07.09.2007, 23:54
So ohne viel Drumherum, es geht weiter.
Teil 58
Ein junger Mann mit tiefschwarzen Haaren sitzt dort und spielt ein klassisches Stück, das Sarah als Schwanensee wieder erkennt. Eine junge Frau mit braunen kinnlangen Haaren steht daneben und dreht sich in dem Augenblick zu Sarah um.
âGuten Abend.â Sarah tritt einen Schritt näher.
âDarf ich fragen, wer sie sind? Wie Einbrecher sehen sie nicht gerade aus.â
âTut mir leid. Wir wollten niemanden stören oder erschrecken.â Jetzt steht auch der junge Mann auf.
âDawn war der Meinung, wir könnten in der Wohnstube warten, während sie einige Sachen zusammenpackt. Wir dachten es wäre niemand hier, da sie uns erzählte, ihre Eltern wären im Urlaub. Aber entschuldigen sie mein Benehmen. Mein Name ist Dean Lengcaster und das ist meine Frau Teresa. Wir arbeiten mit Dawn zusammen für die gleiche Zeitung.â
âNett sie kennen zu lernen. Ich heiÃe Sarah Hemmingwell und bin Dawns Schwester. Das ist meine jüngste Tochter Hannah.â
Sie reicht den beiden die Hand ehe sie sich zu dritt auf die Couch bzw. den Sessel setzen.
âSagte Dawn nicht mal, sie wäre Einzelkind?â fragt Dean nach.
âBis vor zehn Jahren war das auch so. Damals wurden ihre Mutter und unser Vater ein Paar und seitdem hat sie zwei Schwestern und einen Bruder. Das mit dem Urlaub stimmt allerdings. Mein Dad ist Engländer und besucht meist ein Mal im Jahr seine Eltern in Bath.â
Mitten in die kleine Unterhaltung kommt Dawn die Treppe runter. Eine groÃe Sporttasche über der Schulter, die sie im Flur abstellt und den Stimmen im Wohnzimmer folgt.
âHallo Sarah, du bist ja zu Haus?â Dawn umarmt ihre Schwester und setzt sich dann neben sie auf den Hocker.
âWo sollte ich sonst sein?â
âDer Jeep steht nicht in der Einfahrt. Also dachte ich, ihr seid noch unterwegs.â
âDavid holt für mich eine neue Sauerstoffflasche. Das Medical-Center hat meine Bestellung von heute Morgen scheinbar versiebt. Du müsstest ihm begegnet sein. Er ist noch nicht lange weg.â
Dawn schüttelt den Kopf. âMir ist nichts aufgefallen. Allerdings weià ich zurzeit eh nicht, wo mir der Kopf steht.â
Sie steht wieder auf und tut einige Schritte durchs Wohnzimmer.
âHey Dawn was hast du denn? Sarah zieht ihre Stiefschwester zurück auf den Platz neben sich.
âHast du dich mit Matt verkracht?â
âWenn es das wäre, würde ich meine Sachen jetzt aus- und nicht einpacken. Aber es hat mit Matt zu tun.â
Dawn atmet einmal tief durch, ehe sie zu erzählen beginnt.
Seit gestern Morgen liegt Matt im Krankenhaus. Er schleppt sich ja schon länger mit Fieber und einer Erkältung durch den Alltag, aber gestern früh war er kaum noch ansprechbar. Da habe ich Angst gekriegt und den Uni-Notdienst verständigt. Sie haben ihn gleich mitgenommen und untersuchungsmäÃig auf den Kopf gestellt. Bisher ohne Erfolg. Heute Morgen sah er schon wieder besser aus und war ganz munter, aber ich habe Angst, dass mehr dahinter steckt, als nur eine läppische Grippe.â
âUnd jetzt, willst du noch zu ihm?â
âNein erst morgen. Ich habe mir einen Tag frei genommen. Dean und Teresa waren so nett, mich her zu fahren, damit ich die Klamotten wechseln kann. Doch wenn ich es mir so überlege, erwartet mich im Studentenwohnheim ein leeres Zimmer. Matt hat keinen Mitbewohner.â
âDann bleib hier. Wir unterhalten uns noch etwas und ich fahre dich morgen Vormittag in die Stadt. AuÃerdem würde Jenny sich bestimmt freuen, mal wieder deine Stimme zu hören. Sie rufen zur Zeit jeden Morgen an.â
âUnd du Hannah, möchtest du auch, dass ich bleibe?â
Das Baby quittiert die Frage mit einem Lächeln und streckt Dawn ihre Ãrmchen entgegen.
âIch glaube das ist eindeutig.â Sarah gibt Hannah an Dawn weiter, die erfreut anfängt mit den Haaren ihrer Tante zu spielen.
âDann werden wir mal fahrenâ, meldet sich Dean zu Wort und steht auf.
âIch bringe euch noch zur Tür.â Dawn erhebt sich ebenfalls und begleitet Dean und Teresa nach drauÃen, während Sarah den Weg ins Dachgeschoss antritt.
âDanke noch mal, dass ihr mich gefahren habt.â Vorsichtig umarmt Dawn erst Teresa und dann Dean. Sie trägt immer noch Hannah vor sich her.
