Okay, dann eröffne ich den Reigen mal.
Und lüfte ein Geheimnis... oder mehrere...
Titel: Der geheimnisvolle Mr. Kim
Autor : ich
Genre : FF GGs
Fandom: ?
Pairing : Mrs Kim / Lane
Raiting : ?
Disclaimer : Alles auf meinem eigenen Mist gewachsen usw.
Sonstige Bemerkungen: ...
Viel Spaß beim Lesen!
Der geheimnisvolle Mr Kim
Mrs. Kim verhandelte gerade in ihrer gewohnt knallharten Art mit einem Kunden, als das altmodische Telefon im Hinterzimmer des Antiquitätenladens plötzlich schrillte.
Mrs. Kim runzelte unwillig die Stirn und ignorierte das Klingeln standhaft, bis sie dem Kunden die chinesische Deckelvase zu dem absurd hohen Preis aufgeschwatzt hatte, der ihr vorschwebte. Erst nachdem der Kunde, dem schon der Schweiß der Nervosität auf der Stirn perlte, mit seiner Neuerwerbung schnaufend den Laden verlassen hatte, eilte Mrs. Kim zum Telefon und riss den Hörer hoch.
“Kims Antiquitäten, was wollen Sie? Sprechen Sie schnell, Zeit ist Geld und ich bin nicht sehr geduldig!”
“Ich grüße dich in Christi Namen”, klang eine männliche Stimme an ihr Ohr. Sie wirkte sehr kultiviert und redegewohnt, und doch hörte man ein fast unmerkliches Zittern, als der Anrufer zum Sprechen ansetzte. Ein leichtes Knacken in der Leitung ließ vermuten, dass er aus einem Teil der Erde anrief, wo Telefonieren noch eine schwierige und unsichere Angelegenheit war.
Mrs. Kim zögerte nur einen Sekundenbruchteil, der ihre Überraschung verriet, doch dem Anrufer entgehen musste.
Dann sprach sie fest in den Hörer: “Und in Christi Namen gebe ich den Gruß zurück, verehrter Gatte! Was verschafft mir die Ehre eines Anrufs?”
Mr. Kim, denn er war es tatsächlich, seufzte einmal kurz auf, dann sagte er milde: “Meine Liebe, es ist mir mehr als bewusst, dass ich mich viel zu selten bei dir melde. Doch meine Mission ist eine sehr langwierige und schwierige. Niemand weiß besser als du, dass ich mich niemals darüber beklagen würde, denn Gott hat mich dazu ausersehen und ich würde seinem Willen niemals zuwiderhandeln. Dennoch bedeutet das zu meinem unendlichen Bedauern, dass ich viel zu selten Zeit und Gelegenheit finde, mich nach deinem und dem Befinden unserer Tochter zu erkundigen. Besuche – du weißt, dass meine Situation in diesem Land das nicht ermöglicht. Doch auch wenn wir Christen in Nordkorea vielen Prüfungen ausgesetzt werden, werde ich nicht ruhen, bis.... “
”Amen, Amen!” unterbrach Mrs. Kim ihn ungeduldig. “Ich weiß, du bist unermüdlich in der Verbreitung unseres Glaubens in diesem ungläubigen Teil unserer Heimat, doch ich bin sicher, deine Sprechzeit ist begrenzt. Da du so selten telefonieren kannst, muss dein Anliegen besonders sein, also sage mir, worum es geht, bevor wir unterbrochen werden!”
Mr. Kim ließ sich nicht anmerken, ob die schroffe Unterbrechung seiner Frau ihn verärgerte. Doch vermutlich hatte ihn lange Erfahrung abgehärtet und sein Glaube ihn milde gestimmt.
Daher kam er rasch zum Grund seines Anrufs: “Du hast natürlich recht, wie immer, liebe Frau! Ich bin Prediger und vergesse manchmal, dass mein Ton im persönlichen Gespräch unpassend weitschweifig wird... – Es geht um Lane! Besser gesagt, um die Zwillinge!”
Mrs. Kim war nicht überrascht.
Seit Mr. Kim dem Ruf als Missionsprediger im sozialistischen Nordkorea gefolgt und dort kurz nach seiner Einreise gezwungen war, sich der Untergrundkirche anzuschließen, um seine missionarische Tätigkeit überhaupt durchführen zu können, hatte die Last von Lanes Erziehung allein auf den Schultern ihrer Mutter gelastet.
