13.10.2005, 20:16
Also gut, ich hab es jetzt noch geschafft. Hier gibt es den neuen Teil. Er ist aber ziemlich lange. Und es kann für eine Weile der letzte sein, da ich im Moment einfach gar keine Ahnung habe, wie es weitergehen soll. Ich möchte nämlich gerne wieder einmal einen Luke-Lorelai Teil schreiben.
Aber jetzt lest erstmal diesen...
Time to say Goodbye
Ganz Yale war in Aufbruchsstimmung. Die Studenten standen auf den Fluren herum, unterhielten sich, lachten, verabschiedeten sich. Die Stimmung war ausgelassen. Man erzählte sich die Pläne für die nächsten Wochen, packte seinen letzten Kram oder feierte noch schnell eine Party. Mitten am Vormittag. Aber das war heute egal. Heute war nur wichtig, dass wieder ein Jahr zu Ende gegangen war. Jetzt lagen nur viele Wochen des Nichtstuns vor ihnen. Ferienzeit.
Rory schloss sich der feiernden Gesellschaft nicht an. Sie war kein Partymensch. Sie freute sich auch, dass sie wieder ein Jahr geschafft hatte, was bei ihr ja bis zum Schluss spannend gewesen war, doch sie freute sich mehr innerlich. AuÃerdem erschien es ihr irgendwie falsch, wenn sie jetzt Freudensprünge machen würde. Ihre Schwiegermutter lag schwer krank in einer Klinik und sie machte eine Party. Das kam ihr irgendwie wie Betrug vor.
Vor 3 Tagen war sie mit gemischten Gefühlen wieder nach Yale gekommen. Einerseits hatte sie Jess und auch Liz nur ungern zurückgelassen. Sie hatte die Zeit mit den beiden genossen. Auch wenn es nur ein paar Stunden waren.
Andererseits war sie auch froh, dass sie wieder fahren konnte. Die paar Stunden in den momentanen Alltag von Liz und Jess waren hart für sie gewesen. So viele Dinge, schreckliche Dinge, die sie sehen musste. So viel Schockierendes. So viel Ungewissheit. So viel Angst. So viel Unsicherheit, wenn der Arzt mit neuen Befunden kam. Aber auch so viel Freude, wenn es gute Neuigkeiten gab. Einfach so viele Gefühle. Das war zu viel für sie. Und es war ihr ein Rätsel, wie Jess das schon so viele Wochen aushielt. Es war ihr ein Rätsel, wie Liz das wochenlang aushielt. Ohne Pause. Ohne Unterbrechung. Und dafür bewunderte sie Liz. Dafür verdiente sie auch allerhand Bewunderung. In dieser Zeit zeigte Liz so viel Stärke, so viel Willenskraft, so viel Mut, so viel Durchsetzungsvermögen. So viel würde Rory in ihrem ganzen Leben nicht aufbringen können.
Als sie zurück in ihre Wohngemeinschaft kam, wollte sie sich einfach nur auf ihr Bett legen und genieÃen, dass ihr jetzt viele stressfreie Wochen bevorstanden. Sie hatte gerade den letzten Kurs in diesem Jahr hinter sich gebracht und wollte sich nur noch entspannen. Doch dazu kam sie nicht. Im Gemeinschaftsraum stand eine ganze Traube junger Studenten und Studentinnen, die sich von ihr, Paris und allen anderen verabschieden wollten. Ständig musste sie irgendjemanden umarmen, schöne Ferien wünschen und versprechen, dass sie sich mal melden würde.
Nach 2 Stunden waren dann endlich alle gegangen und Paris und Rory standen alleine im Zimmer. Auch die anderen Mitbewohnerinnen waren schon abgereist. Endlich konnten auch sie ihre letzten Sachen packen.
Während Rory ihre Kleider zusammen legte und Paris die Kisten zuklebte, unterhielten sie sich über ihre Ferienpläne.
âWas hast du in den nächsten Wochen so vor?â, erkundigte sich Paris.
âWeiÃt du, eigentlich hab ich keine besonderen Pläne. WeiÃt du, Jess ist ja nicht da und alleine...ich weià auch nicht. Vielleicht besuch ich Liz ja öfters im Krankenhausâ, meinte Rory, während sie einen Pullover in ihre Tasche legte.
âWahnsinnig produktivâ, murmelte Paris und knöpfte sich die nächste Kiste vor.
âJa, ich weiÃ, aber ohne Jess hab ich auch keine Lust auf Urlaub und so.â
Sie ging zum Schrank und holte einen Stapel T-Shirts heraus. Nacheinander legte sie sie in die Tasche, bis sie voll war. Dann zog sie den Reisverschluss zu und stellte sie zu den bereits gepackten Taschen und Kisten.
