It's over, let's face it! [complete]
#50

Am nächsten Morgen trage ich die letzte Kiste zu meinem Auto, das ich vor dem Haus geparkt habe. Den Schlüssel habe ich gerade bei meinen Nachbarn abgegeben. Mit Taylor ist Alles geklärt. Ich glaube, er war sogar froh, dass ich gekündigt habe. Es war in letzter Zeit immer zu wenig Arbeit für die Aushilfkräfte da und er hätte früher oder später sowieso jemanden feuern müssen. Tom war zwar enttäuscht "einen so guten und zuverlässigen Mann zu verlieren", um ihn zu zitieren, aber er hat es verstanden.
Ich steige ins Auto und mein Blick fällt auf die Kiste auf dem Beifahrersitz. Das ist das Letzte, was ich noch erledigen muss, bevor ich die Stadt verlasse. Ich starte den Wagen.
Meine letzte Fahrt durch Stars Hollow erlebe ich wie eine Reise in die Vergangenheit.
Egal, wo ich bin – Alles erinnert mich an sie.
Zuerst fahre ich an der Schule vorbei – an der Schule, die ich drei Jahre lang besucht habe. Hier habe ich Rory das erste Mal gesehen. Sie saß auf einer Bank, in einem Buch vertieft und bekam gar nicht mit, was rundherum um sie geschah. Bis zu diesem Tag habe ich nie an Liebe auf den ersten Blick geglaubt. Ok, ich hatte was Mädchen betrifft auch noch kaum Erfahrung, bis auf Beth. Und die Sache mit Beth war total anders. Ich mochte sie, habe gern Zeit mit ihr verbracht – aber das Gefühl, das ich bei Rory schon in der ersten Sekunde hatte, hatte ich bei ihr nie. Ich wollte Rory unbedingt kennen lernen und die Gelegenheit ergab sich, als sie gerade am Boden kniete und ihre Sachen aufhob.
Der Supermarkt! Ich könnte daran denken, dass ich nach sieben Jahren gekündigt habe, doch das Erste was mir einfällt, ist unser erster Kuss – in Gang vier.
Das Tanzstudio! Rory hat es mir bei unserem ersten Zusammentreffen gezeigt und nach dem Schulball sind wir dort eingeschlafen.
Das Luke’s! Wie oft habe ich dort mit ihr zusammen gegessen?
Das Kino! Wie viele Filme haben wir dort gemeinsam gesehen?
Am Schrottplatz habe ich ihr das Auto geschenkt und ihr zum ersten Mal meine Liebe gestanden. Dort haben wir uns das erste Mal getrennt. Ich kann mich noch an ihrem Blick erinnern, als ich ihr sagte, dass ich sie liebte. Es war ein hilfesuchender und gleichzeitig entschuldigender Blick! Ich muss fast schon wieder lachen, wenn ich daran denke, wie enttäuscht ich war. Denn im Gegensatz zu den letzten zwei Jahren, war das damals wirklich lächerlich.
Ich biege in die Straße des „Gilmore-Haus“ ab. Hier hat alles mit uns „angefangen“: Ihr Geburtstag, das Armband...
Ich blicke auf das Haus, das mir so vertraut vorkommt. Wie oft war ich dort für einen Videoabend? Wie oft stand ich stundenlang mit Rory auf dieser Veranda, nur weil wir uns nicht voneinander verabschieden wollten? Wie oft saß ich auf dem Baum neben dem Haus, um auf Rory zu warten? Wie oft habe ich mir deswegen den Kopf an einem Ast angestoßen?
Ich bringe den Wagen vor dem Haus zum Stehen und steige gerade aus, als Lorelai aus dem Haus kommt.
,,Oh, Hallo! Ich habe einen Wagen gehört und dachte, dass es vielleicht Max ist. Er wollte mich abholen," erklärt sie, als sie auf mich zukommt.
,,Ach ja, die Hochzeit... freust du dich darauf?"