Im Bewusstsein der strengen moralischen und religiösen Einstellung ihres Gatten ebenso wie der gesamten Familie Kim, die zum großen Teil in den USA lebte und mit strengem Auge über die Frau des Predigers wachte, hatte sich Mrs. Kim zu der unnachgiebigen Person gewandelt, als die man sie kannte. Es war ein harter Kampf gewesen, dass man ihr nach der Heirat erlaubt hatte, ihren Laden weiterzuführen, an dem ihr ganzes Herz hing, weil er sie ein Stück weit unabhängig machte und in das Land integrierte, in dem sie nun schon so viele Jahre lebte.
Der Preis dafür war Lanes strenge Erziehung gewesen. In den Augen des Kim-Clans war sie jedoch daran gescheitert. Ihr Mann war eher traurig und enttäuscht gewesen. Doch seine Frau war immer schon die Lebenstüchtigere gewesen und er war sich bewusst, dass sie ihr Bestes getan hatte, vor allem unter dem Druck seiner Familie.
Nun sagte Mrs. Kim in ihrem typisch ungeduldigen Stakkato: “Die Zwillinge? Es geht ihnen gut! Soweit man das sagen kann, wenn man sich ihr Umfeld ansieht. Sie wachsen. Sie essen und trinken. Sie haben keinen Schnupfen. Das ist viel, wenn man bedenkt.. genug der Vorrede, worum geht es also?”
Das Rauschen und Knacken in der Leitung wurde deutlicher, ein Piepen mischte sich darunter.
Mr. Kim wurde nervös. Wurde er belauscht? Sollte er nicht lieber schweigen und auflegen? Konnte man seinen Aufenthaltsort herausfinden?
Doch dann dachte er an das Seelenheil der Zwillinge und er war gewillt, alle Gefahren auf sich zu nehmen, um sie auf den rechten Weg zu bringen.
“Frau, du MUSST dafür sorgen, dass Lane sie in die Bibelschule schickt! Ich bete täglich für die beiden, aber niemand weiß besser als du, wie wichtig eine strenge christliche Erziehung ist, damit ihre Seelen nicht dem Teufel verfallen. Hast du es in die Wege geleitet?”
Wieder konnte man bei Mrs. Kim dieses unmerkliche Zögern bemerken, bevor sie antwortete, aber sie wusste, die schlechte Verbindung würde das vertuschen.
“Selbstverständlich habe ich das veranlasst, Mann!”, sagte sie dann mit Nachdruck. “Und ich habe noch mehr getan als das! Ich habe ihnen selbst Privatunterricht erteilt, seit sie 5 Jahre alt sind und lesen können! Sie sind sehr gelehrige Bibelschüler und lieben das Studium der Heiligen Schrift!”
Mr. Kim war beeindruckt und lobte seine Frau mit überschwänglichen Worten, bis die Verbindung plötzlich abbrach.
Langsam legte Mrs. Kim den Hörer auf. Dann atmete sie einmal tief durch, straffte die Schultern und murmelte: “Gut, das wäre mal wieder erledigt. Und nun wenden wir uns wieder den naheliegenden Dingen zu.”
Sie eilte zurück in den Verkaufsraum und bediente die nächste Kundin, als wäre sie nicht gerade von einem Anruf unterbrochen worden, der von dem Mann kam, mit dem sie zwar seit fast 25 Jahren verheiratet war, den sie aber vielleicht ein halbes Dutzend mal in ihrem Leben länger als drei Tage gesehen hatte, bevor er wieder zu einer seiner zahllosen Missionsreisen aufbrach.
Sie hatten ihre ehelichen Pflichten erfüllt, eine Tochter gezeugt und sich stets bemüht, einander Ehre zu machen. Doch sie waren sich fremd geblieben.
Daher war es Mrs. Kim leicht gefallen ihrem Mann – nunja, sagen wir einmal: das zu sagen, was er hören wollte, ohne sich der Sünde der Lüge schuldig zu machen. Die Wongs, ihre Familie, hatten es schon immer gut verstanden, nach außen hin perfektes Christentum zu leben – indem sie eine makellose Fassade aufrichteten. Ihre asiatische Selbstdisziplin und die Tatsache, dass kein Koreaner es jemals gewagt hätte, öffentlich die Fassade eines anderen Koreaners anzuzweifeln, sondern stets so tat, als wäre alles so, wie es aussieht, hatte dabei natürlich sehr geholfen.
Zu Mrs. Kims Leidwesen hatte sie vor einigen Jahren schmerzvoll entdecken müssen, dass ihre Tochter mehr Wong-Gene als Kim-Gene geerbt und die Fassade so perfekt gestaltet hatte, dass sogar ihre eigene Mutter nichts geahnt hatte – bis Lane die Fassade selbst einriss.