âKeine Ursache. Ist doch schön, dass du heute Abend nicht allein bist und deine Schwester so hilfsbereit.â
âJa Sarah ist wirklich die beste.â
âAber es scheint ihr nicht besonders gut zu gehenâ, spricht Teresa ihre Gedanken laut aus.
âSarah hat einen schweren Lungenschaden. Vor zehn Jahren, als wir uns kennen lernten, brauchte sie nur ab und zu mal Sauerstoff, z.B. bei einer Lungenentzündung. Seit Hannahs Geburt kommt sie nicht mehr ohne aus. Und wenn nicht ein Wunder geschieht, wird sie ihren 27. Geburtstag nicht mehr erleben. Seit fast zwei Jahren steht sie auf der Spenderliste für eine neue Lunge an vorderster Stelle. Bis jetzt hat sich noch nichts getan. Doch der Tag X rückt immer näher, unaufhaltsam und endgültig.â
Traurig schaut Dawn dabei auf die kleine Hannah. Das Baby ist inzwischen in ihren Armen eingeschlafen und nuckelt zufrieden an ihrem Daumen.
âNicht wahr meine SüÃe, wir werden das Kind schon schaukeln.â
âDann wünschen wir euch alles Gute und macht euch noch einen schönen Abend.â
Teresa und Dean steigen ins Auto ein und fahren die Auffahrt runter. Dawn schaut den beiden nach, bis die Rücklichter hinter der nächsten Biegung verschwunden sind. Von der anderen Seite fährt David mit dem Jeep vor und parkt in der Auffahrt. Er winkt Dawn heran.
âHallo Schwägerin. Was machst du denn hier?â
Dawn grinst bei dieser Anrede. âIst ne lange Geschichte. Erzähle ich dir später. Hast du was für Sarah gekriegt?â
âJa aber nur zwei kleine Patronen für den Lindy Walker. Mehr hatten sie nicht mehr vorrätig. Hilfst du mir tragen?â
David steigt mit schmerzverzerrtem Gesicht aus und öffnet den Kofferraum.
âDie Teile sind zwar nicht besonders schwer, aber mir reicht es für heute.â
Dawn hebt prüfend eine Sauerstoffpatrone hoch. âJa das geht. Nimmst du Hannah und ich die Patronen.â
âWenn du meinst. Danke.â
David legt sich seine Tochter in die linke Armbeuge, damit er mit rechts den Wagen abschlieÃen kann.
âUnd wie viele Schmerztabletten hast du heute schon genommen?â fragt Dawn ihren Schwager in Spe auf dem Weg ins Haus.
âWillst du das wirklich wissen?â
Dawn nickt.
âHeute Morgen eine mit 150 mgr. Und vorhin noch mal 100 mgr. Aber die letzte Tablette hat noch nicht angeschlagen.â
âDir ist aber klar, dass du mit dieser Dosis im Blut nicht mehr Auto fahren dürftest.â
âWas soll ich machen. Ohne Sauerstoff hält Sarah die Nacht nicht durch.â
âVielleicht solltest du mal wieder zur Physiotherapie gehen.â
âGute Idee und wer hält hier solange die Stellung?â
âWenn du willst, komme ich morgen Nachmittag wieder her und du vereinbarst einen Termin in der Klinik. Und das nächste Mal, wenn was sein sollte, rufst du gleich an. Wozu habe ich schlieÃlich meine Telefonnummer aus Matts Wohnung hier gelassen. Ich frage mich ohnehin, wie das laufen soll, wenn in drei Wochen die Schule wieder beginnt.â
âFrag mich was Leichteres. Darüber zerbreche ich mir den Kopf, wenn es soweit ist. AuÃerdem sind Tony und deine Mutter dann auch wieder da. Es wird schon schief gehen.â
âWas wird schief gehen?â Die letzten Worte hat Sarah gehört, da David und Dawn inzwischen das Dachgeschoss erreicht haben.
âWie das wird, wenn ich wieder arbeiten muss.â
âEmily geht in den Kindergarten und mit Hannah komme ich schon klar. Ehe sie anfängt mit laufen, dauert es noch etwas.â Sarah nimmt ihre Tochter wieder an sich. Das Fläschchen wartet, inzwischen richtig temperiert, auf sie.
Während Hannah im Halbschlaf ihre Milch trinkt, erzählt Dawn David noch einmal den Grund ihres Hier seins.
âUnd als Sarah mir anbot, mich morgen in die Stadt zu fahren, bin ich natürlich gern geblieben.â
âWeià Eliza schon von deiner noblen Geste?â fragt er daraufhin Sarah.
âNoch nicht. Sobald Hannah ihr Bäuerchen gemacht hat, rufe ich sie an.â
Wie auf Kommando tut das Baby selbiges, spuckt aber auch einen Teil der Milch wieder aus.
âAch SüÃe, waren die Augen wieder gröÃer als der Magen.â Sarah wischt Hannah vorsichtig über den Mund und nimmt ihr dann das bespuckte Lätzchen ab.
âSo jetzt bist du fertig fürs Bett.â
âDarf ich sie schlafen legen?â Dawn steht vor ihrer Schwester und schaut sie bittend an.
âIch komme ja sonst nicht dazu.â
âVon mir aus.â Sarah übergibt Hannah an Dawn.
âDavid gehst du mit? Zeig Dawn, wo sie den Schlafsack für Hannah findet.â
âNa klar.â Die beiden verschwinden im Kinderzimmer und unterhalten sich dabei weiter, während Sarah mit Eliza telefoniert.
