory trat unruhig von einem Fuà auf den anderen. âIch kann natürlich auch ein anderes Mal wiederkommen.â
âNein, nein â komm einfach rein.â Sie griff nach einem alten Lappen und wischte sich die Hände daran ab. âTja â ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung was ich mit dir anstellen soll. Ich meine, ich habe mich nicht darum gerissen an diesem Projekt teilzunehmen, und halte es offen gestanden für ziemlich albern.â
âIch kann auch nicht gerade behaupten es für eine sonderlich tolle Idee zu halten. Aber ich hatte eine Vier, weil ich nicht kreativ genug bin und deshalbâ¦.â, verlegen brach sie den Satz ab.
Mrs. Bromley lächelte âKein Grund rot zu werden, ich hätte in deinem Alter dasselbe getan, ähmâ¦.?â
âOh, wie unhöflich von mir, â sie streckte die Hand aus. âIch bin Rory.â
âFreut mich dich kennen zu lernen, Rory. Darf ich dir was anbieten? Kaffe, Tee, Wasser?â
âEin Kaffee wäre jetzt genau das Richtige.â
âIn Ordnung, ich komme gleich wieder.â Mrs. Bromley lächelte ihr aufmunternd zu. âDu kannst dich ja solange hier umsehen.â
Neugierig ging Rory durch den groÃen Raum und sah sich die verschieden Bilder darin an. Verwundert stellte sie fest, dass kaum eines dem anderen glich. Die einen waren in dunklen Farben gehalten, die anderen strotzten nur so von kräftigen Farben. Sie blieb schlieÃlich vor der Staffelei stehen und betrachtete die halbfertige Zeichnung eines alten Mannes.
âGefällt es dir?â Mrs. Bromley schob einige Farbtuben auf dem Tisch zur Seite und stellte ein Tablett darauf ab.
âIch kenne mich mit Kunst zwar nicht so aus, aber es sieht wirklich schön aus.â Rory deutete auf das Bild. âVor allem seine Augen.â
âDankeâ, sie schenkte den Kaffee ein. âMilch und Zucker?â
Rory schüttelte den Kopf. âNein danke, ich trinke ihn schwarz.â
âDu scheinst Geschmack zu haben.â Die Malerin reichte ihr zwinkernd eine Tasse.
âDarf ich sie was fragen?â
âNatürlich.â
âWenn sie das hier für albern halten, warum machen sie es dann?â
âGute Frageâ, sie griff nach einer Schachtel Zigaretten und zündete sich eine an. âWeil mich ein Gericht dazu verdonnert hat.â Sie bemerkte Rorys verwirrten Blick. âBeamtenbeleidigung, ich muss 70 Stunden allgemeinnützige Arbeit verrichten. Und bevor ich Müll im Park aufsammle, tue ich lieber das hier.â
Rory konnte sich ein Lachen nicht verkneifen â70 Stunden? Wowh, sie müssen ja echt fies gewesen sein.â
âDiese unverschämte Politesse hatte es nicht anders verdient.â Mrs. Bromley bekam einen verträumten Blick und grinste. âDu hättest ihr entsetztes Gesicht sehen sollen. Es war einfach zu köstlich.â
âVielleicht sollten wir das mit der Kreativität einfach vergessen, und sie bringen mir stattdessen bei Politessen zu beschimpfen.â
Die Malerin hob ihre Kaffeetasse. âAuf dich Rory, deine Einstellung gefällt mir.â Klirrend stieÃen ihre Tassen aneinander.
âDanke, Mrs. Bromley.â
âOh, und bitte lass doch dieses blöde Gesieze, ich komme mir sonst so alt vor. Nenn mich einfach Jerusha.â
Hartford, Sommer 2004
Lorelei knallte die Tür ihres Jeeps zu und gab Luke letzte Anweisungen. âRory ist nicht als Puffer da, also versuch die spitzen Bemerkungen meiner Mutter einfach zu überhören, und wechsle das Thema falls ich darauf eingehen sollte.â
âIch werde mein Bestes gebenâ, nervös rückte er seine Krawatte zurecht und Lorelei drückte ihm einen Kuss auf die Wange. âWofür war der denn?â
âDafür, dass du dich so schick gemacht hast.â Sie grinste âUnd wenn du heute Abend brav bist, gibt es noch mehr davon.â
Luke sah sie an. âIch nehme an du bezahlst nicht im Voraus?â
âMmmmhhhh, lass mich überlegen - Neinâ, Lorelei drückte auf die Klingel. âIch will schlieÃlich nicht riskieren, dass du mit der Belohnung abhaust ohne etwas dafür getan zu haben.â Sie sah ihn augenzwinkernd an. âUnd immer schön daran denken: Rory ist nicht als Puffer da, also ââ die Haustür öffnete sich. âHi Mom.â
âLorelei.â Emily begrüÃte ihre Tochter lächelnd und sah sie erwartungsvoll an.
âMom.â Lorelei begann langsam mit dem Kopf zu nicken als diese nichts erwiderte. âOh â wie dumm von mir.â Sie schlug sich mit der Hand an die Stirn. âMom, das ist Luke â Luke, das ist meine Momâ, stellte sie die beiden einander vor. âAber eigentlich kennt ihr euch ja schonâ, fügte sie zähneknirschend hinzu, während sie Luke einen warnenden Blick zuwarf.
