Hallo ihr SüÃen :knuddel:
[SIZE=2]@MinowaySunshine: Wow, danke schön für dein Feedback! Freut mich, dass dir der Teil so gefallen hat![/SIZE]
@alle: So, hab zwei neue Teile für euch. Ich hoffe, sie gefallen euch. Freu mich über FBs!
Bussi Selene
20. Teil
Rosa
Spanish Harlem, 1976
Die ersten Sonnenstrahlen kämpften sich durch den dünnen Vorhang. Rosa erwachte mit einem Lächeln auf den Lippen. Sie erhob sich langsam und ging zum Fenster um den Vorhang beiseite zu schieben. Die StraÃe wirkte wie ausgestorben. Lediglich zwei kleine Kinder spielten mit einem alten FuÃball auf dem verschmutzten Beton. Rosas beste Freundin Cristina hasste Spanish Harlem. Der Anblick der ungepflegten StraÃen und alter, teilweise baufälliger, Gebäude verstärkten die negativen Gefühle zusätzlich. Cristina würde alles dafür tun um das Viertel verlassen zu können. Rosa teilte die Einstellung ihrer Freundin nicht. Natürlich würde sie die Chance nutzen in einen wohlhabenderen Teil New York Citys zu ziehen, sollte sich diese eines Tages ergeben. Aber sie würde ihr Leben genauso in Spanish Harlem verbringen. Sie war hier aufgewachsen, es war ihr Zuhause. Hier lebten alle Menschen, die ihr etwas bedeuteten. Ohne Jorge würde sie sowieso nirgendwohin gehen. Rosa drehte sich lächelnd um und betrachtete ihren noch schlafenden Ehemann. Sie hatte lange nicht daran geglaubt, jemals so eine Liebe erleben zu können, war aufgrund dessen jedoch nie verzweifelt. Sie hatte geglaubt und akzeptiert, dass schon alles noch so kommen würde, wie es kommen musste. Rosa fühlte sich wie in einem Traum. Jeden morgen öffnete sie die Augen nur sehr vorsichtig, aus Angst sie könnte ihr neues Leben tatsächlich nur geträumt haben.
„Rosa?” Jorge betrachtete sie lächelnd.
„Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?“
„Komm her.“
Rosa ging zurück zum Bett und lieà sich in dieses sinken. Jorge zog sie an sich. „Was machst du denn schon auf um diese Zeit?“
„Ich liebe den frühen Morgen. Da lässt es sich am besten Nachdenken.“
„Nachdenken? Wozu machst du so etwas Unnötiges? Heute ist Sonntag und du musst nicht arbeiten.“ Er spielte mit einer ihrer dunklen Haarsträhnen.
Rosa lachte. „Aber deshalb höre ich doch nicht mit dem Denken auf. Manchmal glaube ich, dass ich einen kleinen Jungen geheiratet habe und keinen Mann.“
„In jedem Mann steckt auch ein kleiner Junge.“
„Das sagt meine Mutter auch immer.“
„Meine auch.“ Rosa lachte. „AuÃerdem können wir nicht mehr lange ruhen. Wir müssen zur Kirche und danach zu euch zum Essen.“
Jorge rollte mit den Augen. „Was haltest du davon, wenn wir die Kirche und die Familienfeier heute auslassen? Vielleicht fällt es ja niemandem auf...“
„Eher würde es wohl nicht auffallen, besuchten wir die Feier nicht. Du weiÃt, Consuela Moldavo und meine Mutter übersehen keine Kirchenabwesenden.“
„Ist Ana denn wirklich jeden Sonntag ihres Lebens in der Kirche gewesen?“
„Früher sogar auch an Samstagen...Ich habe meine Mutter schon zwei Tage nicht gesehen, das ist ein Mitgrund, warum ich auf jeden fall in die Kirche möchte...“
„Welch christliches Motiv...Ana ist übrigens heute gewiss eingeladen, schlieÃlich gehört sie jetzt auch zur Familie...“
„Nur die Feier und keine Kirche? Das wird nichts. Wie gesagt, sie würden unsere Abwesenheit bemerken und wir müssten uns danach ewig rechtfertigen...“ Rosa schüttelte überzeugt den Kopf.
