8.2
Lorelai streifte langsam durch den Laden und schaute sich die Auslagen an. Rory war schon in einer der Umkleiden verschwunden und Emily hatte sich mit einer Verkäuferin gestritten. Ihre Mutter hatte sie doch noch in eines dieser teuren Geschäfte eingeladen. Beinahe alles lief also den gewohnten Gang.
Lorelai schaute sich einige Stoffe an, schien aber nichts vernünftiges zu finden.
"Wann wirst du dich denn endlich einmal entscheiden?" Natürlich konnte es nur ihre Mutter sein, die hinter ihr stand und sie kritisch beäugte.
"Ich finde kein vernünftiges Kleid."
"Lorelai, in diesem Geschäft gibt es genug Auswahl."
"Aber es scheint alles gleich auszusehen." Sie wollte etwas besonderes. Etwas was zu ihr perfekt passte. Etwas worin sie sich richtig wohl fühlte. Etwas was sexy war und dennoch nicht zu viel zeigte. Etwas was ihm vielleicht, nur unter Umständen, möglicher Weise den Atem nahm...
Sie hörte, wie Emily gereizt ihre Tasche strammer um ihre Schulter zog und sich blitzartig umdrehte. Kurze Zeit später kam eine der Angestellten auf sie zu, fragte nach, was genau sie suchte und führte Lorelai zu einem Tisch, auf dem sie einige Kleider präsentierte. Die verschiedenen Kleider schienen alle gleich auszusehen. Es war zum verrückt werden.
"Ich... Haben Sie nicht auch schlichte, schwarze Kleider? Ich weià nicht, was Ihnen meine Mutter erzählt hat, aber ich wollte ein schlichtes Kleid und nicht Eines mit solch einer Verzierung, dass ich selbst im brasilianischen Karneval auffallen würde."
Die Verkäuferin lächelte sie leicht an. "Ich weiÃ, was Sie meinen. Vielleicht gehen Sie schon einmal vor in die Kabine. Ich bringe Ihnen ein Kleid, was Sie eigentlich lieben müssten."
"Schatz, geht es dir gut?", lachte Lorelai, als sie den Vorhang von Rorys Kabine ein wenig zur Seite zog, um ihren Kopf durch den Spalt zu stecken.
"Nicht gucken!", grinste ihre Tochter und zog den Stoff wieder zurück auf seinen alten Stammplatz.
"Hey!"
"Was denn Missy? Zieh dich um und wir schauen uns gleichzeitig an."
"Okay..."
"Hier, dieses müsste Ihnen gefallen." Die junge Frau lächelte Lorelai freundlich an und hing ihr das Kleid in die Umkleide.
Als sie sich später im Spiegel betrachtete, konnte sie nur lächeln. Es gefiel ihr. Beinahe so gut, wie das Hochzeitskleid vor ein paar Tagen... Der schwarze Stoff fiel sanft um ihre Knie. Spagettiträger hielten das ganze Kunstwerk an ihren Schultern fest.
Auf dünnen, ebenfalls schwarzen Socken trat sie nach draussen und schaute sofort in das Gesicht ihrer Mutter.
"Lorelai, endlich. Dreh dich" Emily bewegte ihre Hände leicht, gab ihr damit zu verstehen sich zu drehen. Ihre Augen strahlten ein wenig auf. "Du hast also doch noch ein Kleid gefunden... Findest du nicht, dass dir etwas auffälligeres nicht auch gestanden hätte?"
"Ich finde dieses Kleid schöner."
"Warum denn nicht dieses Blaue, Bodenlange?"
"Mum..."
"Ist in Ordnung. Wenn du nicht auffallen willst. Du wärest aber sicherlich schöner als die anderen Frauen vom Booster- Club."
"Mum, der Ball ist sowieso kein Wirklicher. Er ist eigentlich nur für die Kinder, wir passen nur auf sie auf und schauen nach dem Rechten."
"Und manche Ehepaare, die für die Schule spenden kommen auch."
"Rory, wann kommst du endlich raus?", stöhnte Lorelai und drehte sich zur Seite.
"Sekunde..." Rory kam sich langsam vor wie in einer schlechten Umstylingshow. Der Vorhang ging auf und sie trat nach draussen.
"Schatz, das ist ja hinreiÃend!" Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Vielleicht würde dieses Kleid auch Tristan gefallen...
