24.03.2008, 20:56
Ich dreh gerade ein wenig durch und schreibe einfach immer weiter, obwohl das nächste Kapitel nun erst mal auf sich warten lässt. Viel Spaà beim Lesen und Feedbacken.
Den Volvo seines Vaters brachte Charlie vorm Studentenwohnheim zum Stehen. Wie erwartet, war er zu früh und Amita noch nicht zu sehen. Da das Auto durch die Sonneneinstrahlung warm wurde, nahm er den Ausdruck aus der Tasche und stieg aus. Dann lehnte er sich an und las in der aktuellen Ausgabe der Studentenzeitung. Darin wurden sowohl fachliche als auch allgemeine, für Studenten interessante Themen behandelt, ferner waren Lebensläufe und Statements einiger Professoren enthalten. Im GroÃen und Ganzen gefiel ihm, was er las. Daher bereute er nicht, dem Interview zugestimmt zu haben. Währenddessen achtete er nicht auf den Weg und war überrascht, als plötzlich Amita vor ihm stand.
„Hallo Charlie, was machst Du denn hier“, begrüÃte sie ihn ebenso überrascht.
„Hey! Dad kann leider nicht, er hat einen Termin vergessen. Darum bin ich heute Dein Chauffeur“, antwortete er, ehe er ums Auto herumlief, um ihr die Beifahrertür zu öffnen aber auch um ihr zu helfen. Dabei betrachtete er sie eingehend. Der Rock, den sie trug, stand ihr gut, ebenso das T-Shirt. Eine etwas gröÃere Umhängetasche aus dunkelblauem Stoff komplettierte das Outfit. Sie war einfach schön, egal was sie anhatte. Nur ihr Schuhwerk, ein Paar ausgelatschte, alte und zudem noch verdreckte Turnschuhe, das selbst im Vergleich zu den ruinierten Schuhen vom Vortag hässlich erschien, passte so gar nicht zum Rest. Dazu sagte er aber nichts und fragte nur: „Wo möchtest Du hin?“
Sie setzte sich erst ins Auto und hatte das linke Bein schon im Auto, als sie am Ende der Prozedur vorsichtig das rechte Bein hinein hob. SchlieÃlich legte sie die Krücken an die Seite ihres Sitzes. „Ich muss dringend weitere Hosen kaufen wegen dem verfluchten Gips. Daher wäre eine EinkaufsstraÃe oder Mall ganz praktisch.“ Beim Reden lächelte sie unaufhörlich.
Ihn überraschte, dass sie die ganze Situation noch immer mit Humor nahm. Er wäre vermutlich durchgedreht, aber die Menschen waren nun mal unterschiedlich und gingen dementsprechend auch anders mit derlei Situationen um. Dann dachte er für einen Moment nach, wohin er mit ihr gehen konnte. Mit Kleidung für Frauen kannte er sich nicht aus, wusste aber trotzdem, was ihr Zielort war. „Okay. Da ist ein Shopping-Center ein paar Meilen entfernt, da gibt es eine groÃe Auswahl an Klamottenläden. Früher war Mum oft mit mir ...“ Den Satz beendete er nicht, denn darüber wollte er nicht sprechen und das war ihm nur im Eifer des Gefechts herausgerutscht. Darum schloss er vorsichtig die Tür, ging zur Fahrerseite und setzte sich hinter das Lenkrad, ohne weiter auf das Thema einzugehen.
Natürlich hatte sie das Thema bemerkt, doch sie fragte nicht nach. Irgendwie war ihr klar, dass er nicht darüber sprechen wollte, denn er war anders als sein Bruder und hatte auch anders als dieser reagiert. Auf den ersten Blick schien er verletzbarer zu sein, aber daran glaubte sie nicht. Vielmehr dachte sie, dass Don mit den Jahren nur gelernt hatte, seine Gefühle besser zu verstecken. All das ging ihr durch den Kopf, in dem es aber auch blieb. „Gut“, antwortete sie nur und gab ihm somit grünes Licht für die Abfahrt. Noch immer lächelte sie, womit sie nun neben Freundlichkeit auch ihr Mitgefühl ausdrücken wollte.
Erst jetzt legte er den Ausdruck wieder in seine Tasche und die auf den Rücksitz, ehe er sie fragte: „Brauchst Du sonst noch was?“ Währenddessen startete er den Wagen und fädelte sich in den Verkehr ein.
„Ja. Ich habe eine Liste von Büchern, die ich für meine Vorlesungen benötige. Wobei mir einfällt; brauche ich bei Dir auch welche? Die würde ich sonst auch gleich besorgen.“
„Hm. Geplant habe ich bisher noch keine bestimmten Bücher. Erst im Verlauf des Kurses wollte ich eine Bücherliste zusammenstellen. Aber wenn wir nachher in der Buchhandlung sind, schau ich mal. Auf jeden Fall kenne ich eine sehr gute, in der Du sicherlich fündig wirst. Dort kaufe ich auch gerne meine Fachliteratur ein. Wie es der Zufall will, ist die praktischerweise in der Nähe des Shopping-Centers. Das passt ja alles bestens.“
„Heute scheint mein Glückstag zu sein. Dein Vater hätte die Buchhandlung sicher nicht gekannt, oder?“, erwiderte sie lächelnd.
„Doch, hätte er. Früher habe ich ihn öfter mal dahingeschleppt. Ich bin da schon ziemlich lange ein guter Kunde“, erwiderte er und lächelte schüchtern. „Wie war Dein Tag heute?“
„GroÃartig. Der Kurs von Professor Fleinhardt hat nun richtig begonnen, sprich er ist ein bisschen wirr, aber trotzdem interessant. Seine Theorien haben mich schon während der Schulzeit immer fasziniert. Du glaubst nicht, wie froh ich bin, dass ich an seinem Forschungsprojekt mitarbeiten kann. Ansonsten war da noch so ’ne langweilige Einführungsveranstaltung und eine Vorlesung bei Professor Weinman über Informatik. Dafür brauche ich auch die Bücher.“
„Du bist so vielseitig interessiert und studierst auch dementsprechend. Das finde ich klasse“, antwortet er und meinte dabei jedes Wort ernst.