Lorelai sieht mich einen Moment erstaunt an, so als könnte sie nicht glauben, dass ich diese Frage wirklich gestellt habe. ,,Naja, eigentlich nicht. Ich werde mein kleines Baby vor dem Traualtar sehen, vermutlich neben Luke sitzen..." Sie bricht ab und wirft einen Blick auf meinen Wagen. ,,Du hast also tatsächlich vor wegzuziehen?" Als ich sie fragend anblicke, fährt sie fort: ,,Rory hat mir davon erzählt. Stimmt das?
,,Ja!" Ich nicke ohne sie anzusehen. ,,Ich werde erstmal wieder zu meiner Familie ziehen, bis ich einen Job und eine Wohnung gefunden habe."
,,Das klingt doch ganz vernünftig... auch wenn ich immer noch nicht richtig verstehe, wieso du weggehst."
,,Glaub mir, es ist einfach besser so. Und hast du nicht selbst gesagt, dass man loslassen muss?" Ich versuche mich an einem Lächeln, scheitere aber kläglich daran.
,,Mit loslassen meinte ich nicht, dass du die Stadt verlässt." Lorelai schweigt einen Moment, bevor sie schließlich mit den Achseln zuckt. ,,Aber wenn du meinst, dass das das Beste für dich ist, solltest du es wohl tun."
,,Ja, das denke ich," sage ich leise und bemühe mich dabei überzeugt zu klingen. Es ist einer der Momente, in dem man plötzlich an seinem Entschluss zweifelt und am liebsten alles rückgängig machen würde. Am liebsten würde ich jetzt wieder zurück in meine Wohnung gehen und so weiter machen wie in den letzten Monaten. Aber ich weiß ja selbst, dass mich das nicht weiterbringt. Ich hole tief Luft, öffne dann die Autotür und hole die Kiste, die auf dem Beifahrersitz liegt, heraus. ,,Eigentlich wollte ich das Zeug vor Euer Haus stellen, aber jetzt kann ich es ja dir geben." Ich strecke Lorelai die Kiste entgegen, doch sie nimmt sie nur zögernd.
,,Du wolltest gehen ohne dich zu verabschieden?"
,,Ich denke schon - es ist einfacher." Ich hebe die Schultern und deute dann auf den Karton in Lorelai's Händen. ,,Das sind Sachen von Rory. Sachen, die ich gefunden habe, als ich aufgeräumt habe. Ich weiß, dass sie das Meiste davon nie wieder sehen möchte, aber es sind auch Dinge dabei, die nicht sehr persönlich sind... CDs und so. Und vielleicht kannst du ja den Rest einfach entsorgen. Ich hätte es ja getan, aber-"
,,Kein Problem, das werde ich tun," fällt Lorelai mir ins Wort und bemerkt dann das kleine Fotoalbum, das ganz oben in der Kiste liegt. Sie stellt den Karton auf dem Boden ab und blättert dann das Album durch: Fotos von Rory und mir auf dem Schulball, auf dem Debütantinnenball, vor ihrem Auto und noch viele andere. An einem Foto bleibt Lorelai's Blick länger hängen als bei den anderen und ein wehmütiges Lächeln zeigt sich auf ihrem Gesicht. Es ist ein Foto von ihrer Verlobungsfeier vor etwa sechs Jahren und Max, Lorelai, Rory und ich stehen nebeneinander und lächeln in die Kamera.
,,Es ist seltsam. Hättest du jemals gedacht, dass Alles so endet?" Als ich ihren fragenden Blick sehe, fahre ich fort: ,,Max und du seid wieder ein Paar, Rory und ich nicht mehr; du gehst nicht mehr ins Luke's; Rory und Jess heiraten..."
,,Nein," gibt sie mit ehrlicher Miene zurück. ,,Aber sieh' es nicht als Ende, sondern als Neubeginn. Und das ist der erste Schritt dazu." Sie deutet auf die Kiste vor ihren Füßen. ,,Ich habe meine Luke-Box vorgestern weggebracht."
,,Wirklich?"
,,Ja! Ich habe sie vor das Diner gestellt und denke, dass er sie gefunden hat," erklärt Lorelai.
