14.12.2004, 20:31
~*Kapitel 20*~
Stars Hollow, Sommer 2005
Richard saÃ, einen Whiskey in der Hand, auf Loreleis Wohnzimmercouch und lies die Eiswürfel mit kreisenden Handbewegungen gegen die Glaswand klirren. Seit er Loreleis Einladung erhalten hatte, fragte er sich wie dieser Abend wohl verlaufen würde. Die Tatsache, dass auch Emily zugesagt hatte, lies ihn in gewisser Hinsicht Hoffnung schöpfen. Andererseits lehnte sie seit Wochen - stoisch wie ein alter Esel - jede seiner Einladungen, sei es zum Tee, Dinner oder Theater, ab. Und bei allem Nachdenken wollte ihm einfach nicht einfallen, auf welche Art und Weise er ihr noch zu verstehen geben sollte, ja konnte, dass er sie zurückwollte. Er hatte ihr Blumen geschickt, sie mit Billets und Anrufen um eine weitere Verabredung gebeten, doch sie ging einfach nicht darauf ein. Langsam hatte er den Eindruck, dass es ihr lediglich an Mut fehlte, ihm endgültig den Laufpass zu geben. Vielleicht würde sie diese Gelegenheit, geschützt im Kreise der Familie, nutzen um ihm definitiv verstehen zu geben, dass sie seine Bemühungen lediglich als lästig empfand. Ein Geräusch im Flur lies ihn aufhorchen. Blitzschnell richtete er sich auf, stellte sein Glas auf den Tisch und ordnete seine Fliege. Es fiel ihm schwer eine gewisse Enttäuschung zu verbergen, als lediglich Rory in der Wohnzimmertür erschien. Eine Enttäuschung die sofort von einem schlechten Gewissen gefolgt wurde, da er sich eigentlich sehr auf seine Enkelin gefreut hatte.
âGrandpaâ, rief sie fröhlich aus.
âRory, mein Liebesâ, er stand auf und nahm sie in den Arm. âDu wirst von Tag zu Tag hübscher. Die jungen Männer in Yale werden sich vor Sehnsucht nach dir verzehren.â
âGrandpa, du bist wirklich unmöglichâ, protestierte sie und ihre Wangen nahmen eine rosige Färbung an.
âWas macht das Studium?â, stellte er die obligatorische Frage, wohl wissend, dass die Antwort nur positiv ausfallen konnte.
âEs geht ihm blendendâ, erfüllte Rory auch prompt mit ihrer Antwort seine groÃväterlichen Erwartungen und er tätschelte ihr stolz die Wange. Wenigstens auf eine der Gilmore-Frauen konnte man sich immer verlassen.
âUnd ansonsten ist auch alles in Ordnung, nehme ich an?â
âAllerdingsâ, sie musterte ihn grinsend. âSchick siehst du heute aus, Gilmore.â
Schmunzelnd zog er an seiner Fliege. âTatsächlich? Nun, nur das Beste für die Beste aller Enkeltöchter.â
âOh neinâ¦â, sie verzog das Gesicht. âMom hat es dir erzählt, oder?â
âIch weià nicht wovon du sprichst, Kleinesâ, wehrte er sich halbherzig.
âEs ist nicht so schlimm, wie ihr alle tut. Ich habe schon lange damit aufgehört, mir deswegen den Kopf zu zerbrechen.â
âRecht so, denn diese zwei Idioten sind es, die sich eines Tages den Kopf darüber zerbrechen und vor Gram erblassen werden, wenn du erst aus aller Welt berichtest. Meine kleine Spitzen-Korrespondentin, der Name Gilmore wird den Titel der New York Times zieren.â
Rory lächelte. âDu bist lieb.â
âSag das deiner GroÃmutterâ, flüsterte er in ihr Ohr und Rory hob lächelnd die Augenbrauen.
âAlso deshalb so dernier cri.â
âDu zwingst mich, dir eine Antwort zu verweigernâ, er sah auf seine Uhr. âDeine Mutter wird wohl auch bald erscheinen, hoffe ich?â
âYup, sie holt nur noch unser Menu bei Sookie abâ, suchend sah sie sich um âWo ist eigentlich Luke? Ich nehme doch an, dass er dich hereingelassen hat - oder bist du etwa durchs Fenster gestiegen?â
âEr hat mich zwar hereingelassen und mich mit einem Drink versorgt, ist jedoch sofort wieder verschwunden, um Wein zu besorgen.â
âTut mir leid, Grandpa. Ich fürchte bei uns läuft alles etwas chaotischer ab, als du es gewohnt bist.â
âAch was, so hatte ich Zeit in aller Ruhe meinen Whiskey zu genieÃen.â
âHallo, hallo, halloâ, voll beladen schloss Lorelei die Haustüre auf. âVorsicht, heià und fettigâ, sie bugsierte die verschiedenen Schüsseln und Töpfe durch die enge Haustür.
âLorelei, in deinem Zustand solltest du wirklich nicht so schwer tragen!â Richard machte Anstalten ihr zu helfen, doch sie wehrte ab.
âNicht schwer, nur heiÃâ, sie lies ihre Fracht auf die Arbeitsplatte in der Küche knallen. âWo ist mein Göttergatte?â
âWein besorgenâ, antwortete Rory und half ihr die zahlreichen Tupperschüsseln zu öffnen und deren Inhalt auf Servierplatten zu legen.
âMom ist auch noch nicht da?â
âNein.â
âSeltsam, es ist kurz nach sieben und sonst ist sie doch immer die Pünktlichkeit in Personâ, Lorelei zwinkerte ihrer Tochter verschwörerisch zu. âVermutlich versucht sie deinen GroÃvater in seiner Aufmachung zu übertreffenâ, flüsterte sie Rory leise zu und diese grinste.
âEr behauptet er hätte sich nur für mich so in Schale geworfen. Was wohl auch teilweise stimmt, da du ihm von dem Desaster an Georgias Geburtstag erzählt hast, Verräterinâ, zischte sie.
âMütterliche Fürsorge, Liebling.â
âDu versuchst es dem tapferen Schneiderlein gleichzutun, oder? Sieben auf einen Streich.â
âIch gebe mein Bestes.â
âWas tuschelt ihr da?â, fragte Richard neugierig.
âWir reden nur dem Essen gut zu, Dadâ, erwiderte Lorelei und ging in Richtung Eingangshalle, da es klingelte. Schwungvoll öffnete sie die Tür. âHi Mom.â
âLorelei.â
âWowh, du hast es tatsächlich geschafft.â
âWovon redest du?â
âVon deinem Outfit, sehr schick.â
Emily sah mit leichter Bestürzung an sich herunter. âZu distinguiert? Ich wusste es, ich habe es gewusst, ich hätte doch das Schwarze ââ
Lorelei verdrehte die Augen. âKomm rein, Mom.â
âDankeâ, seufzend kam sie der Aufforderung ihrer Tochter nach. âIch hoffe ich bin nicht zu spät.â
âFür deine Verhältnisse ja, für meine neinâ, sie schob fragend den Kopf nach vorne, während sie versuchte den Blick ihrer Mutter zu deuten. âOhâ, sagte sie schlieÃlich. âEr ist schon da.â
âAls ob mich das interessieren würdeâ, erwiderte Emily so gelassen wie möglich. âWillst du mich nicht hereinbitten, Lorelei?â
âDas hatte ich eigentlich schon getanâ, so elegant wie möglich deutete sie in Richtung Küche und folgte ihrer Mutter, während sie vor sich hin grummelte und dabei theatralisch mit den Händen gestikulierte. In der Küche angekommen entstand zunächst eine peinlich berührte Pause, ehe Emily sich räusperte. âRichard.â
âEmilyâ, replizierte dieser.