„Das sind die Kurse zu meinem Vergnügen, ich habe aber auch einige Pflichtkurse, die in den nächsten Tagen starten, z.B. Sprachen. Davor graust es mich schon, aber das ist, wie gesagt, Pflicht im ersten Semester.“ Gekonnt verdrehte sie bei dem Gedanken an die anstehenden Seminare die Augen und fragte sich wieder einmal, warum Studenten, die genau wussten, was sie wollten, nicht einfach ihr Ding machen konnten, ohne dass sie durch irgendwelche nutzlosen Regeln eingeengt wurden und für sie uninteressante Kurse besuchen mussten?
„Ich erinnere mich an diese Kurse und habe sie gehasst. In meinem ersten Jahr wollte ich bahnbrechende Theorien entwickeln und musste mich dann mit Marcel Proust herumschlagen.“ Ãber seine Studienzeit, die erst ein paar Monate zurücklag, sprach er schon jetzt, als ob es Jahre her war. Das wunderte ihn und freute ihn gleichzeitig, denn er erkannte, dass er schon jetzt an seinem zweiten Arbeitstag im neuen Lebensabschnitt angekommen war.
„Du hast trotzdem die Eppes-Konvergenz entwickelt, die ich schon sehr beeindruckend finde.“
Sie kannte sein Werk! Darüber hatte er nichts erzählt. Was sollte er darauf antworten? All das ging ihm durch den Kopf, als er schlieÃlich schlicht und einfach antwortete: „Danke.“ Dabei errötete er leicht.
Partout fiel ihr nichts mehr ein, worüber sie mit ihm reden konnte, zumindest nichts, das nicht fachbezogen war. Da sie beide in ihrer Freizeit gemeinsam unterwegs waren, wollte sie sich eigentlich nicht fachlich mit ihm unterhalten. Für alltägliche Treffen in der Uni war das in Ordnung, aber nicht hier und jetzt. Aus diesem Grund verfiel sie in Schweigen für den Rest der Fahrt und schaute sich Los Angeles an, wie sie es von einem Einheimischen unbewusst präsentiert bekam. Es war nicht atemberaubend, aber es war interessant, denn so sah sie die wirklichen Menschen, nicht nur irgendwelche Möchtegerne oder Touristen.
Ãber die eingetretene Stille freute sich Charlie, hatte er doch so die Möglichkeit seine Gedanken zu sortieren. Was war es nur, dass diese junge Frau an sich hatte, dass ihn so in ihren Bann zog. Normal konnte das doch nicht sein. Lange Zeit blieb ihm für die Denkerei aber nicht, denn das Shopping-Center kam in Sicht.
Nur wenig später parkte er den Volvo. „Da wären wir.“
„Das ist sehr groÃ, da sollte ich was finden.“
„Das sehe ich genauso. Kommst Du alleine raus oder soll ich helfen?“
„Ich habe zwar ein Gipsbein, bin aber nicht vollkommen unbeweglich. Keine Sorge, ich krieg das schon hin“, erwiderte Amita freundlich aber bestimmt und öffnete schon die Tür.
Charlie beobachtete sie beim Aussteigen, stieg dann aber selbst aus. Vom Rücksitz holte er seine Jacke und ging schlieÃlich doch zur Beifahrerseite. Nachdem er auch ihre Tür zugemacht hatte, schloss er das Auto per Zentralverriegelung ab und ging mit ihr zum Eingang. Sein Tempo passte er dem ihren an, anders wäre es auch nicht möglich gewesen. An einer Auskunftstafel im Erdgeschoss hielt er an. „Warte kurz.“ Schnell informierte er sich über die Lage einzelner Geschäfte und Boutiquen. „In den oberen Geschossen gibt es eine gute Auswahl. Ich denke, dort fangen wir an. Okay?“
„Du bist hier der Experte, ich folge Dir einfach unauffällig“, erwiderte sie gutgelaunt.
Gemeinsam gingen sie zum Fahrstuhl und stiegen ein. In der nächsten Etage verlieÃen sie ihn wieder und gingen geradewegs auf einen Laden zu.
„Was hältst Du von dem, Amita?“, fragte er, denn er wollte trotz ihrer vorherigen Aussage nicht über ihren Kopf hinweg entscheiden.
Nur kurz schaute sie ihn an, die Auslage gefiel ihr eigentlich nach dem kurzen Blick, den sie ihr gegönnt hatte. „Der sieht doch gut aus. Lass uns mal hineingehen.“
So gingen sie wenige Schritte weiter und betraten den Laden, der sich bei näherer Betrachtung als sehr poppig entpuppte. Zu poppig für ihren Geschmack, denn das war eindeutig nicht ihr Stil und das war beiden klar. Also verlieÃen sie ihn wieder, ohne auch nur ein Wort zu wechseln. Nebenan befand sich ein Schuhgeschäft, das Amita nur am Rande wahrnahm. Charlie dagegen sah genauer hin und entdeckte ein paar Schuhe, die er später unbedingt noch einmal genauer betrachten, wenn nicht sogar kaufen wollte.
Doch schon das nächste Geschäft führte Bekleidung, die zu Amita passte, denn es wirkte jung, modebewusst und war doch gleichzeitig einfach. AuÃer ihnen war im Moment kein Kunde dort, so dass sie sofort die Aufmerksamkeit des Angestellten auf sich zogen, der sie sogleich begrüÃte.