,,Und glaubst du, dass ihr euch irgendwann wieder vertragt?"
Erst schüttelt sie den Kopf, doch dann zuckt sie mit den Achseln. ,,Wer weiß? Wie du ja gemerkt hast, kommt alles anders als man denkt."
,,Das kannst du laut sagen," gebe ich zurück, beiße mir dann aber auf die Unterlippe. ,,Aber was soll's? Auch wenn ich im Moment noch nicht hundertprozentig davon überzeugt bin: Das Leben geht weiter, nicht wahr?"
Lorelai lächelt mich an. ,,Weißt du, dass ich die ganzen letzten zwei Jahre darauf gewartet habe, dass du irgendwann mal einen Satz wie diesen sagst?"
Darauf kann ich nur ebenfalls lächeln. Es ist wieder einer dieser Momente und ich beschließe Lorelai darauf anzusprechen. ,,Wieso hast du dich die letzten zwei Jahre so um mich gekümmert? Dachtest du, das sei deine Pflicht?"
,,Zum Teil," gibt Lorelai mit leiser Stimme zurück, während sie das Album wieder von vorne bis hinten durchblättert, ohne jedoch wirklich hinzu sehen. ,,Leider muss ich aber zugeben, dass es nicht ganz so selbstlos war, wie es auf den ersten Blick scheint. Nach der ganzen Tragödie wollte ich mich um Rory kümmern, doch sie war ja nicht da. Also habe ich mir jemanden Anderen zum "Bemuttern" gesucht." Sie lächelt kurz. ,,Und ich habe doch gesehen, wie schlecht es dir ging. Außerdem fühlte ich mich immer wenn wir zusammen waren so, als würde Rory gleich auftauchen. Ich dachte dann, dass sie nur kurz im Badezimmer ist, in der Videothek oder, dass sie nur kurz Essen holt - für einen Videoabend."
Ich nicke, dazu muss ich nichts mehr sagen. Es ist schließlich ebenfalls einer der Gründe, wieso ich mich in Lorelai's Anwesenheit immer so wohl gefühlt habe. ,,Was auch immer der Grund war - Danke für Alles," sage ich schließlich und meine es auch wirklich ehrlich. Wer weiß, wo ich jetzt wäre, wenn Lorelai mich nicht immer wieder gezwungen hätte meine Wohnung zu verlassen?!
,,Kein Problem."
Ich sollte jetzt wirklich losfahren. Ich bin sowieso schon später dran, als ich eigentlich wollte. Ich lehne mich ins Auto und hole den Umschlag heraus, den ich eigentlich ebenfalls in die Kiste legen wollte. Den Brief, den ich geschrieben habe, habe ich weggeworfen. ,,Würdest du das bitte Rory geben?" frage ich Lorelai, als ich ihr den Umschlag entgegen strecke.
Sie muss gar nichts sagen, ich sehe an ihrem besorgtem Gesicht, dass sie meint in dem Umschlag sei sowas wie ein emotionsgeladener Brief.
,,Keine Sorge. Es ist nicht so wie du denkst," versuche ich sie zu beruhigen, aber sie nimmt den Umschlag immer noch nicht.
,,Es ist kein verzweifelter Brief, in dem du sie anflehst zu dir zurück zu kommen?" Als ich den Kopf schüttle, fragt sie weiter: ,,Ist es ein Brief, in dem du ihr nur Schlechtes wünscht?"
Ich will schon antworten, dass ich nicht glauben kann, dass sie sowas von mir denkt - doch dann lasse ich es doch. Erstens merke ich an ihrem Gesichtsausdruck, dass sie diesen Satz wahrscheinlich nicht besonders ernst nimmt und zweitens muss ich an den Brief denken, den ich an Rory geschrieben habe. ,,Nein. Obwohl ich zugeben muss, dass ein ähnlicher Brief existiert hat."
,,Und was ist dann da drin?" fragt Lorelai nun, als sie den Umschlag doch nimmt.
,,Eine Glückwunschkarte und ein Gutschein." Auf der Karte steht folgender Text:

