27.12.2005, 01:59
Als Lorelai, tief betroffen, sich auf den Heimweg machte bemerkte sie nicht, dass ihr jemand unauffällig versuchte zu verfolgen. Erst als ein lautes Rascheln sie umdrehen lieÃ, sah sie, dass sich jemand hinter einem Gebüsch zu versteckte. Mit einem unguten Gefühl ging sie weiter, vermied es jedoch wieder nach hinten zu sehen, aus Angst etwas erkennen zu können. Sie beschleunigte ihr Tempo, doch noch immer wurde sie das Gefühl nicht los, dass jemand sie verfolgte; jemand, der nichts Gutes im Sinn hatte.
Auch als der Park schon recht weit hinter ihr lag, hatte sie das Gefühl noch nicht verloren. * Was war hier nur los*, fragte sie sich unruhig.
Um schnellst möglich ihr Elternhaus zu erreichen, beschloss sie durch eine engere Gasse zu gehen.
âLorelai?!", rief eine dunkle Männerstimme hinter ihr her.
Unsicher drehte Lorelai sich um und erkannte Christophers Dad am Ende der Gasse.
War er es, der ihr gefolgt war? Lorelai wusste es nicht, aber warum sollte er so etwas tun?
âStraub..."
Schnellen Schrittes kam er auf sie zu, er sah fieser aus als je zuvor und der Kerl sah echt immer fies aus. Irgendwie wirkte er unberechenbar auf sie. Hoffentlich täuschte sie sich, denn er hatte gerade seinen Sohn verloren und das er ihr die Schuld an allem gab war längst nicht unbekannt.
âHör zu Lorelai, ich will, dass du Christopher überzeugst, dass er nach Yale geht, sonst...sonst...", befahl er böse. Der Ausdruck in seinen Augen lieà sie schaudern. Seine Stirn zeigte Falten des Zorns.
âDas- das kann ich nicht... er ist weg...", stotterte sie.
âEr ist weg????!!! Das ist alles deine Schuld! Du hast meine Familie zerstört!", schrie er sie an und kam ihr bedrohlich nah.
Beschützend stellte Lorelai sich vor den Kinderwagen, damit Rory nichts zustoÃen konnte.
âEs- es tut mir leid... ich- ich wollte das nicht...", stieà sie panisch hervor.
Dieser Mann machte ihr Angst. Er macht ihr sogar groÃe Angst...
âDu wirst dieses Kind weggeben!"
âDas werde ich nicht!", brüllte sie.
âSehr wohl wirst du das, denn sonst wird diesem Balg etwas passieren. Das schwöre ich dir beim Grab meiner Mutter."
âDas ist dein Enkelkind, du kannst doch nicht....."
âDas ist nicht mein Enkelkind! Ich schwöre dir, Lorelai, wenn du dieses Kind nicht weggibst werde ich es von der Bildfläche verschwinden lassen. Du hast genug Schande über uns alle gebracht. Wenn du es nicht tun solltest, wird dein Vater davon erfahren... es ist nicht schwierig, jemanden dabei zu erwischen wie er wichtige Unterlagen des Betriebs mitgehen lässt und sie später für teures Geld, an andere Firmen, verhökert. Du verstehst schon, nicht? Immerhin weiÃt du ja sicherlich wie sehr dein Vater seine Arbeit liebt... Sicherlich kannst du dir auch vorstellen welche Schande das über eure Familie bringen würde. Ich sehe es schon vor mir RICHARD GILMORE â EIN DIEB! Klingt nicht gut, oder???", erklärte Straub boshaft.
Zitternd stand Lorelai vor dem Kinderwagen, Tränen liefen über ihre bleichen Wangen.
âDas- das kannst du doch nicht tun...", murmelte sie leise.
âDu glaubst gar nicht was ich alles kann. Also wenn du nicht willst das diesem Balg etwas geschieht, oder deinem Vater Diebstahl nachgewiesen wird... Gib das Kind weg, sonst wirst du unglücklich und deine Familie auch! Du wirst ihnen Schande bereiten, so wie du es immer getan hast. Du bist eine Schande für alle. Tu einmal etwas für andere, dass wäre mal eine Abwechslung!" Straub lachte boshaft auf und schubste Lorelai mit Gewalt zur Seite, so dass sie stürzte und sich am Kopf verletzte, nur um an ihr vorbei zu kommen.
âWenn du jemandem davon erzählen solltest, egal wem, wird dasselbe passieren und du warst die längste Zeit Mutter, " rief er boshaft, bevor er verschwand.
