18.07.2007, 12:43
Ich wusste gar nicht dass ich so mies schreibe. Aber zu interessieren scheint es niemanden:frown2:. Ich stelle jetzt trotzdem das nächste Kapitel rein. Bin ab heute Abend dann für eine Woche in der Schweiz im Urlaub. Man hört sich. Viel Spaà beim lesen.
Lg Emerson Rose
Teil 54
Am späten Nachmittag nimmt David Emily zur Feier des Tages mit in die Nähe von Hartfort zum gemeinsamen Abendessen in ihrem Lieblingsdiner.
âIch kam mir richtig eigenartig vor. Dabei hätte ich Emily auf jeden Fall zum Kindergarten begleitetâ, schildert er Luke, dem Besitzer des Diners und guten Freund, den Vormittag. Dabei genieÃt er einen hervorragenden Kaffee und wartet auf seinen Burger und den Salat. Emily sitzt neben ihm auf einem der Hocker am Tresen. Sie hat von Luke ein Blatt Papier zum Ausmalen und Bundstifte bekommen und ist ganz vertieft in den Zoo vor sich. Deren Tiere sie jetzt in leuchtende Farben hüllt.
âEinschulungen scheinen zumindest im Kindergarten ein rein weibliches Metier zu sein. Oder was glaubst du, wie mich die Damen dort angestarrt haben, als Victoria ihren ersten Tag in der Vorschule hatte. Mit zwei Unterschieden. Lore war dabei und jeder hier kennt mich. Der Vor- oder Nachteil einer Kleinstadt. Kommt drauf an, wie manâs nimmt.â
âMit Sarah an der Seite wäre es mir trotzdem lieber gewesen.â David grinst etwas gequält.
âLuke, Luuke.â Die dreizehnjährige Rory, ein groà gewachsenes Mädchen mit blitzenden blauen Augen und langen braunen Haaren, kommt in diesem Augenblick um die Ecke geschossen. Vorher war das Poltern von Stiefeln auf der altersschwachen Treppe zu hören, die zum Büro hochführt. Früher waren die eineinhalb Zimmer im ersten Stock eine Zeit lang sogar Lukes Wohnung. Doch seit er mit Lorelai verheiratet ist und eine Familie hat, stehen die Räumlichkeiten leer.
âMom hat gerade angerufen. Sie schafft es nicht rechtzeitig. Darum hole ich jetzt Vicky ab. Hi David. Hey SüÃe.â Rory hat den Tresen erreicht und wuselt jetzt um ihren Stiefvater herum.
âSuchst du etwas Bestimmtes? Vielleicht kann ich dir ja helfen?â
âDeinen Schlüssel. Meinen habe ich heute Morgen in der Hektik zu Hause liegen gelassen.â
âMoment.â Luke kramt unter seiner Schürze in der Hosentasche und zieht ein Bund vor, das Rory mehr als bekannt vorkommt. âMeine Schlüssel! Ich dachte, ich hätte sie vergessen.â
âHast du auch. Aber du bist die Tochter deiner Mutter. Es ist also genetisch veranlagt und nicht deine Schuld.â
âDu bist der Beste. Danke Luke.â Rory drückt ihm noch einen Kuss auf die Wange und ist auch schon zur Tür hinaus. Die Glocke über der Tür bimmelt lauthals Protest.
âIch sehe schon, du hast es auch nicht leicht.â David wirft noch einen Blick zur Tür und grinst dann Luke an. Der stellt ihm gerade die Teller mit dem Essen auf den Platz.
âIch liebe sie beide. Mehr als mein Leben. Trotzdem habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Victoria mehr nach mir kommt, als nach ihrer Mom.â
âWie auch immer. Wir haben Familien. Allein das ist es was zählt. Egal ob an guten Tagen oder Tagen voller Sorge. Na SüÃe schmeckt es dir?â David wendet sich seiner Tochter zu und steckt ihr eine Serviette in den Ausschnitt ihres Shirts. âHmpf.â Emily stopft sich noch ein Stück Pommes in den Mund und lächelt dann mit vollen Backen.
âJa, es ist mehr als offensichtlichâ, antwortet Luke daraufhin und gieÃt noch etwas Orangensaft nach.
°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°
Emilys erste Woche im Kindergarten fliegt nur so dahin. Dazu ist es am Samstag endlich soweit. Sarah ist erst mal wieder über den Berg und darf Besuch empfangen. Also auch ihre Tochter.
