26.04.2008, 23:06
@Jumipi: Du bist ein wahrer Engel.
Hier ist mein nächster Teil, der etwas länger gedauert hat aus PC-Problemen, die sich mittlerweile gegeben haben. Ich wünsche wieder einmal viel Spaà beim Lesen und würde mich über Feedback freuen.
Wieder begann ein Tag, nur war dieser anders. War Charlie an den ersten beiden Arbeitstagen noch hoch motiviert aufgestanden, so wollte er heute am liebsten im Bett bleiben. Seine gestrige Vernunfttat war logisch, aber die Folge nicht schön. Trotzdem musste er aufstehen und zur Arbeit gehen, beschloss aber den gestrigen Abend, vor allem das Ende, aus seinem Gedächtnis zu streichen. Glücklicherweise hatte er noch etwas zu erledigen, was ihn am Denken hinderte.
Alan saà vor seiner täglichen Portion Müsli sowie einem Becher Kaffe und las die vor ihm ausgebreitete Zeitung, als er seinen Sohn die Treppe herunterkommen hörte. "Guten Morgen, Charlie. Soll ich Dir Frühstück machen?"
Weder war ihm nach Essen noch nach der Gesellschaft seines Vaters. "Lass gut sein, Dad, ich bin spät dran." Mit diesen Worten verlieà er das Haus auch schon, ging in die Garage und suchte nach einem Karton, den er dank der von seiner Mutter geerbten Vorliebe, alles zu sortieren und zu beschriften, rasch fand. Er öffnete ihn und schaute kurz hinein, um festzustellen, dass es der Richtige war. Den hob er nun hoch und ging damit zurück ins Haus. "Dad, kann ich das Auto heute haben?", fragte er.
"Natürlich. Kann ich es heute Mittag wieder abholen oder brauchst Du es den ganzen Tag?"
"Eigentlich muss ich nur diesen Karton zur Uni bringen“, antwortete er. „Das wird schon funktionieren. Vielleicht bring ich es auch vorbei, mal sehen. Ich ruf Dich später einfach an. Okay?“
Alans Antwort war ein einfaches Nicken.
„Bis dann, Dad."
An der CalSci angekommen stellte er den Karton im Büro ab und holte sich dann einen groÃen Becher Kaffee, ehe er zu seinem Büro zurückkehrte. Erst jetzt ging er zu seinem Schreibtisch, auf dem ein brauner Umschlag lag, den er neugierig öffnete. Darin enthalten waren fünf Formulare. Auf dem obersten heftete eine Notiz.
Hallo Mr Eppes!
Füllen Sie anliegende Unterlagen bitte aus und geben diese mit den geforderten Anlagen in der Verwaltung ab.
Mit freundlichem GruÃ,
Zewick
Schneller als erwartet kam das Habilitationsverfahren in Gang, daher freute er sich, dass er daran gedacht hatte, seine Veröffentlichungen und anderes Material mitzunehmen. So konnte er sich gleich daran setzen. Doch vorerst legte er das beiseite und startete seinen Computer. Seine Routine, erst den Posteingang zu prüfen, behielt er auch heute bei, hatte allerdings nichts erhalten, auch sein Anrufbeantworter hatte keine Nachrichten aufgezeichnet, ebenso war der Faxeingang leer.
Nachdem er alle administrativen Arbeiten erledigt hatte, nahm er die Formulare wieder zur Hand, legte sie auf den Karton und ging damit zu seinem Besprechungstisch. Zuerst füllte er die Seiten des Habilitationsgesuches aus, ehe er den Deckel vom Karton nahm und in den letzten 15 Jahren seines mathematischen Lebens eintauchte. Die Freundschaftsnetzwerkanalyse, die Eppes-Konvergenz und viele andere Arbeiten nahm er zur Hand und überflog sie, bis er sich für die besten und wichtigsten entschieden hatte. Die Formulare unterschrieb er und legte die Veröffentlichungen dazu. Dann ging er hinüber zu seinem Telefon und rief seinen Mentor an.
"Hallo", sagte Larry abgelenkt.
"Hey, hier ist Charlie."
"Hallo", begrüÃte er ihn nun noch einmal, allerdings war er jetzt bei der Sache. „Was verschafft mir die Ehre?“
"Mein Habilitationsgesuch ist so weit fertig. Würdest Du das mit mir durchgehen, bevor ich es abgebe?"
"Natürlich. Bleib kurz dran."
Charlie hörte, dass Larry im Hintergrund etwas erklärte.
"Da bin ich wieder. Also ... Ich habe in einer Stunde Zeit. Komm einfach vorbei."
"Okay. Bis nachher."
Die Verbindung wurde von seinem Mentor unterbrochen. In der ihm verbleibenden Stunde ging Charlie mit seinen Veröffentlichungen in die Verwaltung und fotokopierte alles einmal. Dann ging er in die Cafeteria, um noch einen Happen zu essen, denn so langsam wurde er hungrig. Erst danach ging er zu seinem Mentor.