Verstört sah Lorelai ihm nach. Ihr Kopf begann ganz fürchterlich zu schmerzen. Rory, die durch das Brüllen dieses Mannes aufgewacht war, begann zu schreien. Sie musste gespürt haben, worum es gingâ¦
- wieder im Heute-
Lorelai lieà die Geschehnisse Revue passieren, während Rory sie schweigend ansah. Sie musste zugeben, dass sie schockiert war. Eigentlich hatte sie sich das anders vorgestellt. Mehr so: Jung Mutter geworden, war überfordert mit brüllendem Kind, vom Kindesvater verlassen (wobei das ja zu stimmen schien), Eltern standen ihr nicht bei, war enterbt worden.... Irgendwie schien ihr das natürlicher, warum auch immer. Seit sie erfahren hatte, dass sie adoptiert wurde, hatte sie von ihrer leiblichen Mutter ein bestimmtes Bild, doch dies wollte sich jetzt einfach nicht so fügen wie sie es erwartet hatte. Es war einfacher ihre Mutter zu verachten, als sie gern zu haben und tatsächlich begann sie Lorelai in Herz zu schlieÃen. Auch wenn sie so ziemlich alles erwartet hatte von diesem Treffen, aber nicht das! Warum auch. Sie hatte sie verlassen, allein gelassen, ausgestoÃen..... Und nun saà ihr diese Frau, die für ihr Leben verantwortlich war, gegenüber und erzählte ihr so eine Geschichte. Eine so herzerweichende, rührselige Geschichte, die es fasst zulieÃ, dass sie ihr verzieh.
Lorelai sah ihre Tochter einen ganze Weile an und es schien ihr als würden sich deren Gedanken völlig überschlagen.
âAlles in Ordnung?", fragte sie nach einigen Minuten des Schweigens und setzte sich wieder.
âJa... ich- ich weià nur nicht recht was ich sagen soll, " murmelte sie.
âDu musst nichts sagen. Ich habe bis heute nicht verarbeitet was damals geschehen ist, also erwarte ich nicht, dass du es sofort tust⦠wenn du aber Fragen hast Rory, also wenn dir Fragen kommen sollten, frag einfach, okay?!"
âÃhm ja, ich denke, dass ist wohl eine gute Idee. Danke, Lorelai."
âDas ist das mindeste was ich dir schulde... weiÃt du, ich habe mich die ganzen Jahre gefragt, was aus dir geworden ist. In welcher Familie du wohl jetzt aufwachsen würdest, ob du dich wohl fühlst..., oder ob du dich vielleicht an mich erinnerst, oder vielleicht sogar... vermisst."
âIch hatte immer das Gefühl, dass mir etwas fehlt, auch wenn alles um mich herum perfekt schien. WeiÃt du, meine Eltern sind sehr nett und sie lieben mich wie ihr eigenes Kind. Ich fühle mich bei ihnen geborgen, geliebt, beschützt, doch irgendetwas fehlte, wenn ich abends im Bett lag und Schäfchen zählte. Wenn ich zu den Sternen sah habe ich mich gefragt, ob meine Mutter sie wohl auch sehen würde."
Betroffen sah Lorelai zu Rory. Sie versuchte krampfhaft, die in ihr hochkommenden Tränen zu unterdrücken, was ihr kläglich gelang.
âHaben deine Eltern dir von mir etwas erzählt?", fragte sie ein wenig benommen.
âNur, dass du sehr jung warst. Sie haben mir jedoch auch versprochen, dass sie mich dabei unterstützen würden dich zu suchen. Wie man sieht haben sie dieses Versprechen gehalten. Ich habe gefunden, was ich gesucht habe."
âRory, ich weià mich geht das nichts an, mich schon gar nicht, aber mich würde es sehr freuen wenn du mir etwas über dich erzählst... so wie du lebst, auf welche Schule du gehst und so... und ob du glücklich bist...", fragte Lorelai zögernd.
âDu möchtest was über mich wissen... ich weià gar nicht wo ich anfangen soll...", zögerte Rory.
âAuf welche Schule gehst du denn?"
âÃhm, im Moment gehe ich auf eine staatliche Highschool in unserer Stadt. Es ist ganz nett da, ich meine, die Leute und so, aberâ¦"
âAber?"
âNaja, ich würde eines Tages gerne auf ein renommiertes College gehen, wie Harvard, oder Yale."
âDas ist doch sehr strebsam. Lernst du denn auch gerne?"
âIch lese viele Bücher und so. Aus denen lerne ich eine Menge. Es fällt mir nicht schwer gute Noten zu bekommenâ¦", erklärte Rory mit einem Hauch von Begeisterung.