âRory!â, rief auch Lorelei mit gespielter Freude aus und erntete lediglich die tadelnden Blicke der anderen. âSchon gutâ, brummte sie. âDas sind die Hormoneâ, fügte sie entschuldigend hinzu, als das Starren kein Ende zu nehmen schien. âHey! Warum bringen wir das Essen nicht schon mal auf den Tisch, Luke wird jeden Augenblick hier sein.â
âWir werden hier essen?â, fragte Emily leicht irritiert, als sie den bereits eingedeckten Tisch sah. âIn der â in der Küche?â
âDu sagst es, Mom.â
âWenn Luke schon umbaut, dann könnte er doch gleich noch ein Esszimmer anbauen.â
âKönnte er, aber wir haben zugunsten eines SM-Zimmers darauf verzichtet.â
âEin was?â, fragte Emily entsetzt.
âEin Scherz, Grandmaâ, griff Rory schlichtend ein und sah ihre Mutter warnend an. âSetzt euch doch schon mal.â
âAlso ich finde ein Dinner in der Küche hat etwas sehr nostalgisches an sichâ, sagte Richard und lies sich nieder.
âUngemein nostalgisch, Richard. Vermutlich werden wir nach dem Essen noch gebeten, den Abwasch zu übernehmen.â
âKörperliche Betätigung hat noch keinem geschadet.â
âHast du auf deine alten Tage etwa noch deine devote Ader entdeckt? Eine Schürze würde dir bestimmt gut stehen. Und wenn du schon dabei bist â mein Wagen könnte auch eine Wäsche vertragenâ, erwiderte Emily mit spöttischem Blick, während die zwei anderen Frauen eher zufrieden aussahen.
âWas für eine reizende Idee, vielleicht komme ich darauf zurückâ, antwortete er gelassen und wand sich an seine Lorelei. âIch hoffe du hast Schürzen in meiner GröÃe da.â
Emily schnappte kurz nach Luft, verbot sich jedoch eine Antwort und lenkte ihre Aufmerksamkeit stattdessen auf ihre Enkelin âWie läuft es in Yale, Rory?â
âAusgezeichnet, Grandma.â
âSchön.â Es entstand ein kurzes Schweigen, das Emily mit einer erneuten Frage an Rory durchbrach. âUnd ansonsten?â
âAnsonsten ist auch alles in bester Ordnung.â
âKein Mann in Sicht?â
Rory presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. âNein.â
âEine Schande. Eine reizende junge Frau wie duâ¦â, missmutig griff sie nach ihrem Wasserglas und trank einen Schluck.
âManche brauchen eben etwas längerâ, warf Lorelei geradezu genüsslich ein, erntete jedoch wieder nur tadelnde Blicke. Sie verzog schmollend das Gesicht. âSchon gut, ich sage heute gar nichts mehr.â
Als Luke kurze Zeit später erschien, begann man mit dem Abendessen, bei dem sich die gesamte Konversation um Sookies Saltatdressing, Dressings im allgemeinen, sowie die korrekte Zubereitung von Barbecues drehte, ergiebige Themen, die hin und wieder von kurzen Fachsimpeleien zum Thema Umbau und Versicherung seitens Richard und Luke unterbrochen wurde. Die beiden älteren Gilmores gaben sich zwar alle Mühe so gelassen, wie möglich zu agieren, aber dass sie weit entfernt davon waren, schien mehr als offensichtlich. Rory und Lorelei warfen sich wiederholt Blicke bezüglich des seltsamen Gebarens der beiden zu, und konnten teilweise nur mit Mühe verhindern in lautes Gelächter auszubrechen. Als sich Emily und Richard jedoch in einer Gesprächspause zufällig ansahen, nur um sich sofort wieder peinlich berührt ihren Tellern zuzuwenden, war es zuviel für Lorelei.
âTreffen sich zwei Jäger im Wald, beide totâ, sprudelte es aus ihr hervor. Sie und Rory begannen zu kichern, ein Kichern das sich schnell in ausgelassenes Gelächter verwandelte, während die anderen verständnislos zu begreifen versuchten, was an dieser Bemerkung wohl eine derartige Reaktion hervorrufen konnte.
âLorelei, Rory, ich muss doch sehr bittenâ, tadelte Emily sie und Rory wischte sich eine Lachträne aus den Augenwinkeln.
âTut mir leid, Grandma, aber das war schon immer mein Lieblingskalauer.â
âJa, Mom, er ist fast so gut wie: fliegt eine Kuh mit Badekappe über Stars Hollowâ¦â
âBaden verboten!â, johlten beide gleichzeitig und klatschten begeistert in die Hände.
âGottâ, stöhnte Emily und schob die Erbsen auf ihrem Teller von links nach rechts. Langsam begann sie sich zu fragen, wie sie diesen Abend überstehen sollte. Der kurze Wortwechsel mit Richard zu Beginn des Abends hatte sie jeden Mutes beraubt, noch ein vernünftiges Wort mit ihm zu wechseln â und sie hatte diesen schwachsinnigen Dialog auch noch forciert. Andererseits hatte sie es so überhaupt geschafft, wenigstens ein paar Worte mit ihm zu wechseln, denn während der restlichen Unterhaltung hatten sie es geflissentlich vermieden sich direkt anzusprechen. Emily suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit Richard mitzuteilen â ja was eigentlich? Was sollte sie ihm sagen, falls sie eines fernen Tages den Mut dazu aufbringen würde. Jerusha hatte recht gehabt, sie benahm sich tatsächlich wie eine Sechzehnjährige, das war doch einfach nur lächerlich. Sie legte ihre Gabel beiseite und versuchte Richard so fest wie möglich anzusehen, was ihr ziemlich schwer fiel. âWie laufen die Geschäfte, Richard?â, fragte sie.
âHervorragend, danke der Nachfrageâ, entgegnete dieser überrascht.
âWie schönâ, sie rang sich ein Lächeln ab. âUnd ââ, unsicher räusperte sie sich und sah schlieÃlich schnell ihren Schwiegersohn an. âUnd bei dir, Luke?â
Lorelei und Rory sackten aus ihrer erwartungsvollen Haltung in sich zusammen, während Luke erklärte es könne nicht besser laufen.
âUnd das Hotelâ¦â, wand sie sich an ihre Tochter.
