Ein Neuer Tag

Vielen Dank für das liebe, ausführliche und einzige FB, Katalin.

Der Zeitsprung musste sein, um die Geschichte inhaltlich nach vorne zu bringen.

27.

Einige Tage später:

Am Montag ging Don das erste Mal zur Arbeit. Nachdem er in die Arbeit vor Ort eingewiesen worden war, begleitete er seine neuen Kollegen bei diversen Aufgaben und sollte sich so an den Alltag gewöhnen. Dabei machte er sich gut, wurde ihm in seinem Reflexionsgespräch mitgeteilt. Deshalb ging er am Dienstag mit sehr viel Elan zur Arbeit. Als er im FBI-Büro eintraf, sollte er Tom, seinen Teamleiter, zu einem Verhör begleiten, der Dons Wissen und vor allem sein Können prüfen wollte. Die Instruktionen waren eindeutig: beobachten, nicht agieren. Am Tisch saß er neben Tom, gegenüber von einem Verdächtigen. Während sein Vorgesetzter Fragen stellte, achtete Don auf alles.

Die Person war nicht geständig, doch die Körpersprache sagte viel aus. Sein Verhalten stimmte nicht mit dem Gesagten überein. Das erläuterte er eingehend, als sein Teamleiter ihn anschließend außerhalb des Verhörraumes um seine Eindrücke bat. Tom war mit ihm zufrieden und bestätigte seine Eindrücke. Deshalb übertrug er ihm nun seine erste eigenverantwortliche Aufgabe. Don sollte Beweise gegen den Mann sammeln. Zuerst gab er seinem Computer den Befehl, alte Akten mit Übereinstimmungen zu suchen, aber der Fall reichte zu weit in die Vergangenheit zurück. Don benötigte ältere Fälle, die noch nicht in der Datenbank erfasst waren. Trotzdem musste er seine Arbeit erledigen, deshalb forderte er vom Archiv die Papierakten an und erhielt nach kurzer Zeit fünf Kartons geliefert, die alle randvoll waren. Das alles durchzuarbeiten, hasste er jetzt schon.

Während der Ausbildung hatte er gelernt, wie er mit dem FBI-Datenprogramm umzugehen hatte. Normalerweise benötigte er nur wenige Klicks mit der Maus, um die Angaben zu Fällen auf dem Bildschirm aufzulisten. Doch er hatte auch folgende Regel gelernt: Daten, die bis zu fünf Jahre alt waren, befanden sich in der Datenbank. Daten, die älter als fünf Jahre waren, waren möglicherweise eingepflegt. Daten, die älter als zehn Jahre waren, waren nicht suchenswert. Seine Daten gingen bis zu 15 Jahre zurück, deshalb hatte Don keine Wahl. Zudem wurde noch unterschieden, ob Fälle erledigt oder noch offen waren. Offene Fälle wurden eher aufgenommen als erledigte.

Dieser Aspekt an der Arbeit gefiel Don nicht, doch er wusste auch, dass zu wenig Personal vorhanden war, um die Arbeit zu erledigen, denn es verlangte Vorkenntnisse im Bereich der Datenerfassung und das Verständnis von Strukturen. Zudem musste die Person dieselbe Hintergrundüberprüfung durchlaufen haben wie ein FBI-Agent, schließlich waren die Daten heikel. Die Mühe hierfür machte sich das FBI nicht, stattdessen wurde abgewartet. Das Problem löste sich aber nicht durch Warten, denn zu den alten Fällen kamen auch neue hinzu, die in die Datenbank aufgenommen werden mussten. Die letzte Rettung waren immer die Papierakten, die es nach wie vor gab und sich nun vor ihm stapelten.

Während er innerlich noch fluchte und begann, die Akten zu sortieren und durchzuarbeiten, entdeckte er die Lösung für ein Problem, das den Fall nicht tangierte. Doch bevor er sich darum kümmerte, erledigte er gewissenhaft seine Aufgabe, blätterte alte Papiere durch und notierte die entsprechenden Daten. Das ganze dauerte eine Weile. Er fuhr zwischendurch kurz nach Hause, um zu duschen und etwas zu essen, kehrte dann aber wieder zurück, um weiterzuarbeiten. Schlaf fand er kaum, meist lehnte er sich nur für einen Moment mit geschlossenen Augen in seinem Bürostuhl zurück.