âBist du glücklich?", fragte Lorelai und sah erwartungsvoll zu ihrer Tochter.
Diese schwieg einen Moment, denn diese Frage traf es auf den Punkt. Nicht mal sie selbst wusste ob sie glücklich war, oder ob sie nur so tat als ob. Vielleicht gab sie nur vor jemand zu sein, der sie gar nicht war und nie sein wollte. Ihr Leben lang war sie von ihrer Familie behütet worden, geliebt und doch fühlte sie sich allein, nicht richtig aufgehoben. Ob das daran lag, dass sie adoptiert war? Suchte sie in ihrem Leben nach etwas das ihr Halt gab, den Halt, der ihr bisher verwehrt wurde? Klar bekam sie die Unterstützung ihrer Familie, doch wie gerne sie diese Menschen auch hatte und so sehr sie sie auch in ihr Herz geschlossen hatte; sie fühlte sich fremd.
âHabe ich etwas falsche gefragt?", fragte Lorelai ein wenig besorgt.
âNein, nein... ich- ich musste nur gerade über die Frage nur länger nachdenken und dabei feststellen, dass ich mir nicht so sicher bin, wie ich es vielleicht sein sollte."
âWeiÃt du denn warum du so unsicher bist?", fragte Lorelai vorsichtig nach.
âAlso, sicherlich kommt es darauf an wie man glücklich sein definiert. Wenn ich `glücklich sein` aber so definiere, dass man ein Gefühl der Vollkommenheit in sich hat, wenn man morgens aufsteht, dann bin ich mir nicht sicher, ob das so ist."
âVerstehe. Fühlst du dich vollkommen wenn du morgens aufwachst?"
âIch habe an jedem Morgen das Gefühl als ob mir was fehlt. Dieses etwas hält mich davon ab, die Vollkommenheit zu spüren, " erklärte Rory.
âIst es denn für dich wichtig diese Vollkommenheit spüren zu können, Rory?"
âWarte, vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Ich bin zufrieden mit meinem Leben, `glücklich` wenn du so magst. Ich liebe meine Familie, meine Freunde, die Schule... doch wenn ich morgens, oder wann auch immer in den Spiegel schaue, sehe ich nicht mich, so wie ich mich fühle. Ich sehe ein fremdes Gesicht, dass ich nicht einordnen kann. Ein Gesicht, das nicht annährend in das Familienbild passt, das wir zu Weihnachten verschicken. Ich sehe ein Gesicht, dessen Form und Züge mir so unbekannt und familiär zugleich sind. Verstehst du? Ich weià nicht wen ich da täglich anstarre. Manchmal erwische ich mich selbst dabei, wenn ich vor dem Spiegel stehe und überlege, wem ich dieses Gesicht doch zuordnen könnte. Wenn ich unterwegs bin und ich Menschen begegne, die mir vielleicht ein wenig ähnlich sehen... vielleicht nur die selben Augen haben, frage ich mich, ob das wohl meine Mutter ist, oder auch mein Vater... oder irgendwer, der das selbe Blut in seinen Adern hat, wie ich.... es erfüllt mich mit Hoffnung, doch dann geht diese Person an mir vorbei, ohne mich auch nur ein mal eines Blickes gewürdigt zu haben und in dem Moment bin ich so unglaublich traurig...."
Schweigend lieà Lorelai Rorys Worte sacken, sie kannte das Gefühl nur zu gut.
âEs tut mir leid, ich bin abgeschweift...", murmelte Rory kaum hörbar.
âDas muss dir nicht leid tun, glaub mir. Weià du, ich kenne das Gefühl wenn du morgens aufwachst und du das Gefühl hast etwas fehlt dir, um wirklich glücklich zu sein. Manchmal fragst du dich lange was es ist und erst viel zu spät, nachdem du dich schon viel zu sehr hinein gesteigert hast, wird dir das offensichtlichste klar. WeiÃt du wie oft ich durch die Stadt gegangen bin und dich gesehen habe... es warst nicht du, die ich gesehen habe. Es waren Mädchen, die vielleicht dieselbe Haarfarbe hatten wie ich oder Christopher, oder weià Gott was ich alles geglaubt habe zu sehen."
âJetzt wo ich dich sehe, fällt es mir leichter ein Bild von mir zu machen. Ich bin ein wenig erleichtert, denn wenn ich in deine Augen schaue, sehe ich meine."
âUnd wenn ich dich ansehe, sehe ich mich als sechzehnjährige."