„Kann ich Euch helfen“, kam der Verkäufer, der ungefähr in Dons Alter sein musste, auf sie zu. Sein Outfit war perfekt auf den Laden abgestimmt, modisch aber doch schlicht, auch seine Haare waren penibel frisiert, so dass alles am rechten Fleck war.
Nun nahm Amita das Zepter in die Hand, schlieÃlich wollte sie einkaufen. „Ich brauche Hosen, und zwar müssen die zu meinem Gips passen, also einen Tick weiter am Bein sein.“ Schon bei der Erklärung deutete sie auf das Ungetüm an ihrem Bein.
„Kein Problem. Hast Du irgendwelche Farbvorstellungen?“
„Schwarze Stoffhosen oder aber dunkelblaue Jeanshosen, die gerne ein bisschen verwaschen sein können.“
„Das kriegen wir hin. Geh doch schon mal in eine Kabine, ich komme dann gleich zu Dir. Dort kannst Du dich auch hinsetzen.“ So schickte er Amita weg. Dann wendete er sich Charlie zu. „Und was kann ich für Dich tun?“
„Nichts. Ich bin nur die Begleitung.“
„Das könnte ein bisschen dauern, vielleicht magst Du dich ja umschauen. Dort hinten sind sonst auch Hocker, falls Du in der Nähe der Kabine warten möchtest.“
„Okay.“ Nun ging auch Charlie, denn er stand dem Verkäufer scheinbar nur im Weg, und folgte Amita zu. Kurz bevor sie den Vorhang zuzog, erreichte er sie. „Kann ich Dich hier kurz alleine lassen? Ich habe da einen ähm ... Laden gesehen, in den ich kurz hinein muss“, erklärte er ausweichend.
„Kein Problem“, sagte sie und setzte ein gekünsteltes Lächeln, womit sie ihre Enttäuschung verbergen wollte. „Bis gleich.“ Scheinbar war es geglückt und Charlie hatte nichts gemerkt, denn er antwortete nicht mehr sondern ging einfach weg. Das freute sie zwar, machte sie aber gleichzeitig traurig. Was war es nur mit den Männern, die sie im Moment weniger denn je verstand, aber auch sich selbst verstand sie nicht wirklich.
Im gleichen Augenblick kam der Verkäufer mit einem Stapel Hosen zu ihr. „So, hier habe ich ein paar Modelle, die am Bein weit sind. Die sind alle todschick und sehr modern, auÃerdem passen sie perfekt zu Dir und Deinen Haaren, wie ich finde, aber auch Deine Augen unterstreichen sie. Die GröÃe müsste passen, wenn sie aber doch zu groÃ, zu klein oder zu eng am Bein sind, brauchst Du nur schreien und ich such Dir andere raus. Derweil schau ich mich noch nach Alternativen um.“
Ãber den Redefluss des Verkäufers erstaunt, nickte sie einfach nur. Er redete verdammt schnell, zumindest wurde ihr so nicht langweilig werden. Nachdem er gegangen war, stützte sie sich auf eine Krücke, öffnete den Rock mit der freien Hand und lieà ihn einfach zu Boden sinken. Dann nahm sie die oberste Hose vom Stapel und zog sie vorsichtig über den Gips, ehe sie zum Schluss das gesunde Bein hineinsteckte. SchlieÃlich stellte sie sich wieder hin, zog die Hose ganz hoch und verschloss sie. Auf ihren Krücken verlieà sie die Umkleide wieder und ging zu einem Spiegel. Die Hose war perfekt, weit am Bein, eng am Bund, leicht ausgestellt und tiefschwarz.
Sofort kam der Verkäufer mit anderen Hosen in der Hand auf sie zu. „Wunderschön, wirklich wunderschön. Dazu hätte ich noch das perfekte Oberteil. Magst Du grün? Ich liebe grün und diese Hose verlangt nach einem grünen Shirt. Soll ich es holen?“
„Ja, bitte.“
„Nur einen Moment.“ Schon flitzte er davon und kehrte nur Sekunden später mit dem besagten, grünen Shirt zurück, gab es ihr sowie die Hosen, die er zuvor noch herausgesucht hatte.
Wehmütig schaute sie es an, denn es hatte genau die Farbe ihrer Schuhe von gestern. Schon so war es einfach nur schön und sie konnte sich auch vorstellen, wie es zusammen mit der Hose aussehen würde, perfekt. Damit ging sie zurück in die Umkleide und zog es an. Es sah genauso aus, wie sie es sich vorgestellt hatte. Wieder ging sie raus und betrachtete das Gesamtkonzept im Spiegel, das ihr gefiel. Der Verkäufer nickte vom anderen Ende des Ladens zustimmend. Somit war die Entscheidung gefallen. Doch sie brauchte eigentlich keine neuen Ober- sondern Unterteile, also probierte sie die nächste Hose an.
Währenddessen stand Charlie vor einem Regal mit Schuhen und fragte sich, welche GröÃe wohl richtig war. Er entschied sich einfach für 6 und hoffte, damit richtig zu liegen. Leuchtendes pink mit grünen Sternen, die sogar glitzerten. Zwar entsprachen sie nicht ganz denen von gestern, denn die hatten Punkte, aber zumindest waren die Farben krass. Das entsprechende Paar nahm er aus dem Regal und ging damit zur Kasse.
Die Verkäuferin zog den Barcode über das Lesegerät und nannte den Preis.