âMommy, Mommy.â Wie ein Derwisch fegt Emily durchs Zimmer, kaum dass sie dieses mit David, Anthony und Jenny betreten hat. Die Worte ihres Vaters, vorsichtig zu sein, überhört sie einfach und klettert am FuÃende des Betts hoch. Bevor sie sich allerdings genauso stürmisch zum Kopfende vorarbeiten kann, hebt David sie hoch und stellt sie wieder auf dem Boden ab. âWas habe ich dir gesagt SüÃe?â fragt er im ernsten Tonfall und Emilys Unterlippe fängt sichtbar an zu zittern. Drei ganze Wochen musste sie ohne ihre Mom auskommen. Eine lange Zeit für ein so kleines Mädchen wie sie. Verständlich, dass sie den Ratschlag ihres Dad fast vergessen hat. âLangsam gehenâ, flüstert sie und sieht erst ihren Dad und dann ihre Mom an.
âGenau das.â Davids Gesichtszüge werden weicher. Aber was sein muss, muss sein. Also auch, dass Emily sich an bestimmte Regeln hält. âUnd jetzt los.â Er schmunzelt, als sie sich jetzt vorsichtig dem Bett nähert. Sarah hat diese kleine ErziehungsmaÃnahme stillschweigend verfolgt, sich jedoch nicht eingemischt. Was hat Emily davon, wenn ihr Dad hüh sagt und sie als ihre Mom hott.
âNa Prinzessin.â Sie rückt etwas zur Seite, damit Emily zur ihr aufs Bett klettern kann. Tony hilft ihr etwas dabei und endlich ist Sarah ihrer Tochter wieder ganz nah, als sie sie liebevoll in die Arme schlieÃt. âIch habe dich so vermisst.â
Emily ist da etwas zaghafter. âMommy tut das weh?â vorsichtig tippt sie an den Port, der aus Sarahs Brustkorb ragt. Dadurch, dass er mit einem kleinen Stopfen verschlossen ist, kann nichts passieren. âNein mein Schatz, das tut nicht weh.â
âDann kommst du mit uns nach Hause.â Eine logische Schlussfolgerung für Emily. Sarah schmunzelt. âIch bin bald wieder zu Hause, aber heute leider noch nicht.â
âOk.â
âNicht traurig sein. Erzähl mir lieber, wie es dir im Kindergarten gefällt.â
âGaanz toll.â Emily kuschelt sich neben Sarahs auf Bett und erzählt mit wachsender Begeisterung von den vielen neuen Eindrücken der Woche.
°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°
Später, als Jenny und Tony Emily mit in die Cafeteria nehmen, um Kuchen zu holen, sind Sarah und David einige Minuten unter sich.
âDa hattet ihr ja eine aufregende Woche.â Sarah legt sich zurück in die Kissen und schlieÃt kurzzeitig die Augen. Mit ihrer physischen Verfassung ist es derzeit nicht weit her. Die Kraft ist viel zu schnell aufgebraucht und das nach nur einer guten Stunde Besuch ihrer Liebsten.
âAm Montag war es am aufregendsten. Und das nicht nur für Emily, aber wir haben uns eingespielt.â
âAch ja stimmt. Dein SpieÃrutenlauf zwischen den ganzen Damen.â Sarah grinst vor sich hin. âUnd bevor du fragst, Lorelai hat mich gestern besucht. Sie war am Vormittag in der Stadt und wollte Hallo sagen.â
âUnd das findest du witzig?â schmollt David.
âOh ja, das finde ich witzig, wenn mein Mann Hahn im Korb ist und sich unwohl dabei fühlt. Aber gib es zu, du hast es genossen.â
âBei Emilys groÃen Tag dabei zu sein. Auf jeden Fall. Allerdings nicht unbedingt unter lauter Müttern als einziger Mann. Aber ich habe es überlebt, wie du siehst.â Jetzt muss auch David schmunzeln. Er rutscht auf der Bettkante noch etwas näher an Sarah heran und legt seinen Kopf an ihren. Mit einer Hand stützt er sich etwas ab, die andere wandert zärtlich über ihren Arm. Rauf und runter.
âHat Eliza dich eigentlich schon angerufen?â fragt er schlieÃlich in die Stille hinein. Sarah öffnet die Augen und sieht ihren Freund fragend und etwas ängstlich an. âNein, wieso, ist was passiert?â
âNichts Schlimmes.â David zögert kurz.
