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Registriert seit: 25.05.2004
Den Teil widmen wir Bienchen und wünschen ihr gaaaanz viel Glück für die morgige Prüfung
*daumendrück*
*wir haben dich lieb*
:knuddel:
~Kapitel 5~
Am Montag morgen fährt Lorelai zu ihren Eltern, so wie sie es vereinbart haben.
Sie klingelt und Emily öffnet ihr die Tür, sie sieht jetzt schon sehr ernst und abwesend aus.
âLorelai, komm doch rein.â Lorelai betritt das Haus.
âWir können gleich los, dein Vater erledigt nur noch kurz etwas.â Lorelai nickt nur und nimmt dann ihre Mutter in den Arm. In dem Moment erscheint Richard, in der Hand eine kleine Grableuchte.
âLasst uns fahren.â Auch er scheint etwas angegriffen und Lorelai weiÃ, dass wird kein einfacher Gang.
Als sie drauÃen an ihrem Auto vorbei gehen nimmt sie noch eine verpackte Blume heraus, eh sie in den Mercedes ihres Vaters steigt und die 3 sich auf den Weg zum Friedhof, auf den Weg zu ihrem kleinen Bruder, machen.
Die Fahrt zum Friedhof scheint endlos. Keiner spricht ein Wort. Es herrscht eine bedrückende Stille, die niemand stören will. Jeder hängt seinen Gedanken nach.
Lorelai weià nicht, wie sie sich verhalten soll. Soll sie darüber reden? Oder über etwas anderes? Oder einfach schweigen? Schweigen. Das ist wahrscheinlich das beste.
Am Friedhof angekommen, parken sie vor dem groÃen steinernen Torbogen, der an den Seiten mit dunklem Efeu bewachsen ist. Alle drei sehen hinauf.
Richard geht voran und öffnet das eiserne, schwere Tor. So schwer, wie der Gang, den sie jetzt vor sich haben.
Emily und Lorelai gehen hinterher. Lorelai hält sich an dem Blumenstrauà aus weiÃen Lilien fest, den sie mitgebracht hat.
Sie hat Angst dort hin zu gehen. Sie weià nicht warum, aber sie hat Angst. Verhält sie sich richtig? Ist es richtig zu schweigen? Was macht sie, wenn ihre Mutter zu weinen beginnt? Was, wenn sie selbst zu weinen beginnt?
Der Weg zum Grab scheint endlos zu sein. Sie scheinen alle in Zeitlupe zu gehen.
Emily hat Angst, beim Grab anzukommen. Ihre Knie geben nach und ihr Kreislauf spielt verrückt.
Irgendetwas in ihr sträubt sich gegen diesen Weg. Sie ist noch nie hier gewesen, merkt jedoch, dass sie wieder weg will, als sie kurz vor dem Grab steht. Einfach weitergehen und überhaupt keinen Gedanken daran verschwenden. Einfach stehen bleiben und umdrehen.
Das sagt ihr Kopf, aber es geht nicht. Die Beine reagieren nicht. Bewegen sich einfach weiter, wie eine Maschine.
Sie hat Angst, die Trauer zu spüren, die sie all die Jahre verdrängt hatte. Diese Trauer offen zu zeigen bedeutet Schwäche, so hatte es Trix ausgedrückt.
Und um vor Trix keine Schwäche zu zeigen, hatte sie es verdrängt. Sie wollte ihr diese Genugtuung nicht geben.
Richard kann das Grab schon sehen. Lorelai und Emily wissen nicht wie es aussieht.
Lorelai will es eigentlich auch nicht wissen. Sie will wieder weg von hier.
Warum hat sie eingewilligt mitzukommen?
Sie bemerkt, wie sich ein Kloà in ihrem Hals bildet. Sie muss schlucken und atmet tief durch.
Richard und Emily verlangsamen ihren Gang. Und gehen auf ein Grab mit einem groÃen Marmorstein zu.
Lorelai sieht die Inschrift darauf. Einfach nur "Niklas". Kein Datum, kein Nachname. Nichts, was darauf hindeutet, das hier der Sohn von Richard und Emily Gilmore ruht.
Alle drei bleiben stehen. Lorelai kniet sich herunter und legt den Blumenstrauà auf das Grab.
'Ich wünschte, ich hätte dich kennen gelernt, kleiner Bruder' denkt sie und richtet sich wieder auf.
Lorelai merkt, wie sich Tränen in ihren Augenwinkeln sammeln. Sie drängt sie jedoch zurück.
Es herrscht eine friedliche, jedoch bedrückende Stille auf dem Friedhof.
Niemand spricht. Niemand ist fähig, sich zu bewegen.
Richard hält Emily im Arm, gibt ihr Halt und Stärke.
Emily ist abwesend. Sie kann nicht weinen, nicht sprechen, einfach gar nichts. Nichts funktioniert.
Doch irgendwie ist sie erleichtert. Sie sieht zum ersten Mal das Grab ihres Sohnes.
Die ersten Sonnenstrahlen fallen durch die dichten Bäume. Doch Emily erwärmen sie nicht. Alles bleibt kalt.
Die Erleichterung weicht wieder. An ihre Stelle tritt die Trauer. Eine Trauer, die sie die ganzen Jahre verdrängt hat. Sie kommt wieder hoch.
Eine einzelne Träne rinnt ihre Wange herunter. Ihre Fassade beginnt zu bröckeln, doch Emily zeigt keine Gefühlsregung.
Lorelai ist sehr unwohl zu mute.
Sie hat das Gefühl weinen zu müssen, für ihre Eltern, aber sie kann nicht. Sie kann ihre Trauer nicht ausdrücken.
Ist es überhaupt Trauer? Kann man Trauer für jemanden empfinden, den man nie kennen gelernt hat?