12.09.2005, 21:13
Ihre Schritte knirschen auf dem weiÃen Kies, flüchtig kommt ihr der Gedanke, dass sie ihre Absätze ruinieren wird und sie fragt sich was sich Stadt und Staat wohl dabei denken den Park nicht auch für elegante Schuhe begehbar zu machen â denken sie nur Landstreicher würde sich hier aufhalten? Nun, vermutlich ist es so, denn kein Mensch der bei Verstand ist, würde diese verdammten Wege freiwillig mit etwas anderem als Zeitungspapier um den FüÃen betreten. Wenigstens ist es noch hell, sie muss sich also keine Sorgen machen in der Dunkelheit von Halbstarken überfallen und ausgeraubt zu werden. Andererseits â hielten sich die Kriminellen heutzutage überhaupt noch an die ungeschriebenen Gesetze von Tag und Nacht? Hatte Lorelai sich an das ungeschriebene Gesetz ihrer Kindheit erinnert?
Sie schiebt einen schweren Weidenast zur Seite, rutscht die Böschung beinahe haltlos hinab, das Laub ist feucht vom letzten Regen, der Boden eine zäh braune Masse aus Blättern und Erde. Also flucht sie leise, während sie sich den Hang hinunter arbeitet, schlieÃlich am Zugewucherten Ufer des Sees ankommt, ihre Tochter in dem Irrspiel aus Licht und Schatten, Ãsten und Schilf entdeckt.
âDas Holz ist kalt und nassâ, erklärt sie. âDu wirst dir eine Blasenentzündung holen.â
Lorelai schrickt auf, macht jedoch keinerlei Anstalten sich von dem vor Feuchtigkeit glänzendem, schräg gewachsenen Ast einer alten Weide zu erheben, stöhnt stattdessen auf. âMom, was machst du denn hier?â
âIch genieÃe die kühle Herbstluftâ, entgegnet Emily süffisant und bahnt sich ihren Weg zu Lorelai. âSteh aufâ, fordert sie ihre Tochter auf, zieht dabei ihren Mantel aus. âMach schon!â, setzt sie etwas ungehaltener hinzu, als Lorelai der Aufforderung nicht sofort nachkommt. Jetzt tut sie es und Emily wirft den teuren Kaschmirmantel über das schmutzige Holz. Dann setzt sie sich, bedeutet ihrem Gegenüber mit einem Klopfen auf die leere Stelle neben ihr, sich ebenfalls wieder zu setzen.
âWenn Dad mitbekommt, dass ich dich bei diesen Temperaturen ohne Mantel herumlaufen lasse, dann tötet er michâ, lässt sie sich neben Emily nieder, sieht sie an. âWoher weiÃt du überhaupt, dass ich hier bin?â
âReine Glückssacheâ, ein Achselzucken, Lorelai wirft ihr einen Blick zu der zu sagen scheint Mom, überstrapazier dein Glück mit mir nicht, also holt sie etwas weiter aus. âAls du vier oder fünf warst, da hatten wir unseren ersten richtigen Streit. Die erste Auseinandersetzung, der ich nicht gewachsen war, bei der ich überreagiert habe.â
âWorum ging es?â
âIch weià es nicht mehr genau, irgendeine Banalität vermutlich. Ich weià nur noch, dass du irgendwann die Hände in die Hüfte gestemmt und mich angesehen hast. Deine blauen Kinderaugen haben furchtbar erwachsen gewirkt. Dann hast du gesagt Ich hasse dich, Mom und bist nach drauÃen gelaufenâ, sie schüttelt den Kopf ob der Erinnerung, ein Moment den sie niemals vergessen wird, ein ungebremster Fausthieb in ihrem Magen, der ihr die Luft zum Atmen nahm. âIch dachte, du würdest von alleine zurückkommen, so wie du es sonst auch immer getan hast, wenn du dich wieder beruhigt hattest. Aber du bist es nicht und irgendwann habe ich angefangen mir ernsthaft Sorgen zu machen. Es hat drei Stunden gedauert bis ich dich hier gefunden habeâ, ein leises Lächeln. âVon da an habe ich dich immer hier gefunden, wenn du weggelaufen bist. Zum Glück bist du nie auf die Idee gekommen, dir ein anderes Versteck zu suchen.â
âVielleicht wollte ich auch einfach gefunden werdenâ, wirft Lorelai ein, Mutter und Tochter sehen sich an, ein seltsamer Blick ist es, traurig und fragend.