âAber?â
âJames Tour wurde noch mal verlängert. Jetzt bis Ende April.â
âAls ob die zwei Monate mit der ersten Verlängerung nicht ausreichen würden.â Sarah schüttelt den Kopf und ist ein ums andere Mal froh, dass das halbe Jahr, in denen sie getrennt lebten, schon lange hinter ihnen liegt. âWie hat Eliza es aufgenommen.â
âDas kann ich dir nicht ganz genau sagen. Als sie gestern Nachmittag mit Jean da war und mir davon erzählte, wirkte sie ziemlich gefasst. Aber du kennst ja Liz. Nach auÃen hin Gefühle zeigen ist nicht immer ihr Ding. In ihrem Inneren sieht es wahrscheinlich trotzdem chaotisch aus. Und ich dachte, sie hätte dich mittlerweile angerufen.â
âNein, seit unserem Gespräch gestern Mittag war das Telefon stumm. Allerdings habe ich auch fast in einem Ruck durchgeschlafen. Bis auf die Mahlzeiten und die ständigen Störungen durch die Schwestern.â Sarah rollt etwas genervt mit den Augen.
âDas Essen ist wichtig, damit du wieder zu Kräften kommst.â
âJa ich weiÃâ, sie seufzt. âAber bei all den ach so tollen Medikamenten, vergeht mir meist der Appetit. AuÃerdem habe ich den Eindruck, dass die Tabletten, Infusionen und die ganzen anderen Nettigkeiten immer weniger helfen. Ich habe es so satt.â Schon wieder kämpft Sarah mit den Tränen und schnieft kurz, bevor sie weiter spricht. âJedes Mal bin ich länger hier und die Abstände werden immer kürzer.â
âUnd was sagt der Professor?â
âIch soll mich gedulden, immer einen Schritt nach dem nächsten gehen und versuchen positiv zu denken. Nur fällt mir das nicht gerade leicht, wenn ich das alles hier sehe.â
âHmm.â David weià nicht so recht, was er darauf antworten soll. Der Höhenflug der letzten Jahre, wo es Sarah maximal einmal im Jahr erwischt hat, sind vorbei. Sie sind wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Leider ziemlich unsanft. Erst recht, seitdem der Professor Sarah auf die Transplantationsliste gesetzt hat. Der Countdown läuft. Ob sie es wollen oder nicht. Irgendwann in nicht allzu langer Zeit wird eine Entscheidung fällig. âHast du dir schon überlegt, ob du die Transplantation wirklich willst, wenn es sein muss?â
Die Frage steht wie eine dichte Wolke über ihnen im Raum und Sarah überlegt ziemlich lange, bevor sie darauf antwortet. Es zumindest versucht. âIch habe Angst. Angst vor dem Schritt überhaupt. Ich meine, wenn ich es nicht versuche, dann ist alles verloren. Doch wenn diese OP schief geht, gibt es genauso wenig ein Zurück. Alles oder nichts?â
âJa, ja so sieht es aus.â Zärtlich küsst er Sarah auf die Schläfe und flüstert dann leise. âEgal wie du dich entscheidest, ich werde es akzeptieren und wir stehen das dann gemeinsam durch.â
âDanke. Ich liebe dich David.â
âNicht dafür. Ich liebe dich auch mein Sonnenschein.â David setzt mit den Streicheleinheiten fort und nach wenigen Minuten hört er Sarah regelmäÃig atmen. Ein gutes Zeichen in doppelter Hinsicht. Sie schläft und ruht sich aus und die Medikamente schlagen langsam an. Sie bekommt genug Luft auch ohne Sauerstoffsonde.
°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°
Die Ruhe dauert allerdings nicht lang an, denn wenig später sind die Einkäufer zurück. Stolz wie Oskar, trotzdem äuÃerst vorsichtig, trägt Emily einen Teller mit verschiedenen Stück Kuchen vor sich her.
âEntschuldigt, dass ihr so lange warten musstet, aber Emily konnte sich einfach nicht entscheiden. Von wem sie das wohl hat?â grinst Tony und stellt das Geschirr, welches er sich aus dem Aufenthaltsraum der Station entwendet hat, auf den kleinen Tisch. Der gehört neben einer Couch, einem Sessel und zwei Stühlen zur Einrichtung des Zimmers.
