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~ Äther ~ [R-16]

Der Arzt verabschiedet sich mit einem höflichen Nicken, lässt Richard und seine Schwiegermutter in dem Raum zurück, den man wohl als Louise Johnsons Empfangszimmer bezeichnen könnte. Hier hält sie Hof, inmitten von hellblauen Gardinen und Gardenien geht sie tagtäglich ihrem Beruf und ihrer Berufung nach, tut es seit über sechzig Jahren, ist Mrs. Rupert Johnson, ist es mit Leib und Seele und hat es daher geschafft diesen (zu ihrem Bedauern aussterbenden) Berufsstand zu perfektionieren.
Sie faltet die Hände auf ihrem ebenso eleganten wie gemessenem Kleid und hebt eine Augenbraue, während sie Richard betrachtet. „Ich denke nicht, dass ihre Anwesenheit in unserem Hause noch länger von Nöten ist“, erklärt sie kühl.
„Das sehe ich anders“, erwidert er nicht weniger distanziert, doch Louise lässt diesen Einwand nicht gelten. Mit einer für ihr Alter überraschenden Geschmeidigkeit erhebt sie sich.
„Auf Wiedersehen, Mr. Gilmore“, sie macht sich nicht die Mühe ihm die Hand zum Abschied zu reichen, er macht sich nicht die Mühe zu gehen, hat keinerlei Absichten es zu tun. Gerade als er seinem Gegenüber dies auch mitteilen will, kommt sie ihm zuvor.
„Glauben sie etwa ernsthaft, dass ihre Anwesenheit einen Einfluss auf die Rekonvaleszenz meiner Tochter hat?“
„Und wenn es so wäre?“, antwortet er mit einer Gegenfrage und in Louise Johnsons Augen spiegelt sich ein amüsiertes Lächeln.
„Das wage ich offen gestanden ernsthaft zu bezweifeln. Im Gegenteil, Emily war schon als Kind kränklich und ist jedes Mal wieder genesen, ohne das ich mich an ihre Anwesenheit hier erinnern könnte.“
„Und ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie in den letzten vierzig Jahren jemals krank gewesen wäre, ohne dass ich bei ihr war.“
„Ach nein?“, einen leicht süffisanten Ton schlägt sie jetzt an, beinahe spielerisch, eine Katze die noch mit der Maus spielt, ehe sie sie verschlingt. „Vielleicht sollte ich sie dann eines besseren belehren?“
„Eines besseren belehren?“, hakt er nach.
„Nun, soweit ich mich erinnere, können sie sich nicht ihrer Präsenz rühmen, was die Geburt Lorelais betrifft.“
„Waren sie etwa da?“, dieses Spiel kennt er auch, er kennt die Regeln. Zumindest hat er das bis heute immer geglaubt.
„Nein. Aber ich war auch nicht für ihren Zustand verantwortlich. Verantwortlich und habe mich verantwortungslos gezeigt.“
„Glauben sie etwa, ich hätte nicht, es vorgezogen bei meiner Frau zu sein, anstatt meine Zeit mit dem Vietcong zu verbringen?“, zischt er leicht verärgert – und dies soll erst der Anfang sein.
„Genau das ist der Punkt“, sagt sie scharf. „Sie haben es nicht nur vorgezogen, nein sie haben sich der Verantwortung entzogen, nachdem sie Emily in diese überaus missliche Lage gebracht hatten.“
„Ich habe mich niemals meiner Verantwortung entzogen!“, ruft er aus, kann den Ärger in seiner Stimme dieses Mal nur schwerlich unterdrücken.
„Etwas Verantwortungsloseres als ein unerfahrenes, junges Mädchen zu entehren, gibt es wohl kaum! Sie zu schänden und dann mit der Frucht des verbotenen Tuns, sich und der Schande anheim zu lassen! Nein, Mr. Gilmore, sie sind alles andere als ein Ehrenmann. Denn wenn sie einer wären, dann hätten sie Emily nicht nur geheiratet, sondern sie hätten es getan, ehe sie sie zu diesen Inexprimables gezwungen haben.“
„Gott, sie sind ja verrückt, ich habe Emily zu nichts gezwungen, wir –“
„Niemals!“, fällt sie ihm ins Wort. „Hätte meine Tochter freiwillig das Bett mit ihnen geteilt. Sie ist anständig erzogen worden, sie weiß um die Nachwehen der Zügellosigkeit und Lasterhaftigkeit. Doch sie haben ihre Wehrlosigkeit ausgenutzt, haben sie und unsere Familienehre befleckt.“
„Das ist doch einfach absurd“, er schüttelt den Kopf, hat Mühe nicht laut loszulachen, erinnert sich jedoch gleichzeitig wieder an Emilys Worte, eine Erklärung als es noch nichts zu erklären gab, geradeso als ob sie es gewusst hätte, als ob sie geahnt hätte, dass dieses Gespräch früher oder später stattfinden würde. „Sie werfen mir Verantwortungslosigkeit vor, weil ich es gewagt habe, ihre Tochter zu lieben“, bringt er mit mittlerweile vor Wut zitternder Stimme hervor. „Warum geben sie nicht zu, dass es niemals Emily war, um die sie sich sorgten, sondern der Ruf der Johnsons.“
„Emily ist eine Johnson. Schon alleine deswegen hätte sie dieses Balg niemals zur Welt bringen dürfen!“, schnaubt sie, derselbe Tonfall wie beim Abendessen, ein Kojote auf der Jagd. „Und Gott weiß, dass ich das meinige getan habe, um es zu verhindern, um Emily und unsere Familie vor dieser Schande zu bewahren!“
„Sie hätten sie doch auf offener Straße krepieren lassen“, sagt er mit plötzlich leiser, beinahe heiserer Stimme.
Sie zuckt zusammen, fängt sich jedoch augenblicklich wieder. „Verlassen sie sofort mein Haus, Mr. Gilmore.“ Er kommt ihrer Aufforderung nach, tut es dieses Mal, ahnt, dass er es dieses Mal besser tun sollte.