âJa, ich erinnere mich.â Emily reichte ihm die Hand âEs freut mich sie wieder zu sehen.â Sie trat einen Schritt zur Seite und deutete in die Eingangshalle. âKommt doch herein.â
Luke räusperte sich und betrat das Haus âDanke, Mrs. Gilmore. Wowhâ, er nickte anerkennend âTolles Gebäude.â
Emily strahlte âDanke sehr.â Sie drehte sich um und ging in den Salon. âDarf ich ihnen einen Aperitif anbieten, Luke?â
âDanke, aber eigentlichâ¦â, er korrigierte sich als er Loreleis Ellenbogen in seiner Seite spürte âEin Aperitif wäre klasse, danke.â
âScotch, Martini, Wein â?â
âScotch auf Eis wäre nett, danke.â
âIn Ordnung.â Sie sah ihre Tochter an. âLorelei?â
âGin Tonic ohne Tonic.â Während Emily damit beschäftigt war die Drinks zu mixen, beugte sie sich zu Luke und begann zu flüstern. âWir haben Glück, sie scheint heute gut drauf zu sein.â
Emily reichte den Beiden ihre Getränke. âBitte sehr.â
âDanke sehr, Mrs. Gilmore.â
âJa, danke Mom.â Lorelei trank einen groÃen Schluck Gin und lehnte sich dabei so unauffällig wie möglich zu Luke. âHör zu, hier findet kein Höflichkeitswettbewerb statt, also hör endlich damit auf jeden Satz mit Danke zu beenden.â
âNun Luke, ich hoffe sie essen gerne Steaks.â
âEigentlich nichtâ, er ignorierte Loreleis vernichtenden Blick. âRotes Fleisch verstopft nur die Arterien und führt zu einem langsamen, qualvollen Tod.â
âOh â sehr vernünftig.â Emily stand auf. âDann werde ich Sarah sagen, sie soll noch etwas Fisch auf den Grill legen. Ich hoffe sie mögen Fisch?â
âIch bin ein leidenschaftlicher Angler, Mrs. Gilmore, danke.â
âIch bin sofort wieder zurück.â
Lorelei sah Luke mit offenem Mund an. âWas sollte das?â zischte sie.
âWas? Du hast doch gesagt ich sollte nicht zu höflich sein.â
âJa, schon â aber ich sagte nicht, dass du am Essen herum mäkeln sollst. AuÃerdem hast du dich schon wieder bedankt.â
âIch habe dir doch gesagt, dass ich das nicht kann. Als ich mich das letzte Mal mit den Eltern meiner Freundin getroffen habe, endete das in einer Katastrophe.â
âUnd das sagst du mir erst jetzt?â
âHey, du hast mich vor vollendete Tatsachen gestellte, â erwiderte Luke genervt.
âHätte ich meiner Mutter etwa sagen sollen: Hey, Luke hat bestimmt keinen Bock ââ, sie unterbrach den Satz, als Emily wieder ins Zimmer kam.
âSo, das wäre erledigt. Was haltete ihr davon, wenn wir schon mal nach drauÃen gehen?â
Lorelei sah ihre Mutter erstaunt an. âNach drauÃen?â
âJa, ich habe den Tisch im Garten decken lassen.â
âAber Mom, du hast doch immer gesagt, nur Tiere essen im Freien.â
âUnsinn, Lorelei.â Sie wandte sich an Luke. âEs wäre doch eine Schande dieses schöne Wetter nicht zu nutzen, finden sie nicht?â
Hartford, Sommer 1967
Während des Dinners herrschte eine gespannte Stimmung, lediglich das gleichförmige Zirpen der Grillen und das Klappern von Besteck auf teurem Porzellan war zu hören. Jerusha schob die Karotten auf ihrem Teller hin und her, während sie die anderen beobachtete und fieberhaft nach einem passenden Gesprächsthema suchte. Zu ihrer Erleichterung brach schlieÃlich Richards Vater die Stille. âIhr habt wirklich einen reizenden Garten, Richard.â
Seine Frau warf ihm einen missbilligenden Blick zu. âWenn man von den vielen Insekten absieht, ist es durchaus reizendâ, sie sah Emily an. âIch hoffe lediglich, dass ich nicht allergisch auf die vielen Mückenstiche reagieren werde.â
Ihr Sohn warf ihr einen erstaunten Blick zu. âAber Trix, du hast doch die Gesundheit eines störrischen Esels. Ich bin mir sicher, dass du selbst die Attacke eines ganzen Mückenschwarms überstehen würdest ohne Schaden davon zu nehmen.â
âRichard, also wirklichâ, sie sah ihren Sohn tadelnd an und wandte sich an Jerusha. âNun, Emily hat mir erzählt, sie seien Künstlerin.â
âMmmh, ich maleâ, sie nickte bejahend.
âWie schönâ, Lorelei wischte sich den Mund an ihrer teuren Seidenserviette ab und trank einen Schluck WeiÃwein. âWissen sie, ich habe mich schon immer gefragt, weshalb ein so talentierter Mann wie Van Gogh zu Lebzeiten so erfolglos war.â
âDie Menschen zu jener Zeit hatten vermutlich kein Geld um sich Bilder in ihre Häuser zu hängenâ, beantwortete ihr Ehemann die Frage.
