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Normale Version: Live and Love in Stars Hollow [PG13/R16] (2. Thread)
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Kapitel 18

Das Buch war auf eine absurde Weise fesselnd. Was sie das las war ekelerregend, doch sie konnte trotzdem nicht aufhören. Die Geschichte zog sie in ihren Bann. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie jemand nur so grausam sein konnte und wie es möglich war, dass niemand etwas gegen so etwas unternahm.
Wie hatte sie nur denken können ihre Mutter wäre unfair.
Sie vermisste sie so sehr. Doch sie hatte Angst, wie ihre Mum reagieren würde wenn sie jetzt anrief.
Doch je mehr sie las, was diese Frau ihrem Sohn in dem Buch antat, desto mehr sehnte sie sich zu ihrer Mum.
Ihre Sehnsucht siegte über ihre Angst und sie griff zu ihrem Handy
Es war als würde das Handy Ewigkeiten klingeln. Das monotone Piepen brachte sie noch um den Verstand. Wieso ging ihre Mum nur nicht ran?
„Hallo?“ Ertönte jedoch fünf Sekunden später die Stimme von ihrer Mutter.
„Mum?“
„Rory?“
„Ich hab dich lieb.“ Die Tränen liefen ihr über das Gesicht und sie wünschte sich nichts sehnlicher als ihre Mum jetzt zu umarmen.
„Ich dich auch.“ Auch Lore liefen Sturzbäche über das Gesicht. „Wo bist du? Geht’s dir gut? Rory, ich bin ja so froh, dass du endlich angerufen hast.“
„Es tut mir so Leid, Mum. Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Mir geht’s gut. Wir wohnen in der Wohnung eines Freundes von Jess.“
„Ich bin so froh deine Stimme zu hören. Und wie .. wie geht es Jess?“
„Ihm geht es gut.“ Ihre Stimme war trockener geworden. Dieses Thema war merkwürdig. Schließlich hatten sie sich ja wegen ihm gestritten.
„Rory, es tut mir Leid. Ich weiß nicht … mir fällt es einfach schwer ihn zu akzeptieren. Ich wollte ihn nicht schlecht machen, doch irgendwie hat er es immer geschafft, dass ich total wütend auf ihn wurde, auch wenn er nicht viel getan hatte. Ich weiß nicht, Dean war einfach so ein toller erster Freund und ich war wohl einfach verwöhnt. Als du noch mit ihm zusammen warst konnte ich nachts besser schlafen, wenn ihr noch unterwegs wart und bei Jess … ich weiß nicht, er hat einfach so eine Art an sich, die mich manchmal fuchsteufelswild macht. Ich wollte dir damit nicht wehtun.“
„Ist schon in Ordnung, Mum. Nur versprich mir, dass du dir Mühe gibst, wenn wir wieder da sind. Klar ist er kein Dean, ich will aber auch keinen Dean, ich will eine Jess und ich wünsche mir einfach, dass meine Mum meinen Freund akzeptiert.“
„Versprochen.“
„Danke.“
„Du sagtest ´…wenn wir wieder da sind´.“ Wann seid ihr denn wieder da? Ich vermisse dich, Rory. Es ist so leer hier im Haus. Da fällt mir ein, ich muss dir noch was erzählen. Luke wohnt jetzt so lange bei mir, wie du nicht da bist und ich weiß nicht … was hältst du davon, wenn er ab jetzt für immer bei uns wohnt? Ich meine, wenn du etwas dagegen hast, dann sag es ruhig. Wir hatten mal die Regel aufgestellt, dass ich keine Männer mit ins Gilmore-Haus schleppe, aber vielleicht könnten wir bei Luke eine Ausnahme machen? Stell dir nur mal vor, wie es wäre jeden morgen von frischem Kaffeeduft geweckt zu werden.“
„Du verstehst es im richtigen Moment die richtigen Argumente zu bringen.“
„Also hast du nichts dagegen?“
„Nein. Wann wirst du es Luke sagen?“
„Ich weiß es noch nicht. Vielleicht lass ich ihn noch eine Weile zappeln.“
„Du bist gemein.“
„Ich weiß.“
„Typisch.“ Rory musste über ihre Mum grinsen.
„Wann kommst du nun wieder?“
„Ich weiß nicht genau. Ich denke, ich werde New York noch eine Weile genießen und dann so schnell es geht wiederkommen.“
„Lass Mommy nicht so lange alleine.“
„Versprochen. Ich hab dich lieb.“
„Ich hab dich auch lieb, Süße.“ Erwiderte Lore und legte auf.

Als Jess aus dem Bad kam stockte Rory der Atem. Seine Haare waren noch nass und er sah einfach umwerfend aus.
„Mit wem hast du vorhin gesprochen?“
„Ich hab meine Mum angerufen.“
Er nickte nur und nahm dann eine Flasche Cola aus dem Kühlschrank.
Sie hatten noch etwas zu Essen besorgt, als sie aus Manhattan wiederkamen.
Auch Rory hielt er eine Flasche hin.
„Danke.“ Sie blickte ihn nachdenklich an. „Was ist das nun für eine Überraschung?“
„Wenn ich es dir erzählen würde wäre es keine Überraschung mehr.“
Sie verdrehte die Augen und holte dann ein Handtuch und frische Sachen aus ihrer Reisetasche um auch duschen zu gehen.
Sie hatte gerade den Hahn zugedreht, als es an der Tür klopfte.
„Ja?“ schnell griff sie sich ihr Handtuch und wickelte es sich um den Körper.
„Zieh das neue Kleid an.“
„Wieso?“
„Weil wir noch weggehen.“ Langsam dämmerte ihr, wie die Überraschung aussah.
Es ist aber noch draußen in einer der Tüten.
Sie hörte Schritte die sich entfernten und dann wieder zurückkamen.
Vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spalt. Ihr war es peinlich und sie wollte nicht, dass er sie so nackt sah.
Er reichte ihr das Kleid durch den Schlitz und sie schloss die Tür eilig wieder.
Jess liebte diese Schüchternheit an ihr. Sie war so anders, als alle anderen Mädchen mit denen er vorher zusammen gewesen war.
Nach einer halben Stunde kam sie aus dem Bad.
Was er da sah, nahm ihm den Atem. Das neue lila Kleid spielte um ihre Knie, es war so leicht, wie ein Hauch von nichts und doch auf eine gewisse Art brav.
Ihre Haut sah so zart und hell aus, wie Alabaster. Die Haare fielen in Locken über ihre Schultern.
Als er sie küsste roch er den Duft ihres Parfums, süßlich, jedoch nicht aufdringlich.
Alles an ihr sah zerbrechlich und wunderschön aus.
„Verrätst du mir jetzt wo es hingeht?“ Sie blickte ihm in die Augen.
„Meine Freunde geben heute eine Party und ich muss noch etwas wegen meinem Job klären. Also hab ich mir gedacht, können wir ja mal gucken, was dort so los ist. Was hältst du davon?“
Auf der einen Seite hatte sie ein merkwürdiges Gefühl im Bauch, weil sie dort ja niemanden außer Jess kennen würde, doch sie war auch neugierig wie seine Freunde waren also stimmte sie zu.

Die Party fand in einer alten Fabrikhalle statt.
Den Großteil des Raumes nahmen tanzende Leute und eine Ecke mit alten zerschlissenen Sofas ein. An der gegenüberliegenden Wand befand sich ein langer Tisch voller Getränke und Chips. Es sah nicht so aus, als würde es hier alkoholfreie Sachen geben.
Neugierig musterte sie die Leute. Sie schienen einigermaßen normal zu sein. Zumindest die meisten.
Jess ging auf einen Typen zu, der mit ein par anderen gerade in der nähe der Sofas stand. Rory folgte ihm unsicher.
„Hey, Leute.“
„Hey, Jess, Mann. Wo hast du so lange gesteckt, Alter.“ Kam ein Typ aus der Gruppe auf ihn zu. Er hatte blonde Haare und sah auf eine besondere Weise gut aus. Er war nicht sonderlich gestylt oder so aber er hatte ein Lächeln das ansteckte.
Neugierig blickte er zu Rory.
„Wen hast du da mitgebracht?“
„Das ist Rory, meine Freundin.“
„Schade, wieso müssen die tollen Mädchen alle immer schon vergeben sein?“
Rory schoss die Röte ins Gesicht. Sie war es nicht gewohnt einfach so ein solches Kompliment zu bekommen und das auch noch vor ihrem Freund.
„Bleib mal locker. Hier gibt es noch genug Frischfleisch für dich, wie ich sehe.“
Jess stellte Rory den anderen die da rumstanden vor.
„Leute, das ist Rory. Rory, das Großmaul von eben ist Robby, das sind Amanda, Charly, Tom, Kathy, Adam, Chris und Chester.“
„Hey.“ Rory lächelte schüchtern.
Doch nach kurzer Zeit war alle Schüchternheit verflogen und sie fühlte sich wohl bei den Leuten.
Sie hatte sich mit Kathy und Adam über die Colleges unterhalten auf die sie gehen würden.
Kathy wollte nach Princeton und Adam wusste noch nicht ob er studierte.
„Wovon hängt es ab, ob du studierst?“ Fragte sie neugierig.
„Mein Dad hat eine Firma in die ich einsteigen soll. Das will ich aber eigentlich nicht. Ich will viel lieber Medizin studieren. So lange ich meinen Vater jedoch nicht überreden konnte, dass ein Studium das richtige für mich ist, brauch ich überhaupt keine Bewerbungen abschicken.“
„Oh.“ Rory bemerkte, dass sie schrecklichen Durst hatte und ging zu dem „Büffet“ rüber.
Es türmten sich Chipstüten und verschiedene Dips. Sie wollte gerade nachsehen, ob vielleicht doch etwas Alkoholfreies für sie dabei war, als sich Robby neben sie stellte.
„Na, was machst du hier so alleine?“
„Ich such nach was zu trinken. Habt ihr hier nichts Alkoholfreies?“
„Sei kein Spielverderber und probier doch mal ein Bier.“ Er öffnete eine Dose und hielt sie ihr hin. Vorsichtig nahm sie einen Schluck. Es schmeckte nicht besonders, doch wegstellen wollte sie die Dose nicht. Als Kleinkind zu gelten war nicht ihre Absicht, vor allem nicht vor Robby.
„Wo kommst du her?“ Charmant grinsend blickte er sie an.
„Aus Stars Hollow.“
„Ah! Wie hat Jess es noch mal genannt? Pleasentville in Farbe.“
„So schlimm ist es auch wieder nicht! Ich fühl mich jedenfalls dort wohl.“
Langsam spürte sie die Wirkung des Alkohols. Ihr Gespräch wurde immer lockerer und sie musste immer wieder lachen.
„Was hältst du von tanzen?“
„Na ja, ich weiß nicht …“ Sie blickte sich nach Jess um. Trotz des Alkohols wurde ihr bewusst, dass sie das vielleicht besser nicht machen sollte. Rory sah wie sich Jess angeregt mit Amanda unterhielt. Sie hatte sich an die Wand gelehnt und flirtete offensichtlich mit ihm und ihn schien es nicht zu stören. Er schien kein schlechtes Gewissen zu haben, also bräuchte sie ja wohl auch keines haben.
„Gönn mir einen Tanz, Prinzessin.“
„In Ordnung.“ Sie ließ sich von ihm auf die Tanzfläche ziehen und begann zu tanzen.
Als wöllte der liebe Gott sie testen, setzte sofort ein langsames Lied ein.
Eigentlich wäre dies die Stelle gewesen, an der sie hätte aufhören sollen, doch ein Blick auf Jess ließ sie wissen, dass er noch nicht ans aufhören dachte.
Sie legte ihre Arme um Robbys Hals und bewegte sich langsam im Rhythmus der Melodie.
Der Alkohol in ihrem Blut ließ es ihr schwer fallen, ihre Bewegungen zu koordinieren weshalb sie sich einfach von Robby führen ließ.

Das Lied war verklungen und er merkte, dass das Mädchen in seinen Armen kaum noch aufrecht stehen konnte, also legte er ihr einen Arm um die Taille und brachte sie raus an die Frische Luft.
Kaum hatten sie die Fabrikhalle hinter sich gelassen, musste sich Rory übergeben. Robby hielt ihre Haare fest und sorgte dafür, dass sie das Gleichgewicht behielt.
Rory fühlte sich so elend. Sie war sich sicher, dass sie nie wieder Alkohol anrühren würde.
Nachdem sich ihr Magen wieder beruhigt hatte, richtete sie sich auf.
„Danke. Es tut mir Leid. Ich vertrag wohl nicht so viel Alkohol.“
„Ist schon in Ordnung. Ich geh mal schnell rüber zu meinem Wagen. Im Kofferraum müsste ich noch Limo haben. So kriegst du den ekligen Geschmack aus dem Mund.“
„Dankeschön.“ Sie blickte ihn entschuldigend an.
Wieso hatte sie nur das Bier austrinken müssen?
Nachdem sie fast die halbe Flasche leer getrunken hatte, war der eklige Geschmack verschwunden.
„Willst du wieder reingehen?“ Robby sah sie besorgt an.
„Nein. Ich glaube ein bisschen frische Luft kann mir nicht schaden. Hast du was dagegen wenn wir noch ein bisschen hier draußen bleiben? Dort drinnen ist die Luft so stickig.“
„Kein Problem. Aber lass uns ein Stück laufen. Die Atmosphäre hier auf dem Parkplatz ist nicht unbedingt traumhaft.“
„Allerdings. Ich glaube die Mülltonnen sind auch nicht gerade nach Feng Shui ausgerichtet.“ Ein Lächeln spielte um ihre Lippen.
„Wow, ein Witz aus deinem Mund. Ich dachte du bist aus Prinzip heute den ganzen Abend ernst, schließlich ist dein Freund dort drinnen.“
„Ich denke einen Witz kann ich mir erlauben, ohne dass gleich ein Blitz in mich einschlägt und der liebe Gott mich bestraft.“
„Dann bin ich ja beruhigt. Sonst müsste ich nämlich Blitzableiter spielen.“
Seine grünen Augen zogen sie in ihren Bann. Im gleichen Moment blickte sie hastig zum Boden. Wie blöd war sie eigentlich. Nur weil Jess dort drinnen mit einem anderen Mädchen redete, musste sie das nicht als Ausrede nehmen, um sich Robby an den Hals zu werfen.
Natürlich hatte er eine gewisse Anziehungskraft auf sie, doch sie liebte Jess und wollte diese Beziehung zu ihm nicht einfach so wegwerfen.
„Ich würde dich ja jetzt gern küssen, aber ich glaube das ist keine so gute Idee.“ Seine Augen schienen sie zu durchbohren und auf jede noch so kleine Reaktion von ihr zu achten.
„Ich glaube es ist besser, wenn wir wieder reingehen.“ Rory drehte sich hastig um und lief auf die Tür zu.

Als sie die Stahltür zur Fabrik öffnete, lief sie Jess in die Arme.
„Wo warst du? Ich hab dich verm … Robby? Was wolltest du mit ihm da draußen?“ Der Zorn und die Eifersucht kochten in ihm hoch.
„Jess, ich … mir ging es nicht so gut und ich brauchte nur ein bisschen frische Luft.“ Versuchte sie die Situation zu erklären.
„Ach? Und dann hast du dich gleich von dem guten alten Robby begleiten lassen? Konntest du deine Pfoten nicht von meinem Mädchen lassen?“
„Hey, Alter, komm mal wieder runter. Es ist nichts passiert. Wir haben nur geredet.“
„Klar, und meine Oma ist ein Fan von Metallica.“
Rory stiegen die Tränen in die Augen. Sie wollte doch keinen Streit anfangen. Der Alkohol hatte sie einfach leichtsinnig gemacht und sie war sich gar nicht bewusst gewesen was sie da überhaupt tat.
„Jess, bitte …“
„Komm! Wir fahren.“
Sie folgte ihm die Treppe runter ohne sich noch einmal nach Robby umzudrehen. Er stand da und blickte ihr traurig hinterher.

Jess hatte kein Wort mehr gesagt seit sie im Auto saßen. Sie würden bald am Appartement ankommen. Die Uhr am Armaturenbrett zeigte 03:24.
„War da wirklich nichts zwischen dir und ihm?“ Er wendete den Blick von der Straße und sah Rory tief in die Augen.
„Wirklich. Da war nichts.“
„In Ordnung.“ Er atmete auf. Jess hätte nicht gewusst, was er gemacht hätte, wenn sie ihn wirklich betrogen hätte. Sie war sein ein und alles und er konnte sich nicht vorstellen ohne sie zu sein.
„Bist du mir wirklich nicht böse?“
„Nein. Bei mir sind nur die Sicherungen durchgebrannt als ich dich und ihn gesehen habe.“
„Hey, ich liebe doch nur dich.“
Er blickte zu ihr rüber, lächelte sie an und griff nach ihrer Hand.

Kapitel 19


Sie hatte sich gerade ein Wasser aus dem Kühlschrank genommen, als ein kleines Fellbündel an ihr vorbeigesaust kam und die Haustür ansteuerte.
„Was hast du denn, Süße? Ah, ich weiß schon Süße … du bist eine ganz schlaue. Du weißt wann der Mann mit dem leckeren Futter kommt.“ Grinsend ging sie zur Tür und drückte ihrem Freund einen leidenschaftlichen Kuss auf den Mund.
„Du hast uns Gilmore Girls voll im Griff.“
„Manchmal denke ich, ist es eher andersrum. Wenn ihr euch selber versorgen könntet, würdet ihr mich doch gar nicht brauchen.“
„Klar brauch ich dich noch für andere Dinge.“ Sie lächelte ihn verführerisch an.
„Ach? Was denn für Dinge?“
„Das zeig ich dir, wenn ich gegessen hab. Man muss schließlich Prioritäten setzen.“ Sie nahm Luke die Tüte mit dem Essen aus der Hand und setzte sich auf’s Sofa.
„Wieso hast du so gute Laune? Ist das Essen bei deinen Eltern so gut gelaufen?“ Verwundert sah er Lore an.
„Das Essen? Es war die totale Katastrophe.“
„Und wieso hast du dann so gute Laune?“
„Rory hat angerufen. Ihr geht es gut. Wir haben uns ausgesprochen und sie kommt bald zurück. Ich könnte tanzen, so froh bin ich, dass sie sich gemeldet hat und dass wir uns ausgesprochen haben.“
„Wow, toll. Und wie geht es Jess?“
„Ihm geht es auch gut. Da fällt mir ein, ich sollte meine Eltern anrufen wenn ich neues von Rory weiß.
Sie stand auf und ging zum Telefon. Nach dem dritten Läuten ging das Hausmädchen ans Telefon.
„Bei Gilmore, mit wem darf ich verbinden?“
„Geben sie mir bitte den Hausdrachen.“
„Wie bitte? Wer ist da?“
„Geben sie mir bitte Emily Gilmore und sagen sie ihr hier ist ihre Tochter.“
„Lorelai?“ Ging es nach wenigen Sekunden.
„Hallo, Mum. Ich habe gerade mit Rory telefoniert. Ihr geht es gut und sie kommt bald zurück.“
„Schön, dass du uns das mitteilst. Wir sehen uns Freitag.“ Und schon hatte Emily wieder aufgelegt.
Erstaunt blickte Lorelai den Hörer an.
„Wow, das war eines der kürzesten Telefonate, die ich je geführt habe.“
„Wieso? Was hat sie gesagt?“
„`Schön, dass du uns das mitteilst. Wir sehen uns Freitag.’ Nicht gerade nett. Aber so ist sie nun. Die Schneekönigin ist nichts gegen meine Mum.“
Lore schüttelte noch einmal den Kopf über die Eigenarten ihrer Mutter und ließ sich dann wieder auf das Sofa fallen.
Sie wühlte in der Tüte, die Luke mitgebracht hatte, und stapelte das Essen auf dem Couchtisch.
„Hier, das Grünzeug dürfte deine sein.“ Sie drückte es ihm in die Hand.
„Dir würde es auch nicht schaden, wenn du ab und zu etwas Gesundes zu dir nehmen würdest.“
„Auf deinen Burgern ist genug Salat. Wenn ich zusätzlich noch mehr gesunde Sachen essen würde, wäre ich bestimmt irgendwann ganz grün im Gesicht. Ich hab nicht so ein merkwürdiges Verdauungssystem wie du.“
„Sagte die Frau, die 10 Becher Kaffe hintereinander trinkt.“
„Hey, immerhin bin ich deine beste Kundin.“
„Wenn du bezahlen würdest wärst du das.“ Er lächelte sie liebevoll an.
„Ich bezahle anders.“ Sie küsste ihn zärtlich.
„Das war aber höchstens eine Tasse Kaffe und du hast heute mindestens schon drei getrunken.“
Lore legte ihre Arme um seinen Hals und zog ihn näher zu sich, um ihn leidenschaftlich zu küssen.
In einer kurzen Atempause: „Das war mehr als für 10 Tassen Kaffee. Jetzt krieg ich aber auch Wechselgeld wieder.“
„Versprochen.“ Erwiderte Luke und drückte sie erneut auf das Sofa.

Als Rory aufwachte, war das Bett neben ihr leer.
Sie horchte, ob vielleicht Geräusche aus dem Bad kommen würden, die ihr sagen könnten, dass Jess dort war, doch es war still.
Langsam stand sie auf und blickte sich um. An der Tür klebte ein Post-it.

Hey, Rory!
Na, ausgeschlafen?
Musste auf Arbeit,
komm gegen 17 Uhr
wieder. Könnte vielleicht
auch etwas später werden.
Jess

Das hieß, sie würde den Tag alleine verbringen müssen.
Als Rory sich gewaschen und angezogen hatte, beschloss sie sich ein kleines Café zu suchen, um ordentlich zu frühstücken.
In dem kleinen Kühlschrank würde sie wohl kaum etwas finden, was einem ordentlichen Frühstück bei Luke gleichkam.
Außerdem vermisste sie eine ordentliche Tasse Kaffee oder am besten gleich zwei.
Den Schlüssel schob sie unter die Fußmatte, damit Jess auch rein kam, falls er doch eher als sie wieder zurück sein würde.
Nachdem sie mit der U-Bahn nach Manhattan gefahren war, setzte sie sich in ein Star Bucks und suchte sich einen Tisch an einem Fenster, damit sie das bunte Treiben in der Stadt beobachten konnte.
Es war wie im Paradies. Die verschiedensten Kaffeesorten waren im Angebot. Sie befand sich im Kaffeehimmel.
Aber wie heißt es doch so schön: „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.“
Also bestellte sie einen einfachen Kaffee und ein Stück Apfelkuchen.
Draußen war ein unglaublicher Verkehr, alles Leute, die zur Arbeit fuhren.
Beim dem Gedanken daran bekam sie ein schlechtes Gewissen. Sie, die brave fleißige Rory, hatte einfach so die letzten Schultage ausfallen lassen. In zwei Wochen war die Abschlussfeier. Bis dahin würde sie zurückfahren müssen. Doch der Gedanke daran rief Vorfreude in ihr hoch.
Dann würde sie nach Yale gehen. Seit sie ein kleines Mädchen war, hatte sie nach Harvard gehen wollen und jetzt ging sie bald nach Yale.

Rory hatte den Tag mit Sightseeing und Bummeln verbracht.
Sie war in der New York Public Library gewesen und hatte gelesen.
Danach war sie das Empire State Building hochgefahren. Der Blick über New York war einfach umwerfend gewesen.
Jetzt fuhr sie total erschöpft mit der U-Bahn nach Hause.
Eigentlich hatte sie am Nachmittag zu Hause sein wollen, um vielleicht noch ein bisschen baden zu gehen, doch die Großstadt hatte sie nicht losgelassen. Jetzt wurde es draußen schon langsam dunkel. Hoffentlich war sie bald zu Hause. New York war nicht gerade eine der sichersten Städte. Erst recht nicht, wenn es dunkel wurde.
Die kühle Luft strich über ihre erhitzten Wangen, als sie endlich die U-Bahn verlassen hatte und die Straße zu ihrem Appartement langging.
Ihr fiel ein Stein vom Herzen, als sie endlich vor der Haustür stand. Sie wollte gerade klopfen, doch die Tür war nur angelehnt.
„Einbrecher!“ Schoss es ihr wie ein Blitz durch den Kopf.
Vorsichtig schob sie die Tür einen Spalt auf. Gedämpftes Licht fiel durch den Spalt nach draußen.
Einbrecher würden doch nie Licht anmachen. Sie schob die Tür ein Stück weiter auf, sodass ihr Blick in das kleine Appartement fiel.
„Wow!“ Ein Laut des Erstaunens kam über ihre Lippen. Überall waren Kerzen. Hunderte waren im ganzen Raum verteilt.
Sie betrat das Zimmer und blickte sich nach Jess um. Nirgendwo war ein Zeichen von ihm. Doch! Auf dem Bett lag ein kleiner weißer Umschlag. Rory ging auf das Bett zu und zog ein Blatt Papier aus dem Umschlag.

Dreh dich um!

Ein Lächeln spielte um ihren Mund, als sie das las. Langsam drehte sie sich in Richtung der Kochnische. Und da stand er und grinste sie auf seine charmante, aufregende Art an.
Jess ging langsam auf sie zu und küsste sie vorsichtig.
„Ist das der richtige Zeitpunkt?“
„Ja.“ Sie küsste ihn leidenschaftlich und zog ihn dann zum Bett.
Sie streifte sein T-Shirt über seine Schultern und ließ ihre Lippen über seinen Oberkörper gleiten.
Vorsichtig zog er ihr das Top aus.
Jetzt stand sie nur noch im BH vor ihm. Er würde sie also gleich nackt sehen. Der Gedanke war fremd vor Rory. So hatte sie noch niemand außer ihrer Mutter gesehen. Doch sie wusste, dass sie Jess wollte und dies nahm ihr fast alle Ängste.