âUnd was hast du für Pläne?â, fragte Rory, und half ihrer Freundin dabei, die Kisten zuzukleben.
âEhrlich gesagt, hab ich auch keine. Meine Eltern wollen zwar eine Europareise machen und haben mir angeboten, mich mitzunehmen, aber ich glaub nicht, dass ich auf das Angebot eingehe.â
âOh Europa. Dort ist es wunderbarâ, sagte Rory und schwelgte wieder in Erinnerungen. Ihre erste Europareise mit ihrer Mum. Das war ein Erlebnis gewesen. Völlig frei und unabhängig. Sie hatten diese Zeit genossen. Und dann die Flitterwochen in Paris. Mit Jess. Kaum zu überbieten. Gerne erinnerte sie sich an diese Zeiten.
âAber Urlaub mit meinen Eltern sind nicht gerade meine Traumferien.â
Rory erwiderte nichts. Würde sie sich mit ihrer Mum nicht so gut verstehen, wäre der Urlaub mit Sicherheit auch nicht so toll gewesen. Sie konnte Paris verstehen.
âWeiÃt du was? Du kannst dich doch in den Ferien einfach mal bei mir melden. Du kannst nach Stars Hollow kommen und wir unternehmen etwas zusammen. Natürlich kannst du auch bei mir übernachtenâ, schlug Rory vor.
âIch weià nicht.â
âAch, komm schon Paris. Das wird bestimmt lustig. Und ich brauch ein bisschen Leben in unserer Wohnung. Seit Jess weg ist, fühle ich mich ständig einsam. Wir können doch beide etwas Ablenkung vertragenâ, versuchte Rory ihre Freundin zu überreden. Sie konnten wirklich etwas Ablenkung vertragen. Rory von Liz und Paris von Marty. Denn Paris war immer noch nicht über ihn hinweg. Noch nie hatte Rory gesehen, dass Paris nach einer Beziehung so unglücklich war. Sie musste ihn wirklich lieben.
âWeiÃt du was? Vielleicht mach ich das sogar.â
Marty klopfte an den Türrahmen, um auf sich aufmerksam zu machen. Die beiden Mädchen schreckten hoch.
âTut mir leid. Ich wollte euch nicht erschrecken, aber die Tür war offen, da dachte ichâ¦â, setzte er zu einer Erklärung an.
Rory bedeutete ihm mit einer Handbewegung, dass das schon in Ordnung war. Paris mied seinen Augenkontakt und betrachtete lieber ihre Schuhspitzen. Rory war sich nicht sicher, ob Paris so reagierte, weil sie sich ertappt fühlte oder weil sie seinen Anblick einfach nicht ertrug. Bevor ihr etwas einfiel, übernahm Marty das Wort.
âIch bin froh, dass ich euch noch erwische. Ich wollte michâ¦verabschiedenâ, sagte er leise. Man konnte ihm deutlich ansehen, dass es ihm nicht leicht fiel. Was auch verständlich war. 3 Jahre waren sie gute Freunde gewesen. 3 Jahre hatten sie praktisch Tür an Tür gewohnt. 3 Jahre hatten sie gemeinsam Höhen und Tiefen durchgemacht. 3 Jahre waren viel zu schnell vergangen. Nach 3 Jahren kennt man einander so gut, dass ein Abschied alles andere als leicht ist.
In Rory breiteten sich Schuldgefühle aus. Sie fühlte sich schuldig. Marty ging wegen ihr. Er hatte zwar gesagt, dass sie nicht der einzige Grund war, doch das spielte keine Rolle. Er verlieà Yale wegen ihr. Weil sie seine Gefühle nicht erwiderte. Nicht erwidern konnte. Nicht erwidern durfte. Und nicht erwidern wollte. Er liebte sie, doch sie liebte einen anderen. Das hatte nicht nur einen Bruch in ihrer Freundschaft herbeigerufen, sondern auch das Aus in seiner Beziehung zu Paris bedeutet. Und ihn zum Studienabbruch bewegt.
Es war eine komische Situation. Marty war gekommen, um sich von den beiden zu verabschieden, doch keiner wusste, was er tun sollte. Marty kratzte sich verlegen am Hinterkopf, während Rory mit der Klebemaschine spielte. Paris sah aus dem Fenster, weil sie es nicht wagte, ihre verlorene Liebe anzusehen.
