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Eine wunderbare Nacht
Ich will euch heute meine Geschichte erzählen, eine Geschichte, die so besonders nicht ist, wie ich anfangs dachte. Aber die Dinge entwickelten sich immer wunderlicher und nun denke ich, es ist vielleicht doch eine Geschichte, die es zu erzählen gilt.
Mein Name ist Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazaret, ich bin Zimmermann und verdiene mein Brot mit Holzarbeit. Ich bin im fortgeschrittenen Mannesalter und hätte mir nicht träumen lassen, nochmals eine Familie zu gründen. Beinahe hätte das mit der Familie auch nicht mehr geklappt.
Mir war eine junge Frau versprochen worden, edel und gut im Herzen, aber bevor wir Hochzeit halten sollten, offenbarte sie mir, dass sie ein Kind erwartet.
Mein Entsetzen war groÃ, denn nun erschien mir ihr Herz nicht mehr so gut und edel und ich fürchtete, eine Metze zur Frau zu bekommen. Tagelang quälte ich mich in meiner Werkstatt mit dem Gedanken und wollte diese Verbindung wieder aufgeben.
Ein Traum öffnete mir die Augen. Ich träumte, eine wunderbare Gestalt trat auf mich zu und sagte zu mir, ich solle mich nicht fürchten und auch die Frau nicht verstoÃen, denn das Kind, das sie tragen würde, wäre ein ganz besonderes.
Ich mochte Maria sehr, so ihr Name und ich wollte sie nicht öffentlich einer Verhandlung aussetzen, womöglich würde sie als nicht tugendhaft an den Pranger gestellt werden.
Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, dass sie an mir doch viel älterem Mann gefallen finden würde. Aber ich wusste, sie hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen. Schon wurde gespöttelt, ich hätte nicht genug Geduld bis zur Hochzeit bewiesen und womöglich wäre das Kind doch von mir.
Ich aber wusste es besser und nahm Maria in mein Haus auf.
Dann kam ein Mann ins Dorf mit einer kaiserlichen Botschaft. Alle sollten sich in ihrer Geburtsstadt einfinden und registrieren lassen. Eine solche Zählung hatte es bisher nicht gegeben, aber der Botschafter machte es sehr deutlich, dass es kein Aufschub geben würde. Selbst mein Einwand, dass meine Frau hochschwanger wäre und eine solche Reise auf einem Esel zu beschwerlich wäre, lieà er nicht gelten.
So machten wir uns auf in meine Heimatstadt, die da heiÃt Bethlehem im Land Judäa. Schon während der Reise ging es Maria nicht gut und es wurde mir siedendheià bewusst, dass wir das Kind wohl bald bekommen würden.
Ich selbst habe Schwestern und Brüder, die nach mir geboren wurden, aber eine Geburt ist keine Sache für einen Mann.
Die Stadt war überfüllt, die StraÃen waren voll Reisender, Menschen lagen mit ihrem Hab und Gut an allen StraÃenecken, eine Unterkunft zu finden, wo meine Frau das Kind gebären könnte, war völlig aussichtslos. Meine Sorge war vielmehr, wo ich eine erfahrene Hebamme finden würde.
Es ist der GroÃzügigkeit eines Gastwirtes zu verdanken, der uns Unterschlupf in seinem Stall anbot und sogleich seine Schwester zu uns schickte, die erfahren genug war, um das Kind zur Welt zu bringen.
Ich saà ziemlich verloren zwischen den Tieren und dem Stroh und wagte nicht, zu meinem Weibe zu blicken. Natürlich war ich verunsichert, was für ein Kind sie gebären würde. Ich hatte sie nie darauf angesprochen, es gab Gerüchte, ein Römer hätte sie gegen ihren Willen genommen. Aber es lungert allseits Pack in den Städten und Dörfern, Diebesvolk und Halunken herum. Wenn es mir nur ein bisschen ähnlich sehen würde, nur ein ganz klein bisschen. Und ich wollte es lieben, als ob es mein eignes wäre.
Ich bin kein forscher Mann, ich gehe rechtschaffen meiner Arbeit nach. Ich weià auch nicht, woher ich den Mut hatte, mich gegen alle Ratschläge und Vorwürfe durchzusetzen, Maria in meinem Hause zu behalten. Ich tat es einfach.
Während ich so grübelnd vor dem Stall auf meinem Stab gelehnt meinen Gedanken nachhing, kamen Hirten, Männer und Frauen, zu diesem Stall.