âSag mal, habt ihr mal an eine Hilfskraft gedacht?â
âMeinst du eine Krankenschwester?â
âIch glaube das wird Sarah nicht zulassen. Aber schau, ich kann meine Arbeitsstelle nicht einfach wie ich will verlassen. Und bei Anthony, Mom und dir ist das nur bedingt möglich. Ich dachte an ein Au-Pair Mädchen. Habt ihr vor eineinhalb Jahren nicht für Ben und Anny schon mal eine Austauschschülerin besorgt?â
âJa für sechs Monate, aber weiÃt du, was das gekostet hat. Wir haben damals alle zusammengelegt und wussten, dass es nicht für immer ist. Aber bei uns?â
âGerade deshalb. Auch wenn ihr nicht darüber redet. Wie es auch kommt, irgendwann brauchst du Hilfe bei der Erziehung der Mädchen. Denn einfach deinen Job aufgeben, könnt ihr euch nicht leisten.â
âIch werde mit Sarah darüber reden, aber ich weià schon jetzt, dass sie nicht begeistert sein wird.â
âAber ein Versuch ist es wert.â Dawn lässt nicht locker bis David ergeben nickt.
âOk, ok. Aber nicht mehr heute Abend. Sarah ist ziemlich geschafft. Das Wetter setzt ihr mehr zu als gedacht.â
âSchon klar.â Dawn deckt ihre kleine Nichte mit einer dünnen Decke zu und knipst dann das Nachtlicht an.
âUnd wie lange wird sie jetzt schlafen.â Fragt Dawn nach, während sie den kleinen Engel im Halbdunkel verzückt betrachtet. Hannah hat schon jetzt eindeutige Züge von Sarah und ihre grünen Augen, während Emily sie immer mit Davids braunen Augen anschaut.
âWenn wir Glück haben so um Mitternacht und dann noch mal um vier. Ansonsten einmal öfter. Vielleicht schaffen wir es bis zum Schulanfang, dass sie durchschläft. Zumindest von Mitternacht bis sechs oder sieben. Dann könnte ich sie weiterhin versorgen und wäre morgens nicht so gerädert. Langsam kann ich nachvollziehen, wie anstrengend so ein Baby ist. Als Emily damals so alt war, war ich ja nur am Wochenende hier.â
David lächelt bei dem Gedanken, dass seine älteste Tochter inzwischen fast fünf Jahre alt ist.
âDich leihe ich mir glatt mal aus, wenn es bei Matt und mir soweit ist.â Zieht Dawn ihren Schwager in Spe auf, beschwichtigt jedoch gleich, als sie sein entsetztes Gesicht sieht.
âKeine Angst, wir wissen beide, wie man keine Kinder bekommt. Vielleicht in einigen Jahren aber jetzt garantiert nicht.â
âDann bin ich ja beruhigt. Lass uns sehen, was Sarah macht.â
Dawn ist einverstanden und folgt David zurück ins Wohnzimmer. Dort wartet auf sie eine Kanne Eistee und Knabbereien, die Sarah zwischenzeitlich vorbereitet hat.
âSchöne GrüÃe von Eliza. Sie nimmt dich morgen gern mit. Alles andere hätte mich auch gewundertâ, fügt sie hinzu und grinst David triumphierend von der Seite an.
âTrotzdem ist es ganz gut, dass sie Bescheid weiÃ.â So leicht gibt sich David nicht geschlagen, freut sich aber im geheimen über jede Kleinigkeit von Normalität in ihrer jetzigen Situation. Selbst wenn es um solche Banalitäten geht.
Den Rest des Abends hören sie Dawn gespannt zu, was sich bei ihr in den vergangenen Tagen getan hat.
°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°
Früh am nächsten Morgen klingelt, wie jeden Tag seit einer Woche, das Telefon. Als Dawn, in der Küche gerade mit Kaffee kochen beschäftigt, abnimmt, ist es einen Moment still in der Leitung.
âHallo, ist jemand dran?â
âHey Krümelâ, ertönt es plötzlich. âMit dir habe ich ja gar nicht gerechnet.â
Dawn grinst.
âHi Tony. Sarah und David haben mich schon vorgewarnt, dass ihr zu einer unchristlichen Uhrzeit anrufen würdet.â
âDu bist wach. Also ist es mindestens acht Uhrâ, pariert Tony am anderen Ende und streckt sich auf der Couch aus.
âNicht ganz, aber ich habe versprochen das Frühstück vorzubereiten.â
âDann will ich dich auch gar nicht länger von der Arbeit abhalten. Kannst du mir Sarah oder David mal geben?â
âJa klar. Aber vorher will dich noch jemand sprechen.â Dawn reicht den Hörer an Emily weiter, die erwartungsvoll neben ihrer Tante steht.
âHallo Grandpaâ, piepst sie noch etwas verschlafen, aber fröhlich in die Sprechmuschel. âDie Sonne scheint heute ganz doll und ich bin schon auf und fahre nachher mit Mommy und Tante Eliza und Jeany weg.â Emily ist kaum zu bremsen, redet ohne Punkt und Komma.
Von wem sie das wohl hat? Schmunzelt Tony in Bath, lässt seine Enkelin aber erst mal ausreden.