Diese nickte anerkennend âEin interessantes Argument, mein Lieber. Was halten sie davon, Jerusha?â
âNun, ob Geld oder nicht - zuerst einmal müssen die Bildern den Menschen gefallen. Ich würde nichts kaufen, dass mir nicht gefällt â selbst wenn ich das Geld dazu hätte.â
âDas ist wohl war. Wie ist es mit ihren Bildern? Gefallen sie den Menschen?â
Jerusha zuckte mit den Schultern. âDas hoffe ich doch.â
âHaben sie schon eines verkauft?â
âÃhm, nein, leider nicht.â
âDann scheinen sie den Geschmack der Menschen wohl nicht ganz zu treffenâ, sagte Lorelei spöttisch.
Emily räusperte sich âIhre Bilder sind sehr schön, Mom. Sie hatte bisher einfach kein Glück.â
âNun, Glück hin oder her, von irgendetwas wird sie leben müssen. Was tun sie um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen?â
âDas ist doch nebensächlich, Mom. Möchte noch jemand etwas Mais?â, versuchte ihre Schwiegertochter vom Thema abzulenken, aber Lorelei blieb beharrlich.
âEs ist ganz und gar nicht nebensächlich, Emily. Du hast mir doch selbst erzählt, dass Jerusha aus Queens stammt. Ich nehme also nicht an, dass ihr Eltern genügend finanziellen Mittel haben um sie zu unterstützen.â
âNein, haben sie nicht.â Jerusha biss sich auf die Lippe. âUnd um ihre Frage zu beantworten: Zurzeit arbeite ich in einem kleinen Cafe.â
Entsetzen spiegelte sich in Loreleis Augen. âSie sind Kellnerin?â
âGanz recht Mrs. Gilmore. Ich arbeite als Kellnerinâ, wütend begann sie das Steak auf ihrem Teller in Einzelteile zu zerlegen. âEs kann schlieÃlich nicht jeder mit einem silbernen Löffel im Mund geboren werden.â
Emily warf ihrer Freundin einen flehenden Blick zu. âIch denke wir sollten das Thema wechseln.â
âDas denke ich nicht, Emilyâ, sagte Jerusha ruppig. âIch arbeite hart für mein Geld und habe keine Lust mich deshalb schief von der Seite ansehen zu lassen.â
âAber niemand sieht dich schief von der Seite anâ, versuchte Emily sie zu besänftigen.
âDas sehe ich aber ganz anders.â Sie knallte ihr Besteck auf den Tisch und stand auf. âEntschuldigt mich bitte für einen Augenblick.â
Lorelei warf ihrer Schwiegertochter einen empörten Blick zu. âAlso wirklich Emily, ich kann nicht verstehen wie du uns mit einer derartigen Person an einen Tisch setzen konntest.â
âIch ââ, sie warf Richard einen hilfesuchenden Blick zu.
âEmily und Jerusha sind seit Jahren miteinander befreundet Trix.â
âDas weià ich Richard, aber ich verstehe nicht, wie deine Frau sich mit einem Dienstmädchen anfreunden konnte.â
Emily warf ihre Serviette zur Seite. âIch denke ich sollte nach dem Nachtisch sehen.â
Sie ging ins Haus und fand Jerusha rauchend auf der Treppe vor. âWas sollte das eben?â
âWas das sollte? Du warst doch dabei. Sie hat mich angesehen, als ob ich eine Kriminelle wäreâ, erwiderte Jerusha scharf.
Emily schüttelte fassungslos den Kopf. âDas ist ja wohl kein Grund sich so aufzuführen.â
âIch bin nur Kellnerin, schon vergessen? Also kannst du wohl kaum so etwas wie Manieren von mir erwarten.â
âDas ist doch Unsinn, Jerusha, das weiÃt du ganz genauâ, sie sah ihre Freundin an. âWeshalb musstest du ihr überhaupt sagen, dass du in einem Café arbeitest?â
Jerusha hob fassungslos die Hände âSie hat mich danach gefragt.â
âDu hättest dir was anderes ausdenken können. Du hättest sagen können, du hättest eine kleinen Erbschaft gemacht.â
âIch hätte mir was ausdenken können?â Sie stand auf und ging auf die Eingangshalle zu. âDenk du dir lieber eine gute Erklärung dafür aus, weshalb ich gegangen bin.â
Emily lief hier hinterher. âDas ist doch nicht dein Ernst. Du kannst doch jetzt nicht gehen!â Sie stellte sich ihr in den Weg. âDas wäre unhöflich und kindisch.â
âDann ist es eben unhöflich und kindischâ, zischte Jerusha. âIch werde jedenfalls keine Minute länger hier bleiben!â
âLorelei hat sich mittlerweile bestimmt wieder beruhigt.â
âEs geht hier nicht um Lorelei, sondern um dich.â
âUm mich?â, fragte Emily ungläubig.
âJa, um dich. Darum, dass es dir ganz offensichtlich peinlich ist, mit mir befreundet zu sein.â
âDas ist doch gar nicht wahr.â
âAch nein? Weshalb hast du dann nichts gesagt? Wieso hast du mir nicht geholfen als Lorelei auf mich losgegangen ist?â
Emily schüttelte verzweifelt den Kopf. âDas hätte doch nur noch alles schlimmer gemacht.â
âNa und wenn schon!?!â
âDu verstehst das nicht, Jerusha. Sie ist meine Schwiegermutter, Richard himmelt sie an. Ich kann nicht einfach ââ
Jerusha unterbrach sie. âDu bist so ein Snob, Emily.â
Mit diesen Worten lies sie Emily stehen und warf krachend die Haustür hinter sich zu.