***

Sie verschließt den cremefarbenen Umschlag, streicht zärtlich über das Papier, eine Adresse, die keine ist, eine wirre Aneinanderreihung von Zahlen und Kürzeln, sie hat sie noch nie verstanden, aber der Postbote scheint es zu tun, bisher sind sie alle angekommen, ihre Briefe, kamen die seinen alle bei ihr an. Schwerfällig steht sie auf, muss sich dabei vom Schreibtisch abstützen, presst ihre andere Hand gegen ihr Steißbein, seufzt müde. Es ist langsam wirklich Zeit, die Schwangerschaft hat ihr in den letzten Wochen mehr zu schaffen gemacht, als sie jemals zugeben würde. Sie bräuchte mittlerweile mehr Hilfe, als sie anzunehmen gewillt ist. Niemals käme es für sie in Frage, sich vor Lorelai Gilmore auch noch freiwillig zu erniedrigen, zuzugeben, dass sie nahezu unfähig ist, so einfache Dinge wie das Schließen eines Reißverschlusses selbst zu vollziehen, von den vermaledeiten Knöpfen, welche die meisten Rückseiten ihrer Kleider zieren, ganz zu schweigen. Dinge die ihr immer selbstverständlich erschienen, sind plötzlich zu zeitraubenden Aufgaben geworden.
Ein Klopfen, ein Tablett in der Hand, erscheint das Hausmädchen in der Tür. „Ich habe ihnen einen Tee gemacht, Miss Johnson.“
„Danke, Clara“, sie deutet auf den Schreibtisch. „Stellen sie ihn doch bitte hier ab.“
„Natürlich, Miss“, beeilt das Mädchen sich der Aufforderung nachzukommen. „Kann ich sonst noch etwas für sie tun, ehe ich Feierabend mache?“
Sie will schon verneinen, als ihr Blick auf den Brief neben dem Teeservice fällt. „Ja, vielleicht“, nimmt sie ihn, reicht ihn ihrem Gegenüber. „Vielleicht könnten sie den hier auf dem Nachhauseweg für mich aufgeben?“
„Ja, Miss“, ein höflicher Knicks, der Brief verschwindet derweil in ihrer Schürzentasche. „Und sonst kann ich wirklich nichts mehr für sie erledigen?“
„Danke, nein, Clara“, entgegnet sie mit einem Lächeln, streift sich dabei geistesabwesend über den Steiß.
„Sind sie sicher?“
„Natürlich bin ich das. Ich werde noch ein wenig lesen und dann früh zu Bett gehen.“
„Sie sehen auch müde aus.“
„Herzlichen Dank, Clara“, entgegnet sie trocken.
„Verzeihung, ich wollte nicht – ich dachte mir nur, wenn sie vielleicht möchten, dann könnte ich ihnen noch ein Bad einlassen, ehe ich gehe.“
„Das ist zwar ein reizendes Angebot, allerdings würden sie dann Morgen eine aufgedunsene Wasserleiche im Badezimmer vorfinden“, erklärt sie, fügt ein leises „Falls ich überhaupt noch weiter aufdunsen kann“, hinzu.
„Wie dumm von mir, ich kann ihnen natürlich gerne behilflich sein, dass wäre kein Problem“, ereifert sie sich geradezu, will vermutlich den dummen Tritt ins Fettnäpfchen wieder gut machen.
„Nein“, wehrt sie ab, wehrt es ab, obwohl sie eigentlich gerne und sei es nur für fünf verdammte Minuten – „Das heißt, wenn sie vielleicht – ich will sie bestimmt nicht um ihren Feierabend berauben.“
„Oh, ich hatte heute sowieso nichts mehr vor“, ruft sie aus, ist dabei schon auf dem halben Weg ins Badezimmer. Das Geräusch einlaufenden Wassers breitet sich aus, während Emily mit gewissen Zweifeln kämpft, dennoch Clara in das Badezimmer folgt.
„Hören sie, falls es ihnen doch Umstände –“
„Aber nein“, wiegelt sie ab, lässt etwas Badeschaum in Wasser laufen. „Wissen sie, meine Schwester hat drei Kinder, ich hab ihr gegen Ende der Schwangerschaften immer geholfen. Und die Hilfe hat sie auch gebraucht, glauben sie mir, völlig fertig war sie immer in den letzten zwei Monaten. Und das obwohl sie um einiges kräftiger ist als sie, Miss.“
Ein privates Lächeln huscht über Emilys Gesicht. „Vielen Dank, Clara“, sagt sie, die Verlockung nach einem einfachen Bad ist einfach zu groß, sie wird Clara auch sicherlich nicht lange aufhalten, nur einen kurzen Augenblick, ein wenig Wärme, der Geruch von Rosen und Jasmin, das Gefühl im Wasser schweben zu können.
Ein wenig unbeholfen, macht sie sich an dem seitlichen Reißverschluss ihres Kleides zu schaffen, zögert erneut einen kurzen Augenblick, ehe sie es Clara gestattet ihr zur Hand zu gehen. Was soll’s, mahnt sie sich, du wirst wohl kaum im Unterrock ins Wasser steigen können. Außerdem ist sie nicht die einzige, die in den letzten Monaten das zweifelhafte Vergnügen hatte, dich nackt zu sehen, denk an Lorelai. Also entledigt sie sich ihrer Kleider, steigt dennoch so schnell wie möglich in das Badewasser, versucht es zwar so anmutig wie möglich zu tun, doch der Versuch scheitert gründlich. Eine heftige Welle schwappt durch das Wasser und sie hat Mühe nicht zu lachen, kann nicht umhin an Richards letzten Brief zu denken. Eine Gazelle, wenn du mich nur sehen könntest, Richard, selbst Gürteltiere dürften im Moment graziler sein, denn ich. Sie greift nach dem Schwamm, streicht über ihre Oberarme, würde die Prozedur gerne mit ihrem Bauch wiederholen, wagt es jedoch nicht diese Albernheit in Gegenwart des Hausmädchens zu vollführen, ebenso wenig, wie sie es wagt sie fortzuschicken, setzt stattdessen dazu an, den Schwamm über ihre Schultern gleiten zu lassen.
„Warten sie, Miss“, nimmt Clara ihr den Schwamm aus den Händen. „Sie lassen sich wirklich nicht gerne helfen, oder?“
„Ist das so offensichtlich?“, fragt sie, eine rhetorische Frage auf die sie keine Antwort erwartet, keine Antwort erhält. Sie legt den Kopf auf ihre Knie, ein Unterfangen, das sich schwieriger gestaltet als gedacht. Aber es gelingt ihr eine einigermaßen bequeme Position zu finden, sie schließt die Augen, während sie die sanfte Rückenmasur geradezu zu genießen beginnt. Geradezu, denn die Absurdität der Situation springt ihr plötzlich ins Gesicht. Du kennst diese Frau nicht einmal richtig, ein Hausmädchen und trotzdem schnurrst du beinahe wie eine Katze. Sie schluckt, ein Prickeln auf ihrem Gaumen, sie versucht noch die Tränen wegzublinzeln, wegzujagen, doch es gelingt es ihr nicht. „Clara“, hört sie sich selbst sagen, tut es in einem viel zu scharfen Ton. „Lassen sie mich alleine.“
„Alles in Ordnung, Miss?“
„Ja“, presst sie hervor. „Bitte, nur eine Minute, ja? Danach können sie nach Hause gehen.“
„Rufen sie mich einfach, wenn sie soweit sind, Miss.“
„Wirklich, nur eine Minute“, sie drückt ihre Wange gegen ihr Knie, hat die Augen wieder geschlossen, schmeckt dennoch den vertrauten Geschmack von Salz auf ihren Lippen. Wartet ungeduldig bis Claras Schritte an der Badezimmertür angekommen sind, das Mädchen die Tür hinter sich schließt, ehe sie laut aufschluchzt, wieder einmal weint, obwohl sie sich jedes Mal schwört, es nicht wieder zu tun, da es ihr so unglaublich sinnlos und kraftraubend erscheint.