âDa habt ihr ja heute richtig was vor. Könntest du mir trotzdem mal deinen Daddy geben?â
âJa.â Zum dritten Mal wird der Telefonhörer weiter gereicht. Diesmal an David, der Hannah fertig angezogen hat und gerade mit ihr das Wohnzimmer betritt.
âHannigan?â
âGuten Morgen David. Bei euch ist am frühen Morgen ja schon richtig was los.â
âHallo Tony. Hannah hält uns ziemlich auf Trab.â
âUnd sonst, alles in Ordnung. Gehtâs Sarah gut?â
âMhm. Du weiÃt ja wie es aussieht. Ihr Zustand hat sich nicht verschlechtert, aber besser geworden ist er auch nicht. Trotzdem fährt sie nachher mit Eliza und den Kids nach Boston, bzw. Liz holt sie ab. Ich würde sie am liebsten gar nicht los lassen, aber ich glaube Sarah fällt hier langsam die Decke auf den Kopf und etwas Abwechslung kann nicht schaden.â
âGlaube ich auch. Alles was Sarah sich selbst zutraut, sollten wir ihr auch zugestehen. Wer weiÃ, wie lange sie noch die Kraft dazu aufbringen kann.â
âDu hast sich er Recht. Ich habe einfach nur Angst, dass unterwegs etwas passiert und ich nicht da bin, um ihr zu helfen. Diese Vorstellung mach mich verrückt.â
âJa los lassen ist das Schwerste. Die Angst überwinden und dabei nicht durchdrehen. Vielleicht braucht ihr auch einfach nur mal Zeit für euch allein. Ohne Kinder und dem ganzen Alltagsstress. Wo ihr einfach ihr selbst sein könnt. Ohne Schnörkel und Verbiegungen.â
âUnd wie stellst du dir das vor? Hannah ist zu klein und welch schwierige Phase Emily gerade durchmacht, ist dir auch bekannt.â
âEs muss ja nicht gleich sein. Aber ich habe eine Idee. Wir sprechen noch mal drüber, wenn ich wieder da bin.â
âIst gut. GenieÃt euren Urlaub noch.â
âJa grüà Sarah von uns. Bis dann. Bye.â
David legt das Telefon auf dem Wohnzimmertisch ab und geht, immer noch Hannah auf dem Arm, in die Küche. Emily hilft dort beim dekorieren der Frühstücksteller. Zu dem Rührei gibt es Toast und frische Tomaten, die das kleine Mädchen eifrig verteilt.
âSchau mal Daddy. Tante Dawn kocht und ich darf helfenâ, grinst sie und zeigt dabei ihre erste Zahnlücke.
âDas machst du ganz toll, mein Schatz.â David schaut ihnen über die Schulter, stibitz sich flink ein Stück Tomate und legt dann seine Tochter in den Stubenwagen, um die Hände zum Tischen decken, frei zu haben.
Hannah ist davon alles andere als begeistert und testet ihre Stimme aus. Das ruft Sarah auf den Plan, die bis jetzt noch geschlafen und nun mit verwuschelten Haaren und in Pyjama das Wohnzimmer betritt.
âHey SüÃe, was hast du denn?â Sie stellt ihren Lindy Walker ab und beugt sich zu ihrer Tochter runter.
âIhr ist wahrscheinlich nur langweilig. Sie beruhigt sich schon wieder.â
âVielleicht hat sie Hunger, oder ihr tut etwas weh.â Sarah ist nicht wirklich überzeugt und befühlt vorsichtig Hannahs Stirn. Ohne Ergebnis.
âSie hat ihre Milch getrunken, ein Bäuerchen gemacht und war solange ruhig, wie ich sie durch die Gegend getragen habe. Nicht wahr Hannah?â David wirft einen Blick auf seine Tochter.
âDu weiÃt genau, wie man Mommy und Daddy um den kleinen Finger wickelt.â Hannah lächelt zustimmend. Die Tränen sind fast vergessen.
âAber jetzt bleibst du hier drin und wir essen erst mal in aller Ruhe. Es ist angerichtet My Ladyâ Dabei nimmt David Sarah sanft in den Arm und küsst sie erst auf die Stirn, dann auf die Nase und zum Schluss auf den Mund. Ein liebevolles tägliches Ritual.
âNa gut. Dann bekommst du deinen Plüschelefanten und ich zieh die Spieluhr auf. Das dürfte zur Unterhaltung reichen.â
âGute Idee. Vielleicht schläft sie dann noch ne Runde.â
âWieso, seit wann ist Hannah wach?â Sarah nimmt ihrem Freund die Kaffeekanne aus der Hand und stellt sie auf den Tisch, während dieser die vergessene Milch aus der Küche holt.
âWenn manâs genau nimmt, seit sechs. Da hat sie ihre Flasche gekriegt und ist fast wieder eingeschlafen, als Emily dazu kam. Putzmunter. Zumindest hat sie das behauptet. Also habe ich seit sieben Märchen vorgelesen.â
âDann kannst du wirklich noch etwas Schlaf vertragen Prinzessin.â Sarah richtet einen letzten Blick in den Stubenwagen, wo Hannah inzwischen mit wachsender Begeisterung auf dem Ohr des Elefanten herum kaut und geht dann langsam zur Essecke. Das Frühstück wartet.