Am Mittwoch war er endlich fertig und ging zu Tom, der schon auf die Ergebnisse wartete. Kurz überflog er die handschriftlichen Seiten und reichte sie dann einem anderen Teammitglied weiter und bat ihn, Don mit einzubeziehen. Alleine würde er noch nicht arbeiten, erst einmal musste er zeigen, was er konnte. Doch er folgte seinem Kollegen nicht sondern blieb vor seinem Vorgesetzten stehen, der darauf wartete, dass Don etwas sagte. Für ihn war offensichtlich, dass noch nicht alles geklärt war. Daraufhin begann Don, seinem Vorgesetzten von der Idee zu erzählen. Interessiert hörte dieser zu und bat Don zum Schluss, die notwendigen Daten zu notieren. Er wollte sich mit dem zuständigen Mitarbeiter unterhalten und sich dann melden. Anschließend entließ er Don in den Feierabend, obwohl er wusste, dass er eigentlich eine Aufgabe mit seinem Kollegen zu erledigen hatte. Tom wusste aber auch, dass sein neues Teammitglied 36 Stunden fast durchgehend gearbeitet hatte.

Obwohl er Feierabend hatte, verließ Don das Gebäude nicht. Stattdessen ging er zu seinem Schreibtisch, setzte sich und notierte, was er wusste auf einem weißen Blatt Papier. Wenn er zu sich selbst ehrlich gewesen wäre, was er eigentlich immer war, hätte er sich nicht so weit aus dem Fenster gelehnt, denn er wusste nichts, doch seine Menschenkenntnis hatte ihn bisher noch nie im Stich gelassen. So verließ er sich auf sein Gespür und kehrte noch einmal zu Tom zurück, gab ihm auch diesen Zettel und verabschiedete sich dann.
--

Besonders für Charlie war die Zeit seit der Ankunft seines Bruders schnell vergangen. Dies war aus verschiedenen Gründen so, doch hauptsächlich war es das herannahende Kolloquium. Nachdem er über eine Woche lang das Übliche gemacht hatte, stand es endlich an. Entgegen seinem normalen Verhalten, gerne und vor allem über die Mathematik viel zu reden, hatte Charlie niemand von dem genauen Termin erzählt. Seine Familie wusste nur, dass er die Professur anstrebte und auch daran arbeitete, aber nicht, wie weit sie fortgeschritten war. Deshalb fuhr er am Freitag wie immer mit dem Fahrrad zur CalSci, als ob es ein ganz normaler Arbeitstag war. Seinen Tag dort wollte er auch so gestalten, um die aufkeimende Nervosität zu unterdrücken. Seine Routine, den Tag mit einem Kaffee zu beginnen, ließ er dennoch ausfallen, kaufte stattdessen in der Cafeteria einen Kräutertee und hoffte auf eine beruhigende Wirkung.

Da er keine Vorlesungen hatte, ging er in sein Büro und setzte sich an den Schreibtisch. Er trank einen Schluck Tee, dann schaute er auf die Uhr, wobei er feststellte, dass noch ein langer Tag vor ihm lag, ehe das Kolloquium beginnen würde. Deshalb konzentrierte er sich auf seinen Tee, doch die Zeit verging dadurch nicht schneller, so dass er keine Viertelstunde hinter sich gebracht hatte, als der Becher leer war. Aus diesem Grund ging er erneut in die Cafeteria, um sich einen weiteren Tee zu holen. Anstatt des Bechers nahm er dieses Mal eine Kanne mit. Dann musste er nicht so of Nachschub holen, hatte er sich überlegt, denn er hatte noch einige Wartezeit vor sich. Nachdem er in sein Büro zurückgekehrt war, wiederholte sich sein Ritual. Erst Tee trinken, dann auf die Uhr schauen. Das wiederholte er so lange, bis auch die Kanne leer war.

Er selbst war dadurch nicht ruhiger geworden, jedoch war ein Bedürfnis entstanden. Deshalb ging er zur Toilette, um sich des Tees zu entledigen. Wobei er merkte, dass seine Aufregung stetig anstieg, obwohl er auf Koffein verzichtet hatte. Hibbelig fummelte er deshalb merklich länger als sonst an seinem Reisverschluss herum, bis er ihn schließlich geöffnet hatte. Dann erledigte er sein Geschäft und wusch sich anschließend die Hände. Als er auf den Flur hinaustrat, traf prompt auf Amita.