âDem geht es gut, wir sind ständig ausgebucht.â
âHast du dir mittlerweile überlegt, wie du es organisierst, wenn das Baby erst da ist?â
âEigentlich noch nicht, es wird sich schon irgendwie ergeben.â
âIrgendwie ergeben?â
Lorelei nickte resigniert, wohl wissend, dass ihre Mutter jetzt das altbewährte Spiel spielen würde â wenn alle Stricke reiÃen, kannst du immer noch auf deiner Tochter herumhacken. Doch dieses Mal würde sie es ihrer Mutter nicht durchgehen lassen. âWir werden wohl jemanden einstellen.â
âWohl? Irgendwie? Ich wundere mich wirklich über deine Gelassenheit bezüglich dieses Themas, Lorelei. Ich nehme wohl kaum an, dass Luke vorhat sein Cafe solange zu schlieÃen, bis euer Kind alt genug ist. Oder etwa doch, Luke?â
âEigentlich nichtâ, entgegnete dieser mit leichter Verwirrung.
âEigentlich nicht, Loreleiâ, wiederholte Emily seine Worte, allerdings in einem völlig anderen Tonfall.
âMom, bitte. Sobald ich näheres weiÃ, wirst du die erste sein, die davon erfährtâ, obwohl sie sich ernsthaft bemühte die Fassung zu bewahren, spürte Lorelei, dass sie das Thema entweder schnell vom Tisch brachte oder aber einen ausgewachsenen Streit riskierte.
âAllzu viel Zeit wird dir nicht bleiben, es ist nicht so leicht geeignetes Personal zu finden, Lorelei, als Hotelbesitzerin solltest du das wissen.â
âIch? Du bist doch die Expertinâ, zischte Lorelei und griff nach ihrem Wasserglas. âWenn wir jetzt vielleicht das Thema wechseln könnten.â
âOh, natürlich. Darin bist du ja die Expertinâ, entgegnete Emily und begann die Erbsen Stück für Stück energisch auf ihre Gabel zu spieÃen.
âAllerdings, Mom. Habe ich schon erzählt, dass ich heute einen Streit mit einer Politesse hatte, sie hat doch ernsthaftââ
âLorelei!â, unterbrach Emily sie ungehalten. âNur weil du beschlieÃt das Thema zu wechseln, heiÃt das noch lange nicht, dass ich dieser Aufforderung wie ein braves Hündchen folge.â
âEmily, bitteâ, versuchte nun auch Richard sie zurückzuhalten.
âWas, Richard? Es würde mich doch sehr interessieren, deine Meinung zu diesem Thema zu hörenâ, fuhr sie ihn an.
âIch habe keine Meinung zu diesem Thema.â
âWunderbar, einfach phantastisch. Er hat keine Meinungâ, Emily warf die Hände in die Höhe. âScheinbar bin ich die einzige, die sich darüber Gedanken zu machen scheint, ob mein Enkelkind zwischen den FüÃen von Hotelgästen aufwächst.â
âRory hat es auch nicht geschadetâ, keifte Lorelei zurück. âWir leben nicht mehr im Mittelalter, heutzutage kann eine Frau arbeiten und Kinder groÃziehen.â
âWillst du wieder aus einer Laune heraus deine Zukunft einfach so wegwerf ââ, sie wurde jäh unterbrochen.
âIch habe meine Zukunft nicht weggeworfen. Und ich habe eine Zukunft. Ich bin mit einem tollen Mann verheiratet, ich habe eine tolle Tochter, tolle Freunde und ein tolles, tolles Hotel â und ich habe das alles alleine geschafft und ich werde es auch in Zukunft alleine schaffen!â
âRory war bereits ein Jahr alt und somit aus dem Gröbsten heraus, als du beschlossen hast bei Nacht und Nebel von Zuhause abzuhauen. Und bis zu diesem Zeitpunkt hat es dir nicht an Hilfe gefehlt, wenn ich mich recht erinnere. Aber die wirst du jetzt nicht in diesem MaÃe haben, du kannst dich nicht gleichzeitig um ein Hotel und einen Säugling kümmern, das kann nicht gut gehen, Lorelei, sieh das doch endlich ein.â
âWeil du ja etwas von Kindererziehung verstehst, Mom, dir war ja schon ein Kind ohne Job und trotz der Hilfe zahlreicher Kindermädchen zuviel!â Rory sah ihre Mutter fassungslos an und Richard schloss seufzend die Augen, während Emily wortlos ihre Serviette auf den Tisch knallte und nach drauÃen stürmte.
âHervorragend Lorelei, auÃer dir schafft es wohl kein anderer Mensch in einem einzigen Satz derart viele Dummheiten von sich zu geben. Kannst du dich nicht einmal zusammenreiÃen?â
âIch? Wer hat denn damit angefangen? Das war ja wohl Mom!â, protestierte sie entrüstet. âAber auf meine Gefühle nimmst du natürlich wieder Mal keine Rücksicht, Dad!â
âFang jetzt nicht auch noch an, mit mir zu streitenâ, Richard warf seine Serviette ebenfalls auf den Tisch und folgte seiner Ex-Frau nach drauÃen. Auf der Veranda angekommen sah er sich suchend um und entdeckte sie schlieÃlich zusammengesunken auf der Gartenbank. âEmily?â, fragte er leise.
âLass mich in Ruhe, Richardâ, entgegnete sie abwehrend und drehte ihr Gesicht von ihm weg.
âBitteâ¦â, sagte er mit Nachdruck.
âNein, geh!â, verlangte Emily erneut von ihm.
âIch weià dasâ¦â
âHast du mir nicht zugehört? Ich will nicht darüber sprechenâ, presste sie hervor und versuchte angestrengt wenigstens einen letzten Rest an Haltung zu bewahren. Sie konnte ihm jetzt unmöglich gegenüber treten, nicht so. âAlso geh, bitte verschwinde einfach!â, fügte sie lauter als geplant hinzu.
âWenn du das wirklich willstâ, erwiderte er mit fester Stimme.
âIch will es.â
âOhâ, er zuckte mit den Schultern. âWenn das so ist, dann brauchst dir keinerlei Sorgen darüber zu machen, das ich dich noch länger belästigen werdeâ, Bitterkeit lag in seiner Stimme. âIch wünschte nur du hättest es mir schon früher mitgeteilt, dann wäre ich nicht noch so töricht gewesen, mir tatsächlich Hoffnung zu machenâ, er machte auf dem Absatz kehrt und Emily sah ihm mit einem Blick, in dem sich Ungläubigkeit, Gekränktheit und Entsetzen mischten, hinterher.
Lorelei saà am Küchentisch und versuchte ihre Gabel auf ihrer Fingerspitze zu balancieren, ein Versuch der bereits mehrmals gescheitert war. SchlieÃlich warf sie die Gabel zornig quer durch den ganzen Raum in die Spüle. âNa los, sagt schon, dass ich es verbockt habeâ, forderte sie ihren Mann und ihre Tochter auf, die bislang schweigend an der Küchenplatte gelehnt hatten.
âDu hattest einen gewissen Anteil daranâ, stimmte Rory ihr teilweise zu und lies sich auf den Stuhl neben ihre Mutter fallen. âAber auch nicht mehr als Grandma. Ihr beide ergebt einfach eine ausgeglichene Symbiose an Unvernunft.â
âVielen Dank auchâ, missmutig begann sie eine Serviette auseinanderzuzupfen.
