Ehrfürchtig stehen sie vor den weiÃen Holzstufen, sehen sich hin und wieder kichernd an, genieÃen diesen Augenblick, wollen ihn voll auskosten. Ein eigenes Haus, vor einer Stunde hat Lorelai die Anzahlung geleistet, die Erste der 108 Raten, 9 Jahre lang 1350 Dollar jeden Monat, beinahe ein Dreiviertel ihres Gehalts, dennoch, dieses Haus ist es wert. Ihr eigenes Haus. Und Rorys natürlich. Es ist klein, zwei Schlafzimmer, ein Wohnzimmer, eine kleine Abstellkammer, Küche, Bad, Toilette, aber es gehört ihnen, jede noch so kleine Ecke, jeder Quadratmillimeter. Sie können hier tun und lassen was sie wollen. Alle Wände Pink streichen und mit Fotographien von Elvis behängen, es wie ein orientalisches Frauengemach einrichten, ein modernes Kunstwerk, ein Piratenschiff, eine Schmugglerhöhle, wirklich alles was sie wollen.
Das Beste daran ist, dass sie es alleine geschafft hat. Vielleicht ein wenig mit Mias Hilfe. Erst die Beförderung zur Ersten Concierge, dann die groÃzügige Gehaltserhöhung, es könnte gar nicht besser laufen. Endlich hat sie einen greifbaren, einen sichtbaren Beweis dafür, dass sie es zu etwas gebracht hat. Es hat zwar lange gedauert, aber sie hat es geschafft, ist jetzt wirklich unabhängig, kann es gar nicht erwarten ihren Eltern triumphierend davon zu erzählen. Ein wunderschönes Haus ohne auch nur einen Penny von ihnen angenommen zu haben - es wird wie eine Bombe einschlagen, sie kann die verblüfften Gesichter schon jetzt vor sich sehen, ihr Erstaunen förmlich riechen. Spätestens jetzt werden sie anerkennen müssen, dass sie selbständig ist, umwerfend, genial.
âHa!â, entschlüpft es ihr, jubelnd, voller Vorfreude, ein breites Grinsen auf dem Gesicht.
âHa?â, ihre achtjährige Tochter sieht sie mit leichter Skepsis an, ein Gesichtsausdruck, den sonst eigentlich nur Erwachsene haben. Ein Gesichtsausdruck der sich jedoch schnell in ein Lachen verwandelt, als ihre Mutter beginnt die zwei Buchstaben mit unverholener Freude zu wiederholen, sie an den Händen packt und im Kreis herumwirbelt.
âHa, Ha, Hausâ, beginnt sie zu singen, strahlt dabei und zerrt Rory die Stufen nach oben, drückt ihr den Schlüssel in die Hand. âNa los, schlieà auf!â, quiekt sie, klatscht dabei in die Hände, hüpft nervös auf und ab.
âWillst nicht lieber du aufschlieÃen?â, fragt sie ein wenig zögernd, schlieÃt ihre vor Aufregung ganz feuchte Hand trotzdem fest um das kühle Stück Metall.
âNein, du! Hopp, hopp, bevor wir hier noch alt werden und sie irgendwann unsere Skelette auf der Veranda finden. AuÃerdem ist es schlieÃlich dein verfrühtes Geburtstagsgeschenk.â Sehr viel mehr wird diese Jahr auch nicht drin sein: Farbe, Gardinen, Teppiche, elektrische Geräte, Möbel und tausend andere Dinge, die sich in Form tiefroter Zahlen auf ihrem Konto manifestieren werden. Sie versucht nicht an die kommenden Ausgaben zu denken, nickt Rory stattdessen aufmunternd zu.
Diese öffnet ihre Faust wieder, der Schlüssel darin glänzt verheiÃungsvoll im warmen Herbstlicht. âOkayâ, vorsichtig schiebt sie den Schlüssel ins Schlüsselloch und beide halten den Atem an, genieÃen das warme Kribbeln in ihrer Magengegend.