âHast du vielleicht ein Bild?", fragte Rory ein wenig zögernd.
âKlar, warte."
Lorelai stand auf und verschwand in einem der Zimmer. Mit einer kleinen Kiste unter ihrem Arm kam sie zurück. Sie setzte sich neben Rory um ihr die Bilder besser zeigen zu können. Sie zeigte ihr als erstes ein Foto von ihr und Christopher, sie waren auf einem Ball.
âIst das??"
âDas ist Christopher, dein Vater."
âIhr seht noch so verdammt jung aus."
âWir waren so alt wie du heute, " lachte Lorelai und zeigte Rory ein Babyfoto von ihr. Sie spürte wie die Anspannung von ihr wich und auch Rory erschien ihr wesentlich entspannter.
âOh mein Gott, bin ich das?" fragte sie ungläubig, denn sie kannte keine Babyfotos von sich.
âJa, da warst du ein halbes Jahr alt."
âOh mein Gott, dass ist jaâ¦."
"SüÃ? Du warst das wohl schönste Baby auf der ganzen Welt, " interpretierte Lorelai ihre nicht zu Ende gebrachte Aussage.
âIch wollte sagen, unglaublich, aber süà ist auch ganz nett, " lächelte Rory.
âWillst du dir die anderen Fotos auch ansehen?", fragte Lorelai.
âJa, aber ein anderes Mal... wenn ich darf."
âNatürlich!"
âWar ich ein anstrengendes Baby? Also ich meine, hab ich viel geschrieen, oder so?"
âNein, es sei denn du hattest Hunger und das hattest du häufig, oder ich hab dir abends nicht genug erzählt oder vorgelesen damit du einschläfst," erklärte Lorelai und driftete ein wenig in die Vergangenheit ab.
Sie dachte daran wie sie Rory jeden Abend eine Geschichte vorlas und wie gespannt Rory ihr gelauscht hatte, Wort für Wort. Sie sah sie mit ihren groÃen blauen Kulleraugen an und erst als die Geschichte wirklich beendet war, schloss sie ihre Ãuglein.
âNoch heute kann ich ohne ein Buch zu lesen nicht einschlafen und manchmal kommt mir die Melodie eines Liedes in den Sinn und ich weià nicht woher ich das habe."
Nachdenklich erinnerte sich Lorelai an das Lied, sie hatte es jeden Abend für Rory gesungen. Leise sang sie es vor sich hin.
Darlinâ you can count on me
Till the sun dries up the sea
Until then Iâll always be devoted to you
Iâll be yours through endless time
Iâll adore your charms sublime
Guess by now you know that Iâm devoted to you
âDas ist es. Hast du es mir vorgesungen?", fragte sie erfreut.
âJeden Abend, ohne Ausnahme."
âEs ist ein sehr schönes Lied."
âJa, schon meine Mum sang es für mich als ich so alt war...auch wenn ich selten mit ihr übereinstimme, aber bei dem Lied hat sie echt ein Stein bei mir im Brett."
âVerstehst du dich nicht gut mit deiner Mutter?", fragte Rory interessiert.
âSagen wir mal so. Unterschiedlichere Meinungen, was das Leben angeht und wie man es zu leben hat, gibt es wohl nicht."
âKlingt kompliziert. Wie sind deine Ansichten vom Leben?"
âMeine Ansichten? Die erste ist wohl, ohne Kaffee geht gar nix und des weiteren wäre wohl zu erwähnen, dass ich nicht so konservativ lebe wie meine Eltern es sich immer für mich vorgestellt hatten. Ich wurde keine Debütantin, so wie sie es wollten. Ich wurde schwanger, bevor ich verheiratet war, in einem Alter wo man nicht schwanger sein sollte und das ich deinen Vater nicht geheiratet habe, hat ihnen wohl den Rest gegeben."
âOh... trinkst du viel Kaffee?", fragte Rory, auch um ein wenig das Thema zu wechseln, da sie merkte, dass es Lorelai sichtlich berührte.
âOh ja. Ohne meine tägliche Ration Kaffee und wir reden nicht von drei Tassen pro Tag, bin ich nicht zu gebrauchen. Ich bin ein Kaffee- Junkie- ich gebe es hiermit zu." Lorelai legte sich die rechte Hand aufs Herz. Wieder fingen beide an von Herzen zu lachen.
âBei mir ist es so ähnlich, wenn ich keinen Kaffe kriege bin ich unausstehlich. Dann laufen alle vor mir weg, als wäre ich ein grausames Monster, das sie zu fressen auf droht."