TBC..?
Teil 58
Ein junger Mann mit tiefschwarzen Haaren sitzt dort und spielt ein klassisches Stück, das Sarah als Schwanensee wieder erkennt. Eine junge Frau mit braunen kinnlangen Haaren steht daneben und dreht sich in dem Augenblick zu Sarah um.
âGuten Abend.â Sarah tritt einen Schritt näher.
âDarf ich fragen, wer sie sind? Wie Einbrecher sehen sie nicht gerade aus.â
âTut mir leid. Wir wollten niemanden stören oder erschrecken.â Jetzt steht auch der junge Mann auf.
âDawn war der Meinung, wir könnten in der Wohnstube warten, während sie einige Sachen zusammenpackt. Wir dachten es wäre niemand hier, da sie uns erzählte, ihre Eltern wären im Urlaub. Aber entschuldigen sie mein Benehmen. Mein Name ist Dean Lengcaster und das ist meine Frau Teresa. Wir arbeiten mit Dawn zusammen für die gleiche Zeitung.â
âNett sie kennen zu lernen. Ich heiÃe Sarah Hemmingwell und bin Dawns Schwester. Das ist meine jüngste Tochter Hannah.â
Sie reicht den beiden die Hand ehe sie sich zu dritt auf die Couch bzw. den Sessel setzen.
âSagte Dawn nicht mal, sie wäre Einzelkind?â fragt Dean nach.
âBis vor zehn Jahren war das auch so. Damals wurden ihre Mutter und unser Vater ein Paar und seitdem hat sie zwei Schwestern und einen Bruder. Das mit dem Urlaub stimmt allerdings. Mein Dad ist Engländer und besucht meist ein Mal im Jahr seine Eltern in Bath.â
Mitten in die kleine Unterhaltung kommt Dawn die Treppe runter. Eine groÃe Sporttasche über der Schulter, die sie im Flur abstellt und den Stimmen im Wohnzimmer folgt.
âHallo Sarah, du bist ja zu Haus?â Dawn umarmt ihre Schwester und setzt sich dann neben sie auf den Hocker.
âWo sollte ich sonst sein?â
âDer Jeep steht nicht in der Einfahrt. Also dachte ich, ihr seid noch unterwegs.â
âDavid holt für mich eine neue Sauerstoffflasche. Das Medical-Center hat meine Bestellung von heute Morgen scheinbar versiebt. Du müsstest ihm begegnet sein. Er ist noch nicht lange weg.â
Dawn schüttelt den Kopf. âMir ist nichts aufgefallen. Allerdings weià ich zurzeit eh nicht, wo mir der Kopf steht.â
Sie steht wieder auf und tut einige Schritte durchs Wohnzimmer.
âHey Dawn was hast du denn? Sarah zieht ihre Stiefschwester zurück auf den Platz neben sich.
âHast du dich mit Matt verkracht?â
âWenn es das wäre, würde ich meine Sachen jetzt aus- und nicht einpacken. Aber es hat mit Matt zu tun.â
Dawn atmet einmal tief durch, ehe sie zu erzählen beginnt.
Seit gestern Morgen liegt Matt im Krankenhaus. Er schleppt sich ja schon länger mit Fieber und einer Erkältung durch den Alltag, aber gestern früh war er kaum noch ansprechbar. Da habe ich Angst gekriegt und den Uni-Notdienst verständigt. Sie haben ihn gleich mitgenommen und untersuchungsmäÃig auf den Kopf gestellt. Bisher ohne Erfolg. Heute Morgen sah er schon wieder besser aus und war ganz munter, aber ich habe Angst, dass mehr dahinter steckt, als nur eine läppische Grippe.â
âUnd jetzt, willst du noch zu ihm?â
âNein erst morgen. Ich habe mir einen Tag frei genommen. Dean und Teresa waren so nett, mich her zu fahren, damit ich die Klamotten wechseln kann. Doch wenn ich es mir so überlege, erwartet mich im Studentenwohnheim ein leeres Zimmer. Matt hat keinen Mitbewohner.â
âDann bleib hier. Wir unterhalten uns noch etwas und ich fahre dich morgen Vormittag in die Stadt. AuÃerdem würde Jenny sich bestimmt freuen, mal wieder deine Stimme zu hören. Sie rufen zur Zeit jeden Morgen an.â
âUnd du Hannah, möchtest du auch, dass ich bleibe?â
Das Baby quittiert die Frage mit einem Lächeln und streckt Dawn ihre Ãrmchen entgegen.
âIch glaube das ist eindeutig.â Sarah gibt Hannah an Dawn weiter, die erfreut anfängt mit den Haaren ihrer Tante zu spielen.
âDann werden wir mal fahrenâ, meldet sich Dean zu Wort und steht auf.
âIch bringe euch noch zur Tür.â Dawn erhebt sich ebenfalls und begleitet Dean und Teresa nach drauÃen, während Sarah den Weg ins Dachgeschoss antritt.
âDanke noch mal, dass ihr mich gefahren habt.â Vorsichtig umarmt Dawn erst Teresa und dann Dean. Sie trägt immer noch Hannah vor sich her.
âKeine Ursache. Ist doch schön, dass du heute Abend nicht allein bist und deine Schwester so hilfsbereit.â
âJa Sarah ist wirklich die beste.â
âAber es scheint ihr nicht besonders gut zu gehenâ, spricht Teresa ihre Gedanken laut aus.
