Ad Astra - Denn Blutrot scheint der Mond....

Emily Gilmore - University of Yale. New Haven, nachmittags

Unwillkürlich tritt sie einen Schritt zurück. Verzweifelt versucht sie sich an einen Simon McLain auf ihrer High School zu erinnern. Vergeblich. "Ich kann mich nicht erinnern", sagt sie monoton, das Unwohlsein verwandelt sich in leise Angst. All die Komplimente - Nein, Emily, mach dich nicht lächerlich. "Es tut mir leid", setzt sie dennoch hinzu. "Ich - vielleicht sollten wir wieder nach draußen gehen, Simon", bittet sie ihn, hat plötzlich den völlig irrationalen Wunsch Richard wäre hier.

Simon McLain - University of Yale, nachmittags

"Nach draußen gehen ist vielleicht keine schlechte Idee.", gibt er zurück und macht sich auch schon auf den Weg zur Türe.
Niemals hätte er erwähnen dürfen, dass er sie von früher kennt, niemals. Einmal Verlierer, immer Verlierer. Egal, denkt er sich, es gibt viele andere nette Damen auf der Welt, sehr viele sogar. Emily Gilmore ist nur eine davon, eine sehr hübsche, zugegeben, aber eben nur eine.
"Sind sie hungrig?", meint er unvermittelt, es fällt ihm nichts Besseres ein, er hat es vermasselt, wird den Nachmittag schnell hinter sich bringen und den Fall am Montag einem Kollegen übergeben. Ein simpler Plan.

Emily Gilmore - University of Yale. New Haven, nachmittags

"Nein, danke", murmelt sie, noch immer ein seltsames Gefühl im Magen. Weshalb hat er davon anfangen müssen? Weshalb kann es nicht einfach nur noch immer ein schöner Tag sein? Weil es die gerechte Strafe ist, Emily Gilmore, flüstert etwas in ihr. Du hast Richard verlassen, du hast ihn heute morgen verlassen und hattest nichts besseres zu tun, als dich zum amüsieren. Ich dachte doch nur, erwidert sie, ein paar Minuten und Stunden - sie führt den Gedanken nicht zu Ende, will nur noch nach Hause, auch wenn sie nicht nach Hause kann.

Simon McLain - University of Yale, nachmittags

Eine Weile gehen sie schweigend nebeneinander her, er hat nicht das Bedürfnis großartig etwas zu sagen und ihr scheint es ähnlich zu gehen.
"Ich möchte mich dafür entschuldigen, was ich vorhin gesagt habe. Nun stehe ich wie ein kompletter Idiot da und dabei wollte ich doch, dass Sie heute nach all den Erlebnissen zumindest noch einen netten Nachmittag haben."
Er schüttelt den Kopf, kann es selbst nicht wirklich fassen, wie dumm er sich verhalten hat.
"Was halten Sie davon, wenn wir noch ein Glas Champus trinken?"

Emily Gilmore - University of Yale. New Haven, nachmittags

"Gerne", stimmt sie gedankenverloren hinzu, auch wenn sie noch immer nach Hause will. Aber das ist es ja gerade, den Ort an den sie denkt: Dorthin kann sie nicht. Du hast es überstürzt, denkt sie sich zum ersten Mal, so vollkommen überstürzt. Ihn zu verlassen, nur weil er dich nicht verteidigt? Aber er muss es doch tun, er ist dein Mann. Es ist seine Aufgabe, verdammt. Wenn er nciht auf dich aufpasst und dich beschützt: Wer dann? Wenn selbst Richard es nicht tut. Wer dann?

Nein. Es war richtig, spricht sie sich selbst Mut zu. Und vielleicht wirst du ja noch einen anderen Richard finden. So alt und unattraktiv bist du scheinbar nicht, Simon hat dir heute mehr als ein Mal gesagt, dass du schön bist, auch wenn er die Realität vermutlich mit seiner Erinnerung vermischt. Eine Erinnerung, die seltsamerweise nicht hat. Irgendwie tut er ihr leid. Es war grausam von ihr - er wollte doch nur nett sein und sie hat sich so völlig irrational benommen.

Emily beißt sich auf die Zunge und zwingt sich dazu, mit dem denken aufzuhören. Sie kann ohnehin nicht mehr klar denken. Nicht heute.

Simon McLain - University of Yale, nachmittags

Er reicht ihr ein Champagnerglas, nimmt sich anschließend selbst eines, bezahlt mit einem großen Schein und geht weiter, ohne auf sein Wechselgeld zu lassen. Selbst wenn er hier in Yale ist, Geiz will er sich nicht nachsagen lassen. Nebeneinander schlendern sie über den Champus, entfernen sich immer weiter von den Menschenmassen, kommen schließlich in den kleinen Park der Universität und setzen sich dort auf eine Bank.
Simon hebt schließlich sein Glas und meint lächelnd: "Auf die Niederlage Yales"

Emily Gilmore - University of Yale. New Haven, nachmittags

"Wir haben verloren?", erkundigt sie sich verwirrt, erst nachdem sie es gesagt hat, fällt ihr ein, dass das Spiel noch gar nicht beendet ist. Gott, wie dumm, Emily, wie unglaublich dumm von dir!

Simon McLain - University of Yale, nachmittags

"Noch nicht.", meint er grinsend. "Aber hören Sie das?" Sie sieht ihn verwirrt an, genau das war es, was er sich erhofft hatte. "Nichts, kein Laut, normalerweise müsste man die Jubelrufe einer ganzen Universität zumindest bis hierher hören. Aber..."
Das zwitschern der Vögel ist alles, was er in diesem Moment hört.
"... man hört nichts, es gleicht einer Hinrichtung. Schockierte Stille. Das wiederum bringt mich zu dem Schluss, dass Yale verlieren wird."
Er zwinkert ihr zu.
"Zu schade, Heimniederlagen sind immer etwas Schmerzliches. Aber für den Umsatz dürfte es doch gut sein, nach so einem Schock brauchen doch sicher alle Besucher das eine oder andere Gläschen Alkohol."

Emily Gilmore - University of Yale. New Haven, nachmittags

"Es ist die Ruhe vor dem Sturm", entgegnet sie, ist froh, dass Simon nicht näher auf ihre Gedankenlosigeit eingeht oder sich gar lustig darüber macht. "Vor dem Sturm auf die Spieler Harvards versteht sich", fügt sie mit einem siegessicheren Lächlen hinzu. Selbst wenn sie sich von Richard getrennt hat, niemand kann ihr erzählen Harvard wäre besser als Yale. Niemand, nicht einmal Richard hätte das fertig gebracht.

Simon McLain - University of Yale, nachmittags

"Abwarten. Die Ruhe vor dem Sturm ist im Football doch eher ungewöhnlich. Doch Yale kann heute gar nicht gewinnen. Bei unserem Quarterback, ein Prachtjunge aus Kalifornien. Wirft mit seinen 19 Jahren bereits so, wie es manche in der NFL noch lernen sollten."
Er grinst zufrieden. Ja, der Quarterback ist wirklich gut, Yale kann dieses Spiel eigentlich nur verlieren.
"Doch wie heißt es doch so schön? Die Hoffnung stirbt zuletzt. Also auch für Yale."


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