***

Seit Minuten sitzen sie auf dem Bett, bewegungslos, sprachlos, jede hängt für sich ihren Gedanken nach, versucht das verhedderte Netz zu entknoten, ein klares Muster darin zu erkennen. Erfolglos, Rory ist schließlich die Erste, die aufgibt, sie die Lippen befeuchtet.
„Glaubst du Grandma geht es bald wieder besser?“
„Wenn ich mit ihr fertig bin, dann wird es noch eine ganze Weile dauern, glaub mir.“
„Du bist wirklich wütend, oder?“, erkundigt sie sich zaghaft, obwohl sie die Antwort bereits kennt.
„Sie haben mich verarscht“, ruft Lorelai auch dementsprechend gereizt aus. „Total. Mein Leben lang. Verarscht und angelogen. 38 Jahre lang. Wärst du da nicht wütend? Bist du es denn nicht?“
„Keine Ahnung“, sagt sie leise. „Ich bin einfach nur verwirrt, glaube ich.“
„Und ich bin unehelich.“
„Das bin ich auch“, ein unbeholfenes Zucken mit der Schulter.
„Ja, aber ich habe dich nicht dafür gehasst“, bitter klingt es, fast den Tränen nahe. Aber wegen Emily zu weinen, nein, den Gefallen wird sie ihrer Mutter bestimmt nicht tun. Und ihr Vater? Was ist mit Richard?
„Grandma hasst dich doch nicht“, ruft Rory aus, ein bisschen entsetzt ist sie über die Worte Lorelais.
„Doch, Rory, was sonst? Jahrelang habe ich mich gefragt, warum wir so eine schlechte Beziehung haben und jetzt ist es mir klar. Sie hat mich nie gewollt, ich habe ihr alles versaut und das hat sie mich spüren lassen.“
„Das glaube ich nicht, Mom.“
„Willst du sie etwa in Schutz nehmen?“, herausfordernd reckt sie ihr Kinn vor.
„Ja. Nein. Grandma ist vielleicht nicht so eine tolle Mom wie du, aber für jemanden der aus so einer Familie kommt, hat sie ihre Sache doch ganz gut gemacht“, versucht sie zu erklären, ihre Großmutter zu verteidigen. „Ich meine, vielleicht wollte sie dich auch mit einem dieser reichen Jungs verkuppeln, aber bestimmt nicht, weil sie glaubt, es ist alles wozu du nütze bist.“
„Wer sagt denn so was?“, ein unverständliches Schnauben.
„Louise Johnson. Sie hat es vielleicht nicht in diesen Worten gesagt, aber sie hat es zu Grandma gesagt. Sie hat sie behandelt, als wäre sie nichts wert. Und das macht mich wütend. Genauso wie das, was sie über Grandpa gesagt haben. Es war gemein und fies und falsch.“
„Es war auch gemein und fies und falsch mich anzulügen!“
„Sie hatten bestimmt einen Grund dafür“, bringt sie die wohl leerste aller Entschuldigungen vor.
„Klar hatten sie den, den mir die Wahrheit zu verschweigen. Was hätte ich denn sonst von ihnen denken sollen? Das sie auch menschliche Züge an sich haben? Nein, das konnten sie natürlich nicht zulassen!“
„Immerhin haben sie wegen dir geheiratet“, ruft sie triumphierend aus, der kurze Moment des Hochgefühls verschwindet jedoch augenblicklich wieder, als ihr bewusst wird, was sie da gesagt hat.
„Was?“, fragt Lorelai nach.
„Du hast Dad nicht geheiratet, sie haben es getan“, erklärt sie reichlich kleinlaut, zerstört es doch ihre Illusion.
„Du weißt genau, weshalb ich Christopher nicht geheiratet habe, es wäre nicht gut gegangen. Niemals.“
„Und bei ihnen ist es auch nicht gut gegangen“, diese Worte murmelt sie nur noch, fragt sich, ob sie sich das Lächeln, die Blicke ihrer Großeltern vielleicht doch nur eingebildet hat, ob da in Wirklichkeit nie etwas war.
„Rory, nein“, erstaunt sieht sie auf. „Das glaube ich nicht. Das ist, es ist“, sie schüttelt den Kopf, zaghaft. Pennilyn Lott, schießt es ihr durch den Kopf, die jährlichen Essen mit ihrem Vater. Essen? Nur Essen? Und Farnsworth, so bitter es auch ist, gab es sie, eine Berechtigung? „Gott, vermutlich hast du Recht. Sie waren über 35 Jahre lang in einer miesen Ehe, weil es sich so gehört hat. Und ich habe ihnen deswegen nicht Mal Dankbarkeit entgegengebracht. Wie auch? Ich wusste schließlich nichts davon. Ein Grund mehr für sie, mich zu hassen.“