âDas renkt sich schon wieder einâ, versuchte Luke sie aufzumuntern.
âPfffâ, war alles was Lorelei erwiderte.
âDu solltest dich bei Grandma entschuldigenâ, sagte Rory leise.
âSpinnst du? Vielleicht hätte ich nicht auf ihre schwachsinnige Attacke eingehen sollen, aber angefangen hat immer noch sie.â
âAber nur mit dem Ãblichen Mom, während du gegen Ende wirklich gemein und ungerecht warst.â
Lorelei musterte ihre Tochter durchdringend. âRaus mit der Sprache.â
âWas meinst du?â, sie verzog das Gesicht.
âIch kenne dich seit bald zwanzig Jahren, Schätzchen. Ich sehe dir an deiner Gilmore-Nasenspitze an, dass du etwas weiÃt, was ich nicht weiÃ.â
âDas ist Blödsinnâ, Rory wollte aufstehen, doch Lorelei hielt sie am Handgelenk fest.
âRory!â
âNein, Mom.â
âDoch.â
âNein.â
âDoch, doch, doch!â
âDu erzählst mir doch auch nicht immer allesâ, entgegnete sie schnippisch.
âFang jetzt nicht so an, Roryâ, warnte Lorelei ihre Tochter.
Seufzend machte Rory sich aus dem Griff ihrer Mutter los. âIch habe Grandma versprochen nicht mehr ââ,
âRory!â, forderte Lorelei mit Nachdruck.
Diese lies das Gespräch zwischen ihrer GroÃmutter und sich im Krankenhaus Revue passieren. Sie hatte ihr versprochen nie wieder mit diesem Thema anzufangen, sich nicht mehr den Kopf darüber zu zerbrechen, ja, aber sie hatte ihr nie direkt versprochen nicht mit ihrer Mutter darüber zu reden. Gleichzeitig wusste sie, dass sie dieses Versprechen zwar nie ausgesprochen hatte, es aber stillschweigend gegeben hatte. Also hatte sie nichts gesagt, ebenso wie sie ihre Beziehung zu Dean geheim hielt â auch wenn er jetzt geschieden war. Lorelei hatte ihr in der Nacht der Hoteleröffnung deutlich zu verstehen gegeben, was sie von einer derartigen Beziehung hielt. Mehr noch, sie hatte ihr auch verschwiegen, dass Emily vor ihrer Ehe schon einmal verheiratet gewesen war und Rory ahnte, dass sie dies auch wegen ihrer Situation mit Dean getan hatte. Dean, sie musste innerlich lächeln, es lief so gut und dennoch traute sie sich nicht ihrer Familie davon zu erzählen. Sie hatte einen Mann dazu gebracht sich scheiden zu lassen â so etwas tat man nicht und sie erst Recht nicht. Eigentlich nicht, denn sie hatte es schlieÃlich getan und sie war insgeheim froh darüber. Sie schielte zu ihrer Mutter, die wieder damit begonnen hatte ihre Serviette in Einzelteile zu zerlegen. Rory wollte sie nicht länger belügen, aber im Moment schien ihr ein umfassendes Geständnis mehr als unangebracht, für einen Abend hatte es genügend Streit gegeben, mehr als genug. Sie beschloss Lorelei aber zumindest von den Geschehnissen in Scranton zu erzählen, von dem was sie gehört und von dem was sie später noch herausgefunden oder sich zusammengereimt hatte. Und der Rest â der Rest würde sich schon irgendwie, irgendwann ergebenâ¦.
Hartford, Spätsommer 2005
Obwohl es bereits weit nach Mitternacht war, saà Richard noch immer in seinem Büro und versuchte seine Gedanken auf die Akten vor sich zu konzentrieren. Sein Blick fiel jedoch immer wieder auf den elfenbeinfarbenen Umschlag neben sich. Er trug keinen Absender und war auch ansonsten nicht beschriftet, daher hatte Richard ihn neugierig geöffnet, als er ihn am Morgen auf seinem Schreibtisch vorgefunden hatte. Ungeachtet der Tatsache, dass die eng beschriebenen Briefbögen darin weder Datum noch Anrede enthielten, hatte er die Schrift sofort erkannt und die Seiten sofort wieder zurück in den Umschlag gesteckt. Er konnte und wollte den Inhalt nicht lesen, trotzdem hatte er den Brief den ganzen Tag über wie paralysiert angestarrt, hin und wieder nach ihm gegriffen und ihn sofort wieder zurückgelegt, geradeso als ob er sich am Papier verbrannt hätte. Seufzend schloss er eine Akte und lehnte sich zurück. Den ganzen Tag über hatte er soviel Arbeit erledigt, wie sonst in fünf Minuten und er würde es heute auch nicht zu mehr bringen. Zögernd stand er auf, zog sich sein Jackett über und knipste die Schreibtischlampe aus. Sorgfältig verstaute er einige vertrauliche Akten im Tresor, schloss ihn und löschte auch die restlichen Lichter. Gerade als er die Tür hinter sich schlieÃen wollte fiel sein Blick wieder auf den Umschlag und er hielt in seiner letzten Bewegung inne. Weshalb sollte er ihn nicht lesen? Nein, das war die falsche Frage: Weshalb sollte er ihn lesen? Was wollte sie jetzt noch mit diesem verdammten Brief bezwecken? Ihm tröstend darlegen, dass es ihr leid täte ihn solange zappeln gelassen zu haben, aber das es so besser wäre? Darauf konnte er wirklich verzichten. Seit dem katastrophalen Abend bei Lorelei waren beinahe zwei Monate vergangen und er hatte in all dieser Zeit nichts von ihr gehört, nicht mal seine Tochter oder Rory erwähnten ihren Namen - oder etwas das auch nur im geringsten mit ihr zu tun haben könnte - in seiner Gegenwart. Und er wollte auch nichts mehr davon hören. Weshalb also jetzt dieser Brief? Gerade jetzt wo er sich langsam an den Gedanken gewöhnt hatte, dass es endgültig vorbei war. Energisch stürmte er zurück in das Büro, griff nach dem Umschlag, zerriss ihn in vier Hälften und warf die Schnipsel in den Papierkorb. Einigermassen zufrieden schloss er die Bürotür endgültig hinter sich und machte sich auf den Heimweg. Es war vorbei.
To be continued.