Liebe Rory!
Es tut mir leid, dass ich nicht zu deinem großen Tag kommen kann.
Ich wünsche Dir für die Zukunft Alles Gute! Du hast es wirklich verdient
glücklich zu werden.
In Liebe
Dean

Ich habe bewusst das "Du" statt dem "Ihr" verwendet. Hätte ich die Karte an beide geschrieben, hätte es sarkastisch geklungen, schließlich weiß Rory ja, wie sehr ich ihn hasse. Doch ich will, dass sie weiß, dass ich ihr wirklich nur das Beste wünsche.
,,Ein Gutschein?" fragt Lorelai mit ungläubigem Gesicht.
,,Ja, für den Bücherladen. Ich weiß, es ist nichts Besonderes, aber es war das Erste und Einzige, was mir zu ihr..." Ich räuspere mich, bevor ich mich verbessere: ,,Es war das erste, was mir zu ihnen eingefallen ist."
,,Das... das ist wirklich nett." Lorelai dreht den Umschlag von der einen Seite auf die andere, ist anscheinend unsicher was sie noch sagen soll.
,,Es wird spät," sage ich, ohne jedoch Anstalten machen zu gehen. Ich weiß: Wenn ich jetzt ins Auto steige, gibt es kein Zurück mehr und genau davor habe ich Angst. Ich bemerke, wie Lorelai's Blick auf meiner linken Hand ruht. Der Ring! Ich seufze, nehme ihn ab und betrachte ihn noch ein letztes Mal, ehe ich ihn in Lorelai's Hand lege. ,,Würdest du ihn für mich wegwerfen?"
,,Ich habe doch gar nichts gesagt," empört sich Lorelai.
,,Dein Blick hat gereicht und ich weiß ja, dass du Recht hast."
,,Schön, dass endlich mal jemand gemerkt hat, dass ich immer Recht habe," sagt Lorelai grinsend und wirft den Ring dann in die Kiste. Dort fällt ihr Blick wieder auf das Fotoalbum. ,,Willst du es nicht doch mitnehmen? Nicht um der Zeit nachzutrauern, aber es ist schön, wenn man Erinnerungsstücke besitzt."
,,Nein, danke. Ich könnte nichts damit anfangen - noch nicht. Vielleicht denke ich irgendwann anders, vielleicht in dreißig Jahren oder so," gebe ich lächelnd zurück.
,,Ja, vielleicht. Und dann rufst du mich an und ich lasse es dir zuschicken. Falls ich bisdahin noch nicht so alt und senil bin, dass ich nicht mehr weiß, wer du bist," gibt Lorelai grinsend zurück.
,,Das wäre lieb von dir. Also dann..." Unsicher stehe ich da, weiß nicht, was ich noch weiter tun oder sagen soll.
,,Meldest du dich kurz, damit ich weiß, dass du gut angekommen bist?"
,,Ähm... ich denke nicht. Ich habe beschlossen das Kapitel abzuschließen, sobald ich Stars Hollow verlassen habe." Es ist das erste Mal, dass ich das laut sage. Ich habe mir eingeredet, dass es somit einfacher wird.
,,Du kannst nicht die letzten sieben Jahre einfach so streichen."
Lorelai spricht genau das aus, was ich auch befürchte. ,,Aber ich kann es wenigstens versuchen, meinst du nicht?" sage ich dennoch, warte jedoch gar keine Antwort ab. ,,Ich sollte dann jetzt mal los."
,,Du sagst Bescheid, wenn du da bist?"
,,Lorelai, ich..."
,,Du machst es! Du musst ja nicht stundenlang mit mir quatschen, aber melde dich einfach kurz... und wenn es nur eine Karte ist, auf der steht, dass es dir gut geht, ok?"
,,Ok," gebe ich schließlich nach, weil ich ja weiß, dass Lorelai sich nicht umstimmen lassen wird. ,,Also dann... Noch einmal Danke für Alles."
,,Gern geschehen. Ich habe dir das nie gesagt, aber ich hätte mich wirklich gefreut, wenn du mein Schwiegersohn geworden wärst.“ Lorelai tritt einen Schritt auf mich zu und umarmt mich.
,,Ich mich auch,“ ist das Einzige, was ich hervorbringe.
,,So, genug mit Rührseligkeiten,“ meint Lorelai, als sie mich wieder loslässt und ein Lächeln aufsetzt. ,,Du musst jetzt los... und ich sollte mich jetzt fertig machen für die Party und mich darauf freuen mich mit meinem Tischnachbarn unterhalten zu können.“
Ich weiß, dass sie das nur ironisch meint, schließlich wird Luke wahrscheinlich neben ihr sitzen.
,,Ok.“ Ich öffne die Autotür, spiele noch kurz mit dem Schlüssel in der Hand herum und blicke dann Lorelai wieder an: ,,Leb wohl, Lorelai."