Jorge drückte sie sanft auf das weiche Bettlaken und küsste sie. „Was habe ich mir nur mit dir eingebrockt?“
„Tja, das hättest du dir eben vor deinem Antrag überlegen müssen. Nun hast du mich am Hals.“
„Ich glaube, damit kann ich leben.“ Er küsste sie ein weiteres Mal.
Rosa fuhr ihm lächelnd durch sein dunkles Haar. „Das ist einer dieser Moment, in denen ich mich so lebendig fühle. Glaubst du, wird das mit uns immer so sein?“
Jorge betrachtete sie nachdenklich. Seine früheren Beziehungen waren oberflächlich gewesen und hatten ihn sehr bald gelangweilt. Rosa wusste nicht, wie sehr er seine Exfreundinnen verletzt hatte. Er würde es ihr auch niemals erzählen. Sie würde sich dann nur unnötige Sorgen machen. Denn Rosa war etwas Besonderes. Er liebte sie aus tiefstem Herzen und würde sich eher das Leben nehmen als ihr Schmerzen zuzufügen. „Ja, bis in alle Ewigkeit.“ Er küsste sie leidenschaftlich.
Rosa zog ihn enger an sich. „Ein, zwei Stunden haben wir schon noch Zeit.“
Jorge grinste. „Deiner Mutter würde das nicht gefallen...“
„Würdest du bitte endlich aufhören über meine Mutter zu sprechen?“ Sie küsste ihn zärtlich. Ihre Hände strichen sanft über seinen Rücken.
„Mir scheint, du hast daran Gefallen gefunden.“
Rosa lachte. „Ich hatte auch über achtzehn Jahre darauf gewartet. Im Gegensatz zu dir...“ Sie zwinkerte.
„Und lohnte es sich?“
„Werden Sie nicht unverschämt, Señor.“ Sie verzog gespielt beleidigt den Mund. „Wenn du das nicht gemerkt hast, ist es sehr traurig.“
Jorges Hände wanderten unter ihr dünnes Nachtkleid. Er verschloss ihren Mund mit einem sanften Kuss.
21. Teil
Sarah
Stockholm, 1977
Sarah beobachtete eine sich fröhlich unterhaltende Familie, die gerade am Springbrunnen vorbeiging. Die junge Frau mit den viel zu rot geschminkten Lippen trug einen groÃen Picknickkorb. Neben ihr hüpfte ein kleines rothaariges Mädchen mit kurzen Zöpfen und trällerte ein Lied, welches es vor wenigen Stunden im Kindergarten gelernt hatte. Hinter ihnen gingen zwei Jungs im jugendlichen Alter, welche ihre Schwester belustigt musterten und einen kurzen Blick wechselten. Der Vater der fünfköpfigen Familie bildete das Schlusslicht der kleinen Gruppe. Er trug zwei Decken und lobte seine Jüngste immer wieder für ihren Gesang. Sarah schien das Bild unwirklich, aber doch so schön. Es zeigte eine Familienidylle, welche sie niemals kennen gelernt hatte. Eine Familie aus Filmen und Büchern, aber nicht aus dem wirklichen Leben. Zumindest nicht aus ihrem. Ihr Vater wäre niemals auf den Gedanken gekommen ein Picknick mit seiner Frau und seiner Tochter zu machen. Eher hätte er ein FuÃballspiel verpasst. Oder sich selbst körperliche Schmerzen zugefügt. Sarah hatte schon lange nichts mehr von ihren Vater gehört und das war ihr nur Recht. Sie dachte kaum mehr an den groÃen, attraktiven Mann, welcher meist im Eiltempo mit seiner groÃen Aktentasche an ihr vorbeigerast war und sich schlieÃlich von seiner erst elfjährigen Tochter in flagranti mit seiner Sekretärin hatte erwischen lassen. Maja schien es geradezu ein Wunder, dass Sarah überhaupt noch an die wahre Liebe glaubte. Doch ihre Tochter hatte sich eine eigene Vorstellung von Leben und Lieben gebildet, welche vor allem auf den Geschichten Melissas oder anderen Büchern basierte. Das Schicksal ihrer Mutter erklärte sie sich mit der vermeintlichen Tatsache, dass ihr Vater eine