„Hey Charlie. Wie geht's?", fragte sie gut gelaunt, denn sie hatte gerade eine gute Bewertung erhalten. Das Hochgefühl lenkte sie sogar von ihrem Geldproblem ab.

„Hallo", sagte Charlie leise, ehe er sich räusperte, um seine Stimm zu festigen. „Hallo", wiederholte er mit festerer Stimme, war dabei auch in der Stimme lauter, sicher klang er jedoch nicht.

Fragend schaute sie ihn an, denn sie wunderte sich über sein Auftreten. So war er sonst nicht. Doch sie sagte nichts, sondern wartete auf eine Reaktion seinerseits.

„Ich habe gleich mei... eine Besprechung und muss weiter", verabschiedete er sich schon wieder.

„Falls der Termin wichtig ist, solltest Du vielleicht auf Dein Auftreten wert legen", reagierte sie lächelnd und deutete auf seinen Intimbereich.

Daraufhin schaute Charlie an sich herunter und entdeckte, dass er vergessen hatte, den Reisverschluss seiner Hose wieder zu schließen. Peinlich berührt holte er das in ihrer Gegenwart nach, wobei ihm die Schamesröte ins Gesicht stieg.

„Danke." Aus seiner Stimme war jetzt wieder jede Art von Lautstärke und Selbstvertrauen gewichen.

„Gern geschehen", begann Amita wohlwollend, „Viel Erfolg beim Kolloquium." Anschließend setzte sie ihren Weg fort.

In Charlies Kopf ging nun alles drunter und drüber. Seine Besprechung, wie er das Kolloquium betitelt hatte, nahm einen Teil seiner Gedanken ein, der nicht allzu klein war. Dann war da aber auch einer der peinlichsten Momente seines Lebens. Ein offener Reisverschluss. Schlimm genug war es, wenn irgendjemand es bemerkte, aber das gerade sie es sehen musste, war noch viel dramatischer. Deshalb beschloss er, sich von jetzt ab vom Tee fernzuhalten, generell wollte er sich von allem fernhalten, was peinlich enden konnte. Mit diesem Gedanken kehrte er in sein Büro zurück und setzte sich wieder hin.

Zuerst versuchte er noch, irgendetwas liegen gebliebenes abzuarbeiten, doch das schaffte er nicht. Auch mit Lesen konnte er sich nicht ablenken, da er jeden Satz mehrfach studieren musste, um den Inhalt zu verstehen. Stattdessen starrte er jetzt nur noch auf die Uhr an der Wand und beobachtete, wie der Sekundenzeiger sich seinem Empfinden nach im Minutentakt weiterbewegte.

Irgendwann öffnete sich die Tür und Larry trat ein, doch das nahm er nur am Rande war, denn sein Blick war immer noch auf die Uhr gerichtet. Der Zeit schenkte er dabei keine Beachtung, so dass gefühlte fünf Minuten vergangen waren.

„Bist Du so weit, Charlie?"

Larrys Frage riss ihn aus seinem gedanklichen Trott.

„Ja, bin ich", antwortete er, wobei seine Stimme nicht überzeugte. Trotzdem erhob er sich langsam.

„Dann komm." Mit Nachdruck schritt Larry zu seinem Schützling und schob ihn ein wenig in Richtung der Tür.

Langsam begann Charlie seinen Weg allein zu gehen. In diesem Moment war er sich nicht sicher, ob er etwas wusste und wenn ja, was er wusste. Trotzdem folgte er Larry, der an ihm vorbei ging. In diesem Augenblick trat sein Mentor zum ersten Mal sicher auf und ging steten Schrittes auf die Tür zu. Dort schloss Charlie zu ihm auf, trat gemeinsam mit ihm auf den Flur und setzte den Weg bis zu einem Hörsaal der Universität fort. Durch die zweiflügelige Tür schritten sie gemeinsam in Saal, der schon mit einigen Personen gefüllt war.

Larry wusste, dass er ihn nicht weiter begleiten konnte, hielt Charlie am Arm fest und wartete, bis er sich dessen Aufmerksamkeit gewiss war.

„Ich bin mir sicher, dass Du das schaffst. Ich kenne keinen dermaßen begnadeten Mathematiker wie Dich", sprach er ein paar Worte in der Hoffnung, dass sie ihn aufmunterten und ihm Mut machten.

