[sunshinesmile]

Also gut, habe jetzt den ganzen Nachmittag geschreiben und ich hoffe, das Ergebnis gefällt euch.



Perfektes Timing

Ein Schlüssel wurde im Schloss umgedreht und gleich drauf ging die Tür auf. Sie schlug laut gegen die Wand, wurde jedoch von einem noch lauteren „Rory!“ übertönt.
Über Rorys Gesicht huschte ein Lächeln, jedoch erhob sie sich nicht. Sie blieb auf der Couch sitzen und las weiter in ihrem Buch.
Vom Flur her hörte man ein paar Geräusche, das Klimpern von Schlüsseln, und kurz drauf stand Jess im Wohnzimmer.
„Ist das etwa die Art, wie man seinen Mann begrüßt?“, fragte er vorwurfsvoll, aber doch mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
Rory antwortete nicht, sondern verfolgte weiterhin mit ihren Augen die Zeilen im Buch.
„Sieht wohl so aus“, sagte Jess mehr zu sich und ging um den kleinen Tisch herum.
Er setzte sich neben sie auf die Couch und endlich klappte Rory das Buch zu und legte es in ihren Schoß. Sie grinste und küsste Jess kurz.
„Hey!“, sagte sie leise.
„Diese Begrüßung gefällt mir schon um einiges besser“, meinte er lächelnd.
Er nahm Rorys Buch und betrachtete den Deckel. Dann fiel sein Blick auf den Tisch zu seinen Füßen.
„Was ist das?“, fragte er verwundert.
„Bücher.“
„Ich weiß, dass das Bücher sind. Ich habe nur festgestellt, dass das eine ganze Menge Bücher ist“, sagte er und beugte sich nach vorne. Dort, auf dem Tisch, stapelten sich tatsächlich sicher 20 Bücher in drei Türmen.
„Ich dachte, ich müsste meine Ferien ohne meinen Mann verbringen, deshalb hab ich mir einen kleinen Vorrat angelegt“, erklärte Rory.
„Ich konnte ja nicht ahnen, dass du wieder zurück kommst, außerdem wusste ich nicht, dass ich jetzt auch noch den Kopf voll hab, mit der Trennung von Mum und Luke“, fuhr sie fort.
„Keine Angst, das wird dich nicht mehr lange ablenken. Luke wird das heute klären“, sagte Jess und wollte Rory küssen. Doch diese legte ihre Finger auf seine Lippen und schob seinen Kopf ein Stück von ihr weg.
„Was meinst du mit, Luke wird das heute klären?“
„Ich meine damit, dass er das heute klären will.“
„Heißt das, Luke will heute zu Mum gehen?“, forschte Rory nach.
„Das wird es wohl heißen.“ Er beugte sich wieder vor, um seine Frau zu küssen, doch abermals wich Rory zurück.
„Wann?“, fragte sie.
„Was?“
„Wann will er zu ihr gehen?“
„Ich schätze mal, wenn er den Laden geschlossen hat. Das müsste…“, er schaute auf die Uhr, „…jetzt sein.“
Rory schloss die Augen und seufzte. Jess runzelte die Stirn und sah sie besorgt an.
„Hey, ist alles Ordnung?“, erkundigte er sich.
Rory schüttelte den Kopf und stand auf. Jess sah ihr verwundert nach.
„Luke kann nicht zu Mum gehen. Sie hat doch heute ein Date.“
„Mit Luke?“, fragte Jess erstaunt.
„Nein, mit Pickel-Piet.“
Als sie Jess verwundertes Gesicht sah, winkte sie ab.
„Ich erklär es dir später. Zuerst gehört verhindert, dass Luke die beiden zusammen sieht.“
Sie drehte sich um und stürmte in den Flur.
Jess seufzte und machte es sich auf der Couch bequem. Er wollte schon nach einem der Bücher greifen, als ihn eine Hand hochzog.
„Du kommst natürlich mit“, fuhr ihn Rory an.
Erneutes Seufzen von Jess, doch Rory duldete keine Widerrede, also erhob er sich und folgte ihr aus der Wohnung.


Es klingelte. Lorelai warf noch einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel und lächelte zufrieden. Dann ging sie zur Tür und öffnete. Beinahe verschlug es ihr die Sprache.
„P…Piet?“
„Hey Lorelai“, kam es von ihrem Gegenüber.
„Wow…ähm…du siehst gut aus.“
Und das war nicht gelogen. Auf der Veranda stand ein großer Mann in ihrem Alter. Er hatte strahlend grüne Augen und auf seinen Lippen lag ein breites Grinsen. Seine dunklen Haare musste er wohl einmal gefärbt haben, da man noch die hellen Spitzen ausmachen konnte. Seine Kleidung hatte Stil. Er trug bequeme dunkle Hosen und ein Polo-Shirt dazu, dennoch wirkte es elegant. Doch das Erstaunlichste war sein Gesicht. Keine Spur von Akne. Lorelai hatte ihn als Pickelmonster in Erinnerung behalten, doch er sah ganz und gar nicht mehr so aus wie vor 21 Jahren. Er sah wirklich gut aus.
„Du siehst auch toll aus“, gab Piet das Kompliment zurück.
Lorelai lächelte und nahm ihre Tasche.
„Können wir?“
„Klar doch.“