Sekunden oder Minuten verstrichen, das wusste keiner so genau. Dann ging Paris einen schritt auf Marty zu und legte ihre Arme um seinen Hals. Sie drückte ihn ganz fest an sich, um ihm noch ein letztes Mal nahe zu sein. Als sie sich wieder von ihm löste, strich sie sanft mit ihrer Hand über seine Wange und lächelte ihn an.
âPass auf dich auf, ja?â
Er nickte. Dann wurden Parisâ Augen feucht und sie drehte ihren Kopf weg. Während sie sich hastig ein paar Tränen wegwischte, ging sie aus dem Zimmer.
Marty sah ihr nach, bis sie dir Tür hinter sich zugeschlagen hatte. Dann wandte er seinen Blick wieder Rory zu.
âKönntest duâ¦?â
âJa, ich werde dann nach ihr sehen.â
Rory lächelte ihn verlegen an, sah dann aber wieder auf den Boden. Irgendwie war ihr die Situation unangenehm.
âDuâ¦du bedeutest ihr eine ganze Mengeâ, sagte sie dann, nur um irgendwas zu sagen.
âIch wollte ihr nicht wehtun.â
Es drohte ein unangenehmes Schweigen einzutreten, doch Rory verhinderte das geschickt.
âAlsoâ¦die Stunde der Wahrheit?â
âSie kommt viel zu früh, finde ich. Die Zeit ist viel zu schnell vergangen.â
Da konnte ihm Rory nur zustimmen.
âWeiÃt du noch, als wir uns zum ersten Mal gesehen haben?â, fragte Rory dann. Irgendwie hatte sie das Gefühl, die letzten Minuten mit Marty sollten nicht so trostlos und traurig verlaufen. Sie sollten lachen, damit sie sich später mit einem Grinsen auf den Lippen daran erinnern könnten.
âDiesen Abend werde ich nie vergessen. Das war der peinlichste Moment in meinem Leben.â
âAber es war lustig. Stell dir vor, du wirst berühmt und eines Tages fragt dich eine Journalistin, was dein peinlichster Moment war. Dann kannst du diese Geschichte erzählen.â
âWenn du dann die Journalistin bist, mach ich das vielleichtâ, stieg Marty auf das Gespräch ein.
âAbgemacht. Aber vorher musst du berühmt werden.â
âIch werde es versuchen.â
âUnd sonst kannst du sie immer noch deinen Enkelkindern erzählen.â
âIch nehme an, du wirst sie deinen Enkelkindern ganz bestimmt erzählen.â
âDa kannst du Gift drauf nehmenâ, meinte Rory grinsend.
âHört sich doch gut an. Ich werde eines Tages in den Erzählungen von Rory Mariano vorkommenâ, sagte Marty und dabei hatte er einen Tonfall, als wäre das sein Wunschtraum schlechthin.
âDu wirst in meiner Familie eine Legende.â
âDann werde ich ja doch noch berühmt.â
âIst ja toll. Dann schlieÃt sich der Kreis wieder.â
Sie mussten beide grinsen. Und dann war er endlich gekommen. Der Moment, den sie so weit wie möglich hinauszögern wollten. Der Moment, den sie, so gut es ging, zu verdrängen versucht hatten. Der Abschied.
Diesmal trat Marty zu Rory und nahm sie in die Arme. Seine langen, schlaksigen Arme legte er um ihre Schultern und drückte sie so fest an sich, als würde er sie nie mehr loslassen wollen.
âIch werde dich vermissen, kleine Rory.â
âIch werde dich auch vermissen, Nackter.â
Beide mussten wieder grinsen, doch auch Rory hatte diesmal feuchte Augen.
âWir waren doch ein tolles Teamâ, versuchte Marty sie ein letztes Mal aufzuheitern.
âNein, wir sind ein tolles Teamâ, entgegnete Rory.
Marty hob seine Hand zu einem letzten GruÃ, dann öffnete er die Tür und verschwand. Als sie hinter ihm wieder ins Schloss fiel, lehnte sich Rory an die Wand. Eine einzelne Träne kullerte ihre Wange hinunter.
Marty war nicht nur einfach so zur Tür hinausgegangen. Er war wirklich gegangen. Von Yale gegangen. Seit diesem Abend nach der Party, als sie ihn nackt am FuÃboden liegen sah, hatte sie Marty jeden Tag gesehen. Sie hatten gemeinsam gelernt, gelacht, gespaÃt und sich unterstützt. Jeden Tag hatte sie den braunen Lockenkopf getroffen. Er war schon ein Fixpunkt in ihrem Leben gewesen. Sie waren eine richtige Clique gewesen. Sie, Paris, Marty und eine zeitlang auch Logan. Und jetzt war nach Logan auch Marty aus Rorys Leben verschwunden. Und sie und Paris waren die letzten verbliebenen Mitglieder dieser Clique. Sie hatte soeben einen Freund verloren. Und das einzige, das sie noch hatte, waren die Erinnerungen. Aber davon hatte sie dafür viele.