Als Jess aufwachte war vollkommene Stille um ihn herum. Er hatte seinen Arm um Rory geschlungen und diese hatte sich an ihn geschmiegt.
Die letzte Nacht war unbeschreiblich schön gewesen. Ihr so nah sein zu können. Es war als würde ihre Reinheit für einen Moment auf ihn übergehen und als würde sie allen Schmutz von ihm wegtragen, weit weg, alle Sorgen und Probleme, sein ganzes beschissenes Leben war vergessen und das einzige was noch zählte war Rory.
Doch die Nacht ging vorüber, genauso wie die Magie des Augenblickes.
Langsam wurde er wieder der alte harte Jess, der kaum Gefühle zeigen konnte und er hasste sich dafür.
Langsam löste er sich von Rory und stieg vorsichtig aus dem Bett.
Er hatte gerade die Tür zum Bad hinter sich geschlossen, als auch Rory aufwachte.
Als sie bemerkte, dass das Bett neben ihr leer war, ging ihr Blick instinktiv zur Tür. Vielleicht hing dort ja wieder ein Post-it.
Doch die Tür war kahl. Da hatte sich die Frage nach Jess’ Aufenthaltsort jedoch schon wieder geklärt, denn aus dem Bad drang das Plätschern des Wassers.
Sie stand auf, klopfte an die Badtür und als keine Protestreaktion kam, öffnete sie zögernd die Tür.
Jess stand vor dem Spiegel und putzte sich die Zähne. Kurzentschlossen stellte sie sich neben ihn und begann ebenfalls ihre Zähne zu putzen.
„Wie ein altes Ehepaar.“ Meinte Jess stichelnd.
„Nur das wie uns noch nicht streiten.“
„Nein, das tun wir noch nicht.“ Er sagte diesen Satz mit einer seltsamen Betonung, sodass Rory ihn aufmerksam im Spiegel musterte.
„Ist was?“
„Nein, was soll denn sein?“
„Keine Ahnung. Du bist schon wieder so komisch.“
„Komisch?“
„Ich weiß auch nicht. Manchmal weiß ich nicht, ob ich das was du sagst ernst nehmen soll, oder manchmal sagst du auch gar nichts und, ich weiß nicht, das verwirrt mich eben.
„Es ist wirklich nichts.“ Er drückte ihr einen Kuss auf den Mund, sodass Rory gar nicht mehr weiter protestieren konnte.
Als er sie endlich wieder freigab, musste sie trotzdem die Frage stellen, die ihr schon längere Zeit auf der Zunge lag: „Jess, was ist das eigentlich für ein Job, den dir dein Kumpel verschafft hat?“
„Ach nichts Weltbewegendes.“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung und wollte schon das Bad verlassen, doch Rory hielt ihn zurück.
„Wenn es nichts Weltbewegendes ist, kannst du es mir doch erzählen.“
„Na schön, der Vater meines Freundes hat einen Schlüsseldienst und er hat mir in der Firma eine Job besorgt.“
„Als Schlüsseldienst? Und woher kannst du das?“
„Ich hab früher schon mal so was in der Art gemacht.“
„So was in der Art? Wieso muss ich dir denn immer alles aus der Nase ziehen? Es ist doch nichts Verbotenes dabei, oder?“
„Gut zu wissen, was du von mir denkst.“
„Jess, so war das doch nicht gemeint. Es ist nur, du bist immer so verschwiegen und erzählst nie etwas, irgendwann macht man sich halt Gedanken. Es tut mir Leid.“ Sie blickte ihn mit ihrem Dackelblick an.
Da konnte er nicht mehr böse sein und küsste sie erneut.
Diese Unterhaltung war ihm zu brenzlig. Wie hätte er ihr auch erzählen sollen, dass er früher mit seinen Kumpels ein par Wohnungen aufgebrochen hatte. Diese Zeiten waren zwar vorbei, doch es war trotzdem besser für Rory, wenn sie davon nichts wusste.
Am Ende würde sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen, wenn sie erst einmal wusste, was für Mist er in seiner Vergangenheit gebaut hatte.
Aber Vergangenes sollte man ja bekanntlich ruhen lassen.
Kapitel 20

Ihr Rücken tat ihr unendlich weh. Wieso hatte sie nur so unbequem geschlafen.
„Jetzt müsste man nur noch die Augen aufbekommen.“ Dachte sich Lore und öffnete sie vorsichtig einen Spalt.
Kein Wunder, dass sie Rückenschmerzen hatte. Sie und Luke lagen aneinander geschmiegt auf dem engen Sofa.
Letzten Abend müssen sie wohl so müde gewesen sein, dass sie es nicht einmal mehr nach oben geschafft hatten.
Lore versuchte aufzustehen, doch der Versuch scheiterte da Luke auf ihrem Arm lag.
Geschlagen ließ sie sich zurückfallen und beobachtete Luke beim schlafen.
Seine Brust hob und senkte sich langsam und sie lauschte seinem gleichmäßigen Atem.
Eine Weile hielt sie es aus, so still neben ihm zu liegen, doch ihr Körper schrie nach Kaffee und Lukes Körper auf ihrem Arm war nicht gerade leicht, also gab sie ihm einen vorsichtigen Kuss.
Langsam schlug er die Augen auf und lächelte seine Freundin liebevoll an.
„Guten morgen.“ Sie küsste ihn erneut. „Wärst du vielleicht so freundlich und gibst meinen Arm frei?“
„Oh, Entschuldigung.“ Es war so niedlich, wie besorgt er um sie war, dass sie augenblickliche grinsen musste.
„Was hältst du von Kaffee?“
„Was hältst du von Tee?“
„Was hältst du von Kaffee?“ Erwiderte Lore abermals.
„Was hältst du von Urlaub?“
„Wow.“ Sprachlos blickte sie ihn an. „Wir reden gerade vom Frühstück, wie kommst du da auf Urlaub?“
„Ich weiß nicht … ich … es kam gerade so über mich. Ich würde einfach gern ein par Tage mit dir wegfahren. Nur wir zwei. Wir müssten nicht auf Arbeit und … keine Ahnung wo wir hinfahren könnten, Hauptsache weg.“
„In Ordnung.“
„Wirklich?“
„Klar, lass uns wegfahren.“
Luke zog Lorelai zu sich und küsste sie innig. „Aber jetzt brauch ich endlich Kaffee.“
„Junkie.“
„Ich liebe dich auch.“

Luke stand nun schon seit drei Stunden im Diner, doch bei der Sache war er schon die ganze Zeit nicht. Er hatte immer wieder an den Urlaub mit Lorelai denken müssen und wie er sich drauf freute.
Vor Aufregung hatte er heute schon 7mal den Kaffee verschüttet, Kirk statt Erdbeermuffins Blaubeermuffins gebracht, das Ei von Miss Patty statt mit Salz mit Zucker gewürzt.
Erst als Lore ins Diner geschneit kam, um weitere Urlaubpläne zuschmieden, kam er langsam zur Ruhe.
Sie setzte sich an den Tresen und breitete eine Unzahl von Urlaubskatalogen aus.
„Wow, Ägypten, Hawaii, Australien. Du willst aber weit weg.“
„Du etwa nicht?“
„Doch, aber ich weiß nicht, solche Reisen sind doch irrsinnig teuer und auf die Schnelle werden wir bestimmt keinen Flug mehr bekommen.“
Enttäuscht zog Lore einen Schmollmund.
„Ihr wollt in den Urlaub fahren? Ich war mal mit einem Prachtexemplar von Mann segeln. Ich sag euch, was da auf dem Kahn abging, das hab ich noch nie erlebt. Wenn die See das Boot schaukelt, dann wackelt auch das Bett.“
„Patty! Du bist ja eine ganz wilde.“
„Man muss doch sehen wo man bleibt.“
„Segeln ist eigentlich keine schlechte Idee.“ Luke schien die Idee von Patty tatsächlich aufzugreifen.
„Luke, du Hengst.“ Patty sah ihn zweideutig an und er wurde sofort knallrot.
„Doch nicht … ich meine nicht … also, ich finde doch nur … ich dachte nur … ich wollte schon immer mal Segeln.“
„Aber natürlich.“ Zog ihn nun auch Lore auf.
„Hey, auf wessen Seite bist du eigentlich?“ Luke sah sie empört an.
„Wir Mädels müssen eben zusammenhalten, wenn ihr Jungs eure Hormone mal wieder nicht im Griff habt.“
„Ich hab meine Hormone im Griff. Ach lasst mich doch in Ruhe.“ Beleidigt drehte er sich um und verschwand in der Küche.
„Ha, geschafft. Patricia, wir sind ein gutes Team.“ Sie grinste Patty triumphierend an.
„Überleg dir das mit dem Segeln noch mal, Süße.“ Sagte Patty im hinausgehen.
„Mach ich.“ Sie lächelte ihr noch einen Moment hinterher und trank dann nachdenklich ihren Kaffee.

Heute war der große Tag. Sie würden segeln fahren.
Luke war in seine Wohnung gefahren, um seine Koffer zu packen, denn er hatte schließlich nicht seinen ganzen Kleiderschrank mit zum Haus der Gilmores genommen.
Jetzt stand er wieder vor dem Haus; seine Koffer waren bereits im Auto verstaut.
Er blickte auf seine Uhr. Es war 08:30. Um neun wollten sie losfahren, um so zeitig wie möglich in Plymouth anzukommen.
Doch wie er Lore kannte, würde es bestimmt noch eine ganze Weile dauern, bis sie fertig war.
Er verdrehte bei dem Gedanken an das Organisationstalent seiner Freundin die Augen und stieg aus dem Auto.
„Mal sehen, um wie viele Stunden es sich noch handeln wird.“ Murmelte er vor sich hin.
Als er das Schlafzimmer betrat traf ihn ein Schock.
Überall lagen Kleidungsstücke herum und Lores Koffer stand geöffnete und halbleer auf dem Bett.
„Lorelai? Wo bist du?“
Ein Grummeln drang aus dem Kleiderschrank. Als Luke die Tür öffnete, saß da eine zutiefst verzweifelte Lorelai. Auf ihrem Kopf hing ein T-Shirt und auf ihrem Schoß häuften sich Berge von Hosen, Pullovern und Röcken.
„Was zu Teufel machst du da?“
„Ich bin heute um sechs aufgewacht und da hab ich festgestellt, dass ich die völlig falschen Klamotten eingepackt habe. Zum Beispiel eine hellblauen Rock.“ Ihr stand die Empörung über ihr eigens „Versagen“ ins Gesicht geschrieben.
„Und was ist an einem hellblauen Rock so verkehrt? Hellblau steht dir doch.“
„Natürlich steht mir hellblau, aber wie soll ich den Rock anziehen, wenn ich kein passendes Oberteil dazu hab.“ Aufgelöst und total verloren blickte sie zu Luke hoch.
„Beruhige dich doch mal.“ Er hielt ihr seine Hand hoch, damit sie aufstehen konnte und zog sie aus dem Klamottenberg hervor.
„Es ist doch total egal was du anhast. Du siehst immer wundervoll aus.“
Langsam beruhigte sich Lore wieder. Seine Worte und seine Nähe taten ihr gut.
„Wie soll ich nur meine Koffer packen, wenn ich nur blöde Klamotten hab?“
„Lass den Rock doch einfach hier.“
„Dann habe ich aber nicht genug Sachen. Was ist, wenn die anderen Röcke alle schmutzig werden.“
„Was hast du vor, dass du denkst, du wirst so schmutzig? Wenn es dir dann besser geht kannst du doch auch das marinefarbene Top mitnehmen, was ort hinten liegt. Das passt gut zu deinem hellblauen Rock.“ Er deutete darauf.
„Kann es sein, dass du schwul bist? Soviel Modegeschmack würde ich dir sonst nämlich niemals zutrauen.“
„Ich bin doch nicht schwul.“
„Woher weißt du dann so genau, dass das zusammenpasst?“
„Na ja, ähm … du hattest das schon mal zusammen an und sahst toll aus, OK?“
„Ha! Und du wolltest mir weiß machen, dass du was von Mode verstehst.“
„Lassen wir das und packen lieber alles wieder ein. Sonst kommen wir nie dazu loszufahren.“
„Überredet.“ Lore seufzte auf und küsste ihn noch mal zärtlich bevor sie sich an die Arbeit machte und die im Zimmer verstreuten Sachen zusammensuchte, um sie wieder in den Koffer zu packen.

Die letzten Tage waren ziemlich eintönig gewesen. Rory hatte jeden morgen ihren Kaffe im Star Bucks getrunken und ihren Muffin gegessen.
Dann hatte sie sich auf eine Bank in einem der vielen Parks gesetzt und gelesen.
Sie vermisste Stars Hollow und ihre Mum.
„Aber die wird vermutlich gerade zu Hause sein und vergeblich versuchen ihre Koffer fertig zu packen.“ Dachte sich Rory, denn sie kannte ihre Mum sehr gut und wusste, dass Kofferpacken für Lorelai schwieriger war, als für Britney Spears ordentlich zu singen.
Wenn sie jetzt nach Stars Hollow zurückfahren würde, wäre ihre Mum nicht mehr da.
Trotzdem würde sie sich vielleicht nicht so einsam vorkommen.
Wenn Jess von der Arbeit kam war er teilweise so schweigsam, dass sie sich auch mit sich selber unterhalten könnte. Das wäre genauso sinnvoll.
Vor allem, wenn sie ihn auf seinen Job ansprach wurde er besonders still.
Es war einfach nichts Genaueres darüber herauszufinden.
Sie hatte ein merkwürdiges Gefühl bei der Sache, konnte dieses jedoch nicht genau einordnen.
Rory nahm sich vor, ihn nochmals auf die Sache mit seinem Job anzusprechen, sobald er nach Hause kam.
Es müsste bald soweit sein, verriet ihr ein Blick auf die Uhr.
Sie lag mit einem Buch auf dem Bett und versuchte sich wieder zu konzentrieren.
Da wurde die Tür aufgerissen und Jess stürmte herein.
„Was ist los?“ Erschrocken fiel ihr das Buch aus der Hand.
„Nichts.“ Jess zog sich seine Lederjacke aus und warf sie in die Ecke.
„Jess? Was ist denn los mit dir? Wieso erzählst du mir nichts? Ich seh dir doch an, dass etwas nicht stimmt.“
„Es ist nichts, Ok?“
„Ok? Jess, ich bin nicht mit dir nach New York gekommen, damit du mich hier parkst und dann jeden Tag verschwindest und Geheimnisse vor mir hast.“
„Rory! Es ist nichts. Ich hatte heute nur ein bisschen Stress und hab deshalb schlechte Laune.“
„Lüg mich doch nicht an. Du bist so merkwürdig in letzter Zeit. Hast du Probleme? Rede doch endlich mit mir!“
Er wusste nicht was er sagen sollet. Sollte er Rory wirklich erzählen, dass seine so genannten Freunde ihn dazu gebracht hatten, wieder eine Wohnung zu knacken? Sollte er sie damit belasten und würde sie überhaupt noch etwas mit ihm zu tun haben wollen, wenn sie davon erfuhr?
„Jess, bitte.“
„Rory, wieso soll ich es dir erzählen? Du verstehst es ja doch nicht. Und was ist, wenn du mich danach nicht mehr wieder sehen willst?“
„Was hast du getan, dass du das denkst?“
„Ich hab ... hör zu, ein par Leute, die ich kenne, brauchten Geld und sie haben es sich auch besorgt, Ok?“
„Besorgt? Was meinst du mit besorgt?“
„Sie haben es geklaut! Bist du jetzt zufrieden? Sie haben es aus einer Wohnung gestohlen und ich hab ihnen geholfen die Tür zu öffnen.“ Beschämt und zugleich zornig auf sich selbst blickte er zu Boden.
„Du hast was? Aber warum?“
„Rory, das waren meine Freunde und ich war ihnen noch etwas schuldig.“ Aufgebracht sah er sie an.
„Tolle Freunde.“ Sie drehte sich um, und ging ins Bad. Rory wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte, was sie davon halten, was sie fühlen sollte.
Als sie aus der Dusche kam und die Badtür wieder öffnete, lag Jess schon im Bett. Er war in ein Buch vertieft und schien sie nicht zu beachten.
Wütend legte sie sich ebenfalls ins Bett, an die äußerste Kante und mit dem Rücken zu ihm.
Der Wecker auf dem Nachttischchen sagte ihr, dass es kurz nach um elf war.
Sie tat also schon über eine Stunde so als würde sie schlafen und Jess las immer noch.
Vergeblich hatte sie immer wieder versucht einzuschlafen, doch es war ihr nicht gelungen.
„Rory? Schläfst du schon?“ Kam es plötzlich von Jess.
Sie tat weiterhin so, als würde sie schlafen und hielt die Luft an.
„Es tut mir Leid. Ich wollte das nicht. Ich bin da einfach so reingeraten. Ich wollte die nicht verletzen und auch nicht, dass du dir hier verloren vorkommst.“
Er machte die Lampe auf seinem Nachttisch aus und legte das Buch weg.
„Lass es mich einfach vergessen, was du vorhin gesagt hast, bitte.“ Sie drehte sich ihm zu und blickte ihn in der Dunkelheit an.
„In Ordnung.“ Er strich ihr vorsichtig über die Wange und ließ seine Hand dann langsam sinken.
So schliefen sie nach ein par Minuten ein.
Kapitel 21

Die Fahrt war lang und anstrengend gewesen. Jetzt standen sie endlich auf dem Parkplatz des kleinen Hotels.
Lore öffnete ihre Tür und stieg langsam aus. Sie betrachtete ihre Umgebung und genoss die Ruhe, die hier herrschte. Keine 200 Meter entfernt war der Strand und das Meer.
Auch Luke war ausgestiegen und nahm jetzt die Koffer aus dem Kofferraum.
„Es ist toll hier.“ Lore strahlte über das ganze Gesicht.
„Ja, es ist toll.“
„Hallo. Da sind sie ja schon.“ Eine mollige Frau, vielleicht Ende 50, kam mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. „Wir haben schon auf sie gewartet. Wie war denn ihre Fahrt? Hatten sie gutes Wetter?“
„Es war etwas heiß.“ Lore war von der Wortflut regelrecht überrumpelt.
„Wenn es draußen so heiß ist, kann Autofahren zur Qual werden. Es sei denn sie haben eine Klimaanlage. Haben sie eine Klimaanlage? Mein Sohn hat sich jetzt ein Auto gekauft, eines dieser hochmodernen, und das hat auch eine Klimaanlage. Mein Sohn, sagt, Klimaanlagen wären heute Standard aber mein altes kleines Auto hat so was nicht. Früher gab es so was nicht. Da musste man eben schwitzen. Das waren noch Zeiten. Sie haben aber viel Gepäck. Soll ich meinen Sohn rufen? Der trägt ihnen das gern auf ihr Zimmer.“
„Es geht schon.“ Luke sah die Frau schockiert an. Wie konnte eine Person nur so schnell reden? War sie drei Jahre stumm gewesen, dass sie jetzt etwas aufzuholen hatte?
Lorelai war ja gegen diese Frau regelrecht schweigsam.
„Mein Name ist übrigens Mrs. Baker. Ich Dummerchen vergesse immer mich vorzustellen. Aber ich bin im Moment immer so aufgeregt, denn mein Sohn hat gerade einen neuen Job gefunden und deswegen wird er vielleicht ausziehen. Ich habe einfach Angst, dass er mich nicht mehr besucht und ich eine dieser einsamen alten Schachteln werde, hinter deren Rücken über sie getratscht wird. Könne sie das verstehen? Haben sie auch Kinder?“
„Ja … ähm, ich habe eine Tochter.“
„Eine Tochter? Wie alt ist sie? Wieso haben sie sie denn nicht mitgebracht? Haben sie vielleicht ein Foto von ihr mit?“
„Äh, nein, tut mir Leid. Ich habe keins einstecken.“
„Ach macht doch nichts. Sie ist bestimmt bildhübsch, bei der Mutter und dem Vater.“
„Nein, ich … ich bin nicht ihr Vater.“ Wieso Luke jetzt rot wurde, wusste er selbst nicht so recht, doch diese Frau machte ihn mit ihrer schrulligen Art total verrückt.
„Ah. Na ja, egal. Kommen sie, meine Lieben. Ich zeige ihnen jetzt ihr Zimmer.“ Sie ging vergnügt voran.
Luke nahm die Koffer und flüsterte Lorelai dann ins Ohr: „Kein Wunder, dass der Junge auszieht, bei der Mutter. Und eine alte Schachtel ist sie jetzt schon.“ Luke verdrehte genervt die Augen.
„So hier ist ihr Zimmer. Es hat die Nummer 12 und ist eines unserer besten Zimmer. Alle Gäste die vor ihnen dort geschlafen haben, sagten sie wären ein neuer Mensch gewesen, als sie das Zimmer verlassen haben, so gut hätten sie geschlafen.“
„Wollen wir nicht doch lieber wo anders schlafen? Ich habe Angst, dass mich hier mitten in der Nacht jemand kidnappt und dann mit mir Frankenstein spielen will.“ Raunzte Luke seiner Freundin zu.
Als die Tür aufging traf Lore fast der Schlag. Da stand ein Bett, was vor Lauter rosafarbenen Spitzenbesetzten Decken und Kissen fast verschwand. Wie sollte ein normaler Mensch darin schlafen können, ohne bleibende Schäden davonzutragen.
„So, Kinder, ich werde jetzt runter zur Rezeption gehen. Wenn sie noch irgendwelche Fragen haben, finden sie mich dort. Fühlen sie sich wie zu Hause. Ich wünsche ihnen einen angenehmen Aufenthalt.“ Und damit war sie aus dem Zimmer verschwunden.
„Hat sie uns eben Kinder genannt?“ Luke konnte nicht fassen, wo er sich befand und was sich da eben vor seiner Nase abgespielt hat.
„Ich schätze schon, Luki, und wenn du brav bist bekommst du auch einen Lolli. Natürlichen einen rosafarbenen, dessen Verpackung mit Spitze besetzt ist.“ Antwortete sie in Babysprache.
„Ich glaube, ich bin in der Hölle gelandet.“
„Ach komm schon, Luke. Das wird lustig. Irgendwie kommt mir das ganze wie ein Deja-vu vor. Als Rory und ich einen Ausflug nach Harvard gemacht haben, haben wir auch in einer schrecklichen Pension gewohnt. Nur die hier ist noch einen Tick grausamer.“
„Grausam ist gar kein Ausdruck dafür, was das hier ist.“
„Wir sind doch nur zum schlafen hier. Morgen mieten wir uns ein Segelboot und dann sind wir sowieso den ganzen Tag beschäftigt und für die anderen Tage fällt uns schon noch was ein, was wir unternehmen können, damit wir nicht allzu lange in der Nähe dieser Frau und dieses Hauses sein müssen.“
„In Ordnung.“ Stöhnte Luke und gab sich missmutig geschlagen.

„Hey, Lorelai, steh auf!“ Luke küsste sie in den Nacken.
Lore lag noch im Bett und zog die Decke noch ein Stück höher. „Es ist doch noch mitten in der Nacht. Die Sonne ist noch nicht einmal aufgegangen.“ Grummelte Lore unter der Bettdecke hervor.
„Es ist schon eine ganze Weile taghell draußen, aber das bekommst du nicht mit, wenn du nicht endlich mal unter der Decke vorkommst.“
„Lügner.“
„Lorelai, ich hab schon mit dieser schrecklichen Mrs. Baker geredet. Sie hat gesagt, dass es unten am Hafen einen Laden gibt, in dem man Segelboote mieten kann.“
„Hmhmmm.“ Kam es nur stark gedämpft aus den unendlichen Tiefen des Bettes.
„Ich hab extra mit dieser schrulligen Tante geredet und das einzige was dir dazu einfällt, ist ,Hmhmmm`?“ Empörte sich Luke.
„Ist ja schon gut.“ Lore zog langsam die Decke weg und setzte sich im Bett aufrecht hin. „Sklaventreiber.“ Daraufhin verdrehte er nur die Augen und ging einen Schritt zur Seite, um Lore ins Bad zu lassen.
Eine halbe Stunde später war sie fertig und kam guter Laune aus dem Bad.
„Wollen wir frühstücken gehen?“ Fragte Luke sie.
„Ja, Kaffee.“ Lores Augen begannen zu strahlen. „Da gibt es nur ein Problem. Wir können unmöglich hier im Hotel frühstücken. Dann setzt sich die Dampfnudel zu uns und wird uns vor dem Abendessen nicht wieder gehen lassen.“
„Dann müssen wir wohl oder übel in der Stadt essen.“
„Wohl oder übel, ja.“

Nachdem sie ausgiebig gefrühstückt hatten, machten sie sich auf die Suche nach dem Segelbootverleih.
„Da ist er.“ Rief Lore erfreut, als sie ihn auf der Hafenpromenade entdeckt hatte. „Margy’s Segelbootverleih“ Las Lore laut vor, was auf dem Schild über der Tür prangte.
Als sie den Laden betraten, war Luke erst einmal sprachlos.
Hinter dem Tresen stand eine kleine, alte Frau, die kaum über die Theke gucken konnte.
„Sind sie Margy?“ Fragte er erstaunt.
„Eigentlich Margarete, aber so nennt mich hier niemand. Was darf’s denn sein?“ Fragte sie in barschen Ton.
„Ähm … also, wir würden gern ein Segelboot mieten.“
„Waren sie schon mal auf einem Segelboot und haben sie so was schon mal gemacht?“
„Äh, nein. Das ist das erste mal.“
„Dann sollten sie nicht alleine segeln. Das ist nicht so einfach. Sie können sich nicht einfach auf das Boot stellen und sagen ‚Jetzt fahr los!’ So einfach ist das nicht. Sie würde das Boot wahrscheinlich nichtmal aus dem Hafen raus bekommen. Also werden sie einen Segellehrer brauchen.“
„Und wo bekommen wir den her?“ Fragte Lore.
„Er steht vor ihnen.“ Antwortete Margy in ihrer barschen Art.
„Sie … sie … sie wollen uns das Segeln beibringen?“ Luke konnte sich einfach nicht vorstellen, dass eine so kleine Frau, ein so großes Boot steuern konnte.
„Haben sie ein Problem damit?“
„Nein, nein, natürlich nicht. Es ist nur, sie sehen nicht so aus, als ob sie … als ob sie.“
„Sie wollen sagen, als ob ich das überhaupt noch könnte, ohne bei der kleinsten Welle `nen Herzinfarkt zu bekommen. Keine sorge. Ich segle seit ich 5 Jahre alt war und keine Angst. So schnell plane ich nicht den Löffel abzugeben.“ Lore musste grinsen. Sie mochte diese rüstige Frau auf Anhieb und Lukes unsicheres Gestotter war wieder mal zum Schießen komisch.
„Also, können wir dann losmachen?“
„Klar.“ Margy zog sich daraufhin ihre Jacke über und ging mit schnellen Schritten zum Hafen hinunter.

