[Colorblind]

Kapitel 10

„Nein, ich hab ihr nichts gemacht Luke!“ sagte Jess genervt.
„Dann erklär mir bitte warum Rory völlig aufgelöst zuhause angekommen ist?“ Luke lief von einem Ende des Appartments zum anderen.
„Ich... ich… verdammt! Wir hätten uns beinahe geküsst! So jetzt weißt du es!“
„Ihr habt was??? Jess verdammt! Was hab ich dir heute Mittag noch gesagt! Lass sie in Ruhe… es führt doch zu nichts!“ empörte sich Luke. Es war wieder typisch. Vielleicht hätte er doch auf Lorelai hören sollen. Aber Jess war 21. Er konnte ihm nichts verbieten.

In dem Moment klopfte es an die Tür.
„Äh hallo, ich bin’s, Lorelai!“ hörten die beiden eine Stimme rufen.
„Oh nein auch das noch! Jess, ich übernehme keine Verantwortung!“ Luke öffnete die Tür.
„Hey Schatz!“ Lorelai gab ihm einen Kuss. „Lang nicht mehr gesehen, nicht wahr?“
„Äh, ja….“ lachte Luke verhalten. Was war los? Sie schien gar nicht böse zu sein?!
„Ist Jess da?“ fragte Lorelai.
„Anwesend!“ hörte sie ihn aus der anderen Ecke des Zimmers rufen.

Lore ging zu ihm und setzte sich neben ihn auf das Bett. Sie schaute ihm in die Augen.
„Jess, hör mal, ich muss mit dir reden. Rory hat mir von heute Abend erzählt. Und ich müsste dich eigentlich hassen, weil du mein Baby zum Weinen gebracht hast und du es mal wieder geschafft hast ihr Leben total durcheinander zu bringen.“ Sie stoppte kurz und beobachtete Jess’ Reaktion.
Dieser blickte sie nur stumm an. Er war sich nicht sicher ob das nur die Ruhe vor dem Sturm war.
„Und wenn ich ehrlich bin, im ersten Moment hatte ich so ein paar kleine Mordgedanken. Aber ich habe mit ihr geredet. Eigentlich ist es nicht fair von mir, direkt zu dir zu rennen und dir das alles brühwarm zu erzählen, das macht man nicht. Aber es geht hier um Rory, der Mensch der mir am meisten bedeutet. Und ich möchte dass sie glücklich ist, okay? Und deshalb Jess, leg bitte für ein paar Minuten deine coole Fassade ab und sag mir die Wahrheit. Was sind deine Absichten? Willst du sie wieder nur ohne ein Wiedersehen verlassen? Willst du ihr wieder wehtun?“

Lorelai schaute ihn erwartungsvoll an.
Jess war verwirrt. Lorelai Gilmore, die Frau die höchstwahrscheinlich viele kleine Jess-Voodoo-Puppen daheim versteckte, bat ihn, ihr ehrlich zu sagen wie er Rory gegenüber eingestellt war?
Er räusperte sich. Über Gefühle zu sprechen fiel ihm immer noch nicht leicht.
„Sie… sie ist auch für mich der Mensch, der mir am meisten bedeutet. Und ich kann sie verstehen. Ich hab Rory nicht so behandelt, wie sie es verdient hätte. Und eigentlich wäre es auch zuviel verlangt, dass sie mir je noch mal eine Chance geben würde, nach all den Aktionen die ich verbockt hab. Aber eines sage ich ihnen, “ er blickte auf und sah Lorelai fest in die Augen, „ich würde alles daran setzen, sie zu halten. Ohne Rory….“ Er stockte. Zuviel wollte er nicht sagen. „Ich liebe sie…“ schob er noch leise hinterher.

Luke atmete am anderen Ende des Zimmers laut auf.
Lorelai blickte ihn lange an. Sie sah den Schmerz in seinen Augen und zum ersten Mal sah sie nicht den rüpelhaften Rebell Jess, sondern einen jungen Mann, dem es wirklich leid tat, die Frau, die er seit 4 Jahren liebte und nicht vergessen konnte, verletzt zu haben.

„Jess, ich weiß nicht wie sich Rory entscheiden wird. Ich kann das nicht für sie tun. Aber jetzt kann ich etwas beruhigter schlafen.“ Sie versuchte zu lächeln.
Jess gab ebenfalls ein etwas schiefes Lächeln zurück.
„Ich geh dann mal… wollte euch auch nicht länger stören.“
Sie stand auf, verabschiedete sich und verließ die Wohnung, genauso unerwartet wie sie auch aufgetaucht ist.
Luke stand immer noch fassungslos da und murmelte: „Eine Wucht, diese Lorelai Gilmore!“



Rory lag in ihrem Bett, aber einschlafen konnte sie nicht. Zu viel ging ihr im Kopf herum.
Genervt schaltete sie das Radio an.

I lose my way
And it's not too long before you point it out
I cannot cry
Because I know that's weakness in your eyes
I'm forced to fake, a smile, a laugh
Every day of my life My heart can't possibly break
When it wasn't even whole to start with

Because of you
I never stray too far from the sidewalk
Because of you
I learned to play on the safe side
So I don't get hurt
Because of you
I find it hard to trust not only me
but everyone around me
Because of you
I am afraid

Wie erstarrt lag Rory im Bett und hörte die Zeilen des Liedes. Es spiegelte genau ihre Gefühle gegenüber Jess wider. Sie hatte Angst wieder enttäuscht zu werden, wegen ihm fiel es ihr schwer anderen zu vertrauen…
„Blöder Sender!“ rief sie verärgert und schaltete weiter.


I can’t get out of bed today
Or get you off my mind
I just can’t seem to find a way
To leave this love behind

You can’t be hanging on a string
While you make me cry
I try to give you everything
But you just gave me lies

Every now and then
When I’m all alone
I’ll be wishing you will call me on the telephone
Say you want me back
But you never do
I feel like such a fool

I can’t take it
What am I waiting for?
I’m still breaking
I miss you even more
And I can’t fake it
The way I could be for
I hate you but I love you
I can’t stop thinking of you
It’s true
I’m stuck on you…

Rory schaltete wütend das Radio aus. Was war denn los? Hatten sich sämtliche Radiosender gegen sie verschworen? Warum passten alle Lieder haargenau auf ihre momentane Situation?
Sie wusste immer noch nicht was sie tun sollte. Sie erinnerte sich an einen Spruch ihrer Mutter, den sie ihr immer sagt wenn sie etwas quälte:„Schlaf erstmal eine Nacht darüber, morgen wird die Welt schon wieder anders aussehen!“
Genau das versuchte Rory in die Tat umzusetzen. „I hate you, but I love you…“ murmelte Rory schlaftrunken, bevor sie wirklich in das Land der Träume eintrat.