Paris saà unter einem Baum und riss nacheinander Grashalme aus dem Boden. Dann zupfte sie solange daran herum, bis nichts mehr davon übrig war. Und sie schnappte sich den nächsten Grashalm.
Als Rory sie endlich fand, hatte sie schon ein halbes Loch herausgerissen.
âWenn du so weiter machst, brauchen die hier gar keinen Gärtner mehr anstellenâ, meinte sie und setzte sich neben ihre Freundin.
Paris lächelte nur schwach und fragte: âIst er schon weg?â
Rory nickte. Dann legte sie ihren Arm um Paris.
âWie geht es dir?â
âIch komm schon klar.â
âDu liebst ihn wirklich, nicht wahr?â
Bei diesem Satz kamen Paris wieder die Tränen. Sie nickte heftig, versuchte aber ausnahmsweise nicht, die Tränen wegzuwischen. Mit Rory hatte sie schon so viel durchgemacht, da musste sie ihre Tränen nicht verstecken. Nur Rory wusste, wie viel ihr Marty wirklich bedeutete. Ungefähr so viel, wie Jess für Rory bedeutete.
Als diese sah, wie niedergeschlagen Paris war, versuchte sie, sie ein wenig aufzuheitern.
âWeiÃt du, wann ich dich das letzte Mal so am Boden zerstört sah?â
âNein, wann?â, fragte Paris neugierig, hörte aber nicht auf zu weinen.
âAls sie dich in Harvard nicht genommen haben.â
Da musste Paris lachen. Halb lachend, halb weinend sagte sie: âOh Gott, damals dachte ich wirklich, das ist der Weltuntergang.â
âEs gibt schlimmere Dinge im Leben, nicht wahr?â, fragte Rory und hielt ihrer Freundin ein Taschentuch hin.
âJa, da hast du recht.â
âNur gut, dass man Freunde hat.â
Wieder nickte Paris. Sie hatte lange gebraucht, aber sie hatte es doch irgendwann kapiert. Das Wichtigste im Leben sind Freunde.
âIch hätte nie gedacht, dass wir einmal so gute Freunde werden. Als du damals plötzlich in Yale warst, dachte ich, mich trifft der Schlagâ, sagte Rory grinsend.
Auch Paris musste bei dem Gedanken an diesen Moment lächeln.
âDein Gesichtsausdruck war auch zum Zerkugeln.â
âIch dachte wirklich, das Schicksal hat sich gegen mich gewendet. Aber wir haben uns doch aneinander gewöhnt. Und ehrlich gesagt, könnte ich mir ein Leben ohne Paris Gellar nicht mehr vorstellen.â
âIch fasse das mal als Kompliment auf.â
âSo, genug der Plaudereienâ, sagte Rory und stand auf. Sie streckte ihre Hand nach Paris aus und zog ihre Freundin hoch.
âIch muss noch meine Sachen ins Auto verladenâ, sagte Paris und kramte in ihrer Tasche nach den Schlüsseln.
âDas hab ich schon für dich getan. Du hast die Schlüssel im Wohnheim liegen lassenâ, erwiderte Rory und streckte ihrer Freundin einen Schlüsselbund entgegen.
âWow, danke.â
Die beiden schlenderten zum Parkplatz, wo es hieÃ, ein letztes Mal an diesem Tag Abschied zu nehmen.
âDu versprichst mir, dass du dich einmal bei mir meldest, ja?â, wollte Rory noch einmal sicher gehen.
âGanz bestimmt.â
Rory gab sich mit dieser Antwort zufrieden und stieg in ihr Auto. Als sie die Tür zuwerfen wollte, hielt Paris sie mit ihrer Hand fest.
âRory, warteâ¦â
âWas gibtâs?â
âDanke, du bist eine wahre Freundin.â
Rory war zuerst überrascht, lächelte dann aber.
âParis Gellar, du wirst doch jetzt nicht sentimental werden.â
âKeine Sorge. Das war ein einmaliger Ausrutscher. Also, â¦wir sehen uns.â
Rory winkte Paris noch einmal, bevor sie das Auto startete und auf die StraÃe bog.
Ja, ich weiÃ, Paris ist ein bisschen anders dargestellt, wie wir sie kennen, aber ich dachte, sie muss doch nicht immer die gefühlskalte Tussi spielen. Ich hoffe, er hat euch trotzdem gefallen.