âVielleichtâ, räumt sie ein, besinnt sich wieder des eigentlichen Grundes für dieses obskure Zusammentreffen. âDu weiÃt, dass du da nicht tun kannstâ, setzt sie an. âEs wäre egoistisch und naiv.â
Lorelai starrt zu Boden, malt mit der Schuhspitze Kreise in den Matsch. âGanz schön kühl geworden, plötzlich.â
âDenk an seine Frau und seine Tochter. Denk an deinen Mann und deine Töchter. Und dann denk an deine Erziehungâ, ignoriert sie den Kommentar ihrer Tochter.
âAber das tue ich doch ständigâ, zwitschert sie absichtlich beschwingt, hofft es so von sich zu Schieben, das alte Spiel, Schwarzer Peter - bislang hat es immer funktioniert. âDu hast Dad doch auch einer anderen ausgespannt, ich habe von der Besten gelernt.â
âLorelai, bitteâ¦â, sie will nicht, dass das Gespräch aus der Bahn läuft und in einem Streit endet, ihr Gegenüber fällt ihr ins Wort.
âKeine Angst, Momâ, sagt sie leise, du kommst zu spät, ich habe meine Entscheidung schon getroffen, habe es alleine getan. âIch werde es nicht tun. Freu dich, du hast Recht, auch wenn ich ohne deine Mithilfe darauf gekommen bin: Er ist verheiratet, ich bin es. Scheià Timing.â
âSchön, dass du das einsiehst. Die nächste Frage wäre, was du jetzt vorhast?â
Sie zuckt mit den Schultern, schnieft. âIch weià es nicht. Irgendetwas wird schon passieren. Irgendwie. Irgendwo.â
âNoch könntest du zu ihm zurück, Lorelaiâ, versucht sie zu retten, was zu retten ist. âIch bin mir sicher Luke würde verstehen, dass du ââ
âIch will aber nicht zurück zu ihmâ, erklärt sie, tut es vielleicht etwas zu bestimmt.
âEr ist der Vater deiner Tochter! Es wäre nicht richtig ihn zu verlassen ohne zu wissen wohin du gehst. Es wäre Ruth gegenüber nicht fair. Sie braucht einen Vater.â
âRory ist auch ohne Vater aufgewachsen und trotzdem ist etwas aus ihr geworden.â
âRory ist ohne Vater aufgewachsen, weil du ihr ihren Vater weggenommen hast. Willst du Ruth den ihren wegnehmen?â
âDas sagst ausgerechnet du!? Gerade du?â, zischt sie, begreift nicht, weshalb Emily so reagiert. Gerade sie müsste doch verstehen, gerade sieâ¦.
âGerade ich! Denn ich bin deine Mutter, Lorelai. Und trotz allem, was du über mich weiÃt oder zu wissen glaubst, ich werde es immer sein. Und die Tatsache, das ich Fehler gemacht habe, heiÃt nicht, dass du dadurch einen Freifahrtschein bekommst, ebenfalls welche zu machen oder ich dich dir tatenlos dabei zusehe, wie du sie machst. Und Luke zu verlassen ist ein Fehler. Ein furchtbarer Fehler den du auf Kosten Ruths begehst. Werd endlich erwachsen, Lorelai, das Leben ist kein Märchen in dem dir die gute Fee drei Wünsche erfüllt und alles wird gut. So ist es nicht.â
âDu hast leicht reden. Du hast schlieÃlich alles was du willst.â
âNatürlichâ, ein Schnauben. âIch habe mir in den letzten Tagen nichts mehr gewünscht als wieder Mal mit meiner einzigen Tochter zu streiten. Einfach herrlich!â
âDann hör auf dich in mein Leben einzumischen, Mom. Hör auf mir ständig zu sagen, was ich tun oder lassen soll, hör auf damit an mir und meinem Leben zu kritisieren. Dir mag es vielleicht seltsam vorkommen, aber ich mag es. Ich mag mein Leben!â
âUnd deshalb willst du es einfach so wegwerfen?â
Die Frage Emilys mag vielleicht rhetorisch sein, doch sie trifft Lorelai, ein Eimer eisigen Wassers über ihr Haupt. âIch, so war das nicht, ich meine, ichâ, stammelt sie, weià nicht, was sie sagen soll. Versuch es mit der Wahrheit, sagt eine Stimme in ihr, flüstert es mit kindlicher Stimme. âAls ich ein kleines Mädchen war, da, da habe ich mir immer so einen Mann wie Daddy gewünscht. Einen der mir aus dem Mantel hilft, wenn wir von einem Ball nach Hause kommen, der mich genauso ansieht, wie er dich ansieht, so als ob ich die schönste Frau auf der Welt wäre, die Einzige. Ich wollte diesen einen Mann treffen, ihn sehen und genau wissen: Das ist er, das ist der Mann mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen werde. Aber so war es nichtâ, erklärt sie leise. âUnd ich habe einfach Angst, dass ich das nie mehr erleben werde.â
Langsam beginnt sie zu begreifen, begreift wonach ihre Tochter jagt. Geister sind es, die es nie gegeben hat. âDas mit Richard und mir, es war nicht Liebe auf den ersten Blick.â
âWar es nicht?â, überrascht blickt sie auf.