"WeiÃt du, es passt einfach perfekt... Ich hätte nie gedacht, dass ich mich jemals für ein Kleid solch ein Interesse zeigen würde, wie bei Büchern, aber dieses ist wundervoll." Rory lieà sich erschöpft auf ihr Bett fallen, nachdem sie ihren Laptop ausgeschaltet hatte. "Du kommst doch auch, oder?", fragte sie Lane voller Hoffnung ihre beste Freundin an diesem Abend an ihrer Seite zu haben. Wer wusste, ob sie es doch nicht mit Tristan aushalten würde? Immerhin hatte sie nur zugestimmt mit ihm auf den Ball zu gehen. Dass er sich aufführte, als ob sie plötzlich seine feste Freundin war, kam ihr sowieso kindisch vor. War sie noch immer in der fünften Klasse, wo jeder die freundliche Bemerkung von jemand anderen gerne annahm, sich aber etwas hinein interpretierte, während er das Thema zu ernst analysierte. Sie wollte ihn noch ein wenig zappeln lassen.
"Ich weià noch nicht, ob ich kann...", unterbrach Lane die Gedanken von Rory.
"Was?" Lane Kim konnte sie doch nicht an so einem Abend alleine lassen. Zudem konnte sie auch nicht mehr zu Paris gehen, weil diese sicher mit Jess am diskutieren seien würde. Jedenfalls wollte Rory am nächsten Tag einen Versuch unternehmen und sie wegen ihm fragen. Madeleine und Louise konnte sie auch erst gar nicht in Erwägung ziehen. Typen drängten sich jetzt schon um die Beiden, wie sähe es dann an diesem Abend aus...
"Ich möchte so gern zu diesem Ball!" Rory hörte ein leises Rauschen. "Mein Gott, jetzt habe ich mich doch nicht wirklich so angehört, wie jemand in so einem schlechten Teenager Film?"
"Doch...", grinste Rory breit.
"Super. Wie wärs wenn ich dann direkt an dem Abend aus dem Fenster klettere und mit Turnschuhen zum Ball fahre? Ich kann mich auch noch später dort umziehen..."
"Du kommst nicht."
"Ich denke nicht."
"WeiÃt du schon das Neuste?"
"Schieà los."
"Mum geht mit Luke zu dem Ball."
"Oh mein Gott. Wie süÃ..."
"Ich weiÃ... Und sie will es noch immer nicht einsehen." Ein Piepston unterbrach die beiden Mädchen kurzweilig. "Lane, da ist jemand in der anderen Leitung."
"Ist schon okay. Ich seh dich ja sicherlich morgen."
"Yep. Schlaf gut."
"Du auch. Bye."
Rory legte auf und beantwortete sofort den nächsten Anruf.
"Ja?"
"Hey Mary..."
"Woher hast du plötzlich meine Nummer?"
"Henry hatte sie noch."
"Was willst du Tristan?"
"Nichts. Ich wollte nur nachfragen, wie es meiner Mary geht. Was hast du heute gemacht?"
Rory bemerkte wieder seine Masche. Er wollte sich sicherlich nur einschleimen, ein wenig mit ihr spielen. Sie flirtete mit, im guten Wissen, dass ihre Mutter sie nicht hören konnte, weil sie bei Luke war um ihm seinen Anzug vorbei zu bringen. "Ich war heute mein Kleid kaufen."
"Und wie sieht es aus?" Sie wuÃte, dass er auf der anderen Seite der Leitung grinste.
"Das ist ein Geheimnis..."
"Dann sag ich dir auch nicht, was ich tragen werde."
"Jetzt bin ich aber enttäuscht...", lachte sie leise. "Ich werde extra für dich ein wenig überrascht spielen, wenn du in einem Anzug ankommst, okay?"
"Mary, wer hat dir das erzählt?", spielte er geschockt mit.
"Ich hab so meine Verbindungen." Rory stand wieder von ihrem Bett auf und ging in die Küche. "Ich komme übrigens mit meiner Mum zu dem Ball. Du musst mich also nicht abholen."
"Warum nicht? Hast du etwa keine Lust mit einer Limousine zu fahren?"
Lust schon, dachte sie. Aber wäre es nicht zu protzig... "Ich wollte morgen Paris fragen, ob sie mit Jess auf den Ball gehen will. Wenn sie ja sagt, holst du mich ab. Sie kann ja mit dir hier her fahren und du setzt sie ab, damit sie Jess abholen kann. Wir könnten zu viert nach Hartford fahren."