Charlie klopfte an Larrys Bürotür und öffnete sie in der gleichen Bewegung, da er erwartet wurde. Ãberraschenderweise platzte er in ein Gespräch seines Mentors mit einigen Studenten, die sich alle zu ihm umdrehten. Unter ihnen war auch Amita, die er als einzige kannte und die sich, nachdem sie ihn erblickt hatte, gleich wieder den Zetteln vor ihr widmete. Dagegen starrten ihn alle anderen unverhohlen an.
Larry ging direkt auf ihn zu. "Es tut mir Leid, Charlie. Das hier dauert noch einen Moment, aber Du kannst Dich gerne zu uns gesellen. Die Studenten prüfen gerade eine Formel."
Daraufhin nickte Charlie nur, ehe er sich der Tafel zuwendete, auf der eine Formel stand. "Die da?", fragte er.
"Ja. Nimm Dir meinen Stuhl und setz Dich. Gleich hab ich Zeit für Dich."
"Okay." Er tat wie ihm geheiÃen, setzte sich und schaute für einen Moment zu den Studenten und hatte, obwohl er es nicht wollte, nur Augen für Amita, die ihn ignorierte. Das traf ihn sehr, aber sie musste ihn doch verstehen. Es war einfach unmöglich. In dieser Situation tat er das, was bei jedem Problem half und flüchtete in die Mathematik. Er nahm einen Block und einen Stift vom Schreibtisch und wendete sich der Tafel zu. Mit Hilfe dieser Dinge begann er, die Formel zu sezieren. So entstanden vor seinem inneren Augen Formen und Muster. Dabei fuhr er sich hin und wieder mit der Hand durch die Haare oder zeichnete mit dem Finger Dinge in die Luft, die nur er sah. SchlieÃlich brachte er seine Ergebnisse zu Papier, womit er nach und nach mehrere Seiten füllte. Seine Umwelt bemerkte er nicht mehr.
Währenddessen beobachteten alle Anwesenden einschlieÃlich Larry ihn gespannt. Niemand dachte an die zu lösende Aufgabe, was ihr Professor, fasziniert von seinem Schützling, durchgehen lieÃ. Selbst Amita blickte von ihrer Berechnung auf und betrachtete ihren Dozenten und Bekannten interessiert. Für sie alle schien es so, als ob er einen Punkt in einer fremden Welt anstarrte. Darüber vergaÃen sie sogar das Ende ihrer Arbeitsgruppe vollkommen und blieben einfach sitzen.
Fertig. Unter das Ergebnis seiner Berechnung zog er zwei Linien, die Aufgabe war gelöst. Er hatte einfach nicht widerstehen können. Warum sollte er auch sinnlos warten, wenn er etwas zu tun hatte, fragte er sich und steckte die Kappe auf den Stift. Dann drehte er sich um und schaute in Gesichter, die ihn anstarrten.
Für einen Moment schaute Larry noch zu ihm, ehe er sich zu seinen Studenten drehte. "So, das reicht für heute. Nächste Woche treffen wir uns dann zur gleichen Zeit im Physiklabor", entlieà er sie.
Niemand stand auf oder packte seine Sachen zusammen, denn sie waren noch immer im Bann des jungen Mannes, der binnen kürzester Zeit das geklärt hatte, woran sie sich seit einer geschlagenen Stunde versuchten. Da sie ihn nicht kannten, musste er gerade erst angefangen sein. Wer war das? Diese Frage brannte ihnen allen unter den Nägeln. Nur Amita kannte die Antwort und war nicht verwundert über die Leistung, vielmehr fasziniert vom Ausdruck in seinem Gesicht. Erst gestern war sie Teil seiner Welt gewesen und heute hatte sie diese Welt noch einmal erlebt. Obwohl sie selbst schon lange wusste, dass sie einen wissenschaftlichen Weg einschlagen würde, hätte sie nie gedacht, dass Wissenschaft so sein konnte. Doch sie verbat sich diese Bewunderung und rief sich ihren Ãrger von gestern zurück, so dass sie schnell wieder in ihre alte Gemütslage zurückfiel.
Larry überraschte, dass die Studenten nicht gingen. Normalerweise konnten sie es kaum erwarten, den Raum zu verlassen. "Ich habe jetzt eine Besprechung", sagte er deshalb zu den Studenten und versuchte so, sie zum Gehen zu bewegen.
Erst jetzt standen die Ersten auf und verabschiedeten sich. Dagegen blieb Amita noch sitzen und wartete ab, bis der Trubel sich legte, damit sie mit ihren Krücken niemanden behinderte. SchlieÃlich packte auch sie ihre Tasche und war die letzte Studentin im Raum. Interessiert schaute sie noch einmal Charlie an, der sich keinen Zentimeter bewegt hatte, sagte aber nichts. "Bis nächste Woche, Professor", verabschiedete sie sich stattdessen von Larry, wendete sich dann aber aus Höflichkeit an den anderen Mann im Raum, "Bye Ch... Mr Eppes." Mit diesen Worten verlieà sie das Büro.
Für einen Moment folgte Larrys Blick ihr, bis die Tür wieder geschlossen war. Erst jetzt wendete er sich an Charlie und fragte neugierig: "Was hast Du da?" Gleichzeitig dachte er darüber nach, was er gerade beobachtet hatte.