Aber jetzt lest erstmal diesen...
Time to say Goodbye
Ganz Yale war in Aufbruchsstimmung. Die Studenten standen auf den Fluren herum, unterhielten sich, lachten, verabschiedeten sich. Die Stimmung war ausgelassen. Man erzählte sich die Pläne für die nächsten Wochen, packte seinen letzten Kram oder feierte noch schnell eine Party. Mitten am Vormittag. Aber das war heute egal. Heute war nur wichtig, dass wieder ein Jahr zu Ende gegangen war. Jetzt lagen nur viele Wochen des Nichtstuns vor ihnen. Ferienzeit.
Rory schloss sich der feiernden Gesellschaft nicht an. Sie war kein Partymensch. Sie freute sich auch, dass sie wieder ein Jahr geschafft hatte, was bei ihr ja bis zum Schluss spannend gewesen war, doch sie freute sich mehr innerlich. AuÃerdem erschien es ihr irgendwie falsch, wenn sie jetzt Freudensprünge machen würde. Ihre Schwiegermutter lag schwer krank in einer Klinik und sie machte eine Party. Das kam ihr irgendwie wie Betrug vor.
Vor 3 Tagen war sie mit gemischten Gefühlen wieder nach Yale gekommen. Einerseits hatte sie Jess und auch Liz nur ungern zurückgelassen. Sie hatte die Zeit mit den beiden genossen. Auch wenn es nur ein paar Stunden waren.
Andererseits war sie auch froh, dass sie wieder fahren konnte. Die paar Stunden in den momentanen Alltag von Liz und Jess waren hart für sie gewesen. So viele Dinge, schreckliche Dinge, die sie sehen musste. So viel Schockierendes. So viel Ungewissheit. So viel Angst. So viel Unsicherheit, wenn der Arzt mit neuen Befunden kam. Aber auch so viel Freude, wenn es gute Neuigkeiten gab. Einfach so viele Gefühle. Das war zu viel für sie. Und es war ihr ein Rätsel, wie Jess das schon so viele Wochen aushielt. Es war ihr ein Rätsel, wie Liz das wochenlang aushielt. Ohne Pause. Ohne Unterbrechung. Und dafür bewunderte sie Liz. Dafür verdiente sie auch allerhand Bewunderung. In dieser Zeit zeigte Liz so viel Stärke, so viel Willenskraft, so viel Mut, so viel Durchsetzungsvermögen. So viel würde Rory in ihrem ganzen Leben nicht aufbringen können.
Als sie zurück in ihre Wohngemeinschaft kam, wollte sie sich einfach nur auf ihr Bett legen und genieÃen, dass ihr jetzt viele stressfreie Wochen bevorstanden. Sie hatte gerade den letzten Kurs in diesem Jahr hinter sich gebracht und wollte sich nur noch entspannen. Doch dazu kam sie nicht. Im Gemeinschaftsraum stand eine ganze Traube junger Studenten und Studentinnen, die sich von ihr, Paris und allen anderen verabschieden wollten. Ständig musste sie irgendjemanden umarmen, schöne Ferien wünschen und versprechen, dass sie sich mal melden würde.
Nach 2 Stunden waren dann endlich alle gegangen und Paris und Rory standen alleine im Zimmer. Auch die anderen Mitbewohnerinnen waren schon abgereist. Endlich konnten auch sie ihre letzten Sachen packen.
Während Rory ihre Kleider zusammen legte und Paris die Kisten zuklebte, unterhielten sie sich über ihre Ferienpläne.
âWas hast du in den nächsten Wochen so vor?â, erkundigte sich Paris.
âWeiÃt du, eigentlich hab ich keine besonderen Pläne. WeiÃt du, Jess ist ja nicht da und alleine...ich weià auch nicht. Vielleicht besuch ich Liz ja öfters im Krankenhausâ, meinte Rory, während sie einen Pullover in ihre Tasche legte.
âWahnsinnig produktivâ, murmelte Paris und knöpfte sich die nächste Kiste vor.
âJa, ich weiÃ, aber ohne Jess hab ich auch keine Lust auf Urlaub und so.â
Sie ging zum Schrank und holte einen Stapel T-Shirts heraus. Nacheinander legte sie sie in die Tasche, bis sie voll war. Dann zog sie den Reisverschluss zu und stellte sie zu den bereits gepackten Taschen und Kisten.
âUnd was hast du für Pläne?â, fragte Rory, und half ihrer Freundin dabei, die Kisten zuzukleben.