âEinsâ, beginnt Lorelai leise zu zählen und Rory dreht den Schlüssel nahezu ehrfürchtig um. âZweiâ, mit einem leisen Knarren öffnet sich die Tür einen kleinen Spalt und ein schmaler Lichtstreif zeichnet sich auf dem alten HolzfuÃboden ab, veranlasst beide sich einen Blick zuzuwerfen. Sie greifen sich an den Händen, atmen ein letztes Mal tief durch.
âDreiâ, rufen sie gleichzeitig und stoÃen die Tür schwungvoll auf, rennen durch die kleine Eingangshalle, stürmen durch das Wohnzimmer, rasen wie zwei irre Wühlmäuse durch das Haus. Sie reiÃen sämtliche Fenster auf, nur um sie wieder zu schlieÃen, stürmen die Treppen nach oben, nur um sie sofort wieder nach unten zu nehmen, robben schlieÃlich über das Parkett, wie Indianer auf der Pirsch.
âWas ist das?â, haucht Lorelai mit tiefer Stimme, sieht Rory verschwörerisch an.
âJemand könnte hier einen Schatz versteckt habenâ, langsam greift sie nach dem emaillenen Griff des Herdes, doch ihre Mutter hält sie mit einem Entsetzensschrei davon ab.
âNein! Sie könnten ihn vergiftet haben!â
Mit groÃen Augen sieht sie Lorelai an, formt ein lautloses âWer?â mit den Lippen.
âIch bin mir nicht sicherâ, flüstert sie geheimnisvoll. âEs könnten böse Räuber gewesen sein. Hinterhältige, Tabakkauende Piraten oder die fiese Küchenmafia.â
âDie Küchenmafiaâ, wiederholt Rory mit gerümpfter Nase, verengt die Augen zu einem Schlitz, schluckt mit geöffnetem Mund.
âGenauâ, bestätigt sie, schiebt ihre Tochter ein Stück zur Seite. âSobald wir ihn berühren, werden wir uns in Vorzeigehausfrauen verwandeln, den ganzen Tag in der Küche verbringen und brutzeln, braten, backen, schmoren, glasieren, filetieren, entgräten, entsaften.â
âDu meinst wir werdenâ, sie beugt sie zu ihrer Mutter, legt ihre Hände an ihr Ohr. âKochen?â
Mit einem Satz sind sie auf den Beinen, rennen wild fuchtelnd aus der Küche, aus dem Haus, die StraÃe entlang, stürmen schlieÃlich erschöpft in Lukes Diner und lassen sich dort völlig auÃer Atem an einem freien Tisch fallen.
âWas?â, brummt er und knallt einen Becher vor Lorelai, gieÃt ihr dampfenden Kaffee ein.
âWas?â, wiederholt Lorelai und trinkt einen tiefen Schluck, schlieÃt dabei genüsslich die Augen.
Vermutlich will ich es gar nicht wissen. âIhr seht so aus, als hätten euch jemand verfolgtâ, erklärt er trotzdem ruhig.
Sie stellt die Tasse ab, mustert ihn mit gespieltem Erstaunen âWoher weiÃt du?â
âWoher weià ich was?â, erkundigt er sich, die Augenbrauen fest zusammengezogen, neben der Verwirrung spiegelt sich jetzt auch Neugier in seinen Augen.
âDie Mafia, Lukeâ, haucht Rory, lehnt sich dabei soweit wie möglich zu ihm. âDie Küchenmafia!â
âDie Küchenmafiaâ¦.â, setzt er an, bricht jedoch ab, da ihm jeder Kommentar als unzulänglich erscheint.
âSie haben unseren Herd vergiftetâ, fährt Rory fort, blinzelt ihm verschwörerisch zu.
âEuren Herd. Vergiftet. Alles klarâ, er betont jede Silbe, ungläubig, spöttisch.
Lorelai nickt, hält Luke ihre Tasse unter die Nase und er schenkt ihr nach. âUnd wie klar, sie wollen uns in perfekte Klone von Mama Walton verwandeln.â
âWas wollt ihr Essen?â, besser das Thema wechseln, er hat keine Lust dieses absurde Gespräch zu vertiefen.