Aus seinem Portemonnaie zog er einen Schein und reichte ihn ihr, dabei schaute er sie an. „Kann ich die umtauschen, wenn sie nicht passen?“, fragte
„Natürlich, aber nur innerhalb der nächsten Woche und bei Vorlage des Kassenbons.“ Als sie geendet hatte, tippte sie den Betrag ein und zählte das Wechselgeld ab, das sie ihm zusammen mit dem Kassenbon gab. „Möchten Sie eine Tüte?“
„Ja. Haben sie vielleicht ein buntes Band, das ich um die Schuhe wickeln könnte. Sie sind ein Geschenk.“
Auf die Frage antwortete sie nicht sondern holte aus einer Schublade einen Geschenkbandabroller hervor und schnitt ein Stück Band ab, das sie zu den Schuhen in die Tüte legte.
„Vielen Dank“, sagte Charlie, steckte sein Wechselgeld ein, nahm die Tüte und machte sich auf den Rückweg. „Auf Wiedersehen.“
Als Charlie erneut den Laden betrat, sah er noch gerade Amita, wie sie wieder die Umkleidekabine betrat. Das Outfit gefiel ihm und passte perfekt zu den Schuhen. Darum ging er sofort auf die Umkleide zu. „Amita, ich bin wieder da, falls was sein sollte.“
Aus der Kabine drang nur ein angestrengtes Geräusch. Augenblicke später antwortete sie: „Okay, aber das dauert wohl noch. Der Verkäufer hat mir mindestens zehn Hosen gebracht, von denen ich erst eine anprobiert habe. Das Umziehen ist ein wenig mühselig. Ich ruf Dich, wenn ich was brauch.“
„Okay, dann schau ich mich hier ein wenig um.“
„Tu das“, entgegnete sie und war gerade dabei, die nächste Hose überzuziehen, die viel zu weit war. Sofort zog sie diese wieder aus, legte sie auf einen gesonderten Stapel und nahm die nächste in die Hand.
Wonach er schaute, wusste er nicht. Hier gab es zwar auch Herrenbekleidung, aber er brauchte nichts. Darum ging er ohne Ziel durch den Laden und blieb vor einem Drehgestell stehen. Vielleicht wollte sie ja auch einen Rock haben und nicht nur Hosen, dachte er sich und schaute sie an. Er wusste nicht, welche GröÃe sie hatte und konnte es auch nicht abschätzen. Deswegen ging er zum Verkäufer und fragte ihn um Rat. So bekam er die gewünschte Information und konnte nun gezielt suchen. Schnell fand er einen, den er wie für sie gemacht hielt und herausnahm. An einem anderen Ständer sah er Tops, die dazu und vor allem zum derzeitigen Wetter der Stadt passten. Auch diesen durchsuchte er, obwohl sie davon nichts gesagt hatte.
„Charlie?“, rief sie in den Laden, weil sie ihn nicht sah, als sie den Vorhang zur Seite schob. Nur eine Sekunde später entdeckte sie ihn. „Charlie!“, rief sie nun noch einmal.
Auf den zweiten Ruf reagierte er und hielt dabei ein Top in der Hand. „Ja?“
„Ich brauch Deine Meinung. Kannst Du bitte kommen?“
Er nickte nur und ging, ohne das Top zurückzuhängen, zu ihr. Prüfend schaute er sie an. „Die Hose sitzt gut. Passt sie auch am Bein?“
„Ja.“
„Dann würde ich sie nehmen.“
„Also ist die auch gekauft. Was hast Du da?“, fragte sie und deutete auf den Rock und das Top, was er noch immer in der Hand hielt.
„Ich dachte mir, dass Du vielleicht auch einen Rock anstatt Hosen haben möchtest.“
„Gute Idee. Und das Top?“
Erst jetzt realisierte er, dass er es mitgenommen hatte. „Das hab ich mir nur angeschaut und wollte es eigentlich wieder zurückhängen.“
„Egal, das zieh ich auch an.“ Die Kleider klemmte sie sich unter den Arm, während sie an Krücken zurück in die Umkleidekabine ging.
Charlie, der sich nicht weiter umschauen wollte, setzte sich auf einen der Hocker, auf die er zuvor hingewiesen worden war.
Zwischenzeitig kam der Verkäufer und erkundigte sich, ob sie noch etwas brauchte. Das lehnte sie aber dankend ab, woraufhin er wieder davonging.
Einige Minuten später verlieà sie wieder die Umkleidekabine und trug den Rock sowie das Top, das luftig ihre Figur umspielte. Sie selbst fand es wunderschön und auch bequem, wollte aber auch Charlies Meinung dazu hören.
Als Charlie sie so sah, stiegen sofort Bilder von seinem Traum empor. Er sah Don, wie er seine Hände unter ihr Top schob, wie sie ihre unter dessen T-Shirt fuhren. Wieso musste dieses Bild nur wahr werden, hätte er nicht irgendetwas anderes in der Hand halten können? Warum nur war sein Bruder immer wieder allgegenwärtig? Fragen über Fragen beschäftigten seinen Kopf und ohne dass er es wollte, sank seine Laune auf den Tiefpunkt.
„Das ist gut, oder?“, wendete Amita sich an ihn.
Still und leise nickte er nur, ehe er wegschaute.
Gleichzeitig kam der Verkäufer auf sie zu. „Das ist ja traumhaft. Auf jeden Fall kommt das auf den Kaufstapel, denn das steht soooo gut.“
Daraufhin nickte sie nur und kehrte zurück, um noch ein paar Hosen anzuprobieren. Dabei dachte sie allerdings über Charlies Stimmungsumschwung nach. Was war nur in ihn gefahren. So einsilbig hatte sie ihn bisher nicht erlebt. Vorhin war er noch gut gelaunt gewesen, auch wenn er kurz wegmusste. Vielleicht hatte es ja damit was zu tun. Aber was sollte denn groÃartig passiert sein. Ob Don mit ihm geredet hatte? Wenn ja, was hatte er ihm erzählt. Viele Fragen schwirrten durch ihren Kopf, auf die sie so schnell keine Antwort fand. Darum lieà sie das Denken sein und konzentrierte sich wieder auf die Hosen.
