[*Jessy*]

So, in aller Eile, aber hier ist

~Kapitel 8~

Lorelai verlor das Gleichgewicht und versuchte sich am Türrahmen zu stützen, fiel jedoch gegen die Tür, die damit aufflog.
Emily und Richard schreckten hoch und sahen Lorelai erschrocken an.
Emilys Blick wurde böse.
"Lorelai" Wie kannst du nur!" schrie sie sie an. "Uns einfach zu belauschen! Verschwinde auf dein Zimmer!"
Lorelai stand in der Tür und sah ihre Mutter geschockt an. Noch nie hatte sie so geschrieen.
"Aber Mommy, du hast geweint und ich... ich.... Mommy warum weinst du?" fragte Lorelai verängstigt. Ihr großen blauen Augen strahlten Unsicherheit aus.
Sie hatte ihre Mutter noch nie weinen gesehen. Sie bekam Angst, wollte sie trösten...
"Das geht dich überhaupt nichts an! Verschwinde sofort auf dein Zimmer!" schrie Emily. Ihre Stimme begann zu versagen.
Lorelai ging langsam rückwärts aus dem Zimmer. So hatte sie ihre Mutter noch nie gesehen. Sie bekam Angst vor ihr.
Sie sah sie an, während sie zurückging. Bereit, im nächsten Moment loszurennen. Weg. Einfach weg von ihr.
Auf dem Flur drehte sie sich um und rannte so schnell wie sie konnte in ihr Zimmer.
Das war wahrscheinlich das erste mal, dass sie ihre Mutter wirklich hasste.

Lorelai schmiss sich auf ihr Bett und begann ebenfalls zu weinen. Sie weinte aus Wut. Wut auf ihre Mutter. Sie wollte doch nur helfen!
Ihre Mutter schien sie zu hassen. Sie wollte sie nie mehr sehen.
Jedoch hatte sie auch Angst um ihre Mutter. Warum weinte sie? Und warum schrie sie sie deshalb so an? Was kann so schlimm sein, dass sie so schrie?
Lorelai begann auf ihr Kissen einzuhauen, ihr ganze Wut rauszulassen. Die Tränen waren verschwunden. Sie fühlte nur noch Wut.
Sie bemerkte nicht, dass ihr Vater ins Zimmer kam. Er ging zum Bett und setzte sich zu ihr.
Er strich Lorelai langsam über den Rücken.
Lorelais Arme wurden schwer und das Einhämmern auf ihr Kissen hörte auf. Stattdessen kamen wieder die Tränen.
Sie setzte sich auf und lehnte sich in Richards ausgebreitete Arme.
"Daddy" schluchzte sie, "Warum ist Mommy so böse auf mich? Was habe ich gemacht, dass sie immer so böse auf mich ist?"
Sie vergrub ihr Gesicht in Richards Hemd.
Richard konnte die Tränen spüren, die sein Hemd durchnässten. Sie tat ihm so leid. Sie konnte nichts dafür, doch wie macht man das einem kleinen Kind begreiflich?
Kinder beziehen sofort alles auf sich und suchen die Schuld bei sich. Wie kann man sie davon abbringen?
"Ist gut Lorelai. Du brauchst nicht mehr zu weinen" sagte Richard leise.
Er war nicht gut in solchen Dingen. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
"Du bist nicht Schuld, Lorelai. Deiner Mutter geht es nur im Moment nicht so gut" sagte Richard etwas unbeholfen.
Er konnte sich nicht daran erinnern Lorelai jemals getröstet zu haben. Dass war immer Emilys Part gewesen.
"Aber warum ist sie dann so böse auf mich?" fragte Lorelai leise.
"Sie ist nicht auf dich böse...."
"Auf wen denn dann?" fragte Lorelai und blickte auf.
Richard sah in die großen verweinten blauen Augen. Nur mit Mühe konnte er seine eigenen Tränen zurückhalten. Dieser Anblick machte ihn traurig.
Es war nun schon so weit gekommen, dass ihre eigene Tochter darunter leiden musste. Das hätte nie passieren dürfen.
"Das verstehst du noch nicht Lorelai. Irgendwann werden wir es dir erzählen, wenn du größer bist."
Das war wahr. Lorelai verstand es wirklich nicht. Aber sie wollte es gerne verstehen...

Lorelai wacht auf, öffnet jedoch die Augen nicht. Sie liegt in einem Bett. Aber wann war sie schlafen gegangen? Und wo ist sie?
Um sie herum ist alles still. Sie öffnet langsam die Augen. Das helle Licht, das zum Fenster herein fällt, blendet ihre Augen.
Sie muss blinzeln, um ihre Umgebung wahrzunehmen.
Sie ist im Schlafzimmer ihrer Eltern. Erschrocken setzt sie sich auf und überlegt. Wie war sie hier her gekommen?
Doch dann kamen die Erinnerungen wieder hoch. Jene, die sie am liebsten verdrängen würde.
Sie waren auf dem Friedhof. Dann war Lorelai hier her zurück gefahren und alle drei hatten auf dem Bett gesessen und geweint.
Ihre Mutter hatte sie getröstet... Dabei war sie doch diejenige, die am meisten Trost brauchte. Und, wo war sie?
Lorelai steigt aus dem Bett und geht zur Tür. Sie öffnet sie und lauscht. Von unten hört sie Geschirr klappern. Das wird wahrscheinlich das Hausmädchen sein.
Lorelai geht nach unten in die Küche. Dort steht das Hausmädchen. "Hallo, uhm... können sie mir sagen, wo meine Eltern sind?" fragt Lorelai und streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
"Mr. und Mrs. Gilmore sind draußen auf der Veranda" antwortet sie freundlich.
"Dankeschön" sagt Lorelai und lächelt. Sie dreht sich um und geht raus auf die Veranda.
Emily und Richard sitzen in eine Wolldecke eingepackt auf der Bank. Die Sonne scheint und die leichten Strahlen erwärmen ihr Gesicht, als sie auf die Veranda tritt.
Richard dreht sich zu Lorelai und legt einen Finger auf seine Lippen. Emily ist neben ihm eingeschlafen.
Lorelai geht leise auf ihn zu und öffnet langsam den Mund.
Richard kommt ihr jedoch zuvor.
"Ist schon gut Lorelai. Ich weiß" sagt er und zwinkert. "Fahr nach Hause, es ist schon spät."
"Ok Dad... Danke" antwortet Lorelai mit einem leichten Lächeln. Sie schaut noch einmal zu ihrer Mutter.
Emily sieht friedlich aus wenn sie schläft. Als hätte sie keine Sorgen oder Probleme. Lorelai hofft, dass sie etwas besseres träumt, als sie selbst.

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