âEhrlich gesagt, hab ich auch keine. Meine Eltern wollen zwar eine Europareise machen und haben mir angeboten, mich mitzunehmen, aber ich glaub nicht, dass ich auf das Angebot eingehe.â
âOh Europa. Dort ist es wunderbarâ, sagte Rory und schwelgte wieder in Erinnerungen. Ihre erste Europareise mit ihrer Mum. Das war ein Erlebnis gewesen. Völlig frei und unabhängig. Sie hatten diese Zeit genossen. Und dann die Flitterwochen in Paris. Mit Jess. Kaum zu überbieten. Gerne erinnerte sie sich an diese Zeiten.
âAber Urlaub mit meinen Eltern sind nicht gerade meine Traumferien.â
Rory erwiderte nichts. Würde sie sich mit ihrer Mum nicht so gut verstehen, wäre der Urlaub mit Sicherheit auch nicht so toll gewesen. Sie konnte Paris verstehen.
âWeiÃt du was? Du kannst dich doch in den Ferien einfach mal bei mir melden. Du kannst nach Stars Hollow kommen und wir unternehmen etwas zusammen. Natürlich kannst du auch bei mir übernachtenâ, schlug Rory vor.
âIch weià nicht.â
âAch, komm schon Paris. Das wird bestimmt lustig. Und ich brauch ein bisschen Leben in unserer Wohnung. Seit Jess weg ist, fühle ich mich ständig einsam. Wir können doch beide etwas Ablenkung vertragenâ, versuchte Rory ihre Freundin zu überreden. Sie konnten wirklich etwas Ablenkung vertragen. Rory von Liz und Paris von Marty. Denn Paris war immer noch nicht über ihn hinweg. Noch nie hatte Rory gesehen, dass Paris nach einer Beziehung so unglücklich war. Sie musste ihn wirklich lieben.
âWeiÃt du was? Vielleicht mach ich das sogar.â
Marty klopfte an den Türrahmen, um auf sich aufmerksam zu machen. Die beiden Mädchen schreckten hoch.
âTut mir leid. Ich wollte euch nicht erschrecken, aber die Tür war offen, da dachte ichâ¦â, setzte er zu einer Erklärung an.
Rory bedeutete ihm mit einer Handbewegung, dass das schon in Ordnung war. Paris mied seinen Augenkontakt und betrachtete lieber ihre Schuhspitzen. Rory war sich nicht sicher, ob Paris so reagierte, weil sie sich ertappt fühlte oder weil sie seinen Anblick einfach nicht ertrug. Bevor ihr etwas einfiel, übernahm Marty das Wort.
âIch bin froh, dass ich euch noch erwische. Ich wollte michâ¦verabschiedenâ, sagte er leise. Man konnte ihm deutlich ansehen, dass es ihm nicht leicht fiel. Was auch verständlich war. 3 Jahre waren sie gute Freunde gewesen. 3 Jahre hatten sie praktisch Tür an Tür gewohnt. 3 Jahre hatten sie gemeinsam Höhen und Tiefen durchgemacht. 3 Jahre waren viel zu schnell vergangen. Nach 3 Jahren kennt man einander so gut, dass ein Abschied alles andere als leicht ist.
In Rory breiteten sich Schuldgefühle aus. Sie fühlte sich schuldig. Marty ging wegen ihr. Er hatte zwar gesagt, dass sie nicht der einzige Grund war, doch das spielte keine Rolle. Er verlieà Yale wegen ihr. Weil sie seine Gefühle nicht erwiderte. Nicht erwidern konnte. Nicht erwidern durfte. Und nicht erwidern wollte. Er liebte sie, doch sie liebte einen anderen. Das hatte nicht nur einen Bruch in ihrer Freundschaft herbeigerufen, sondern auch das Aus in seiner Beziehung zu Paris bedeutet. Und ihn zum Studienabbruch bewegt.
Es war eine komische Situation. Marty war gekommen, um sich von den beiden zu verabschieden, doch keiner wusste, was er tun sollte. Marty kratzte sich verlegen am Hinterkopf, während Rory mit der Klebemaschine spielte. Paris sah aus dem Fenster, weil sie es nicht wagte, ihre verlorene Liebe anzusehen.
Sekunden oder Minuten verstrichen, das wusste keiner so genau. Dann ging Paris einen schritt auf Marty zu und legte ihre Arme um seinen Hals. Sie drückte ihn ganz fest an sich, um ihm noch ein letztes Mal nahe zu sein. Als sie sich wieder von ihm löste, strich sie sanft mit ihrer Hand über seine Wange und lächelte ihn an.
âPass auf dich auf, ja?â
Er nickte. Dann wurden Parisâ Augen feucht und sie drehte ihren Kopf weg. Während sie sich hastig ein paar Tränen wegwischte, ging sie aus dem Zimmer.