Noch immer lachend, spürten die beiden in dem Moment noch gar nicht, wie sehr sie sich bereits ähnelten.
Auch als der Park schon recht weit hinter ihr lag, hatte sie das Gefühl noch nicht verloren. * Was war hier nur los*, fragte sie sich unruhig.
Um schnellst möglich ihr Elternhaus zu erreichen, beschloss sie durch eine engere Gasse zu gehen.
âLorelai?!", rief eine dunkle Männerstimme hinter ihr her.
Unsicher drehte Lorelai sich um und erkannte Christophers Dad am Ende der Gasse.
War er es, der ihr gefolgt war? Lorelai wusste es nicht, aber warum sollte er so etwas tun?
âStraub..."
Schnellen Schrittes kam er auf sie zu, er sah fieser aus als je zuvor und der Kerl sah echt immer fies aus. Irgendwie wirkte er unberechenbar auf sie. Hoffentlich täuschte sie sich, denn er hatte gerade seinen Sohn verloren und das er ihr die Schuld an allem gab war längst nicht unbekannt.
âHör zu Lorelai, ich will, dass du Christopher überzeugst, dass er nach Yale geht, sonst...sonst...", befahl er böse. Der Ausdruck in seinen Augen lieà sie schaudern. Seine Stirn zeigte Falten des Zorns.
âDas- das kann ich nicht... er ist weg...", stotterte sie.
âEr ist weg????!!! Das ist alles deine Schuld! Du hast meine Familie zerstört!", schrie er sie an und kam ihr bedrohlich nah.
Beschützend stellte Lorelai sich vor den Kinderwagen, damit Rory nichts zustoÃen konnte.
âEs- es tut mir leid... ich- ich wollte das nicht...", stieà sie panisch hervor.
Dieser Mann machte ihr Angst. Er macht ihr sogar groÃe Angst...
âDu wirst dieses Kind weggeben!"
âDas werde ich nicht!", brüllte sie.
âSehr wohl wirst du das, denn sonst wird diesem Balg etwas passieren. Das schwöre ich dir beim Grab meiner Mutter."
âDas ist dein Enkelkind, du kannst doch nicht....."
âDas ist nicht mein Enkelkind! Ich schwöre dir, Lorelai, wenn du dieses Kind nicht weggibst werde ich es von der Bildfläche verschwinden lassen. Du hast genug Schande über uns alle gebracht. Wenn du es nicht tun solltest, wird dein Vater davon erfahren... es ist nicht schwierig, jemanden dabei zu erwischen wie er wichtige Unterlagen des Betriebs mitgehen lässt und sie später für teures Geld, an andere Firmen, verhökert. Du verstehst schon, nicht? Immerhin weiÃt du ja sicherlich wie sehr dein Vater seine Arbeit liebt... Sicherlich kannst du dir auch vorstellen welche Schande das über eure Familie bringen würde. Ich sehe es schon vor mir RICHARD GILMORE â EIN DIEB! Klingt nicht gut, oder???", erklärte Straub boshaft.
Zitternd stand Lorelai vor dem Kinderwagen, Tränen liefen über ihre bleichen Wangen.
âDas- das kannst du doch nicht tun...", murmelte sie leise.
âDu glaubst gar nicht was ich alles kann. Also wenn du nicht willst das diesem Balg etwas geschieht, oder deinem Vater Diebstahl nachgewiesen wird... Gib das Kind weg, sonst wirst du unglücklich und deine Familie auch! Du wirst ihnen Schande bereiten, so wie du es immer getan hast. Du bist eine Schande für alle. Tu einmal etwas für andere, dass wäre mal eine Abwechslung!" Straub lachte boshaft auf und schubste Lorelai mit Gewalt zur Seite, so dass sie stürzte und sich am Kopf verletzte, nur um an ihr vorbei zu kommen.
âWenn du jemandem davon erzählen solltest, egal wem, wird dasselbe passieren und du warst die längste Zeit Mutter, " rief er boshaft, bevor er verschwand.
