Auf der Suche nach meinem Ich
#7

Flashback:
„Warum willst du nach einer Frau suchen, die dich weggegeben hat?", fragte Dean aufgebracht und lief im Wohnzimmer umher. Außer ihm und Rory war noch Jean da, die offensichtlich versuchte recht offen auf die neue Situation einzugehen. Sie zeigte sich im Gegensatz zu Dean erstaunlich verständnisvoll.
„Das verstehst du nicht Dean. Du wirst es nie verstehen!", antwortete sie schon ein wenig lauter.
„Warum versteh’ ich das nicht? Du versucht ja nicht mal es zu erklären! Du stehst einfach nur da und sagst, dass du nach deiner leiblichen Mutter suchen willst. Die Frau, die dich vor einer Ewigkeit im Stich gelassen hat. WIR haben dich hier aufgenommen und ins Herz geschlossen. Im Gegensatz zu deiner biologischen Mutter, waren wir immer für dich da. Für mich hast du immer zu meiner Familie gehört! Jetzt sag du mir ich versteh das nicht, denn wir waren in den letzten 15 Jahren deine Familie. Das solltest du niemals vergessen!", brüllte Dean sie ungehalten an.
„Das meine ich. Du sagst selbst, dass es DEINE Familie ist. Und von wegen, dass du dafür gesorgt hast, dass ich zur Familie gehöre. Du warst der jenige, der mich immer versucht hat raus zu ekeln, weil du grundlos eifersüchtig warst. Du magst mich auch erst seit mein Körper angefangen hat sich in weiblichere Formen zu verändern!", konterte sie in der selben Lautstärke.
Völlig aufgewühlt musste auch sie in Bewegung kommen und lief auf der anderen Seite des Zimmers auf und ab. Ihren Blick hatte sie nach diesem Ausbruch dem Boden zugewendet. Jean stand am Rande des Geschehens und war offensichtlich sprachlos geworden, nachdem sie sich die gegenseitigen Vorwürfe hatte anhören müssen.
„Das ist überhaupt nicht wahr, Rory", erwiderte Dean mit hochrotem Kopf und gesenktem Blick.
„Und ob das wahr ist! Denk doch mal zurück seit wann du so nett zu mir bist! Ich kann mich nämlich sehr gut erinnern! Weißt du noch, vor einigen Monaten, wir waren auf Lanes Party. Während ich mich köstlich mit allen amüsiert hatte, hast du schmollend in der Ecke gesessen."
„Du hast ja auch mit diesem – diesem Tristan rum geknutscht!"
Jean hatte für ihren Geschmack genug gehört und verließ schweigend den Raum. Hier ging es noch um ganz andere Dinge. Mit Rory würde sie ein anderes Mal sprechen und ihr ihre Hilfe zu sichern, denn sie konnte sich sehr gut in Rory rein versetzen.
„Mit wem ich rum knutsche oder nicht, geht dich einen feuchten Dreck an, Dean! Und nur damit du es weißt, dein eifersüchtiges Getue beeindruckt mich nicht im Geringsten. Kapier das endlich!"
Verletzt sah Dean sie an und ließ sich erschöpft auf den Sessel fallen.
„Warum willst du uns nur verlassen, Rory? Ich versteh dich nicht. Ich dachte du wärst glücklich. Habe ich mich wirklich so getäuscht? Oder? Erklär’s mir bitte, " versuchte Dean ruhig einzulenken. Sein Blick ruhte auf Rory, die ihn überrascht anzustarren schien.
Sie setzte sich ihm gegenüber auf das große Sofa und betrachtete ihn kurz bevor sie ihm versuchte zu erklären, warum sie niemals das sein konnte, was er sich ausgemalt hatte.
„Es ist nicht grade leicht zu verstehen, vielleicht ja doch, aber so sehr ich diese Familie liebe, so frage ich mich täglich woher ich komme. Ich sehe dich oder Clara an und erkenne etwa das Lächeln eurer Mutter, oder die Augen eures Vaters. Ich sehe die Ähnlichkeit und jedes Mal wenn ich in den Spiegel sehe, frage ich mich, wem ich wohl ähnlich sehe. Ich frage mich, von wem ich mein Augen habe, mein Lächeln, meine Nase- einfach alles. Und wenn ich ein Familienbild ansehe fühle ich mich, als würde man mir schmerzlich deutlich machen wollen, dass ich nicht dazu gehöre, denn ich habe nicht die Augenfarbe eurer Eltern oder sonstige Ähnlichkeit.
Verstehst du?
Ich fühle mich nicht vollständig. Mir fehlt etwas in meinem Leben, das du und auch deine Familie mir nicht ersetzen könnt. Ich fühle mich so unglaublich allein und ich habe es satt allein zu sein!" Rory wischte sich eine aufkommende Träne weg.
Dean stand auf und setzte sich neben sie. Tröstend legte er einen Arm um sie.
„Es tut mir leid Rory. Ich wusste nicht, dass du dich so fühlst. Ich dachte immer, dir geht es gut und das du glücklich bist. Wenn ich dir helfen kann, lass es mich wissen, denn ich bin immer für dich da. Ich hoffe, dass du das weißt. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich die Welt viel zu schnell dreht und ich nicht mehr mitkomme. Ich will dich nicht verlieren, Rory!"
„Das wirst du nicht. Ich verspreche es dir!" Rory schmiegte sich eng an und lächelte zum ersten Mal an diesem entscheidenden Abend.
Flashback-Ende
Rory dachte an ihre Worte von damals und ihr wurde schmerzlich klar, dass sie ihr Versprechen Dean gegenüber nicht hatte halten können.