„So junger Mann, jetzt zeigen sie mal, dass sie mehr drauf haben, als so eine alte Schachtel wie ich.“
„Ich?“ Luke saß auf der kleinen Bank und war leicht grünlich im Gesicht. Der Seegang schien ihm nicht zu gefallen. Das Boot neigte sich stark zur Seite und das Wasser spritzte ins Boot.
„Natürlich sie. Kommen sie schon endlich her und halten sie die Leine hier fest. Sobald ich es ihnen sage, lassen sie sie locker. Irgendwann werden sie ein Gefühl dafür bekommen und ich werd es ihnen hoffentlich nicht immer sagen müssen, wann sie die Leine loszulassen haben.“
Vorsichtig stand Luke auf, nicht ohne fast das Gleichgewicht zu verlieren.
„Jetzt stell dich doch nicht so an, das bisschen Seegang.“ Zog Lore ihn auf. Doch kleine Sünden bestraft der liebe Gott bekanntlich gleich: Das Boot legte sich durch eine Welle plötzlich auf die andere Seite, sodass ein großer Schwapp Wasser ins Boot kam und Lores Hosen total nass wurden.
„Iiiihhhh!“
„So was kann passieren. Sie dachten doch nicht etwa, dass das hier ein Spaziergang wird, oder?“
„Nein, aber … Igitt.“

Nach zwei Stunden waren sie wieder im Hafen angelangt.
„Also, junger Mann, sie haben sich tatsächlich nicht dumm angestellt. Vielleicht lass ich sie morgen schon mal kurz alleine eine Runde drehen. Was halten sie davon?“
„Gern.“ Luke konnte den Stolz über diese Bemerkung nicht verbergen.
„Hey, Überflieger! Lass uns ins Hotel gehen. Ich würd gern trockene Sachen anziehen.“
„In Ordnung. Tschüss, Margy.“
„Ja, bis morgen, Margy.“
„Macht’s gut, ihr Landratten.“ Sie winkte den beiden noch kurz zu und machte sich dann auf den Weg zurück zu ihrem Laden.
„Wie wird es Polly gehen?“
„Ihr geht es bestimmt gut. Sie ist bei Babette gut aufgehoben. Wenn wir Pech haben rückt sie sie gar nicht mehr raus.“
Beruhigt gingen die beiden Hand in Hand zum Hotel zurück.

Rory und Jess saßen beide auf dem Bett und lasen. Es war toll. Sie waren sich so nah, wie sie dort saßen, obwohl es nicht die gleichen Bücher waren, war da doch ein Gefühl der Verbundenheit, der Gleichnis.
Rory hätte sich ihr Leben in dem Moment nicht besser vorstellen können.
Alle Probleme waren vergessen. Es zählten nur sie, Jess und die Bücher.
Sie hatte gerade wieder ein Kapitel ihres Buches fertig gelesen und ließ ihren Blick zu Jess schweifen.
Er sah so gut, wie er da in das Buch vertieft war, als wäre er in einer völlig anderen Welt.
Rory fragte sich, ob sie auch so aussah, wenn sie mal wieder in eines ihrer Bücher vertieft war.
Zu lesen war für sie etwas Wunderbares. Die Bücher gaben ihr die Möglichkeit den Alltag zu vergessen und in völlig neue Welten einzudringen, in völlig neuen Gegenden zu leben, so wie sie es sich immer schon gewünscht hatte.
Sie wollte die Welt sehen und fremde Kulturen entdecken. Die Welt der Bücher machte ihr das möglich.
In ihrer Fantasie erlebte sie jedes einzelne Abenteuer selber mit.
Es war toll jemanden neben sich zu haben, dem es genauso ging.
Jess hatte – zu Recht – das Gefühl beobachtet zu werden und blickte langsam von seinem Buch auf.
Als er Rorys Gesicht sah, wie sie dort saß und ihn betrachtete musste er unwillkürlich lächeln.
„Hey, was ist?“
„Nichts. Es ist nur toll, hier mit dir zu sitzen und zu lesen. So könnte ich für immer leben.“
„Dann tu´s doch. Bleib hier bei mir in New York.“
„Jess, das geht nicht. Ich muss nach Stars Hollow zurück. In fünf Tagen ist die Abschlussfeier von Chilton. Außerdem vermiss ich meine Mum.“
„Wann willst du zurück?“ Er blickte sie prüfend an.
„Morgen oder übermorgen. Ich muss noch ein par Vorbereitungen treffen und solche Sachen und außerdem kommt meine Mum in zwei Tagen von ihrem Urlaub mit Luke zurück und da wollte ich sie begrüßen.“
Eine Weile schwiegen sie, doch dann brachte Rory das Thema zur Sprache, was ihr schon langer auf der Zunge lag.
„Jess, du könntest doch das Jahr wiederholen. Du könntest deinen Abschluss machen. Wenn du dich anstrengst, könntest du sogar einer der besten sein. Vielleicht könntest du auch studieren. Das wär doch toll. Du bist einer der intelligentesten Menschen die ich kenne. Wieso willst du das alles wegwerfen und nicht nutzen?“
„Rory, ich geh nicht mit nach Stars Hollow. Ich fahr dich gern hin, aber ich werde bestimmt nicht bleiben.“
„Aber wieso?“
„Wieso? Weil ich nicht dort hingehöre. Ich bin eingebrochen, Rory. Ich gehöre nicht in so eine kleine idyllische Kleinstadt, in der sich noch nie jemand was zu Schulden kommen hat. Mich kann dort niemand leiden. Ich gehör einfach nicht dorthin.“
„Jess, das stimmt nicht. Was soll den dann aus uns werden? Willst du das einfach aufgeben? Nur weil du denkst, nicht dort hin zu gehören?“
„Rory, ich …“
„Nein, Jess. Ich hab schon verstanden. Hattest du vor mir noch bevor ich fahre zu sagen, dass du nicht mitkommst, dass du mit mir Schluss machst? Verdammt, Jess, ich liebe dich. Ich will dich nicht verlieren, aber dir scheint das ja vollkommen egal zu sein.“ Wütend stürmte sie aus dem Appartement und rannte davon.
„Rory!“ Rief Jess ihr noch hinterher, doch das hörte sie schon nicht mehr.
Tränen liefen ihr in Sturzbächen über die Wangen und sie nahm die Umgebung um sich herum überhaupt nicht mehr war. Alles war verschwommen und unklar. Nur ihr Instinkt bewarte sie davor, auf die Straße zu laufen.
Plötzlich hielt sie abrupt an. Vor ihr war das Meer in seiner unendlichen Weite, tiefblau.
Sie überlegte nicht lange und zog ihre Sachen aus. Sie war heute schon mal schwimmen gewesen, weshalb sie ihren Badeanzug noch immer anhatte.
Rory rannte ins Meer und schwamm, schwamm wie sie noch nie zuvor geschwommen war.
Eigentlich war sie kein Fan von Sport, also auch nicht vom Schwimmen, doch erst als alle ihre Kräfte sie verlassen hatten, schwamm sie zum Strand zurück und ließ sich erschöpft in den warmen Sand fallen.
Dort lag sie eine Weile und die Verzweiflung kehrte langsam zurück.
Ihre Tränen mischten sich mit dem salzigen Wasser auf ihren Wangen. Sie setzte sich aufrecht und zog die Beine an ihren Körper. Obwohl es draußen fast tropisch warm war, fror sie.
So saß sie eine ganze Weile, bis sie plötzlich erschrak. Jemand legte ein Handtuch um ihre Schulter.
Sie wollte Jess anschreien und ihm sagen, dass er sie in Ruhe lassen soll, doch als sie sich umdrehte, stand da nicht Jess sondern Robby.
„Hey, kleine Meerjungfrau.“ Den Spruch kannte sie schon. Jess hatte sie an dem Nachmittag am Strand so genannt. Sie wollte nicht mehr an Jess denken und schob die Gedanken über ihn beiseite.
„Hi.“
„Ich war mit ein par Freunden dort drüben schwimmen und da hab ich dich gesehen. Was machst du hier so mutterseelenallein?“
„Ach nichts. Ich war nur etwas schwimmen.“
Er setzte sich neben sie in den Sand und beobachtete sie von der Seite. Ihr Blick war starr auf das Meer gerichtet und sie wirkte so verletzt, so in sich zurückgezogen.
„Du siehst traurig aus. Was ist los?“
„Ach nichts.“
„Habt ihr euch gestritten?“
„Ja.“ Es war mehr ein Flüstern, als dass man es wirklich verstehen konnte, denn Rory hatte schon wieder mit den Tränen zu kämpfen, wollte jedoch nicht anfangen vor Robby zu heulen.
Sie tat ihm Leid, doch er konnte sich nicht selbst belügen. Die Tatsachen, dass sie sich mit Jess gestritten hatte, ließen seine Chancen beachtlich steigen.
Er hatte lange Zeit von einer Freundin zur anderen gewechselt und hatte es nicht fertig gebracht, eine vernünftige Beziehung zu führen, doch er spürte, dass Rory anders war, als die anderen Mädchen, die er bisher kennen gelernt hatte.
Sie war klug, witzig, sensibel und noch dazu wunderschön.
Rory war das erste Mädchen mit dem er sich eine längere Beziehung vorstellen konnte. Dabei kannte er sie ja noch gar nicht so lange.
Besser gesagt, er hatte sich nur einen Abend lang mit ihr unterhalten.
Doch seitdem war sie ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen und die Tatsache, dass er jetzt hier mit ihr saß, sie noch mal getroffen hatte, konnte nur Schicksal sein.
Kapitel 22

„Denkst du wirklich, dass wir heute schon alleine segeln können?“
„Klar, es doch das letzte Mal ganz gut. Wir müssen ja keine große Tour machen. Nur damit wir das Meer mal für uns alleine haben.“
„Oh, war das jetzt eine Anspielung auf Pattys Worte? Vielleicht ist die gute Margy auch in anderen Dingen etwas lockerer.“ Sie grinste ihren Freund frech an. Dieser schaute nur entgeistert zurück. „Hey, war doch nur ein Spaß. Würde dir Margy nicht gefallen?“
„Nein, denn ich habe nur Augen für dich.“ Endlich hatte er die Sprache wieder gefunden, legte seine Arme um ihre Hüfte und küsste sie innig.
„‚Klingelingeling!’ diese Antwort war richtig.“ Sagte sie mit Showmasterstimme, als er sie für einen kurzen Moment freigab.

Als sie Margy´s Segelbootverleih betraten, war dort niemand.
„Wo ist denn Margy?“ fragte Lore überrascht.
„Vielleicht ist sie gerade mit ein par anderen Leuten segeln.“
„Aber wieso sollte sie dann den Laden offen lassen? Das ist doch leichtsinnig. Hier könnte ja jeder hereinspazieren und alles ausräumen. So dumm ist Margy nicht.“
„Danke für das Kompliment.“ Erschrocken drehten sich die beiden um.
„Ich war nur eben mal schnell beim Bäcker nebenan. In der kurzen Zeit kann wohl kaum jemand meinen Laden ausräumen.“
„Aber was machen sie, wenn die Diebe schnell zur Kasse rennen, das Geld nehmen und weg sind sie. So schnell sind sie doch niemals vom Bäcker zurück.“
„In dem Fall habe ich ja immer noch Oswin.“
„Oswin? Wer ist Oswin?“ Lore sah Margy fragend an.
„Na das ist Oswin.“ Sie deutete auf eine riesige Dogge, die in der Ecke lag. Lorelai und Luke hatten sie noch gar nicht entdeckt gehabt. „Der lässt niemanden außer mir an die Kasse.“
„Oh, der ist ja niedlich.“ Lore ging auf den Hund zu und hielt ihm ihre Hand hin. „Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Lorelai Gilmore und das ist Luke Danes.“ Der Hund legte seine Pfote in Lores ausgestreckte Hand. „Luke, komm doch mal her und sag Oswin auch guten Tag.“ Sie sah ihn auffordernd an.
„Ähm, nein, ich … ich winke ihm von hier aus. Hallo Oswin.“ Er hob vorsichtig die Hand und wich einen Schritt zurück.
„Sie haben doch nicht etwa Angst vor so einem kleinen Hündchen?“
„Klein?“ Luke standen Schweißtropfen auf der Stirn. Jetzt war er schon so weit zurückgewichen, dass er mit dem Rücken an der Wand des Ladens stand.
„Luke, du hast doch nicht etwa Angst vor ihm. Du magst doch auch Polly.“
„Polly ist klein und niedlich und der da ist so … groß und sabbert die ganze Zeit. Bei ihm habe ich angst, dass wenn er das Maul aufmacht er mich gleich verschluckte.“
„Luke, er sieht nicht so aus, als wäre er besonders gefährlich. Guck mal wie brav er mir seine Pfote gegeben hat.“
„Nett von ihm, so lange er seine Pfoten von mir lässt.“ Er betonte das mir besonders.
„Angsthase!“ Sie konnte sich das Lachen über Lukes Verhalten kaum noch verkneifen.
„Also Margy, wäre es möglich, dass wir heute alleine segeln? Sie sagten doch gestern, wir dürften dass, wenn wir nicht zu weit raussegeln.“ Er hatte schnell das Thema gewechselt und wollte diesen Laden so schnell wie möglich zu verlassen, um endlich von diesem Hund wegzukommen.
„Natürlich. Aber nur wenn sie mir versprechen, mein Boot heil wieder herzubringen. Sonst werd ich nämlich Oswin auf sie hetzen.“ Bei Lukes verschrecktem Blick musste sie herzlich lachen. „Bleiben sie mal locker. Das schaffen sie schon. Gestern hat das alles auch ganz gut geklappt und das Wetter soll heute einigermaßen freundlich sein. In einer Stunde sind sie aber spätestens zurück und achten sie bitte darauf nicht zu weit rauszusegeln.“
„Versprochen.“ Lore hatte aufgehört Oswin zu kraulen und verließ nun gemeinsam mit Luke und Margy den Laden.

Sie saßen auf dem Boot und aßen gemütlich die Brötchen, die Margy ihnen vor der Abfahrt geschenkt hatte.
„Es ist wirklich traumhaft hier. Wenn das Boot so schön schaukelt.“ Sie legte sich auf den Rücken und blickte in den Himmel.
„Ja, du hast Recht.“
„Guck mal wie grau der Himmel dort hinten ist. Hat Margy nicht gesagt, das Wetter heute soll schön bleiben. Auch ein Wetterbericht kann sich täuschen. Aber so wie es aussieht wir es hier höchstens ein bisschen Wind geben. Der Regen wird an uns vorbeiziehen.“
„Na Gott sei Dank. Ich hab keine Lust schon wieder klitsch nass zu werden.“

Keine Viertelstunde war vergangen und schon machte sich der Wind bemerkbar. Das Boot schaukelte immer stärker und Luke hatte einige Probleme, die richtigen Leinen zu lösen, um das Segel in die richtige Position zu bringen.
„Ich glaube, es ist besser, wenn wir wieder zurückfahren bevor der Wind noch stärker wird.“ In dem Moment erreichte eine starke Windböe das Boot und ließ es zur Seite kippen.
Luke und Lorelai landeten im Wasser und brauchten einige Zeit, um sich wieder zu fangen.
„Lorelai! Ist alles in Ordnung mit dir?“ Besorgte schwamm er zu ihr rüber.
„Ja, alles in Ordnung. Und bei dir?“
„Mir geht es gut.“ Er tastete nach seiner Jackentasche.
„Oh nein. Oh mein Gott. Das darf doch nicht war sein.“ Er blickte sich suchend im Wasser um.
„Was ist los? Hast du dir doch etwas getan? Nach was suchst du denn?“ Erschrocken beobachtete sie ihren Freund.
„Nichts … es ist nur ich hab … ich hab etwas verloren.“
„Und was hast du verloren?“
„Nichts Besonderes.“ Er suchte weiter die Wasseroberfläche in der Umgebung ab.
„Wenn es nichts ist würdest du doch nicht … Oh mein Gott!“ Vor ihrer Nase schwamm eine kleine Schachtel. Sie blickte Luke sprachlos an.
„Ähm … also, so sollte das eigentlich nicht laufen, aber …“ Er schwamm noch ein Stück auf Lore zu und zog sie dann zu dem Segel, damit sie sich daran Festhalten konnten.
„Lorelai, ich liebe dich seit ich dich das erste Mal gesehen habe und wir haben ziemlich lange gebraucht, um zu bemerken, dass wir füreinander geschaffen sind, viel zu lagen. –Ich kann mir nicht mehr vorstellen ohne dich und Rory zu leben. Ich liebe sie wie eine Tochter.
Lorelai Gilmore, möchtest du mich heiraten?“
„Ja, ich will dich heiraten!“ Sie fiel ihm, so gut es im Wasser ging, um den Hals und küsste ihn erst zärtlich und dann immer leidenschaftlicher.
Dabei ließ sie das Boot los, sodass sie zusammen immer wieder unter Wasser tauchten, doch das störte sie nicht.
Das war für sie der glücklichste Moment ihres Lebens, abgesehen von der Geburt ihrer Tochter.

Man hatte ihr Boot wieder aufgerichtet und sie hatten es Margy, zwar mit etwas Verspätung doch trotzdem geil, wieder zurückgebracht.
Dann waren sie zurück ins Hotel gegangen und hatten das Zimmer vor dem nächsten Morgen nicht mehr verlassen.

Was hatte sie nur getan? Und das alles nur weil sie sich mit Jess gestritten hatte. Das war jedoch keine Ausrede. Vielleicht wollte er nicht mit nach Stars Hollow kommen, doch das war kein Grund ihn zu betrügen. So kannte sie sich gar nicht. Wieso war sie in letzter Zeit nur so verdammt emotional anfällig. Wieso passierten in letzter Zeit so viele Desaster?
Wieso konnte nicht endlich einmal Ruhe sein?
Morgen, dachte sie sich, ab morgen wird es wieder besser, morgen fahr ich nach Hause und dann geh ich ja auch bald nach Yale.
Ein mulmiges Gefühl der Unsicherheit und zugleich der Neugier machte sich bei dem Gedanken an Yale in ihr breit.
Sie würde nicht mehr bei ihrer Mum wohnen und sie würde auf sich allein gestellt sein.
All das machte ihr Angst, ließ aber zugleich ein kribbeliges, erwartungsvolles Gefühl in ihrem Bauch aufkommen.
Sie konnte dort alles Alte hinter sich lassen. Aber wollte sie das auch?
Im Moment fiel es ihr schwer, Robby und Jess aus ihren Gedanken zu verbannen.
Sie liebte Jess, doch er enttäuschte sie immer wieder und sie wusste nicht wie lange sie das noch aushalten konnte.
Rory wäre nur zu gern mit ihm glücklich, doch sie war es nicht.
Das Kribbeln im Bauch und das Gefühl bei jemandem gut aufgehoben zu sein, spürte sie jetzt nicht mehr bei Jess sondern merkwürdiger Weise bei Robby. Und dabei kannte sie ihn doch kaum.
Sie wusste, dass seinen Eltern viele Immobilien gehörten und dass er in einer Gegend aufgewachsen war, in der man sich um Geld nicht allzu viele Sorgen machte.
Deswegen war er nicht snobistisch, eher auf eine sehr charmante Art selbstsicher.
Er war genauso alt wie sie und plante ebenfalls zu studieren.
Mehr wusste sie jedoch nicht, nur noch, dass seine unglaublich grünen Augen eine unheimliche Wirkung auf sie hatten.
Wieso konnte sie ihn nicht einfach vergessen? Wieso hatte sie ihn am Strand unbedingt küssen müssen?
Konnte sie sich denn nicht endlich entscheiden?
Und dann war sie auch noch einfach weggerannt und hatte den armen Robby total verdutzt sitzen lassen.
Es wurde Zeit, dass sie von all dem Abstand nahm. Sie würde Robby sowieso nie wieder sehen. Und Jess vielleicht auch. Je eher sie aufhörte an die beiden zu denken desto besser.
Wenn das nur so einfach wäre, wie es klingt.
Da half nur eines – Ablenkung.
Sie beschloss sofort zurück zum Appartement zu gehen und ihre Sachen zu packen, damit sie morgen mit dem ersten Bus nach Stars Hollow zurückfahren konnte.
Sie war ziellos durch die Gegend gelaufen, nachdem sie weggelaufen war und stand jetzt, wie durch ein Wunder, wieder vor ihrem Haus.
Die Einfahrt war leer. Jess war also nicht zu Hause.
Sie fragte sich einen Moment, wo er wohl war, schob den Gedanken an ihn jedoch gleich wieder zur Seite.
Dann würde sie ihn wenigstens nicht sehen müssen und konnte in Ruhe packen.

Rory hatte schon die Hälfte ihrer Klamotten in ihre Tasche gestopft, als ihr Handy plötzlich klingelte.
Auf dem Display stand Mum.
„Ja?“
„Rory-Schatz, du wirst es nicht glauben.“
„Was werd ich nicht glauben?“
„Ich bin bald Mrs. Lorelai Danes vielleicht ist Luke auch Mr. Luke Gilmore. Da bin ich mir noch nicht so sicher, aber das Wichtigste ist: Wir werden heiraten!“ Schrie sie fast in den Hörer.
„Ihr werdet was? Oh mein Gott, Mum, das ist ja toll. Ich würde dich jetzt so gern drücken.“
„Ich dich auch, meine Süße. Aber da werden wir wohl oder übel noch bis morgen warten müssen.“
„Leider. Wünschst du bitte Luke alles Gute von mir?“
„Luke, ich soll dir von Rory alles Gute wünschen. So, hab ich gemacht.“ Wendete sie sich wieder Rory zu.
„Wir müssen das unbedingt feiern, wenn wir uns sehen. Hast du es Sookie schon erzählt?“
„Nein, das mach ich, wenn wir wieder zu Hause sind. Ich musste es dir nur unbedingt jetzt schon erzählen, sonst wäre ich geplatzt.“
„Dann bin ich froh, dass du mich angerufen hast. Ich wollte meine Mum schon im Ganzen wieder haben und nicht deine Einzelteile in ´ner Wal-Mart-Tüte.“
„Luke würde meine Reste bestimmt nicht in einer Wal-Mart-Tüte transportieren. Er würde sie in eine goldene Truhe packen und diese dann auf einer Sänfte bis nach Stars Hollow tragen.“
„Mum, du spinnst.“
„Ich bin nur vor lauter Glück etwas high. Das ist alles.“
„Hoffentlich bist du wenn wir uns sehen wieder clean, denn ich will jede Einzelheit von eurem Urlaub erfahren und dazu solltest du dich möglichst an alles erinnern.“
„Versprochen.“
„Ich hab dich lieb, Mum.“
„Ich dich auch.“ Lorelai hatte aufgelegt und Rory machte sich weiter daran, alles einzupacken.

Kapitel 23

Es war schon um eins und Jess war immer noch nicht da. Langsam machte sich Rory Sorgen.
Hoffentlich steckte er nicht in Schwierigkeiten.
Beunruhigt blickte sie aus dem Fenster. Das Wetter hatte schlagartig umgeschlagen, sodass das Meer toste und Wellen den Strand überspülten.
Sie lehnte den Kopf an die Scheibe und beobachtete das Meer eine Weile lang, bis ihr vor Müdigkeit die Augen zufielen.
Es hatte keinen Sinn mehr auf ihn zu warten, also legte sie sich ins Bett und fiel in einen unruhigen Schlaf.
Es war kurz nach halb drei, als polternde Schritte auf der Veranda ihren Schlaf störten.
Die Tür wurde aufgerissen und Jess kam klitschnass und sturzbesoffen zur Türe reingestolpert.
Rory sah ihn teilweise ungläubig, teilweise angewidert an. Er verströmte einen ekligen Geruch nach Rauch und Schnaps.
„Rory, weißu was, es tsut mir Leid.“ Lallte er ihr entgegen. „Ich bin ein Idiot, ein Volltrottel, ein Versager.“ Langsam wurde sein Blick klarer. „Ich habe dich nicht verdient. Es ist besser, wenn wir uns nie wieder sehen.“ Mit diesen Worten fiel er ins Bett und schlief sofort ein.
Rory wusste nicht was sie machen sollte. Auf der einen Seite liebte sie ihn, doch auf der anderen war er ihr noch nie so fremd wie jetzt gewesen.
Sie rutschte so weit es ging von ihm weg und versuchte noch ein bisschen Schlaf zu finden.
Dies war ihr allerdings nicht gelungen. Sie hatte die ganze Nacht vielleicht 2 Stunden geschlafen.
Die restliche Zeit hatte sie sich den Kopf darüber zerbrochen, was sie nur machen sollte.
Sie wusste nicht mehr was sie fühlte, was sie dachte. Rory war total durcheinander.
Als sie halb fünf aufgewacht war, hatte sie den Versuch noch einmal einzuschlafen aufgegeben und war müde ins Bad getappt.
Die heiße Dusche tat ihr gut. Es war, als würde sie alle Probleme für einen Moment wegspülen. Ihr Rücken entkrampfte sich wieder und die Müdigkeit fiel merkwürdigerweise langsam von ihr ab.
Als sie sich fertig gewaschen und angezogen hatten, war es schon fast halb sechs.
Sie hatte schrecklich lange gebraucht, weil sie Jess nicht hatte wecken wollen und sie sich deswegen im Schneckentempo bewegt hatte, um ja keinen Laut von sich zu geben.
Sie überlegte, ob sie ihn wecken sollte, um sich von ihm zu verabschieden, ließ es jedoch lieber sein.
Sie wollte ihn nicht mehr sehen. Es hätte ihr viel zu sehr wehgetan noch mal vor ihm zu stehen und für immer Lebewohl zu sagen. So war es wesentlich einfacher.
Mit ihrer Tasche in der Hand machte sie sich auf den Weg zur U-Bahnstation.