"Die mathematische Lösung für die von Dir vorgegebene Formel."
"Okay.“ Larry runzelte die Stirn, denn dafür hatte er ihn nicht hergebeten. „Und was sollen die Studenten machen?", fragte er deshalb.
"Meine Berechnung bestätigen oder sie in der Luft zerreiÃen ist eine Möglichkeit." Charlie lächelte.
"Dann kann ich sie haben?"
"Natürlich. Ist ja eh Dein Block. Ich lass sie einfach hier."
"Vielen Dank." Nun ging Larry um den Tisch herum und nahm ihm den Block ab, den er zu den Unterlagen der Projektgruppe legte. Bewusst lieà er sich einen Moment Zeit damit. "WeiÃt Du, auch wenn magnetisierte Gegenstände und elektrische Ladungen sich anziehen, so ist das kein Grund, dieser Anziehung zu folgen", fuhr er schlieÃlich das Gespräch fort und versuchte dabei, das Thema zu wechseln.
"Doch ist es", antwortete Charlie prompt. Einem Gedanken folgend spielte den Ahnungslosen.
"Charlie, Du missverstehst mich. Es gibt einen Grund, warum Elektronen den Atomkern nur umkreisen", setzte er noch einmal an.
"Ich weiÃ. Das ist doch das grundlegende Atommodell", erwiderte Charlie leicht dümmlich und fragte sich sogleich, ob er dieses Mal nicht zu dick aufgetragen hatte.
Das nahm Larry nicht war, er seufzte nur resigniert und verlieà er das Thema wieder. "Wir sollten uns jetzt mit Dir und Deinen Arbeiten beschäftigen."
Nun erzählte Charlie seinem Mentor, was er alles gemacht und für welche Veröffentlichungen er sich entschieden hatte. Das legte er alles auf den Tisch, an dem zuvor die Studenten gesessen hatten und breitete es aus.
Sorgfältig nahm Larry ein Blatt nach dem anderen zur Hand und schaute es eingehend an, bis er auch die letzte Seite betrachtet hatte. "Das ist doch perfekt und kannst Du so abgeben. Eine Kopie Deiner Promotion musst Du noch beifügen, aber die haben sie in der Verwaltung sicher vorliegen. Frag einfach nach, okay?!"
"Werde ich machen." Für einen Moment hielt Charlie inne. "Sag mal, worum ging's bei dem Treffen eben?"
"Das ist was schief gelaufen. Ich habe zu vielen Studenten einen Platz in meinem Projekt zugesagt und wähle jetzt aus, wer tatsächlich mitarbeiten wird. Heute habe ich sie in der Theorie geprüft, nächste Woche ist dann die Praxis dran. Bis auf Ms Ramanujan sind alle schon in fortgeschrittenen Semestern. Ihre Leistung hat mich daher am meisten überrascht, denn die übersteigt die der anderen, die sich überwiegend im dritten Semester befinden. Sie ist erstaunlich, aber Du weiÃt ja selbst, was sie kann, schlieÃlich kennst Du sie." Noch einmal versuchte er seinen Gesprächspartner aus der Reserve zu locken.
"Flüchtig, Larry! Ich kenne sie nur flüchtig. Aber soweit ich das beurteilen kann, ist sie sehr interessiert und gleichzeitig eine interessante Persönlichkeit." Mit Mühe unterdrückte er das Lächeln, das bei diesem Gedanken seine Lippen umspielen wollte. Ãber seine nächsten Worte dachte er kurz nach und entschied sich dafür, es bei seiner letzten Aussage zu belassen. "Na ja, wenn ich das heute noch abgeben will, muss ich mich beeilen. Vielen Dank noch mal für Deine Hilfe." Ohne auf eine Antwort zu warten, stand er auf, ging zur Tür, öffnete sie und trat auf den Gang.
Er atmete erst einmal tief ein, denn er hatte das indirekte Verhör überstanden. Mit dem Ausatmen schoss ihm aber gleich der Gedanke durch den Kopf, dass Larry etwas bemerkt zu haben schien. Musste es denn so kommen? Innerlich versuchte er sich davon zu überzeugen, über etwas anderes nachzudenken, seine Habilitation wäre eine Möglichkeit, doch es funktionierte nicht wirklich. Nach wie vor kreisten seine Gedanken um Amita, um Larrys Wissen und was daraus folgen konnte. So machte er sich auf den Weg in die Verwaltung.
Kurz darauf stand vor einem jungen Angestellten. „Hi. Ich möchte das hier für Professor Zewick abgeben“, sagte Charlie und überreichte den Umschlag.