Rory und Jess liefen durch die nächtlichen Straßen von Stars Hollow. Völlig außer Atem erreichten sie das Diner.
„Alles dunkel…Er…muss schon…weg sein“, presste Rory hervor.
Jess stützte sich an der Wand ab und schnappte nach Luft.
„Bald können wir dich bei der Olympiade anmelden. Wann hast du denn so laufen gelernt?“
„Wenn man ständig vor dir flüchten muss, bekommt man ein wenig Kondition“, spielte Rory auf den Abend von vor ein paar Jahren an, als Jess ihr seine Liebe gestanden hatte.
Jess wollte etwas erwidern, ließ es dann aber bleiben, weil ihm Rory gar nicht länger zuhörte. Sie ging ein paar Schritte zurück, um einen Blick auf die Wohnung über dem Diner zu werfen. Auch dort war alles dunkel.
„Verdammt, wir sind zu spät.“
„Kann ich mir gar nicht vorstellen, so schnell wie wir gelaufen sind“, meinte Jess.
„Komm mit, vielleicht können wir noch das Schlimmste verhindern“, forderte Rory ihren Mann auf.
„Aber Rory…“, versuchte er zu protestieren, doch Rory hatte ihn schon wieder am Arm gepackt und zog ihn hinter sich her.
Kaum hatten sie den Platz überquert, fuhr ein schwarzer Mercedes an ihnen vorbei. Eher zufällig warf Rory einen Blick in das Innere des Wagens und konnte ihre Mum erkennen, die sich angeregt mit dem Fahrer unterhielt.
Augenblicklich blieb Rory stehen und Jess, der es zu spät bemerkt hatte, prallte in sie.
„Wäre schön, wenn du mich das nächste Mal vorwarnst“, sagte er, doch Rory hörte ihm nicht zu.
„Alles okay?“, fragte Jess, und folgte dann Rorys Blick, der starr in eine Richtung gedreht war.
„Oh nein“, entfuhr es ihm. Rory seufzte zustimmend.
Aus dem Dunkel der Straße, die vom Gilmore-Haus her führte, trat Luke hervor. In der Hand hielt er einen kleinen Strauß roter Rosen, seine Schultern ließ er hängen.
Rory lief die paar Schritte auf ihn zu, dicht gefolgt von Jess.
„Luke, das ist nicht so wie du denkst“, begann Rory.
Luke sah auf und lächelte Rory traurig an.
„Schon gut, Rory, ich hab es nicht anders verdient.“
„Nein Luke, glaub mir, der Kerl bedeutet ihr nichts. Du darfst nur nicht aufgeben.“
Luke runzelte die Stirn und schien einen Moment nachzudenken.
„Wahrscheinlich ist es wirklich das Beste, wenn deine Mum und ich getrennte Wege gehen“, sagte er schließlich. Langsam ging er an Rory vorbei.
„Luke, bitte kämpfe um sie“, forderte ihn Rory auf, doch er winkte ab. Stattdessen drückte er ihr den Strauß Rosen in die Hand.
Rory sah ihm verzweifelt nach. Sie wollte nicht glauben, dass es zwischen Luke und ihrer Mum einfach so aus sein sollte. Sie musste etwas unternehmen. Doch sie fand keinen Weg. In ihrer Verzweiflung stieß sie Jess ihren Ellbogen in die Rippen.
„Au, bist du…“, stöhnte er, verstummte aber dann sofort wieder, als er Rorys Blick sah. Sie machte verzweifelte Kopfbewegungen in Richtung Luke und Jess verstand.
„Luke, warte doch…“, rief er seinem Onkel nach.
Dieser blieb stehen und drehte sich um. Doch dieses Mal hatte er nicht mehr diesen traurigen Ausdruck in den Augen. Diesmal sprachen seine Blicke nicht mehr Bände. Plötzlich wirkter er wieder unglaublich gefasst, als könnte ihn nichts mehr erschüttern.
„Jess, morgen ist viel zu tun, daher erwarte ich, dass du früher kommst.“
„Schon vergessen Luke? Ich hab auch noch einen Job im Buchladen.“
„Gut, dann wirst du einfach dann länger bleiben.“
Jess klappte die Kinnlade hinunter. Er war unfähig etwas zu sagen. Und schon marschierte Luke mit großen Schritten auf das Diner zu.
„Ich fass es nicht. Nur weil er das mit Lorelai nicht klären kann, muss ich Überstunden machen. Was glaubt der eigentlich, wer er ist? Ich muss das Ganze wieder ausbaden“, tobte Jess plötzlich los.
Rory legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm.
„Schon gut, das klären wir morgen. Ich will jetzt nach Hause. Für meinen Geschmack ist heute Abend ein bisschen zu viel passiert.“
Jess nickte und legte einen Arm um ihre Hüfte. Gemeinsam gingen sie die Straßen zurück zu ihrer Wohnung.