âNa von mir bestimmt nicht. Das muss am Geschlecht liegen. Oder hast du schon mal mitgekriegt, dass alle weiblichen Wesen ewig und drei Tage vor dem Kleiderschrank stehen. Sich entweder nicht entscheiden können oder das andere Extrem, sie behaupten, sie hätten nichts anzuziehen.â
Tony grinst und David fängt sich einen gespielt bösen Blick von Sarah ein. âNa was denn habe ich nicht recht?â tut er unwissend. Trotzdem bringt er sich lieber erst mal in Sicherheit und schenkt Kaffee ein. Dazu ein Stück Kuchen auf den Teller. Jenny hilft Sarah derweil aus dem Bett in den Rollstuhl. So können sie es sich gemeinsam in der kleinen Sitzecke gemütlich machen.
Beim Essen fragt Tony plötzlich. âHast du Sarah schon von dem Brief erzählt?â
âWas für ein Brief?â Sarah stellt ihre Tasse ab. Sie ist neugierig, muss sich jedoch gedulden, weil David gerade ein Stück Kuchen isst. Als er runtergeschluckt hat, steht er auf und geht zum Bett. Dort liegt sein Mantel, aus dessen Tasche David einen Umschlag hervor holt. âDas habe ich fast vergessenâ, murmelt er und überreicht das Schreiben darin Sarah.
Sie sieht nur auf den Briefkopf und bekommt groÃe Augen. âVon der Adoptionsbehörde? Ich dachte das würde sonst wie lange dauern?â
âJa ich was selbst ganz erstaunt. Sie wollen uns sprechen. Zumindest steht da drin, dass wir bei einer gewissen Miss Adrian einen Termin vereinbaren sollen. â
âHmm.â Sarah liest sich den Brief, der nur aus wenigen Zeilen besteht, selbst durch. Dann dreht sie ihn einmal in ihren Händen und faltet ihn schlieÃlich wieder zusammen. âSchon komisch, es steht wirklich nur die Bitte um Terminvereinbarung drin, nichts weiter.â
âMummy, was ist das?â Emily ist von der Couch hoch gesprungen und steht jetzt neben dem Rollstuhl. Neugierig reckt sie ihren Kopf, wird aber nicht zufrieden gestellt, da Sarah das Blatt Papier mittlerweile an David zurückgegeben hat.
âEin Brief für Daddy und mich.â Sie nimmt ihre Tochter hoch und setzt sie auf ihren Schoss. âSag mal, was möchtest du lieber haben, ein Brüderchen oder ein Schwesterchen?â
âEinen Hundâ, kommt es von Emily wie aus der Pistole geschossen. Alle lachen und sie selbst grinst ebenfalls in die Runde. Als einziges Kind hier im Raum, ist ihr die Aufmerksamkeit, die sie von allen Seiten bekommt, zwar nicht bewusst aber unbewusst im Klaren. Alle Augen sind auf sie gerichtet. Das muss ausgenutzt werden. Auch wenn es natürlich klare Grenzen gibt.
âAber wir haben doch schon einen Hund mein Schatzâ, versucht Sarah es erneut. âTrotzdem.â Emily grinst noch immer, klettert dann jedoch vom Schoss und kuschelt sich wieder auf die Couch zwischen ihre GroÃeltern.
âIch würde sagen, wartet erst mal ab, was bei dem Gespräch mit der Adoptionsbehörde rauskommt. Alles andere wird sich dann zeigen.â Tony bringt es auf den Punkt. Denn Spekulieren bringt zu diesem Zeitpunkt gar nichts.
Als sich die Besuchszeit zwei Stunden später dem Ende nähert, ist Sarah einerseits traurig, dass sie wieder allein ist bis zu nächsten Tag. Sie muss sich allerdings auch eingestehen, ihre Kraft ist aufgebraucht. Müde und erschöpft liegt sie in ihren Kissen und schläft fast ein, als David sich von ihr verabschieden muss. Am liebsten würde er hier bleiben, aber Emily braucht ihn auch. Er muss seine Freundin zurück lassen.
âBrauchst du noch was?â fragt er deshalb und löst sich aus ihrer Umarmung. âWie immer sehr widerwillig.â
âNein, es ist alles in Ordnung, ich brauche nichts. Gib Emily nachher einen Gute-Nacht-Kuss von mir.â
âOk, das mach ich. Schlaf gut. Ich bin morgen Abend wieder bei dir.â Er küsst Sarah ein letztes Mal zärtlich, spürt ihre warmen, weichen Lippen auf den seinen. Dann geht er schweren Herzens runter zum Parkplatz. Dort warten Tony und Jenny schon mit Emily auf ihn. Zeit für die Heimfahrt.