To be continued.
ATN: Hoffe das Kapitel ist nach eurem Geschmack und ihr hatte viel Spaà beim lesen;-) Freu mich wie immer auf euer Feedback! Riska PS: Sorry, dass ihr solange warten musstet, aber mein Nachbar hat sich in den letzten Tagen rar gemacht! Dafür könnt ihr euch schon mal auf ein â wie ich glaube â relativ gutes Kapitel 4 freuen;-)
Stars Hollow, Sommer 2004
Das Telefon läutete bereits zum dritten Mal und Lorelei wühlte verzweifelt in einem riesigen Berg Wäsche, der auf dem Küchentisch lag. âVerdammt, verdammt, verdammt, irgendwo hier muss es doch seinâ¦â Der Anrufbeantworter sprang an. âMomâ Lorelei hastete in die Diele und sah sich suchend um. âVerdammtes Ding. Wo bist Du?â
âMom? Wenn du da bist, nimm bitte ab!â
Sie drehte sich ratlos im Kreis âIch bin da, aber das verdammte Telefon ist nicht da.â
âMoooooom!?!â
âNicht auflegen, nicht auflegenâ¦..ich habâs gleichâ¦â¦â, ihr Blick blieb an der Wohnzimmercouch hängen.
âGut, also ruf mich doch bitte zurück, sobald du nach Hause kommst.â
âHa!â Lorelei rannte ins Wohnzimmer. âHab ich dich erwischt!â Mit einem riesigen Satz hechtete sie auf das Sofa zu und angelte das Telefon aus den Ritzen. âRory? Rory?â
âMom, wo warst du? Wieso gehst du nicht ans Telefon?â
âWeil das blöde Ding nie da ist, wenn man es braucht!â Sie machte es sich auf dem Sofa bequem, griff nach einen Stück Pizza und untersuchte es auf seine GenieÃbarkeit.
âVielleicht solltest du einfach netter zu ihm seinâ, erwiderte Rory trocken.
Ihre Mutter protestierte. âIch gebe ihm ein Dach über dem Kopf und versorge es mit Strom, Igittâ, angewidert warf sie die Pizza zurück in den Karton, âmehr kann das hinterhältige Biest nicht von mir erwarten.â
[i]âDu könntest es allerdings auch mal mit aufräumen versuchen.â
Lorelei verdrehte die Augen und stöhnte, âGott, du hörst dich wie meine Mutter an. Apropos Emily: Sie will, dass ich ihr Luke vorstelle.â
âWoher weià sie das mit euch? Hast du ihr es etwa erzählt?â
âNein, natürlich nicht! Wieso glaubt neuerdings eigentlich jeder, ich würde mit ihr über mein Intimleben reden?â
Rory kicherte âArmer Luke. Grandma wird ihn in seine Einzelteile zerlegen.â
âNicht wenn du es schaffst geschickt das Thema auf dich zu lenken, sobald sie zum Angriff ausholt.â
âOh, ich befürchte das wird nicht gehen. Ich kann am Freitag nicht zum Dinner kommen.â
Lorelei fuhr hoch âRory! Das kannst du mir nicht antun.â Panik lag in ihrer Stimme. âIch brauche dich. Luke braucht dich. Ohne dich wird das Ganze in einem Desaster enden, schwere Geschütze werden aufgefahren werden und die Welt wird im atomaren Winter versinken. Möchtest du das? Möchtest du für eine Welt ohne Blumen und Sonnenschein verantwortlich sein?â
âWenn du mich fragst, ist es zurzeit sowieso viel zu heiÃ. Und was die Blumen angeht: Paris hat mittlerweile gelernt wie man Rosen aus Servietten bastelt.â
âUns werden sämtliche Haare ausfallen.â
âIch wird mir ne Perücke kaufen.â
âRoryâ¦.bitttteeeeeeeâ, flehte sie ihre Tochter an.
âIch würde ja wirklich gerne Mom, aber ich kann nicht. Ich bin nämlich nicht kreativ genug.â
âDu kannst nicht zum Dinner kommen, weil du nicht kreativ genug bist?â
âBehauptet zumindest Professor Lowell.â
Lorelei schüttelte verdutzt den Kopf âWoher will die denn wissen wie es bei den Dinnern meiner Mutter zugeht?â
âEs geht nicht ums Abendessen, sondern um meinen Aufsatz.â
âWas ist mit deinem Aufsatz?â
âEr ist leblos, weil ich nicht kreativ genug bin.â
âUnsinn, du bist sogar sehr kreativ!â
âAch ja? Nenn mir ein Beispiel.â
âNa ja.â Lorelei stand auf und ging in die Küche. âDu wolltest das Luke dir ein Regal mit Blümchen drauf baut.â
âWirklich sehr kreativ.â
Sie klemmte sich das Telefon zwischen Schulter und Ohr und begann die Küche nach etwas Essbarem zu durchsuchen. âDu hast es geschafft meinem Dad ein Geburtstagsgeschenk zu kaufen das ihm gefällt.â
âIch habe ich gefragt was er sich wünscht.â
âDu, du â du hast mit ânem rosa Plüschhammer Häuser für Bedürftige gebaut.â
âDen Hammer hast du mir gebastelt.â
âAber du hast ihn benützt - hab ich euch endlich!â Triumphierend zog Lorelei eine angebrochene Tüte Marshmellows aus dem Kühlschrank.