„Das leg ich ihm hin, er ist aber erst morgen wieder im Haus.“
„Kein Problem. Ich habe aber noch eine Frage. Das ist meine Habilitation und ich benötige dafür noch eine Kopie meiner Promotion. Können Sie die kopieren?“
„Nee, aber die Angestellte der Personalabteilung. Ich schreib ihr eine Nachricht. Sehen sie das als erledigt an, Mr ...“
„Eppes. Ich bin Charles Eppes.“
„Okay, Mr Eppes.“
„Vielen Dank. Auf Wiedersehen.“
Binnen kürzester Zeit hatte Charlie auch diesen Punkt abgehakt, wodurch er sich einen weiteren Kaffee verdient hatte und dafür in die Cafeteria ging. Doch die Schlange war ihm zu lang, so dass er sich auf den Weg zu seinem Büro machte. Dabei fiel ihm siedendheià ein, dass er seinen Vater noch anrufen musste. Darum ging er, als er sein Büro betreten hatte, sofort zum Schreibtisch und wählte gerade die Telefonnummer, als es klopfte. „Herein“, sagte er, während er den Hörer wieder auflegte und aufschaute.
Den Raum betrat Amita. „Hey“, sagte sie vorsichtig.
„Hallo. Kann ich Dir helfen?“
Stumm nickte sie, denn ihr war unwohl. „Ich möchte Dich um einen Gefallen bitten. Gestern habe ich ein Buch bestellt, das jetzt da ist und ich für morgen benötige. Könntest Du es vielleicht abholen?“, fragte sie, fügte aber sofort eine Erklärung an, „Alan habe ich vorhin nicht erreicht, sonst hätte ich ihn gefragt.“ Fragend schaute sie ihn an.
„Natürlich mache ich das, aber erst später zum Abend hin. Soll ich es Dir dann vorbei bringen?“
„Vielen Dank. Das wäre super“, antwortete sie, drehte sich zur Tür und verlieà ohne ein weiteres Wort den Raum.
Sogleich fragte er sich, was das für ein komischer Moment gewesen war. Trotzdem hatte er den Anruf, den er noch tätigen musste, nicht vergessen und erledigte er erst diesen, bevor er sich mit dem gerade geführten Gespräch beschäftigte. Er wählte erneut die Telefonnummer und wartete auf das Freizeichen.
„Hi Dad, ich bin’s, Charlie. Das Auto bring ich Dir gleich vorbei“, erzählte er rasch und legte auch schon wieder auf, um sich auf den Weg zu machen.
Wenig später stellte er sein Fahrrad auf den dafür vorgesehen Flächen der Uni ab.
Den restlichen Arbeitstag brachte er zügig hinter sich und kehrte abends zu seinem Fahrrad zurück. Damit fuhr er in die Stadt und holte das Buch ab, das er dann zu Amita brachte. An ihrer Tür angekommen klopfte er vorsichtig.
"Es ist offen", sagte sie laut und deutlich.
Der Aussage folgte er und drückte die Klinke herunter. Dann betrat er den Raum. "Hallo", begrüÃte er sie, während er ihr anschaute Zimmer genauer als am Vorabend. Die von ihm herein getragenen Einkäufe waren verschwunden und hatten vermutlich ihren Platz gefunden. Wie sein Bruder schaute auch er die Bilder an der Wand kurz an, richtete seine Aufmerksamkeit aber schlieÃlich auf sie. "Hier ist das Buch", sagte er und gab es ihr.
"Danke", sagte sie mit eisiger Stimme.
Besorgt und gleichzeitig forschend schaute er sie an. "Hast Du Schmerzen?", fragte er unsicher.
Darauf wusste sie nichts zu sagen und fragte sich gleichzeitig, von welchem Planeten er kam. Allerdings war sie sich sicher, dass sie ihn loswerden wollte. "Nein. Vielen Dank. Wir sehen uns dann in der Vorlesung", verabschiedete sie ihn.
Ihre eisige Antwort gab ihm zu denken und das Thema, das er eigentlich vergessen wollte, schoss ihm durch den Kopf. Er blieb und handelte so ihrer indirekten Aufforderung zuwider, aber sein Entschluss, nicht zu gehen und mit ihr zu reden, stand fest. „Was ist los?“
Plötzlich brach es aus Amita heraus, sie konnte sich nicht mehr zurückhalten. „Ist es so schwer zu verstehen, Charlie? Du hast Dich gestern so, so ... Ich weià nicht ... so dämlich verhalten. Da war dieser Moment und Du hast weggeschaut. Das war sehr verletzend.“
„Oh“, entfuhr es ihm überrascht. „Amita, es...“ Für einen Moment hielt er inne und sammelte sich, ehe er von neuem begann sachlich und sortiert. „Du hast das Problem vorgestern selbst benannt. Ich bin Dein Dozent, Du bist meine Studentin. Das kann ich nicht ignorieren, es geht einfach nicht.“
Sie wusste, dass er die Wahrheit sagte, wollte sie aber weder hören noch wahrhaben. „Da hast Du wohl Recht. Wenn Du dann bitte gehen würdest“, forderte sie ihn höflich, aber bestimmt auf. „Nochmals danke für das Buch.“
"Keine Ursache. Auf Wiedersehen." Eigentlich wollte er bleiben und die Sache klären, doch ihre Worte waren eindeutig, darum ging er zur Tür, trat auf den Flur und zog die Tür hinter sich ins Schloss. Dann machte er sich auf den Weg zu seinem Fahrrad und dachte darüber nach, ob das die richtige Entscheidung gewesen war. Darauf fand er aber keine Antwort und wusste, dass das nur die Zukunft zeigen würde.