„Sie hassen dich nicht!“, die Zerknirschtheit weicht wieder dem Verlangen zu verteidigen, zu reparieren.
„Wie könnten sie nicht?“, ein wütender Blick, ein Schluchzen.
„Mom“, sagt sie leise, legt einen Arm um Lorelai, die nun doch leise zu weinen begonnen hat, weint obwohl sie es doch nicht wollte, es ihr unglaublich sinnlos und kraftraubend vorkommt „Sie hassen dich nicht, da bin ich mir sicher“, flüstert Rory beschwörend. „Sie sind vielleicht nicht sonderlich gut darin, es dir zu zeigen, aber du bist ihre Tochter, sie lieben dich, sie sind stolz auf dich.“
„Was macht dich da so sicher?“, schnieft sie.
„Wenn es nicht so wäre, dann könntet ihr euch gegenseitig nicht so sehr verletzen. Und das ist es doch was ihr tut, ständig.“
„Das ist ganz bestimmt nicht meine Schuld!“
„Es ist nicht nur ihre. Sie mischen sich ein, du verheimlichst ihnen deswegen alles, sie werden sauer, es herrscht Funkstille, ihr vertragt euch kurzfristig wieder, du verschweigst ihnen wieder was, sie werden wieder sauer, mischen sich noch mehr ein und keiner von euch denkt daran von diesem Karussell abzuspringen“, sie merkt, dass ihre Worte nichts tröstliches mehr an sich haben, eher einer Anklage gleichen.
„Ich bin vor zwanzig Jahren abgesprungen, als ich ausgezogen bin. Ich bin abgesprungen, als ich ihnen das Geld für Chilton zurückgegeben habe. Aber ich hänge an einem Gummiseil, egal wie schnell und weit ich weglaufe, peng“, eine hektische Handbewegung. „Es katapultiert mich wieder zurück.“
„Dann bin ich vielleicht ein Gummiseil, aber ich bin es gerne.“
„Ich spreche doch nicht von dir, Rory.“
„Doch Mom, das tust du. Ich war es, wegen der du dir Geld von ihnen leihen musstest, ich bin es, wegen der du wieder zu den Dinnern musstest. Den Dinner, die du grauenvoll findest, aber ich habe sie immer gemocht, ich mochte die Freitagabende. Ich fand es schön, meine ganze Familie zu sehen, zusammen. Deswegen wollte ich auch, dass wir hierher fahren! Egal was war und was jetzt ist, ich will, dass ihr euch vertragt!“
„Was wenn ich nein sage, was wenn ich dir hier und jetzt verspreche, nie wieder auch nur eine Silbe mit Emily Gilmore zu wechseln? Was tust du dann, Gummiband?“
„Dann werde ich dich K.O. schlagen, dich an einen Stuhl fesseln und dich gemeinsam mit Grandma in ein Zimmer sperren. Und zwar solange, bis ihr endlich diese ganzen albernen Geschichten aus der Vergangenheit vergesst.“
„Soll das eine Drohung sein?“
„Allerdings!“
„Du drohst mir? Meine eigene Tochter fällt mir in den Rücken?“
„Deine Tochter hat lediglich die Schnauze voll, sie will, dass ihre Mutter das endlich klärt. Zumal sich jetzt eine Chance dazu bietet, eine Chance über alles zu reden, es zu vergessen!“
„Hast du etwa vergessen, dass ich nicht mit ihr reden kann? Ich sage Hallo und sie versteht Auf Wiedersehen, ich schreie Feuer und sie schüttet Benzin darauf. Es geht nicht, wir sprechen verschiedene Sprachen, Sprachen für die es einfach keine anständige Übersetzungsform gibt.“
„Dann benütze eben die Zeichensprache, mal Bilder, spiel Scharade mit ihr, geh von mir aus in einen Russischkurs mit ihr. Aber versuch es zumindest. Bitte, das ist mir wirklich wichtig!“
Lorelai senkt den Kopf, bettet ihn auf ihren Knien und seufzt. So ungern sie ihrer Tochter wehtut, es geht nicht, daher steht sie auf, streicht Rory über die Wange, flüstert ein leises „Es tut mir leid, Engelchen“. Dann geht sie zum Schrank, zieht ihren Koffer herunter, springt erschrocken zur Seite, als ihr ein Karton entgegen fällt, sich sein Inhalt mit einer Wolke aus Staub auf dem Fußboden verteilt.