Als Antwort nickte Charlie knapp und ging weiter nach vorne zum Stehpult, auf dem seine Habilitationsschrift lag. Viel zu viele Augenpaare beobachteten ihn, so fühlte es sich zumindest in diesem Moment an. Beklommen schaute er auf die Uhr über der Tür, die unaufhörlich auf 15 Uhr zuging. Währendessen füllte sich der Saal nach und nach mit noch mehr Leuten, die er teilweise kannte. Die meisten waren ihm jedoch fremd. Viele Augenpaare waren auf ihn gerichtet, als sich sein Bereichsleiter erhob.

„Sehr geehrte Kolleginnen, Kollegen und Ehemalige, wir werden heute Dr. Charles Edward Eppes auf seine Lehrtauglichkeit testen und eröffne hiermit das Kolloquium." Nachdem er geendet hatte, setzte sich Mr Zewick auf einen Stuhl, der zwei Meter abseits von Charlies Pult stand, und forderte einen der so genannten Prüfer auf, seine Frage zu stellen.

Besorgt schaute er die Frau an, die jetzt aufstand. Er kannte sie nicht, wusste nicht, was ihr Fachgebiet war, und konnte sie deshalb nicht einschätzen. Augenblicklich würde seine Arbeit in der Luft zerrissen werden, befürchtete er.

„Dr. Eppes, meine Frage bezieht sich auf Ihre Netzwerkanalyse, die ich nicht schlüssig finde. Wie begründen sie Ihre Theorie, dass Sie mit Zahlen die Beziehungen von Menschen voraussagen, wenn nicht sogar beeinflussen können?"

Noch während er die Frage hörte, wurde er innerlich plötzlich ganz ruhig. Dann formte sein Mund auch schon die Antwort, die er auch ohne Prüfungssituation nicht besser beantwortet hätte. Gelassen sah er jetzt der nächsten Frage entgegen, die Mr Zewick auch schon aus dem Fachpublikum auswählte.
--

Charlie betrachtete Professor Zewick, der sich von seinem Stuhl erhob und ihn anschaute.

„Vielen Dank für Ihre Antworten, Dr. Eppes. Wir werden jetzt noch einmal über alles beraten und sie dann über das Ergebnis des Kolloquiums informieren. Ich darf sie nun bitten, in Ihr Büro zurückzukehren."

Die Zeit war um, er hatte es hinter sich gebracht, dabei war es nicht so schwer gewesen, wie er im Vorwege gedacht hatte. Auf jede Frage hatte er eine Antwort gewusst, mit den meisten war er sogar vollkommen zufrieden. Ein paar Mal war er abgeschweift und hatte alles erzählt nur nicht das, was das Fachpublikum hören wollte, doch die daraus entstandenen Fragen konnte er problemlos beantworten, so dass ihn das eigentlich nicht schaden konnte. Deshalb war Charlie zufrieden, als er hinter dem Pult hervortrat und auf die Treppe zuging. Als er Larry passierte, nickte dieser lächelnd, sagte aber nichts. Deshalb setzte Charlie seinen Weg fort und verließ den Hörsaal. Die Türen schloss er hinter sich.

Vor der Tür blieb er stehen und atmete tief ein und aus, so wollte er Zeit schöpfen und vielleicht noch etwas hören, was drinnen besprochen wurde. Doch die Tür war dick und gut isoliert, so dass er abgesehen von Gemurmel nichts hörte. Ohne ein tatsächliches Wissen über seine Leistung erlangt zu haben, kehrte er zu seinem Büro zurück, vor dem Amita im Schneidersitz auf dem Boden saß und auf seine Rückkehr wartete. Auf ihren Knien hatte sie ein Fachbuch liegen, in dem sie zur Vorbereitung auf ein Seminar las. Sie wartete dort schon seit einer halben Stunde, denn das Kolloquium hatte länger gedauert als angekündigt. Charlie war überrascht, sie hier zu sehen. Andererseits hatte sie Bescheid gewusst über sein Kolloquium.

„Was machst Du denn hier?", fragte er sie freundlich, in einem völlig normalen Tonfall. Jede Spur von Anspannung war verschwunden.

„Auf Dich warten." Während sie antwortete, richtete sie sich auf und griff sogar nach seiner Hand, die er ihr zur Hilfe hinhielt.

„Entschuldige bitte mein Verhalten vorhin. Ich war trottelig."

„Halb so schlimm, ich kann das verstehen. Schließlich geht es bei Deiner Habilitation um etwas."

„Woher weißt Du eigentlich davon?"