Verstört sah Lorelai ihm nach. Ihr Kopf begann ganz fürchterlich zu schmerzen. Rory, die durch das Brüllen dieses Mannes aufgewacht war, begann zu schreien. Sie musste gespürt haben, worum es gingâ¦
- wieder im Heute-
Lorelai lieà die Geschehnisse Revue passieren, während Rory sie schweigend ansah. Sie musste zugeben, dass sie schockiert war. Eigentlich hatte sie sich das anders vorgestellt. Mehr so: Jung Mutter geworden, war überfordert mit brüllendem Kind, vom Kindesvater verlassen (wobei das ja zu stimmen schien), Eltern standen ihr nicht bei, war enterbt worden.... Irgendwie schien ihr das natürlicher, warum auch immer. Seit sie erfahren hatte, dass sie adoptiert wurde, hatte sie von ihrer leiblichen Mutter ein bestimmtes Bild, doch dies wollte sich jetzt einfach nicht so fügen wie sie es erwartet hatte. Es war einfacher ihre Mutter zu verachten, als sie gern zu haben und tatsächlich begann sie Lorelai in Herz zu schlieÃen. Auch wenn sie so ziemlich alles erwartet hatte von diesem Treffen, aber nicht das! Warum auch. Sie hatte sie verlassen, allein gelassen, ausgestoÃen..... Und nun saà ihr diese Frau, die für ihr Leben verantwortlich war, gegenüber und erzählte ihr so eine Geschichte. Eine so herzerweichende, rührselige Geschichte, die es fasst zulieÃ, dass sie ihr verzieh.
Lorelai sah ihre Tochter einen ganze Weile an und es schien ihr als würden sich deren Gedanken völlig überschlagen.
âAlles in Ordnung?", fragte sie nach einigen Minuten des Schweigens und setzte sich wieder.
âJa... ich- ich weià nur nicht recht was ich sagen soll, " murmelte sie.
âDu musst nichts sagen. Ich habe bis heute nicht verarbeitet was damals geschehen ist, also erwarte ich nicht, dass du es sofort tust⦠wenn du aber Fragen hast Rory, also wenn dir Fragen kommen sollten, frag einfach, okay?!"
âÃhm ja, ich denke, dass ist wohl eine gute Idee. Danke, Lorelai."
âDas ist das mindeste was ich dir schulde... weiÃt du, ich habe mich die ganzen Jahre gefragt, was aus dir geworden ist. In welcher Familie du wohl jetzt aufwachsen würdest, ob du dich wohl fühlst..., oder ob du dich vielleicht an mich erinnerst, oder vielleicht sogar... vermisst."
âIch hatte immer das Gefühl, dass mir etwas fehlt, auch wenn alles um mich herum perfekt schien. WeiÃt du, meine Eltern sind sehr nett und sie lieben mich wie ihr eigenes Kind. Ich fühle mich bei ihnen geborgen, geliebt, beschützt, doch irgendetwas fehlte, wenn ich abends im Bett lag und Schäfchen zählte. Wenn ich zu den Sternen sah habe ich mich gefragt, ob meine Mutter sie wohl auch sehen würde."
Betroffen sah Lorelai zu Rory. Sie versuchte krampfhaft, die in ihr hochkommenden Tränen zu unterdrücken, was ihr kläglich gelang.
âHaben deine Eltern dir von mir etwas erzählt?", fragte sie ein wenig benommen.
âNur, dass du sehr jung warst. Sie haben mir jedoch auch versprochen, dass sie mich dabei unterstützen würden dich zu suchen. Wie man sieht haben sie dieses Versprechen gehalten. Ich habe gefunden, was ich gesucht habe."
âRory, ich weià mich geht das nichts an, mich schon gar nicht, aber mich würde es sehr freuen wenn du mir etwas über dich erzählst... so wie du lebst, auf welche Schule du gehst und so... und ob du glücklich bist...", fragte Lorelai zögernd.
âDu möchtest was über mich wissen... ich weià gar nicht wo ich anfangen soll...", zögerte Rory.
âAuf welche Schule gehst du denn?"
âÃhm, im Moment gehe ich auf eine staatliche Highschool in unserer Stadt. Es ist ganz nett da, ich meine, die Leute und so, aberâ¦"
âAber?"
âNaja, ich würde eines Tages gerne auf ein renommiertes College gehen, wie Harvard, oder Yale."
âDas ist doch sehr strebsam. Lernst du denn auch gerne?"
âIch lese viele Bücher und so. Aus denen lerne ich eine Menge. Es fällt mir nicht schwer gute Noten zu bekommenâ¦", erklärte Rory mit einem Hauch von Begeisterung.
âBist du glücklich?", fragte Lorelai und sah erwartungsvoll zu ihrer Tochter.