***

Ihr Kopf schmerzt immer noch fürchterlich, macht es ihr schwer die Gedanken zu sortieren, es dauert eine Weile ehe sie sich erinnert, leise stöhnt.
„Wie ich sehe, bist du wach.“
Sie schlägt die Augen auf, muss ein paar Mal blinzeln, ehe die Gestalt ihrer Mutter scharfe Konturen annimmt.
„Wo ist Richard?“, erkundigt sie sich ohne Umschweife, das Letzte was sie weiß, er war hier, seine Hand auf ihrer Wange, ein gemurmeltes „Ich liebe dich“, obwohl sie all diese furchtbaren Dinge zu ihm gesagt hat.
„Du glaubst doch nicht, dass ich diesen Mann auch nur eine Sekunde länger unter meinem Dach dulde. Du hättest hören sollen, wie er mit mir gesprochen hat.“
„Das tut mir leid, Mutter“, ertappt sie sich dabei, wie sie sich für ihren Ehemann entschuldigt, sich entschuldigt, wo es vermutlich nichts zu entschuldigen gibt.
Ohnehin ist es egal, denn die Entschuldigung wird geflissentlich ignoriert. „Der Arzt hat dir eine Woche Bettruhe verordnet, scheinbar hast du dir einen Grippevirus eingefangen“, ein missbilligendes Seufzen. „Ich kann nur hoffen, dass du keines der Kinder angesteckt hast.“
„Die Kinder“, flüstert Emily mit einem matten Lachen, das vieles bedeuten kann, eine Welle der Wut durchströmt ihren Körper, Wut und Verbitterung. „Sieh sie dir an, Mutter. Sie dir mein Kind genau an. Sieh dir genau an, wen du da beinahe umgebracht hättest.“
„Mir reicht, was ich gesehen habe, Emily“, entgegnet Louise Johnson kühl. „Und jetzt schlaf, mit einer Grippe ist nicht zu spaßen.“

To be continued.

ATN: Ich hoffe der Teil war genehm *G* :p

Also mir ist der Teil sehr genehm. Wink
Ich bin gespannt was da jetzt noch so alles passiert und rauskommt. Ich hoffe das sich da noch einiges tut und sie sich viell endlich mal unterhalten.

Den Anfang zwischen Richard und Emilys Mutter ist echt ziemlich heftig und das er dann doch geht fand ich etwas komisch, aber verständlich....
Der Rückblick war ziemlich cool, fand ich irgendwie witzig. *gg*

Ansonsten wie immer sehr gut geschrieben (aber ich muss sagen ich hab in allem heut geposteten einige Rechtschreibfehler gefunden. :p )und ich bin seeeehr gespannt wie es weiter geht, deshalb werd ich auch morgen munter arbeiten damit ich Abends was zu lesen krieg!! :biggrin:

Also, sehr sehr gut wie immer!!!
Hugs
eine müde Kerstin

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~Emily&Lorelai~All in the Family| Jünger des Emilynismus| It's me![/SIZE]

Ja, das ist wohl war mit den Rechtschreibfehlern, aber die Teile sind soo lang und ich hatte keinen Bock sie noch eine dreiundfünfzigstes Mal Korrktur zu lesen. Verzeih mir, bitte, Snief *G*

Hugs, Franziska

PS: Freu mich auf hute AbendWink Viel Spaß beim arbeiten solang, werd jetzt demnächst zum Frisör aufbrechen und derlei DingeSmile

Gaaaanz toll das du mir das erzählst, ich muss nämlich heute echt viel machen und das an meinem letzten ferientag:
Schreiben für die Versicherung wegen meinem Yogakurs und das auch noch hinbringen, in der stadt paar dinge erledigen, hier paar dinge erledigen, emilynismus,....etc.....
Damit hab ich mir heut Abend einen neuen Teil verdient!!!! :biggrin:

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~Emily&Lorelai~All in the Family| Jünger des Emilynismus| It's me![/SIZE]