âSarah hat einen schweren Lungenschaden. Vor zehn Jahren, als wir uns kennen lernten, brauchte sie nur ab und zu mal Sauerstoff, z.B. bei einer Lungenentzündung. Seit Hannahs Geburt kommt sie nicht mehr ohne aus. Und wenn nicht ein Wunder geschieht, wird sie ihren 27. Geburtstag nicht mehr erleben. Seit fast zwei Jahren steht sie auf der Spenderliste für eine neue Lunge an vorderster Stelle. Bis jetzt hat sich noch nichts getan. Doch der Tag X rückt immer näher, unaufhaltsam und endgültig.â
Traurig schaut Dawn dabei auf die kleine Hannah. Das Baby ist inzwischen in ihren Armen eingeschlafen und nuckelt zufrieden an ihrem Daumen.
âNicht wahr meine SüÃe, wir werden das Kind schon schaukeln.â
âDann wünschen wir euch alles Gute und macht euch noch einen schönen Abend.â
Teresa und Dean steigen ins Auto ein und fahren die Auffahrt runter. Dawn schaut den beiden nach, bis die Rücklichter hinter der nächsten Biegung verschwunden sind. Von der anderen Seite fährt David mit dem Jeep vor und parkt in der Auffahrt. Er winkt Dawn heran.
âHallo Schwägerin. Was machst du denn hier?â
Dawn grinst bei dieser Anrede. âIst ne lange Geschichte. Erzähle ich dir später. Hast du was für Sarah gekriegt?â
âJa aber nur zwei kleine Patronen für den Lindy Walker. Mehr hatten sie nicht mehr vorrätig. Hilfst du mir tragen?â
David steigt mit schmerzverzerrtem Gesicht aus und öffnet den Kofferraum.
âDie Teile sind zwar nicht besonders schwer, aber mir reicht es für heute.â
Dawn hebt prüfend eine Sauerstoffpatrone hoch. âJa das geht. Nimmst du Hannah und ich die Patronen.â
âWenn du meinst. Danke.â
David legt sich seine Tochter in die linke Armbeuge, damit er mit rechts den Wagen abschlieÃen kann.
âUnd wie viele Schmerztabletten hast du heute schon genommen?â fragt Dawn ihren Schwager in Spe auf dem Weg ins Haus.
âWillst du das wirklich wissen?â
Dawn nickt.
âHeute Morgen eine mit 150 mgr. Und vorhin noch mal 100 mgr. Aber die letzte Tablette hat noch nicht angeschlagen.â
âDir ist aber klar, dass du mit dieser Dosis im Blut nicht mehr Auto fahren dürftest.â
âWas soll ich machen. Ohne Sauerstoff hält Sarah die Nacht nicht durch.â
âVielleicht solltest du mal wieder zur Physiotherapie gehen.â
âGute Idee und wer hält hier solange die Stellung?â
âWenn du willst, komme ich morgen Nachmittag wieder her und du vereinbarst einen Termin in der Klinik. Und das nächste Mal, wenn was sein sollte, rufst du gleich an. Wozu habe ich schlieÃlich meine Telefonnummer aus Matts Wohnung hier gelassen. Ich frage mich ohnehin, wie das laufen soll, wenn in drei Wochen die Schule wieder beginnt.â
âFrag mich was Leichteres. Darüber zerbreche ich mir den Kopf, wenn es soweit ist. AuÃerdem sind Tony und deine Mutter dann auch wieder da. Es wird schon schief gehen.â
âWas wird schief gehen?â Die letzten Worte hat Sarah gehört, da David und Dawn inzwischen das Dachgeschoss erreicht haben.
âWie das wird, wenn ich wieder arbeiten muss.â
âEmily geht in den Kindergarten und mit Hannah komme ich schon klar. Ehe sie anfängt mit laufen, dauert es noch etwas.â Sarah nimmt ihre Tochter wieder an sich. Das Fläschchen wartet, inzwischen richtig temperiert, auf sie.
Während Hannah im Halbschlaf ihre Milch trinkt, erzählt Dawn David noch einmal den Grund ihres Hier seins.
âUnd als Sarah mir anbot, mich morgen in die Stadt zu fahren, bin ich natürlich gern geblieben.â
âWeià Eliza schon von deiner noblen Geste?â fragt er daraufhin Sarah.
âNoch nicht. Sobald Hannah ihr Bäuerchen gemacht hat, rufe ich sie an.â
Wie auf Kommando tut das Baby selbiges, spuckt aber auch einen Teil der Milch wieder aus.
âAch SüÃe, waren die Augen wieder gröÃer als der Magen.â Sarah wischt Hannah vorsichtig über den Mund und nimmt ihr dann das bespuckte Lätzchen ab.
âSo jetzt bist du fertig fürs Bett.â
âDarf ich sie schlafen legen?â Dawn steht vor ihrer Schwester und schaut sie bittend an.
âIch komme ja sonst nicht dazu.â
âVon mir aus.â Sarah übergibt Hannah an Dawn.
âDavid gehst du mit? Zeig Dawn, wo sie den Schlafsack für Hannah findet.â
âNa klar.â Die beiden verschwinden im Kinderzimmer und unterhalten sich dabei weiter, während Sarah mit Eliza telefoniert.