Marty sah ihr nach, bis sie dir Tür hinter sich zugeschlagen hatte. Dann wandte er seinen Blick wieder Rory zu.
âKönntest duâ¦?â
âJa, ich werde dann nach ihr sehen.â
Rory lächelte ihn verlegen an, sah dann aber wieder auf den Boden. Irgendwie war ihr die Situation unangenehm.
âDuâ¦du bedeutest ihr eine ganze Mengeâ, sagte sie dann, nur um irgendwas zu sagen.
âIch wollte ihr nicht wehtun.â
Es drohte ein unangenehmes Schweigen einzutreten, doch Rory verhinderte das geschickt.
âAlsoâ¦die Stunde der Wahrheit?â
âSie kommt viel zu früh, finde ich. Die Zeit ist viel zu schnell vergangen.â
Da konnte ihm Rory nur zustimmen.
âWeiÃt du noch, als wir uns zum ersten Mal gesehen haben?â, fragte Rory dann. Irgendwie hatte sie das Gefühl, die letzten Minuten mit Marty sollten nicht so trostlos und traurig verlaufen. Sie sollten lachen, damit sie sich später mit einem Grinsen auf den Lippen daran erinnern könnten.
âDiesen Abend werde ich nie vergessen. Das war der peinlichste Moment in meinem Leben.â
âAber es war lustig. Stell dir vor, du wirst berühmt und eines Tages fragt dich eine Journalistin, was dein peinlichster Moment war. Dann kannst du diese Geschichte erzählen.â
âWenn du dann die Journalistin bist, mach ich das vielleichtâ, stieg Marty auf das Gespräch ein.
âAbgemacht. Aber vorher musst du berühmt werden.â
âIch werde es versuchen.â
âUnd sonst kannst du sie immer noch deinen Enkelkindern erzählen.â
âIch nehme an, du wirst sie deinen Enkelkindern ganz bestimmt erzählen.â
âDa kannst du Gift drauf nehmenâ, meinte Rory grinsend.
âHört sich doch gut an. Ich werde eines Tages in den Erzählungen von Rory Mariano vorkommenâ, sagte Marty und dabei hatte er einen Tonfall, als wäre das sein Wunschtraum schlechthin.
âDu wirst in meiner Familie eine Legende.â
âDann werde ich ja doch noch berühmt.â
âIst ja toll. Dann schlieÃt sich der Kreis wieder.â
Sie mussten beide grinsen. Und dann war er endlich gekommen. Der Moment, den sie so weit wie möglich hinauszögern wollten. Der Moment, den sie, so gut es ging, zu verdrängen versucht hatten. Der Abschied.
Diesmal trat Marty zu Rory und nahm sie in die Arme. Seine langen, schlaksigen Arme legte er um ihre Schultern und drückte sie so fest an sich, als würde er sie nie mehr loslassen wollen.
âIch werde dich vermissen, kleine Rory.â
âIch werde dich auch vermissen, Nackter.â
Beide mussten wieder grinsen, doch auch Rory hatte diesmal feuchte Augen.
âWir waren doch ein tolles Teamâ, versuchte Marty sie ein letztes Mal aufzuheitern.
âNein, wir sind ein tolles Teamâ, entgegnete Rory.
Marty hob seine Hand zu einem letzten GruÃ, dann öffnete er die Tür und verschwand. Als sie hinter ihm wieder ins Schloss fiel, lehnte sich Rory an die Wand. Eine einzelne Träne kullerte ihre Wange hinunter.
Marty war nicht nur einfach so zur Tür hinausgegangen. Er war wirklich gegangen. Von Yale gegangen. Seit diesem Abend nach der Party, als sie ihn nackt am FuÃboden liegen sah, hatte sie Marty jeden Tag gesehen. Sie hatten gemeinsam gelernt, gelacht, gespaÃt und sich unterstützt. Jeden Tag hatte sie den braunen Lockenkopf getroffen. Er war schon ein Fixpunkt in ihrem Leben gewesen. Sie waren eine richtige Clique gewesen. Sie, Paris, Marty und eine zeitlang auch Logan. Und jetzt war nach Logan auch Marty aus Rorys Leben verschwunden. Und sie und Paris waren die letzten verbliebenen Mitglieder dieser Clique. Sie hatte soeben einen Freund verloren. Und das einzige, das sie noch hatte, waren die Erinnerungen. Aber davon hatte sie dafür viele.
Paris saà unter einem Baum und riss nacheinander Grashalme aus dem Boden. Dann zupfte sie solange daran herum, bis nichts mehr davon übrig war. Und sie schnappte sich den nächsten Grashalm.