„Du solltest die Campuszeitung lesen, da steht so was drin. Eigentlich müssen wir darauf anstoßen", sagte sie und fügte mit einem verschmitzten Lächeln hinzu, „auch wenn wir beide noch nicht trinken dürfen."

„Was hältst Du von einem Kaffee? Ich habe heute nur Tee getrunken, das geht gar nicht." Demonstrativ gähnte er.

„Klar", antwortete sie sofort, ohne zu überlegen. „Könnten wir das vielleicht bei Dir privat machen?", fügte sie zögerlich hinzu, nachdem ihr Kopf sich wieder eingeschaltet hatte.

„Wehe Du machst Dir gerade Gedanken ums Geld. Ich lad Dich natürlich ein. Keine Widerrede!", reagierte Charlie, denn er ahnte, warum sie das sagte.

Sie nickte noch und ging dann mit ihm den Korridor entlang, das Buch hatte sie unter den Arm geklemmt. Dabei dachte sie nach.

„Weißt Du, woran mich das gerade erinnert, Charlie?"

„Nein."

„Unsere erste Begegnung. Damals... Ich sag schon damals, dabei ist es erst ein paar Monate her." Amita lächelte. „Also damals" - Sie betonte das Wort jetzt extra noch einmal - „sind wir auch zusammen durch die Korridore gewandert und haben unseren Weg gesucht."

„Wehe Du sprichst mich darauf jedes Mal an, wenn wir gemeinsam über den Campus gehen, sonst muss ich mir das merken", er lächelte über seine ironische Aussage, denn er selbst hatte auch daran gedacht und an seine Gedanken, die er damals hatte. Die grundlegenden Details hatten sich nicht geändert, doch die groben Details schon.

Schließlich erreichten sie die Cafeteria. Während sie einen freien Tisch suchte, holte er zwei Becher Kaffee. Dann setzte er sich zu ihr und gab ihr einen. Zuerst war der Kaffee noch zu heiß, da er frisch gebrüht worden war, deshalb unterhielten sie sich über das Kolloquium. Amita wollte alles wissen und Charlie erzählte es ihr. Zwischendurch begannen sie, ihren Kaffee zu trinken. Als die Becher leer waren, hatte sich das Gesprächsthema geändert, denn sie waren bei dem Fachbuch gelandet, in dem Amita zuvor gelesen hatte. Dadurch fand Charlie den Übergang zu ihrem Studium und fragte sie, wie es lief, was sie jetzt machte und ob es das war, was sie sich vorgestellt hatte.

Beide vergaßen sie die Uhrzeit, denn es war ein interessantes, anregendes Gespräch. Sie blieben nicht nur beim Studium, irgendwann fanden sie den Weg zum Privatleben. So erzählte Charlie alles von seiner neuen Lebens- und Wohnsituation, was Amita sehr interessant fand. Besonders der Teil über die Frau im gestandenen Männerhaushalt brachte beide zum Lachen, erzählte Charlie doch schon nach so kurzer Zeit lustige Anekdoten.

Als sie zwischendurch auf die Uhr schaute, bemerkte sie, dass sie eine Vorlesung vergessen und mittlerweile auch verpasst hatte. Glücklicherweise war die weniger wichtig, weshalb sie sich nicht ärgerte. Abends im Wohnheim wollte sie einen Kommilitonen um dessen Notizen bitten. Auch ihr Tag war jetzt zu Ende, deshalb blieb sie bei Charlie und unterhielt sich weiter. Dass sie die Zeit für ihre Jobsuche nutzen könnte, ignorierte sie einfach, dafür war das Gespräch zu interessant. Es war früher Abend, als die beiden sich endlich erhoben.

Amita wollte sich auf dem Weg zum Studentenwohnheim machen, doch Charlie ließ es nicht zu. Stattdessen wollte er sie begleiten, wie es sich für einen Mann gehörte, deshalb bat er sie, noch kurz mit in sein Büro zu kommen, von dort musste er noch etwas holen. Wenige Minuten später betraten sie es. Während er hinter seinen Schreibtisch trat und ein paar Sachen in seine Tasche packte, ging sie durch den Raum und inspizierte alles, besonders die Bücherregale. Schließlich - sie hatte viele Titel gesehen, die sie irgendwann lesen wollte - setzte sie sich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch und schaute ihm zu. Gerade in dem Moment hob er Papiere vom Schreibtisch hoch, dabei kam ein Buch zum Vorschein, das er zur Hand nahm und genau betrachtete. Dann drückte er es Amita in die Hand.