Auch Lorelai lag an diesem Abend in ihrem Bett und konnte, obwohl sie verdammt müde war, nicht annährend an Schlaf denken. Dass Rory nun bei ihr lebte, wenn vielleicht auch nur vorübergehend, erfüllte sie mit unbeschreiblichem Glück. Dieses Gefühl hatte sich lange Zeit von ihr und ihrer gebrochenen Seele fern gehalten. Manchmal hatte sie geglaubt spüren zu können, wie sie in einem tiefen und unscheinbaren See ertrank. Am Anfang hatte sie gekämpft, doch ihre Glieder waren mit der Zeit schwer und steif geworden und während sie mit jedem Atemzug weiter sank, spürte sie wie ihr Gewissen sie an der Wasseroberfläche zappeln ließ. Dies war ihre Strafe gewesen. Sie hatte sie akzeptiert. Da Rory nun bei ihr lebte, würde sich einiges ändern und sie hatte die Hoffnung, dass sie im Leben ihrer Tochter eine größere Rolle einnahm, als vorher.
Flashback:
Ein Jahr war vergangen, seit Lorelai ihre Tochter zur Adoption gegeben hatte.
Ein Jahr war es her, dass sie einen Anflug von einem Lächeln gezeigt hatte.
Ein Jahr war es her, dass sie vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens stand. Ein Jahr war vergangen, seit sie das letzte Mal das Gesicht ihres kleinen Mädchens in Augenschein nehmen durfte. An dem verheerenden Tag, als sie Rory der Sozialarbeiterin überließ, hatte sie nicht nur ihr Kind, sondern auch sich selbst verloren. Jeder Tag war in diesem Jahr vergangen, wie der Tag zuvor: voller Schmerz, Verzweiflung und Trauer. Sowohl Emily, als auch Richard konnten Lorelais abwesendes und kühles Verhalten nicht einordnen, geschweige denn definieren und sahen fast hilflos mit an, wie ihre Tochter sich immer mehr zurück zog und sich von der Außenwelt abkapselte. Ihre Nachmittage verbrachte sie auf ihrem Zimmer, in ihrem großen, leeren Bett. Dort lag sie erstarrt und Fassungslos, bis die Sonne am nächsten Morgen aufging. Die Spuren der Tränen des vergangenen Abends waren am Morgen deutlich zu erkennen, doch niemand sollte es sehen.
Lorelai versuchte auf ihre Mitmenschen stark zu wirken, doch es fiel ihr schwer, denn diese Gefühle der Schuld ließen nicht von ihr ab. Sie hatte ihre kleine, wehrlose Tochter im Stich gelassen. Jeden Tag haderte sie mit ihrem Gewissen, ob es ihr überhaupt noch zustand ein Teil dieser Menschheit zu sein, ein Teilchen unter Vielen.
Es war nun genau ein Jahr, seit der Adoption, vergangen. Wie so oft zog sich Lorelai nach der Schule zurück. Sie ließ ihre Zimmertüre ins Schloss fallen und riegelte sie ab. Niemand sollte sie heute stören. Keiner sollte ihre Tränen sehen, die sie schon seit den frühen Morgenstunden versucht hatte zu unterdrücken.
In der Pause hatte sie sich auf die Toiletten zurückgezogen, um dort in einem geschlossen Rahmen ihren Tränen freien Lauf zu lassen. In ihrer Hand hielt sie ein Foto ihrer Tochter, das gestern mit der Post vom Jugendamt gekommen war. Das Foto zeigte Rory an ihrem zweiten Geburtstag, wie sie freudig ein Stück Torte in den Mund steckte. Lorelai starrte das Bild an, als sei es ihr Rettungsboot in einem unaufhörlichen Sturm. Wellen, die Meter hoch zu sein schienen, prallten auf sie hinab, wieder und immer wieder. Keiner ihrer Mitschüler hatte gewagt Lorelai darauf anzusprechen, dass ihre Augen rot und geschwollen wirkten. Stattdessen versuchten sie ihr auszuweichen, was für alle Beteiligten sicher am sinnvollsten gewesen war, denn Lorelai war nicht in der Stimmung sich mit der Meinung anderer Menschen auseinander zusetzten.
Als sie an diesem Tag endlich in ihrem Bett lag spürte sie, wie ihre Tränen ihr Kissen befeuchteten, aber diese Tränen waren anders. Das Foto hielt sie in ihren zitternden Händen. Es gab ihr einen Halt, den sie längst geglaubt hatte, verloren zu haben. Lorelai spürte wie mit jeder Träne die Anspannung in ihr nachgab. Dieses Foto hatte ihr etwas gegeben, was sie in ihrem Selbstmitleid vergessen, oder verdrängt hatte. Es war für sie der Moment gekommen, wo sich etwas in ihrem Leben ändern musste und nicht mal ihre Eltern konnten ihr dabei helfen. Sie musste jetzt ihren eigenen Weg gehen. Auf dem Foto konnte sie erkennen, dass Rory glücklich und zufrieden war. Mehr hatte sie sich nie erhofft, aber dass es ihrer Tochter gut ging, erfüllte auch sie mit Glück.
Lorelai richtete sich auf, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und sah sich das Foto an. Jetzt lag es an ihr etwas aus sich zu machen, worauf ihre Tochter stolz sein würde. Sie würde Rory eines Tages wieder gegenüber treten und für diesen Moment würde sie nun beginnen sich vorzubereiten.
An diesem Tag hatte sich wahrlich etwas verändert, denn Lorelai hatte ihren Lebensmut zurück gewonnen und dies verdankte sie ihrem kleinen Mädchen…
Flashback Ende

:geist: [Bild: hm6.jpg]
Harm:"Mac, we have 12 hours!" Mac:"We've had 9 years!"
Harm:"I guess,maybe I just needed a deadline..."Mac:"Well, you got one, sailor!"





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