âNur weil ich spät dran war und deshalb keine Zeit mehr hatte, mir einen Neuen zu besorgen.â
âSo sehr schätzt du also die Geschenke deiner Mutterâ, erwiderte Lorelei und schob sich zufrieden einen Marshmellow in den Mund. âUnd du kannst Freitag wirklich nicht?â
âNein, denn ich bin jetzt offizielles Mitglied des Yale-Projekts âKunst im Alltag` und werde Freitag und sieben weitere Tage damit verbringen müssen, einem kreativen Menschen über die Schulter zu schauen.â
âWer denkt sich denn so einen Schwachsinn aus?â
âKeine Ahnung. Aber ich werde meine kreativen Erlebnisse in einem kreativen Artikel für die âYale Newsâ niederschreiben und den Kreativitätsnobelpreis dafür erhalten.â
âDa bin ich mir sicherâ, antwortete Lorelei kauend. â Ich frage mich nur ob die Preisverleihung in den wirren Zeiten eines kalten Krieges überhaupt stattfinden kann.â
âIch werde auf keinen Fall auf diese Ehre verzichten, nur weil du das Dinner vergeigst. Sei nett.â
âSchon gut, ich werde mein Bestes geben. Aber behaupte hinterher nicht, ich hätte dich nicht vor dem Day after Tomorrow gewarnt!â
Hartford, Sommer 1967
Es war ein lauer Sommerabend und Emily hatte den Tisch im Garten decken lassen. Nervös lief sie um ihn herum, schob hier eine Gabel weiter nach rechts und dort ein Glas weiter nach links. SchlieÃlich trat sie einige Schritte zurück um das Gesamtwerk zu mustern.
âIch glaube die Kerzenhalter stehen nicht im richtigen Abstand zueinanderâ, Jerusha war unbemerkt hinter sie getreten.
âTatsächlich? Dabei habe ich den Abstand zwei Mal nachgemessen.â Emily sah sie suchend um. âWo habe ich bloà das verflixte MaÃband hingelegtâ¦..â
âIch habe nur einen Scherz gemacht, Emâ, Jerusha schüttelte grinsend den Kopf. âHallo erstmalâ, sie umarmte Emily.
âSchön dich zu sehenâ, sie lächelte. âGut siehst du aus.â
Jerusha knickste âVielen Dank. Ich kann das Kompliment nur zurückgeben. Und der Tisch sieht auch äuÃerst elegant aus.â
âDanke â und die Kerzenständer stehen wirklich im richtigen Abstand zueinander?â
âMartha Steward wäre begeistert.â
âGott sei dankâ, Emily holte tief Luft und sah auf ihre Armbanduhr. âIch frag mich wo Richard bleibt. Seine Eltern werden bald hier sein und das Soufflee wird in sich zusammenfallen wenn es nicht pünktlich serviert wird.â
âDu hast gekocht?â versuchte Jerusha sie zu necken, aber Emily ging nicht darauf ein.
âAperitif?â
âGerne, wenn du einen mittrinkst. Es sei dennâ¦â, sie sah ihre Freundin fragend an, doch die schüttelte den Kopf.
âOh.â Jerusha nickte âTut mir leid.â
âWie wärâs mit einem Martini?â
âÃhmâ¦.Martini wäre phantastisch, danke.â
âIch bin gleich wieder zurück.â Emily rang sich ein Lächeln ab und verschwand im Haus, während Jerusha ihr nachdenklich hinterher sah.
Dorham, Sommer 2004
Die Morgensonne fiel durch die groÃen Fenster des Ateliers und tauchte es in ein warmes Licht. An den Wänden lehnten unzählige Leinwände, der Geruch von Ãl und Farbe hing in der Luft und der Ventilator wirbelte blaue Rauchschwaden umher. Eine Zigarette in der einen und einen Pinsel in der anderen Hand stand eine Frau vor einer Staffelei. Rory beobachtete sie eine Weile und klopfte schlieÃlich zögernd an die offen stehende Glastür âMrs. Bromley?â
Die Malerin drehte sich um und musterte Rory âWas kann ich für sie tun?â
âIch bin Studentin in Yale und ââsie wurde unterbrochen.
âGott, dass hatte ich total vergessen.â Mrs. Bromley legte den Pinsel weg.
âOhâ¦â Rory trat unruhig von einem Fuà auf den anderen. âIch kann natürlich auch ein anderes Mal wiederkommen.â
âNein, nein â komm einfach rein.â Sie griff nach einem alten Lappen und wischte sich die Hände daran ab. âTja â ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung was ich mit dir anstellen soll. Ich meine, ich habe mich nicht darum gerissen an diesem Projekt teilzunehmen, und halte es offen gestanden für ziemlich albern.â
âIch kann auch nicht gerade behaupten es für eine sonderlich tolle Idee zu halten. Aber ich hatte eine Vier, weil ich nicht kreativ genug bin und deshalbâ¦.â, verlegen brach sie den Satz ab.