âSag mal, habt ihr mal an eine Hilfskraft gedacht?â
âMeinst du eine Krankenschwester?â
âIch glaube das wird Sarah nicht zulassen. Aber schau, ich kann meine Arbeitsstelle nicht einfach wie ich will verlassen. Und bei Anthony, Mom und dir ist das nur bedingt möglich. Ich dachte an ein Au-Pair Mädchen. Habt ihr vor eineinhalb Jahren nicht für Ben und Anny schon mal eine Austauschschülerin besorgt?â
âJa für sechs Monate, aber weiÃt du, was das gekostet hat. Wir haben damals alle zusammengelegt und wussten, dass es nicht für immer ist. Aber bei uns?â
âGerade deshalb. Auch wenn ihr nicht darüber redet. Wie es auch kommt, irgendwann brauchst du Hilfe bei der Erziehung der Mädchen. Denn einfach deinen Job aufgeben, könnt ihr euch nicht leisten.â
âIch werde mit Sarah darüber reden, aber ich weià schon jetzt, dass sie nicht begeistert sein wird.â
âAber ein Versuch ist es wert.â Dawn lässt nicht locker bis David ergeben nickt.
âOk, ok. Aber nicht mehr heute Abend. Sarah ist ziemlich geschafft. Das Wetter setzt ihr mehr zu als gedacht.â
âSchon klar.â Dawn deckt ihre kleine Nichte mit einer dünnen Decke zu und knipst dann das Nachtlicht an.
âUnd wie lange wird sie jetzt schlafen.â Fragt Dawn nach, während sie den kleinen Engel im Halbdunkel verzückt betrachtet. Hannah hat schon jetzt eindeutige Züge von Sarah und ihre grünen Augen, während Emily sie immer mit Davids braunen Augen anschaut.
âWenn wir Glück haben so um Mitternacht und dann noch mal um vier. Ansonsten einmal öfter. Vielleicht schaffen wir es bis zum Schulanfang, dass sie durchschläft. Zumindest von Mitternacht bis sechs oder sieben. Dann könnte ich sie weiterhin versorgen und wäre morgens nicht so gerädert. Langsam kann ich nachvollziehen, wie anstrengend so ein Baby ist. Als Emily damals so alt war, war ich ja nur am Wochenende hier.â
David lächelt bei dem Gedanken, dass seine älteste Tochter inzwischen fast fünf Jahre alt ist.
âDich leihe ich mir glatt mal aus, wenn es bei Matt und mir soweit ist.â Zieht Dawn ihren Schwager in Spe auf, beschwichtigt jedoch gleich, als sie sein entsetztes Gesicht sieht.
âKeine Angst, wir wissen beide, wie man keine Kinder bekommt. Vielleicht in einigen Jahren aber jetzt garantiert nicht.â
âDann bin ich ja beruhigt. Lass uns sehen, was Sarah macht.â
Dawn ist einverstanden und folgt David zurück ins Wohnzimmer. Dort wartet auf sie eine Kanne Eistee und Knabbereien, die Sarah zwischenzeitlich vorbereitet hat.
âSchöne GrüÃe von Eliza. Sie nimmt dich morgen gern mit. Alles andere hätte mich auch gewundertâ, fügt sie hinzu und grinst David triumphierend von der Seite an.
âTrotzdem ist es ganz gut, dass sie Bescheid weiÃ.â So leicht gibt sich David nicht geschlagen, freut sich aber im geheimen über jede Kleinigkeit von Normalität in ihrer jetzigen Situation. Selbst wenn es um solche Banalitäten geht.
Den Rest des Abends hören sie Dawn gespannt zu, was sich bei ihr in den vergangenen Tagen getan hat.
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Früh am nächsten Morgen klingelt, wie jeden Tag seit einer Woche, das Telefon. Als Dawn, in der Küche gerade mit Kaffee kochen beschäftigt, abnimmt, ist es einen Moment still in der Leitung.
âHallo, ist jemand dran?â
âHey Krümelâ, ertönt es plötzlich. âMit dir habe ich ja gar nicht gerechnet.â
Dawn grinst.
âHi Tony. Sarah und David haben mich schon vorgewarnt, dass ihr zu einer unchristlichen Uhrzeit anrufen würdet.â
âDu bist wach. Also ist es mindestens acht Uhrâ, pariert Tony am anderen Ende und streckt sich auf der Couch aus.
âNicht ganz, aber ich habe versprochen das Frühstück vorzubereiten.â
âDann will ich dich auch gar nicht länger von der Arbeit abhalten. Kannst du mir Sarah oder David mal geben?â
âJa klar. Aber vorher will dich noch jemand sprechen.â Dawn reicht den Hörer an Emily weiter, die erwartungsvoll neben ihrer Tante steht.
âHallo Grandpaâ, piepst sie noch etwas verschlafen, aber fröhlich in die Sprechmuschel. âDie Sonne scheint heute ganz doll und ich bin schon auf und fahre nachher mit Mommy und Tante Eliza und Jeany weg.â Emily ist kaum zu bremsen, redet ohne Punkt und Komma.
Von wem sie das wohl hat? Schmunzelt Tony in Bath, lässt seine Enkelin aber erst mal ausreden.