âOh mein Gott!â, kreischen Mutter und Tochter gleichzeitig, er zuckt erschrocken zusammen, lässt beinahe die Kaffeekanne fallen.
âOh mein Gott, was?â
âSie haben ihn, die Küchenmafia, sie haben ihn, sie haben ihn, er ist Luke Walton. Luka Walton. Mama Waltonâ, beginnt Lorelai zu erklären, zeigt mit dem Finger auf Luke, erntet ein missbilligendes Grunzen von ihm, ein Kichern von ihrer Tochter.
âZwei Burger?â
âGenauâ, bestätigt Lorelai mit einem Strahlen. âUnd das Salatblatt kannst du weglassen, wir wollen den Kaninchen schlieÃlich nicht ihr Hauptnahrungsmittel wegfuttern.â
âDu kannst deinen Burger gerne ohne Salatblatt haben, Rory nicht.â
âIch mag aber keinen Salat, vor allem nicht, wenn er warm ist und voller Ketchup und Senf in meinem Mittagessen liegtâ, protestiert sie, blickt Lorelai hilfesuchend an, doch er fährt unbeirrt fort.
âDu bist ein Kindâ, siehst zumindest wie eines aus. âDu brauchst Vitamine.â
âSie kriegt Tabletten, das genügt völligâ, versucht Lorelai seinen leicht autoritären Tonfall abzuschwächen, zwinkert Rory dabei zu.
âDu gibst ihr Tabletten? Tabletten? Einem Kind?â, ruft er aus, viel zu laut, einige Köpfe drehen sich zu dem Trio und Lorelai hebt entschuldigend die Arme, setzt ein Lächeln auf.
âGegen die Spritzen hat sie sich immer so gewehrt.â
âSie wird noch abhängig werden.â
âVon Vitaminen? Dann solltest du das Salatblatt aber besser weglassen, sonst machst du dich noch mitschuldig am frühzeitigen Vitamintod meiner Tochter.â
âDu meinst Skorbuttod. Oder woran man aus Mangelerscheinungen sonst noch sterben kann.â
âMangelerscheinungen? Nicht Rory, Mister! Ich passe schon auf, dass sie alles bekommt, was sie brauchtâ, langsam verliert sie die Geduld, sie mag es nicht, wenn sich jemand einmischt, meint er wüsste es besser und Luke tut es ständig. Zuviel Kaffee, zuwenig Vitamine, zu sehr dies, zu sehr das, blabla, es nervt sie einfach.
âVitamine sind aber wichtig, Lorelaiâ, er stemmt die Hände in die Hüften, erinnert sie ein wenig an jemanden, den sie gut kennt, nur das er anstelle von Chanel den Holzfällerlook trägt, anstelle einer Handtasche eine Kaffeekanne umklammert. Die Assoziation kommt unvermittelt, obwohl sie sie sofort wieder wegschiebt, platzt ihr doch der Kragen.
âHey, schaff dir doch eigene Kinder an, wenn du mit Vitaminen herumexperimentieren willst. Rory ist meine Tochter, ich weià am besten, was gut für sie istâ, fährt sie ihn an, bereut es sofort, er kann schlieÃlich nichts dafür.
âUnd ich habe keine ungeplanten Kinder, weil ich weiÃ, wie man verhütetâ, entgegnet er ruppig und lässt sie stehen, kann nicht verstehen, dass sie wegen eines Salatblattes derartig austickt. Er hatte schlieÃlich keine bösen Absichten und sie reagiert mit einer völlig unlogischen Heftigkeit. Das hier ist noch immer sein Laden, er muss es sich nicht gefallen lassen, blöd von der Seite angemacht zu werden, selbst nicht von Lorelai Gilmore.
âWa ââ, ihre Kinnlade klappt nach unten, während Rory sie fragend ansieht, jedoch keine Antwort erhält, da sie aufspringt und Luke hinter den Tresen folgt.