Auch Robby hatte die Nacht sehr schlecht geschlafen.
Immer wieder hatte er an den Kuss denken müssen und an Rory.
Sie war so anders. Er wusste genau, dass sie die Richtige für ihn war.
Doch sie hatte ihm erzählt, dass sie halb sieben mit dem Bus nach Stars Hollow fahren würde.
Dann würde er sie vermutlich nie wieder sehen und dieser Gedanken wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf gehen. Er würde sie verlieren.
Sie war das einzige Mädchen, mit dem er sich jemals eine Beziehung vorstellen konnte und er sollte sie einfach so gehen lassen?
Nein, dachte er sich, stieg aus seinem Bett, zog seine Klamotten an und machte sich auf dem schnellsten Weg zum Bahnhof.
Er musste sie einfach noch erreichen und er musste ihr irgendwie verständlich machen was er fühlte.
Sonst würde er sich Ewigkeiten Vorwürfe machen, sie gehen lassen zu haben.
Es war ein Wettlauf mit der Zeit.
Er setzte sich in sein Auto und fuhr los, doch irgendetwas schien sich gegen in ihn verschworen zu haben. In den Straßen war Stau, sodass er teilweise nur im Schritttempo vorwärts kam.
Als er endlich den Bahnhof erreicht hatte, sprang er aus dem Wagen und lief in das große Gebäude.
Irgendwie musste er herausfinden, wo der Bus abfuhr. Wo ist denn bloß so ein blöder Fahrplan, dachte er sich und hetzte weiter durch die große Halle.
Nachdem er endlich herausgefunden hatte, wo er hinmusste, warf er einen schnellen Blick auf die Uhr – eine Minute vor halb sieben.
Er legte noch einen Zahn zu und rannte so schnell, wie er noch nie in seinem Laben gerannt war.
Auf der Rolltreppe nahm er gleich zwei Stufen auf einmal und rannte fast eine alte Frau um, doch dies alles nahm er kaum war.
Seine Augen waren stur auf den Bus gerichtet, der etwa zwanzig Meter vor ihm stand.
Er musste es einfach schaffen. Es war nicht mehr weit, nur noch drei Meter.
Da saß sie, den Kopf an die Scheibe gelehnt und tief in einem Buch versunken. Der Fahrer hatte bereits den Motor angelassen.
Noch ein Meter trennte ihn von Rory, da fuhr der Bus los.
Das durfte doch nicht war sein.
Robby rannte dem Bus so schnell er konnte hinterher.
Wieso blickte Rory denn nicht von ihrem Buch auf? Lange würde er nicht mehr mithalten können.
Die Ausfahrt des Bahnhofs kam immer näher und wenn der Bus erst auf einer öffentlichen Straße war, gab es für ihn keine Chance mehr.

Rory konnte sich nicht wirklich auf das Buch konzentrieren. Sie starrte viel mehr darauf.
Immer noch in Gedanken versunken, drangen neugierige Stimmen zu ihr durch. Irgendetwas musste die Leute in Aufruhr versetzen.
Wahrscheinlich nur irgendwo ein Unfall. Sie überlegte schon aufzublicken, doch sie wollte nicht in die Realität zurück. So starrte sie wieder die Wörter in ihrem Buch an, ohne jeglichen Sinn zu begreifen und der Bus fuhr langsam aus dem Bahnhof heraus, durch New York Richtung Heimat.

„Mum!“ Rory rannte aus dem Haus. Sie war vor etwa einer Stunde angekommen und hatte immer wieder am Fenster gestanden und auf ihre Mutter gewartet.
„Rory!“ Lore rannte auf ihre Tochter zu und die beiden fielen sich überglücklich in die Arme.
„Ich habe dich ja so vermisst.“
„Lass Mommy nie wieder so lange alleine, verstanden?“
„Versprochen, hoch und heilig.“ Immer noch außer Atem umarmte sie nun auch Luke stürmisch.
„Ich freu mich ja so für euch.“
Luke gab Lore glücklich einen Kuss.
„Ich werd dann mal meine Sachen zu mir in die Wohnung bringen.“ Er drehte sich zum Auto und begann Lores Koffer abzuladen.
„Hast du es ihm noch nicht gesagt?“ Flüsterte Rory ihrer Mum zu.
„Oh, nein. Das hab ich vor lauter Aufregung ganz vergessen.“
„Dann solltest du es ihm gleich sagen, bevor er sein ganzes Zeug wieder zu sich bringt.“ Rory gab ihrer Mum einen Schubs in Lukes Richtung.
„Hey, Schatz.“ Sie schlang ihre Arme um seine Taille. „Was hältst du davon, wenn du deine Sachen einfach hier lässt?“
„Aber Rory ist doch wieder da.“
„Wir haben aber keinen starken Mann im Haus, der uns vor Einbrechern und wilden Tieren schützt.“
„Wilde Tiere?“ Luke drehte sich skeptisch zu Lorelai um.
„Du weißt schon, einen Mann, der mit ner Flinte auf der Hand mürrisch von der Veranda starrt und uns holde Jungfern beschützt.“
„Soll ich vielleicht Kirk anrufen?“ Luke musste wie immer über Lore lachen.
„Wieso? Denkst du, hier gibt es nicht genug wilde Tiere? Ich glaube kaum, dass man Kirk als wild einstufen könnte.“
„Wer weiß.“
„Luke! Man entdeckt hier ja ganz neue Seiten an dir.“
„Willst du wirklich, dass ich hier wohne?“ Wurde er nun wieder ernst.
„Auf jeden Fall.“ Sie lächelte ihn verliebt an und küsste ihn dann lang und leidenschaftlich.
Rory betrachtete die beiden eine Weile und freute sich riesig für die beiden, doch langsam wurde ihr auch bewusst, dass sie genau das verloren hatte.
Sie hatte jetzt niemanden mehr, an den sie sich anlehnen konnte.
Rory fasste den Entschluss, in den Ferien alles daran zu setzen Robby und Jess zu vergessen-
Es half ihr nichts, wenn sie in Selbstmitleid zerfloss. Und sie hatte noch so viel vor.
Erst die Abschlussfeier und dann noch die lang ersehnte Europareise.
Irgendwie würde sie es schaffen die beiden zu vergessen – oder wenigstens zu verdrängen.

„Sookie, wir sind wieder da.“ Rief Lore durch das gesamte Hotel. Diese kam daraufhin sofort aus der Küche gestürmt und umarmte ihre Freundin.
„Und wie war es? Du musst mir alles erzählen. Oh, ich wollte immer schon einmal Segeln gehen. Jackson und ich müssen das auch unbedingt mal machen.“
„Da müsst ihr euch schon noch eine Weile gedulden.“ Lore deutete auf Sookies Bauch, der in den letzten Wochen immer dicker geworden war. Es war zwar noch lang nicht soweit, doch das Baby machte seine Ausmaße schon jetzt mehr als deutlich.
„Klar, aber sobald er oder sie laufen kann und es nicht mehr zu gefährlich für ihn ist, will ich unbedingt ans Meer und Segeln.“
„Wann erfährst du eigentlich was es überhaupt ist. Wir müssen doch bald mal Babyshopping machen.“
„Übermorgen ist es soweit.“
„Dann müssen wir uns ja beeilen mit shoppen. Dann ist ja nur noch ein Tag bis zu Rorys Abschlussfeier und dann geht’s ja auch gleich los nach Europa.“
„Du hast es gut. Einen Urlaub nach dem anderen. Du musst überhaupt noch alles von eurem Urlaub erzählen. War es denn schön?“
„Ja.“ Lore strahlte über das ganze Gesicht und begann dann mit ihrer linken Hand vor Sookies Gesicht zu wedeln.
„Was machst du da? Lorelai, geht es dir nicht gut? Was machst du denn da? Hallo, kannst du mir mal erklären was …. Aaaaahhhh. Ist das an deinem Finger da das was ich denk? Der ist ja wunderschön. Wie, wo, wann? Jetzt erzähl schon, sonst krieg ich hier noch ´nen Anfall.“
„Also, es war beim Segeln. Wir waren mit dem Boot umgekippt und er hat den Ring verloren und dann ist er direkt vor meiner Nase geschwommen.“
„Wow, ist das romantisch.“
„Finde ich auch.“ Sookie fiel ihrer besten Freundin erneut in die Arme. „Ich freu mich ja so für euch.“
„Und wisst ihr schon wann ihr heiraten wollt?“
„Nein, wir haben noch nicht darüber geredet. Wir könnten ja hier im Hotel feiern. Wie findest du die Idee?“
„Nicht schlecht, aber was hältst du davon, wenn ihr in unserem eigenen Hotel heiratet?“
„Aber Sookie, wir haben doch kein Haus gefunden.“
„Falsch. Wir kriegen das Dragonfly. Ich war letztens bei Westens und die gute alte Fran war so verzückt von meinem dicken Bauch. Der hat sie daran erinnert, dass sie selbst nie Kinder hatte und dann hat mir erzählt wie froh sie darüber ist in Stars Hollow zu leben und uns zu kennen. Wir wären für sie, wie eigene Kinder. Und dann fing sie von Rory an. Du weißt schon, die Geschichte von dir und Rory, wir ihr in ihrer Bäckerei standet und nicht wusstet wo aus noch ein und wie niedlich Rory damals war. Du kennst ja die alten Frauen. Auf jeden Fall war sie dann ganz sentimental und hat mich umarmt und dann hat sie uns doch das Hotel verkauft hat.“
„Nein! Das gibt’s doch gar nicht!“
„Doch!“
„Das ist ja super. Darauf müssen wir unbedingt anstoßen. Ich hol’ Sekt und Apfelschorle.“
„Ich wär eher für Kaffee.“
„Meinetwegen, die Braut darf alles haben, was sie gerne möchte.“
Glückliche lächelnd und plaudernd gingen die beiden Freundinnen in die Küche.
Kapitel 24

Lore saß gerade vor dem Fernseher, als es an der Tür klingelte.
Schnell sprang sie auf und rannte zur Tür. Sookie hatte versprochen sofort vorbeizukommen, wenn sie vom Arzt zurück war.
Sie öffnete gespannt die Tür und begrüßte ihre Freundin.
„Hey Sookie, wie war es beim Arzt?“
„Spannend. Jackson war ganz aufgeregt, als er die Herztöne gehört hat.“
„Wo ist er überhaupt?“
„Er sitzt im Auto. Er will doch vorher nicht wissen was es wird.“
„Aber das wird er doch mitbekommen haben, als er mit dir beim Arzt war.“
„Nein, er ist vorher rausgegangen. Er hat sich da total in was verrannt, aber ich lass ihm den Spaß. Wenn er es nicht wissen will, hat er eben Pech gehabt.“
„So und jetzt sag schon endlich, ist es der rosafarbene oder der blaue Umschlag gewesen?“
„Es wird ein Junge, Lorelai. Ich werde Mammi von einem kleinen Jungen.“
„Oh, ich freu mich ja so für dich und Jackson.“ Lore fiel Sookie um den Hals. „Und wann gehen wir shoppen?“ Fragte sie dann, als sie Sookie endlich freigegeben hatte.
„Von mir aus jetzt gleich. Ich geh nur schnell Jackson Bescheid sagen, dass er nach Hause fahren kann und nicht mehr auf mich warten muss.“ Eilig ging Sookie zu dem Auto ihres Mannes rüber.
Lore sah, wie sie sich zum Fenster hinunterbeugte, so gut es mit dem dicken Bauch ging, und ihm etwas sagte. Gleich drauf ging die Tür des Wagens auf und Jackson stieg eilig aus. Er kam auf Lorelai zu und begann dann auch gleich: „Hallo Lorelai, ich wollte nur sicher gehen, dass du auch gut auf Sookie aufpasst. Du darfst mit dem Auto nie schneller als dreißig fahren. Außerdem solltest du alle Schlaglöcher und Bodenwellen meiden. Das ist nicht gut für das Baby. Und im Einkaufszentrum müsst ihr unbedingt die Rolltreppe oder den Fahrstuhl benutzen. Nie die Treppen. Sookie darf sich nicht anstrengen. Und am besten geht ihr zwischendurch irgendwo ein Glas Möhrensaft trinken. Ich habe gehört, dass das die Intelligenz des Babys schon im Mutterleib fördern soll.“
„Jackson, ich habe auch ein Kind. Ich weiß was man beachten muss, wenn man schwanger ist. Ich war, als ich mit Rory schwanger war, sogar noch auf einem Konzert. Und hat es ihr geschadet? Nein.“
„Das denkst du vielleicht, aber sie ist genauso kaffeesüchtig wie du, außerdem zucken ihre Nasenflügel manchmal so komisch, wenn sie nervös ist.“
„Das ist nicht wahr, Jackson! Ok, das mit der Kaffeesucht stimmt, aber ansonsten ist sie kerngesund.“
„Ich streite mich nicht mit dir Lorelai. Entweder du hältst dich an die Regeln oder du gehst nicht mit der Mutter meines Kindes einkaufen.“ Sookie blickte Lorelai entschuldigend an.
Diese gab sich geschlagen: „In Ordnung, Jackson, ich halte dich mich an deine blöden Regeln.“
„Dann ist ja alles klar.“ Vergnügt drehte sich Jackson um und ging beschwingten Schrittes zu seinem Auto. Dabei pfiff er ununterbrochen.

„Guck dir mal den Strampler hier an. Ist der nicht niedlich?“ Lorelai hielt Sookie einen winzigen hellblauen Strampelanzug entgegen.
„Oh, ist der niedlich. Wir mein Kind wirklich so klein sein?“
„Du hast doch Rory gesehen. Sie war noch viel winziger.“
„Stimmt. Sie war ein wirklich süßes Kind. Hoffentlich wird der Kleine auch so.“
„Bestimmt. Ihr werdet tolle Eltern sein, Sookie. So wie sich Jackson jetzt schon um dich sorgt und den Kleinen sorgt.“
„Du hast Recht.“ Sie blickte Lore aufmerksam an. Von deren Gesicht war der fröhliche Gesichtsausdruck plötzlich verschwunden und sie sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. „Was ist denn los mit dir? Geht es dir nicht gut?“
„Ich brauch ein bisschen frische Luft. Es ist nichts. Mir ist nur ein bisschen übel. Guck schon mal weiter nach Sachen. Ich bin gleich wieder da.“ Eilig lief Lorelai davon.
Verwundert blickte Sookie ihr einen Moment hinterher, ging ihr dann jedoch so schnell es ihr Bauch erlaubte hinterher.
Es war gar nicht so leicht ihr durch die Menschenmassen zu folgen, doch sie fand sie dann endlich auf der Toilette.
„Lorelai, bist du hier?“ Ein ersticktes Schluchzen drang aus der hintersten Kabine. „Was ist denn los mit dir?“ Sie klopfte an die Tür, in der Hoffnung, dass Lore vielleicht die Tür öffnen würde.
„Mir geht es gleich wieder gut. Bitte, du kannst wieder gehen. Ich finde dich dann schon im Laden.“ Kam die tränenerstickte Stimme hinter der Toilettentür hervor.
Eine Weile schwieg Sookie und wartete, bis das Schluchzen etwas nachgelassen hatte.
„Ist es wegen deinem Kind?“ Sie wartete gespannt auf eine Antwort. Minuten vergingen und nichts geschah. Hinter der Tür regte sich nichts mehr, nur noch das unregelmäßige Atmen Lorelais.
„Es ist nicht deine Schuld.“ Erklang dann plötzlich ihre leise Stimme. „Ich freu mich wirklich wahnsinnig für dich und Jackson. Ich habe nur damals die Sache mit dem Baby so schnell verdrängt und jetzt, wo ich dich so glücklich mit deinem schönen dicken Bauch sehe und die ganze Babysachen, da ist das alles wieder hochgekommen. Ich konnte die ganzen angestauten Gefühle einfach nicht mehr unter Kontrolle halten und es ist einfach so aus mir herausgebrochen.“ Wieder ertönte ein unterdrücktes Schluchzen und dann ein leisen Klicken.
Sookie schob die Tür vorsichtig auf und zog Lore, die wie ein Häuflein Elend auf dem Toilettendeckel saß, in ihre Arme.
So standen sie bestimmt 20 Minuten. Sookie streichelte Lores Rücken und diese konnte endlich all den Schmerz loslassen, freilassen und ihn ausleben.
Das hätte sie schon viel eher machen sollen. Sie hätten dem Schmerz einfach freien Lauf lassen sollen.
Man kann seine Emotionen eben nicht immer wieder runterschlucken und ignorieren. Irgendwann kommt der Moment, in dem man nicht mehr die Kontrolle über sich hat und die Gefühle die Regie übernehmen.
Als sie sich wieder einigermaßen gefangen und frisch gemacht hatte, nahm Sookie Lores Hand und beide gingen, ohne auch nur etwas für das Baby gekauft zu haben zu ihrem Auto und fuhren nach Stars Hollow zurück.

Als Luke an diesem Abend nach Hause kam, lag Lore auf dem Sofa. Sie hatte sich in eine dicke Decke gewickelt und die Spuren der Tränen waren immer noch deutlich auf ihrem Gesicht zu sehen.
Besorgt beugte sich Luke zu ihr und streichelte ihr vorsichtig über die Wange.
Sie schlug mühsam die Augen auf und blickte Luke verwirrt an.
„Hey, was ist los mit dir?“ Fragte er liebevoll.
„Nichts. Ich habe nur aufgeräumt.“
„Aufgeräumt? Du hast doch geweint. Das seh ich doch.“
„Ich hab auch nicht gesagt, dass ich ein Zimmer oder so aufgeräumt hab.“
Daraufhin zog sie Luke auf die Couch, schmiegte sich in seine Arme und schlief auf der Stelle wieder ein, ohne dass Luke noch ein Wort erwidern konnte.

Kapitel 25

„Wo sind meine Schuhe?“ Rory rannte aus ihrem Zimmer und stieß fast mit ihrer Mutter zusammen.
„Was ist denn los?“
„Ich finde meine Schuhe nicht und wir müssen in zehn Minuten los. Hast du sie gesehen?“
„Ich glaub sie stehen unter dem Couchtisch. Aber beruhige dich erstmal. Wir schaffen das locker. Außerdem könntest du auch in Turnschuhen gehen. Bei dem langen Talar fällt das gar nicht auf.“
„Mum, das ist nicht wichtig. Meine Haare stehen irgendwie in alle Richtungen, sodass mir der Hut nicht passen wird, mein Kleid passt nicht richtig und ich wette auf der Hälfte der Strecke wird unser Tank leer sein.“ Sie sah ihre Mutter hilflos an.
„Komm mal wieder runter. Den Wagen hab ich vorhin voll getankt, das Kleid haben wir mindestens 20 mal anprobiert und es hat jedes Mal gepasst wie angegossen und was deine Haare betrifft, wir könne dir immer noch eine Glatze verpassen.“
„Mum, darüber macht man keine Witze! Ich bin in einer Lebenskrise und du machst dich darüber lustig.“
„Setzt dich erstmal hin.“ Sie schickte ihre Tochter in Richtung Sofa und goss eine Tasse frisch gebrühten Kaffee in eine Tasse.
Nachdem sie Rory die Tasse gereicht hatte, ließ sie sich neben ihr auf die Couch fallen.
„Was mach ich nur mit meinen Haaren?“
„Deine Haare haben noch nie so gut ausgesehen wie heute, ehrlich. Du wirst toll aussehen und alles wird Spitze laufen.“
„Denkst du wirklich?“ Immer noch unsicher blickte Rory zu ihrer Mutter.
„Auf alle Fälle. Und wenn nicht hast du dann etwas, was du deinen Enkeln erzählen kannst. Hey, guck mich nicht so verstört an. Das war doch nur ein Spaß.“
„Ich glaub, ich kann nie wieder in meinem Leben lachen.“
„Das wird schon wieder. Jetzt müssen wir aber los. Sonst fängt die Veranstaltung noch ohne uns an. Deine Großeltern werden schon warten.“
„Seit wann machst du dir Gedanken darum, ob Grandma und Grandpa warten müssen?“
„Würde ich ja nicht machen, wenn ihr Zorn nicht automatisch auf mich zurückfallen würde.“
In wieder einigermaßen lockerer Stimmung verließen die beiden das Haus.

Rory war richtig andächtig zu Mute, als sie wieder die durch das große Portal von Chilton schritt. So schnell würde sie das nicht mehr machen.
Hinter ihr standen ihre Mutter und Luke. Sookie und Jackson wollten auch kommen, doch sie waren noch nicht da. Es war auch noch eine Weile Zeit bis die Veranstaltung begann.
Erst mussten noch die Talare ausgegeben und die letzten Vorbereitungen getroffen werden.
„Rory!“ Rief plötzlich eine Stimme vom Ende des Ganges.
„Paris, Madeleine, Louise, schön euch zu sehen.“ Rory ging auf die drei zu und umarmte sie zur Begrüßung.
„Na, wo hast du die ganze Zeit gesteckt?“ Fragte Louise neugierig.
„Ich war in New York.”
„Du warst wo?“ Paris konnte ihre Empörung nicht unterdrücken.
„Cool, New York!“ Madeleine und Louise beachteten Paris’ Protest überhaupt nicht und bombardierten Rory wieder mit Fragen.
„Und hast du ein par süße Typen gesehen.“
„Äh, nein.“ Rory war bei dem Thema unwohl, deshalb versuchte sie so schnell wie möglich davon abzulenken. „Und was hab ich hier verpasst?“
„Nichts Besonderes.“ Paris hatte sich wieder einigermaßen gefangen. „Die meisten Schüler haben geschlafen, sodass die Lehrer aufgehört haben ordentlichen Unterricht zu geben.“ Sie warf Madeleine und Louise einen wütenden Blick zu.
„Hey, wir konnten nichts dafür. Wir mussten noch unsere Dates für die Party morgen Abend planen. Das wird gigantisch. Ich habe ein fantastisches schwarzes Kleid.“ Madeleine grinste vergnügt.
„Dein Ausschnitt ist so groß wie der Grand Canyon.“ Paris verdrehte die Augen und Madeleine blickte beleidigt drein.
„Kommst du auch?“ Lousie sah Rory auffordernd an.
„Äh, nein. Meine Mum und ich fahren morgen nach Europa und wir haben noch schrecklich viel zu tun.“
„Schade, dass ich nicht auch so eine gute Ausrede habe. Meine Mum zwingt mich wieder mal dorthin zu gehen.“
Nachdem sie noch eine Weile getratscht hatten, gingen die vier nach einem passenden Talar suchen.

„Grandma, Grandpa!“
„Hallo, Rory!“ Ihr Großvater umarmte sie herzlich.
„Wie war es in New York?“ Fragte Emily höflich, doch nicht ohne einen spitzen Unterton.
„Es tut mir Leid, Grandma. Ich wollte nicht, dass ihr euch Sorgen macht.“
„Es ist nicht deine Schuld, Rory. Du bist jung. Wenn deine Mutter wissen würde was sie tut, wäre das überhaupt nicht passiert. Da bin ich mir sicher.“
„Es ist wirklich nicht Mum´s Schuld. Wir haben uns einfach gestritten.“
„Du musst sie nicht in Schutz nehmen.“
„Lassen wir das jetzt.“ Richard unterbrach weitere Auseinandersetzungen. „Heute ist dein großer Tag, Rory, und den müssen wir ordentlich feiern. Bist du schon aufgeregt?“
„Ja, tierisch.“
„Das ist normal. Bei meiner Abschlussfeier war einer meiner Mitschüler so aufgeregt gewesen, dass er sich die ganze Zeit übergeben musste. Er hat die Toilette nur für fünf Minuten verlassen, um sich sein Zeugnis abzuholen und den Zuschauern kurz zuzuwinken. Dann ist er sofort wieder zur Toilette gerannt.“
„Eine tolle Geschichte, Richard, wirklich. Aber könntest du bitte aufhören, von solchen unangenehmen Dingen zu reden. Wir haben soeben Mittag gegessen.“
„Um was für unangenehme Dinge geht es denn?“ Fragte Lorelai, die sich mit Luke, Sookie und Jackson zu den anderen gesellte.
„Nichts wichtiges, Lorelai. Hallo, Sookie. Im wievielten Monat sind sie denn?“
„Im 6. Monat.“ Erzählte sie stolz.
„Jackson, sie müssen sehr stolz sein.“
„Oh, ja, das bin ich.“
„Richard war damals auch völlig aus dem Häuschen, als ich mit Lorelai schwanger war. Er hat ständig vor sich hingepfiffen und mich mit seiner Vorfreude angesteckt.“
„Das hat sich ja schnell wieder gelegt.“ Fügte Lorelai in ihrer manchmal etwas trockenen Art hinzu.
„Sind sie nicht dieser Luke. Ihnen gehört doch dieses Diner, oder?“
„Ja, richtig.“
„Ihr Kaffee soll sehr gut sein. Lorelai und Rory schwärmen immer dafür.“
„Ach wirklich?“
„Natürlich. Es ist sehr nett, dass sie mitgekommen sind.“
„Äh, das ist doch selbstverständlich.“ Lorelai begann hinter dem Rücken ihrer Mutter wild mit den Händen zu fuchteln um Luke zu bedeuten still zu sein, doch er bemerkte es nicht.
„Ich bin schließlich Lorelais Freund. Und Rory ist wie eine Tochter für mich. Da will ich dieses Ereignis nicht verpassen.“ Emily klappte sprichwörtlich die Kinnlade runter und Lore sah aus, als wäre ihr soeben jemand auf die Füße getreten.
Emily gewann jedoch sofort wieder die Fassung: „Schön, dass sie meiner Tochter so nahe stehen. Rory, wann beginnt die Veranstaltung?“
„Es müsste in einer Viertelstunde losgehen.“
„Schön. Dann ist es wohl das Beste, wenn wir uns einen Platz suchen, ehe die vorderen alle schon vergeben sind.“
„Mum, ich … also …“
„Lorelai, halte mich bitte nicht auf. Wir müssen uns beeilen.“ Lore warf Luke einen finsteren Blick zu und lief dann ihren Eltern hinterher, gefolgt von Rory, Sookie, Jackson und einem betreten dreinblickenden Luke.
Lorelai und Emily saßen schweigend nebeneinander. Emily, die mit aller Mühe ihren Zorn unterdrückte und Lorelai, die krampfhaft versuchte die richtigen Worte zu finden, um ihrer Mutter zu erklären, wieso sie ihr nichts von Luke erzählt hatte.
„Mum, es tut mir Leid. Ich wollte es dir erzählen, es ist nur immer etwas dazwischengekommen.“
„Wie lange seid ihr schon zusammen?“
„Ungefähr zwei Monate.“ Gab Lore kleinlaut von sich.
„Und du hast es in der ganzen Zeit nicht einmal für nötig gehalten deiner Mutter zu erzählen, dass du einen Partner hast?“ Emily kam immer mehr in Rage.
„Mum …“ Weiter kam Lorelai jedoch nicht, denn Emily unterbrach sie sofort wieder.
„Ich weiß, dass unser Verhältnis nicht das Beste ist, aber dass du mir dies nicht erzählt hast. Lorelai, ich bin deine Mutter, deine Mutter, verdammt noch mal. Habe ich denn kein Recht drauf, zu erfahren, was in deinem Leben vor sich geht? Hasst du mich so sehr, dass du mir so etwas nicht erzählen kannst?“
„Ich hasse dich nicht, Mum. Es war nur einfach nicht die passende Gelegenheit und ich hatte einfach Angst.“
„Angst? Wovor hattest du bitteschön Angst?“
„Immer wenn in meinem Leben etwas Tolles passiert ist, hast du es geschafft, mir die Freude daran zu verderben und ich wollte nicht, dass du mir das auch noch schlecht machst. Ich liebe Luke und ich möchte nicht, dass du unsere Beziehung nicht genauso abschätzig betrachtest, wie du es sonst immer getan hast.“
„Das tut mir Leid, wenn du dachtest, ich würde das was du tust nicht achten. Es stimmt nicht, aber es tut mir Leid, dass ich dir das Gefühl gegeben habe.“ Über ihre Wangen liefen Tränen während sie dies sagte.
Lorelai schwieg eine Weile, auch sie wusste nicht wie sie mit dieser Situation umgehen sollte.
Alle um die beiden herum sahen betrübt zu Boden. Es war eine merkwürdige Situation. Keiner wagte auch nur laut zu atmen, um die Aufmerksamkeit nicht auf sich zu lenken.
Doch Lorelai hatte eine Entschluss gefasst, wenn wie schon einmal dabei waren reinen Tisch zu machen, dann aber richtig: „Luke und ich werden heiraten.“ Sagte sie leise und drückte Luke vorsichtig die Hand.
„Herzlichen Glückwunsch.“ Auch Emily gab sich einen Ruck. Wenn ihre Tochter schon über ihren eigenen Schatten sprang und sich ihr endlich etwas öffnete, wollte sie nicht mehr beleidigt sein. Emily freute sich wirklich für die beiden.
„Haben sie sich das auch gut überlegte, junger Mann?“ Auch Richard hatte nun die Sprache wieder gefunden, da seine Frau und seine Tochter das Kriegsbeil offensichtlich begraben hatten. „Sie ist schließlich eine Gilmore.“
„Ja, das habe ich.“
„Na, dann ist ja alles in bester Ordnung.“
Alle lehnten sich zurück, denn die Feier begann. Es war, als wäre eine Mauer gefallen, die seit langer Zeit zwischen Lorelai und ihren Eltern gestanden hatte.
Mit einem Mal waren die Streitereien und Unstimmigkeiten vergessen und sie genossen gemeinsam die Veranstaltung.
Als Direktor Charleston endlich seine Rede beendet hatte und die Schüler nach und nach die Bühne betraten begann ein wildes Fotografieren in der Menge.
Alle Eltern wollten Fotos von ihren Kindern, wie sie da am Ende ihrer Highschoolzeit auf dieser Bühne standen, so stolz und fast erwachsen.
Nachdem Rory endlich die Bühne betreten hatte, konnte keiner, weder Sookie und Jackson, noch Emily und Richard, noch Lorelai und Luke ihre Tränen zurückhalten.
Die Männer versuchten es zwar, jedoch vergeblich.
Es war eine tolle Feier und ein gelungener Abschied von einer langen Zeit.
Rory verabschiedete sich noch ausgiebig von Paris, Louise und Madeleine und versprach sich oft zu melden. Dann drehte sich noch einmal zu ihrer Schule um.
Das Haus war zwar noch immer sehr groß und luxuriös, doch hatte sie nun keine Angst mehr davor. Sie hatte es geschafft.
Sie hatte die Schule beendet und würde jetzt studieren.
Ein riesiges Gefühl von Stolz erfüllte Rory plötzlich. Dies war ihre Vergangenheit.
Rory drehte sich um und fuhr in ihrem neuen Auto Richtung Zukunft.
Kapitel 26