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12.
Den Volvo seines Vaters brachte Charlie vorm Studentenwohnheim zum Stehen. Wie erwartet, war er zu früh und Amita noch nicht zu sehen. Da das Auto durch die Sonneneinstrahlung warm wurde, nahm er den Ausdruck aus der Tasche und stieg aus. Dann lehnte er sich an und las in der aktuellen Ausgabe der Studentenzeitung. Darin wurden sowohl fachliche als auch allgemeine, für Studenten interessante Themen behandelt, ferner waren Lebensläufe und Statements einiger Professoren enthalten. Im GroÃen und Ganzen gefiel ihm, was er las. Daher bereute er nicht, dem Interview zugestimmt zu haben. Währenddessen achtete er nicht auf den Weg und war überrascht, als plötzlich Amita vor ihm stand.
„Hallo Charlie, was machst Du denn hier“, begrüÃte sie ihn ebenso überrascht.
„Hey! Dad kann leider nicht, er hat einen Termin vergessen. Darum bin ich heute Dein Chauffeur“, antwortete er, ehe er ums Auto herumlief, um ihr die Beifahrertür zu öffnen aber auch um ihr zu helfen. Dabei betrachtete er sie eingehend. Der Rock, den sie trug, stand ihr gut, ebenso das T-Shirt. Eine etwas gröÃere Umhängetasche aus dunkelblauem Stoff komplettierte das Outfit. Sie war einfach schön, egal was sie anhatte. Nur ihr Schuhwerk, ein Paar ausgelatschte, alte und zudem noch verdreckte Turnschuhe, das selbst im Vergleich zu den ruinierten Schuhen vom Vortag hässlich erschien, passte so gar nicht zum Rest. Dazu sagte er aber nichts und fragte nur: „Wo möchtest Du hin?“
Sie setzte sich erst ins Auto und hatte das linke Bein schon im Auto, als sie am Ende der Prozedur vorsichtig das rechte Bein hinein hob. SchlieÃlich legte sie die Krücken an die Seite ihres Sitzes. „Ich muss dringend weitere Hosen kaufen wegen dem verfluchten Gips. Daher wäre eine EinkaufsstraÃe oder Mall ganz praktisch.“ Beim Reden lächelte sie unaufhörlich.
Ihn überraschte, dass sie die ganze Situation noch immer mit Humor nahm. Er wäre vermutlich durchgedreht, aber die Menschen waren nun mal unterschiedlich und gingen dementsprechend auch anders mit derlei Situationen um. Dann dachte er für einen Moment nach, wohin er mit ihr gehen konnte. Mit Kleidung für Frauen kannte er sich nicht aus, wusste aber trotzdem, was ihr Zielort war. „Okay. Da ist ein Shopping-Center ein paar Meilen entfernt, da gibt es eine groÃe Auswahl an Klamottenläden. Früher war Mum oft mit mir ...“ Den Satz beendete er nicht, denn darüber wollte er nicht sprechen und das war ihm nur im Eifer des Gefechts herausgerutscht. Darum schloss er vorsichtig die Tür, ging zur Fahrerseite und setzte sich hinter das Lenkrad, ohne weiter auf das Thema einzugehen.
Natürlich hatte sie das Thema bemerkt, doch sie fragte nicht nach. Irgendwie war ihr klar, dass er nicht darüber sprechen wollte, denn er war anders als sein Bruder und hatte auch anders als dieser reagiert. Auf den ersten Blick schien er verletzbarer zu sein, aber daran glaubte sie nicht. Vielmehr dachte sie, dass Don mit den Jahren nur gelernt hatte, seine Gefühle besser zu verstecken. All das ging ihr durch den Kopf, in dem es aber auch blieb. „Gut“, antwortete sie nur und gab ihm somit grünes Licht für die Abfahrt. Noch immer lächelte sie, womit sie nun neben Freundlichkeit auch ihr Mitgefühl ausdrücken wollte.
Erst jetzt legte er den Ausdruck wieder in seine Tasche und die auf den Rücksitz, ehe er sie fragte: „Brauchst Du sonst noch was?“ Währenddessen startete er den Wagen und fädelte sich in den Verkehr ein.
„Ja. Ich habe eine Liste von Büchern, die ich für meine Vorlesungen benötige. Wobei mir einfällt; brauche ich bei Dir auch welche? Die würde ich sonst auch gleich besorgen.“
„Hm. Geplant habe ich bisher noch keine bestimmten Bücher. Erst im Verlauf des Kurses wollte ich eine Bücherliste zusammenstellen. Aber wenn wir nachher in der Buchhandlung sind, schau ich mal. Auf jeden Fall kenne ich eine sehr gute, in der Du sicherlich fündig wirst. Dort kaufe ich auch gerne meine Fachliteratur ein. Wie es der Zufall will, ist die praktischerweise in der Nähe des Shopping-Centers. Das passt ja alles bestens.“
„Heute scheint mein Glückstag zu sein. Dein Vater hätte die Buchhandlung sicher nicht gekannt, oder?“, erwiderte sie lächelnd.
„Doch, hätte er. Früher habe ich ihn öfter mal dahingeschleppt. Ich bin da schon ziemlich lange ein guter Kunde“, erwiderte er und lächelte schüchtern. „Wie war Dein Tag heute?“
„GroÃartig. Der Kurs von Professor Fleinhardt hat nun richtig begonnen, sprich er ist ein bisschen wirr, aber trotzdem interessant. Seine Theorien haben mich schon während der Schulzeit immer fasziniert. Du glaubst nicht, wie froh ich bin, dass ich an seinem Forschungsprojekt mitarbeiten kann. Ansonsten war da noch so ’ne langweilige Einführungsveranstaltung und eine Vorlesung bei Professor Weinman über Informatik. Dafür brauche ich auch die Bücher.“
„Du bist so vielseitig interessiert und studierst auch dementsprechend. Das finde ich klasse“, antwortet er und meinte dabei jedes Wort ernst.