âWas sollte das?â, faucht sie aufgebracht, ihre sonst so klaren blauen Augen nehmen eine dunkle Färbung an.
âWas?â, schwungvoll stellt er die Kaffeekanne zurück in die Maschine, die schwarze Flüssigkeit darin schwappt gefährlich und einige Tropfen verdampfen zischend auf der Warmhalteplatte.
âNa das eben, dieser blöde Verhütungsmistâ, zornig beginnt sie mit den Händen zu gestikulieren, schlägt sich mit der flachen Hand auf die Stirn, kann einfach nicht glauben, dass Luke tatsächlich so etwas gesagt hat. âIn Gegenwart von Rory, tickst du noch ganz richtig?â
âWer hat denn angefangen unverschämt zu werden?â, presst er zwischen den Zähnen hervor, will nicht so laut werden, wie er es gerne wäre.
âWer hat denn angefangen sich in meine Erziehungspraktiken einzumischen?â, sie schüttelt den Kopf, streicht sich das Haar hinters Ohr. âWeiÃt du, gerade habe ich angefangen dich wirklich nett zu finden und dann ziehst du so eine Nummer ab.â
âWas denn für eine Nummer?â, na schön, vielleicht war seine Bemerkung wirklich zu heftig, aber er konnte es sich einfach nicht verkneifen, sie hält sich mit ihren Kommentaren doch auch nie zurück.
âSie ist acht, Luke. Und wenn es etwas gibt, dass sie mehr braucht als Vitamine, dann ist es das Gefühl erwünscht zu sein. Und glaub mir, ich weià wovon ich rede, ich hatte es nämlich nie.â
Er sieht sie verblüfft an, will etwas erwidern, kommt jedoch nicht dazu, da sie eine Geldnote auf den Tresen knallt.
âFür den Kaffee, stimmt soâ, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, geht sie zu Rory, schnappt sie sich bei der Hand und stürmt aus dem Laden, knallt die Tür mit einer derartigen Wucht zu, dass die Glasscheibe zu vibrieren beginnt, die Türglocke länger als gewöhnlich vor sich hinbimmelt.
Wütend nimmt er die Kaffeekanne wieder an sich, schenkt den Gästen endgültig missgelaunt nach.
Gerade habe ich angefangen dich wirklich nett zu finden, äfft er sie in Gedanken nach.
Ich dich, Ms. Ich-bin-was-besseres. AuÃerdem habe ich es wirklich nicht nötig, in deiner Wertschätzung zu stehen! Nett, vermutlich das gröÃte Kompliment, dass er einer Frau wie Lorelai abringen kann. Seit er den Laden hier vor einem halben Jahr aufgemacht hat, ist es doch immer dasselbe. Er ist es, der versucht nett zu sein und sie behandelt ihn mit dieser unglaublichen Arroganz. Nettes Hemd, Luke, haben sie dich in Kanada des Landes verwiesen? Diese blasierte Impertinenz bringt ihn jedes Mal auf die Palme.
Niemand sonst würde es wagen ungebeten hinter den Tresen zu kommen, dort haben Gäste nichts verloren, aber nein, Ms. Gilmore darf das natürlich, sie ist schlieÃlich die Königin von Stars Hollow, hält sich zumindest dafür.
Und Rory â was ist bloà mit diesem Kind los? Andere in ihrem Alter rennen mit aufgeschlagenen Knien durch die StraÃen, spielen Räuber und Gendarm, aber nicht Rory, ständig sitzt sie irgendwo rum, alleine, die Nase in ein Buch gesteckt, das kann unmöglich gesund sein.
Die beiden haben doch einen Sprung in der Schüssel, völlig durchgeknallt. Küchenmafia, wer denkt sich bloà so einen Schwachsinn aus? Was ihn jedoch am meisten aufregt, ist, dass er die beiden trotzdem mag und damit wohl den gröÃten Knall von allen hat. Wenn er Psychiater nicht für überbezahlte Quacksalber halten würde, dann sollte er vermutlich wirklich einen aufsuchen. Und gleich noch einen Termin für die zwei Gilmores ausmachen.