„Das wollte ich Dir noch geben, da Du ja nicht mehr bei Larry mitarbeitest. Dieses Buch behandelt dieselbe Thematik und ist sehr gut. Ich habe dadurch viel gelernt."

Verdutzt schaute sie ihn an.

„Vielen Dank." Doch sie nahm das Buch nicht an sich, sondern legte es auf den Tisch. „Leider habe ich dafür im Moment ebenso wenig Zeit wie für die Gruppe von Professor Fleinhardt." Sachte schob sie es zu ihm. „Ich muss erst mal einen Job finden, dann werde es mal ausleihen."

„Du nimmst das jetzt mit. Ich brauch es im Moment nicht und wenn doch, weiß ich, wo ich es finde." Als er geendet hatte, nahm er das Buch wieder in die Hand und gab es ihr zum zweiten Mal. „Und wenn ich es nicht finde, weiß ich, gegen wen ich Anzeige erstatten muss." Er lächelte, um ihr zu zeigen, wie er das Gesagte meinte.

„Gut." Nun nahm sie das Buch doch an sich und legte es auf ihr Fachbuch, das auf ihren Oberschenkeln ruhte.

Zur selben Zeit schloss Charlie seine Umhängetasche, stand auf und ging um den Schreibtisch herum. Daraufhin stand auch Amita auf und wollte ihm folgen, doch sie hatte eine Idee.

„Könnte ich noch kurz Dein Telefon benutzen? Ich...", sie stockte, „Es ist privat." Ihr Blick war eine entschuldigende Aufforderung an ihn, den Raum zu verlassen.

„Natürlich. Du musst eine 0 vorweg wählen", erklärte Charlie und verließ sein Büro.

Es dauerte nicht lange und Amita kam nach. Da sie sehr leise gesprochen hatte, war nichts an Charlies Ohr gedrungen. Wie zuvor beim Hörsaal hatte er nur Gemurmel gehört, dabei war er neugierig, was sie so dringendes zu besprechen hatte, dass es nicht bis zum Studentenwohnheim warten konnte. Allerdings fragte er sie nicht danach, sondern ging einfach schweigend mit ihr den Flur hinunter auf den Ausgang zu, denn er wusste, dass es ihre Sache war und auch bleiben sollte. Niemals würde er es wagen, sich in ihr Leben einzumischen.

„Gilt Dein Angebot eigentlich noch?", fragte sie überraschend, bevor sie die Tür passierten.

Fragend schaute er sie an.

„Du hast gesagt, dass ich jederzeit bei Euch Essen gehen kann", erklärte sie. Ihren Plan, mit dem Kommilitonen zu sprechen, hatte sie längst auf den nächsten Tag verschoben.

„Natürlich. Dad kocht eh immer zu viel", entgegnete er, wie aus der Pistole geschossen. „Heute?"

Mit einem entschuldigenden Lächeln auf den Lippen nickte sie ihm unschuldig zu.

„Ich bin mit dem Rad hier", stellte er ebenfalls lächelnd fest, um ihr das Transportproblem zu verdeutlichen

„Und ich finde Deinen Gepäckträger sehr bequem."

Daraufhin nickte er und sie gingen weiter, bis sie sein Rad erreichten. Erst schwang er sein Bein über den Sattel, stützte sich jedoch mit dem Standbein ab, so dass sie sich auf den Gepäckträger setzten konnte. Dann gab er ihr seine Umhängetasche, da sie im Weg war. Schließlich verstaute sie die Bücher noch und schulterte ihren Rucksack, ehe sie sich endlich setzte und er losfuhr.

Während sie sich mit ihren Armen an seiner Hüfte festhielt, spielten seine Gedanken verrückt. Diese Fahrt war so anders als sonst. Das lag nur an ihrer Anwesenheit. Sorgte die Fahrt mit dem Fahrrad normalerweise für Klarheit, so war sie dieses Mal nicht zu gebrauchen. Die Zeit konnte er heute nicht nutzen, so war er völlig durch den Wind, als er sein Zuhause erreichte. An das Kolloquium dachte er nicht mehr, auch nicht an die Mathematik. Eigentlich fühlte er nur noch.

Danke an Jo & XY ungelöst - die weltbesten Künstlerinnen
Ideenlos und stolz darauf!
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