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Hier ist mein nächster Teil, der etwas länger gedauert hat aus PC-Problemen, die sich mittlerweile gegeben haben. Ich wünsche wieder einmal viel Spaà beim Lesen und würde mich über Feedback freuen.
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Wieder begann ein Tag, nur war dieser anders. War Charlie an den ersten beiden Arbeitstagen noch hoch motiviert aufgestanden, so wollte er heute am liebsten im Bett bleiben. Seine gestrige Vernunfttat war logisch, aber die Folge nicht schön. Trotzdem musste er aufstehen und zur Arbeit gehen, beschloss aber den gestrigen Abend, vor allem das Ende, aus seinem Gedächtnis zu streichen. Glücklicherweise hatte er noch etwas zu erledigen, was ihn am Denken hinderte.
Alan saà vor seiner täglichen Portion Müsli sowie einem Becher Kaffe und las die vor ihm ausgebreitete Zeitung, als er seinen Sohn die Treppe herunterkommen hörte. "Guten Morgen, Charlie. Soll ich Dir Frühstück machen?"
Weder war ihm nach Essen noch nach der Gesellschaft seines Vaters. "Lass gut sein, Dad, ich bin spät dran." Mit diesen Worten verlieà er das Haus auch schon, ging in die Garage und suchte nach einem Karton, den er dank der von seiner Mutter geerbten Vorliebe, alles zu sortieren und zu beschriften, rasch fand. Er öffnete ihn und schaute kurz hinein, um festzustellen, dass es der Richtige war. Den hob er nun hoch und ging damit zurück ins Haus. "Dad, kann ich das Auto heute haben?", fragte er.
"Natürlich. Kann ich es heute Mittag wieder abholen oder brauchst Du es den ganzen Tag?"
"Eigentlich muss ich nur diesen Karton zur Uni bringen“, antwortete er. „Das wird schon funktionieren. Vielleicht bring ich es auch vorbei, mal sehen. Ich ruf Dich später einfach an. Okay?“
Alans Antwort war ein einfaches Nicken.
„Bis dann, Dad."
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An der CalSci angekommen stellte er den Karton im Büro ab und holte sich dann einen groÃen Becher Kaffee, ehe er zu seinem Büro zurückkehrte. Erst jetzt ging er zu seinem Schreibtisch, auf dem ein brauner Umschlag lag, den er neugierig öffnete. Darin enthalten waren fünf Formulare. Auf dem obersten heftete eine Notiz.
Hallo Mr Eppes!
Füllen Sie anliegende Unterlagen bitte aus und geben diese mit den geforderten Anlagen in der Verwaltung ab.
Mit freundlichem GruÃ,
Zewick
Schneller als erwartet kam das Habilitationsverfahren in Gang, daher freute er sich, dass er daran gedacht hatte, seine Veröffentlichungen und anderes Material mitzunehmen. So konnte er sich gleich daran setzen. Doch vorerst legte er das beiseite und startete seinen Computer. Seine Routine, erst den Posteingang zu prüfen, behielt er auch heute bei, hatte allerdings nichts erhalten, auch sein Anrufbeantworter hatte keine Nachrichten aufgezeichnet, ebenso war der Faxeingang leer.
Nachdem er alle administrativen Arbeiten erledigt hatte, nahm er die Formulare wieder zur Hand, legte sie auf den Karton und ging damit zu seinem Besprechungstisch. Zuerst füllte er die Seiten des Habilitationsgesuches aus, ehe er den Deckel vom Karton nahm und in den letzten 15 Jahren seines mathematischen Lebens eintauchte. Die Freundschaftsnetzwerkanalyse, die Eppes-Konvergenz und viele andere Arbeiten nahm er zur Hand und überflog sie, bis er sich für die besten und wichtigsten entschieden hatte. Die Formulare unterschrieb er und legte die Veröffentlichungen dazu. Dann ging er hinüber zu seinem Telefon und rief seinen Mentor an.
"Hallo", sagte Larry abgelenkt.
"Hey, hier ist Charlie."
"Hallo", begrüÃte er ihn nun noch einmal, allerdings war er jetzt bei der Sache. „Was verschafft mir die Ehre?“
"Mein Habilitationsgesuch ist so weit fertig. Würdest Du das mit mir durchgehen, bevor ich es abgebe?"
"Natürlich. Bleib kurz dran."
Charlie hörte, dass Larry im Hintergrund etwas erklärte.
"Da bin ich wieder. Also ... Ich habe in einer Stunde Zeit. Komm einfach vorbei."
"Okay. Bis nachher."
Die Verbindung wurde von seinem Mentor unterbrochen. In der ihm verbleibenden Stunde ging Charlie mit seinen Veröffentlichungen in die Verwaltung und fotokopierte alles einmal. Dann ging er in die Cafeteria, um noch einen Happen zu essen, denn so langsam wurde er hungrig. Erst danach ging er zu seinem Mentor.
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Charlie klopfte an Larrys Bürotür und öffnete sie in der gleichen Bewegung, da er erwartet wurde. Ãberraschenderweise platzte er in ein Gespräch seines Mentors mit einigen Studenten, die sich alle zu ihm umdrehten. Unter ihnen war auch Amita, die er als einzige kannte und die sich, nachdem sie ihn erblickt hatte, gleich wieder den Zetteln vor ihr widmete. Dagegen starrten ihn alle anderen unverhohlen an.