***
Eingemummelt in Schlafsäcken liegen sie auf dem Wohnzimmerboden, unter sich wabbelige Luftmatratzen, über sich einen Berg von Decken. Die erste Nacht im eigenen Haus, sie hat einen fahlen Beigeschmack, so wie der gesamte Tag. Seit dem Besuch bei
Lukes hat ihre Freude einen Dämpfer bekommen, ist ihr perfekter Tag zu einem Slalomlauf geworden, da sie verzweifelt versucht hat Rory - und auch sich selbst â auf andere Gedanke zu bringen.
âMom?â, fragt sie leise, beiÃt sich auf die Unterlippe. Sie weiÃ, dass ihre Mutter nicht darüber reden will, sie hat es heute schon ein paar Mal versucht, wollte eigentlich damit aufhören, aber es lässt ihr keine Ruhe.
âWas denn, Schätzchen?â, eine rhetorische Frage, sie kennt die Antwort darauf längst, hat selbst keine Antworten.
âWas hat Luke heute Mittag gemeint? Warum habt ihr euch gestritten?â
âWir haben uns nicht gestrittenâ, entgegnet Lorelai, richtet sich dabei ein Stück auf, zieht Rorys Decke zurecht. âZerbrich dir dein hübsches Köpfen nicht darüber und schlaf jetzt, okay?â
âMmmhâ, sie nickt, doch Lorelai kann sehen, dass sie sich damit nicht zufrieden gibt, überhaupt, wie konnte sie so etwas antworten? Vergiss es, schlaf jetzt, sie klingt schon wie ihre eigene Mutter, dabei hat sie sich versprochen niemals so zu werden. Aber wie soll sie Rory das alles nur auf vernünftige Art und Weise erklären? Sie ist doch erst acht. Natürlich weià sie, dass sie jung war, als sie zur Welt gekommen ist, denkt sich vermutlich ihren eigenen Teil. Dennoch, ihr zu sagen, hey, eigentlich war es ein Unfall, wir wollten gar kein Baby, deshalb ist dein Daddy auch nicht hier. Nein, nicht so. Aber irgendwie muss sie es tun.
âRory?â, flüstert sie nach einer langen Pause und ihre Tochter schlägt wie elektrisiert die Augen auf.
âJa, Mom?â
âWas Luke, also worüber wir diese kleine Meinungsverschiedenheit hatten â denn es war kein Streit, okay? â Also, es ist so, ich war einfach ein wenig sauer auf ihn, weil er in deiner Gegenwart diesen blöden Satz von sich gelassen hat.â
âDas mit den Kindern?â, fragt sie ein wenig schüchtern, will ihre Mutter zu nichts drängen.
âGenau dasâ, nervös presst sie die Lippen aufeinander, sucht nach den richtigen Worten. âIch, ähm, ich habe dir doch schon Mal erklärt, dass ein Mann und eine Frau, wenn sie sich gerne haben, dass sie sich dann küssen und, nun, auch noch diverse, ähm, andere Sachen machen. Und wenn man dabei nicht, nicht verhütet, dann, nun, dann kann es passieren, das die Frau schwanger wird, ein Baby bekommt.â
âMmhâ, sie nickt ernst, ihre Mom hat es ihr erklärt. Hat ihr erklärt, dass die Störche, die jeden Sommer im Independence Inn nisten, nichts mit den Babies von Mrs. Miller und Mrs. Pollack zu tun haben.
âUnd weiÃt du, vor allem wenn man jung ist, dann sollte man eigentlich verhüten oder am besten gar keinen Sex haben, zumindest nicht bis man dreiÃig oder verheiratet istâ, in deinem Fall hoffentlich niemals, fügt sie in Gedanken hinzu.
âSex?â, wiederholt Rory dieses neue Wort stirnrunzelnd, will sicher gehen, dass sie alles richtig versteht.
