12.07.2006, 20:23
So, neuer Teil. Achso, und die Teile imMoment hab ich alle noch vorrätig sozusagen
Je näher Weihnachten schlieÃlich kam umso schlimmer fand Encarna den Gedanken, dass sie dieses Jahr nicht feiern würde. Sie hatte schon ein paar Mal überlegt ob sie nicht zu ihren Eltern fliegen und mit ihnen feiern sollte. Wie jedes Jahr. Aber zum einen hatte sie keine Lust von hier wegzugehen wo es gerade so gut lief und auf der anderen Seite wollte sie sich auch nicht wieder die guten Ratschläge ihrer Mutter anhören, die von ihrer Beziehung zu Said so gar nichts hielt. Ihre Eltern trugen es ihr nach, dass sie ihn immer noch nicht kennen gelernt hatten. Aber Said hatte nie danach gefragt und ihr war es ganz recht wenn sie dieses Zusammentreffen noch so lange wie möglich verhindern konnte. Sie mochte ihre Eltern, aber sie wusste auch dass Said alles andere als ihr Wunschschwiegersohn war. Obwohl nie vom Heiraten die Rede war. So wie es war, war es gut und sie wollte sich das von ihren Eltern nicht zerreden lassen, denn sie wusste dass sie durchaus gute Argumente hatten gegen die Beziehung zu sein. Aber sie war keine sechzehn mehr und ihnen keine Rechenschaft mehr schuldig. Mit diesem Gedanken beruhigte sie jedes Mal aufs Neue ihr schlechtes Gewissen, wenn sie daran dachte. Trotzdem konnte sie sich mit dem Gedanken nicht anfreunden, dass Weihnachten dieses Jahr für sie ausfallen sollte. Und vielleicht nächstes Jahr und in zwei Jahren…
Dementsprechend schlecht gelaunt war sie als sie am Weihnachtsmorgen die Treppen hinunter in die Küche lief. Sie war leer. Nach und nach rief sie alle Familienmitglieder, nachdem sie sich einen Kaffee eingeschenkt hatte, aber es war niemand da. Alle waren weg, keiner hatte einen Zettel hinterlassen.
Als sie noch einen Stock tiefer ins Wohnzimmer wollte stellte sie fest dass die Tür abgeschlossen war. Sie lief auf die andere Seite, probierte es an der Tür, ebenfalls verschlossen. Das konnte doch nicht sein. Was sollte das?
„Morgen Carna!“ rief hinter ihr Athina.
„Morgen Rana! Wieso ist denn hier abgeschlossen?“
„ Baba lässt renovieren und da die Handwerker sehr gläubige Männer sind möchten sie es vermeiden einer nicht ganz bekleideten Frau zu begegnen, deshalb haben sie sich eingeschlossen!“ Athina nahm sie am Arm und führte sie wieder in Richtung der Treppen. „Das ist jetzt ein Witz, oder?“ fragte Encarna ungläubig. Sowas hatte sie ja noch nie gehört. „Ne, ist es nicht!“ Aber hier war alles möglich, sie hatte schon vor einiger Zeit beschlossen sich über nichts mehr zu wundern.
„ Es wäre ganz gut wenn du dich vom ersten Stock fern hältst. Falls einer doch mal raus muss und dich unverschleiert antrifft, trifft ihn wahrscheinlich der Schlag!“ Seid wann läuft hier denn jemand verschleiert rum? Die wenigsten Frauen die sie hier kennen gelernt hatte trugen ein Kopftuch. Aber sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken, war ohnehin egal.
“Ich wolte ohnehin noch arbeiten. Hab ja sonst nichts zu tun. Es ist ja niemand hier!“ Sie lieà sich auf den Hocker an der Küchentheke fallen.
„Da du mich jetzt auch schon abgezogen hast, macht es ja nichts wenn ich auch gehe. Ich muss in die Stadt noch was erledigen. Ich komme wahrscheinlich nicht heim, sondern übernachte bei meiner Cousine in der Stadt. Adios, bis Morgen!“ rief sie noch und war schon weg.
„Na dann „Frohe Weihnachten!““ sagte Encarna zu sich selbst bevor sie in ihr Büro ging.
Den ganzen Tag über schaute sie immer wieder nach drauÃen, in der Hoffnung wenigstens irgendetwas weihnachtliches zu entdecken, aber nichts. Kein Tannenbaum, keine Lichterketten, keine Geschenke und kein Schnee. Keiner schien hier Notiz davon zu nehmen, dass Weihnachten war. Es läuteten auch keine Glocken wie in Spanien. Encarnas Stimmung sank den Tag über immer weiter und gegen sechs Uhr Abends war sie einfach nur noch schlecht gelaunt. Keiner der Familie hatte sich bis jetzt sehen lassen, selbst zu Essen war niemand da gewesen.
Sie erschrak als gegen acht jemand gegen ihre Bürotür klopfte.
„Ja?“ , die Familie war also wieder da, wenigstens teilweise.
„ Guten Abend, mein Engel!“ Said schwebte gerade zu auf sie zu, so gut gelaunt war er, und trug ein selbstzufriedenes Grinsen.
„Wo kommst du denn her?“ war Encarnas weniger freundliche Antwort.
„ Nicht aufregen, Liebling! Komm mit!“ grinste Said immer noch und hob sie aus ihrem Schreibtischstuhl.
„Lass mich sofort runter! Ich hab jetzt keine Lust auf deine Spielchen! Ich kenn die neue Show schon und das renovierte Wohnzimmer interessiert mich jetzt auch nicht! Lass mich runter, Said!“ schimpfte sie während er sie einen Stock tiefer trug und vor die verschlossene Wohnzimmertür stellte.
„Es interessiert dich also nicht wie das Wohnzimmer jetzt aussieht?“
„Nein, überhaupt nicht. Du hattest es ja nicht einmal nötig mir zu sagen, dass du das Wohnzimmer renovieren lässt!“ jetzt war sie richtig wütend. Doch wie immer schien das Said nicht weiter zu beunruhigen und er lächelte weiter, was sie nur noch wütender machte.
„Ich schlage dir einen Handel vor, Liebling. Du schaust kurz rein und wenn es dir gefällt bleibst du, wenn nicht kannst du gehen und ich belästige dich nicht wieder damit. Ok?“
„Ich fühle mich wie auf einem Bazar! Aber in Ordnung, danach lässt du mich aber bitte weiterarbeiten!“ gab sie trotzig zur Antwort und Said begann vor sich hin zu kichern.