âNeinâ, bestätigt sie sanft. âEs war - er hat mir zugehört. Er hat mich zum Lachen gebracht und er hat mich ernst genommen. Er war für mich da, Lorelai, egal wie es mir ging, Richard war für mich da. Er war der erste Mensch in meinem Leben, der wirklich für mich da war. Er hat nach und nach mein Vertrauen gewonnen, mein Vertrauen und meine Liebeâ, ein privates Lächeln huscht über ihr Gesicht. âAm Anfang habe ich nicht einmal bemerkt, dass ich mich in ihn verliebt hatte. Und als ich es bemerkte, da habe ich es ignoriert. Zumindest habe ich das versucht. Sonderlich erfolgreich war ich nicht, du bist der beste Beweis dafürâ, sie streicht ihrer Tochter über die Wange, ein eindringlicher Blick. âEs kommt nicht darauf an wie wir lieben lernen, Engelchen, sondern nur darauf, dass wir es tun.â
Von ihrer Mutter mit ihrem alten Kosenamen bedacht zu werden, irritiert sie, tut es auf eine angenehme Art und Weise, plötzlich ist sie wieder fünf und Emily, Emily ist einfach nur die Frau, die auf sie aufpasst. Sie ahnt, dass dieses Gefühl nicht lange anhalten wird, will es so lange wie möglich halten. Daher entgegnet sie nichts, tut etwas das Emily ungleich überrascht, sie bettet ihren Kopf auf dem Schoà ihrer Mutter. Spürt kurz darauf, eine wenig zögernd scheint es, ein wenig zögernd ist es, die Hand ihrer Mutter in ihrem Haar, sanfte Kreise, Geborgenheit und Trost, ein melancholisches Lächeln auf beider Lippen.
Sie schiebt einen schweren Weidenast zur Seite, rutscht die Böschung beinahe haltlos hinab, das Laub ist feucht vom letzten Regen, der Boden eine zäh braune Masse aus Blättern und Erde. Also flucht sie leise, während sie sich den Hang hinunter arbeitet, schlieÃlich am Zugewucherten Ufer des Sees ankommt, ihre Tochter in dem Irrspiel aus Licht und Schatten, Ãsten und Schilf entdeckt.
âDas Holz ist kalt und nassâ, erklärt sie. âDu wirst dir eine Blasenentzündung holen.â
Lorelai schrickt auf, macht jedoch keinerlei Anstalten sich von dem vor Feuchtigkeit glänzendem, schräg gewachsenen Ast einer alten Weide zu erheben, stöhnt stattdessen auf. âMom, was machst du denn hier?â
âIch genieÃe die kühle Herbstluftâ, entgegnet Emily süffisant und bahnt sich ihren Weg zu Lorelai. âSteh aufâ, fordert sie ihre Tochter auf, zieht dabei ihren Mantel aus. âMach schon!â, setzt sie etwas ungehaltener hinzu, als Lorelai der Aufforderung nicht sofort nachkommt. Jetzt tut sie es und Emily wirft den teuren Kaschmirmantel über das schmutzige Holz. Dann setzt sie sich, bedeutet ihrem Gegenüber mit einem Klopfen auf die leere Stelle neben ihr, sich ebenfalls wieder zu setzen.