Mrs. Bromley lächelte âKein Grund rot zu werden, ich hätte in deinem Alter dasselbe getan, ähmâ¦.?â
âOh, wie unhöflich von mir, â sie streckte die Hand aus. âIch bin Rory.â
âFreut mich dich kennen zu lernen, Rory. Darf ich dir was anbieten? Kaffe, Tee, Wasser?â
âEin Kaffee wäre jetzt genau das Richtige.â
âIn Ordnung, ich komme gleich wieder.â Mrs. Bromley lächelte ihr aufmunternd zu. âDu kannst dich ja solange hier umsehen.â
Neugierig ging Rory durch den groÃen Raum und sah sich die verschieden Bilder darin an. Verwundert stellte sie fest, dass kaum eines dem anderen glich. Die einen waren in dunklen Farben gehalten, die anderen strotzten nur so von kräftigen Farben. Sie blieb schlieÃlich vor der Staffelei stehen und betrachtete die halbfertige Zeichnung eines alten Mannes.
âGefällt es dir?â Mrs. Bromley schob einige Farbtuben auf dem Tisch zur Seite und stellte ein Tablett darauf ab.
âIch kenne mich mit Kunst zwar nicht so aus, aber es sieht wirklich schön aus.â Rory deutete auf das Bild. âVor allem seine Augen.â
âDankeâ, sie schenkte den Kaffee ein. âMilch und Zucker?â
Rory schüttelte den Kopf. âNein danke, ich trinke ihn schwarz.â
âDu scheinst Geschmack zu haben.â Die Malerin reichte ihr zwinkernd eine Tasse.
âDarf ich sie was fragen?â
âNatürlich.â
âWenn sie das hier für albern halten, warum machen sie es dann?â
âGute Frageâ, sie griff nach einer Schachtel Zigaretten und zündete sich eine an. âWeil mich ein Gericht dazu verdonnert hat.â Sie bemerkte Rorys verwirrten Blick. âBeamtenbeleidigung, ich muss 70 Stunden allgemeinnützige Arbeit verrichten. Und bevor ich Müll im Park aufsammle, tue ich lieber das hier.â
Rory konnte sich ein Lachen nicht verkneifen â70 Stunden? Wowh, sie müssen ja echt fies gewesen sein.â
âDiese unverschämte Politesse hatte es nicht anders verdient.â Mrs. Bromley bekam einen verträumten Blick und grinste. âDu hättest ihr entsetztes Gesicht sehen sollen. Es war einfach zu köstlich.â
âVielleicht sollten wir das mit der Kreativität einfach vergessen, und sie bringen mir stattdessen bei Politessen zu beschimpfen.â
Die Malerin hob ihre Kaffeetasse. âAuf dich Rory, deine Einstellung gefällt mir.â Klirrend stieÃen ihre Tassen aneinander.
âDanke, Mrs. Bromley.â
âOh, und bitte lass doch dieses blöde Gesieze, ich komme mir sonst so alt vor. Nenn mich einfach Jerusha.â
Hartford, Sommer 2004
Lorelei knallte die Tür ihres Jeeps zu und gab Luke letzte Anweisungen. âRory ist nicht als Puffer da, also versuch die spitzen Bemerkungen meiner Mutter einfach zu überhören, und wechsle das Thema falls ich darauf eingehen sollte.â
âIch werde mein Bestes gebenâ, nervös rückte er seine Krawatte zurecht und Lorelei drückte ihm einen Kuss auf die Wange. âWofür war der denn?â
âDafür, dass du dich so schick gemacht hast.â Sie grinste âUnd wenn du heute Abend brav bist, gibt es noch mehr davon.â
Luke sah sie an. âIch nehme an du bezahlst nicht im Voraus?â
âMmmmhhhh, lass mich überlegen - Neinâ, Lorelei drückte auf die Klingel. âIch will schlieÃlich nicht riskieren, dass du mit der Belohnung abhaust ohne etwas dafür getan zu haben.â Sie sah ihn augenzwinkernd an. âUnd immer schön daran denken: Rory ist nicht als Puffer da, also ââ die Haustür öffnete sich. âHi Mom.â
âLorelei.â Emily begrüÃte ihre Tochter lächelnd und sah sie erwartungsvoll an.
âMom.â Lorelei begann langsam mit dem Kopf zu nicken als diese nichts erwiderte. âOh â wie dumm von mir.â Sie schlug sich mit der Hand an die Stirn. âMom, das ist Luke â Luke, das ist meine Momâ, stellte sie die beiden einander vor. âAber eigentlich kennt ihr euch ja schonâ, fügte sie zähneknirschend hinzu, während sie Luke einen warnenden Blick zuwarf.