„Wir sind wieder da!“ Rief Lore laut und lies sich neben dem Pavillon ins Gras fallen.
„Stars Hollow, du hast uns wieder.“ Fügte Rory noch hinzu ehe sie sich ebenfalls neben ihre Mum ins Gras fallen lies.
„War das Gras hier immer schon so weich?“
„Ja. Dir kommt nur alles so weich vor, weil die Matratzen in den Jungendherbergen so schrecklich hart waren.“
„Ich sag dir, ich übernachte nie wieder in einer belgischen Jungendherberge.“
„Stimmt. Da waren nicht nur die Matratzen hart. Dort konnte man auch an den Flecken auf der Matratze ablesen, wer dort alles schon mal geschlafen hatte.“ Lore grinste frech.
„Iiihh! Erinnere mich bitte nicht mehr an die Fleckmatratzen. Die waren ja so widerlich.“
„Aber nicht so widerlich, wie Chucky.“
„Chucky? Wer ist Chucky?“ Rory drehte sich verwundert ihrer Mutter zu.
Diese setzte sich empört auf und antwortete: „Hast du ihn wirklich schon vergessen? Wir hatten so viele schöne Stunden mit ihm. Er war dieses merkwürdiger schleimige Tier und lebte in dem Aquarium, neben dem wir in Frankreich immer gegessen haben.“
„Oh mein Gott, du hast recht. Wieso hab ich das nur so schnell vergessen.“
„Vor allem nach dem Erlebnis mit der armen Trixi solltest du ihn nicht vergessen haben.“
„Stimmt, die arme Trixi. Ob es ihr wohl in Chuckys Bauch gefallen hat?“
„Bestimmt. Genauso, wie den ganzen anderen Tieren, die er während unserer Anwesenheit verspeist hat.“
„Das Viech konnte sogar noch mehr essen als wir.“
„Wenn wir noch ne Weile länger geblieben wären, hätten wir ihn bestimmt irgendwann beim Wettessen geschlagen.“
„Ja, schade, dass wir nicht länger bleiben konnten.“
„Rory, ich möchte nicht aufstehen und ich möchte nie wieder diesen schrecklichen Rucksack aufsetzen. Wenn ich das noch mal durchmachen muss und wenn es nur drei Meter sind, mach ich das so wie Julia Roberts in „Die Braut die sich nicht traut“ und kipp einfach aus den Latschen.“
„Dann wirt du aber so liegen beleiben müssen. Niemand wird dir mit deinem schweren Rucksack helfen können aufzustehen.“
„Siehst du, ich muss unbedingt liegen bleiben.“
„Komm, Mum!“ Rory rappelte sich mühsam auf und hievte sich den Rucksack auf die Schultern.
„Sklaventreiberin!“ Rory achtete nicht mehr auf den Protest ihrer Mutter und ging die Straße entlang Richtung Gilmore-Haus.
Ihre Mutter folgte ihr unwillig und in einigen Metern Abstand, denn Einholen war mit dem schweren Rucksack auf den Schultern ein Ding der Unmöglichkeit.

Als Lore endlich das Haus erreichte wartete Luke schon ungeduldig vor dem Haus.
„Wo bleibst du denn so lange? Rory ist schon vor zwei Minuten da gewesen.“
Sie hatte gerade ihren Rucksack abgelegt und gab ihrem Luke einen Begrüßungskuss, da schoss etwas vom Nachbargrundstück genau auf sie zu und sprang mit vor Freude wedelndem Schwanz an ihrem Bein hoch.
„Hey, meine Süße. Ich hab dich ja so vermisst. Warst du schön brav und hast den lieben Onkel Luke nicht geärgert?“
„Ich hab sie ziemlich selten gesehen. Babette ist so in sie vernarrt, dass sie sie gar nicht wieder hergeben wollte. Sie hat mir doch wirklich weismachen wollen, dass ich mich als Mann nie um eine solche kleine liebesbedürftige Hündin kümmern könnte, weil ich sowieso nur mit einem Bier vor dem Fernseher sitzen und Baseball gucken würden. Das waren Babettes Worte, nicht meine.“
„Da hat sie ja auch Recht. Du hast dir doch bestimmt einen lustigen gemacht, wo du das Haus doch ganz für dich alleine hattest, hast wilde Partys gefeiert und Stripperinnen bestellt.“ Sie grinste ihn provozierend an.
„Die einzige, die für mich strippen darf, bist du.“ Er lächelte sie verführerisch an.
„Ich hab dir ja scheinbar wirklich gefehlt.“ Sie küsste ihn leidenschaftlich.
„Und wie.“ Erwiderte er, als sie ihn endlich freigegeben hatte.

Als Lore das Independence betrat, war nirgends jemand zu sehen.
Es schien, als wäre alles ausgestorben.
„Hey, wo seid ihr denn alle? Hab ich was verpasst? Ist hier ein Virus oder so ausgebrochen?“ Sie schüttelte ungläubig den Kopf und steuerte dann zielstrebig auf die Küche zu.
Kaum hatte sie die Tür geöffnet sprang schon eine total aufgedrehte Sookie auf sie zu und umarmte sie stürmisch.
„Schön, dass du wieder da bist.“
„Ich freu mich auch dich zu sehen, aber wieso ist dort draußen alles leer? Haben wir denn gar keine Gäste? Und wo ist Michél abgeblieben?“
„Setz dich besser hin.“
„Wieso muss ich mich setzen? Ist es denn so schlimm?“
„Erst hinsetzen!“
„In Ordnung.“ Widerwillig ließ sich Lore auf einer Getränkekiste nieder. „Kannst du mir jetzt endlich sagen, was hier gespielt wird?“
„Das Hotel wurde verkauft.“
„Was? Aber wie … wieso?“
„Es wird jetzt zu so einem schrecklich modernen Schuppen umgebaut. Michél war so erschüttert, dass er erst mal zu seiner Mutter nach Frankreich gefahren ist.“
„Ich weiß echt nicht was ich sagen soll. Dabei war ich doch nur so kurz weg.“
„In einem Monat kann viel passieren. Ich habe die Nachricht auch erst Vorgestern bekommen und wollte dir deine letzten Urlaubstage nicht versauen.“
„Ich kann es einfach nicht fassen.“ Lore schüttelte ungläubig den Kopf und hielt sich dann die Hände vor ihre Augen um erst mal einen klaren Kopf zu bekommen.
„Also haben wir keinen Job mehr bis das Dragonfly öffnet?“
„Ja, aber ich habe mit den Leuten vom Bauunternehmen geredet. Wenn alles nach Plan läuft sind die Männer in einem Monat mit bauen fertig. Das heißt, wir können jetzt schon beginnen die Möbel zu kaufen.“
„Wenigstens ein Lichtblick. Ist das gesamte Hotel leer?“
„Ja. Wir sind die einzigen.“
„Das ist ein merkwürdiges Gefühl. Dieses Hotel war ein Teil meines Lebens und jetzt soll das alles anders werden. Weißt du, ob sie es ganz abreißen wollen?“
„Ich hab gehört, sie wollen nur innen viele Wände rausreißen. Es soll sehr offen werden und oben soll eine Art Ruhelounge werden. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie das ganze hier hinpassen soll.“
„Keine Ahnung.“
„Ich muss dann gleich los. Jackson wartet auf mich. Er will dem kleinen klassische Musik vorspielen, weil das ja klug machen soll. Wenn er weiter versucht eine Intelligenzbestie aus dem kleinen zu machen, ist Davie bei der Geburt vielleicht schon schlauer als ich.“
„Davie? Du hast endlich einen Namen für den kleinen gefunden?“
„Ja. Was hältst du davon?“
„Ich find ihn toll. Was sagt Jackson dazu?“
„Er hat ihn sogar vorgeschlagen.“
„Also, ich muss dann mal los. Kommst du noch ein Stück mit?“
„Nein, ich will noch etwas hier bleiben.“
„In Ordnung. Tschau.“
„Tschau.“ Sookie verließ die Küche und Lore saß noch eine ganze Weile auf der Getränkeküche und nahm noch einmal alle Eindrücke der Küche in sich auf.
Dann stand sie langsam auf und stieg die Treppen hinauf.
Der Gedanken, dass sie vielleicht nie wieder hier hochgehen würde, war erschütternd.
Die Hälfte ihres Lebens hatte sie in diesem Hotel verbracht. Es konnte einfach nicht sein, dass sich das alles verändern sollte.
Nachdem sie ihre Runde durch die obere Etage beendet hatte drehte sie sich nochmals in der Eingangshalle um und schritt dann langsam zur Tür hinaus.
Sie schloss sie ab und legte den Schlüssel unter die Fußmatte.
Dann lief sie zur Rückseite des Hotels und zu der kleinen Hütte, in der Rory und sie gelebt hatten.
Sie würden sie bestimmt abreißen. Hier war ihre Tochter aufgewachsen und sie ebenfalls.
Alles war voller Erinnerungen.
Sie verabschiedete sich in Gedanken von ihrem ehemaligen Zu Hause und versuchte sich jede Einzelheit zu merken, um sie sich immer wieder ins Gedächtnis rufen zu können.
Die Wanne mit dem Vorhang, der sie vom Rest des Raumes trennte, den Tisch, das Bett.
Traurig verließ sie den Schuppen und machte sich nachdenklich auf den Weg nach Hause.
Kapitel 27

Lorelai und Rory waren gerade dabei, die letzten Einkäufe für Yale zu tätigen.
„Mum, ich brauche keinen Nussknacker.“
„Wieso denn nicht? Was machst du wenn du mal Heißhunger auf Nüsse hast. Stell dir vor, dass vor dir ein riesiger Berg Nüsse liegt und du bekommst sie nicht auf. Und wieso nicht? Weil du nicht auf deine Mutter gehört hast.“
„Aber ich hasse Nüsse. Und was ist, wenn du mal Besuch hast und der bringt Nüsse mit und fragt dich, ob du einen Nussknacker hast und du kannst dann nur traurig den Kopf schütteln. Du wirst keine Freunde finden in Yale. Und das alles nur weil du keinen Nussknacker hast.“
„Leg ihn in den Einkaufswagen.“ Rory verdrehte genervt die Augen.
„Ha, Gewonnen!“ Lore schwenkte den Nussknacker triumphierend über ihrem Kopf ehe sie ihn in den Wagen legte.
„Und was steht noch auf unserer Liste?“
Lore holte den Zettel aus ihrer Tasche und las vor: „Zahnpasta, Zahnbürste, Seife, Rasierer, Taschentücher und Creme.“
„Der Drogeriekram ist dort hinten.“
„Gut. Den Rest müssen wir wo anders besorgen.“
„Was brauchen wir denn noch alles?“
„Auf jeden Fall eine neue Matratze. Denk an Belgien.“
„Lieber nicht.“ Rory verzog bei dem Gedanken daran angewidert das Gesicht.
„Dann brauchen wir noch Bettwäsche und Handtücher.“
„Das kriegen wir alles bei ‚Toms Textilien’.“
„Am besten, du holst hier noch den Rest und ich geh gleich dorthin und besorg den Rest. So können wir Zeit sparen und haben dann noch ein bisschen Zeit für unseren Filmabend.“
„In Ordnung.“

Als sie mit ihren Einkäufen fertig waren verstauten sie mit Lukes Hilfe alles auf seinem Auto.
„Was willst du mit dem Nussknacker?“ Luke blickte Rory verwundert an, als er ihn in einer der Kisten entdeckte, die sich bereits auf der Ladefläche türmten.
„Frag meine Mum.“
„Was will sie mit dem Nussknacker?“ Wandte er sich nun an Lore.
„Nüsse knacken.“ War ihre durchaus logische Antwort.
„Du hast ihr das Ding angedreht, oder?“
„Das ist kein Ding, das ist Kerby.“
„Kerby? Du gibst dem Ding einen Namen.“
„Dem Nussknacker.“
„Ok, dann eben dem Nussknacker.“
„Ja.“
„Was ja?“
„Die Antwort auf deine Frage.“
„Welche Frage?“
„Na die Frage, ob ich dem Nussknacker einen Namen gebe. Das mache ich doch mit allen Dingen so.“
„Wie heißt dein Fußabtreter?“
„Herbert.“
„Die Couch?“
„Susi.“
„Das Telefon?“
„Tippi.“
„Du nennst deinen Fußabtreter Herbert?“
„Ja.“
„Wie kommst du auf so einen schrecklichen Namen?“
„Was hast du gegen Herbert?“
„Die Frage meinst du doch nicht ernst?“
„Doch. Diskriminiere nicht den Namen. Es ist schließlich mein Fußabtreter. Also kann ich ihn auch so nennen, wie ich es möchte.“
„Wir dürfen nie Kinder bekommen.“
„Wieso?“
„Du würdest sie vermutlich Elfriede und Josef nennen.“
„Du willst keine Kinder mit mir?“ Plötzlich wurde sie ernst. Das Thema hatten sie noch nie besprochen.
„Doch, oder etwa nicht?“ Schüchtern blickte er Lore in die Augen.
„Doch, auf jeden Fall.“
„Gut.“
„Gut.“
„Gut.“
„Gut.“
„Schluss.“
„In Ordnung.“
„Holen wir den Rest gleich noch aus dem Haus oder machen wir das morgen früh?“
„Jetzt ist besser. Dann können wir morgen länger schlafen.“
„Ok.“ Damit gingen sie ins Haus und luden weitere Kisten und Tüten auf das Auto.

„Mum, hast du vorhin einen Film besorgt?“
„Denkst du ich würde das Wichtigste vergessen?“
„Nein. Welchen film hast du mitgebracht?“
„Bandits.“
„Toll.“
„Um was geht es da?“ Luke, der sich soeben zu Lore auf die Couch gesellte, blickte sie neugierig an.
„Du kennst ‚Bandits’ nicht?“
„Oh mein Gott, wo lebst du denn?“
„Da hast du echt was verpasst Luke. Der Film ist absolute Spitzenklasse.“
„Da bin ich ja mal gespannt.“
Rory legte das Video ein und setzte sich dann auf den Fußboden, den Rücken an die Couch gelehnt.
„Vergiss die Regeln nicht, Luke.“ Ermahnte Lorelai ihren Freund.
„Jaja, nicht reden, nicht bewegen, nicht atmen.“
„Korrekt.“ Rory musste unweigerlich grinsen.
„Also dann mal los.“ Sie drückte auf die Play-Taste und zog eine Chipstüte zu sich heran.

Die Chipstüte war leer und Rory blickte sich nach Nachschub um. Dabei fiel ihr Blick auf ihre Mum und Luke.
Sie hatte sich an ihn gekuschelt und er hatte seinen Arm um sie geschlungen. Sie sahen so verliebt aus.
Rory freute sich ehrlich für ihre Mum, dass diese endlich jemanden gefunden hatte, bei dem sie sich richtig geborgen fühlte. Ihre vorigen Beziehungen waren echte Reinfälle gewesen.
Erst die Tatsache, dass Chris sie immer wieder im Stich gelassen hatte und dann auch noch diese Katastrophe mit Max und der abgeblasenen Hochzeit.
Ihre Mutter konnte sich glücklich schätzen einen Mann wie Luke gefunden zu haben. Jemanden, der sie wirklich liebte und immer für sie da war.
Das vermisste Rory. Ihre Gedanken landeten, wie schon oft in den letzten Tagen, bei Jess.
Sie hatte sich nicht einmal bei ihm verabschiedet.
In ihr wuchs immer mehr das Verlangen danach, ihn zu sprechen, seine Stimme zu hören.
Wieso hatte er sie nur im Stich gelassen? Und das nach allem was sie zusammen durchgemacht hatten.
Sie fasste einen Entschluss. Sie würde ihn anrufen und am besten gleich bevor sie es sich noch einmal anders überlegen konnte.
„Wo willst du hin?“ Fragte Lore überrascht, als Rory plötzlich aufstand.
„Ich kenn den Film doch schon in und auswendig. Außerdem bin ich tierisch müde.“
„Na dann schlaf schön.“
„Gute Nacht, ihr beiden.“
„Gute Nacht.“
Sie nahm sich unauffällig das Telefon und ging in ihr Zimmer.
Nachdem sie die Tür sorgfältig geschlossen hatte, setzte sie sich auf ihr Bett und blickte auf das Telefon.
Die Nummer hatte sie im Kopf. Sie hatte sie den ganzen Sommer über immer wieder in ihrem Kopf gewählt, den Gedanken ihn anzurufen dann jedoch sofort wieder verworfen.
Jetzt war es soweit.
Vorsichtig drückte sie die Tasten und hielt sich den Hörer ans Ohr.
Das Rufzeichen erklang und ihr Herz schlug immer schneller. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Was sollte sie denn überhaupt sagen?
Da erklang auch schon eine Stimme aus dem Hörer.
„Hallo?“ Es war ein Mädchen. Sie kannte die Stimme irgendwoher. Da fiel es ihr wieder ein – Kathy. Sie hatte sich an dem Abend der Party mit ihr unterhalten.
Erschrocken legte sie wieder auf.
Was wollte Kathy bei Jess? Waren sie zusammen?
Geschockt blickte Rory auf den Hörer in ihrer Hand, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen.
Immer wieder überlegte sie fieberhaft, was das alles zu bedeuten hatte.
Aber wenn sie eine Antwort auf ihre Fragen wollte, musste sie anrufen.
Das war der einzige Weg die Wahrheit herauszufinden.
Mit zitternden Händen wählte sie erneut die Nummer.
Es hatte nur einmal geläutet, da hörte sie schon Jess Stimme.
„Ja?“
Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Wie sollte sie nur formulieren, was ihr so auf dem Herzen lag?
„Jess …“
„Rory?“ Auch ihm blieb fast das Herz stehen, als er ihre Stimme hörte. „Wie geht es dir?“ Fragte er, um die drückende Stille zu überbrücken.
„Ich weiß nicht.“ Sie wusste es wirklich nicht. Alle Gefühle fuhren Karussell, nichts ließ sich ordentlich zuordnen.
Schon wieder sprach niemand ein Wort.
„Hast du vorhin schon mal angerufen?“
„Ja, ich wusste nicht was ich sagen sollte.“
„Das war Kathy.“
„Ich weiß, ich habe ihre Stimme erkannt.“
„Wieso hast du dich nicht gemeldet?“
„Ich war in Europa.“
„Gibt es dort keine Telefone?“
„Du hättest doch auch anrufen können.“
„Hab ich doch. Ich hab immer wieder versucht dich anzurufen, aber es ist immer deine Mailbox rangegangen.“
„Oh, ich hatte es aus.“ Eilig nahm sie ihr Handy vom Nachttisch und schaltete es an – 87 Anrufe in Abwesenheit. „Tut mir Leid.“
„Ist schon in Ordnung.“
„Ich meinte nicht das ausgeschaltete Handy. Ich meinte, dass ich einfach so gegangen bin.“
Jess schwieg. Er wusste genau, dass er an der ganzen Situation Schuld hatte. Wenn er nicht so ein verdammter Idiot gewesen wäre.
Er wäre liebend gern mit Rory zurück nach Stars Hollow gegangen. Auch wenn es dort nicht so viel los war wie in New York, mochte er das kleine Städtchen.
Aber er gehörte dort nicht hin. Ein Kleinkrimineller wie er, der nur Ärger machte.
Sein zu Hause war New York. Dort lebten Leute, die genauso waren wie er.
Rory war so rein und unschuldig, dass es ihm immer wieder wehtat sie anzublicken, denn sie machte ihm bewusst, wie schlecht er doch war.
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Es war meine Schuld. Ich hätte dich nie überreden dürfen, mit nach New York zu kommen. Es wäre besser für dich gewesen, wenn du mich nie kennen gelernt hättest. Das hätte dir reichlich Ärger erspart. Deine Mutter und alle anderen hatten Recht. Ich bin ein Nichtsnutz. Sei froh, dass du mich los bist.“
„Sag so was nicht.“ Rory liefen bei Jess’ Worten Tränen über die Wangen.
„Wieso nicht? Es ist doch die Wahrheit.“ Bitterkeit trat in seine Stimme. „Es wäre besser gewesen, wenn wir uns nie kennen gelernt hätten.“
Seine Worte verletzten Rory. Natürlich hatten sie viele Probleme gehabt und vieles, das sich ihnen in den Weg gestellt hatte. Doch die hatte ihn geliebt und sie tat es immer noch.
Dass er so über ihre Beziehung sprach, tat ihr weh und machte sie gleichzeitig wütend.
Er merkte offensichtlich nicht, dass er sie damit verletzte.
„Wieso? damit der Weg eher für Kathy frei gewesen wäre?“ Rory wusste selbst, dass das was sie da eben gesagt hatte, unfair war, doch sie wollte alle Wut und allen Schmerz rauslassen.
„Rory, du weißt genau, dass das nicht war ist.“
„Bist du mit ihr zusammen?“
„Ja.“
„Na also. Du sagst zu mir, dass unsere Beziehung ein riesiger Fehler war. Was soll ich denn dann anderes denken?“
„Rory ….“
„Was Rory? Hab ich denn nicht Recht? Bist du jetzt nicht glücklich? Jetzt hast du Kathy und mich bist du endlich los.“
„Das ist nicht wahr.“
„Achso? Was dann? Sag mir endlich die Wahrheit. Bitte. Ich will dich endlich verstehen können.“
„Rory, ich liebe dich. Aber ich kann mit dir nicht zusammen sein. Es geht einfach nicht.“
Rory war sprachlos. Die Tränen brannten in ihrem Gesicht.
„Wieso bist du mit ihr zusammen, wenn du mich liebst?“ Brachte Rory dann doch heraus. Es war mehr ein Flüstern als alles andere, doch Jess hatte sie verstanden.
„Ich weiß es nicht.“ Die Wahrheit war, dass er wusste. Er wusste, dass er Rory brauchte. Da er sie aber nicht haben konnte, brauchte er Kathy. Er kam sich erbärmlich dabei vor.
Aber er konnte Rory nicht die Wahrheit sagen, er konnte Rory nicht sagen, dass er jedes Mal wenn er Kathy küsste Rorys Gesicht vor Augen hatte. Sie würde ihn für krank halten.
„Ich versteh dich nicht. Aber ich denke du hast Recht. Wenn ich weiter an dich denke, tut das nur weh. Du bist nicht gut für mich. Ich weiß nicht, wie du mir so wehtun kannst, wenn du mich doch liebst. Ich versteh es einfach nicht.“
„Vergiss mich einfach.“ Und damit legte er auf.
Rory blickte fassungslos auf das Telefon.
Sie verstand einfach nicht, was in Jess vor sich ging. Sie konnte einfach nicht fassen, was er ihr da eben gesagt hatte. Es war alles so ohne Sinnzusammenhang gewesen, alles so wirr.
Sie legte sich auf ihr Bett und rollte sich zusammen.
Es tat so weh. Der Schmerz war fast körperlich. Wie sollte sie ihn je vergessen?
Wie konnte er einfach sagen, sollte ihn vergessen? Sie liebte ihn doch und er liebte sie.
Es konnte och nicht sein, dass sie keine Chance bekamen, wenn sie sich doch beide liebten.
Wieso war das alles so unfair und sinnlos?
Diese Frage ging ihr nicht mehr aus dem Kopf.
Erst nach Stunden, in den sie wach gelegen hatte und diese Frage immer wieder wiederholt hatte, fiel sie in einen unruhigen Schlaf.