âWenn Dad mitbekommt, dass ich dich bei diesen Temperaturen ohne Mantel herumlaufen lasse, dann tötet er michâ, lässt sie sich neben Emily nieder, sieht sie an. âWoher weiÃt du überhaupt, dass ich hier bin?â
âReine Glückssacheâ, ein Achselzucken, Lorelai wirft ihr einen Blick zu der zu sagen scheint Mom, überstrapazier dein Glück mit mir nicht, also holt sie etwas weiter aus. âAls du vier oder fünf warst, da hatten wir unseren ersten richtigen Streit. Die erste Auseinandersetzung, der ich nicht gewachsen war, bei der ich überreagiert habe.â
âWorum ging es?â
âIch weià es nicht mehr genau, irgendeine Banalität vermutlich. Ich weià nur noch, dass du irgendwann die Hände in die Hüfte gestemmt und mich angesehen hast. Deine blauen Kinderaugen haben furchtbar erwachsen gewirkt. Dann hast du gesagt Ich hasse dich, Mom und bist nach drauÃen gelaufenâ, sie schüttelt den Kopf ob der Erinnerung, ein Moment den sie niemals vergessen wird, ein ungebremster Fausthieb in ihrem Magen, der ihr die Luft zum Atmen nahm. âIch dachte, du würdest von alleine zurückkommen, so wie du es sonst auch immer getan hast, wenn du dich wieder beruhigt hattest. Aber du bist es nicht und irgendwann habe ich angefangen mir ernsthaft Sorgen zu machen. Es hat drei Stunden gedauert bis ich dich hier gefunden habeâ, ein leises Lächeln. âVon da an habe ich dich immer hier gefunden, wenn du weggelaufen bist. Zum Glück bist du nie auf die Idee gekommen, dir ein anderes Versteck zu suchen.â
âVielleicht wollte ich auch einfach gefunden werdenâ, wirft Lorelai ein, Mutter und Tochter sehen sich an, ein seltsamer Blick ist es, traurig und fragend.
âVielleichtâ, räumt sie ein, besinnt sich wieder des eigentlichen Grundes für dieses obskure Zusammentreffen. âDu weiÃt, dass du da nicht tun kannstâ, setzt sie an. âEs wäre egoistisch und naiv.â
Lorelai starrt zu Boden, malt mit der Schuhspitze Kreise in den Matsch. âGanz schön kühl geworden, plötzlich.â
âDenk an seine Frau und seine Tochter. Denk an deinen Mann und deine Töchter. Und dann denk an deine Erziehungâ, ignoriert sie den Kommentar ihrer Tochter.
âAber das tue ich doch ständigâ, zwitschert sie absichtlich beschwingt, hofft es so von sich zu Schieben, das alte Spiel, Schwarzer Peter - bislang hat es immer funktioniert. âDu hast Dad doch auch einer anderen ausgespannt, ich habe von der Besten gelernt.â
âLorelai, bitteâ¦â, sie will nicht, dass das Gespräch aus der Bahn läuft und in einem Streit endet, ihr Gegenüber fällt ihr ins Wort.
âKeine Angst, Momâ, sagt sie leise, du kommst zu spät, ich habe meine Entscheidung schon getroffen, habe es alleine getan. âIch werde es nicht tun. Freu dich, du hast Recht, auch wenn ich ohne deine Mithilfe darauf gekommen bin: Er ist verheiratet, ich bin es. Scheià Timing.â
âSchön, dass du das einsiehst. Die nächste Frage wäre, was du jetzt vorhast?â
Sie zuckt mit den Schultern, schnieft. âIch weià es nicht. Irgendetwas wird schon passieren. Irgendwie. Irgendwo.â
âNoch könntest du zu ihm zurück, Lorelaiâ, versucht sie zu retten, was zu retten ist. âIch bin mir sicher Luke würde verstehen, dass du ââ
âIch will aber nicht zurück zu ihmâ, erklärt sie, tut es vielleicht etwas zu bestimmt.
âEr ist der Vater deiner Tochter! Es wäre nicht richtig ihn zu verlassen ohne zu wissen wohin du gehst. Es wäre Ruth gegenüber nicht fair. Sie braucht einen Vater.â
âRory ist auch ohne Vater aufgewachsen und trotzdem ist etwas aus ihr geworden.â
âRory ist ohne Vater aufgewachsen, weil du ihr ihren Vater weggenommen hast. Willst du Ruth den ihren wegnehmen?â
âDas sagst ausgerechnet du!? Gerade du?â, zischt sie, begreift nicht, weshalb Emily so reagiert. Gerade sie müsste doch verstehen, gerade sieâ¦.