Lg Emerson Rose
Teil 54
Am späten Nachmittag nimmt David Emily zur Feier des Tages mit in die Nähe von Hartfort zum gemeinsamen Abendessen in ihrem Lieblingsdiner.
âIch kam mir richtig eigenartig vor. Dabei hätte ich Emily auf jeden Fall zum Kindergarten begleitetâ, schildert er Luke, dem Besitzer des Diners und guten Freund, den Vormittag. Dabei genieÃt er einen hervorragenden Kaffee und wartet auf seinen Burger und den Salat. Emily sitzt neben ihm auf einem der Hocker am Tresen. Sie hat von Luke ein Blatt Papier zum Ausmalen und Bundstifte bekommen und ist ganz vertieft in den Zoo vor sich. Deren Tiere sie jetzt in leuchtende Farben hüllt.
âEinschulungen scheinen zumindest im Kindergarten ein rein weibliches Metier zu sein. Oder was glaubst du, wie mich die Damen dort angestarrt haben, als Victoria ihren ersten Tag in der Vorschule hatte. Mit zwei Unterschieden. Lore war dabei und jeder hier kennt mich. Der Vor- oder Nachteil einer Kleinstadt. Kommt drauf an, wie manâs nimmt.â
âMit Sarah an der Seite wäre es mir trotzdem lieber gewesen.â David grinst etwas gequält.
âLuke, Luuke.â Die dreizehnjährige Rory, ein groà gewachsenes Mädchen mit blitzenden blauen Augen und langen braunen Haaren, kommt in diesem Augenblick um die Ecke geschossen. Vorher war das Poltern von Stiefeln auf der altersschwachen Treppe zu hören, die zum Büro hochführt. Früher waren die eineinhalb Zimmer im ersten Stock eine Zeit lang sogar Lukes Wohnung. Doch seit er mit Lorelai verheiratet ist und eine Familie hat, stehen die Räumlichkeiten leer.
âMom hat gerade angerufen. Sie schafft es nicht rechtzeitig. Darum hole ich jetzt Vicky ab. Hi David. Hey SüÃe.â Rory hat den Tresen erreicht und wuselt jetzt um ihren Stiefvater herum.
âSuchst du etwas Bestimmtes? Vielleicht kann ich dir ja helfen?â
âDeinen Schlüssel. Meinen habe ich heute Morgen in der Hektik zu Hause liegen gelassen.â
âMoment.â Luke kramt unter seiner Schürze in der Hosentasche und zieht ein Bund vor, das Rory mehr als bekannt vorkommt. âMeine Schlüssel! Ich dachte, ich hätte sie vergessen.â
âHast du auch. Aber du bist die Tochter deiner Mutter. Es ist also genetisch veranlagt und nicht deine Schuld.â
âDu bist der Beste. Danke Luke.â Rory drückt ihm noch einen Kuss auf die Wange und ist auch schon zur Tür hinaus. Die Glocke über der Tür bimmelt lauthals Protest.
âIch sehe schon, du hast es auch nicht leicht.â David wirft noch einen Blick zur Tür und grinst dann Luke an. Der stellt ihm gerade die Teller mit dem Essen auf den Platz.
âIch liebe sie beide. Mehr als mein Leben. Trotzdem habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Victoria mehr nach mir kommt, als nach ihrer Mom.â
âWie auch immer. Wir haben Familien. Allein das ist es was zählt. Egal ob an guten Tagen oder Tagen voller Sorge. Na SüÃe schmeckt es dir?â David wendet sich seiner Tochter zu und steckt ihr eine Serviette in den Ausschnitt ihres Shirts. âHmpf.â Emily stopft sich noch ein Stück Pommes in den Mund und lächelt dann mit vollen Backen.
âJa, es ist mehr als offensichtlichâ, antwortet Luke daraufhin und gieÃt noch etwas Orangensaft nach.
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Emilys erste Woche im Kindergarten fliegt nur so dahin. Dazu ist es am Samstag endlich soweit. Sarah ist erst mal wieder über den Berg und darf Besuch empfangen. Also auch ihre Tochter.