Als Rory sie endlich fand, hatte sie schon ein halbes Loch herausgerissen.
âWenn du so weiter machst, brauchen die hier gar keinen Gärtner mehr anstellenâ, meinte sie und setzte sich neben ihre Freundin.
Paris lächelte nur schwach und fragte: âIst er schon weg?â
Rory nickte. Dann legte sie ihren Arm um Paris.
âWie geht es dir?â
âIch komm schon klar.â
âDu liebst ihn wirklich, nicht wahr?â
Bei diesem Satz kamen Paris wieder die Tränen. Sie nickte heftig, versuchte aber ausnahmsweise nicht, die Tränen wegzuwischen. Mit Rory hatte sie schon so viel durchgemacht, da musste sie ihre Tränen nicht verstecken. Nur Rory wusste, wie viel ihr Marty wirklich bedeutete. Ungefähr so viel, wie Jess für Rory bedeutete.
Als diese sah, wie niedergeschlagen Paris war, versuchte sie, sie ein wenig aufzuheitern.
âWeiÃt du, wann ich dich das letzte Mal so am Boden zerstört sah?â
âNein, wann?â, fragte Paris neugierig, hörte aber nicht auf zu weinen.
âAls sie dich in Harvard nicht genommen haben.â
Da musste Paris lachen. Halb lachend, halb weinend sagte sie: âOh Gott, damals dachte ich wirklich, das ist der Weltuntergang.â
âEs gibt schlimmere Dinge im Leben, nicht wahr?â, fragte Rory und hielt ihrer Freundin ein Taschentuch hin.
âJa, da hast du recht.â
âNur gut, dass man Freunde hat.â
Wieder nickte Paris. Sie hatte lange gebraucht, aber sie hatte es doch irgendwann kapiert. Das Wichtigste im Leben sind Freunde.
âIch hätte nie gedacht, dass wir einmal so gute Freunde werden. Als du damals plötzlich in Yale warst, dachte ich, mich trifft der Schlagâ, sagte Rory grinsend.
Auch Paris musste bei dem Gedanken an diesen Moment lächeln.
âDein Gesichtsausdruck war auch zum Zerkugeln.â
âIch dachte wirklich, das Schicksal hat sich gegen mich gewendet. Aber wir haben uns doch aneinander gewöhnt. Und ehrlich gesagt, könnte ich mir ein Leben ohne Paris Gellar nicht mehr vorstellen.â
âIch fasse das mal als Kompliment auf.â
âSo, genug der Plaudereienâ, sagte Rory und stand auf. Sie streckte ihre Hand nach Paris aus und zog ihre Freundin hoch.
âIch muss noch meine Sachen ins Auto verladenâ, sagte Paris und kramte in ihrer Tasche nach den Schlüsseln.
âDas hab ich schon für dich getan. Du hast die Schlüssel im Wohnheim liegen lassenâ, erwiderte Rory und streckte ihrer Freundin einen Schlüsselbund entgegen.
âWow, danke.â
Die beiden schlenderten zum Parkplatz, wo es hieÃ, ein letztes Mal an diesem Tag Abschied zu nehmen.
âDu versprichst mir, dass du dich einmal bei mir meldest, ja?â, wollte Rory noch einmal sicher gehen.
âGanz bestimmt.â
Rory gab sich mit dieser Antwort zufrieden und stieg in ihr Auto. Als sie die Tür zuwerfen wollte, hielt Paris sie mit ihrer Hand fest.
âRory, warteâ¦â
âWas gibtâs?â
âDanke, du bist eine wahre Freundin.â
Rory war zuerst überrascht, lächelte dann aber.
âParis Gellar, du wirst doch jetzt nicht sentimental werden.â
âKeine Sorge. Das war ein einmaliger Ausrutscher. Also, â¦wir sehen uns.â
Rory winkte Paris noch einmal, bevor sie das Auto startete und auf die StraÃe bog.
Ja, ich weiÃ, Paris ist ein bisschen anders dargestellt, wie wir sie kennen, aber ich dachte, sie muss doch nicht immer die gefühlskalte Tussi spielen. Ich hoffe, er hat euch trotzdem gefallen.
Tritt nicht in die FuÃstapfen anderer, du hinterläÃt sonst selbst keine Spuren.
Rückkehr nach Stars Hollow, Wird er sich jemals ändern? Auf der schiefen Bahn
Kurzgeschichte: Sometimes it's too late
Die Zeit heilt nicht alle Wunden, aber sie lehrt uns mit dem Schmerz umzugehen.