Einer von ihnen hieà Jakobus, der mir freudestrahlend seine Hand reichte. Neben ihm stand eine junge Frau, die schön anzusehen war. Sie hatte lange dunkle Haare und blaue Augen, ihre hochgewachsene Gestalt verhüllte ein langer dunkler Wollumhang. Jakobus stellte sie mir als seine Tochter Lantana vor, ein sehr ungewöhnlicher Name, wie ich fand. In der Stille der Nacht ertönte ihr Lachen herzlich und gab meinem schweren Herzen auftrieb.
Die Hirten erzählten von einer seltsamen Erscheinung und dass sie einen Stern gesehen hätten. Nun, es war in der Tat eine sternenklare Nacht und auch ich glaubte eine Sternschnuppe gesehen zu haben. Alle standen völlig fasziniert in dem Stall und bewunderten unser neugeborenes Kind.
Lantana gesellte sich wieder zu mir. Sie hatte so ein fröhliches, aufgewecktes Wesen. Ich konnte mich irgendwie nicht so recht freuen und wenn ich ehrlich bin, mir war die ganze Sache ziemlich unheimlich. Die Menschen knieten vor meinem Kind, das ja gar nicht mein Kind war und erzählten von wundersamen Gestalten.
âEine glückliche Nachtâ, sagte sie zu mir. Ich lächelte zaghaft.
âDavon werde ich erzählen, wenn ich auf die Plätze und StraÃen der groÃen Städte reisen werde.â Und dabei wirkte sie so ungezwungen und sich ihrer so sicher.
âReisen?â, fragte ich ungläubig. Sie war die Tochter eines Hirten. Gut, Jakobus schient wohlhabend zu sein, denn einige Schafe konnte er sein eigen nennen.
âJa, Reisen und Geschichten erzählen und singenâ, sagte Lantana und ihre Augen strahlten. âIch will nicht im Dorf sitzen und Kinder bekommen und mit den Weibern um die Wette waschen. Ich will Geschichten erzählen und will tanzen, ich will singen.â
Ich schüttelte nur ungläubig den Kopf. Mit so einer Tochter ist Jakobus gestraft dachte ich. Wie soll er sie jemals gut verheiraten, wenn sie solche Flausen im Kopf hat. Und das ist dass einzige, was man mit Töchtern machen kann, gut verheiraten.
âIch weiÃ, was du denkstâ und sie tippte mir einfach mit ihren schlanken Fingern auf die Nasenspitze. Sie war wirklich recht Vorlaut.
âAber nein, es muss doch noch ein anderes Leben da drauÃen sein. Der Sinn, für den man leben möchte. Das groÃe Ganze.â Sie schaute mir direkt in die Augen.
Irgendwie konnte ich sie verstehen und doch nicht. Plötzlich fragte sie mich âDie Männer munkeln, dein Sohn sei der Messias?â
âNunâ, sagte ich und plötzlich spürte ich die ganze Schwere ihrer Worte. âNun, ich weià nicht, was ich glauben soll. Es ist eine wunderliche Nacht, soviel steht fest.â
âIch werde was zu erzählen haben, auf den Plätzen und StraÃen, die ich bereisen werde.â Und mit diesen Worten verschwand sie im Stall und mischte sich unter die Menschen, die sich eingefunden hatten.
Es war tatsächlich eine wunderliche Nacht. Plötzlich erschienen drei reiche Kaufleute aus dem Morgenland und brachten wertvolle Geschenke.
Obwohl es im Stall voll war und so viele fremde Menschen sich an die Krippe drängten, die wir aus der Not heraus zur Wiege gemacht hatten, schrie der Kleine nicht. Er verschlief das Ganze.
Ich weià nicht, was aus Lantana wurde. Später berichtete mir ein Kaufmann, der herum kam in der Welt, er hätte in Jerusalem eine Frau getroffen, die ganz wunderbar Geschichten erzählen könnte. So lebendig, als sei man selbst dabei und ihre blauen Augen würden funkeln und ihr langes schwarzes Haar umrande ihr schönes Gesicht. Eine ihrer besten Erzählungen sei die von einer einzigartigen Nacht in Bethlehem, als ein Kind geboren worden wäre.
© Koile 2007
Weihnachtsbotschaft an meine Leser und Leserinnen:
Freuet euch und abermals sage ich, freuet euch! Denn es ist Weihnachten und das heiÃt: lecker essen, lecker Geschenke, lecker Sofa und alte Filme anschauen. Das heiÃt lesen, Plätzchen und Freunde treffen und vielleicht den ein oder anderen Lauren Film oder Gilmore Folge ansehen.
Ich wünsche euch ganz viel Spaà dabei und bedanke mich herzlich bei meinen Mitarbeiter/Innen für ihren unermüdlichen Einsatz und bei meinen Leser/Innen, für eure Treue und anerkennenden Worte!
Koile