Windstill. Es herrscht Windstille und die Sonne scheint. Freundliche Strahlen dringen durch die groÃe Glasfront, hell und sauber. Friedlich, denkt sie, wie kann es so sein? Stürme müssten toben, dicke Wolken aufeinanderprallen, Blitze sich mit voller Energie entladen und das Holz alter Bäume mit einem Zischen spalten. Doch es ist Windstill. Still und ruhig. Und sie wartet. Wartet, während sie über das Wetter nachdenkt, wartet, bis man sie empfängt. Man? Mann. William Farnsworth.
Die Tür öffnet sich und er tritt heraus, sieht sie, schluckt, bittet mit einer ausladenden Geste in sein Büro. Gibt seiner Sekretärin gleichzeitig zu verstehen, dass er nicht gestört werden will.
Grazil geht sie in sein Büro, den Kopf hoch erhoben, jeder ihrer Schritte wohl platziert, die perfekte Choreographie, die formvollendet Darstellung einer Dame. Oscarverdächtig. Auf halber Länge zu seinem Schreibtisch bleibt sie stehen, wendet sich ihm zu, fixiert ihn mit lodernden Augen. âWeshalb sollte wohl jemand so etwas tun?â
âLorelai, wie schön dich zu sehen. Kann ich dir irgendetwas anbieten?â
âSagte ich das nicht bereits? Eine Erklärungâ, ihre Stimme, klirrende Eiswürfel. Bebend vor Wut. Zitternd vor Angst.
âLorelai, Lorelaiâ, seine Stimme, sie klingt beinahe väterlich, besorgt. âWenn du dich ein wenig präziser ausdrücken würdest, dann würde ich dir sehr gerne eine Erklärung liefernâ, er stellt sich ihr gegenüber, betrachtet sie eingehend. Faltet die Hände ineinander, als wolle er ein Gebet anstimmen.
âWie konnten sie ihr erzählen, dass sie und ich â das wir eine Affären hatten?â
Er setzt zu einer Antwort an, schlieÃt den bereits geöffneten Mund umgehend wieder, als ihm bewusst wird, was vor sich geht. Ein leises Gurren entschlüpft seiner Kehle. Sie kennt ihn nicht gut genug, um zu wissen, dass es sich um ein Lachen handelt. âEs war die einzige Möglichkeitâ, setzt er erneut an, ein breites Lächeln auf den Lippen.
âDie einzige Möglichkeit?â, wiederholt sie sein Worte.
âDie einzige Möglichkeitâ, sagt auch er, ein unglaublich bestimmter Tonfall. Für einen kurzen Augenblick überlegt er, was sie weiÃ, wie weit er gehen kann. Ob er ehrlich sein soll, oder nicht. Ob diese Begegnung seine Chancen bei Emily vielleicht wieder steigern könnte. Sie scheint Lorelai nach dem missratenen Lunch nicht die ganze Wahrheit gesagt zu haben. Scheint dennoch zu ihr gegangen zu sein, um die Sache endgültig zu klären. Die Wahrheit ans Licht zu bringen. Ihre eigene Wahrheit. Nun, er wird ihr entgegenkommen, ein Stück weit zumindest. âDie einzige Möglichkeit, die Sache zwischen uns zu beendenâ, ein weiteres, ein vielsagendes Lächeln huscht über sein Gesicht.
âWovon reden sie?â, ruft sie entsetzt aus, die mögliche Antwort bereits im Kopf, möglich, nein, unmöglich.
âWie?â, mit gespielter Ãberraschung schüttelt er den Kopf. âHat dir Emily nichts davon erzählt? Hat sie dir nicht gebeichtet, dass wir eine kleine Affäre hatten?â
âDas ist eine Lügeâ, sie wird sich nicht wie ihre Mutter von ihm belügen lassen, auf seine billigen Tricks hereinfallen.
âFrag deinen Vaterâ, kühl klingt er, ist es, kühl und berechnend, der versöhnliche Unterton ist gänzlich verschwunden. âEr wird es dir bestätigen.â
âNehmen wir mal an, sie hätte tatsächlichâ, sie bricht ab, schlieÃt die Augen, versucht sich zu sammeln, sich nicht von ihm in die Irre führen zu lassen. Nein, denkt sie, nicht Emily Gilmore, dazu wäre sie nicht fähig, nicht sie, nicht Mom. âSie hätte Dad niemals davon erzählt. Sie hätte ihn niemals betrogenâ
Seine Antwort rauscht an ihr vorbei. Plötzlich ist sie wieder drei, ihre FüÃe stecken in festen Schnürschuhen aus braunem Leder, baumeln in der Luft. Ihre Nasenflügel blähen sich, der Geruch von Staub und Holz, Farbe und Leim, sucht sich seinen Weg in ihre Lungen. Ihre Augen blind für die Bilder an den Wänden, schwere, goldene Rahmen, Ãl auf Leinwand, bunte Stilleben, farbenprächtige Portraits, die ihrem Blick entgehen. Es ist ein einziges Bild, auf das sie sich konzentriert. Es ist nicht schön, dafür um so lebendiger. Ein gellender Schrei, obwohl kein Laut über ihre Lippen dringt.
Sie geht rückwärts aus dem Büro, hastig und gehetzt, erntet verwirrte Blicke auf den Fluren, im Treppenhaus, setzt sich in den Wagen, schlägt den Kopf auf das Lenkrad und beginnt zu heulen.
To be continued
ATN: Sorry, das es solange gedauert hat, sorry, daà es so kurz ist, aber ich hab zurzeit ziemlich viel zu tun⦠jedenfalls gehört dieser Teil ganz allein dem Postboten von dr Kärschdin, der glücklicherweise nicht Cordels Bruder alias Logan alias Pennilyns Liebhaber war. May he rest in peace
Riska
PS: Danke fürâs FB â und könnte auch jetzt noch was davon vertragen!