Stay With Me
#4

Und weiter geht's...

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Montag, 26. April 2006


ALBA:
Um 3:25 Uhr verschwinde ich aus meinem warmen, kuschligen Bett in Chicago und finde mich nackt auf dem Rücken liegend wieder. Unter mir spüre ich Gras. Einen Moment lang fülle ich meine Lunge mit der klaren, feuchten Frühlingsluft, warte ab, bis sich mein Puls beruhigt hat, dann stehe ich langsam auf und sehe mich um. Gott sei Dank, denke ich, denn ich befinde mich zwar mitten im Stadtzentrum, doch ist weit und breit kein Mensch zu sehen. Ich atme tief durch und versuche einen klaren Kopf zu bekommen. Flüchtig werfe ich einen Blick in den Himmel. Es muss früh am Morgen sein, denn es dämmert leicht. Ansonsten ist es noch dunkel und ein wenig frisch.
Langsam drehe ich mich um und gerate ins Stocken, denn diesen Pavillon, der da direkt vor meiner Nase in die Höhe ragt, sehe ich nicht zum ersten Mal. Ebenso das Diner, das ich hinter dem Pavillon auf der anderen Straßenseite erkennen kann. Stirnrunzelnd blicke ich um mich. Connecticut? Schon wieder? Es passiert selten, dass ich zweimal hintereinander an einen mir völlig unbekannten Ort zurückkehre. Um genauer zu sein: Es passiert zum ersten Mal.

Ein kalter Luftzug streift mich an der Schulter, reißt mich aus meiner Verwirrung und ich erzittere demonstrativ. Außerdem habe ich eine Gänsehaut, alle Haare stehen mir zu Berge. Erstmal was Warmes anzuziehen. Bevor dich noch wer entdeckt. Ich schleiche mich von der Wiese, fühle den kalten Asphalt unter meinen nackten Füßen, als ich die Straße überquere. Natürlich sind die Türen abgeschlossen. Die Schlösser sind ein Witz, aber ohne Haarklammer werde ich sie nicht öffnen können. Ich suche weiter und entdecke ein Fenster, das einen spaltbreit geöffnet ist. Es herrscht vollkommene Stille.
Mit aller Kraft, und möglichst lautlos, ziehe ich mich am Fensterbrett hoch, drücke das Fenster auf und klettere hindurch. Lautlos lasse ich mich daran hinuntergleiten, fühle den morschen Holzboden unter den Füßen und halte den Atem an, während ich mich im Halbdunklen umsehe. Der Bewohner dieser Wohnung ist ein sehr unordentlicher Mensch. Überall im Zimmer verstreut liegen Papiere, Bücher und einzelne Kleidungsstücke. Haha!, denke ich, denn über letzteres bin ich mehr als erfreut. Das Suchen nach einem Kleiderschrank in einem Zimmer, in dem womöglich jemand schläft und schlimmstenfalls aufgeweckt werden und den Schock seines Lebens haben könnte, bleibt mir zumindest erspart.

10 Minuten später verlasse ich die Wohnung durch die Haustüre, die ich geräuschlos hinter mir ins Schloss ziehe. Ich trage nun einen warmen Wollpullover, der ein wenig kratzt und einen geblümten Faltenrock. Schuhe habe ich keine auftreiben können. Die alte Dame – denn es muss sich hierbei um eine alte Dame handeln, darin besteht kein Zweifel – hat erstaunlich kleine Füße. Lieber barfuß, als sich in dieses Schuhwerk hinein zu zwängen. Außerdem ist besagte alte Dame wahnsinnig unordentlich. Das sieht alten Damen wie ihres gleichen gar nicht ähnlich, denke ich still für mich. Ich trete wieder auf die Straße hinaus und sehe mich ein bisschen ratlos um. Was nun?
Während ich überlege, spaziere ich in Richtung Diner. Dieses Café ist sonderbar. Irgendwas darin scheint mich förmlich anzuziehen. Vermutlich der überstarke Kaffee. Zögernd bleibe ich vor dem Eingang stehen. Ich schlinge die Arme um meinen Oberkörper, sinke auf die erste Treppenstufe, ziehe die Beine an und die kalte Hauswand im Rücken spürend lasse ich den Blick zum Pavillon wandern, bleibe an ihm hängen und warte. Auf irgendwas. Möglicherweise darauf, dass ich wieder verschwinde.