Mittlerweile hatte Mrs. Kim sich nicht nur damit arrangiert, dass Lane aus diesem Schein-Leben ausgebrochen und sich ihre Träume erfüllt hatte. Nein, insgeheim – ganz insgeheim – war sie stolz auf Lane. Sie hatte das gewagt, was für Mrs. Kim nie wirklich möglich gewesen war: ein selbstbestimmtes Leben jenseits der Konventionen zu führen, die Glaube und Herkunft ihr aufzwangen.
Die Missionsreisen von Mr. Kim waren ihr Glück, denn so konnte sie den Antiquitätenladen weiterführen. Schließlich musste sie sich und Lane irgendwie durchbringen! Mit Missionsreisen war nichts zu verdienen – außer natürlich die geretteten Seelen, die eines Tages am Tor zum Paradies für den Prediger Mr. Kim die Pforte öffnen würden. Also konnte sie ihn überzeugen, seiner Frau zu erlauben, dass sie arbeitete. Das war natürlich schwer zu schlucken für einen koreanischen und christlichen Ehemann und kam eigentlich überhaupt nicht in Frage. Doch niemand vom Kim-Clan wollte oder konnte die Frau des Predigers finanziell unterstützen, und die Wongs waren arm wie die sprichwörtlichen Kirchenmäuse. Keiner der Kims hatte begriffen, warum Mr. Kim unbedingt eine Wong heiraten wollte, das hatte er nun davon, sollte er selber sehen... Mrs. Kim war es egal, nach außen hin duckte sie sich, innerlich war sie stolz darauf, etwas zu TUN!
Und nun führte Lane ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen und erzog zusammen mit ihrem Mann Zach die Zwillinge – nunja, unkonventionell, könnte man es wohl nennen.
Was den Bibelunterricht anging, von dem Mrs. Kim ihrem Mann soeben am Telefon berichtet hatte – er fand statt. Sozusagen.
Genauer gesagt gestaltete er sich folgendermaßen: Mrs. Kim besuchte Lane und die Zwillinge und brachte ihre Bibel mit und legte sie auf den Tisch. Sie setzten sich zusammen, die Kinder legten ihre Kinderbibeln, die ihre Oma ihnen zur Geburt geschenkt hatte, ebenfalls auf den Tisch. Und dort blieben sie dann unberührt liegen, bis Mrs. Kim wieder nachhause ging. Dazwischen war sie eine Oma, die von den Zwillingen heiß geliebt wurde, weil sie sie nach Strich und Faden verwöhnte. Wer hätte das gedacht!
Und die Bibelschule? Hatte Mrs. Kim die Enkelsöhne wirklich dort angemeldet, wie sie ihrem Gatten so überzeugend berichtet hatte?
Nunja... gewissermaßen. Eigentlich hatte Lane die Kinder an der Schule angemeldet, die sie für gut befand. Es war eine christliche Schule, denn Lane war nach wie vor gläubig und wollte ihren Kindern daher auch die christlichen Werte vermitteln. Zach war es recht – “solange die beiden nicht irgendwann verlangen, dass ich einen Psalm auf der Bühne singe!”
Aber der Name der Schule lautete: Holy Bible School – ein strenger Name für eine sehr freundliche und offene kleine Privatschule, in der nicht wie in Lanes Schule damals ausschließlich die Bibel eine Rolle spielte, sondern vielmehr sehr viel Wert auf eine gute Ausbildung, individuelle Förderung und liberale Anschauungen gelegt wurde. Der Glaube wurde hier als positive Kraft, nicht als strenges Regelwerk vermittelt.
Nachdem die letzte Kundin den Laden verlassen hatte, schloss Mrs. Kim sorgfältig die Ladentür zu, rechnete dann ihre Kasse ab und trug die Einnahmen penibel in das dicke alte Kassenbuch ein.
Dann zog sie ihren Mantel an und ging durch die ruhigen Straßen von Stars Hollow bis zu einem hellerleuchteten Haus, aus dem Kinderlärm und wummernde Musik drangen, klopfte dort kräftig an, um drinnen gehört zu werden und wartete, bis Lane an der Tür erschien.
Lane war erstaunt, denn sonst kam ihre Mutter nur an zwei Nachmittagen – Mittwoch und Sonntag – für genau zwei Stunden.
Heute jedoch war Freitag und es war bereits 21 Uhr. Es musste also etwas Besonderes vorgefallen sein.