„Das sind die Kurse zu meinem Vergnügen, ich habe aber auch einige Pflichtkurse, die in den nächsten Tagen starten, z.B. Sprachen. Davor graust es mich schon, aber das ist, wie gesagt, Pflicht im ersten Semester.“ Gekonnt verdrehte sie bei dem Gedanken an die anstehenden Seminare die Augen und fragte sich wieder einmal, warum Studenten, die genau wussten, was sie wollten, nicht einfach ihr Ding machen konnten, ohne dass sie durch irgendwelche nutzlosen Regeln eingeengt wurden und für sie uninteressante Kurse besuchen mussten?
„Ich erinnere mich an diese Kurse und habe sie gehasst. In meinem ersten Jahr wollte ich bahnbrechende Theorien entwickeln und musste mich dann mit Marcel Proust herumschlagen.“ Ãber seine Studienzeit, die erst ein paar Monate zurücklag, sprach er schon jetzt, als ob es Jahre her war. Das wunderte ihn und freute ihn gleichzeitig, denn er erkannte, dass er schon jetzt an seinem zweiten Arbeitstag im neuen Lebensabschnitt angekommen war.
„Du hast trotzdem die Eppes-Konvergenz entwickelt, die ich schon sehr beeindruckend finde.“
Sie kannte sein Werk! Darüber hatte er nichts erzählt. Was sollte er darauf antworten? All das ging ihm durch den Kopf, als er schlieÃlich schlicht und einfach antwortete: „Danke.“ Dabei errötete er leicht.
Partout fiel ihr nichts mehr ein, worüber sie mit ihm reden konnte, zumindest nichts, das nicht fachbezogen war. Da sie beide in ihrer Freizeit gemeinsam unterwegs waren, wollte sie sich eigentlich nicht fachlich mit ihm unterhalten. Für alltägliche Treffen in der Uni war das in Ordnung, aber nicht hier und jetzt. Aus diesem Grund verfiel sie in Schweigen für den Rest der Fahrt und schaute sich Los Angeles an, wie sie es von einem Einheimischen unbewusst präsentiert bekam. Es war nicht atemberaubend, aber es war interessant, denn so sah sie die wirklichen Menschen, nicht nur irgendwelche Möchtegerne oder Touristen.
Ãber die eingetretene Stille freute sich Charlie, hatte er doch so die Möglichkeit seine Gedanken zu sortieren. Was war es nur, dass diese junge Frau an sich hatte, dass ihn so in ihren Bann zog. Normal konnte das doch nicht sein. Lange Zeit blieb ihm für die Denkerei aber nicht, denn das Shopping-Center kam in Sicht.
Nur wenig später parkte er den Volvo. „Da wären wir.“
„Das ist sehr groÃ, da sollte ich was finden.“
„Das sehe ich genauso. Kommst Du alleine raus oder soll ich helfen?“
„Ich habe zwar ein Gipsbein, bin aber nicht vollkommen unbeweglich. Keine Sorge, ich krieg das schon hin“, erwiderte Amita freundlich aber bestimmt und öffnete schon die Tür.
Charlie beobachtete sie beim Aussteigen, stieg dann aber selbst aus. Vom Rücksitz holte er seine Jacke und ging schlieÃlich doch zur Beifahrerseite. Nachdem er auch ihre Tür zugemacht hatte, schloss er das Auto per Zentralverriegelung ab und ging mit ihr zum Eingang. Sein Tempo passte er dem ihren an, anders wäre es auch nicht möglich gewesen. An einer Auskunftstafel im Erdgeschoss hielt er an. „Warte kurz.“ Schnell informierte er sich über die Lage einzelner Geschäfte und Boutiquen. „In den oberen Geschossen gibt es eine gute Auswahl. Ich denke, dort fangen wir an. Okay?“
„Du bist hier der Experte, ich folge Dir einfach unauffällig“, erwiderte sie gutgelaunt.
Gemeinsam gingen sie zum Fahrstuhl und stiegen ein. In der nächsten Etage verlieÃen sie ihn wieder und gingen geradewegs auf einen Laden zu.
„Was hältst Du von dem, Amita?“, fragte er, denn er wollte trotz ihrer vorherigen Aussage nicht über ihren Kopf hinweg entscheiden.
Nur kurz schaute sie ihn an, die Auslage gefiel ihr eigentlich nach dem kurzen Blick, den sie ihr gegönnt hatte. „Der sieht doch gut aus. Lass uns mal hineingehen.“
So gingen sie wenige Schritte weiter und betraten den Laden, der sich bei näherer Betrachtung als sehr poppig entpuppte. Zu poppig für ihren Geschmack, denn das war eindeutig nicht ihr Stil und das war beiden klar. Also verlieÃen sie ihn wieder, ohne auch nur ein Wort zu wechseln. Nebenan befand sich ein Schuhgeschäft, das Amita nur am Rande wahrnahm. Charlie dagegen sah genauer hin und entdeckte ein paar Schuhe, die er später unbedingt noch einmal genauer betrachten, wenn nicht sogar kaufen wollte.
Doch schon das nächste Geschäft führte Bekleidung, die zu Amita passte, denn es wirkte jung, modebewusst und war doch gleichzeitig einfach. AuÃer ihnen war im Moment kein Kunde dort, so dass sie sofort die Aufmerksamkeit des Angestellten auf sich zogen, der sie sogleich begrüÃte.
„Kann ich Euch helfen“, kam der Verkäufer, der ungefähr in Dons Alter sein musste, auf sie zu. Sein Outfit war perfekt auf den Laden abgestimmt, modisch aber doch schlicht, auch seine Haare waren penibel frisiert, so dass alles am rechten Fleck war.