Sie geht in die Knie, nimmt eines der lose auf dem Boden verteilten Blätter in die Hand, liest die ersten paar Zeilen. Ein Knoten in ihrem Magen, legt sie es zur Seite, nimmt ein zweites und drittes Blatt, nimmt einen dicken Stapel und durchblättert ihn hastig, lässt ihn schließlich wieder sinken und sieht Rory an, welche sich neugierig aufgerichtet hat.
„Was ist das?“, erkundigt sie sich.
„Briefe“, antwortet sie tonlos. „Von Dad. Von Mom.“
„Briefe?“, sie steht auf, geht zu Lorelai, geht neben ihr in die Knie und will gerade eines der dicht beschriebenen Blätter aufnehmen, als ihre Mutter sie abhält.
„Nein“, sagt sie scharf, beginnt gleichzeitig selbst nach den Blättern zu greifen, sie wieder ordentlich zu stapeln, legt das dicke Bündel zurück in den Karton.
„Mom?“
„Das sind Kopien, Rory“, sie legt den Deckel zurück auf die Schachtel.
„Ich verstehe nicht…“, sie runzelt die Stirn.
„Jemand hat diese Briefe kopiert, hat die Originale fein säuberlich abgeschrieben.“
„Bist du sicher?“
„Natürlich bin ich das“, erklärt sie gereizt. „Das ist nicht Mom’s Schrift. Genauso wenig wie es Dad’s Schrift ist. Es sind Kopien, Rory.“
„Aus welchem Grund sollte Grandma –“
„Das war sie nicht“, unterbricht Lorelai ihre Tochter. „Das sind private Briefe, das sind gottverdammte Liebesbriefe. Deine Großmutter würde niemals jemand Fremden derartige Briefe sehen lassen, geschweige denn sie kopieren lassen. Kein Mensch würde das tun.“
„Aber wo kommen sie dann her?“
„Vermutlich sollte ich das meine Großmutter fragen“, sie streicht sich durchs Haar, lehnt sich gegen den Schrank. Rory tut es ihr gleich und beide starren auf die Kiste, starren und überlegen. „Es ist irgendwie so, als würde man in einem Laden voller Schuhe stehen“, wispert Lorelai. „Überall Schuhe, unendlich viele Schuhe und weit und breit kein Verkäufer, keine anderen Kunden, keine Menschenseele, keine Überwachungskameras, nichts. Man weiß, man könnte dieses schicke paar Gucci-Stiefel mitnehmen, keiner würde es sehen, man könnte sie einfach mitnehmen. Was man natürlich nicht tut, weil es falsch wäre. Und hinterher, hinterher, da bereut man es.“
Rory blinzelt, während sie nur langsam begreift, was Lorelai meint. „Aber es würde doch nichts dagegen sprechen, sie wenigstens kurz anzuprobieren. Schließlich ist ja niemand da, nur ein paar kleine Schritte darin, zwei, drei Meter.“
„Ich weiß nicht“, sagt sie nachdenklich, beugt sich dennoch nach vorne und hebt den Deckel wieder zur Seite, nimmt das oberste Blatt, legt es auf den Boden, streicht es fein säuberlich glatt, streift mit dem Daumen über das Datum, der Knoten in ihrem Magen wird größer. „Er ist vom 16. Mai ’68“, flüstert sie. Ein Tag vor meiner Geburt, denkt sie, beide Frauen denken es. Ein Tag. Ein Tag – „Rory?“, sie sieht ihre Tochter ratlos an.
„Mmh?“
„Würdest du…“, Lorelai nimmt das Blatt wieder auf, reicht ihn Rory. „Lies du ihn.“
„Ich weiß nicht, Mom.“
„Du hast Recht. Wir sollten es nicht tun. Es wäre falsch“, ein Schulterzucken, ein Lächeln. „Andererseits – wir wären nicht die ersten, die diese Briefe lesen. Und es wären ja nicht alle, oder? Es wäre nur dieser eine. Außerdem – ich war ja praktisch dabei, als sie ihn geschrieben hat, es wäre nicht wirklich falsch.“
„Nur dieser eine“, Rory nickt.
„Dann sind wir uns also einig“, sie atmet tief durch. „Lies ihn vor.“
Sie zögert einen Moment, nickt aber schließlich erneut, befeuchtet sich die Zunge, räuspert sich. Beginnt mit leiser Stimme zu lesen.