Diese schwieg einen Moment, denn diese Frage traf es auf den Punkt. Nicht mal sie selbst wusste ob sie glücklich war, oder ob sie nur so tat als ob. Vielleicht gab sie nur vor jemand zu sein, der sie gar nicht war und nie sein wollte. Ihr Leben lang war sie von ihrer Familie behütet worden, geliebt und doch fühlte sie sich allein, nicht richtig aufgehoben. Ob das daran lag, dass sie adoptiert war? Suchte sie in ihrem Leben nach etwas das ihr Halt gab, den Halt, der ihr bisher verwehrt wurde? Klar bekam sie die Unterstützung ihrer Familie, doch wie gerne sie diese Menschen auch hatte und so sehr sie sie auch in ihr Herz geschlossen hatte; sie fühlte sich fremd.
âHabe ich etwas falsche gefragt?", fragte Lorelai ein wenig besorgt.
âNein, nein... ich- ich musste nur gerade über die Frage nur länger nachdenken und dabei feststellen, dass ich mir nicht so sicher bin, wie ich es vielleicht sein sollte."
âWeiÃt du denn warum du so unsicher bist?", fragte Lorelai vorsichtig nach.
âAlso, sicherlich kommt es darauf an wie man glücklich sein definiert. Wenn ich `glücklich sein` aber so definiere, dass man ein Gefühl der Vollkommenheit in sich hat, wenn man morgens aufsteht, dann bin ich mir nicht sicher, ob das so ist."
âVerstehe. Fühlst du dich vollkommen wenn du morgens aufwachst?"
âIch habe an jedem Morgen das Gefühl als ob mir was fehlt. Dieses etwas hält mich davon ab, die Vollkommenheit zu spüren, " erklärte Rory.
âIst es denn für dich wichtig diese Vollkommenheit spüren zu können, Rory?"
âWarte, vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Ich bin zufrieden mit meinem Leben, `glücklich` wenn du so magst. Ich liebe meine Familie, meine Freunde, die Schule... doch wenn ich morgens, oder wann auch immer in den Spiegel schaue, sehe ich nicht mich, so wie ich mich fühle. Ich sehe ein fremdes Gesicht, dass ich nicht einordnen kann. Ein Gesicht, das nicht annährend in das Familienbild passt, das wir zu Weihnachten verschicken. Ich sehe ein Gesicht, dessen Form und Züge mir so unbekannt und familiär zugleich sind. Verstehst du? Ich weià nicht wen ich da täglich anstarre. Manchmal erwische ich mich selbst dabei, wenn ich vor dem Spiegel stehe und überlege, wem ich dieses Gesicht doch zuordnen könnte. Wenn ich unterwegs bin und ich Menschen begegne, die mir vielleicht ein wenig ähnlich sehen... vielleicht nur die selben Augen haben, frage ich mich, ob das wohl meine Mutter ist, oder auch mein Vater... oder irgendwer, der das selbe Blut in seinen Adern hat, wie ich.... es erfüllt mich mit Hoffnung, doch dann geht diese Person an mir vorbei, ohne mich auch nur ein mal eines Blickes gewürdigt zu haben und in dem Moment bin ich so unglaublich traurig...."
Schweigend lieà Lorelai Rorys Worte sacken, sie kannte das Gefühl nur zu gut.
âEs tut mir leid, ich bin abgeschweift...", murmelte Rory kaum hörbar.
âDas muss dir nicht leid tun, glaub mir. Weià du, ich kenne das Gefühl wenn du morgens aufwachst und du das Gefühl hast etwas fehlt dir, um wirklich glücklich zu sein. Manchmal fragst du dich lange was es ist und erst viel zu spät, nachdem du dich schon viel zu sehr hinein gesteigert hast, wird dir das offensichtlichste klar. WeiÃt du wie oft ich durch die Stadt gegangen bin und dich gesehen habe... es warst nicht du, die ich gesehen habe. Es waren Mädchen, die vielleicht dieselbe Haarfarbe hatten wie ich oder Christopher, oder weià Gott was ich alles geglaubt habe zu sehen."
âJetzt wo ich dich sehe, fällt es mir leichter ein Bild von mir zu machen. Ich bin ein wenig erleichtert, denn wenn ich in deine Augen schaue, sehe ich meine."
âUnd wenn ich dich ansehe, sehe ich mich als sechzehnjährige."
âHast du vielleicht ein Bild?", fragte Rory ein wenig zögernd.
âKlar, warte."
Lorelai stand auf und verschwand in einem der Zimmer. Mit einer kleinen Kiste unter ihrem Arm kam sie zurück. Sie setzte sich neben Rory um ihr die Bilder besser zeigen zu können. Sie zeigte ihr als erstes ein Foto von ihr und Christopher, sie waren auf einem Ball.
âIst das??"
âDas ist Christopher, dein Vater."
âIhr seht noch so verdammt jung aus."