ATN: Ãberraschend kurzes Kapitel für meine Verhältnisse, ich weià *GG* ⦠aber (zumindest für meine Verhältnisse) schnelles Posten fordert nun mal Einsparungen Riska PS: So kurz gegen Ende (Ja, kein murren, denn das soll schlieÃlich keine unendliche Geschichte werden und man soll aufhören wennâs am Schönsten ist und bevor es langweilig wird) wäre es schön zu wissen, was euch bislang besonders bzw. nicht gefallen hat. (Auch in Bezug auf andere, womöglich folgende Fics und die weitere Gestaltung von diesem) â¦.und ob ihr noch irgendwelche weihnachtlichen Wünsche habt Wäre klasse auch mal Reviews von Leuten zu sehen, die den Fic zwar lesen, aber ihr Feedback hinterm Berg halten. Pro Review gibtâs auch nen Spoiler
Stars Hollow, Sommer 2005
Richard saÃ, einen Whiskey in der Hand, auf Loreleis Wohnzimmercouch und lies die Eiswürfel mit kreisenden Handbewegungen gegen die Glaswand klirren. Seit er Loreleis Einladung erhalten hatte, fragte er sich wie dieser Abend wohl verlaufen würde. Die Tatsache, dass auch Emily zugesagt hatte, lies ihn in gewisser Hinsicht Hoffnung schöpfen. Andererseits lehnte sie seit Wochen - stoisch wie ein alter Esel - jede seiner Einladungen, sei es zum Tee, Dinner oder Theater, ab. Und bei allem Nachdenken wollte ihm einfach nicht einfallen, auf welche Art und Weise er ihr noch zu verstehen geben sollte, ja konnte, dass er sie zurückwollte. Er hatte ihr Blumen geschickt, sie mit Billets und Anrufen um eine weitere Verabredung gebeten, doch sie ging einfach nicht darauf ein. Langsam hatte er den Eindruck, dass es ihr lediglich an Mut fehlte, ihm endgültig den Laufpass zu geben. Vielleicht würde sie diese Gelegenheit, geschützt im Kreise der Familie, nutzen um ihm definitiv verstehen zu geben, dass sie seine Bemühungen lediglich als lästig empfand. Ein Geräusch im Flur lies ihn aufhorchen. Blitzschnell richtete er sich auf, stellte sein Glas auf den Tisch und ordnete seine Fliege. Es fiel ihm schwer eine gewisse Enttäuschung zu verbergen, als lediglich Rory in der Wohnzimmertür erschien. Eine Enttäuschung die sofort von einem schlechten Gewissen gefolgt wurde, da er sich eigentlich sehr auf seine Enkelin gefreut hatte.
âGrandpaâ, rief sie fröhlich aus.
âRory, mein Liebesâ, er stand auf und nahm sie in den Arm. âDu wirst von Tag zu Tag hübscher. Die jungen Männer in Yale werden sich vor Sehnsucht nach dir verzehren.â
âGrandpa, du bist wirklich unmöglichâ, protestierte sie und ihre Wangen nahmen eine rosige Färbung an.
âWas macht das Studium?â, stellte er die obligatorische Frage, wohl wissend, dass die Antwort nur positiv ausfallen konnte.
âEs geht ihm blendendâ, erfüllte Rory auch prompt mit ihrer Antwort seine groÃväterlichen Erwartungen und er tätschelte ihr stolz die Wange. Wenigstens auf eine der Gilmore-Frauen konnte man sich immer verlassen.
âUnd ansonsten ist auch alles in Ordnung, nehme ich an?â
âAllerdingsâ, sie musterte ihn grinsend. âSchick siehst du heute aus, Gilmore.â
Schmunzelnd zog er an seiner Fliege. âTatsächlich? Nun, nur das Beste für die Beste aller Enkeltöchter.â
âOh neinâ¦â, sie verzog das Gesicht. âMom hat es dir erzählt, oder?â
âIch weià nicht wovon du sprichst, Kleinesâ, wehrte er sich halbherzig.
âEs ist nicht so schlimm, wie ihr alle tut. Ich habe schon lange damit aufgehört, mir deswegen den Kopf zu zerbrechen.â
âRecht so, denn diese zwei Idioten sind es, die sich eines Tages den Kopf darüber zerbrechen und vor Gram erblassen werden, wenn du erst aus aller Welt berichtest. Meine kleine Spitzen-Korrespondentin, der Name Gilmore wird den Titel der New York Times zieren.â
Rory lächelte. âDu bist lieb.â
âSag das deiner GroÃmutterâ, flüsterte er in ihr Ohr und Rory hob lächelnd die Augenbrauen.
âAlso deshalb so dernier cri.â
âDu zwingst mich, dir eine Antwort zu verweigernâ, er sah auf seine Uhr. âDeine Mutter wird wohl auch bald erscheinen, hoffe ich?â
âYup, sie holt nur noch unser Menu bei Sookie abâ, suchend sah sie sich um âWo ist eigentlich Luke? Ich nehme doch an, dass er dich hereingelassen hat - oder bist du etwa durchs Fenster gestiegen?â
âEr hat mich zwar hereingelassen und mich mit einem Drink versorgt, ist jedoch sofort wieder verschwunden, um Wein zu besorgen.â
âTut mir leid, Grandpa. Ich fürchte bei uns läuft alles etwas chaotischer ab, als du es gewohnt bist.â
âAch was, so hatte ich Zeit in aller Ruhe meinen Whiskey zu genieÃen.â
âHallo, hallo, halloâ, voll beladen schloss Lorelei die Haustüre auf. âVorsicht, heià und fettigâ, sie bugsierte die verschiedenen Schüsseln und Töpfe durch die enge Haustür.
âLorelei, in deinem Zustand solltest du wirklich nicht so schwer tragen!â Richard machte Anstalten ihr zu helfen, doch sie wehrte ab.
âNicht schwer, nur heiÃâ, sie lies ihre Fracht auf die Arbeitsplatte in der Küche knallen. âWo ist mein Göttergatte?â
âWein besorgenâ, antwortete Rory und half ihr die zahlreichen Tupperschüsseln zu öffnen und deren Inhalt auf Servierplatten zu legen.
âMom ist auch noch nicht da?â
âNein.â
âSeltsam, es ist kurz nach sieben und sonst ist sie doch immer die Pünktlichkeit in Personâ, Lorelei zwinkerte ihrer Tochter verschwörerisch zu. âVermutlich versucht sie deinen GroÃvater in seiner Aufmachung zu übertreffenâ, flüsterte sie Rory leise zu und diese grinste.
âEr behauptet er hätte sich nur für mich so in Schale geworfen. Was wohl auch teilweise stimmt, da du ihm von dem Desaster an Georgias Geburtstag erzählt hast, Verräterinâ, zischte sie.
âMütterliche Fürsorge, Liebling.â
âDu versuchst es dem tapferen Schneiderlein gleichzutun, oder? Sieben auf einen Streich.â
âIch gebe mein Bestes.â
âWas tuschelt ihr da?â, fragte Richard neugierig.
âWir reden nur dem Essen gut zu, Dadâ, erwiderte Lorelei und ging in Richtung Eingangshalle, da es klingelte. Schwungvoll öffnete sie die Tür. âHi Mom.â
âLorelei.â
âWowh, du hast es tatsächlich geschafft.â
âWovon redest du?â
âVon deinem Outfit, sehr schick.â
Emily sah mit leichter Bestürzung an sich herunter. âZu distinguiert? Ich wusste es, ich habe es gewusst, ich hätte doch das Schwarze ââ
Lorelei verdrehte die Augen. âKomm rein, Mom.â
âDankeâ, seufzend kam sie der Aufforderung ihrer Tochter nach. âIch hoffe ich bin nicht zu spät.â
âFür deine Verhältnisse ja, für meine neinâ, sie schob fragend den Kopf nach vorne, während sie versuchte den Blick ihrer Mutter zu deuten. âOhâ, sagte sie schlieÃlich. âEr ist schon da.â
âAls ob mich das interessieren würdeâ, erwiderte Emily so gelassen wie möglich. âWillst du mich nicht hereinbitten, Lorelei?â
âDas hatte ich eigentlich schon getanâ, so elegant wie möglich deutete sie in Richtung Küche und folgte ihrer Mutter, während sie vor sich hin grummelte und dabei theatralisch mit den Händen gestikulierte. In der Küche angekommen entstand zunächst eine peinlich berührte Pause, ehe Emily sich räusperte. âRichard.â
âEmilyâ, replizierte dieser.