"Ich drücke schon meine Daumen für Jess." Rory lachte auf, öffnete den Kühlschrank und schaute hinein. Nur ein paar Wasserflaschen waren darin. Hoffentlich brachte ihre Mum noch etwas zu essen mit von Luke. "Was ist nach dem Ball? Willst du bei mir übernachten?"
Sie verschluckte sich beinahe an ihrem Wasser, als sie seinen Vorschlag gehört hatte. "Was?"
"Der Ball dauert nicht bis mitten in die Nacht. Er wird sicherlich schon vor zehn Uhr zu Ende sein. Wir könnten doch danach noch etwas unternehmen und du übernachtest anschlieÃend bei mir."
"Es ist sicher nett gemeint von dir, aber ich denke nicht, dass meine Mum mich einfach so bei dir schlafen lässt. Ich denke mir bis Samstag etwas aus, okay? Wir könnten doch wieder in ein Café oder einen Pub gehen und nehmen Jess und Paris mit."
"Du wirst ihr morgen so lange auf der Nase herum tanzen bis sie zustimmt mit ihm dort hinzugehen, stimmts?"
"Darauf kannst du wetten...", grinste sie.
Lorelai hatte es derweilen schon so weit gebracht, dass sie einen Kaffee ergattert und Luke in seine Wohnung geschubst hatte. Jess war noch ausgegangen. Es war still in der kleinen Wohnung, doch sie fühlte sich wohl nach diesem Tag endlich ein wenig Ruhe zu haben. Sie drückte Luke seinen Anzug in die Hand und schaute ihn an.
"Was?"
"Probier ihn an."
"Lorelai..."
"Was denn? Du musst doch schauen, ob er dir passt. Wenn nicht tausche ich ihn morgen um."
Er hielt den Anzug von sich und schaute sich das Futter in der Innenseite des Jacketts an, während sie langsam auf ihn zu ging und die Knöpfe seines Hemdes öffnete. Es war ein Tick geworden die Knöpfe von unten zu öffnen und zu schlieÃen. Bei all ihren Hemden und Blusen hantierte sie in der gleichen Weise, seit sie ein kleines Kind war. Sie lächelte bei dem Gedanken, dass Emily sie eines Tages als sie sechs Jahre alt war fest hielt und sie ermahnte sich anständig anzuziehen und nicht aus allem einen Witz zu machen.
Er bemerkte kaum, was sie tat, als sie das Hemd über seine Schultern streifte und dabei seine Haut berührte. Sie starrte auf seine Brust. Wieder wurde ihr Herz schwer. Sie fühlte, wie ihre Kehle trocken wurde und den unglaublich starken Drang ihre Hand über seinen Hals fahren zu lassen und ihn zu küssen, bis er sie besinnungslos packen und auf sein Bett werfen würde.
Sie lieà ihre Hand über seinen Brustkorb wandern, mit ihren Gedanken noch immer in ihrem Traum. Warum trug dieser dumme Mann kein T-Shirt wie sonst? Es hätte ihr einiges einfacher gemacht. Doch nun stand sie vor ihm, mit einem Arm nutzlos an ihrer Seite hängend, den anderen ausgestreckt, damit ihre flache Hand auf seiner Haut ihr Zittern stillte.
Er schaute nun auch endlich zu ihr und realisierte wie nah sie beieinander standen. Ihre Hand streifte leicht über seine Brust. Er lieà den Anzug langsam zum Boden sinken und starrte ihr unentwegt in die Augen. Sie hatte ihn mit einem Mal wieder gefangen. Vor wenigen Minuten konnten beide dieses gewisse Gefühl zur Seite schieben und unterdrücken, obwohl sie wuÃten, dass es im Hintergrund existierte. Doch nun war es nur schwer diesem Moment zu entkommen.
Sie beugte sich langsam nach vorn. Vielleicht würde er sie dieses Mal auch nicht zurück stoÃen. Es war kein Spiel mehr, doch vielleicht...