âMommy, Mommy.â Wie ein Derwisch fegt Emily durchs Zimmer, kaum dass sie dieses mit David, Anthony und Jenny betreten hat. Die Worte ihres Vaters, vorsichtig zu sein, überhört sie einfach und klettert am FuÃende des Betts hoch. Bevor sie sich allerdings genauso stürmisch zum Kopfende vorarbeiten kann, hebt David sie hoch und stellt sie wieder auf dem Boden ab. âWas habe ich dir gesagt SüÃe?â fragt er im ernsten Tonfall und Emilys Unterlippe fängt sichtbar an zu zittern. Drei ganze Wochen musste sie ohne ihre Mom auskommen. Eine lange Zeit für ein so kleines Mädchen wie sie. Verständlich, dass sie den Ratschlag ihres Dad fast vergessen hat. âLangsam gehenâ, flüstert sie und sieht erst ihren Dad und dann ihre Mom an.
âGenau das.â Davids Gesichtszüge werden weicher. Aber was sein muss, muss sein. Also auch, dass Emily sich an bestimmte Regeln hält. âUnd jetzt los.â Er schmunzelt, als sie sich jetzt vorsichtig dem Bett nähert. Sarah hat diese kleine ErziehungsmaÃnahme stillschweigend verfolgt, sich jedoch nicht eingemischt. Was hat Emily davon, wenn ihr Dad hüh sagt und sie als ihre Mom hott.
âNa Prinzessin.â Sie rückt etwas zur Seite, damit Emily zur ihr aufs Bett klettern kann. Tony hilft ihr etwas dabei und endlich ist Sarah ihrer Tochter wieder ganz nah, als sie sie liebevoll in die Arme schlieÃt. âIch habe dich so vermisst.â
Emily ist da etwas zaghafter. âMommy tut das weh?â vorsichtig tippt sie an den Port, der aus Sarahs Brustkorb ragt. Dadurch, dass er mit einem kleinen Stopfen verschlossen ist, kann nichts passieren. âNein mein Schatz, das tut nicht weh.â
âDann kommst du mit uns nach Hause.â Eine logische Schlussfolgerung für Emily. Sarah schmunzelt. âIch bin bald wieder zu Hause, aber heute leider noch nicht.â
âOk.â
âNicht traurig sein. Erzähl mir lieber, wie es dir im Kindergarten gefällt.â
âGaanz toll.â Emily kuschelt sich neben Sarahs auf Bett und erzählt mit wachsender Begeisterung von den vielen neuen Eindrücken der Woche.
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Später, als Jenny und Tony Emily mit in die Cafeteria nehmen, um Kuchen zu holen, sind Sarah und David einige Minuten unter sich.
âDa hattet ihr ja eine aufregende Woche.â Sarah legt sich zurück in die Kissen und schlieÃt kurzzeitig die Augen. Mit ihrer physischen Verfassung ist es derzeit nicht weit her. Die Kraft ist viel zu schnell aufgebraucht und das nach nur einer guten Stunde Besuch ihrer Liebsten.
âAm Montag war es am aufregendsten. Und das nicht nur für Emily, aber wir haben uns eingespielt.â
âAch ja stimmt. Dein SpieÃrutenlauf zwischen den ganzen Damen.â Sarah grinst vor sich hin. âUnd bevor du fragst, Lorelai hat mich gestern besucht. Sie war am Vormittag in der Stadt und wollte Hallo sagen.â
âUnd das findest du witzig?â schmollt David.
âOh ja, das finde ich witzig, wenn mein Mann Hahn im Korb ist und sich unwohl dabei fühlt. Aber gib es zu, du hast es genossen.â
âBei Emilys groÃen Tag dabei zu sein. Auf jeden Fall. Allerdings nicht unbedingt unter lauter Müttern als einziger Mann. Aber ich habe es überlebt, wie du siehst.â Jetzt muss auch David schmunzeln. Er rutscht auf der Bettkante noch etwas näher an Sarah heran und legt seinen Kopf an ihren. Mit einer Hand stützt er sich etwas ab, die andere wandert zärtlich über ihren Arm. Rauf und runter.
âHat Eliza dich eigentlich schon angerufen?â fragt er schlieÃlich in die Stille hinein. Sarah öffnet die Augen und sieht ihren Freund fragend und etwas ängstlich an. âNein, wieso, ist was passiert?â
âNichts Schlimmes.â David zögert kurz.