âRory!â, rief auch Lorelei mit gespielter Freude aus und erntete lediglich die tadelnden Blicke der anderen. âSchon gutâ, brummte sie. âDas sind die Hormoneâ, fügte sie entschuldigend hinzu, als das Starren kein Ende zu nehmen schien. âHey! Warum bringen wir das Essen nicht schon mal auf den Tisch, Luke wird jeden Augenblick hier sein.â
âWir werden hier essen?â, fragte Emily leicht irritiert, als sie den bereits eingedeckten Tisch sah. âIn der â in der Küche?â
âDu sagst es, Mom.â
âWenn Luke schon umbaut, dann könnte er doch gleich noch ein Esszimmer anbauen.â
âKönnte er, aber wir haben zugunsten eines SM-Zimmers darauf verzichtet.â
âEin was?â, fragte Emily entsetzt.
âEin Scherz, Grandmaâ, griff Rory schlichtend ein und sah ihre Mutter warnend an. âSetzt euch doch schon mal.â
âAlso ich finde ein Dinner in der Küche hat etwas sehr nostalgisches an sichâ, sagte Richard und lies sich nieder.
âUngemein nostalgisch, Richard. Vermutlich werden wir nach dem Essen noch gebeten, den Abwasch zu übernehmen.â
âKörperliche Betätigung hat noch keinem geschadet.â
âHast du auf deine alten Tage etwa noch deine devote Ader entdeckt? Eine Schürze würde dir bestimmt gut stehen. Und wenn du schon dabei bist â mein Wagen könnte auch eine Wäsche vertragenâ, erwiderte Emily mit spöttischem Blick, während die zwei anderen Frauen eher zufrieden aussahen.
âWas für eine reizende Idee, vielleicht komme ich darauf zurückâ, antwortete er gelassen und wand sich an seine Lorelei. âIch hoffe du hast Schürzen in meiner GröÃe da.â
Emily schnappte kurz nach Luft, verbot sich jedoch eine Antwort und lenkte ihre Aufmerksamkeit stattdessen auf ihre Enkelin âWie läuft es in Yale, Rory?â
âAusgezeichnet, Grandma.â
âSchön.â Es entstand ein kurzes Schweigen, das Emily mit einer erneuten Frage an Rory durchbrach. âUnd ansonsten?â
âAnsonsten ist auch alles in bester Ordnung.â
âKein Mann in Sicht?â
Rory presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. âNein.â
âEine Schande. Eine reizende junge Frau wie duâ¦â, missmutig griff sie nach ihrem Wasserglas und trank einen Schluck.
âManche brauchen eben etwas längerâ, warf Lorelei geradezu genüsslich ein, erntete jedoch wieder nur tadelnde Blicke. Sie verzog schmollend das Gesicht. âSchon gut, ich sage heute gar nichts mehr.â
Als Luke kurze Zeit später erschien, begann man mit dem Abendessen, bei dem sich die gesamte Konversation um Sookies Saltatdressing, Dressings im allgemeinen, sowie die korrekte Zubereitung von Barbecues drehte, ergiebige Themen, die hin und wieder von kurzen Fachsimpeleien zum Thema Umbau und Versicherung seitens Richard und Luke unterbrochen wurde. Die beiden älteren Gilmores gaben sich zwar alle Mühe so gelassen, wie möglich zu agieren, aber dass sie weit entfernt davon waren, schien mehr als offensichtlich. Rory und Lorelei warfen sich wiederholt Blicke bezüglich des seltsamen Gebarens der beiden zu, und konnten teilweise nur mit Mühe verhindern in lautes Gelächter auszubrechen. Als sich Emily und Richard jedoch in einer Gesprächspause zufällig ansahen, nur um sich sofort wieder peinlich berührt ihren Tellern zuzuwenden, war es zuviel für Lorelei.
âTreffen sich zwei Jäger im Wald, beide totâ, sprudelte es aus ihr hervor. Sie und Rory begannen zu kichern, ein Kichern das sich schnell in ausgelassenes Gelächter verwandelte, während die anderen verständnislos zu begreifen versuchten, was an dieser Bemerkung wohl eine derartige Reaktion hervorrufen konnte.
âLorelei, Rory, ich muss doch sehr bittenâ, tadelte Emily sie und Rory wischte sich eine Lachträne aus den Augenwinkeln.
âTut mir leid, Grandma, aber das war schon immer mein Lieblingskalauer.â
âJa, Mom, er ist fast so gut wie: fliegt eine Kuh mit Badekappe über Stars Hollowâ¦â
âBaden verboten!â, johlten beide gleichzeitig und klatschten begeistert in die Hände.
âGottâ, stöhnte Emily und schob die Erbsen auf ihrem Teller von links nach rechts. Langsam begann sie sich zu fragen, wie sie diesen Abend überstehen sollte. Der kurze Wortwechsel mit Richard zu Beginn des Abends hatte sie jeden Mutes beraubt, noch ein vernünftiges Wort mit ihm zu wechseln â und sie hatte diesen schwachsinnigen Dialog auch noch forciert. Andererseits hatte sie es so überhaupt geschafft, wenigstens ein paar Worte mit ihm zu wechseln, denn während der restlichen Unterhaltung hatten sie es geflissentlich vermieden sich direkt anzusprechen. Emily suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit Richard mitzuteilen â ja was eigentlich? Was sollte sie ihm sagen, falls sie eines fernen Tages den Mut dazu aufbringen würde. Jerusha hatte recht gehabt, sie benahm sich tatsächlich wie eine Sechzehnjährige, das war doch einfach nur lächerlich. Sie legte ihre Gabel beiseite und versuchte Richard so fest wie möglich anzusehen, was ihr ziemlich schwer fiel. âWie laufen die Geschäfte, Richard?â, fragte sie.
âHervorragend, danke der Nachfrageâ, entgegnete dieser überrascht.
âWie schönâ, sie rang sich ein Lächeln ab. âUnd ââ, unsicher räusperte sie sich und sah schlieÃlich schnell ihren Schwiegersohn an. âUnd bei dir, Luke?â
Lorelei und Rory sackten aus ihrer erwartungsvollen Haltung in sich zusammen, während Luke erklärte es könne nicht besser laufen.
âUnd das Hotelâ¦â, wand sie sich an ihre Tochter.