Richard,

ich hoffe, du wirst vor Scham in den Boden versinken, mir drei Wochen nicht zu schreiben! Ich ahne zwar weswegen du es nicht tust, aber du wolltest es nicht anders, also musst du auch mit den Konsequenzen leben. Schließlich warst du es, der mich immer wieder wegen dieser albernen Photographie bedrängt hat, ich wollte nicht, lass es dir noch einmal gesagt sein. Das habe ich jetzt davon, dass ich deinem Zureden letzten Endes doch nachgegeben habe, anstatt meinem Instinkt und meinen Augen zu trauen. Und sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Unmengen von Tinte habe ich darauf verwendet, meinen Unmut über meine Unförmigkeit Ausdruck zu verleihen, aber du wolltest ja nicht hören. Von daher steht es mir wohl zu, von dir zu verlangen, das Ganze mit Fassung zu tragen, zumal ich hoffe, dass ich eines Tages wieder deinen Vorstellungen entsprechen werde – auch wenn es momentan nicht den Anschein hat. Im Gegenteil, es ist unglaublich wie schnell unser Kind in mir heranwächst, jeder Blick in den Spiegel lässt mich staunen, ebenso wie jeder Tritt es tut. Waren sie am Anfang nur sachte, beinahe ein Streicheln, so werden sie von Tag zu Tag kräftiger, manchmal beinahe zu kräftig, geradeso als wolle das Kleine mir mitteilen, dass ihm seine Herberge nicht mehr zusagt. (Wage es nicht, ich weiß du fühlst dich versucht, aber lass den Gedanken wieder dorthin verschwinden, wo er seinen Ursprung nahm.) Doch noch sind es vier Wochen bis zum Geburtstermin, eine Zeit die mir unendlich lange erscheint. Wenn ich allerdings bedenke wie schnell die letzten Monate verflogen sind, dann sind dreißig Tage eine Winzigkeit, ein Wimpernschlag.
Glaubst du es wird uns ähnlich sehen? Ich versuche zwar angestrengt mir sein Aussehen auszumalen, aber es will mir nicht gelingen, ich schaffe es einfach nicht ein befriedigendes Bild zusammenzubekommen. Jedes Mal, wenn ich kurz davor bin, dann zerfällt es wieder. Stelle ich mir einen Jungen vor, so bin ich plötzlich der festen Überzeugung, dass wir ein Mädchen haben werden. Und sobald ich versuche mir eine Tochter vorzustellen, bin ich der sicheren Überzeugung, dass es ein Sohn sein wird. Es ist seltsam, denkst du nicht, ich müsste es wissen? Dass da ein mütterlicher Instinkt sein müsste, der mir sagt, ob ich diese Decke nun in Blau oder Rosé kaufen soll? Aber alles was ich weiß, ist, dass es ein menschliches Wesen sein wird, selbst dein Gerede von Gazellen und Gürteltieren, lässt da keine Zweifel aufkommen. Ein wenig vielleicht, ich hatte einen äußerst obskuren Traum, in dem der Arzt mir anstelle eines frisch gebadeten Menschenbabys, einen kleinen Elefanten in die Arme legte. Hör auf zu lachen, ich sehe du tust es. Dir mag es vielleicht komisch erscheinen, aber als ich aufwachte, war ich entsetzlich verwirrt und ich frage mich noch immer, ob es dieser Traum wohl etwas zu bedeuten hat. Aber vermutlich ist einfach nur dein unglaublich unsinniges Gerede, dass sich in meinem Kopf festgesetzt hat und mir derart fürchterliche Träume bringt.
Da sind noch andere, Richard, ich will sie nicht erwähnen, aber sie sind da und ich ängstige mich schrecklich vor ihnen. Davor, dass sie Realität werden könnten. Verzeih, ich versprach dir es nicht zu tun, aber ich kann nicht anders, so sehr ich es auch versuche, es will mir nicht gelingen. Nur eine Zeile von dir und es würde vermutlich vergehen. Nur eine Umarmung und ich wäre die glücklichste Frau auf Erden.
In Liebe und mit allem wofür keine Sprache dieser Welt die passenden Worte kennt, Emily


Sie steht auf, nimmt den Koffer und schiebt ihn wortlos zurück auf den Schrank. Nimmt Rory den Brief aus der Hand, lächelt dabei. Lächelt die ganze Zeit über, als sie den Brief und den Karton behutsam auf dem Schreibtisch platziert, sich des teuren Schmucks entledigt, ihn Stück für Stück auf der blank polierten Holzfläche aufreiht. Sie schlüpft auch aus dem eleganten Abendkleid, hängt es sorgfältig über einen Bügel. Rory beobachtet die Szene schweigend, wartet darauf, dass Lorelai als Erste das Wort ergreift und sie tut es auch. „Ich weiß nicht woran es liegt“, erklärt sie, wirft die Bettdecke zur Seite. „Aber diese Familienfeiern sind einfach immer unendlich anstrengend.“
Rory nickt, wartet bis ihre Mutter in das Bett geschlüpft ist, die Augen geschlossen hat, ehe sie aufsteht und ins Badezimmer geht, auf dem Weg dorthin ihre Handtasche an sich nimmt.
Sie schließt die Tür hinter sich ab und zieht ihr Mobiltelefon hervor, wählt auswendig eine lange Nummer, wartet ungeduldig ehe er abnimmt. „Logan“, sagt sie. „Du musst mir einen Gefallen tun…..“