âGerade ich! Denn ich bin deine Mutter, Lorelai. Und trotz allem, was du über mich weiÃt oder zu wissen glaubst, ich werde es immer sein. Und die Tatsache, das ich Fehler gemacht habe, heiÃt nicht, dass du dadurch einen Freifahrtschein bekommst, ebenfalls welche zu machen oder ich dich dir tatenlos dabei zusehe, wie du sie machst. Und Luke zu verlassen ist ein Fehler. Ein furchtbarer Fehler den du auf Kosten Ruths begehst. Werd endlich erwachsen, Lorelai, das Leben ist kein Märchen in dem dir die gute Fee drei Wünsche erfüllt und alles wird gut. So ist es nicht.â
âDu hast leicht reden. Du hast schlieÃlich alles was du willst.â
âNatürlichâ, ein Schnauben. âIch habe mir in den letzten Tagen nichts mehr gewünscht als wieder Mal mit meiner einzigen Tochter zu streiten. Einfach herrlich!â
âDann hör auf dich in mein Leben einzumischen, Mom. Hör auf mir ständig zu sagen, was ich tun oder lassen soll, hör auf damit an mir und meinem Leben zu kritisieren. Dir mag es vielleicht seltsam vorkommen, aber ich mag es. Ich mag mein Leben!â
âUnd deshalb willst du es einfach so wegwerfen?â
Die Frage Emilys mag vielleicht rhetorisch sein, doch sie trifft Lorelai, ein Eimer eisigen Wassers über ihr Haupt. âIch, so war das nicht, ich meine, ichâ, stammelt sie, weià nicht, was sie sagen soll. Versuch es mit der Wahrheit, sagt eine Stimme in ihr, flüstert es mit kindlicher Stimme. âAls ich ein kleines Mädchen war, da, da habe ich mir immer so einen Mann wie Daddy gewünscht. Einen der mir aus dem Mantel hilft, wenn wir von einem Ball nach Hause kommen, der mich genauso ansieht, wie er dich ansieht, so als ob ich die schönste Frau auf der Welt wäre, die Einzige. Ich wollte diesen einen Mann treffen, ihn sehen und genau wissen: Das ist er, das ist der Mann mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen werde. Aber so war es nichtâ, erklärt sie leise. âUnd ich habe einfach Angst, dass ich das nie mehr erleben werde.â
Langsam beginnt sie zu begreifen, begreift wonach ihre Tochter jagt. Geister sind es, die es nie gegeben hat. âDas mit Richard und mir, es war nicht Liebe auf den ersten Blick.â
âWar es nicht?â, überrascht blickt sie auf.
âNeinâ, bestätigt sie sanft. âEs war - er hat mir zugehört. Er hat mich zum Lachen gebracht und er hat mich ernst genommen. Er war für mich da, Lorelai, egal wie es mir ging, Richard war für mich da. Er war der erste Mensch in meinem Leben, der wirklich für mich da war. Er hat nach und nach mein Vertrauen gewonnen, mein Vertrauen und meine Liebeâ, ein privates Lächeln huscht über ihr Gesicht. âAm Anfang habe ich nicht einmal bemerkt, dass ich mich in ihn verliebt hatte. Und als ich es bemerkte, da habe ich es ignoriert. Zumindest habe ich das versucht. Sonderlich erfolgreich war ich nicht, du bist der beste Beweis dafürâ, sie streicht ihrer Tochter über die Wange, ein eindringlicher Blick. âEs kommt nicht darauf an wie wir lieben lernen, Engelchen, sondern nur darauf, dass wir es tun.â
Von ihrer Mutter mit ihrem alten Kosenamen bedacht zu werden, irritiert sie, tut es auf eine angenehme Art und Weise, plötzlich ist sie wieder fünf und Emily, Emily ist einfach nur die Frau, die auf sie aufpasst. Sie ahnt, dass dieses Gefühl nicht lange anhalten wird, will es so lange wie möglich halten. Daher entgegnet sie nichts, tut etwas das Emily ungleich überrascht, sie bettet ihren Kopf auf dem Schoà ihrer Mutter. Spürt kurz darauf, eine wenig zögernd scheint es, ein wenig zögernd ist es, die Hand ihrer Mutter in ihrem Haar, sanfte Kreise, Geborgenheit und Trost, ein melancholisches Lächeln auf beider Lippen.