Nun nahm Amita das Zepter in die Hand, schlieÃlich wollte sie einkaufen. „Ich brauche Hosen, und zwar müssen die zu meinem Gips passen, also einen Tick weiter am Bein sein.“ Schon bei der Erklärung deutete sie auf das Ungetüm an ihrem Bein.
„Kein Problem. Hast Du irgendwelche Farbvorstellungen?“
„Schwarze Stoffhosen oder aber dunkelblaue Jeanshosen, die gerne ein bisschen verwaschen sein können.“
„Das kriegen wir hin. Geh doch schon mal in eine Kabine, ich komme dann gleich zu Dir. Dort kannst Du dich auch hinsetzen.“ So schickte er Amita weg. Dann wendete er sich Charlie zu. „Und was kann ich für Dich tun?“
„Nichts. Ich bin nur die Begleitung.“
„Das könnte ein bisschen dauern, vielleicht magst Du dich ja umschauen. Dort hinten sind sonst auch Hocker, falls Du in der Nähe der Kabine warten möchtest.“
„Okay.“ Nun ging auch Charlie, denn er stand dem Verkäufer scheinbar nur im Weg, und folgte Amita zu. Kurz bevor sie den Vorhang zuzog, erreichte er sie. „Kann ich Dich hier kurz alleine lassen? Ich habe da einen ähm ... Laden gesehen, in den ich kurz hinein muss“, erklärte er ausweichend.
„Kein Problem“, sagte sie und setzte ein gekünsteltes Lächeln, womit sie ihre Enttäuschung verbergen wollte. „Bis gleich.“ Scheinbar war es geglückt und Charlie hatte nichts gemerkt, denn er antwortete nicht mehr sondern ging einfach weg. Das freute sie zwar, machte sie aber gleichzeitig traurig. Was war es nur mit den Männern, die sie im Moment weniger denn je verstand, aber auch sich selbst verstand sie nicht wirklich.
Im gleichen Augenblick kam der Verkäufer mit einem Stapel Hosen zu ihr. „So, hier habe ich ein paar Modelle, die am Bein weit sind. Die sind alle todschick und sehr modern, auÃerdem passen sie perfekt zu Dir und Deinen Haaren, wie ich finde, aber auch Deine Augen unterstreichen sie. Die GröÃe müsste passen, wenn sie aber doch zu groÃ, zu klein oder zu eng am Bein sind, brauchst Du nur schreien und ich such Dir andere raus. Derweil schau ich mich noch nach Alternativen um.“
Ãber den Redefluss des Verkäufers erstaunt, nickte sie einfach nur. Er redete verdammt schnell, zumindest wurde ihr so nicht langweilig werden. Nachdem er gegangen war, stützte sie sich auf eine Krücke, öffnete den Rock mit der freien Hand und lieà ihn einfach zu Boden sinken. Dann nahm sie die oberste Hose vom Stapel und zog sie vorsichtig über den Gips, ehe sie zum Schluss das gesunde Bein hineinsteckte. SchlieÃlich stellte sie sich wieder hin, zog die Hose ganz hoch und verschloss sie. Auf ihren Krücken verlieà sie die Umkleide wieder und ging zu einem Spiegel. Die Hose war perfekt, weit am Bein, eng am Bund, leicht ausgestellt und tiefschwarz.
Sofort kam der Verkäufer mit anderen Hosen in der Hand auf sie zu. „Wunderschön, wirklich wunderschön. Dazu hätte ich noch das perfekte Oberteil. Magst Du grün? Ich liebe grün und diese Hose verlangt nach einem grünen Shirt. Soll ich es holen?“
„Ja, bitte.“
„Nur einen Moment.“ Schon flitzte er davon und kehrte nur Sekunden später mit dem besagten, grünen Shirt zurück, gab es ihr sowie die Hosen, die er zuvor noch herausgesucht hatte.
Wehmütig schaute sie es an, denn es hatte genau die Farbe ihrer Schuhe von gestern. Schon so war es einfach nur schön und sie konnte sich auch vorstellen, wie es zusammen mit der Hose aussehen würde, perfekt. Damit ging sie zurück in die Umkleide und zog es an. Es sah genauso aus, wie sie es sich vorgestellt hatte. Wieder ging sie raus und betrachtete das Gesamtkonzept im Spiegel, das ihr gefiel. Der Verkäufer nickte vom anderen Ende des Ladens zustimmend. Somit war die Entscheidung gefallen. Doch sie brauchte eigentlich keine neuen Ober- sondern Unterteile, also probierte sie die nächste Hose an.
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Währenddessen stand Charlie vor einem Regal mit Schuhen und fragte sich, welche GröÃe wohl richtig war. Er entschied sich einfach für 6 und hoffte, damit richtig zu liegen. Leuchtendes pink mit grünen Sternen, die sogar glitzerten. Zwar entsprachen sie nicht ganz denen von gestern, denn die hatten Punkte, aber zumindest waren die Farben krass. Das entsprechende Paar nahm er aus dem Regal und ging damit zur Kasse.
Die Verkäuferin zog den Barcode über das Lesegerät und nannte den Preis.
Aus seinem Portemonnaie zog er einen Schein und reichte ihn ihr, dabei schaute er sie an. „Kann ich die umtauschen, wenn sie nicht passen?“, fragte
„Natürlich, aber nur innerhalb der nächsten Woche und bei Vorlage des Kassenbons.“ Als sie geendet hatte, tippte sie den Betrag ein und zählte das Wechselgeld ab, das sie ihm zusammen mit dem Kassenbon gab. „Möchten Sie eine Tüte?“
„Ja. Haben sie vielleicht ein buntes Band, das ich um die Schuhe wickeln könnte. Sie sind ein Geschenk.“
Auf die Frage antwortete sie nicht sondern holte aus einer Schublade einen Geschenkbandabroller hervor und schnitt ein Stück Band ab, das sie zu den Schuhen in die Tüte legte.