,,Sag’ so was nicht!“ unterbricht mich Lorelai. ,,Das ist sehr rührselig und wir haben doch beschlossen, die Sache mit den Rührseligkeiten zu lassen. Dieses „Leb wohl!“ ist einfach zu sentimental. Sag: Wir sehen uns, Lorelai! Das klingt normal.“
,,Aber-“ versuche ich zu widersprechen, weil es mir total dumm vorkommt diesen Satz zu sagen, obwohl ich weiß, dass wir uns bestimmt so schnell nicht wiedersehen.
,,Sag’ es einfach!“ fordert Lorelai noch einmal, woraufhin ich ihr seufzend den Gefallen tue: ,,Wir sehen uns, Lorelai!“
,,Danke!“ Sie berührt mich noch kurz am Arm, bevor ich schließlich in den Wagen steige und die Tür schließe. Sie blickt mich traurig an, als sie zum letzten Mal die Worte sagt, die ich in den letzten Monaten, Jahren sooft von ihr zu hören bekommen habe: ,,Es tut mir so leid.“
Doch dieses Mal will ich nicht so eine leichte Ausrede wie zum Beispiel „Ist schon gut.“ sagen. ,,Danke, aber das muss es nicht. Alles was passiert, passiert aus einem bestimmten Grund, nicht wahr?“
,,Du hast mir also tatsächlich zugehört?!“ Lorelai sieht mich lächelnd an. ,,Schön zu hören. Dann war ich also nicht vollkommen nutzlos."
,,Dir hört doch jeder zu und wenn nicht freiwillig, dann hast du schon deine Möglichkeiten ihn dazu zu zwingen,“ meine ich lächelnd.
,,Du kennst mich gut.“
,,Ja, ein bisschen habe ich dich in den vergangenen Jahren wirklich kennen gelernt.“
,,Allerdings.“
Schweigen. Es ist eine der Situationen, in der niemand weiß, was er sagen soll. Man ist unsicher, lächelt, redet irgendetwas, nur um nicht zu schweigen. Abschied nehmen ist nie leicht und das Problem jetzt ist, dass ich mich nicht einfach dazu aufraffen kann „Bye“ zu sagen, das Fenster zu schließen und wegzufahren.
,,Also dann.“ Ich hole tief Luft und hoffe, dass Lorelai nun den ersten Schritt macht. Ich hoffe, dass sie sich jetzt einfach kurz entschuldigt und zum Gehen wendet.
,,Also dann,“ wiederholt sie mit einem Anflug von Lächeln und berührt mich dann kurz an der Schulter. ,,Leb wohl, Dean!“
Ich blicke sie erstaunt an. Sie hat den Satz gesagt, den sie mir vorher verboten hat. Und irgendwie macht es in meinem Kopf plötzlich „Klick“. Dieses „Leb wohl, Dean!“ war wie ein freundlicher Schubs. Es hat mir gezeigt, dass es jetzt wirklich Zeit zu gehen ist. Es hat mir gezeigt, dass ich jetzt ohne große Probleme fahren kann. Es ist, als hätte man mir soeben einen Fahrschein zu einem unbekanntem Ort in die Hand gedrückt: Man hat zwar keine Ahnung, wohin es einen letztendlich verschlägt, doch man spürt, dass man das Ticket einlösen muss – allein schon vor Neugier - und, dass es gar nicht so schrecklich werden kann. Lorelai’s „Leb wohl!“ war wie ein Ticket zu einem bekanntem Ort – Chicago ist schließlich meine alte Heimat - doch einem unbekanntem, neuem Leben. Sieben Jahre sind schließlich lang. Und ich muss mich bestimmt erst einmal wieder an das Leben in einer Großstadt gewöhnen. An eine Stadt, in der es nicht normal ist, dass man jeden Bürger sehr gut kennt; an eine Stadt, in der dein Chef nicht gleichzeitig Bürgermeister, Vermieter, Supermarkt -und Eisdielenbesitzer ist. Eine Stadt, in der du nicht einfach zu deinen Nachbarn gehen und fragen kannst, ob du den Wagen kurz ausborgen kannst.
,,Leb wohl, Lorelai!“ Nach diesen drei Worten, schließe ich das Fenster und starte den Wagen. Ich sehe im Rückspiegel, wie Lorelai ein letztes Mal winkt, den Karton hochnimmt und dann langsam zurück ins Haus geht.
Wie oft bin ich die Strecke zu dem Haus der Gilmores' gelaufen oder mit dem Auto gefahren?
Ich halte an der roten Ampel an. Es ist eine total sinnlose Ampel, hatten Rory und ich immer gelacht. Ungeduldig klopfe ich mich mit meinen Fingern auf dem Lenkrad herum und schalte das Radio an,