"Ich glaube..." Sie schaute kurz zum Boden, blickte dann wieder auf. "... dass... dass du letztens beim Pokern..." Ihre Hand fuhr vorsichtig zu seinem Hals, hinüber zu seiner Schulter. "... dass du damals noch einen Kuss gewonnen hattest... den... den ich dir noch immer nicht gegeben habe..." Sie konnte es kaum glauben. Er schaute sie nur an, sagte kein Wort, sondern zeichnete kleine Kreise mit einem Finger auf ihre Haut ein wenig oberhalb ihrer Hüfte. Wer wuÃte noch wie seine Hand plötzlich ihren Weg dort hin gebahnt hatte...
Sie spürte seinen Atem allmählich an ihrem Hals, neigte ihren Kopf ein wenig zur Seite und lächelte sanft. Wenn sie jetzt nur für einen kurzen Moment ihre Augen schlieÃen würde, überlegte sie, würde sie schlagartig in diesem Moment ertrinken. Sie schloà ihre Augen...
Ein lautes Rascheln lieà beide auseinander fahren. Luke drückte sie plötzlich von sich und ging einige Schritte zurück, den Anzug in seiner Hand. Er legte ihn auf sein Bett, blickte dann zu der Tür, aus dessen Richtung das Geräusch kam. Im nächsten Moment erschien Jess in dem Zimmer. Er hatte also immer noch diese Gabe seine und Lorelais Momente unterbrechen und damit auch zerstören zu können.
"Hey Lorelai."
Jess ging auf sein Bett zu, warf seine Sachen ab und kramte sich ein neues Buch aus seinem Regal hervor, bevor er wieder aus dem Apartment verschwand.
"Ich..." Lorelai schaute ihren besten Freund an. Warum hatte sie plötzlich diesen Drang auf ihn zu zugehen und ihn ohne weitere Fragen in einen Kuss hineinziehen zu wollen.
"Ich sollte wieder gehen. Rory wartet sicher schon."
"Ja. Du... Ich seh dich morgen."
"Ja... Bye."
Sie drehte sich um, ging aus der Wohnung. Ihren Kaffee hatte sie einfach stehen lassen, fast unberührt. Als sie auf der StraÃe war begann sie zu rennen. Was war ihr nur eingefallen ihn ohne Weiteres küssen zu können? Sie hatte gespürt wie stark er sie zurück gestoÃen hatte, als Jess durch die Tür kam. Es konnte nicht alles an seinem Neffen gelegen haben. Wenn Luke gewollt hätte, hätte er sie auch vor seinen Augen küssen können.
Als sie an ihrem Haus angekommen war, sah Lorelai, dass beinahe alle Lichter ausgeschaltet waren. Das kleine Verandalicht brannte noch in seiner gelben Farbe. Sie war doch nicht etwa so lange bei Luke gewesen. Als sie auf den Wecker in ihrem Zimmer schaute erschrak sie ein wenig. 22.23 Uhr... Sie war um 19.45 Uhr losgegangen und wollte doch nur für eine kurze Zeit bleiben.
Nachdem sie sich umgezogen hatte, fiel sie aufgekratzt in ihr Bett. Vorsichtig zog sie die Decke bis zu ihrem Hals. Ihr Zimmer schien mit einem Mal so kalt. War die Heizung ausgefallen? Wenn es am nächsten Tag noch immer so kühl war, würde sie Luke bitten nach dem Rechten zu schauen. Luke... Schon wieder kam er in ihre Gedanken. Sie drehte sich entschlossen gleich einzuschlafen um. Sein Hemd. Verfolgte er sie etwa bis in ihr Bett? Sein blaues Hemd, das was sie sich an diesem Tag geholt hatte, um seine KleidungsgröÃe zu erfahren, das was sie aus Versehen mit genommen hatte, lag in ihrem Bett.
Von der Kälte bekam sie eine Gänsehaut. Obwohl sie gedacht hatte ein T-Shirt würde zur Nacht mitten im Sommer über ihren Shorts ausreichen, zitterte sie langsam. Sie wollte nicht noch einmal aufstehen... Langsam zog sie das blaue Flanell zu sich, steckte ihren Arm durch den einen Ãrmel... den Anderen... Sie knöpfte das Hemd ein wenig zu, legte sich zurück in ihre Kissen. Es roch nach ihm. Sie spürte wieder ein Kribbeln in ihrem Bauch und schloss die Augen.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 10.05.2011, 16:48 von
Lauren132.)
abber: leider nur ein traum...!!
das war soooooooooooo schön... *schmacht*