„Vielen Dank“, sagte Charlie, steckte sein Wechselgeld ein, nahm die Tüte und machte sich auf den Rückweg. „Auf Wiedersehen.“
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Als Charlie erneut den Laden betrat, sah er noch gerade Amita, wie sie wieder die Umkleidekabine betrat. Das Outfit gefiel ihm und passte perfekt zu den Schuhen. Darum ging er sofort auf die Umkleide zu. „Amita, ich bin wieder da, falls was sein sollte.“
Aus der Kabine drang nur ein angestrengtes Geräusch. Augenblicke später antwortete sie: „Okay, aber das dauert wohl noch. Der Verkäufer hat mir mindestens zehn Hosen gebracht, von denen ich erst eine anprobiert habe. Das Umziehen ist ein wenig mühselig. Ich ruf Dich, wenn ich was brauch.“
„Okay, dann schau ich mich hier ein wenig um.“
„Tu das“, entgegnete sie und war gerade dabei, die nächste Hose überzuziehen, die viel zu weit war. Sofort zog sie diese wieder aus, legte sie auf einen gesonderten Stapel und nahm die nächste in die Hand.
Wonach er schaute, wusste er nicht. Hier gab es zwar auch Herrenbekleidung, aber er brauchte nichts. Darum ging er ohne Ziel durch den Laden und blieb vor einem Drehgestell stehen. Vielleicht wollte sie ja auch einen Rock haben und nicht nur Hosen, dachte er sich und schaute sie an. Er wusste nicht, welche GröÃe sie hatte und konnte es auch nicht abschätzen. Deswegen ging er zum Verkäufer und fragte ihn um Rat. So bekam er die gewünschte Information und konnte nun gezielt suchen. Schnell fand er einen, den er wie für sie gemacht hielt und herausnahm. An einem anderen Ständer sah er Tops, die dazu und vor allem zum derzeitigen Wetter der Stadt passten. Auch diesen durchsuchte er, obwohl sie davon nichts gesagt hatte.
„Charlie?“, rief sie in den Laden, weil sie ihn nicht sah, als sie den Vorhang zur Seite schob. Nur eine Sekunde später entdeckte sie ihn. „Charlie!“, rief sie nun noch einmal.
Auf den zweiten Ruf reagierte er und hielt dabei ein Top in der Hand. „Ja?“
„Ich brauch Deine Meinung. Kannst Du bitte kommen?“
Er nickte nur und ging, ohne das Top zurückzuhängen, zu ihr. Prüfend schaute er sie an. „Die Hose sitzt gut. Passt sie auch am Bein?“
„Ja.“
„Dann würde ich sie nehmen.“
„Also ist die auch gekauft. Was hast Du da?“, fragte sie und deutete auf den Rock und das Top, was er noch immer in der Hand hielt.
„Ich dachte mir, dass Du vielleicht auch einen Rock anstatt Hosen haben möchtest.“
„Gute Idee. Und das Top?“
Erst jetzt realisierte er, dass er es mitgenommen hatte. „Das hab ich mir nur angeschaut und wollte es eigentlich wieder zurückhängen.“
„Egal, das zieh ich auch an.“ Die Kleider klemmte sie sich unter den Arm, während sie an Krücken zurück in die Umkleidekabine ging.
Charlie, der sich nicht weiter umschauen wollte, setzte sich auf einen der Hocker, auf die er zuvor hingewiesen worden war.
Zwischenzeitig kam der Verkäufer und erkundigte sich, ob sie noch etwas brauchte. Das lehnte sie aber dankend ab, woraufhin er wieder davonging.
Einige Minuten später verlieà sie wieder die Umkleidekabine und trug den Rock sowie das Top, das luftig ihre Figur umspielte. Sie selbst fand es wunderschön und auch bequem, wollte aber auch Charlies Meinung dazu hören.
Als Charlie sie so sah, stiegen sofort Bilder von seinem Traum empor. Er sah Don, wie er seine Hände unter ihr Top schob, wie sie ihre unter dessen T-Shirt fuhren. Wieso musste dieses Bild nur wahr werden, hätte er nicht irgendetwas anderes in der Hand halten können? Warum nur war sein Bruder immer wieder allgegenwärtig? Fragen über Fragen beschäftigten seinen Kopf und ohne dass er es wollte, sank seine Laune auf den Tiefpunkt.
„Das ist gut, oder?“, wendete Amita sich an ihn.
Still und leise nickte er nur, ehe er wegschaute.
Gleichzeitig kam der Verkäufer auf sie zu. „Das ist ja traumhaft. Auf jeden Fall kommt das auf den Kaufstapel, denn das steht soooo gut.“
Daraufhin nickte sie nur und kehrte zurück, um noch ein paar Hosen anzuprobieren. Dabei dachte sie allerdings über Charlies Stimmungsumschwung nach. Was war nur in ihn gefahren. So einsilbig hatte sie ihn bisher nicht erlebt. Vorhin war er noch gut gelaunt gewesen, auch wenn er kurz wegmusste. Vielleicht hatte es ja damit was zu tun. Aber was sollte denn groÃartig passiert sein. Ob Don mit ihm geredet hatte? Wenn ja, was hatte er ihm erzählt. Viele Fragen schwirrten durch ihren Kopf, auf die sie so schnell keine Antwort fand. Darum lieà sie das Denken sein und konzentrierte sich wieder auf die Hosen.
Danke an Jo & XY ungelöst - die weltbesten Künstlerinnen
Ideenlos und stolz darauf!