Well it seems such a long time
Since our love had it's day
You hope it knew the times I tried not let you slip away
Not always eye to eye looking at what's new
You know it wont be easy, being without you

während mein Blick nach links wandert und mein Herz kurz aussetzt. Ich kneife die Augen zusammen und kann es immer noch nicht glauben.
Dort sitzt sie auf einer Bank, ein Buch auf dem Schoß. Nein, nicht irgendeine Bank... es ist die Bank, wo der Schulbus früher immer gehalten hat. Ich sehe mich selbst, wie ich auf dieser Bank immer ungeduldig auf sie gewartet habe.
Plötzlich schaut sie von ihrem Buch auf, fast so als hätte sie meine Anwesenheit gespürt. Unsere Blicke begegnen sich – wir halten für einen kurzen Moment Blickkontakt, doch dann kommt aus der entgegengesetzter Richtung der Bus und versperrt mir den Blick auf sie.
Als der Bus ungefähr eine Minute später wieder abfährt und die Sicht somit freigibt, ist sie nicht mehr alleine. Er hat einen Arm um ihre Schultern gelegt und führt sie so über die Straße. Ich sehe, wie er etwas sagt, woraufhin sie lächelnd zu Boden blickt. Als sie etwa einen Meter von meinem Auto entfernt sind, blickt Rory noch einmal über ihre Schulter zurück. Ihr Blick wirkt schuldbewusst, entschuldigend und irgendwie hilfesuchend zugleich.