JESS:
Als der Wecker um 5:00 Uhr zu Scheppern beginnt, drehe ich mich auf den Bauch und ziehe mir das Kissen über den Kopf. Dumpf höre ich, wie Luke sich ächzend aus der Bettdecke schält und im Bad verschwindet. Minuten später steht er angezogen vor meinem Bett und zieht an der Decke.
„Komm schon, Jess“, höre ich ihn brummen. „Steh auf.“
„Ich schlafe“, gebe ich zugegebenermaßen nicht sehr einfallsreich zurück.
„Jess, wir hatten eine klare Abmachung. Du darfst wieder hier bei mir wohnen und ich sehe großzügig darüber hinweg, dass du die Highschool vorerst nicht fortsetzen wirst, ganz zu Schweigen von deinem plötzlichen Verschwinden nach L.A. - dafür hilfst du mir im Laden. Also los, keine Widerrede!"
Ich brumme etwas Unverständliches und tauche unter meinem Kissen hervor.
"Nur weil wir diese Abmachung haben, musst du mich nicht jeden Morgen daran erinnern, wenn ich mal nicht gleich nach dem ersten Weckerläuten auf der Matte stehe", gebe ich frustriert zurück. "Das nervt!"
„Immer wieder was Neues“, sagt Luke trocken und verlässt die Wohnung. Widerstrebend stehe ich auf, ziehe mich an, gehe ins Bad, ehe ich ebenfalls die Wohnung verlasse und mich die Treppe hinunter ins Diner begebe.
„Stell schon mal die Stühle runter“, höre ich Luke aus der Küche rufen. „Und sperr die Türe auf!“
„Ja doch“, brumme ich genervt, schließlich bin ich schon seit Monaten in Stars Hollow und meine Aufgaben am Morgen sind mir durchaus bekannt.
Aber Luke muss natürlich wieder…. ach egal.

Gähnend steuere ich auf den Eingang zu, greife in die Hosentasche und ziehe den Schlüssel hervor, mit dem ich die Türe aufsperre. Dann, als ich das Schild auf ‚Geöffnet‘ drehe und dabei einen raschen Blick nach draußen werfe, halte ich plötzlich in der Bewegung inne und erstarre. Mein Herz setzt aus, als ich sie zusammengekauert auf der Treppe direkt am Eingang wieder erkenne.
Einen Moment lang bin ich unschlüssig, dann öffne ich langsam die Türe und trete hinaus.
"Hey", sage ich zögernd. "Hey du."
Keine Reaktion. Ich gehe leicht in die Knie und versuche es erneut, in dem ich sie sachte an der Schulter berühre.
"Schläfst du etwa?", frage ich noch, als sie mit einem Mal hochfährt und mir reflexartig die Hand ins Gesicht knallt. Ich verliere das Gleichgewicht und finde mich sitzend im Türeingang wieder.
"Wow", sage ich. "Ist da etwa jemand ein Fan von spontanen Überraschungsangriffen?!"
Aus winzigen Augen blinzelt sie mich an.
"Mhhrrmkaffee", muffelt sie benommen und tastet mit der Hand an der Wand entlang, um sich daran hochzuziehen.
"Verstehe", sage ich grimmig. "Keine vernünftige Konversation möglich ohne der allmorgendlichen Tasse Kaffee. Nur herein - aber ohne dabei handgreiflich zu werden, wenn's geht."
Ich stehe auf, trete beiseite und beobachte, wie sie verschlafen durch die Tür tapst, zielsicher auf den Tresen zusteuert und sich ein wenig mühsam auf einen der Hocker hievt. Während ich die Tür wieder ins Schloss drücke, mustere ich sie verstohlen von Kopf bis Fuß.