***

Sie greift mit einer Hand vorsichtig nach ihrem Bauch, kann durch den dünnen Stoff ein leichtes Beben ausmachen, das sich unterscheidet, ganz anders ist, als die Bewegungen, die das Baby sonst vollzogen hat. Mittlerweile ist sie sich sicher, dass die kaum spürbaren Kontraktionen, die sie seit der letzten Nacht verspürt, tatsächlich Wehen sind, der Schmerz der dieses Mal mit einhergeht, führt es ihr nur zu gründlich vor Augen. Sie verzieht das Gesicht, halb vor Schmerz, halb vor einem Lächeln, atmet tief durch, während sie den Druck ihrer Hand auf die Bauchdecke verstärkt, wartet bis es vorbei ist, bis lediglich das Lächeln auf ihren Lippen zurückbleibt. Ein wenig unschlüssig was zu tun ist, was sie jetzt tun soll, will sie sich schon in einen der Sessel des Wohnzimmers setzten, entschließt sich jedoch dagegen und stützt sich stattdessen an der Lehne ab, wartet ab. Sie muss es nicht einmal lange tun, die nächste Wehe kommt, ein wenig stärker ist sie, aber noch erträglich. Bestätigt sie in dem Entschluss sich nicht gesetzt zu haben, als sie spürt, wie warme Flüssigkeit die Innenseiten ihrer Schenkel hinabsickert. Es ist zu früh, denkt sie, es ist zu schnell, atmet erneut tief aus. Vielleicht hast du einfach nur Glück und das Baby will es dir leicht machen, eine schnelle erste Geburt, schiebt sie die Zweifel zur Seite, legt im selben Moment die Hand auf ihren Bauch, in dem das Baby ihr einen viel zu heftigen Tritt verpasst. „Falls das eine Art Unterhaltungsprogramm sein soll, um mir die Wartezeit zu verkürzen, dann lass dir gesagt sein, dass ich nicht sonderlich angetan davon bin“, flüstert sie, wartet bis das Ziehen endgültig nachlässt und sie den Griff um die Sessellehne lockert, mit der anderen Hand zärtlich über den Körper ihres ungeborenen Kindes streicht. Ihr Blick fällt auf die weiße Stelle an ihrem Ringfinger, die letzten Reste der Sommerbräune. Sie musste den Verlobungsring abziehen, hat es nur widerwillig getan, aber letzten Endes hat er sich doch zu sehr in ihre, durch die Schwangerschaft angeschwollenen, Finger gebohrt. Ohnehin solltest du dich langsam von ihm verabschieden, denkt sie, so schön er ist, schließlich wird er bald einem Ehering weichen.
„Miss Johnson?“, vernimmt sie die Stimme des Hausmädchens. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“
„Es ist so weit, Clara“, erklärt sie leise.
„Sind sie sicher?“
Sie wendet den Blick von Hand und Bauch auf Clara, die Gedanken in die Gegenwart, in die nahe Zukunft. „Mmmh“, ein Nicken, ein freudiges Lächeln. Das Mädchen eilt auf sie zu und nimmt sie am Ellenbogen.
„Setzen sie sich, Miss Johnson, ich werde einen Krankenwagen rufen.“
„Ich denke, ich bleibe besser stehen“, lehnt sie höflich ab, deutet mit dem Kinn ihr Kleid hinab, dessen Rosé sich ob des Fruchtwassers stellenweise in ein dunkles Rot gefärbt hat, stellt gleichzeitig erstaunt fest, dass dieser Umstand sie keineswegs peinlich berührt, sondern sie ihn lediglich als normalen Bestandteil dessen empfindet, was vor sich geht, worauf sie seit Monaten wartet. Das Hausmädchen nimmt es noch lapidarer, drückt Emily mit sanfter Gewalt in den Sessel, befiehlt ihr sich nicht vom Fleck zu bewegen und verschwindet durch eine der Türen. Emily lehnt sich zurück und schließt die Augen, legt wieder eine Hand auf ihren Bauch, denkt an das Baby, denkt an Richard. Seltsam, dass sie sich tatsächlich unbändig auf dieses Kind freut, es nicht mehr missen möchte, obwohl die Umstände nicht widriger sein könnten. Vielleicht gerade deswegen, schießt es ihr nicht zum ersten Mal durch den Kopf, vielleicht weil Richard und „es“, die einzigen beiden Menschen sind von denen sie sicher weiß, dass sie ihr noch wichtig sind, dass sie die Beiden liebt. Sie liebt, obwohl sie sich bis vor kurzem noch nicht einmal sicher war, dass es so etwas wie Liebe überhaupt gab oder ob ihr – falls es so etwas wie Liebe gab – durch eine Laune des Schicksals die Fähigkeit fehlte, sie zu empfinden. Es gab sie und sie konnte es, sie kann es, öffnet die Augen und lächelt Clara zu, die wieder neben ihr erschienen ist.
„Der Wagen wird jeden Moment hier sein“, erklärt sie ruhig, reicht Emily eine Tasse Tee. „Das wird sie beruhigen, Miss.“
„Danke“, sie nimmt das warme Porzellangefäß entgegen, trinkt einen kleinen Schluck, verzieht ob des ungesüßten Geschmacks das Gesicht. Ein Zittern, die Tasse fällt zu Boden, während sie mit beiden Händen ihren Unterleib umfasst, ein „Gott“ keucht, eine Träne wegblinzelt. Wartet, dass auch diese Wehe wieder abebbt.

***

Leise steht sie auf, versucht Rory dabei nicht zu wecken. Schleicht auf Zehenspitzen durch das Zimmer und geht zum Schreibtisch. Dort greift sie nach dem Brief, legt ihn auf die Schachtel und nimmt sie an sich. Verzieht angestrengt das Gesicht, als sie dabei gegen ein Stuhlbein stößt, ein dumpfes Geräusch, das ihre Tochter glücklicherweise nicht aufgeweckt zu haben scheint. Dafür gelingt es ihr umso geräuschloser in ihren Bademantel zu schlüpfen und aus dem Zimmer zu schleichen. Barfuss tapst sie den Flur entlang, der dicke, rote Teppich fühlt sich angenehm weich unter ihren Fußsohlen an. Sie bleibt vor der Tür des Raumes stehen, von dem sie die Vermutung hat, dass es der Gelbe ist, geht nach kurzem Zögern hinein. Rory liegt währenddessen noch immer bewegungslos im Bett und wartet mit gespitzten Ohren auf das Geräusch eines Kiesels auf Glas.

To be continued

ATN: Mit 24 stündiger Verspätung... sry:knuddel:

Gefällt mir wie immer sehr sehr gut Riskaleinchen, bin sehr begeistert. Der Rückblick und der Brief sind echt gut gelungen, hast du toll geschrieben.
Was Logan da aba auf einmal soll.... :confused:

Also, weiß grad irgendwie nich was ich noch schreiben soll, außer: hervorragend!!!!
Achja: Ich will den Teil von dem du mir gestern in der SMS berichtet hast, also poste doch bitte bitte noch was....ich leide doch imo so sehr. :heul:
Hugs

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Werd mein bestes geben - wobei da dann auch Logi-Boy mit bei sein wird *G*

Na da kann ich ja fast mit leben.

Komm nochma ins ICQ, musste grad kurz weg, bin aba wieda da und erwarte ne antwort.

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Antwort hast du gekriegt (Sorry therefore) , plus, wenn du morgen aus der Schule kommst dürfte ein neues Kapitel on sein Wink

Lg, Franziska

Hier bin ich und wo is das neue Kapitel?! :confused:

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