You have to go, is there something you must find?
Take one last look at love baby
Take one last look at the love we're leaving behind
One last look, there'll be no more making your mind up
One last look at love oh oh

Jess bekommt ihre Aufmerksamkeit wieder, indem er anfängt an ihrem Nacken zu knappern. Lachend schubst sie ihn etwas von sich, schaut mich dann noch ein letztes Mal an und lässt sich schließlich wieder von Jess, Arm in Arm, zum Festplatz leiten: Der Bräutigam ist da! Ist das Einzige, was ich in diesem Moment denken kann.
Es hupt hinter mir und ich bemerke, dass die Ampel auf grün geschalten hat.

I realise you're changing
You know it needs to be
I didn't know this trust in you would take your love from me
We gave each other something we outgrew yesterday
I hope that you remember, how love it was with me

Was für Musik höre ich da überhaupt? Ich wechsle den Sender und höre ein mir bekanntes Lied – das gleiche Lied, das ich damals im Auto gehört habe, als ich das Haus verkauft habe.

Sometimes I ask my heart did we really
Give our love a chance (just one more chance)

Wie auch schon letztes Mal passt der Text sehr gut zu meiner Situation. Als Rory mich vorher, als sie auf der Bank saß, angesehen hat, da habe ich mich genau dasselbe gefragt. Wenn der Bus nicht gekommen wäre, könnte ich nicht dafür garantieren, dass ich im Auto geblieben und nicht zu ihr rübergegangen wäre. Es war ihr Blick – er hat mich an so vieles aus der Vergangenheit erinnert.

and I know without a doubt
I turned it inside out
And if we walked away
would make more sense (only self defense)
But it tears me up inside
Just to think we still could try
How long must we keep riding on a carousel
Going round and round and never getting anywhere?

Aber in meinem tiefsten Inneren weiß ich ja eigentlich, dass es keinen Sinn mehr hat – schon lange nicht mehr. Es ist leicht sich etwas zu suchen, an dem man festhalten kann. Bei mir war es Rory. Mir war eigentlich klar, dass wir nie wieder zusammen kommen werden, aber ich hatte einfach Angst vor der Zukunft und wollte es deswegen nie einsehen.

This is the long goodbye
Somebody tell me why
Two lovers in love can't make it
Just what kind of love keeps breaking a heart?
No matter how hard I try
You're gonna make me cry
Come on, baby, it's over, Let's face it
All that's happening here is the long goodbye

It’s over, let’s face it! Ein schöner Satz. Ich habe es eingesehen, als ich Rory und Jess letztens zusammensah. Ich habe gesehen, wie glücklich sie war und plötzlich wurde mir bewusst, dass ich das auch wieder sein will – glücklich. Und das kann ich nicht werden, wenn ich immer nur der Vergangenheit nachtrauere. Ich merke, dass Lorelai mit Allem Recht hatte, was sie gesagt hat.
Die Zeit mit Rory war wunderschön und ich werde sie bestimmt auch niemals vergessen können. Aber um das geht es ja gar nicht. Es geht darum, dass ich lernen muss glücklich zu werden – ohne sie. Sie hat es geschafft... sollte ich es dann nicht auch schaffen?
Ich habe immer noch Angst vor der Zukunft. Was wird passieren? Ich habe keine Ahnung, wie mein Leben nach Stars Hollow verlaufen wird. Das Einzige, was ich weiß ist, dass es auch ein Leben außerhalb Stars Hollows und ein Leben ohne Rory geben muss – auch wenn ich mir das noch nicht richtig vorstellen kann.

The long goodbye
The long goodbye
This is the long goodbye
Someone please tell me why

Als ich das Ortschild von Stars Hollow passiere, weiß ich, dass ich nie wieder hierher kommen werde, dass ich nie mehr mit Rory sprechen werde, egal, was passieren wird, egal... egal, was ich noch für sie empfinde werde. Ich weiß, dass meine Zeit mit Rory, meine Zeit in Stars Hollow endgültig vorüber ist.

Are you ever coming back again
Are you ever coming back again
Are you ever coming back again
Guess I'm never coming back again

The End

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