âDie anderen Sachenâ, erklärt sie eilig, verdreht innerlich die Augen. Gott, was rede ich da nur für Blödsinn? Luke dieser Vollidiot, ich sollte ihn umbringen, mit seiner eigenen Bratpfanne erschlagen. âWeiÃt du, Rory, die meisten Leute planen es, verstehst du? Sie lernen sich kennen, heiraten irgendwann und wollen dann ein Baby, eine Familie.â
Sie planen es, Luke hat gesagt ungeplant, das heiÃt nicht wollen. âUnd ihr wolltet nicht?â
S.cheiÃe. âDoch, natürlich. Ich meine, na ja, du warst schon eine ziemliche Ãberraschung, mit der eigentlich keiner gerechnet hat. Aber eine tolle Ãberraschung, wie ein Pony zum Geburtstag, besser noch, die tollste Ãberraschung überhaupt.â
âObwohl wir keine Familie sind?â, obwohl Dad nie da ist? Höchstens alle paar Wochen anruft? Wie kann sie da eine tolle Ãberraschung gewesen sein?
âWir sind eine Familie, keine normale vielleicht, aber wir sind eine Familie. Für andere ist es vielleicht komisch, dass dein Dad nicht bei uns wohnt, aber für uns ist es etwas ganz normales. Es ist doch schön, so wie es ist, oder etwa nicht?â
âDochâ, sie kuschelt sich an ihre Mutter, atmet ihren Geruch tief ein, kaut dabei auf ihrer Unterlippe herum, hat ein wenig Angst es zu sagen, tut es dennoch. âTrotzdem wäre es manchmal schön, wenn Daddy hier wäre. Zumindest öfter.â
âDas weià ich doch, Engelchen. Aber wir, wir waren wirklich noch sehr jung, als du auf die Welt gekommen bist, einfach noch zu jung um zu heiraten, für immer zusammen zu bleiben. Aber das hat nichts mit dir zu tun, es ging dabei nur um Christopher und mich. Es ist dir gegenüber vielleicht nicht ganz fair gewesen, aber es war wirklich besser so, alles andere wäre wahrscheinlich in eine, eine furchtbare Katastrophe mit vielen Verletzten ausgartet. Wir passen einfach nicht richtig zusammen, so wie, wie Hamburger und Salatblätter. Es sieht vielleicht gut aus, es ist das, was alle erwarten, aber es schmeckt furchtbarâ, sie schluckt, weià nicht, wie sie weitermachen soll, ob es überhaupt richtig war, so ehrlich zu sein, spricht schlieÃlich mit trockenem Mund weiter. âAuch wenn dein Dad nicht oft hier ist, er denkt dauernd an dich. Er ist verrückt nach dir, du bist das Tollste was es für ihn gibt.â
âWirklich?â, fragt sie, Hoffnung und Freude schwingen in ihrer Stimme mit. Ein Tonfall, der Lorelai erschreckt.
âKlar doch, er liebt dich mehr als alles andere auf der Welt, darauf kannst du deinen süÃen Hintern verwettenâ, es ist keine Lüge, Christopher mag seine Macken haben, ihm mag jedes Verantwortungsbewusstsein fehlen, aber er hat Rory gern. Vielleicht nicht unbedingt so, wie ein Vater seine Tochter gern haben sollte, doch sie ist für ihn tatsächlich wichtig, sie kann es in seinen Augen sehen.
Ein beruhigtes Lächeln huscht über Rorys Gesicht. âGut, denn ich hab ihn auch lieb.â
âWas hältst du davon, wenn wir ihn Morgen einfach anrufen, mmh? Er freut sich bestimmt riesig von uns zu hören. Du könntest ihm auch einen Brief schreiben, ihm ein paar der Fotos schicken, die wir neulich im Park gemacht habenâ, falls er noch in Phoenix ist, wer weià wohin es ihn mittlerweile verschlagen hat.