âWir waren so alt wie du heute, " lachte Lorelai und zeigte Rory ein Babyfoto von ihr. Sie spürte wie die Anspannung von ihr wich und auch Rory erschien ihr wesentlich entspannter.
âOh mein Gott, bin ich das?" fragte sie ungläubig, denn sie kannte keine Babyfotos von sich.
âJa, da warst du ein halbes Jahr alt."
âOh mein Gott, dass ist jaâ¦."
"SüÃ? Du warst das wohl schönste Baby auf der ganzen Welt, " interpretierte Lorelai ihre nicht zu Ende gebrachte Aussage.
âIch wollte sagen, unglaublich, aber süà ist auch ganz nett, " lächelte Rory.
âWillst du dir die anderen Fotos auch ansehen?", fragte Lorelai.
âJa, aber ein anderes Mal... wenn ich darf."
âNatürlich!"
âWar ich ein anstrengendes Baby? Also ich meine, hab ich viel geschrieen, oder so?"
âNein, es sei denn du hattest Hunger und das hattest du häufig, oder ich hab dir abends nicht genug erzählt oder vorgelesen damit du einschläfst," erklärte Lorelai und driftete ein wenig in die Vergangenheit ab.
Sie dachte daran wie sie Rory jeden Abend eine Geschichte vorlas und wie gespannt Rory ihr gelauscht hatte, Wort für Wort. Sie sah sie mit ihren groÃen blauen Kulleraugen an und erst als die Geschichte wirklich beendet war, schloss sie ihre Ãuglein.
âNoch heute kann ich ohne ein Buch zu lesen nicht einschlafen und manchmal kommt mir die Melodie eines Liedes in den Sinn und ich weià nicht woher ich das habe."
Nachdenklich erinnerte sich Lorelai an das Lied, sie hatte es jeden Abend für Rory gesungen. Leise sang sie es vor sich hin.
Darlinâ you can count on me
Till the sun dries up the sea
Until then Iâll always be devoted to you
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Iâll adore your charms sublime
Guess by now you know that Iâm devoted to you
âDas ist es. Hast du es mir vorgesungen?", fragte sie erfreut.
âJeden Abend, ohne Ausnahme."
âEs ist ein sehr schönes Lied."
âJa, schon meine Mum sang es für mich als ich so alt war...auch wenn ich selten mit ihr übereinstimme, aber bei dem Lied hat sie echt ein Stein bei mir im Brett."
âVerstehst du dich nicht gut mit deiner Mutter?", fragte Rory interessiert.
âSagen wir mal so. Unterschiedlichere Meinungen, was das Leben angeht und wie man es zu leben hat, gibt es wohl nicht."
âKlingt kompliziert. Wie sind deine Ansichten vom Leben?"
âMeine Ansichten? Die erste ist wohl, ohne Kaffee geht gar nix und des weiteren wäre wohl zu erwähnen, dass ich nicht so konservativ lebe wie meine Eltern es sich immer für mich vorgestellt hatten. Ich wurde keine Debütantin, so wie sie es wollten. Ich wurde schwanger, bevor ich verheiratet war, in einem Alter wo man nicht schwanger sein sollte und das ich deinen Vater nicht geheiratet habe, hat ihnen wohl den Rest gegeben."
âOh... trinkst du viel Kaffee?", fragte Rory, auch um ein wenig das Thema zu wechseln, da sie merkte, dass es Lorelai sichtlich berührte.
âOh ja. Ohne meine tägliche Ration Kaffee und wir reden nicht von drei Tassen pro Tag, bin ich nicht zu gebrauchen. Ich bin ein Kaffee- Junkie- ich gebe es hiermit zu." Lorelai legte sich die rechte Hand aufs Herz. Wieder fingen beide an von Herzen zu lachen.
âBei mir ist es so ähnlich, wenn ich keinen Kaffe kriege bin ich unausstehlich. Dann laufen alle vor mir weg, als wäre ich ein grausames Monster, das sie zu fressen auf droht."
Noch immer lachend, spürten die beiden in dem Moment noch gar nicht, wie sehr sie sich bereits ähnelten.
:geist: ![[Bild: hm6.jpg]](http://members.lycos.nl/jagonline/images/avatars/hm6.jpg)
![[Bild: hm6.jpg]](http://members.lycos.nl/jagonline/images/avatars/hm6.jpg)
Harm:"Mac, we have 12 hours!" Mac:"We've had 9 years!"
Harm:"I guess,maybe I just needed a deadline..."Mac:"Well, you got one, sailor!"