Als Rory am nächsten Morgen erwachte, flogen ihre Gedanken sofort zur letzten Nacht und diesem schrecklichen Telefongespräch.
Doch ihr war auch bewusst, dass sie das nicht weiterbringen würde.
Gerade heute, konnte sie so was gar nicht gebrauchen. Also nahm sie all ihre Kraft zusammen und schob die schrecklichen Gedanken ganz weit weg von sich.
Sie waren zwar nicht verschwunden, doch sie konnte sie ignorieren.
So wäre sie auch in der Lage ihrer Mutter und Luke gegenüberzutreten ohne sich etwas anmerken zu lassen, denn darüber sprechen wollte sie auf keinen Fall.
Noch einmal holte sie tief Luft und straffte sich. Dann verließ sie ihr Zimmer.

„Hast du alles?“ Fragte ihre Mum, als sie die letzten Sachen zum Wagen trugen.
„Ich denke schon. Und wenn nicht, kann ich es immer noch nächstes Wochenende mitnehmen.“
„Mein kleines Mädchen geht zur Uni. Ich bin ja so stolz auf dich.“ Lore umarmte ihre Tochter stürmisch.
„Lass mich ganz.“
„Nur wenn du Mommy versprichst mich jedes Wochenende zu besuchen.“
„Versprochen. Und wenn nicht schick ich dir ne Postkarte.“
„Wag es ja nicht. Sonst zieh ich mit in dein Wohnheim und dann wirst du deine Mutter nie wieder los.“
„So was Peinliches würdest du nie machen.“
„Bist du dir da so sicher?“
„Nein. Aber ich vertrau einfach mal auf die Tatsache, dass das Luke nicht gefallen würde.“
„Ich bring ihn einfach mit.“
„Klar, und am besten bringst du gleich ganz Stars Hollow mit. So können wir ein gesamtes Wohnheim füllen.“
„Patty und Babette wollen dich ja sowieso kaum gehen lassen.“
„Sag es nicht so laut, sonst kommen sie am Ende wirklich auf die Idee mitzukommen.“
„Das wäre doch lustig.“
„Lassen wir das Thema. Ich will gleich noch mal bei Lane vorbeischauen und mich verabschieden.“
„Dann beeil dich. Damit wir rechtzeitig losfahren können.“
„Ok, ich geh dann mal. Vergiss nicht Luke Bescheid zu sagen, damit er noch ein par Muffins und Donuts einpackt und natürlich eine große Kanne frischen Kaffe.“
„Mach ich und jetzt beeil dich.“
„Bis dann.“

Als Rory an die Tür von Kims Antiquitäten klopfte, öffnete niemand.
Doch aus dem Inneren war Gepolter und hektische Schritte zu hören. Vorsichtig schob Rory die Tür eine Spalt auf und späte hinein. Niemand zu sehen.
Unsicher trat sie ein und blickte sich nochmals suchend um.
„Lane? Hier ist Rory. Wo bist du?“
Da kam plötzlich Mrs. Kim um die Ecke und rannte sie fast um.
„Mein Gott, Mädchen, was schleichst du hier so rum?“
„Ich suche Lane.“
„Sie ist oben in ihrem Zimmer und bereitet sich mental auf das College vor. Müsstest du dich nicht auch auf das College vorbereiten?“ Misstrauisch und streng blickte Mrs. Kim in Rorys Gesicht.
„Das habe ich schon gemacht. Ich wollte mich nur noch mal schnell von Lane verabschieden bevor ich fahre.“
„Das ist sehr nett von dir.“
„Du studierst in Yale, habe ich gehört.“
„Ja.“
„Wolltest du nicht immer in Harvard studieren?“
„Schon, aber ich habe erkannt, dass Yale viel mehr Vorzüge hat als Harvard.“
„Es sind beides gemischte Schulen. So etwas ist nicht gut für die Jugend. Es verdirbt jeglichen Anstand.“
Lane nahm Rory die Antwort ab, indem sie die Treppe hinunter kam.
„Rory!“
„Hey, Lane! Und bist du bereit für die Uni?“
„Kommst du mit hoch in mein Zimmer?“ Sagte Lane eilig.
„Klar.“
Schnell gingen die beiden die Treppe hinauf und Lane schloss sofort die Tür nachdem Rory eingetreten war.
„Was ist los mit dir?“
„Das ist mein Ende.“
„Was ist dein Ende?“
„Dieses College. Ich werde dort nie wieder lebend hinauskommen. Das ist wie bei einer Sekte. Ich darf dort nicht einmal meine Klamotten tragen, nur die Schuluniform und die ist grässlich. Ich habe mich mal auf der Webseite der Schule umgeschaut. Im Gästebuch stehen massenhaft Warnungen. Die durchsuchen dort meine Koffer um sicherzugehen, dass ich ja keine CDs oder anderes teuflisches Zeug mitnehme. Rory, ich halte das dort nicht aus. Wie soll ich so lange ohne meine Musik auskommen?“
„Du schaffst das schon. Sie es mal so: Die Wochenenden werden dir wie ein Ausflug ins Paradies vorkommen. Du musst dir nur immer vorhalten, dass es nicht mehr lange dauert, bis du dich wieder an dein Schlagzeug setzen kannst.“
„Wenn ich mich bei der Gehirnwäsche, der die mich dort unterziehen, noch an mein Schlagzeug und die Band erinnern kann.“
„Apropos Band: Wie wird das denn mit Dave laufen?“
„Er kommt mich oft besuchen. Das schaffen wir schon. Wir haben uns schon geschworen jedes Mal wenn wir Musik hören aneinander zu denken.“
„Wie niedlich.“
„Und wie wird das mit der Band?“
„Wir werden uns einen Ersatzmann suchen müssen!“
„Habt ihr schon jemanden in Aussicht?“
„Den Cousin von Zack, aber ich hab mir schon mal ein Demo von ihm angehört und grottenschlecht ist noch untertrieben!“
„Oh! Und sonst niemand?“
„Nein.“
„Ihr packt das schon. Die guten Gitarristen müssten sich doch darum reißen, mit euch spielen zu dürfen!“
„Ich hoffe es.“
„Und wie läuft es bei dir?“
„Alles bestens.“
„Wirklich?“
„Nein.“ Rory zögerte einen Moment doch dann erzählte sie, was gestern Abend passiert war. „Ich habe gestern Jess angerufen.“
„Und?“
„Wir haben uns schrecklich gestritten.“
„Wieso denn das?“ Lane sah ihre beste Freundin sorgenvoll an.
„Er hat die ganze Zeit gesagt, dass wir uns am besten nie kennen gelernt hätten und dass er hier nicht hinpassen würde und deshalb nicht mehr herkommen könnte.“
„So ein Idiot. Weiß er denn nicht, wie er dir damit wehgetan hat?“
„Das war ja noch nichtmal das schlimmste. Er hat gesagt, dass er mich immer noch liebt. Es wäre viel einfach für mich ihn zu hassen wenn er mich auch hassen würde.“ Rory konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.
„Er hat gesagt, dass er dich liebt?“
„Ja, und dass er eine neue hat.“
„Was?“ Lane dachte, sie hätte sich verhört.
„Er hat eine neue Freundin – Kathy.“
„Aber wieso? Wieso hat er eine neue, wenn er dich doch liebt?“
„Ich weiß es nicht. Ich versteh das einfach nicht. Wieso kann ich nicht einfach mit ihm glücklich werden? Was hab ich denn falsch gemacht? Wieso werde ich bestraft?“
Lane nahm Rory tröstend in die Arme. Sie tat ihr so Leid und es tat ihr selbst weh sie so zu sehen.
„Du hast nichts falsch gemacht. Er verdient dich nicht, wenn er sich so schnell wieder Ersatz sucht.“
„Aber ich liebe ihn doch.“
So standen sie mehrer Minuten, bis Rorys Handy klingelte.
Schnell wischte sich Rory die Tränen aus dem Gesicht und versuchte wieder klare Gedanken zu fassen.
Als sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, nahm sie ab.
„Hallo?“
„Rory, wo bleibst du denn? Wir müssen los.“
„Tut mir Leid. Wir haben uns verquatscht. Ich komme gleich.“
„Gut, sonst geh ich nämlich für dich nach Yale und glaub mir, ich würde die Partys genießen.“
„Lieber nicht. Du auf deine alten Tage würdest das nicht mehr aufhalten.“
„Hey! Man sollte Respekt vor dem Alter haben.“
„Habe ich doch, Madam.“
„Lass mich bitte in meiner Traumwelt, in der ich immer noch 18 bin und Haut habe wie ein Babypopo.“
„In Ordnung. Ich bin gleich da.“
„Bis gleich.“
„Also, ich muss dann mal los.“
„Bist du sicher, dass es dir wieder gut geht?“
„Ja, es geht schon.“
„Na dann wünsch ich dir viel Spaß in Yale und vergiss nicht mich regelmäßig anzurufen.“ Ganz überzeugt war Lane zwar nicht, doch nachdem sich Rory bei dem Telefonat mit ihrer Mum so zurückgehalten hatte, war sie überzeugt, dass sie es schaffen würde.
„Ich wünsch dir auch viel Spaß. Du wirst den Laden schon ordentlich aufmischen.“
Sie fielen sich in die Arme und nachdem sich Rory auch von Mrs. Kim verabschiedet hatte, und dieser versprochen hatte, jede Nacht die Tür zweimal zuzuschließen, machte sie sich auf den Weg nach Hause.
Kapitel 28

„Paris, nimm endlich deine Sachen von meinem Bett!“ Rory blickte genervt zu ihrer neuen Zimmergenossin.
„Aber du belegst mit deinem ganzen Zeug schon den Schreibtisch und irgendwo muss ich meine ganzen Sachen ja erstmal ablegen.“
„Räum sie doch gleich in den Schrank.“
„So kann ich aber kein System reinbringen.“
„System? Wieso brauchst du ein System um deine Sachen einzuräumen? Leg sie doch einfach zusammen und staple sie dann. So machen das alle normalen Menschen. Oder du machst es so wie meine Mum und stopfst sie einfach rein.“
Wütend warf Paris den Pullover, den sie gerade in der Hand gehalten hatte, in den Koffer zurück und stapfte aus dem Zimmer.
Rory hörte nur noch ein leises Murmeln: „Ich werd mir ein neues System überlegen müssen.“
Nachdem sie ihren Koffer ausgepackt hatte, begutachtete sie kritisch das Zimmer.
Wirklich gemütlich sah es noch nicht aus.
Krampfhaft überlegte sie was sie tun könnte, um alles noch etwas aufzulockern. Es fehlte die persönliche Note, irgendetwas Kitschiges damit es nicht mehr so langweilig wirkte.
Ihr Blick fiel auf die letzte Kiste, die sie noch nicht ausgepackt hatte. Aus dieser ragte der Nussknacker und grinste sie mit seinem starren Holzgesicht an.
Das würde gehen, bis sie etwas Besseres gefunden hatte.
Ganz schön armselig, dachte sich Rory, zuckte dann jedoch mit den Schultern, schnappte sich ihren Mantel und machte sich auf den Weg den Campus zu erkunden.

Lore saß auf Rorys Bett und blickte sich im Zimmer um. Ein par Bücher waren aus dem Regal verschwunden, aber ansonsten sah alles aus wie vorher.
Luke lehnte am Türrahmen und beobachtete sie.
„Es ist so merkwürdig, dass Rory nicht mehr da ist. Ich vermisse sie jetzt schon und dabei ist sie erst einen Tag weg.“
„Was wirst du machen wenn sie erwachsen ist? Dann wird sie auch ausziehen.“
„Keine Ahnung. Du hast ja Recht. Trotzdem hasse ich das Gefühl, dass sie ganz weit weg ist.“
„Du siehst sie am Wochenende wieder.“
„Ich weiß.“ Lore seufzte laut auf.
„Lass uns was unternehmen. Das bringt dich auf andere Gedanken.“
„Und was schlägst du vor?“
„Kino und dann Kaffee bei mir?“
„Ich weiß was Besseres: Kaffee bei dir, dann Kino und dann noch mal Kaffee bei dir.“
„In Ordnung.“
„Ob es Rory dort gut geht?“ Wurde Lore nun wieder ernst.
„Wieso sollte es ihr nicht gut gehen?“
„Vielleicht fühlt sie sich ja einsam.“
„Sie hat doch Paris und die beiden anderen Mädchen.“
„Das macht mir ja gerade Angst.“ Bei dem Gedanken an Paris huschte wieder ein Lächeln über Lores Gesicht.
Nein, Einsam würde sich Rory auf keinen Fall fühlen.

Rory hatte gerade ihre erste Vorlesung hinter sich gebracht und brauchte nun dringend einen ordentlichen Becher Kaffee.
Dieses lebensnotwendige Bedürfnis musste erst einmal gestillt werden, ehe sie den riesigen Stapel Bücher, der sich in ihren Händen stapelte, in ihr Zimmer bringen konnte.
Nach der Vorlesung war sie noch in der Bibliothek gewesen und ort hatte sie sich wie immer nicht für ein Buch entscheiden können.
Alle Bücher nun in ihr Zimmer zu balancieren war jedoch nicht so einfach. Erst recht nicht nachdem sie sich einen Kaffee gekauft hatte und diesen jetzt auch noch tragen musste, ohne etwas zu verschütten.
Sie war gerade an ihrem Wohnheim angekommen, als ihr bewusst wurde, dass sie die Tür nicht öffnen konnte. In eine Hand den Kaffee, in der anderen die Bücher, stand sie nun vor verschlossenen Toren und wartete darauf, dass endlich jemand die Türe öffnete.
Ihre Gebete wurden erhört, als 10 Sekunden später ein Mädchen die Tür öffnete und ihren Freund hinter sich her zog. Schnell lief sie durch die Tür, ehe diese wieder zuschlagen konnte.
Nur hatte sie in ihrer Eile übersehen, dass sie nicht die einzige war, die durch die Tür wollte.
Mit voller Wucht prallte sie gegen einen großen Typen, sodass ihre Bücher zu Boden fielen und sich der Kaffee über den Boden ausbreitete.
Oh Mann ist das peinlich, dachte sich Rory. Sie traute sich kaum den Kopf zu heben, damit derjenige, mit dem sie zusammengestoßen war, nicht ihren hochroten Kopf sah.
Seine Umrisse spiegelten sich in der Kaffeepfütze, weshalb sie erkennen, konnte dass er sich soeben gebückt hatte, um ihr wieder aufzuhelfen.
Jetzt kam sie nicht mehr drum herum aufzublicken. Vorsichtig hob sie den Kopf.
Was oder besser gesagt wen sie da sah, verschlug ihr den Atem – Robby.
Vor Schreck verschlug es ihr die Sprache. Was sollte sie denn jetzt machen?
Und wieso war er überhaupt hier?
„Rory!“
Noch immer brachte sie keinen Ton heraus.
„Du studierst auch hier? Wow.“
„Ja, wow …“
„Warte, ich helf dir mit deinen Büchern.“ Schnell sammelte er sie auf, ehe der Kaffee sie erreichen konnte.
Nachdem beide aufgestanden waren, standen sie sich unschlüssig gegenüber.
„Wie geht es dir?“
„Gut.“ Das war mehr als gelogen, doch sie wollte ihm nicht auf die Nase binden, wie sehr ihre Gefühle sie verwirrten.
„Schön.“
„Und wie geht es dir?“
„Ich habe dich vermisst.“
Rorys Gesichtszüge erstarrten. Das war das letzte was sie jetzt brauchen konnte.
Sie wollte doch von vorn beginnen und alle Typen hinter sich lassen und jetzt passierte so
was.
„Ich muss zum nächsten Kurs.“ War das einzige was ihr über die Lippen kam und dann war sie auch schon wieder um die nächste Ecke verschwunden.
Was sollte sie jetzt machen? Die Bücher konnte sie jetzt schlecht in ihr Zimmer bringen, denn sie wusste nicht, ob Robby noch dort war.
Aber mit diesem Stapel zum nächsten Kurs gehen? Nein, das ging auch nicht.
Hektisch warf sie einen Blick auf ihre Uhr, der ihr verriet, dass sie noch 48 Minuten bis zur nächsten Vorlesung hatte.
Unschlüssig ging sie auf den anderen Ausgang des Wohnheims zu und ließ sich im dahinter liegenden Park auf eine Bank gleiten, den Kopf voller verstörter Gedanken.

„Dieser Film war ja so grausam schlecht.“ Lore hielt sich den Bauch vor Lachen, als sie aus dem Auto stiegen und langsam Richtung Diner liefen.
„Stimmt, er war wirklich … mir fehlen die Worte. So was Schlechtes hab ich noch nie gesehen.“
„Jetzt brauch ich dringend einen Kaffee.“
„Du solltest öfter Tee trinken.“
„Du lebst viel zu gesund. Planst du ewig zu leben? Das ist doch langweilig immer nur Grünzeug zu essen. So ganz ohne Hamburger, Pizza, Takkos, Frühlingsrollen und all die anderen ungesunden, aber furchtbar leckeren Sachen.“
„Ronald McDonald würde sich im Grabe umdrehen, wenn er dich hören könnte.“
„Ronald McDonald lebt noch.“
„Aber wenn er tot wäre, würde er das bestimmt tun.“
Luke schüttelte nur den Kopf und öffnete die Tür des Diners.
„Cesar, ich bin wieder da. Sie können Feierabend machen.“
„In Ordnung. Tschau.“
Lore setzte sich auf einen Barhocker und Luke zog seine Jacke aus.
Das Diner war fast leer. Ein Pärchen saß noch an einem der hinteren Tische und Patty und Babette saßen an einem anderen und tratschten fröhlich über alles, was in Stars Hollow heute passiert war.
„Was willst du essen?“ Fragte Luke über die Schulter während er neuen Kaffee aufsetzte.
„Ich nehm mir ein Stück Kirschkuchen.“ Sie hatte schon den Deckel angehoben, als Luke sie plötzlich unterbrach.
„Was soll das? Du kannst dir doch nicht einfach Kuchen nehmen.“
„Wieso denn nicht?“ Fragte Lore unschuldig.
„Du weißt genau, dass nur ich den Kuchen anfassen darf. Was sollen denn die Leute denken, wenn du dich hier einfach bedienst?“
„Das ich Hunger habe?“ Sie guckte ihn frech an. „Außerdem, wer soll das den gesehen haben? Die zwei da drüben sind viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt und Patty und Babette merken das sowieso nicht, wenn sie einmal im Tratschrausch sind.“
„Es geht hier ums Prinzip.“
„Dann dürftest du den Kuchen aber auch nicht anfassen.“
„Ich muss ihn doch verkaufen.“
„Du darfst ihn aber nicht anfassen.“
„Wie soll ich ihn dann den Kunden den Kuchen geben?“
„Versuch es doch mal mit Schweben lassen.“
„Nimm dir einfach den Kuchen nicht selbst.“
„Dann darfst du ihn aber auch nicht nehmen.“
„Ich muss ihn aber verkaufen.“
„Aber du darfst ihn nicht anfassen.“
„Ich darf das. Du jedoch nicht. Es ist mein Diner, mein Kuchen und meine Kunden. Also darf ich das.“ Langsam wurde es ihm zuviel. Wie konnte diese Frau nur so verwirrend schnell reden?
„Aber nicht mit den Händen.“
„Natürlich mit den Händen.“
„Dann darf ich das aber auch.“
„Nein, denn du bist nicht der Besitzer.“
„Aber wenn ich den Kuchen kaufe, bin ich der Besitzer.“
„Dann darfst du ihn anfassen.“
„Aber wenn du ihn mir verkaufst darfst du ihn nicht anfassen. Denn ich bin eine Kundin und es könnte mich stören, wenn du den Kuchen anfasst.“ Wie konnte ein Mensch nur so schnell reden?
„Dann musst du ihn dir eben selber nehmen.“
„Dann breche ich aber deine Regel.“
„Welche Regel, verdammt noch mal?“
„Die Regel, dass ich mir den Kuchen nicht selbst nehmen darf.“
„In dem Fall darfst du das.“
„Aber ich bin nicht der Besitzer des Diners und du hast gesagt, das dürfte nur der Besitzer.“
„Lass dir den Kuchen einfach von mir geben, in Ordnung?“
„Ich möchte aber nicht, dass du meinen Kuchen anfasst.“
„Dann nimm ihn dir eben selbst.“
„Aber das würden doch dann die anderen Kunden sehen.“
„Häh?“ Langsam blickte er nicht mehr durch. Diese Unterhaltung war ihm eindeutig zu schnell und zu bizarr.
„Ich habe Hunger.“ Sagte Lore daraufhin nur kurz und griff sich ein Stück Kuchen.
Luke wollte schon etwas sagen, überlegte es sich dann jedoch anders, denn es würde sowieso nur wieder auf eine lange Unterhaltung hinauslaufen, die er nicht verstand.

Als sie zu Hause ankamen, griff sich Lorelai zuerst das Telefon um Rory anzurufen.
Sie wollte unbedingt wissen, wie der erste Tag ihrer Tochter in Yale war und diese endlich drauf ansprechen, wieso sie sich in den letzten Tagen seit sie aus New York wieder da war so komisch benommen hatte.
Doch nur die Mailbox sprang an.
„Hallo Schatz,. Hier ist deine Mum. Ich wollte nur mal hören wie es dir geht. Ruf mich doch bitte zurück, wenn du wieder da bist. Warte solange sehnsüchtig neben dem Telefon und mache kein Auge zu.“
Sie wollte gerade auflegen, als sie am Ende der Leitung Rorys Stimmer hörte.
„Mum?“
„Hey, kleine, wie geht’s dir?“
„Gut. Und dir?“ Sehr überzeugend klang das nicht.
„Rory, was ist los mit dir?“
„Nichts, mir geht es gut.“
„Dir geht es nicht gut. Seit du aus New York zurück bist, verhältst du dich so merkwürdig. Was ist passiert? Hast du dich mit Jess gestritten?“
„Ja.“ Es tat gut, dass es endlich raus war. Jetzt konnte sie kaum noch verstehn, wieso sie es ihrer Mutter nicht gleich erzählt hatte. Es war, als würde ein Knoten reißen und alles strömte plötzlich über ihre Lippen, alles was in den letzten Wochen passiert war. Die Reise, ihr erstes Mal, der Streit mit Jess, Robby, ihre Flucht und die Begegnung mit Robby im Wohnheim.
Als sie fertig berichtet hatte, herrschte Stille in der Leitung.
Lorelai musste das soeben gehörte erst einmal verdauen.
„Mum? Bist du noch dran?“
„Ja, Schätzchen, ich bin noch da. Es ist nur, das ist so viel auf einmal. Ich bin einfach sprachlos. Das soviel in der kurzen Zeit passiert sein soll und ich war soweit weg von dir.“
„Es ist schon in Ordnung. Ich schaff das schon. Ich brauche nur abstand zu allen Typen.“
„Und wie willst du das schaffen, wenn dieser Robby auch in Yale ist?“
„Ich muss ihm einfach aus dem Weg gehen.“
Sie unterhielten sich noch eine Weile über Rorys ersten Tag in Yale und legten dann nach über einer Stunde hundemüde, aber froh miteinander geredet zu haben, auf.