âJa, ich erinnere mich.â Emily reichte ihm die Hand âEs freut mich sie wieder zu sehen.â Sie trat einen Schritt zur Seite und deutete in die Eingangshalle. âKommt doch herein.â
Luke räusperte sich und betrat das Haus âDanke, Mrs. Gilmore. Wowhâ, er nickte anerkennend âTolles Gebäude.â
Emily strahlte âDanke sehr.â Sie drehte sich um und ging in den Salon. âDarf ich ihnen einen Aperitif anbieten, Luke?â
âDanke, aber eigentlichâ¦â, er korrigierte sich als er Loreleis Ellenbogen in seiner Seite spürte âEin Aperitif wäre klasse, danke.â
âScotch, Martini, Wein â?â
âScotch auf Eis wäre nett, danke.â
âIn Ordnung.â Sie sah ihre Tochter an. âLorelei?â
âGin Tonic ohne Tonic.â Während Emily damit beschäftigt war die Drinks zu mixen, beugte sie sich zu Luke und begann zu flüstern. âWir haben Glück, sie scheint heute gut drauf zu sein.â
Emily reichte den Beiden ihre Getränke. âBitte sehr.â
âDanke sehr, Mrs. Gilmore.â
âJa, danke Mom.â Lorelei trank einen groÃen Schluck Gin und lehnte sich dabei so unauffällig wie möglich zu Luke. âHör zu, hier findet kein Höflichkeitswettbewerb statt, also hör endlich damit auf jeden Satz mit Danke zu beenden.â
âNun Luke, ich hoffe sie essen gerne Steaks.â
âEigentlich nichtâ, er ignorierte Loreleis vernichtenden Blick. âRotes Fleisch verstopft nur die Arterien und führt zu einem langsamen, qualvollen Tod.â
âOh â sehr vernünftig.â Emily stand auf. âDann werde ich Sarah sagen, sie soll noch etwas Fisch auf den Grill legen. Ich hoffe sie mögen Fisch?â
âIch bin ein leidenschaftlicher Angler, Mrs. Gilmore, danke.â
âIch bin sofort wieder zurück.â
Lorelei sah Luke mit offenem Mund an. âWas sollte das?â zischte sie.
âWas? Du hast doch gesagt ich sollte nicht zu höflich sein.â
âJa, schon â aber ich sagte nicht, dass du am Essen herum mäkeln sollst. AuÃerdem hast du dich schon wieder bedankt.â
âIch habe dir doch gesagt, dass ich das nicht kann. Als ich mich das letzte Mal mit den Eltern meiner Freundin getroffen habe, endete das in einer Katastrophe.â
âUnd das sagst du mir erst jetzt?â
âHey, du hast mich vor vollendete Tatsachen gestellte, â erwiderte Luke genervt.
âHätte ich meiner Mutter etwa sagen sollen: Hey, Luke hat bestimmt keinen Bock ââ, sie unterbrach den Satz, als Emily wieder ins Zimmer kam.
âSo, das wäre erledigt. Was haltete ihr davon, wenn wir schon mal nach drauÃen gehen?â
Lorelei sah ihre Mutter erstaunt an. âNach drauÃen?â
âJa, ich habe den Tisch im Garten decken lassen.â
âAber Mom, du hast doch immer gesagt, nur Tiere essen im Freien.â
âUnsinn, Lorelei.â Sie wandte sich an Luke. âEs wäre doch eine Schande dieses schöne Wetter nicht zu nutzen, finden sie nicht?â
Hartford, Sommer 1967
Während des Dinners herrschte eine gespannte Stimmung, lediglich das gleichförmige Zirpen der Grillen und das Klappern von Besteck auf teurem Porzellan war zu hören. Jerusha schob die Karotten auf ihrem Teller hin und her, während sie die anderen beobachtete und fieberhaft nach einem passenden Gesprächsthema suchte. Zu ihrer Erleichterung brach schlieÃlich Richards Vater die Stille. âIhr habt wirklich einen reizenden Garten, Richard.â
Seine Frau warf ihm einen missbilligenden Blick zu. âWenn man von den vielen Insekten absieht, ist es durchaus reizendâ, sie sah Emily an. âIch hoffe lediglich, dass ich nicht allergisch auf die vielen Mückenstiche reagieren werde.â
Ihr Sohn warf ihr einen erstaunten Blick zu. âAber Trix, du hast doch die Gesundheit eines störrischen Esels. Ich bin mir sicher, dass du selbst die Attacke eines ganzen Mückenschwarms überstehen würdest ohne Schaden davon zu nehmen.â
âRichard, also wirklichâ, sie sah ihren Sohn tadelnd an und wandte sich an Jerusha. âNun, Emily hat mir erzählt, sie seien Künstlerin.â
âMmmh, ich maleâ, sie nickte bejahend.
âWie schönâ, Lorelei wischte sich den Mund an ihrer teuren Seidenserviette ab und trank einen Schluck WeiÃwein. âWissen sie, ich habe mich schon immer gefragt, weshalb ein so talentierter Mann wie Van Gogh zu Lebzeiten so erfolglos war.â
âDie Menschen zu jener Zeit hatten vermutlich kein Geld um sich Bilder in ihre Häuser zu hängenâ, beantwortete ihr Ehemann die Frage.
Diese nickte anerkennend âEin interessantes Argument, mein Lieber. Was halten sie davon, Jerusha?â
âNun, ob Geld oder nicht - zuerst einmal müssen die Bildern den Menschen gefallen. Ich würde nichts kaufen, dass mir nicht gefällt â selbst wenn ich das Geld dazu hätte.â
âDas ist wohl war. Wie ist es mit ihren Bildern? Gefallen sie den Menschen?â
Jerusha zuckte mit den Schultern. âDas hoffe ich doch.â
âHaben sie schon eines verkauft?â
âÃhm, nein, leider nicht.â
âDann scheinen sie den Geschmack der Menschen wohl nicht ganz zu treffenâ, sagte Lorelei spöttisch.