âAber?â
âJames Tour wurde noch mal verlängert. Jetzt bis Ende April.â
âAls ob die zwei Monate mit der ersten Verlängerung nicht ausreichen würden.â Sarah schüttelt den Kopf und ist ein ums andere Mal froh, dass das halbe Jahr, in denen sie getrennt lebten, schon lange hinter ihnen liegt. âWie hat Eliza es aufgenommen.â
âDas kann ich dir nicht ganz genau sagen. Als sie gestern Nachmittag mit Jean da war und mir davon erzählte, wirkte sie ziemlich gefasst. Aber du kennst ja Liz. Nach auÃen hin Gefühle zeigen ist nicht immer ihr Ding. In ihrem Inneren sieht es wahrscheinlich trotzdem chaotisch aus. Und ich dachte, sie hätte dich mittlerweile angerufen.â
âNein, seit unserem Gespräch gestern Mittag war das Telefon stumm. Allerdings habe ich auch fast in einem Ruck durchgeschlafen. Bis auf die Mahlzeiten und die ständigen Störungen durch die Schwestern.â Sarah rollt etwas genervt mit den Augen.
âDas Essen ist wichtig, damit du wieder zu Kräften kommst.â
âJa ich weiÃâ, sie seufzt. âAber bei all den ach so tollen Medikamenten, vergeht mir meist der Appetit. AuÃerdem habe ich den Eindruck, dass die Tabletten, Infusionen und die ganzen anderen Nettigkeiten immer weniger helfen. Ich habe es so satt.â Schon wieder kämpft Sarah mit den Tränen und schnieft kurz, bevor sie weiter spricht. âJedes Mal bin ich länger hier und die Abstände werden immer kürzer.â
âUnd was sagt der Professor?â
âIch soll mich gedulden, immer einen Schritt nach dem nächsten gehen und versuchen positiv zu denken. Nur fällt mir das nicht gerade leicht, wenn ich das alles hier sehe.â
âHmm.â David weià nicht so recht, was er darauf antworten soll. Der Höhenflug der letzten Jahre, wo es Sarah maximal einmal im Jahr erwischt hat, sind vorbei. Sie sind wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Leider ziemlich unsanft. Erst recht, seitdem der Professor Sarah auf die Transplantationsliste gesetzt hat. Der Countdown läuft. Ob sie es wollen oder nicht. Irgendwann in nicht allzu langer Zeit wird eine Entscheidung fällig. âHast du dir schon überlegt, ob du die Transplantation wirklich willst, wenn es sein muss?â
Die Frage steht wie eine dichte Wolke über ihnen im Raum und Sarah überlegt ziemlich lange, bevor sie darauf antwortet. Es zumindest versucht. âIch habe Angst. Angst vor dem Schritt überhaupt. Ich meine, wenn ich es nicht versuche, dann ist alles verloren. Doch wenn diese OP schief geht, gibt es genauso wenig ein Zurück. Alles oder nichts?â
âJa, ja so sieht es aus.â Zärtlich küsst er Sarah auf die Schläfe und flüstert dann leise. âEgal wie du dich entscheidest, ich werde es akzeptieren und wir stehen das dann gemeinsam durch.â
âDanke. Ich liebe dich David.â
âNicht dafür. Ich liebe dich auch mein Sonnenschein.â David setzt mit den Streicheleinheiten fort und nach wenigen Minuten hört er Sarah regelmäÃig atmen. Ein gutes Zeichen in doppelter Hinsicht. Sie schläft und ruht sich aus und die Medikamente schlagen langsam an. Sie bekommt genug Luft auch ohne Sauerstoffsonde.
°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°
Die Ruhe dauert allerdings nicht lang an, denn wenig später sind die Einkäufer zurück. Stolz wie Oskar, trotzdem äuÃerst vorsichtig, trägt Emily einen Teller mit verschiedenen Stück Kuchen vor sich her.
âEntschuldigt, dass ihr so lange warten musstet, aber Emily konnte sich einfach nicht entscheiden. Von wem sie das wohl hat?â grinst Tony und stellt das Geschirr, welches er sich aus dem Aufenthaltsraum der Station entwendet hat, auf den kleinen Tisch. Der gehört neben einer Couch, einem Sessel und zwei Stühlen zur Einrichtung des Zimmers.