Diesmal kein Männermantel. Dafür ein geblümter Faltenrock, den ich an jeder x-beliebigen Oma passender gefunden hätte als an ihr, und obendrein ein hässlicher, altmodischer Wollpulli. Ihr Geschmack, was Kleidung anbelangt,hat sich nach der letzten Begegnung zweifellos nicht verbessert. Trotzdem ist da was an ihr, das sie in meinen Augen unheimlich interessant macht. Vielleicht die Tatsache, dass sie sich das letzte Mal auf mysteriöse Weise in Luft aufgelöst hat und ich sie nun, Wochen später,schlafend vor dem Diner vorfinde...
Ich besinne mich, trete hinter den Tresen und sehe sie abwartend an. Eine Weile blickt sie angestrengt auf den Tresen und ich befürchte schon, dass sie jeden Moment wegnicken und zu Boden fallen könnte, als ihr Blick umschwenkt und sie mir geradewegs in die Augen sieht.
"Kaffee", wiederholt sie unwirsch und ich nicke kurz: "Natürlich."
Ich wende mich ab und setze einen neuen Filter in die Kaffeemaschine. In diesem Moment kommt Luke aus der Küche. Wie angewurzelt bleibt er stehen.
"Die Stühle sind ja noch immer auf den Tischen!", bemerkt er fassungslos.
Ich blicke kurz über die Schulter und nicke bestätigend.
"Yep. Aber hey, die Türe ist aufgesperrt."
Mit diesen Worten widme ich mich wieder der Kaffeemaschine, während ich innerlich bis 3 zähle.

Schon ist Luke ganz in seinem Element:
"Ok, Jess, wenn ich sage 'Stell die Stühle runter' ist das nicht etwa ein Witz oder gar ein Anzeichen dafür, dass ich dich verschaukeln will - nein, so wie ich es sage, ist es auch gemeint!"
Luke umkreist mich, wirft die Arme in die Luft und fährt fort:
„'Stell die Stühle runter' ist kein Code für 'Bring die Kaffeemaschine in Gang', sowie 'Bring die Kaffeemaschine in Gang' nicht als Code für 'Stell die Stühle runter' gedacht ist! Verstehst du, was ich meine?! Würden wir irgendeine absonderliche Geheimsprache miteinander sprechen, hätten wir sie vorher gründlich durchdacht, ein wenig überschaubarer gestaltet und ganz bestimmt miteinander besprochen! Da dem aber nicht so ist, frage ich mich allen Ernstes, ob du mich auf die Palme bringen willst?! Denn ich habe klar und deutlich gesagt, du sollst die Stühle runterstellen, und ich verstehe nicht, wieso du jetzt hier stehst und die Kaffeemaschine in Gang bringst!!"
"Das würde ich auch nicht tun", sage ich um einen nachsichtigen Tonfall bemüht. "wenn wir nicht bereits Kundschaft hätten."
"Was?"
"Luke. Wir haben Kundschaft."
Verwirrt blickt sich Luke um und bleibt an meiner rätselhaften Bekanntschaft hängen.
"Oh", sagt er überrascht.
Die Schwarzhaarige lächelt übermüdet und hebt zum Gruß die Hand.
"Hey... Ihr Kaffee ist toll."
"Freut mich zu hören", sagt Luke resigniert. "Aber trink ihn bitte nicht, er ist ungesund."
"Wieso bieten Sie dann welchen an?", möchte sie verwirrt wissen.
"Würden wir ihn streichen, ruft Taylor am Ende noch die Stadtversammlung ein", erwidert Luke grimmig. "Und sie würde vermutlich ihre ganz persönliche Ein-Frau-Protest-Aktion starten, mit Schildern, Flyern, nächtlichen Überfällen... darauf habe ich wirklich keine Lust!"