Larry ging direkt auf ihn zu. "Es tut mir Leid, Charlie. Das hier dauert noch einen Moment, aber Du kannst Dich gerne zu uns gesellen. Die Studenten prüfen gerade eine Formel."
Daraufhin nickte Charlie nur, ehe er sich der Tafel zuwendete, auf der eine Formel stand. "Die da?", fragte er.
"Ja. Nimm Dir meinen Stuhl und setz Dich. Gleich hab ich Zeit für Dich."
"Okay." Er tat wie ihm geheiÃen, setzte sich und schaute für einen Moment zu den Studenten und hatte, obwohl er es nicht wollte, nur Augen für Amita, die ihn ignorierte. Das traf ihn sehr, aber sie musste ihn doch verstehen. Es war einfach unmöglich. In dieser Situation tat er das, was bei jedem Problem half und flüchtete in die Mathematik. Er nahm einen Block und einen Stift vom Schreibtisch und wendete sich der Tafel zu. Mit Hilfe dieser Dinge begann er, die Formel zu sezieren. So entstanden vor seinem inneren Augen Formen und Muster. Dabei fuhr er sich hin und wieder mit der Hand durch die Haare oder zeichnete mit dem Finger Dinge in die Luft, die nur er sah. SchlieÃlich brachte er seine Ergebnisse zu Papier, womit er nach und nach mehrere Seiten füllte. Seine Umwelt bemerkte er nicht mehr.
Währenddessen beobachteten alle Anwesenden einschlieÃlich Larry ihn gespannt. Niemand dachte an die zu lösende Aufgabe, was ihr Professor, fasziniert von seinem Schützling, durchgehen lieÃ. Selbst Amita blickte von ihrer Berechnung auf und betrachtete ihren Dozenten und Bekannten interessiert. Für sie alle schien es so, als ob er einen Punkt in einer fremden Welt anstarrte. Darüber vergaÃen sie sogar das Ende ihrer Arbeitsgruppe vollkommen und blieben einfach sitzen.
Fertig. Unter das Ergebnis seiner Berechnung zog er zwei Linien, die Aufgabe war gelöst. Er hatte einfach nicht widerstehen können. Warum sollte er auch sinnlos warten, wenn er etwas zu tun hatte, fragte er sich und steckte die Kappe auf den Stift. Dann drehte er sich um und schaute in Gesichter, die ihn anstarrten.
Für einen Moment schaute Larry noch zu ihm, ehe er sich zu seinen Studenten drehte. "So, das reicht für heute. Nächste Woche treffen wir uns dann zur gleichen Zeit im Physiklabor", entlieà er sie.
Niemand stand auf oder packte seine Sachen zusammen, denn sie waren noch immer im Bann des jungen Mannes, der binnen kürzester Zeit das geklärt hatte, woran sie sich seit einer geschlagenen Stunde versuchten. Da sie ihn nicht kannten, musste er gerade erst angefangen sein. Wer war das? Diese Frage brannte ihnen allen unter den Nägeln. Nur Amita kannte die Antwort und war nicht verwundert über die Leistung, vielmehr fasziniert vom Ausdruck in seinem Gesicht. Erst gestern war sie Teil seiner Welt gewesen und heute hatte sie diese Welt noch einmal erlebt. Obwohl sie selbst schon lange wusste, dass sie einen wissenschaftlichen Weg einschlagen würde, hätte sie nie gedacht, dass Wissenschaft so sein konnte. Doch sie verbat sich diese Bewunderung und rief sich ihren Ãrger von gestern zurück, so dass sie schnell wieder in ihre alte Gemütslage zurückfiel.
Larry überraschte, dass die Studenten nicht gingen. Normalerweise konnten sie es kaum erwarten, den Raum zu verlassen. "Ich habe jetzt eine Besprechung", sagte er deshalb zu den Studenten und versuchte so, sie zum Gehen zu bewegen.
Erst jetzt standen die Ersten auf und verabschiedeten sich. Dagegen blieb Amita noch sitzen und wartete ab, bis der Trubel sich legte, damit sie mit ihren Krücken niemanden behinderte. SchlieÃlich packte auch sie ihre Tasche und war die letzte Studentin im Raum. Interessiert schaute sie noch einmal Charlie an, der sich keinen Zentimeter bewegt hatte, sagte aber nichts. "Bis nächste Woche, Professor", verabschiedete sie sich stattdessen von Larry, wendete sich dann aber aus Höflichkeit an den anderen Mann im Raum, "Bye Ch... Mr Eppes." Mit diesen Worten verlieà sie das Büro.
Für einen Moment folgte Larrys Blick ihr, bis die Tür wieder geschlossen war. Erst jetzt wendete er sich an Charlie und fragte neugierig: "Was hast Du da?" Gleichzeitig dachte er darüber nach, was er gerade beobachtet hatte.
"Die mathematische Lösung für die von Dir vorgegebene Formel."