Kapitel 29

Lorelai trat durch die Tür des Dragonfly. Die Bauarbeiten waren schon weit vorangeschritten.
Es war toll zu sehen, wie das Hotel immer mehr Form annahm. Je mehr Zeit verging, desto realer wurde alles. Sie konnte sich schon fast vorstellen, an der Rezeption zu stehen und auf die ersten Gäste zu warten.
Die letzten Tage hatten Sookie und sie damit zugebracht, alle möglichen Antiquitätengeschäfte nach Möbeln zu durchforsten.
Nur einräumen konnten sie sie noch nicht. Die Räume waren noch nicht fertig tapeziert und das Parkett musste noch verlegt werden.
Lore schritt auf Tom zu, den Leiter der Baufirma.
„Hey, wie geht es voran?“
„Wenn es weiter so gut vorangeht sind wir morgen oder übermorgen mit den Tapeten und dem Parkett fertig. Zumindest was die Eingangshalle und die ersten Zimmer angeht.“
„Und wie sieht es mit der Küche aus? Sie wissen doch, dass der Herd morgen geliefert wird.“
„Die Küche können wir noch nicht fliesen. Erst müssen alle Rohre fertig verlegt werden. Da müssen sie sich schon noch ein Weilchen gedulden.“
„Gut. Dann werden wir ihn wohl so lange in der Scheune lagern müssen.“
„Die Pferde werden sich freuen. Falls sie Hunger haben, können sie sich so ein schönes Schnitzel braten.“
„Pferde essen kein Schnitzel, Tom.“
„Merkwürdige Tiere.“ Damit wendete sich Tom wieder seiner Arbeit zu und Lorelai machte sich auf den Weg zu Sookie.
Als sie die Küche betrat, stand Sookie am Fenster und blickte nach draußen.
„Hey, was machst du da?“ Fragte Lore neugierig.
„Ist die Aussicht nicht traumhaft. Wenn ich koche, kann ich so immer nach draußen gucken und die Landschaft bewundern.“
„So lange du dabei das Essen nicht anbrennen lässt.“
„Bestimmt nicht. Das wäre nicht gut für meinen schönen Herd.“
„Apropos Herd, Sookie: Es wird noch eine Weile dauern, bis wir ihn hier aufstellen können. Die Fliesen müssen noch verlegt werden und Tom sagt, sie wollen erst das Parkett verlegen.“
„Aber der Herd kommt doch schon morgen!“ Sookie machte ein fassungsloses Gesicht.
„Ich weiß. Deswegen habe ich mir gedacht, wir könnten den Herd ja solange in die Scheuen stellen. Er ist ja noch verpackt, also kann ihm dort gar nichts passieren.“
„In die Scheune? Nein! Ich nehm ihn mit zu mir.“
„Was? Du kannst doch nicht den riesigen Herd mit zu dir nehmen!“
„Wieso denn nicht? Ich rufe dann gleich das Transportunternehmen an und lass die Lieferadresse ändern.“
„Und was wird Jackson dazu sagen, wenn du mit einem riesigen Herd nach Hause kommst?“
„Ich muss es doch auch verstehen, wenn er draußen bei seinen Zucchinis schläft, also muss er auch den Herd akzeptieren.“
„Ihr beide passt wirklich traumhaft zusammen.“
„Ich weiß.“ Bei dem Gedanken an Jackson huscht ein verträumtes Lächeln über ihr Gesicht.
„Wow, du bist ja noch richtig verliebt. Das ist süß.“
„Ich bin so glücklich und wenn das Baby dann erstmal da ist, sind wir eine richtige kleine Familie.“
„Ich freu mich so für euch. Was denkst du, wie lange es noch dauern wird?“
„Keine Ahnung. Der errechnete Termin ist in 4 Wochen. Ich bin schon richtig aufgeregt.“
„Ging mir bei Rory auch so.“
„Denkst du, dass ich eine gute Mutter sein werde?“
„Die beste.“
„Danke.“
„Ich muss noch mal nach den Tapeten sehen, damit jedes Zimmer auch mit der richtigen tapeziert wird.“
„In Ordnung, ich genieß noch ein bisschen die Aussicht.“
Lorelai schloss die Küchentür hinter sich und machte sich auf den Weg in die obere Etage.
Als sie um die Ecke bog, wäre sie fast mit jemandem zusammengestoßen.
Als sie den Kopf hob, blickte sie in Deans Gesicht.
„Hallo, Lorelai.“ Begrüßte Dean sie schüchtern.
„Hallo, Dean. Was machst du denn hier?“ Überrascht sah sie ihn an.
Seit mit Rory Schluss war, hatten sie kein Wort miteinander gewechselt und jetzt standen sie sich plötzlich schweigend gegenüber. Eine drückende Stille breitete sich zwischen ihnen aus.
„Hören sie, Lorelai“, begann Dean zögernd. „Tom hat mir den Job hier angeboten, aber wenn sie etwas dagegen haben, dann kündige ich sofort wieder. Ich meine wegen der Sache mit Rory und mir.“
„Ist schon in Ordnung Dean. Weißt du, es ist viel Zeit vergangen und ich habe dich immer gemocht. Du warst ein toller erster Freund für Rory und ich möchte dir nicht immer aus dem Weg gehen müssen. Frieden?“
„In Ordnung.“ Ein Lächeln machte sich auf Deans Gesicht breit und ihm war, als würde ihm ein Stein vom Herzen fallen. „Wie geht es Rory?“
„Gut. Sie studiert in Yale.“
„Ja, ich weiß. Bei dem Kleinstadttratsch bekommt man so was mit, auch wenn man nicht miteinander redet.“
„Da hast du Recht. Und wie geht es dir so?“
„Gut … sehr gut.“
„Das ist schön für dich.“
„Lorelai, ich muss da noch etwas mit ihnen besprechen.“
„Was denn?“
„Kommt Rory nächstes Wochenende nach Hause?“
„Ich denke schon. Wieso fragst du?“
„Ich werde nächstes Wochenende heiraten.“
Einen Moment lang wusste Lorelai nicht was sie sagen sollte, dann rang sie sich zu einem „Herzlichen Glückwunsch“ durch.
„Danke.“
„Und wer ist die glückliche?“
„Lindsay. Sie kennen sie vielleicht. Rory ging mal mit ihr in eine Klasse.“
„Ja, ich erinnere mich an sie. Sie war ein nettes Mädchen.“ In Wirklichkeit wusste Lorelai nicht mehr, wer diese Lindsay war, doch das würde sie herausfinden.
„Das ist sie heute noch.“
„Sicher.“
„Wissen sie, ich dachte nur, dass es vielleicht nicht so gut wäre, wenn Rory da ist.“
„Da hast du sicher Recht.“
„Dean!“ Ertönte in diesem Moment eine Stimme aus dem Nebenraum. „Ich bezahle dich nicht für’s Quatschen.“
„Entschuldigen sie, Tom. Ich verspreche ihnen ihn nie wieder abzulenken. Tschüss, Dean.“
„Tschau, Lorelai. Schön mal wider mit ihnen geredet zu haben.“
„Das finde ich auch.“

Die letzten Tage hatte sie damit zugebracht, immer auf der Hut zu sein aus Angst, ihm noch einmal zu begegnen.
Wieso musste er ausgerechnet in Yale studieren? Gab es denn nicht genug gute Universitäten in ganz Amerika? Und wieso studierte er nicht an der New York University?
Das wäre doch weitaus logischer.
Sie hatte doch die ganze Zeit Abstand nehmen wollen und ihre Probleme vergessen wollen und jetzt passierte das.
Sie fühlte sich von ihren Gefühlen verfolgt, in ihren Träumen und auch am Tage.
Und das alles nur wegen einem Kuss, einem Kuss, der so unbeschreiblich war.
Wie konnte ihr dieser Kuss so viel bedeuten, wenn sie doch gleichzeitig Jess liebte?
Wieso konnte sie sich denn nicht entscheiden?
Dabei kannte sie Robby kaum und trotzdem zog er sie in seinen Bann.
Und Jess, Jess müsste sie eigentlich sehr gut kennen, doch er schaffte es immer wieder, dass sie sich fragte wieso er so handelte.
Wieso mussten Gefühle nur so kompliziert sein?
Ich kann doch nicht den Rest meines Studiums damit zubringen, vor diesem Typen wegzulaufen, dachte sich Rory.
Nur eine Lösung für ihre Probleme fand sie nicht.
„Rory? Bist du schon wieder am Grübeln?“ Paris rauschte ins Zimmer. „Also es macht wirklich keinen Spaß sich mit dir ei Zimmer zu teilen. Ständig bist du in Gedanken und immer machst du so ein trauriges Gesicht. Es wird Zeit, dass du mal wieder unter Leute kommst und dich nicht mehr hier einschließt.“ Paris stellte sich energisch vor Rory auf.
„Paris, lass mich alleine.“ Rory drehte sich auf ihrem Bett, um Paris nicht mehr ansehen zu müssen.
„Du denkst doch nicht, dass ich zulasse, dass du hier total versauerst. Jamie besucht mich heute und wir wollen heute Abend in ein Restaurant gehen. Sein Cousin studiert hier und er will ihn auch treffen, also kommt er mit. Ich will aber niemanden als fünftes Rad am Wagen hinter mir und Jamie herschleifen also brauchen wir noch eine Begleitung für ihn. Das wirst du sein.“
„Ich will aber mit niemandem ausgehen. Erst recht nicht mit jemandem, den ich kaum kenne. Schlag dir das aus dem Kopf, Paris.“ Wütend drehte sie sich nun doch zu ihr um.
„Ich habe aber schon zugesagt. Du kannst mich natürlich auch im Stich lassen, aber denk daran, dass ich dir in den letzten Tagen immer meine Notizen gegeben habe, wenn du wieder mal vor lauter Depressionen nicht zur Vorlesung gehen wolltest.“
Rory seufzte verzweifelt. Paris hatte genau Rorys empfindlichen Nerv getroffen. Sie konnte einfach niemanden im Stich lassen. Notgedrungen ließ sie sich breitschlagen und stimmte zu.
„Sehr schön. Heute Abend 7 Uhr werden wir abgeholt. Und mach dich ordentlich frisch. Du hast Augenringe und siehst schrecklich mitgenommen aus.
„Danken, für das Kompliment.“
„Bitteschön.“ Und damit rauschte sie auch schon wieder aus dem Zimmer.
Paris hat Recht, dachte sich Rory, ich sehe wirklich schrecklich aus. Wenigstens aufstehen könnte ich erstmal und die Vorlesung kann ich auch nicht schon wieder sausen lassen, nur um der Möglichkeit zu entgehen, dass ich ihn auf dem Gang treffe.
Vielleicht war dieser Cousin von Jamie gar nicht übel und ein bisschen Ablenkung konnte ihr wirklich nur gut tun.
Langsam stand sie auf und schleppte sich in das kleine Bad.

„Hast du das von Dean und dieser Lindsay gehört?“ Fragte Lore ihren Luke, als sie am nächsten Morgen bei ihm im Diner saß.
„Ja, sie heiraten doch nächstes Wochenende.“
„Schön, dass du es mir erzählt hast. Ich wusste nicht, dass du es nicht weißt. Es ist doch schon lange Stadtgespräch.“
„Wahrscheinlich hatte ich einfach nur zu viel mit dem Hotel zu tun.“
„Bestimmt. Hast du es Rory schon erzählt?“
„Nein, ich weiß auch nicht wie ich es anstellen soll. Ihr geht es in letzter Zeit schon schlecht genug.“
„Sag es ihr am besten vor dem Wochenende. Es ist besser, wenn sie in Yale bleibt.“
„Das hat Dean auch gesagt.“
„Du verstehst dich also wieder mit ihm?“
„Ja, es hat keinen Sinn, ihm ewig aus dem Weg zu gehen. Es hat mit ihm und Rory eben einfach nicht mehr geklappt.“
„Wo hast du ihn getroffen?“
„Er arbeitet jetzt für Tom, unseren Bauleiter und ich bin im Hotel fast mit ihm zusammengestoßen.“
„Wie weit seid ihr denn mit dem Hotel?“
„Heute wird Sookies Herd geliefert. Allerdings zu ihr nach Hause, denn die Rohre müssen noch gelegt und die Küche gefliest werden.“
„Sie will den Herd mit zu sich nach Hause nehmen?“
„du weißt doch, wenn es um Küchen geht, ist Sookie sehr eigen.“
„Und sonst?“
„Heute wird der Rest des Hotels fertig tapeziert und das Parkett fertig gelegt. Dann können schon die ersten Möbel geliefert werden und wir können anfangen einzurichten.“
„Habt ihr euch schon Gedanken darum gemacht, wann ihr es eröffnen wollt?“
„Wir dachten das übernächste Wochenende wäre ein guter Termin. Wenn alles nach Plan läuft, schaffen wir es bis dahin und dann wollen wir ganz Stars Hollow zum Test einladen.“
„zu einem Test?“
„Ja, wir müssen doch einen Probelauf machen, um zu sehen ob alles in den Zimmern in Ordnung ist. Damit wen dann die richtigen Gäste kommen alles in Ordnung ist und nichts schief geht. Wir könnten an dem Abend Mängelzettel austeilen und jeder, der noch etwas auszusetzen hat, kann es so aufschreiben und wir können unserem Hotel den letzten Schliff verleihen.“
„Eigentlich keine schlechte Idee.“
„Wir haben nie schlechte Ideen. Doch, damals die Idee, zu Rorys achtem Geburtstag in ganz Stars Hollow verstecken zu spielen. Wir haben Ewigkeiten gebraucht, ehe wir dich bei Westens im Büro mit einer heißen Tasse Kaffee gefunden hatten.“
„Das war doch lustig.“
„Verstecken sollten sowieso nur Kinder spielen.“
„Böser Onkel Luke, will mir das spielen verbieten.“ Erwiderte Lore darauf mit Babystimme.
„Das und den Kaffee.“
„Das wirst du sowieso nie schaffen.“
„Ich befürchte es auch.“
Kapitel 30

„Bist du immer noch nicht fertig?“
„Einen Moment noch.“
„Man, erst kommst du tagelang nicht aus dem Bett und siehst fast aus wie Ozzy Osbourne und jetzt machst du so ein Theater.“
„Ich mache kein Theater.“ Rief Rory aus dem Bad.
„Und wieso musstest du dich ganze dreimal umziehen?“
„Weil das Wetter plötzlich umgeschlagen hat und deswegen konnte ich schlecht dieses Kurze Kleid anziehen.“
„Und wieso hast du dir dann wieder ein anderes Oberteil angezogen?“
„Ich hatte mir Kaffee draufgekleckert.“ Eigentlich stimmte das nicht, doch Rory wollte vor Paris nicht zugeben, dass sie sich wirklich Gedanken um dieses Date machte.
Sie plante sich heute zu amüsieren und das mit allen Mitteln. Rumgelegen hatte sie wirklich lange genug. Es wurde Zeit, dass sie wieder unter Menschen kam und sich ablenkte.
Sonst würde sie die traurigen Gedanken nie aus ihrem Kopf vertreiben können. Schnell trug sie noch etwas Gloss auf, schnappte sich ihre Jacke und ging mit Paris nach draußen.
„Wollten uns Jamie und sein Cousin nicht abholen?“
„Er steht schon vor der Tür.“
Als sie aus dem Wohnheim traten, stand Jamie schon dort. Paris drückte ihrem Freund einen kurzen Begrüßungskuss auf die Lippen.
„Hey, Jamie.“
„Hallo, Rory.“
„Wo ist dein Cousin?“ Fragte Paris.
„Er hatte noch etwas zu erledigen und kommt deshalb direkt zum Restaurant.“
„Ich dachte schon, er hätte keine Zeit und wir müssten Rory jetzt trotzdem mitnehmen.“
Rory verdrehte über Paris’ manchmal etwas ruppige Art nur die Augen.
Sie kannte sie gut genug um zu wissen, dass sie das nicht so meinte wie es klang.
„Wo geht’s denn überhaupt hin?“ Fragte Rory neugierig.
„Ins Memory. Das ist eine neue Pizzeria. Ich habe sie bei meinem letzten Besuch entdeckt und dort schmeckt es einfach lecker.“
„Mmmh, Pizza.“ Rory freute sich schon auf eine ihrer Leibspeisen.
Die Pizzeria war wirklich gemütlich. Als sie dort ankamen, wurden sie sofort von einer eifrigen jungen Bedienung zu ihrem vorreservierten Tisch gebracht.
Nachdem diese ihnen die Karte gebracht hatte, fragte sie mit einem perfekt geübten Lächeln: „Was darf ich ihnen bringen?“ Dabei hatte sie die Arme hinter dem Rücken verschränkt und sah aus, als würde es sie eine unheimliche Mühe kosten, diese einfache Frage zu stellen, als wäre es eine der höchsten Künste, ein par Gäste in einem Lokal zu bedienen.
„Nein, noch nicht, danke. Wir warten noch auf jemanden.“
„Wo bleibt er denn?“ Fragte Paris ungeduldig nachdem sich die Kellnerin wieder mit schwingenden Hüften zur Bar bewegt hatte.
„Keine Ahnung. Er hat gesagt, er würde Punkt halb acht hier sein. Keine Ahnung, wo er so lange bleibt.“
„Oh, Mann hab ich einen Hunger. Die haben hier so eine große Auswahl, dass ich am liebsten die ganze Karte rauf und runter bestellen würde.“
„Du und deine Mum, ihr macht das doch ständig. Ja, aber bei Johns Pizza gibt es lange keine so große Auswahl wie hier.“
„Ah, da ist er ja.“ Jamie hatte sich umgedreht und winkte seinem Cousin zu.
Langsam hob Rory ihren Kopf von der Speisekarte.
Ihr fiel die Kinnlade runter und alles um sie herum verschwand.
Das konnte doch nicht wahr sein. Wieso war Robby Jamies Cousin?
Langsam kam er auf den Tisch zu, seinen blick immerzu auf Rory gerichtet.
„Rory, darf ich vorstellen? Das ist mein Cousin Robby. Rob, das ist Rory.“
„Wir kennen uns schon.“ Erwiderte Robby. Auch ihm fiel es sichtlich schwer, in die Realität zurückzukehren. Sein Blick haftete immerzu auf Rory und er konnte ihn einfach nicht von ihr wenden.
Jamies Worte drangen nur schwach zu ihm durch.
„Oh, wirklich? Woher denn?“ Fragte nun auch Paris neugierig.
Rory hatte es die Sprache verschlagen. Wieso musste das ausgerechnet ihr passieren? Wollte sie ihn nicht eigentlich vergessen? Hatte sie sich mit diesem Essen nicht ablenken wollen.
Das darf doch nicht wahr sein, war Rorys einziger Gedanke.
Das muss Schicksal sein, war jedoch Robbys Gedanke.
„Hallooo?“ Langsam wurde Paris ungeduldig, da niemand ihre Frage beantwortete.
Energisch stieß sie Rory ihren Ellbogen in die Seite, um diese wieder in die Wirklichkeit zurückzuholen.
„Was?“ Erschrocken wendete Rory ihren Blick von Robby und sah Paris an.
„Woher kennt ihr euch?“ Wiederholte diese nochmals ihre Frage.
„Wir haben uns in New York kennen gelernt.“ Sie blickte hastig auf ihren Schoß. Nur nicht aufblicken, ihm nur nicht noch mal in seine unglaublich grünen Augen blicken
Wieso hatte sie nur das Gefühl, in ihnen zu versinken und nicht mehr von ihnen loszukommen?
Es waren doch auch bloß Augen!
„Rory?“ Schon wieder war sie in Gedanken versunken. „Entschuldigt uns einen Moment.“ Paris stand auf und zog Rory mit sich Richtung Damentoilette.
„Was ist denn los mit dir?“ Begann Paris auch gleich mit ihrem Verhör, nachdem sie die Tür aufgestoßen hatte.
Rory drehte ihren Kopf zur Seite. Sie wollte nicht darüber reden. Wie sollte sie die Tränen zurückhalten, wenn sie seinen Namen auch noch über die Lippen brachte. Es war schon schlimm genug an ihn zu denken.
„Ist er der Grund wieso du in letzter Zeit nur noch Rotz und Wasser heulst, wenn du denkst ich würde schlafen. Hat er damit zu tun oder wieso verhältst du dich wie eine Vollidiotin?“
„Nicht nur.“
„Oh mein Gott, wie viele Probleme hast du denn auf einmal? Warst du nicht mit diesem Jess in New York?“
„Ja.“ Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern.
„Du kannst dich nicht entscheiden!“ In ihren Augen hatte Paris den Fall gelöst. Ihren Stolz verbarg sie jedoch in Anbetracht der Tatsache, dass Rory wie ein Häuflein Elend vor ihr stand.
„Nein, ich muss mich überhaupt nicht entscheiden. Ich will die beiden nur einfach vergessen.“
„Dann bist du aber alleine.“
„Besser alleine und glücklich, als mich noch weiterhin mit meinen total verqueren Gefühlen auseinandersetzen zu müssen. Das halt ich nicht mehr aus. Ich geh noch kaputt daran. Ich weiß noch nicht einmal was ich fühle. Ich liebe Jess, aber er schafft es immer wieder mich zu enttäuschen und Robby … Robby ist eben Robby. Er geht mir nicht mehr aus dem Kopf und ich weiß einfach nicht mehr was ich machen soll. Das ist alles so schrecklich kompliziert.“
„Aber Jess ist doch noch in New York, oder?“
“Ja, ich denke schon.“
„Dann steht dir und Robby doch nichts im Weg.“
„So einfach, wie du dir das denkst ist das nicht. Es ist nicht immer alles schwarz und weiß oder richtig und falsch. Was aber auf jeden Fall falsch wäre, ist etwas mit Robby anzufangen, wenn ich noch Gefühle für Jess habe. Das wäre unfair.“
„Hey, komm her.“ Paris nahm die leise schluchzende Rory ungelenk in ihre Arme. Darin war sie noch nie gut gewesen.
Sie hatte dies mal mit ihrem Therapeuten beredet und dieser hatte gesagt, dass Paris im Babyalter die nötige mütterliche Wärme gefehlt hatte, sodass sich ihr Bewusstsein für solche emotionale Gesten nicht so gut entwickelt hatte. Dies glich sie dafür immer mit sachlicher Kühle aus.
Trotzdem gab sie sich Mühe, Rory zu trösten. Sie waren nicht immer die besten Freundinnen gewesen, zeitweilig hatten sie sich sogar gehasst und oft gingen sie sich auch gegenseitig auf die Nerven, doch wenn es darauf ankam, waren sie füreinander da.
„Pass auf, du solltest dich erstmal wieder beruhigen und dich wieder frisch machen. Dein ganzes Make up ist verlaufen. Jetzt ist echt nicht der beste Moment für einen Nervenzusammenbruch. Da draußen sitzen Jamie und Robby und hattest du nicht riesigen Hunger.“
„Du hast Recht.“ Ein schüchternes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Wie peinlich hier ausgerechnet vor Paris in Tränen auszubrechen.
Diese schritt zum Fenster und öffnete es. „Die frische Luft wird dir gut tun. So wirst du wieder klar im Kopf.“
„Danke.“
Rory benetzte ihr Gesicht mit Wasser und zog danach ihr Make up nach.
Sie musste sich zusammennehmen um den Abend zu überstehen, doch sie schaffte es tatsächlich.
Robby blickte sie zwar kein einziges Mal in die Augen, doch solange sie so tat, als wäre Robby nicht anwesend, konnte sie sich sogar einigermaßen normal mit den anderen beiden unterhalten.

„Das Essen war wirklich fantastisch.“ Jamie trat aus dem Lokal gefolgt von Paris, dann Rory und dann Robby.
Letzterer war enttäuscht, dass Rory ihn den ganzen Abend über ignoriert hatte, nachdem sie mit Paris auf Toilette verschwunden war.
Doch so schnell würde er nicht aufgeben. Er hatte sich diese Mädchen in den Kopf gesetzt und von dort würde sie so schnell nicht mehr verschwinden.
Die Fahrt verlief ziemlich ruhig, denn alle hingen ihren eigenen Gedanken nach.
Nachdem sie vor dem großen Tor von Yale gehalten hatten und ausgestiegen waren, legte Jamie seinen Arm um Paris Hüfte und zog sie fast besitzergreifend an sich: „Habt ihr was dagegen, wenn ich Paris jetzt entführe?“
Rory wollte schon protestieren, doch Paris antwortete schon für sie ehe sie auch nur den Mund aufmachen konnte: „Jetzt sind es ja nur noch ein par Meter bis zum Wohnheim. Die wird Rory wohl alleine schaffen, oder?“
Was blieb ihr jetzt noch anderes übrig als sich geschlagen zu geben.
Paris und Jamie wollten alleine sein. Das verstand Rory auch, denn sie hatten sich lange nicht gesehen und Jamie würde blad wieder fahren.
Trotzdem war ihr bei dem Gedanken gleich alleine mit Robby zu sein unwohl.
„Sehen wir uns noch mal, bevor ich fahre?“ Wandte sich Jamie jetzt Robby zu.
„Klar, komm einfach morgen noch mal bei mir vorbei.“
„In Ordnung, bis morgen dann. Tschüss Rory.“
„Tschau Jamie, tschau Paris.“
Und damit gingen die beiden Arm in Arm Richtung Hotel.
Jetzt musste sich Rory beeilen. Sie würde unweigerlich mit Robby reden müssen, wenn sie nicht schnell verschwand.
Sie hatte den Gedanken noch nicht einmal zu Ende gedacht, da lief sie schon eilig durch das Tor.
Robby konnte gar nicht so schnell gucken, wie Rory verschwunden war.
„Rory! Wo willst du hin? Bitte warte!“
„Sie versuchte seine Stimme zu ignorieren und schneller zu laufen, doch er holte sie ein und stellte sich vor sie, sodass sie nicht an ihm vorbeikam.
„Lass mich bitte durch.“
„Nicht bevor du mir nicht sagst, was ich dir getan habe.“
Noch einmal versuchte sie an ihm vorbeizukommen um einer Erklärung zu entkommen. Wie sollte sie ihm auch erklären was in ihr vorging.
Doch er war wieder schneller.
„Du hast mir nichts getan.“ Versuchte sie dann doch zu erklären.
„Und wieso gehst du mir dann schon die ganze Zeit aus dem Weg? Du hast heute kein einziges Wort mit mir gesprochen.“
„Ich wollte hier neu anfangen und meine Vergangenheit hinter mir lassen und jetzt bist du da. Ich will einfach nicht mehr an das Vergangene denken, aber wenn ich dich sehe, muss ich das automatisch.“
„Es ist wegen Jess, oder?“
„Ja.“
„Aber du bist doch nicht mehr mit ihm zusammen? Du hast keinen Freund und ich glaube du magst mich. Sonst hättest du mich wohl kaum in New York geküsst.“ Er blickte ihr dabei unablässig in die Augen, um jede ihrer Reaktionen zu verfolgen.
Hatte ihr der Kuss überhaupt nichts bedeutet, fragte er sich.
„Ja, ich mag dich. Aber ich denke, ich liebe Jess immer noch.“
„Er ist weit weg und vielleicht wirst du ihn nie wieder sehen. Du weißt doch von der Sache mit Kathy, oder?“
„Ja.“
„Dann denk wenigstens mal darüber nach. Ich will dich zu nichts drängen, aber ich werde auch nicht einfach so aufgeben.“
„Robby, ich …“
„Was hältst du davon, wenn wir uns mal treffen? Morgen Abend in dem kleinen Kaffee um die Ecke.“
„Nein, ich denke das wäre keine so gute Idee.“
„Pass auf, ich warte dort bis um acht. Wenn du bis dahin nicht erschienen bist, gehe ich. Überleg es dir noch mal.“
Damit drehte er sich um und ging in Richtung seines Wohnheims.
Rory stand noch ein par Sekunden still und blickte ihm hinterher.
Wieso konnte er sie nicht einfach kalt lassen?
Die kalte Nachtluft tat ihr gut. Als würde der Wind alle bösen Gedanken wegblasen.
Jetzt erst wurde ihr bewusst, wie furchtbar müde sie war.
Langsam machte auch sie sich auf den Weg in ihr Wohnheim.
Kapitel 31

Luke und Lorelai lagen friedlich schlafend in ihrem Bett, als plötzlich das Telefon klingelte.
„Rrrmmmhmmmh.“ Brummte Luke nur, zog die Decke über den Kopf und schlief weiter.
„Ich bin nicht da.“ Nuschelte Lore und versuchte das nervtötende Klingeln neben ihrem Kopf zu ignorieren.
„Es ist mitten in der Nacht, was hab ich euch nur getan.“ Sie tastete nach dem Hörer und warf dabei fast das Telefon runter.
Als sie es endlich schaffte ans Telefon zu gehen, schrie ihr die aufgeregte Stimme Jacksons ins Ohr: „Lorelai, du musst unbedingt kommen. Sookie bekommt jetzt ihr Baby und sie will doch das du dabei bist.“
Mit einem Schlag war Lore hellwach.
„Ist gut Jackson. Ich bin sofort bei euch. Sag Sookie, sie soll noch warten.“
Hektisch knallte sie den Hörer auf die Gabel und rüttelte Luke wach.
„Ich muss los. Sookie bekommt ihr Baby.“ Erklärte sie ihm, nachdem er die Augen geöffnet hatte.
„Viel Glück.“ Seine Stimme war durch die Decke stark gedämpft.
„Hoffentlich zeigst du bei unseren Kindern mehr Enthusiasmus.“
„Unsere Kinder?“ Langsam richtete er sich im Bett auf.
„Ich muss los. Bis später.“ Damit ließ sie den verwunderten Luke zurück.