Mit diesen Worten lässt er sie sitzen und verschwindet grummelnd im Lagerraum.

"Hier!"
Ich platziere eine Tasse auf dem Tresen und schenke ihr ein.
"Bitteschön, dein Kaffee."
Eben noch Luke leicht irritiert hinterher blickend, schnappt sie sich nun begeistert die Tasse, nur um sie wenige Sekunden später mir auffordernd entgegen zu halten, damit ich ihr wieder nachschenke. Das Ganze wiederholt sich drei, vier Mal, bis ich es leid bin und ihr die Kaffeekanne in die Hand drücke.
"Schenk dir selber nach", brumme ich. "Ich stell derweil die Stühle runter, bevor Luke aus dem Lagerraum kommt und kollabiert!"

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[/FONT]@Kathi(melitta):
Nochmal vielen Dank für's Korrigieren Smile Hat mich total gefreut, dass du mir hier nochmal FB gibst! Schön zu hören, dass du neben dem Korrigieren den FF auch gerne liest :-) Ja, was den Inhalt angeht, wird sich wohl das Meiste erst so nach und nach klären. Aber ich versuche in jedem Kapitel ein wenig mehr davon preiszugeben, damit man nicht ganz im Dunklen steht. Ich durchschaue das Ganze natürlich von vorne bis hinten, deswegen ist es gut daran erinnert zu werden, dass es den Lesern da ganz anders geht ^^ Wow, noch keine Verbesserungsvorschläge von deiner Seite. Freut mich. Wenn jetzt welche kommen sollten, nur zu. Bei dir hoffe ich nicht, dass du weiterliest, denn ich weiß ja, dass du gar nicht anders kannst - wenn du verstehst? *lol*

@Anja(JUHUI):
Im Grunde habe ich mich ja schon für dein FB bedankt und das mit den Absätzen auch gleich umgesetzt. Ich selbst finde es so auch viel übersichtlicher. Vielen Dank dafür *knuff* Und hey, du weißt ja nicht, wie geehrt ich mich fühle, dass dein erster Post nach einer kleinen Ewigkeit ein FB für meine Fanfiction ist! Wenn es so (wieder)anfängt, kann es nur noch besser werden *g* Ich weiß, die Kombination von GG mit Der Frau des Zeitreisenden ist ungewöhnlich und seltsam. Aber die Idee hat sich einfach bei mir festgesetzt und ich gebe mein Bestes, sie gut umzusetzen. Ja, ich merke selbst, mein Schreibstil hat sich verändert. Ich versuche die vielen Übertreibungen und den übermäßigen Witz überall zu unterlassen. Aber hier und da kommt er unterschwellig dann doch ein bisschen durch. Ich denke, das ist ok ^^ Ja, Alba's Kaffeesucht. Das habe ich mir nicht zurechtgedichtet, sondern extra das Buch gekauft, nachgelesen und es darin entdeckt. Die stehen darin alle auf Kaffee, Alba ist also auch dazu verdammt. Kommt mir natürlich schon iwie ganz gelegen :pfeif: Ich finde dein FB ganz und gar nicht oberflächlich. Du hast doch alles kurz und sachlich auf den Punkt gebracht *knuff*
(achja, fast hätte ich es vergessen: Du hast das Alter nicht überlesen, es wurde noch gar nicht erwähnt. Aber ich habe auch bis jetzt noch keine passende Gelegenheit gefunden, das Alter irgendwie mit einzubringen. Wenn man das Buch aber hat, kann man anhand der Geburtsdaten von Alba darin und der jetzigen Jahresangabe 2020 das Alter ausrechnen - ok, so habe ich das gemacht, du musst das natürlich nicht ^^ sie ist 19, genau wie Jess Smile)

Danke euch beiden :herz:

Life is to express, not to impress.
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Stay With Me - von Aki - 05.04.2010, 16:03
Stay With Me - von melitta - 05.04.2010, 16:22
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