"Okay.“ Larry runzelte die Stirn, denn dafür hatte er ihn nicht hergebeten. „Und was sollen die Studenten machen?", fragte er deshalb.
"Meine Berechnung bestätigen oder sie in der Luft zerreiÃen ist eine Möglichkeit." Charlie lächelte.
"Dann kann ich sie haben?"
"Natürlich. Ist ja eh Dein Block. Ich lass sie einfach hier."
"Vielen Dank." Nun ging Larry um den Tisch herum und nahm ihm den Block ab, den er zu den Unterlagen der Projektgruppe legte. Bewusst lieà er sich einen Moment Zeit damit. "WeiÃt Du, auch wenn magnetisierte Gegenstände und elektrische Ladungen sich anziehen, so ist das kein Grund, dieser Anziehung zu folgen", fuhr er schlieÃlich das Gespräch fort und versuchte dabei, das Thema zu wechseln.
"Doch ist es", antwortete Charlie prompt. Einem Gedanken folgend spielte den Ahnungslosen.
"Charlie, Du missverstehst mich. Es gibt einen Grund, warum Elektronen den Atomkern nur umkreisen", setzte er noch einmal an.
"Ich weiÃ. Das ist doch das grundlegende Atommodell", erwiderte Charlie leicht dümmlich und fragte sich sogleich, ob er dieses Mal nicht zu dick aufgetragen hatte.
Das nahm Larry nicht war, er seufzte nur resigniert und verlieà er das Thema wieder. "Wir sollten uns jetzt mit Dir und Deinen Arbeiten beschäftigen."
Nun erzählte Charlie seinem Mentor, was er alles gemacht und für welche Veröffentlichungen er sich entschieden hatte. Das legte er alles auf den Tisch, an dem zuvor die Studenten gesessen hatten und breitete es aus.
Sorgfältig nahm Larry ein Blatt nach dem anderen zur Hand und schaute es eingehend an, bis er auch die letzte Seite betrachtet hatte. "Das ist doch perfekt und kannst Du so abgeben. Eine Kopie Deiner Promotion musst Du noch beifügen, aber die haben sie in der Verwaltung sicher vorliegen. Frag einfach nach, okay?!"
"Werde ich machen." Für einen Moment hielt Charlie inne. "Sag mal, worum ging's bei dem Treffen eben?"
"Das ist was schief gelaufen. Ich habe zu vielen Studenten einen Platz in meinem Projekt zugesagt und wähle jetzt aus, wer tatsächlich mitarbeiten wird. Heute habe ich sie in der Theorie geprüft, nächste Woche ist dann die Praxis dran. Bis auf Ms Ramanujan sind alle schon in fortgeschrittenen Semestern. Ihre Leistung hat mich daher am meisten überrascht, denn die übersteigt die der anderen, die sich überwiegend im dritten Semester befinden. Sie ist erstaunlich, aber Du weiÃt ja selbst, was sie kann, schlieÃlich kennst Du sie." Noch einmal versuchte er seinen Gesprächspartner aus der Reserve zu locken.
"Flüchtig, Larry! Ich kenne sie nur flüchtig. Aber soweit ich das beurteilen kann, ist sie sehr interessiert und gleichzeitig eine interessante Persönlichkeit." Mit Mühe unterdrückte er das Lächeln, das bei diesem Gedanken seine Lippen umspielen wollte. Ãber seine nächsten Worte dachte er kurz nach und entschied sich dafür, es bei seiner letzten Aussage zu belassen. "Na ja, wenn ich das heute noch abgeben will, muss ich mich beeilen. Vielen Dank noch mal für Deine Hilfe." Ohne auf eine Antwort zu warten, stand er auf, ging zur Tür, öffnete sie und trat auf den Gang.
Er atmete erst einmal tief ein, denn er hatte das indirekte Verhör überstanden. Mit dem Ausatmen schoss ihm aber gleich der Gedanke durch den Kopf, dass Larry etwas bemerkt zu haben schien. Musste es denn so kommen? Innerlich versuchte er sich davon zu überzeugen, über etwas anderes nachzudenken, seine Habilitation wäre eine Möglichkeit, doch es funktionierte nicht wirklich. Nach wie vor kreisten seine Gedanken um Amita, um Larrys Wissen und was daraus folgen konnte. So machte er sich auf den Weg in die Verwaltung.
Kurz darauf stand vor einem jungen Angestellten. „Hi. Ich möchte das hier für Professor Zewick abgeben“, sagte Charlie und überreichte den Umschlag.
„Das leg ich ihm hin, er ist aber erst morgen wieder im Haus.“
„Kein Problem. Ich habe aber noch eine Frage. Das ist meine Habilitation und ich benötige dafür noch eine Kopie meiner Promotion. Können Sie die kopieren?“
„Nee, aber die Angestellte der Personalabteilung. Ich schreib ihr eine Nachricht. Sehen sie das als erledigt an, Mr ...“
„Eppes. Ich bin Charles Eppes.“
„Okay, Mr Eppes.“
„Vielen Dank. Auf Wiedersehen.“
Binnen kürzester Zeit hatte Charlie auch diesen Punkt abgehakt, wodurch er sich einen weiteren Kaffee verdient hatte und dafür in die Cafeteria ging. Doch die Schlange war ihm zu lang, so dass er sich auf den Weg zu seinem Büro machte. Dabei fiel ihm siedendheià ein, dass er seinen Vater noch anrufen musste. Darum ging er, als er sein Büro betreten hatte, sofort zum Schreibtisch und wählte gerade die Telefonnummer, als es klopfte. „Herein“, sagte er, während er den Hörer wieder auflegte und aufschaute.