âDem geht es gut, wir sind ständig ausgebucht.â
âHast du dir mittlerweile überlegt, wie du es organisierst, wenn das Baby erst da ist?â
âEigentlich noch nicht, es wird sich schon irgendwie ergeben.â
âIrgendwie ergeben?â
Lorelei nickte resigniert, wohl wissend, dass ihre Mutter jetzt das altbewährte Spiel spielen würde â wenn alle Stricke reiÃen, kannst du immer noch auf deiner Tochter herumhacken. Doch dieses Mal würde sie es ihrer Mutter nicht durchgehen lassen. âWir werden wohl jemanden einstellen.â
âWohl? Irgendwie? Ich wundere mich wirklich über deine Gelassenheit bezüglich dieses Themas, Lorelei. Ich nehme wohl kaum an, dass Luke vorhat sein Cafe solange zu schlieÃen, bis euer Kind alt genug ist. Oder etwa doch, Luke?â
âEigentlich nichtâ, entgegnete dieser mit leichter Verwirrung.
âEigentlich nicht, Loreleiâ, wiederholte Emily seine Worte, allerdings in einem völlig anderen Tonfall.
âMom, bitte. Sobald ich näheres weiÃ, wirst du die erste sein, die davon erfährtâ, obwohl sie sich ernsthaft bemühte die Fassung zu bewahren, spürte Lorelei, dass sie das Thema entweder schnell vom Tisch brachte oder aber einen ausgewachsenen Streit riskierte.
âAllzu viel Zeit wird dir nicht bleiben, es ist nicht so leicht geeignetes Personal zu finden, Lorelei, als Hotelbesitzerin solltest du das wissen.â
âIch? Du bist doch die Expertinâ, zischte Lorelei und griff nach ihrem Wasserglas. âWenn wir jetzt vielleicht das Thema wechseln könnten.â
âOh, natürlich. Darin bist du ja die Expertinâ, entgegnete Emily und begann die Erbsen Stück für Stück energisch auf ihre Gabel zu spieÃen.
âAllerdings, Mom. Habe ich schon erzählt, dass ich heute einen Streit mit einer Politesse hatte, sie hat doch ernsthaftââ
âLorelei!â, unterbrach Emily sie ungehalten. âNur weil du beschlieÃt das Thema zu wechseln, heiÃt das noch lange nicht, dass ich dieser Aufforderung wie ein braves Hündchen folge.â
âEmily, bitteâ, versuchte nun auch Richard sie zurückzuhalten.
âWas, Richard? Es würde mich doch sehr interessieren, deine Meinung zu diesem Thema zu hörenâ, fuhr sie ihn an.
âIch habe keine Meinung zu diesem Thema.â
âWunderbar, einfach phantastisch. Er hat keine Meinungâ, Emily warf die Hände in die Höhe. âScheinbar bin ich die einzige, die sich darüber Gedanken zu machen scheint, ob mein Enkelkind zwischen den FüÃen von Hotelgästen aufwächst.â
âRory hat es auch nicht geschadetâ, keifte Lorelei zurück. âWir leben nicht mehr im Mittelalter, heutzutage kann eine Frau arbeiten und Kinder groÃziehen.â
âWillst du wieder aus einer Laune heraus deine Zukunft einfach so wegwerf ââ, sie wurde jäh unterbrochen.
âIch habe meine Zukunft nicht weggeworfen. Und ich habe eine Zukunft. Ich bin mit einem tollen Mann verheiratet, ich habe eine tolle Tochter, tolle Freunde und ein tolles, tolles Hotel â und ich habe das alles alleine geschafft und ich werde es auch in Zukunft alleine schaffen!â
âRory war bereits ein Jahr alt und somit aus dem Gröbsten heraus, als du beschlossen hast bei Nacht und Nebel von Zuhause abzuhauen. Und bis zu diesem Zeitpunkt hat es dir nicht an Hilfe gefehlt, wenn ich mich recht erinnere. Aber die wirst du jetzt nicht in diesem MaÃe haben, du kannst dich nicht gleichzeitig um ein Hotel und einen Säugling kümmern, das kann nicht gut gehen, Lorelei, sieh das doch endlich ein.â
âWeil du ja etwas von Kindererziehung verstehst, Mom, dir war ja schon ein Kind ohne Job und trotz der Hilfe zahlreicher Kindermädchen zuviel!â Rory sah ihre Mutter fassungslos an und Richard schloss seufzend die Augen, während Emily wortlos ihre Serviette auf den Tisch knallte und nach drauÃen stürmte.
âHervorragend Lorelei, auÃer dir schafft es wohl kein anderer Mensch in einem einzigen Satz derart viele Dummheiten von sich zu geben. Kannst du dich nicht einmal zusammenreiÃen?â
âIch? Wer hat denn damit angefangen? Das war ja wohl Mom!â, protestierte sie entrüstet. âAber auf meine Gefühle nimmst du natürlich wieder Mal keine Rücksicht, Dad!â
âFang jetzt nicht auch noch an, mit mir zu streitenâ, Richard warf seine Serviette ebenfalls auf den Tisch und folgte seiner Ex-Frau nach drauÃen. Auf der Veranda angekommen sah er sich suchend um und entdeckte sie schlieÃlich zusammengesunken auf der Gartenbank. âEmily?â, fragte er leise.
âLass mich in Ruhe, Richardâ, entgegnete sie abwehrend und drehte ihr Gesicht von ihm weg.
âBitteâ¦â, sagte er mit Nachdruck.
âNein, geh!â, verlangte Emily erneut von ihm.
âIch weià dasâ¦â
âHast du mir nicht zugehört? Ich will nicht darüber sprechenâ, presste sie hervor und versuchte angestrengt wenigstens einen letzten Rest an Haltung zu bewahren. Sie konnte ihm jetzt unmöglich gegenüber treten, nicht so. âAlso geh, bitte verschwinde einfach!â, fügte sie lauter als geplant hinzu.
âWenn du das wirklich willstâ, erwiderte er mit fester Stimme.
âIch will es.â
âOhâ, er zuckte mit den Schultern. âWenn das so ist, dann brauchst dir keinerlei Sorgen darüber zu machen, das ich dich noch länger belästigen werdeâ, Bitterkeit lag in seiner Stimme. âIch wünschte nur du hättest es mir schon früher mitgeteilt, dann wäre ich nicht noch so töricht gewesen, mir tatsächlich Hoffnung zu machenâ, er machte auf dem Absatz kehrt und Emily sah ihm mit einem Blick, in dem sich Ungläubigkeit, Gekränktheit und Entsetzen mischten, hinterher.
Lorelei saà am Küchentisch und versuchte ihre Gabel auf ihrer Fingerspitze zu balancieren, ein Versuch der bereits mehrmals gescheitert war. SchlieÃlich warf sie die Gabel zornig quer durch den ganzen Raum in die Spüle. âNa los, sagt schon, dass ich es verbockt habeâ, forderte sie ihren Mann und ihre Tochter auf, die bislang schweigend an der Küchenplatte gelehnt hatten.
âDu hattest einen gewissen Anteil daranâ, stimmte Rory ihr teilweise zu und lies sich auf den Stuhl neben ihre Mutter fallen. âAber auch nicht mehr als Grandma. Ihr beide ergebt einfach eine ausgeglichene Symbiose an Unvernunft.â
âVielen Dank auchâ, missmutig begann sie eine Serviette auseinanderzuzupfen.