âNa von mir bestimmt nicht. Das muss am Geschlecht liegen. Oder hast du schon mal mitgekriegt, dass alle weiblichen Wesen ewig und drei Tage vor dem Kleiderschrank stehen. Sich entweder nicht entscheiden können oder das andere Extrem, sie behaupten, sie hätten nichts anzuziehen.â
Tony grinst und David fängt sich einen gespielt bösen Blick von Sarah ein. âNa was denn habe ich nicht recht?â tut er unwissend. Trotzdem bringt er sich lieber erst mal in Sicherheit und schenkt Kaffee ein. Dazu ein Stück Kuchen auf den Teller. Jenny hilft Sarah derweil aus dem Bett in den Rollstuhl. So können sie es sich gemeinsam in der kleinen Sitzecke gemütlich machen.
Beim Essen fragt Tony plötzlich. âHast du Sarah schon von dem Brief erzählt?â
âWas für ein Brief?â Sarah stellt ihre Tasse ab. Sie ist neugierig, muss sich jedoch gedulden, weil David gerade ein Stück Kuchen isst. Als er runtergeschluckt hat, steht er auf und geht zum Bett. Dort liegt sein Mantel, aus dessen Tasche David einen Umschlag hervor holt. âDas habe ich fast vergessenâ, murmelt er und überreicht das Schreiben darin Sarah.
Sie sieht nur auf den Briefkopf und bekommt groÃe Augen. âVon der Adoptionsbehörde? Ich dachte das würde sonst wie lange dauern?â
âJa ich was selbst ganz erstaunt. Sie wollen uns sprechen. Zumindest steht da drin, dass wir bei einer gewissen Miss Adrian einen Termin vereinbaren sollen. â
âHmm.â Sarah liest sich den Brief, der nur aus wenigen Zeilen besteht, selbst durch. Dann dreht sie ihn einmal in ihren Händen und faltet ihn schlieÃlich wieder zusammen. âSchon komisch, es steht wirklich nur die Bitte um Terminvereinbarung drin, nichts weiter.â
âMummy, was ist das?â Emily ist von der Couch hoch gesprungen und steht jetzt neben dem Rollstuhl. Neugierig reckt sie ihren Kopf, wird aber nicht zufrieden gestellt, da Sarah das Blatt Papier mittlerweile an David zurückgegeben hat.
âEin Brief für Daddy und mich.â Sie nimmt ihre Tochter hoch und setzt sie auf ihren Schoss. âSag mal, was möchtest du lieber haben, ein Brüderchen oder ein Schwesterchen?â
âEinen Hundâ, kommt es von Emily wie aus der Pistole geschossen. Alle lachen und sie selbst grinst ebenfalls in die Runde. Als einziges Kind hier im Raum, ist ihr die Aufmerksamkeit, die sie von allen Seiten bekommt, zwar nicht bewusst aber unbewusst im Klaren. Alle Augen sind auf sie gerichtet. Das muss ausgenutzt werden. Auch wenn es natürlich klare Grenzen gibt.
âAber wir haben doch schon einen Hund mein Schatzâ, versucht Sarah es erneut. âTrotzdem.â Emily grinst noch immer, klettert dann jedoch vom Schoss und kuschelt sich wieder auf die Couch zwischen ihre GroÃeltern.
âIch würde sagen, wartet erst mal ab, was bei dem Gespräch mit der Adoptionsbehörde rauskommt. Alles andere wird sich dann zeigen.â Tony bringt es auf den Punkt. Denn Spekulieren bringt zu diesem Zeitpunkt gar nichts.
Als sich die Besuchszeit zwei Stunden später dem Ende nähert, ist Sarah einerseits traurig, dass sie wieder allein ist bis zu nächsten Tag. Sie muss sich allerdings auch eingestehen, ihre Kraft ist aufgebraucht. Müde und erschöpft liegt sie in ihren Kissen und schläft fast ein, als David sich von ihr verabschieden muss. Am liebsten würde er hier bleiben, aber Emily braucht ihn auch. Er muss seine Freundin zurück lassen.
âBrauchst du noch was?â fragt er deshalb und löst sich aus ihrer Umarmung. âWie immer sehr widerwillig.â
âNein, es ist alles in Ordnung, ich brauche nichts. Gib Emily nachher einen Gute-Nacht-Kuss von mir.â
âOk, das mach ich. Schlaf gut. Ich bin morgen Abend wieder bei dir.â Er küsst Sarah ein letztes Mal zärtlich, spürt ihre warmen, weichen Lippen auf den seinen. Dann geht er schweren Herzens runter zum Parkplatz. Dort warten Tony und Jenny schon mit Emily auf ihn. Zeit für die Heimfahrt.