Etwas nervös ließ Lane ihre Mutter eintreten, scheuchte die Zwillinge, die in ihren Nachthemden noch immer vor dem Fernseher saßen, energisch ins Bett und zog die Tür zum Probenraum zu.
Der Lärm ließ merklich nach und Mrs. Kim, die währenddessen ihren Mantel an die Garderobe gehängt und sich mit gewohnt geradem Rücken an den Esstisch gesetzt hatte, sagte, kaum dass Lane sich zu ihr gesetzt hatte: “Lane, dein Vater hat mich heute angerufen!”
Lane riss erstaunt die Augen auf. “Vater? Geht es ihm gut?”
Mrs. Kim schnaubte unwirsch: “Sicher geht es ihm gut! Er bekehrt Nordkoreaner und lebt geheimnisvoll im Untergrund, wird um seines Glaubens willen verfolgt wie die Jünger Jesu! Er ist so glücklich, wie er nur sein kann! Wäre das Paradies auf Erden, er wäre der Meinung es gefunden zu haben!”
Lane verkniff sich ein Kichern und Mrs. Kim tat, als würde sie es nicht bemerken. Dann fuhr sie fort: “Er fürchtet um das Seelenheil der Zwillinge und wollte wissen, ob ich dafür gesorgt habe, dass sie in die Bibelschule gehen.”
Etwas nervös sah Lane ihre Mutter an und versuchte aus ihrem Gesichtsausdruck zu lesen, was sie ihrem Mann wohl gesagt hatte. Doch Mrs. Kims Gesicht blieb unlesbar, sie hätte eine perfekte Pokerspielerin abegeben.
“Du willst jetzt natürlich wissen, ob ich deinem Vater über die – die Zustände berichtet habe, die hier herrschen, nicht wahr?”
Lane nickte etwas eingeschüchtert.
War ihrer Mutter durch den Anruf des Vaters bewusst geworden, wie weit sie sich von ihrer früheren strengen Haltung entfernt hatte, und dass es Zeit war, die Zwillinge zu einer Zierde des Kim-Clans zu machen?
Gerade jetzt, wo alles so harmonisch lief und ...
“Nein, das habe ich nicht. Dein Vater wäre entsetzt gewesen. Es hätte ihn geschmerzt, dass er aus der Ferne nichts daran ändern kann.
Also habe ich entschieden, ihm diesen Schmerz zu ersparen.”
”Danke, Mutter!”, sagte Lane bewusst bescheiden und ehrerbietig, weil sie wusste, dass das nicht selbstverständlich war – im Gegenteil!
“Ja, ich denke auch, du kannst mir dankbar sein”, nickte Mrs. Kim. “Ich habe ihm gesagt, dass die Jungs – ähm, von mir Bibelunterricht bekommen... du weißt, ich bringe die Bibel immer mit, wenn ich herkomme.”
”Das ist wahr”, nickte Lane. “Und die Zwillinge bringen ihre auch – an den Tisch.”
”Richtig”, nickte Mrs. Kim. “Und was die Bibelschule anbetrifft... “
”Ja?”, fragte Lane wieder etwas unruhig.
Mrs. Kim sah sie mit einem bewusst strengem Blick an, doch innerlich genoss sie ein wenig, dass ihre Tochter oft immer noch nicht wusste, dass hinter ihrer strengen Fassade eine liebevolle Mutter versteckt war, die sich nur in der Vergangenheit nicht sehr oft ans Tageslicht getraut hatte, um nicht vom Kim-Clan entdeckt zu werden. Irgendwie gehörte dieses Versteckspiel so sehr zu ihrer Mutter-und-Tochter-Beziehung, dass sie es wohl nie endgültig beenden würden.
Doch dann änderte sich ihr Gesichtsausdruck. Sie sah Lane mit großen unschuldigen Augen an und sagte: “Nun, ist es etwa keine? Ich meine, sie heißt doch Holy Bible School, also muss sie doch eine strenge Bibelschule sein, oder?”
Lane sah sie staunend an und schwieg eine Sekunde. Doch dann zwinkerte ihre Mutter ihr zu und lächelte breit.
Und dann lachten beide so laut, dass Zach erstaunt die Tür des Probenraums öffnete und hereinsah.
Als er die beiden Frauen so herzlich lachen sah, schmunzelte er zufrieden und zog sich wieder zurück.
Und so kam es, dass der geheimnisvolle Mr. Kim zufrieden weiter die Nordkoreaner missionierte, ohne zu ahnen, dass es zuhause einige Geheimnisse gab, die er niemals erfahren würde. Und das war gut so!