âDas renkt sich schon wieder einâ, versuchte Luke sie aufzumuntern.
âPfffâ, war alles was Lorelei erwiderte.
âDu solltest dich bei Grandma entschuldigenâ, sagte Rory leise.
âSpinnst du? Vielleicht hätte ich nicht auf ihre schwachsinnige Attacke eingehen sollen, aber angefangen hat immer noch sie.â
âAber nur mit dem Ãblichen Mom, während du gegen Ende wirklich gemein und ungerecht warst.â
Lorelei musterte ihre Tochter durchdringend. âRaus mit der Sprache.â
âWas meinst du?â, sie verzog das Gesicht.
âIch kenne dich seit bald zwanzig Jahren, Schätzchen. Ich sehe dir an deiner Gilmore-Nasenspitze an, dass du etwas weiÃt, was ich nicht weiÃ.â
âDas ist Blödsinnâ, Rory wollte aufstehen, doch Lorelei hielt sie am Handgelenk fest.
âRory!â
âNein, Mom.â
âDoch.â
âNein.â
âDoch, doch, doch!â
âDu erzählst mir doch auch nicht immer allesâ, entgegnete sie schnippisch.
âFang jetzt nicht so an, Roryâ, warnte Lorelei ihre Tochter.
Seufzend machte Rory sich aus dem Griff ihrer Mutter los. âIch habe Grandma versprochen nicht mehr ââ,
âRory!â, forderte Lorelei mit Nachdruck.
Diese lies das Gespräch zwischen ihrer GroÃmutter und sich im Krankenhaus Revue passieren. Sie hatte ihr versprochen nie wieder mit diesem Thema anzufangen, sich nicht mehr den Kopf darüber zu zerbrechen, ja, aber sie hatte ihr nie direkt versprochen nicht mit ihrer Mutter darüber zu reden. Gleichzeitig wusste sie, dass sie dieses Versprechen zwar nie ausgesprochen hatte, es aber stillschweigend gegeben hatte. Also hatte sie nichts gesagt, ebenso wie sie ihre Beziehung zu Dean geheim hielt â auch wenn er jetzt geschieden war. Lorelei hatte ihr in der Nacht der Hoteleröffnung deutlich zu verstehen gegeben, was sie von einer derartigen Beziehung hielt. Mehr noch, sie hatte ihr auch verschwiegen, dass Emily vor ihrer Ehe schon einmal verheiratet gewesen war und Rory ahnte, dass sie dies auch wegen ihrer Situation mit Dean getan hatte. Dean, sie musste innerlich lächeln, es lief so gut und dennoch traute sie sich nicht ihrer Familie davon zu erzählen. Sie hatte einen Mann dazu gebracht sich scheiden zu lassen â so etwas tat man nicht und sie erst Recht nicht. Eigentlich nicht, denn sie hatte es schlieÃlich getan und sie war insgeheim froh darüber. Sie schielte zu ihrer Mutter, die wieder damit begonnen hatte ihre Serviette in Einzelteile zu zerlegen. Rory wollte sie nicht länger belügen, aber im Moment schien ihr ein umfassendes Geständnis mehr als unangebracht, für einen Abend hatte es genügend Streit gegeben, mehr als genug. Sie beschloss Lorelei aber zumindest von den Geschehnissen in Scranton zu erzählen, von dem was sie gehört und von dem was sie später noch herausgefunden oder sich zusammengereimt hatte. Und der Rest â der Rest würde sich schon irgendwie, irgendwann ergebenâ¦.
Hartford, Spätsommer 2005
Obwohl es bereits weit nach Mitternacht war, saà Richard noch immer in seinem Büro und versuchte seine Gedanken auf die Akten vor sich zu konzentrieren. Sein Blick fiel jedoch immer wieder auf den elfenbeinfarbenen Umschlag neben sich. Er trug keinen Absender und war auch ansonsten nicht beschriftet, daher hatte Richard ihn neugierig geöffnet, als er ihn am Morgen auf seinem Schreibtisch vorgefunden hatte. Ungeachtet der Tatsache, dass die eng beschriebenen Briefbögen darin weder Datum noch Anrede enthielten, hatte er die Schrift sofort erkannt und die Seiten sofort wieder zurück in den Umschlag gesteckt. Er konnte und wollte den Inhalt nicht lesen, trotzdem hatte er den Brief den ganzen Tag über wie paralysiert angestarrt, hin und wieder nach ihm gegriffen und ihn sofort wieder zurückgelegt, geradeso als ob er sich am Papier verbrannt hätte. Seufzend schloss er eine Akte und lehnte sich zurück. Den ganzen Tag über hatte er soviel Arbeit erledigt, wie sonst in fünf Minuten und er würde es heute auch nicht zu mehr bringen. Zögernd stand er auf, zog sich sein Jackett über und knipste die Schreibtischlampe aus. Sorgfältig verstaute er einige vertrauliche Akten im Tresor, schloss ihn und löschte auch die restlichen Lichter. Gerade als er die Tür hinter sich schlieÃen wollte fiel sein Blick wieder auf den Umschlag und er hielt in seiner letzten Bewegung inne. Weshalb sollte er ihn nicht lesen? Nein, das war die falsche Frage: Weshalb sollte er ihn lesen? Was wollte sie jetzt noch mit diesem verdammten Brief bezwecken? Ihm tröstend darlegen, dass es ihr leid täte ihn solange zappeln gelassen zu haben, aber das es so besser wäre? Darauf konnte er wirklich verzichten. Seit dem katastrophalen Abend bei Lorelei waren beinahe zwei Monate vergangen und er hatte in all dieser Zeit nichts von ihr gehört, nicht mal seine Tochter oder Rory erwähnten ihren Namen - oder etwas das auch nur im geringsten mit ihr zu tun haben könnte - in seiner Gegenwart. Und er wollte auch nichts mehr davon hören. Weshalb also jetzt dieser Brief? Gerade jetzt wo er sich langsam an den Gedanken gewöhnt hatte, dass es endgültig vorbei war. Energisch stürmte er zurück in das Büro, griff nach dem Umschlag, zerriss ihn in vier Hälften und warf die Schnipsel in den Papierkorb. Einigermassen zufrieden schloss er die Bürotür endgültig hinter sich und machte sich auf den Heimweg. Es war vorbei.
To be continued.
ATN: Ãberraschend kurzes Kapitel für meine Verhältnisse, ich weià *GG* ⦠aber (zumindest für meine Verhältnisse) schnelles Posten fordert nun mal Einsparungen Riska PS: So kurz gegen Ende (Ja, kein murren, denn das soll schlieÃlich keine unendliche Geschichte werden und man soll aufhören wennâs am Schönsten ist und bevor es langweilig wird) wäre es schön zu wissen, was euch bislang besonders bzw. nicht gefallen hat. (Auch in Bezug auf andere, womöglich folgende Fics und die weitere Gestaltung von diesem) â¦.und ob ihr noch irgendwelche weihnachtlichen Wünsche habt Wäre klasse auch mal Reviews von Leuten zu sehen, die den Fic zwar lesen, aber ihr Feedback hinterm Berg halten. Pro Review gibtâs auch nen Spoiler