fatale Fehlentscheidung gewesen wäre. Maja hatte selbst zugegeben, dass es eher freundschaftliche Gefühle und eine sehr ausgeprägte sexuelle Anziehung gewesen war, welche sie dazu gebracht hatte den Antrag anzunehmen. Natürlich hatte sie dies nicht vor Sarah gesagt, aber zu ihrer Freundin Eeva, mit welcher sie sich ungehört im Wohnzimmer geglaubt hatte. Maja hatte ihre groÃe Liebe bereits in sehr jungen Jahren erlebt, mit einem Studenten aus London, welcher eine Zeit in Stockholm studiert hatte. Bevor er schlieÃlich zurück nach GroÃbritannien gegangen war, hatte er ihr einen Heiratsantrag gemacht, doch hatten sie ihre Vorstellungen eines emanzipierten Lebens und die innige Beziehung zu Ilse daran gehindert diesen anzunehmen. Eine Entscheidung, die sie bis heute bereute. Natürlich sollte ihre wohlbehütete Tochter auch davon nichts erfahren. Doch Ilse hatte es dem Mädchen eines Nachmittags, in einem schon etwas angeheiterten Zustand, bei einem ihrer Gespräche von Frau zu Frau erzählt. Deren Erzählungen über die Beziehung Majas und Erics beinhalteten jedoch lediglich wenige zusammengefügte Tatsachen. Die wildromantische Hintergrundsgeschichte hatte sich ihre Enkeltochter selbst ausgemalt und schlieÃlich früher oder später daran zu glauben begonnen, dass es tatsächlich genauso passiert sein musste. Sarah stellte sich oft vor, wie ihr Leben wohl aussähe, wäre ihre Mutter ihrem Herzen gefolgt. Wie viel Leid wäre auch ihr selbst erspart geblieben. Die Tatsache, dass ihre Existenz ohne ihren Vater gar nicht möglich wäre, ignorierte sie. Den Charakter ihrer Mutter, ihr oft so melancholisches Gemüt, führte sie auf deren verlorene Liebe zurück. Würde sie nun ebenso werden wie Maja? Der Druck auf Sarahs Herz verstärkte sich. Eduardo und sie hatten sich jeden Tag getroffen. Die Stunden mit ihm waren wie eine Offenbahrung für sie gewesen. Sie wusste, dass sie ihn liebte und dass dieses unbeschreibliche Gefühl unsterblich sein würde. Doch er würde sie verlassen. Morgen schon würden sie sich nicht mehr im Park treffen. Morgen schon würde sie ihr altes Leben wieder aufnehmen müssen. Er würde wieder zurück in Bogotá sein und sie alleine zurück gelassen haben. Tausende Kilometer würden zwischen ihnen liegen. Sarahs Augen begannen zu tränen. Sie hatte ihm bis jetzt nicht anvertraut, was sie für ihn empfand. Aus Angst, er könnte sie auslachen. Aber wahrscheinlich wusste er es ohnehin. Vielleicht würde Sarah auch eine dieser unglücklichen Lieben erleben, in welchem Frauen ihr Herz auf ewig einen Mann verschenkt hatten, der sie nicht auf dieselbe Art lieben konnte.
„Sarah?“ Eduardos sanfte Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
Obwohl ihr Herz schmerzte, machte es einen kurzen freudigen Sprung. Ihr gelang ein leichtes Lächeln.
Eduardo setzte sich Stirn runzelnd neben sie. „Alles in Ordnung?“ Er musterte sie prüfend.
„Ja...natürlich. Mir ist nur etwas ins Auge gekommen.“ Sie wischte sich die letzte Träne von der Wange.
„Hör mal, Sarah. Ich hab eine schlechte Nachricht. Es gibt ein Problem bei José zuhause. Er musste sich darum kümmern, dass wir einen früheren Flug bekommen. Ich habe leider nur zwei Stunden Zeit.“
Sarah versetzte es einen schmerzhaften Stich. Ihre Stimme zitterte. „Es ist doch nichts Ernstes?“
„Ich weià es nicht genau, er wollte noch nicht mehr dazu sagen.“
Sarah nickte und senkte den Kopf.