Den Raum betrat Amita. „Hey“, sagte sie vorsichtig.
„Hallo. Kann ich Dir helfen?“
Stumm nickte sie, denn ihr war unwohl. „Ich möchte Dich um einen Gefallen bitten. Gestern habe ich ein Buch bestellt, das jetzt da ist und ich für morgen benötige. Könntest Du es vielleicht abholen?“, fragte sie, fügte aber sofort eine Erklärung an, „Alan habe ich vorhin nicht erreicht, sonst hätte ich ihn gefragt.“ Fragend schaute sie ihn an.
„Natürlich mache ich das, aber erst später zum Abend hin. Soll ich es Dir dann vorbei bringen?“
„Vielen Dank. Das wäre super“, antwortete sie, drehte sich zur Tür und verlieà ohne ein weiteres Wort den Raum.
Sogleich fragte er sich, was das für ein komischer Moment gewesen war. Trotzdem hatte er den Anruf, den er noch tätigen musste, nicht vergessen und erledigte er erst diesen, bevor er sich mit dem gerade geführten Gespräch beschäftigte. Er wählte erneut die Telefonnummer und wartete auf das Freizeichen.
„Hi Dad, ich bin’s, Charlie. Das Auto bring ich Dir gleich vorbei“, erzählte er rasch und legte auch schon wieder auf, um sich auf den Weg zu machen.
Wenig später stellte er sein Fahrrad auf den dafür vorgesehen Flächen der Uni ab.
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Den restlichen Arbeitstag brachte er zügig hinter sich und kehrte abends zu seinem Fahrrad zurück. Damit fuhr er in die Stadt und holte das Buch ab, das er dann zu Amita brachte. An ihrer Tür angekommen klopfte er vorsichtig.
"Es ist offen", sagte sie laut und deutlich.
Der Aussage folgte er und drückte die Klinke herunter. Dann betrat er den Raum. "Hallo", begrüÃte er sie, während er ihr anschaute Zimmer genauer als am Vorabend. Die von ihm herein getragenen Einkäufe waren verschwunden und hatten vermutlich ihren Platz gefunden. Wie sein Bruder schaute auch er die Bilder an der Wand kurz an, richtete seine Aufmerksamkeit aber schlieÃlich auf sie. "Hier ist das Buch", sagte er und gab es ihr.
"Danke", sagte sie mit eisiger Stimme.
Besorgt und gleichzeitig forschend schaute er sie an. "Hast Du Schmerzen?", fragte er unsicher.
Darauf wusste sie nichts zu sagen und fragte sich gleichzeitig, von welchem Planeten er kam. Allerdings war sie sich sicher, dass sie ihn loswerden wollte. "Nein. Vielen Dank. Wir sehen uns dann in der Vorlesung", verabschiedete sie ihn.
Ihre eisige Antwort gab ihm zu denken und das Thema, das er eigentlich vergessen wollte, schoss ihm durch den Kopf. Er blieb und handelte so ihrer indirekten Aufforderung zuwider, aber sein Entschluss, nicht zu gehen und mit ihr zu reden, stand fest. „Was ist los?“
Plötzlich brach es aus Amita heraus, sie konnte sich nicht mehr zurückhalten. „Ist es so schwer zu verstehen, Charlie? Du hast Dich gestern so, so ... Ich weià nicht ... so dämlich verhalten. Da war dieser Moment und Du hast weggeschaut. Das war sehr verletzend.“
„Oh“, entfuhr es ihm überrascht. „Amita, es...“ Für einen Moment hielt er inne und sammelte sich, ehe er von neuem begann sachlich und sortiert. „Du hast das Problem vorgestern selbst benannt. Ich bin Dein Dozent, Du bist meine Studentin. Das kann ich nicht ignorieren, es geht einfach nicht.“
Sie wusste, dass er die Wahrheit sagte, wollte sie aber weder hören noch wahrhaben. „Da hast Du wohl Recht. Wenn Du dann bitte gehen würdest“, forderte sie ihn höflich, aber bestimmt auf. „Nochmals danke für das Buch.“
"Keine Ursache. Auf Wiedersehen." Eigentlich wollte er bleiben und die Sache klären, doch ihre Worte waren eindeutig, darum ging er zur Tür, trat auf den Flur und zog die Tür hinter sich ins Schloss. Dann machte er sich auf den Weg zu seinem Fahrrad und dachte darüber nach, ob das die richtige Entscheidung gewesen war. Darauf fand er aber keine Antwort und wusste, dass das nur die Zukunft zeigen würde.
Danke an Jo & XY ungelöst - die weltbesten Künstlerinnen
Ideenlos und stolz darauf!