Emily räusperte sich âIhre Bilder sind sehr schön, Mom. Sie hatte bisher einfach kein Glück.â
âNun, Glück hin oder her, von irgendetwas wird sie leben müssen. Was tun sie um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen?â
âDas ist doch nebensächlich, Mom. Möchte noch jemand etwas Mais?â, versuchte ihre Schwiegertochter vom Thema abzulenken, aber Lorelei blieb beharrlich.
âEs ist ganz und gar nicht nebensächlich, Emily. Du hast mir doch selbst erzählt, dass Jerusha aus Queens stammt. Ich nehme also nicht an, dass ihr Eltern genügend finanziellen Mittel haben um sie zu unterstützen.â
âNein, haben sie nicht.â Jerusha biss sich auf die Lippe. âUnd um ihre Frage zu beantworten: Zurzeit arbeite ich in einem kleinen Cafe.â
Entsetzen spiegelte sich in Loreleis Augen. âSie sind Kellnerin?â
âGanz recht Mrs. Gilmore. Ich arbeite als Kellnerinâ, wütend begann sie das Steak auf ihrem Teller in Einzelteile zu zerlegen. âEs kann schlieÃlich nicht jeder mit einem silbernen Löffel im Mund geboren werden.â
Emily warf ihrer Freundin einen flehenden Blick zu. âIch denke wir sollten das Thema wechseln.â
âDas denke ich nicht, Emilyâ, sagte Jerusha ruppig. âIch arbeite hart für mein Geld und habe keine Lust mich deshalb schief von der Seite ansehen zu lassen.â
âAber niemand sieht dich schief von der Seite anâ, versuchte Emily sie zu besänftigen.
âDas sehe ich aber ganz anders.â Sie knallte ihr Besteck auf den Tisch und stand auf. âEntschuldigt mich bitte für einen Augenblick.â
Lorelei warf ihrer Schwiegertochter einen empörten Blick zu. âAlso wirklich Emily, ich kann nicht verstehen wie du uns mit einer derartigen Person an einen Tisch setzen konntest.â
âIch ââ, sie warf Richard einen hilfesuchenden Blick zu.
âEmily und Jerusha sind seit Jahren miteinander befreundet Trix.â
âDas weià ich Richard, aber ich verstehe nicht, wie deine Frau sich mit einem Dienstmädchen anfreunden konnte.â
Emily warf ihre Serviette zur Seite. âIch denke ich sollte nach dem Nachtisch sehen.â
Sie ging ins Haus und fand Jerusha rauchend auf der Treppe vor. âWas sollte das eben?â
âWas das sollte? Du warst doch dabei. Sie hat mich angesehen, als ob ich eine Kriminelle wäreâ, erwiderte Jerusha scharf.
Emily schüttelte fassungslos den Kopf. âDas ist ja wohl kein Grund sich so aufzuführen.â
âIch bin nur Kellnerin, schon vergessen? Also kannst du wohl kaum so etwas wie Manieren von mir erwarten.â
âDas ist doch Unsinn, Jerusha, das weiÃt du ganz genauâ, sie sah ihre Freundin an. âWeshalb musstest du ihr überhaupt sagen, dass du in einem Café arbeitest?â
Jerusha hob fassungslos die Hände âSie hat mich danach gefragt.â
âDu hättest dir was anderes ausdenken können. Du hättest sagen können, du hättest eine kleinen Erbschaft gemacht.â
âIch hätte mir was ausdenken können?â Sie stand auf und ging auf die Eingangshalle zu. âDenk du dir lieber eine gute Erklärung dafür aus, weshalb ich gegangen bin.â
Emily lief hier hinterher. âDas ist doch nicht dein Ernst. Du kannst doch jetzt nicht gehen!â Sie stellte sich ihr in den Weg. âDas wäre unhöflich und kindisch.â
âDann ist es eben unhöflich und kindischâ, zischte Jerusha. âIch werde jedenfalls keine Minute länger hier bleiben!â
âLorelei hat sich mittlerweile bestimmt wieder beruhigt.â
âEs geht hier nicht um Lorelei, sondern um dich.â
âUm mich?â, fragte Emily ungläubig.
âJa, um dich. Darum, dass es dir ganz offensichtlich peinlich ist, mit mir befreundet zu sein.â
âDas ist doch gar nicht wahr.â
âAch nein? Weshalb hast du dann nichts gesagt? Wieso hast du mir nicht geholfen als Lorelei auf mich losgegangen ist?â
Emily schüttelte verzweifelt den Kopf. âDas hätte doch nur noch alles schlimmer gemacht.â
âNa und wenn schon!?!â
âDu verstehst das nicht, Jerusha. Sie ist meine Schwiegermutter, Richard himmelt sie an. Ich kann nicht einfach ââ
Jerusha unterbrach sie. âDu bist so ein Snob, Emily.â
Mit diesen Worten lies sie Emily stehen und warf krachend die Haustür hinter sich zu.
To be continued.
ATN: Hoffe das Kapitel ist nach eurem Geschmack und ihr hatte viel Spaà beim lesen;-) Freu mich wie immer auf euer Feedback! Riska PS: Sorry, dass ihr solange warten musstet, aber mein Nachbar hat sich in den letzten Tagen rar gemacht! Dafür könnt ihr euch schon mal auf ein â wie ich glaube â relativ gutes Kapitel 4 freuen;-)