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*hochhol*
Neuer Teil, gewidmet Kathy
Länge: 950 Wörter
5.
Das Parkhaus war völlig leer. Chris sah sich langsam in der Halle um. âKomm raus und zeige dich!â, dachte er bitter. âIch will dein Gesicht sehen!â
âKeinen Schritt weiterâ¦â, Chris fuhr herum. Hinter ihm stand eine vermummte Gestalt. Die Pistole in seiner Hand war kaum zu übersehen. âOder sonst was?â, Chris ging einen Schritt auf ihn zu. âWillst du mich dann erschieÃen?â, er zuckte mit den Schultern. âBitte.â Der Entführer stockte einen Moment. âDu willst es wohl unbedingt darauf anlegenâ¦â, er entsicherte die Waffe. Chris schüttelte den Kopf. âIch weià nur, dass du nicht so dumm sein kannst und den gleichen Fehler noch mal machst.â Der Entführer lachte. âIch wüsste nicht, welchen Fehler du meinst.â, sagte er. Und drückte ab. Ein stechender Schmerz durchfuhr Chrisâ linken Oberarm. Im nächsten Augenblick konnte er sehen, wie sich der Ãrmel seiner Jacke dunkelrot färbte. âDaneben.â, er atmete hörbar aus. âUnd jetzt sag mir, wo der Junge ist.â Der Entführer schüttelte den Kopf. âGrüà deine kleine Kollegin von mir!â, er betätigte den Abzug ein weiteres Mal, doch dieses Mal war kein Knall zu hören. Er hatte keine Munition mehr. Als er begriffen hatte, dass er nun keine Chance hatte, drehte der Entführer sich um und rannte los. Sofort lief Chris ihm hinterher und schon nach kurzer Zeit hatte er ihn eingeholt. âSo nicht, Freundchen!â, rief er, als er ihn am Arm packte. âDie Polizei wird jeden Moment hier sein und ihre Laune wird wesentlich besser sein, wenn du ihnen sagst, wo der Junge ist⦠Und die hier übergebe ich lieber persönlich.â, er nahm ihm die Waffe aus der Hand.
Als die Polizei den Entführer abführte, konnte Chris Hass fühlen. Hass gegen den Mann, der aus purer Geldgier einen unschuldigen Jungen entführt und Sandra lebensgefährlich verletzt hatte, doch er fühlte auch Erleichterung. Erleichterung darüber, dass der Entführer endlich gefasst wurde. Erleichterung darüber, dass es vorbei war.
âMein Gott, endlich!â, Katja atmete hörbar auf und auch Basti war sichtlich erleichtert, als er Chris in der Tür stehen sah. Chris seufzte. âVerfolgt ihr mal jemanden durch ein Parkhaus und wartet anschlieÃend eine Stunde auf die Polizei.â, knurrte er und lieà sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen. Erst jetzt bemerkte Katja die Wunde an seinem Arm. âChris, sag mir bitte, dass das nicht das ist, was ich glaubeâ¦â Chris winkte ab. âDas ist nur ein Kratzer.â, erwiderte er, doch Basti schien ihm nicht zu glauben. âZieh die Jacke aus.â, befahl er und stand auf. Chris gehorchte. Etwas zaghaft legte er sie auf den Schreibtisch. Basti sah sich die Wunde einen Moment genau an und wandte sich anschlieÃend Katja zu. âSchusswunde.â, sagte er und seufzte tief. Katja schüttelte den Kopf. âDas darf doch nicht wahr seinâ¦â, murmelte sie. âLeichtsinnig bist du aber gar nicht, oder?â Chris seufzte. âMir geht es gut.â, erwiderte er. âTrotzdem solltest du zum Arzt.â, meinte Katja. Chris schüttelte hastig den Kopf. âDas ist nicht nötig. Wirklich.â Katja zuckte mit den Schultern. âDann nicht.â, gespielt gleichgültig wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu, schmiedete jedoch insgeheim einen Plan, wie sie Chris doch noch zum Arzt bringen könnte. Sie wusste jedoch nicht, dass es gar nicht nötig war.
âAua!â, Chris sprang von seinem Stuhl auf. âOkay, es reicht.â, Katja knallte die Akte eines Mandanten auf den Tisch. âDu gehst jetzt zum Arzt.â Chris wollte protestieren, doch ihr Tonfall war so energisch, dass er es für besser hielt, nicht zu widersprechen. Widerwillig nahm er seine Jacke und Schlüssel und ging mit Katja zum Auto. âOh neinâ¦â, Katja schüttelte den Kopf, als sie sah, dass Chris direkt auf den Fahrersitz zuging. âIch fahre.â, sie nahm ihm die Schlüssel aus der Hand. âIch lasse nicht zu, dass du uns noch zwei Stunden die Ohren voll jammerst, so kann sich ja kein Mensch konzentrieren. Diesem Arztbesuch kommst du nicht aus.â
âDas ist ja zum wahnsinnig werdenâ¦â, genervt sank Katja in ihren Stuhl. âIst das eine Anwaltskanzlei oder ein Kindergarten?â Basti sah auf. âHallo, meine liebe Kollegin, es freut mich auch, dich nach der langen Stunde der Abwesenheit wieder zu sehen.â, er verdrehte die Augen. âWas ist denn los?â Katja seufzte. âDen einen Kollegen muss man davon abhalten, wegen jedem Mückenstich gleich zum Arzt zu rennen und dem anderen muss man erst eine Waffe an den Kopf halten, dass er sich in die Ordination bemüht. Seid ihr Männer immer so anstrengend, wenn es um die normalsten Dinge im Leben geht?â Basti grinste. âWo ist Chris?â, fragte er nach einiger Zeit, in der Hoffnung, das Thema wechseln zu können. âBei Sandra.â, erwiderte Katja. âEr hat mich hier abgesetzt und ist sofort ins Krankenhaus gefahren.â
Kurze Zeit herrschte Stille, die durch das Läuten von Katjas Handy unterbrochen wurde. âSebastian, wenn du mir nicht bald wieder meinen alten Ton einstellst, dann werde ich die nächsten Jahre in der psychiatrischen Anstalt des Gefängnisses verbringen, denn das, was ich dir antun werde, wird grauenhaft sein!â, rief sie und kramte in ihrer Tasche. âWas steht an, Ingo?â, fragte sie, als sie abgehoben hatte. âOkay, wir sind schon unterwegs.â, sie legte auf. âEs gibt Arbeit.â, Katja warf ihrem Partner das Handy zu. âwenn wir beim Gericht angekommen sind, dann ist mein Handy wieder genau so eingestellt, wie es ursprünglich war. Haben wir uns verstanden?â Basti nickte. âJa, Madam!â, er salutierte grinsend und verlieà zusammen mit seiner Kollegin die Kanzlei. Als sie im Auto saÃen, seufzte Katja tief und sah traurig aus dem Fenster. Basti drehte sich zu ihr um und sah sie an. Seit Sandra angeschossen wurde war Katja so ernst geworden. Sie lächelte kaum noch und reagierte schon bei den kleinsten nicht ernst gemeinten Bemerkungen gereizt. Er wünschte sich die alte Katja zurück. Die Katja, die er damals zur Kollegin bekommen hatte. Die Katja, die nun zu verschwinden drohte.