âDa habt ihr ja heute richtig was vor. Könntest du mir trotzdem mal deinen Daddy geben?â
âJa.â Zum dritten Mal wird der Telefonhörer weiter gereicht. Diesmal an David, der Hannah fertig angezogen hat und gerade mit ihr das Wohnzimmer betritt.
âHannigan?â
âGuten Morgen David. Bei euch ist am frühen Morgen ja schon richtig was los.â
âHallo Tony. Hannah hält uns ziemlich auf Trab.â
âUnd sonst, alles in Ordnung. Gehtâs Sarah gut?â
âMhm. Du weiÃt ja wie es aussieht. Ihr Zustand hat sich nicht verschlechtert, aber besser geworden ist er auch nicht. Trotzdem fährt sie nachher mit Eliza und den Kids nach Boston, bzw. Liz holt sie ab. Ich würde sie am liebsten gar nicht los lassen, aber ich glaube Sarah fällt hier langsam die Decke auf den Kopf und etwas Abwechslung kann nicht schaden.â
âGlaube ich auch. Alles was Sarah sich selbst zutraut, sollten wir ihr auch zugestehen. Wer weiÃ, wie lange sie noch die Kraft dazu aufbringen kann.â
âDu hast sich er Recht. Ich habe einfach nur Angst, dass unterwegs etwas passiert und ich nicht da bin, um ihr zu helfen. Diese Vorstellung mach mich verrückt.â
âJa los lassen ist das Schwerste. Die Angst überwinden und dabei nicht durchdrehen. Vielleicht braucht ihr auch einfach nur mal Zeit für euch allein. Ohne Kinder und dem ganzen Alltagsstress. Wo ihr einfach ihr selbst sein könnt. Ohne Schnörkel und Verbiegungen.â
âUnd wie stellst du dir das vor? Hannah ist zu klein und welch schwierige Phase Emily gerade durchmacht, ist dir auch bekannt.â
âEs muss ja nicht gleich sein. Aber ich habe eine Idee. Wir sprechen noch mal drüber, wenn ich wieder da bin.â
âIst gut. GenieÃt euren Urlaub noch.â
âJa grüà Sarah von uns. Bis dann. Bye.â
David legt das Telefon auf dem Wohnzimmertisch ab und geht, immer noch Hannah auf dem Arm, in die Küche. Emily hilft dort beim dekorieren der Frühstücksteller. Zu dem Rührei gibt es Toast und frische Tomaten, die das kleine Mädchen eifrig verteilt.
âSchau mal Daddy. Tante Dawn kocht und ich darf helfenâ, grinst sie und zeigt dabei ihre erste Zahnlücke.
âDas machst du ganz toll, mein Schatz.â David schaut ihnen über die Schulter, stibitz sich flink ein Stück Tomate und legt dann seine Tochter in den Stubenwagen, um die Hände zum Tischen decken, frei zu haben.
Hannah ist davon alles andere als begeistert und testet ihre Stimme aus. Das ruft Sarah auf den Plan, die bis jetzt noch geschlafen und nun mit verwuschelten Haaren und in Pyjama das Wohnzimmer betritt.
âHey SüÃe, was hast du denn?â Sie stellt ihren Lindy Walker ab und beugt sich zu ihrer Tochter runter.
âIhr ist wahrscheinlich nur langweilig. Sie beruhigt sich schon wieder.â
âVielleicht hat sie Hunger, oder ihr tut etwas weh.â Sarah ist nicht wirklich überzeugt und befühlt vorsichtig Hannahs Stirn. Ohne Ergebnis.
âSie hat ihre Milch getrunken, ein Bäuerchen gemacht und war solange ruhig, wie ich sie durch die Gegend getragen habe. Nicht wahr Hannah?â David wirft einen Blick auf seine Tochter.
âDu weiÃt genau, wie man Mommy und Daddy um den kleinen Finger wickelt.â Hannah lächelt zustimmend. Die Tränen sind fast vergessen.
âAber jetzt bleibst du hier drin und wir essen erst mal in aller Ruhe. Es ist angerichtet My Ladyâ Dabei nimmt David Sarah sanft in den Arm und küsst sie erst auf die Stirn, dann auf die Nase und zum Schluss auf den Mund. Ein liebevolles tägliches Ritual.
âNa gut. Dann bekommst du deinen Plüschelefanten und ich zieh die Spieluhr auf. Das dürfte zur Unterhaltung reichen.â
âGute Idee. Vielleicht schläft sie dann noch ne Runde.â
âWieso, seit wann ist Hannah wach?â Sarah nimmt ihrem Freund die Kaffeekanne aus der Hand und stellt sie auf den Tisch, während dieser die vergessene Milch aus der Küche holt.
âWenn manâs genau nimmt, seit sechs. Da hat sie ihre Flasche gekriegt und ist fast wieder eingeschlafen, als Emily dazu kam. Putzmunter. Zumindest hat sie das behauptet. Also habe ich seit sieben Märchen vorgelesen.â
âDann kannst du wirklich noch etwas Schlaf vertragen Prinzessin.â Sarah richtet einen letzten Blick in den Stubenwagen, wo Hannah inzwischen mit wachsender Begeisterung auf dem Ohr des Elefanten herum kaut und geht dann langsam zur Essecke. Das Frühstück wartet.
TBC..?