Aufgeregt stürmte Lorelai durch Sookies Türe.
Sie hatte vergessen etwas Ordentliches anzuziehen und stand im Pyjama vor dem aufgeregten Jackson, doch das hatte sie noch gar nicht bemerkt.
„Wie geht es ihr?“
„Du solltest lieber fragen wie es meiner Hand geht.“
„Sei nicht so zimperlich. Stell dir vor du müsstest ne Melone kacken. Würde dir das gefallen?“
„So hab ich das noch gar nicht gesehen.“
„Solltest du aber bevor du das nächste mal über deine Hand jammerst.“
Damit ließ sie Jackson stehen und ging ins Schlafzimmer um nach ihrer Freundin zu sehen.
Das erste was sie sah, war der Herd. Er nahm fast ein Viertel des Raumes ein und wirkte hier deutlich fehl am Platz.
Doch der Herd war jetzt erstmal Nebensache.
„Hey Süße, wie geht es dir?“
„Ich will, dass es endlich aufhört.“
„Ganz ruhig. Du schaffst das.“
„Was denken sie, wie lange es noch dauern wird?“ Wandte sich Lorelai an die Hebamme.
„Wenn es weiter so gut läuft wird sie gleich glückliche Mutter sein. Und jetzt pressen sie noch mal kräftig.“
„Ich kann aber nicht mehr.“ Zischte Sookie vor Anstrengung zwischen den Zähnen hervor.
„Sookie, du hast es gleich geschafft.“ Lore drückte ihrer besten Freundin die eine Hand und Jackson hielt die andere Hand seiner Frau.
„Ich kann schon das Köpfchen sehen.“ Rief die Hebamme.
„Nur noch ein ganz klein wenig pressen, dann haben sie es geschafft. Und da ist er auch schon, der kleine Prachtkerl.“
„Es ist ein Junge.“ Rief Jackson freudestrahlend.
„Ja, es ist ein kleiner Davie.“ Sagte Sookie erschöpft doch überglücklich.

„Wieso guckst du heute schon den ganzen Tag so nervös auf die Uhr?“ Fragte Paris und beobachtete Rory neugierig.
„Uhren sind Geräte zur Messung oder Anzeige der Zeit. Sie benötigen eine Energiequelle, einen Übertragungs- und einen Steuermechanismus und Zeiger bzw. eine Anzeigevorrichtung zum Ablesen der Zeiteinheiten.“
„Schon gut, Kleines, du warst nicht gemeint.“ Langsam hatte sich Paris an die Marotten von Tanna gewöhnt, auch wenn es ihr immer noch schwer fiel, nicht jedes Mal in die Luft zu gehen, wenn dieses wieder mal so schreckhaft war.
„Es ist nichts.“ Antwortete Rory.
Sie hatten die Vorlesungen hinter sich gebracht und saßen jetzt gemeinsam vor dem Fernseher und schauten den Bildungskanal.
„Es hat wieder mit Robby zu tun, oder?“
„Er hat mich auf einen Kaffee eingeladen.“
„Und wann?“
„Er dürfte schon fast wieder weg sein.“
„Du lässt ihn einfach so sitzen?“
„So war es abgemacht. Wenn ich bis acht nicht aufgetaucht bin, geht er wieder und jetzt ist es fünf vor acht.“
„Na dann beeil dich. Dann schaffst du es vielleicht noch.“
„Ich will es aber gar nicht schaffen.“
„Natürlich willst du dich mit ihm treffen. Du weißt es nur noch nicht und jetzt beeil dich, sonst verpasst du ihn.“
Hatte Paris vielleicht Recht? Sollte sie sich vielleicht wirklich mit ihm treffen?
Ohne noch eine weitere Sekunde zu verschwenden stand sie auf, schnappte sich ihre Tasche und rannte zum Café.

Als das Café in Sicht kam, bremste sie ihr Tempo. Sie wollte nicht, dass er sah, wie sie zu ihm rannte.
Rory holte noch einmal tief Luft und betrat dann unsicheren Schrittes das kleine Café und sah sich vorsichtig um.
An einem kleinen Fenstertisch saß Robby und blickte sie mit seinem traumhaften Lächeln an.
„Ich dachte schon du kommst nicht mehr.“ Er stand auf und rückte ihr den Stuhl zurecht, sodass sie sich setzen konnte.
„Ich hatte noch viel zu tun und eigentlich wollte ich gar nicht kommen.“
„Aber du bist gekommen.“ Er grinste sie schelmisch an.
„Wieso, weiß ich immer noch nicht.“
„Vielleicht, weil du dich nach mir gesehnt hast und mich nicht mehr vergessen kannst.“ Sie wurde augenblicklich rot. Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen, aber sie wollte ihm nicht die Genugtuung geben, Recht zu haben also log sie: „Ach quatsch. Es wäre nur unhöflich gewesen, dich hier sitzen zu lassen.“
„Ich verstehe.“ Aus seinem Ton konnte sie heraushören, dass er ihr kein Wort glaubte.
Schnell blickte sie auf ihre Hände, damit er nicht sehen konnte, dass ihr Gesicht bereits die Farbe einer vollreifen Tomate angenommen hatte.
„Was möchtest du gern trinken?“
„Ein Kaffee wäre nicht schlecht.“
Robby winkte der Kellnerin und bestellte zwei Tassen Kaffee.
„Hey, was ist los mit dir? Ist die Unterhaltung mit deinen Händen so spannend oder wieso schenkst du nicht mir deine Aufmerksamkeit.“ Wie konnte jemand nur so lächeln? Sie konnte einfach nicht anders und musste mitlächeln.
Was war an ihm nur so besonders, fragte sie sich. Was hatte er, dass sie so in seinen Bann zog?
Eigentlich war er der typische Macho, der an jedem Finger ein Mädchen hatte, der überall beliebt war und auf der Highschool Abschlussballkönig war.
Eigentlich der Typ, den sie sonst immer verachtet hatte.
Doch er war auch geheimnisvoll und wild, was ihn für Rory umso interessanter machte.
Ständig versuchte sie seinem Charme zu widerstehen, doch sie ertappte sich dabei wie sie immer wieder mit ihm flirtete.
Rory hatte ihn wirklich verzaubert. Sie war genau sein Typ und dabei ganz anders, als alle anderen Mädchen die er vorher hatte.
Er konnte sie wirklich vorstellen mit ihr eine ernsthafte Beziehung zu führen.
Das hatte er bisher noch nie geschafft. Es war keine Absicht gewesen, dass die Beziehungen in die Brüche gegangen waren. Er hatte bis jetzt nur noch nie ein Mädchen wie Rory getroffen.
„Was hast du die Ferien über alles gemacht?“
„Ich war mit meiner Mum in Europa. Wir haben eine Rucksacktour durch alle möglichen Länder gemacht.“
„Klingt toll. So was wollte ich auch schon immer mal machen. Nur hab ich vor, nach Europa zu segeln und dann immer an der Küste entlang. Es ist toll, sich die Landschaft vom Boot anzusehen.“
„Das klingt toll.“
„Wieso warst du nur mit deiner Mutter in Europa? Gibt es keine Vater?“
„Doch, aber der wird geächtet.“
„Wieso das denn? Er hat eine andere Frau und ein Kind. Das ist aber nicht so schlimm. Wir haben ja Luke. Das ist der Freund meiner Mutter. Er macht den weltbesten Kaffee. Sie werden bald heiraten.“ Sprudelte es aus ihr heraus. Wieso war sie nur so nervös?
„Hat die Hochzeit etwas mit dem Kaffee zu tun?“ Er lächelte sie frech an.
„Darüber bin ich mir noch nicht ganz im Klaren.“ Sie lachte unsicher an.
„Du scheinst auch auf Kaffee zu stehen, oder?“
„Wieso?“
„Deine Tasse ist schon leer und ich hab noch nicht einmal angefangen zu trinken.“
„Die Sucht hat mir meine Mum vererbt.“
„Ich hab von meiner die blonden Haare, aber damit komm ich gegen dich nicht an.“
„Nein, so verrückt wie ich und meine Mum ist kaum jemand.“

Den ganzen Abend hatte sie versucht, nicht mit Robby zu flirten, Abstand von ihm zu nehmen, doch er zog sie immer wieder in seinen Bann.
Wieso war er nur so anziehend für sie?
Ihr Verstand sagte ihr immer wieder, sie sollte besser gehen.
Je eher sie von ihm wegkam, desto weniger würde sie Gefallen an ihm finden.
Doch ihr Bauch hatte auch noch ein Wörtchen mitzureden.
Dieser kribbelte die ganze Zeit und Rory hatte das Gefühl, dass das was sie hier machte doch nichts ganz so falsch sein konnte.
Immer wieder verfocht sie einen inneren Kampf um bleiben oder gehen.
Immer wieder versuchte sie sich zusammen zu reißen und zu gehen, doch dann blickte sie wieder in seine grünen Augen und sah sein tolles Lächeln und alle Sorgen waren dahin.
Dieser Typ hatte eindeutig zu viel Einfluss auf sie.
Das beängstigte sie auf der einen Seite, denn sie erkannte sich kaum wieder.
Auf der anderen Seite war es ein schönes Gefühl, in seiner Nähe zu sein. Er gab ihr das Gefühl etwas Besonderes zu sein und das gefiel ihr.
Die widersprüchlichen Gefühle in ihr machten ihr schwer zu schaffen.
Rory hatte das Gefühl, in ihr würden zwei Mächte einen Kampf austragen, ihr Verstand und ihr Gefühl.
Letztendlich siegte ihr Verstand – zumindest an diesem Abend.
Sie verabschiedete sich eilig von Robby und lief zurück zu ihrem Wohnheim.
Alles in ihr drehte sich, die Gefühle standen Kopf und sie war kaum dazu in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen.
Immer wieder machte sie sich klar, dass Abstand das Beste für sie wäre, da sie in letzter Zeit genug durchgemacht hatte.
Doch dann war da wieder sein Gesicht vor ihren Augen und alle guten Vorsätze waren wie weggeblasen.
Wie sollte das ein einzelner Mensch aushalten?
So musste es sich anfühlen, wenn man betrunken war und sich alles in einem drehte.
Total durch den Wind lief sie durch die kühle Nacht.
In ihr Wohnheim zurück wollte sie jetzt nicht. Da würde Paris auf sie warten und sie mit Fragen bombardieren.
Das brauchte sie jetzt auf keinen Fall.
Deshalb entschloss sie, sich in ihr Auto zu setzen und etwas durch die Gegend zu fahren.
Irgendwie musste sie sich ablenken und das schien ihr um diese Uhrzeit der einzige Weg.
Gott sei Danke, hatte sie ihren Schlüssel bereits dabei, sodass sie nicht noch einmal in ihr Wohnheim zurück musste.
Rory setzte sich hinter das Steuer und holte noch mal tief Luft.
Dann steckte sie den Schlüssel in das Zündschloss und ließ den Motor an.
Früher hatte sie Auto fahren noch nie so erlebt.
Es war immer nur eine Notwendigkeit gewesen, um von einem Fleck zum anderen zu kommen, doch heute genoss sie es richtig.
Sie hatte das Radio angeschaltet und es ertönte Elastica´s Car Song.
Genau das Richtige, um durch die Gegend zu fahren und einfach abzuschalten.

You could call me a car lover
'Cause I love it in a motor
And the way it feels
To ride around on new wheels.

I hardly know you
But I think I'm going to.
Let's go siesta
In your Ford Fiesta.

Sie drehte das Radio noch etwas lauter. Die Musik durchströmte ihren Kopf und ließ für einen Moment keinen Platz für andere Gedanken.

Here we go again.
I'm riding in your car.
Let me count to ten
'Cause it's gone way too far
Up my street to nowhere.
You know what detours are.
Here we go again
And it's gone way too far.

Sometimes I just can't function
My heart's spaghetti junction.
Every shining bonnet
Makes me think of my back on it.

Laut sang sie mit und ließ sich von der Melodie durch die Straßen treiben.

I just can't escape the feeling
That I'd rather be free wheeling.
In every little Honda
There may lurks a Peter Fonda, ho.

Here we go again.
I'm riding in your car.
Let me count to ten
'Cause it's gone way too far
Up my street to nowhere.
You know what detours are.
Here we go again
And it's gone way too far.

Sie hatte gar nicht darauf geachtet, wo sie lang fuhr und bemerkte erst jetzt, dass sie geradewegs nach Stars Hollow gefahren war.
Ihre Mum hatte sie zwar gewarnt, da Dean und Lindsay ja heute geheiratet hatten, doch wenn sie geradewegs nach Hause fuhr, würde sie der Hochzeitsgesellschaft schon aus dem Weg gehen können.
Seit sie sich voneinander getrennt hatten, hatten sie kein Wort mehr miteinander geredet, erinnerte sich Rory.
Sie dachte auch an die Zeit zurück, als sie noch zusammen waren.
Wow, war das lange her, dachte sie sich.
Seit dem war in ihrem Leben so viel passiert.
Die Beziehung mit Dean war eigentlich nie stressig gewesen.
Bei ihm hatte sie sich immer wohl gefühlt und gestritten hatten sie sich so gut wie nie.
Bei Jess war das ganz anders gewesen, bei ihm hatte man nie gewusst, woran man eigentlich war. Das hatte es zwar auf eine gewisse Weise reizvoll gemacht, doch Dean war ein toller erster Freund gewesen.
Und jetzt heiratete er schon. Der Gedanke war irgendwie merkwürdig. Wenn Rory daran dachte, dass Dean und Lindsay ja genauso alt waren wie sie, kam sie ins Grübeln.
Wie es wohl wäre, jetzt schon zu heiraten? Waren sie nicht viel zu jung?
Trotzdem freute sich Rory für Dean.
Die Zeit, als sie mit einer gewissen Bitterkeit an Dean gedacht hatte, war vorbei.
Eigentlich war es schade, dass sie so lange keinen Kontakt mehr gehabt hatten.
Mit Dean hatte sie sich immer gut unterhalten könne. Er war immer für sie da gewesen und hatte sie immer unterstützt.
Aber dieses Wochenende war garantiert der falsche Zeitpunkt, um das Kriegsbeil zu begraben.
Gerade bog sie in ihre Einfahrt ein und stellte den Motor ab.
Es tat gut mal wieder zu Hause zu sein.
Sie hatte ihre Mum und Luke schon sehr vermisst.
Eilig stieg sie aus dem Auto und ging auf das Haus zu. Rory konnte es kaum noch erwarten, ihre Mum endlich wieder zu sehen. Telefonieren war eben doch nicht dasselbe.
Doch als sie das Haus betrat, war alles still und nirgends brannte Licht.
Vielleicht waren sie im Diner oder unternahmen etwas.
Rory war leicht enttäuscht, doch ihre Mum konnte ja nicht ahnen, dass sie doch gekommen war. Eigentlich hatte sie das ganze Wochenende ja in Yale verbringen wollen.
Ihre Großeltern waren zurzeit verreist, weswegen auch das Freitagsdinner ausgefallen war.
Sie beschloss, sich etwas zu Essen aus der Küche zu holen und vor dem Fernseher auf ihre Mum und Luke zu warten.
Doch als sie den Kühlschrank öffnete, war dieser leer.
So ein mist. Und dabei hatte sie wahnsinnigen Hunger. Sie hatte in dem Café nur Kaffee getrunken und nichts gegessen und jetzt machte sich der Hunger in ihr bemerkbar.
Nachdem sie die gesamte Küche auf den Kopf gestellt hatte und immer noch nichts Essbares gefunden hatte, beschloss sie zu Luke´s zu gehen. Dort würde sie vielleicht auch ihre Mum antreffen.
Rory würde nur aufpassen müssen, dass sie nicht Dean und Lindsay über den Weg lief. Sie hatte keine Ahnung, wo die beiden feierten und hoffte deswegen, dass sich ihre Wege nicht kreuzen würden.
Doch das Schicksal wollte es eben anders.
Gerade, als sie auf das Diner zusteuerte, wurde ihr bewusst, dass die Feier offensichtlich im Park stattfand.
Alles war schrecklich kitschig dekoriert.
Mit rosafarbenen und roten Rosen – wie geschmacklos.
Und alles wirkte sehr überladen. Rory schwor sich, wenn sie einmal heiraten würde, dann ganz bestimmt nicht so.
Die Idee, hier im Park zu feiern, war zwar sehr schön, doch sie würde es bestimmt ihre Mum planen lassen.
Alle Hochzeiten, die ihre Mum im Independence organisiert hatte, waren traumhaft gewesen.
Am scheußlichsten fand Rory jedoch die riesigen Bilder von Dean und Lindsay, die überall hingen.
Ihr Lächeln sah irgendwie falsch und gezwungen aus.
Rory hoffte wirklich, dass Dean glücklich wurde, doch aus irgendeinem Grund hatte sie eine gewisse innere Abneigung gegen Lindsay.
Um niemanden über den Weg laufen zu müssen, würde sie einen großen Bogen um den Platz machen müssen.
Sie holte noch einmal tief Luft und ging dann schnellen Schrittes auf das Diner zu.
In ihrer Eile bemerkte sie jedoch nicht, wie ein leicht angetrunkener Dean auf sie zukam.
„Rory.“
„Dean …“ Sie war erst einmal sprachlos. Ihr Plan hatte irgendwie nicht so geklappt, wie sie das gewollt hatte. „Herzlichen Glückwunsch.“ Fügte sie dann jedoch schnell noch hinzu.
„Danke.“ Drückendes Schweigen breitete sich zwischen den beiden aus.
Nach einer kurzen Weile begann Dean zögernd: „Ich hatte deiner Mum Bescheid gesagt, weil ich nich wusste, wie du reagierst, wenn du das hier siehst.“
„Ja, meine Mum hat es mir erzählt. Nur … nur ich … wir hatten nichts zu Essen zu Hause und da wollte ich schnell zu Luke.“ Stotterte sie nervös vor sich hin. Was für eine schreckliche Situation. „Ich freu mich für dich, Dean. Und für Lindsay natürlich auch. Ihr heiratet ja beide. Das ist bei Hochzeiten ja bekanntlich so. Zumindest hab ich noch nie erlebt wie jemand sich selbst geheiratet hat.“ Oh mein Gott, was rede ich hier nur, dachte sich Rory.
„Ja.“ Lachte Dean. Auch er war nervös, doch Rory hatte es geschafft, seine Nervosität zu toppen. „Wollen wir uns vielleicht mal irgendwann treffen und einen Kaffee zusammen trinken? Es hat mir gefehlt mit dir zu reden.“ Brachte er endlich das über die Lippen, was er sie schon lange fragen wollte.
„Gern.“
„Du kannst auch jetzt etwas zu Trinken und zu Essen haben. Wir haben so viel bestellt, dass wir uns bestimmt noch drei Wochen davon ernähren können.“
„Nein, ich geh besser zu Luke.“
„In Ordnung, tut mir Leid. Ich wollte nur nicht, dass du denkst, dass ich dich nicht dabei haben wollte. Es ist nur irgendwie merkwürdig.“
„Ja.“
Wieder schwiegen sie eine Weile.
„Ich glaub, ich muss dann mal wieder zu Lindsay. Bevor sie sich fragt, wo ich so lange bleibe.“
„Ja, also dann. Ich muss auch meine Mum suchen.“
„In Ordnung. Und wegen dem Kaffee, können wir ja noch mal telefonieren.“
„Ok. Also viel Spaß noch.“
„Danke, dir auch.“ Und damit drehte sich Dean um und ging wieder zu seiner Frau.
Mit einem merkwürdigen Gefühl im Bauch, ging auch Rory zum Diner.

Rory hatte kaum das Diner betreten, da sprang auch schon Polly an ihr hoch.
„Hey, nicht so stürmisch, meine süße.“ Sie kraulte sie hinter den Ohren. „Wehe du wächst noch weiter. Dann überragst du mich ja noch.“
Zur Antwort schleckte sie ihr über das Gesicht. „Kann ja sein, dass Luke das duldet, wenn du das bei meiner Mum machst, aber nicht bei mir.“ Sie lachte fröhlich und folgte dann Polly zum Tisch ihrer Mutter.
„Rory, was machst du denn nicht. Wolltest du nicht in Yale bleiben? Du weißt schon wegen …“ Lore machte einige ruckartige Bewegungen mit dem Kopf Richtung Hochzeitsgesellschaft. Sie sah mehr als komisch aus.
„ Ich wollte eigentlich nur ein bisschen in der Gegend rumfahren, aber irgendwie bin ich dann doch hier gelandet. Ich bin stolz, dass meine Tochter so eine vorsichtige Autofahrerin ist und immer genau weiß, was sie macht.“
„Das hab ich von meiner Mutter geerbt.“
„Ich wusste es. Dieser Person kann man genauso wenig trauen wie dir.“
Luke kam an den Tisch und begrüßte Rory freudig.
„Hallo Rory. Wie war deine erste Woche in Yale?“
„Großartig. Es ist sogar noch besser. Als ich es mir vorgestellt habe.“
„Das ist schön. Möchtest du was essen?“
„Ein Hamburger wäre nicht schlecht.“
„Kommt sofort.“
„Was machst du, falls du auf Dean triffst?“
„Bin ich schon.“
„Du bist schon so lange her und das erzählst du mir erst jetzt. Deine Mutter hat bei deiner Erziehung wirklich etwas falsch gemacht. Mit dieser Frau muss ich wirklich mal ein ernstes Wörtchen reden.“
„Er ist mir auf dem Weg hier hin begegnet und wir haben uns unterhalten.“
„Unterhalten?“ Die Neugier war ihr deutlich aus der Stimme herauszuhören.
„Nur alltägliche Dinge.“
„Ahaaaa.“ Dass sie ihr das nicht abnahm, merkte sogar ein Blinder.
„Wir wollen mal einen Kaffee zusammen trinken gehen.“
„Dir ist aber schon bewusst, dass er ab heute ein verheirateter Mann ist.“
„Natürlich.“ Entrüstet blickte sie ihre Mum an. „Wir wollen uns nur unterhalten. Ich denke, wir sind uns lange genug aus dem Weg gegangen. Wieso soll ich nicht mit ihm befreundet sein?“
„Das sehe ich genauso.“
In dem Moment kam Luke mit einem riesigen Hamburger zu Rory. Die Sesamkörner auf dem Brötchen bildeten ein großes Y.
„Wow, ein Traum wird war. Du hast mir einen Yale-Burger gemacht.“ Sie sprang auf und umarmte Luke spontan.
„Ach, nur als kleines Begrüßungsgeschenk. Ein echter Yaly sollte auch richtige Yale-Burger essen.“
„Der ist echt spitze.“
„Wenn ich anfange zu studieren, bekomme ich dann auch einen Yale-Burger?“
„Nein.“
„Wieso? Rory bekommt doch auch einen. Die würden dich in Yale nie nehmen. Das ist eine ernsthafte Uni. Du würdest nach einem Tag freiwillig zurückkommen. Die Professoren dort können es nämlich nicht leiden, mit Papierkügelchen beschossen zu werden.“
„Da muss ich dir ausnahmsweise Recht geben.“
„Rory, wolltest du dieses Wochenende nicht eigentlich in Yale bleiben?“
„Eigentlich schon.“
„Ich meine nur wegen der Hochzeit.“ Luke blickte sie besorgt an.
„Das macht mir nichts. Ich freue mich für ihn.“
Luke nickte noch einmal und ging dann wieder hinter seinen Tresen.

Nachdem sie ihren ganz speziellen Hamburger aufgegessen hatte, machte sie sich zusammen mit ihrer Mutter auf den Weg nach Hause.
Als sie am Park vorbei liefen trafen sie Miss Patty.
„Rory, Schätzchen, wie gefällt es dir in Yale? Gibt es dort reichlich knackige Jungs?“
„Die Uni ist schön und das Angebot was Typen angeht ist auch nicht zu verachten.“
„Vielleicht sollte ich auch noch mal studieren.“
„Lieber nicht, Patty. Die armen Bürschchen würden so viel Weiblichkeit nicht vertragen.“ Lorelai konnte sich ein Grinsen nicht vertragen.
„Die Männer von heute sind sowieso nicht mehr das, was sie mal waren.“ Patty hing noch einen Moment ihren Erinnerungen nach, ehe sie sich wieder an Rory wandte.
„Denkst du dass es richtig ist, an einem Tag wie heute, hier durch die Stadt zu laufen? Ich meine wegen der Hochzeit.“
Das war doch ein schlechter Scherz, dachte sich Rory. Was war nur mit dieser Stadt los?
„Nein. Ich freue mich für die beiden. Lindsay ist ein tolles Mädchen. Sie hat mir in der Grundschule mal Geld geliehen, als ich unbedingt einen „Mark Twain-Anstecker“ haben wollte, aber kein Geld hatte.“
„Ja, sie ist ein nettes Mädchen. Ich dachte nur, weil Dean deine erste große Liebe war und die vergisst man nicht so schnell.“
„Mir geht es wirklich gut. Ich habe absolut kein Problem damit.“ Dies unterstrich sie mit einer energischen Handbewegung.
„Na, dann ist ja gut. Ich muss mich wieder um die kleinen Ballerinas kümmern. Sie sind schon ganz aufgeregt, da sie heute noch einen großen Auftritt bei der Hochzeit haben.“
„Lass mich raten, sie tragen pinkfarbene Kleidchen mit roter Spitze?“ Lores Meinung über diese Farbkombination war nicht zu überhören.
„Geschmacklos, wenn du mich fragst aber Lindsay und ihre Mutter haben darauf bestanden. Sie sagten, es würde so herrlich feminin wirken. Dean kann froh sein, wenn er noch keine manikürten Nägel hat.“
„Iiihh. Schreckliche Vorstellung.“
„Mich würde es nicht wundern. Sie scheint ihn ganz schön unter ihrer Fuchtel zu haben.“
„Ich wusste schon immer, dass in Dean ein Softie steckt.“
„Mum!“ Empört blickte Rory ihre Mutter an.
„Was denn. Ein Junge, der so einen Dackelblick drauf hat, ist entweder ein brillanter Schauspieler oder ein Softie. Und schauspielern kann er garantiert nicht.“
„Da hast du auch wieder Recht.“
„Also, ich lass euch zwei Süßen dann mal alleine. Viel Spaß noch heute.“
„Dir auch, Patty und deinen Mädchen viel Glück.“
„Das werden sie gebrauchen können.“
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