âKönnen wir auch beides machen?â, erkundigt sie sich eifrig, sie schreibt ihm viel zu selten - vielleicht glaubt er deswegen, dass sie ihn nicht gern hat, vielleicht glaubt er deswegen, dass sie ihn gar nicht hier haben will, vielleicht, wenn sie es öfter tun würdeâ¦.
âKlar doch, alles was du willst.â
âWir brauchen auch ein Foto vom Haus, damit er weiÃ, wo er uns in Zukunft besuchen kann.â
âEine hervorragende Idee, was habe ich nur für eine kluge Tochter. Klug und hübsch, wenn du mich jetzt noch am Wochenende ausschlafen lässt, dann sind wir Freunde fürs Leben.â
âDealâ, murmelt sie schläfrig und kuschelt sich noch enger an Lorelai. âIch hab dich lieb, Mommy.â
Sie streicht ihr übers Haar, drückt ihr einen Kuss auf den Hinterkopf. âNicht so sehr, wie ich dich.â Sie ist froh, unendlich froh, Rory scheint es zu begreifen, sie hat sich immer vor diesem Gespräch gefürchtet, es hinausgezögert. Hat sich manchmal abenteuerliche Geschichten ausgedacht, um Christophers Abwesenheit zu erklären, weil sie dachte, Rory wäre noch zu jung. Aber sie hat sie unterschätzt, ihre Tochter ist unglaublich erwachsen für ihr Alter, kommt ihr manchmal sogar erwachsener vor, als sie selbst. Sie kann stolz sein auf Rory, ist es, ist auch ein bisschen stolz auf sich selbst, bis jetzt scheint sie als Mutter nicht allzu viel falsch gemacht zu haben.
Vorsichtig löst sie sich aus der Umarmung ihrer schlafenden Tochter, steht auf und schleicht sich leise auf die Veranda, betrachtet den Garten, der im Mondlicht schimmert, ihren eigenen Garten, der Garten, der zu ihrem Haus gehört. Das unglaublich tolle Haus, in dem sie mit ihrer unglaublich tollen Tochter wohnen wird. Sie grinst, summt leise vor sich hin.
And thatâs good, isnât it? Grand, isnât it? Great, isnât it? Swell, isnât it? Fun, isnât it? Nowadays. You can like the life youâre livin. You can live the life you like. You can even marry Harry, but mess around with Ike. And thatâs good, isnât it? Grand, isnât it? Great, isnât it? Swell, isnât it? Fun, isnât it? â¦â¦ Das ist es, ohne es geplant zu haben, ist sie in einem wunderbaren Leben gelandet, ihrem Wunderland.
Alles was ihr jetzt tatsächlich noch fehlt, ist ein Harry. Nicht unbedingt um ihn zu heiraten, aber um das alles mit jemandem zu teilen. Andererseits, Rory, sie kann sich nicht einfach so mit einem Kerl einlassen. Nicht ohne zu wissen, das er der Richtige ist. Und sie hat bislang niemanden kennen gelernt, für den es sich lohnen würde ein Risiko einzugehen. Sie will nicht, dass ihre Tochter sich alle paar Monate an einen neuen Mann gewöhnen muss, ihn eventuell noch ins Herz schlieÃt, nur damit er kurze Zeit später wieder aus ihrem Leben verschwindet. So wie Christopher. Er taucht alle paar Monate hier auf, bringt alles durcheinander, schafft es mit seiner Art jedes Mal, sie wieder ein wenig verliebt in ihn zu machen und dann haut er einfach so ab, lässt sie und Rory alleine.
Das Hochgefühl, welches sie eben noch hatte, weicht, macht einer seltsamen Art der Einsamkeit platz. Fröstelnd schlingt sie ihre Arme um ihren Körper, geht langsam zurück ins Haus.
To be continued.
ATN: Hoffe euch hat dieser Teil gefallen.. zu JJâs schiel .. ja, ich weiÃ, nicht gerade prickelnd, aber âstep by stepâ ist die Parole â was natürlich nicht heiÃt, das es sich hierbei um einen Spoiler handelt
Lg, Riska