„Es tut mir leid.“ Er hob ihr Kinn sanft. „Wir holen das nach, versprochen.“
Sie musterte ihn Stirn runzelnd. Die Wärme seiner goldbraunen Augen verstärkte den Druck auf ihrem Herzen so sehr, dass sie zu ersticken glaubte. Sie wich seinem Blick aus. „Wann denn?“
Als seine Finger ihr Haar berührten, begann eine sanfte Wärmewelle für einen Moment den Schmerz zu erlösen. „Ich werde versuchen spätestens zu deinem Geburtstag wieder hier zu sein.“ Antwortete er leise. Seine Hände umschlossen die ihren. Sarah bat innerlich, er möge sie nie wieder los lassen. „Sarah?“
Sie hob den Blick und drohte ein weiteres Mal in seinen Augen zu versinken. „Du musst das nicht. Diese Flüge sind teuer. Es ist in Ordnung...“ Ihre Stimme versagte.
„Nein, das ist es nicht.“ Eduardo musterte sie lächelnd. „Ich würde es nicht aushalten, dich nicht wieder zu sehen.“ Er strich sanft über ihre Wange. „Ich habe dir noch gar nicht gesagt, dass du etwas ganz Besonderes für mich bist.“
Sarahs Augen begannen zu tränen. „Ich werde dich vermissen.“ Flüsterte sie mit erstickter Stimme.
Er verwischte ihre Tränen. „Du brauchst nicht zu weinen, mein Engel. Ich werde dich anrufen und dir schreiben, so oft es geht. Das verspreche ich dir. Solltest du mich brauchen, steige ich in das nächste Flugzeug und bin in weniger als einem Tag bei dir.“
Sarah senkte den Blick. Eduardo strich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. „Das ist nicht das Ende, das ist erst der Anfang. Ich würde das nicht sagen, wäre es mir nicht ernst.“
Sie atmete tief durch und hob zögernd den Kopf. „Es werden Tausende von Kilometern zwischen uns liegen...“ Flüsterte sie mit erstickter Stimme.
Er fuhr mit dem Zeigefinger über ihre Lippen. „Du glaubst doch an Schicksal. Denkst du denn wirklich, dass eine geografische Distanz etwas an ihm ändern könnte?“
Diesmal waren es Tränen der Freude und Erleichterung, welche über ihre Wangen rannen. Der Druck auf ihrem Herzen lockerte sich ein wenig. Sie lächelte leicht und schüttelte den Kopf. „Nein. Das kann es nicht.“
Seine Hände strichen über ihren Rücken. Er zog sie langsam an sich. Sie wurde von einem Schwindel erregenden Zustand erfasst als seine Lippen die ihren berührten. Sarah schloss die Augen. Nach einer Weile löste sich Eduardo langsam von ihr und musterte sie lächelnd. „Du bist so wunderschön.“
Sie lächelte verlegen. „Ich liebe dich.“ Entfuhr es ihr plötzlich. Sie biss sich auf ihre Unterlippe und blickte ihn unsicher an. Doch seine Miene veränderte sich nicht.
„Ich habe etwas für dich.“ Er zog eine kleine Schachtel aus der Hosentasche.
„Was ist das?“ Sarah musterte sie neugierig.
„Ãffne sie, dann weiÃt du es.“ Er lächelte.
Ihr Herz raste, als sie die kleine Schachtel öffnete. Als sie den Inhalt erblickte, weiteten sich ihre Augen. „Das...das kann ich nicht annehmen.“ Sie ergriff das silberne Armband mit den funkelnden blauen Steinen zögernd.
„Gefällt es dir nicht? Wir können es auch umtauschen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Es ist wunderschön. Aber es war gewiss sehr teuer. Du musst mir nichts Teures schenken.“
Eduardo lächelte sanft. „Ich weiÃ.“ Er half ihr es anzulegen.
Sarah umarmte ihn. „Danke. Aber nicht nur dafür.“
Er fuhr zärtlich durch ihr langes Haar.
„Ich vermisse dich jetzt schon...“ Ihre Augen begannen erneut zu tränen. Sie löste sich zaghaft von ihm. „Du kommst doch wirklich wieder?“
Er strich über ihre Wangen. „So oft es mir möglich sein wird. Und eines Tages werde ich dich mit mir nach Kolumbien nehmen.“
Als sich ihre Lippen erneut berührten, schien die Welt für einen kurzen Moment still zu stehen.