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Und hier ist auch schon der nächste Teil! :-)
Der ist sehr sehr wichtig für den späteren Verlauf der Geschichte! Also, viel spaà beim Lesen! ;-)
Die Tür öffnet sich zu einem kleinen Operationsraum voll mit funkelnden silbernen Instrumenten â wie ein Mund mit einer Zahnspange. Die Ãrzte und Krankenschwestern, die sie schon kennengelernt hat, tragen Mundschutz und Kittel, sind nur an den Augen erkennbar. Elena zupft an mir, bis ich neben ihr in die Hocke gehe. âUnd wenn ich nicht mehr will?!, sagt sie.
Ich lege beide Hände auf ihre Schultern. âDu musst nicht, wenn du nicht willst, aber ich weiÃ, dass Sarah sich auf dich verlässt. Und Daddy und ich auch.â
Sie nickt einmal, schiebt dann ihre Hand in meine. âNicht loslassenâ, sagt sie.
Eine Krankenschwester dirigiert sie in die richtige Richtung auf den Tisch. âWir haben auch was für dich, Elena.â Sie zieht eine Heizdecke über sie.
Der Anästhesist reibt mit einem rotgefärbten Watepad ringsherum eine Sauerstoffmaske ab. âBist du schon mal auf einem Erdbeerfeld eingeschlafen?â
Sie arbeiten sich an Elenas Körper von oben nach unten voran, bringen mit Gel eingeriebene Kontakte an, die mit Monitoren verbunden werden, um ihr Herz und ihre Atmung zu überwachen. Sie hantieren an ihr herum, während sie auf dem Rücken liegt, obwohl ich weiÃ, dass sie sie umdrehen werden, um ihr aus dem Hüftknochen Mark zu entnehemen.
Der Anästhesist zeigt Elena den Akkordeonmechanismus an seinen Apparaten. âKannst du den Ballon da auf blasen?â, fragt er und leg Elena die Maske übers Gesicht.
Die ganze Zeit über lässt sie meine Hand nicht los. SchlieÃlich wird ihr Griff schlaff. Sie kämpft bis zur letzten Minute, ihr Körper schläft bereits, doch die Schultern sind noch angespannt. Eine Krankenschwester hält Elena fest, noch angespannt. Eine Krankenschwester hält Elena fest, die andere hält mich zurück. âDas ist nur die Wirkung des Medikamentsâ, erklärt sie. âSie können ihr jetzt einen Kuss geben.â
Ich tue es, durch die Maske. Ich flüstere auch ein Dankeschön. Ich gehe durch die Schwingtür nach drauÃen und ziehe die Papiermütze und die Schuhschützer ab. Ich schaue durch das winzige Fenster zu, wie sie Elena auf die Seite drehen und eine unglaublich lange Nadel von einem sterilen Tablett genommen wird.
Dann gehe ich nach oben, um bei Sarah am Bett zu sitzen.
Logan steckt den Kopf in Sarahs Zimmer. âRoryâ, sagt er erschöpft, âElena fragt nach dir.â
Aber ich kann nicht an zwei Stellen gleichzeitig sein. Ich halte Sarah die rosa Brechschale vor den Mund, während sie sich wieder übergibt. Neben mir hilft Donna, Sarah wieder aufs Kissen zu betten. âIch kann im Augenblick nichtâ, sage ich. âElena fragt nach dirâ, wiederholt Logan, mehr nicht.
Donna schaut von ihm zu mir. âWir kommen schon zurecht, solange sie weg sindâ, verspricht sie, und nach einer Sekunde nicke ich.
Elena ist auf der Kinderstation, wo es keine hermetisch verschlieÃbaren Isolationsräume gibt. Ich höre sie weinen, bevor ich das Zimmer betrete. âMommyâ, schluchzt sie. âEs tut so weh.â
Ich setze mich auf die Bettkante und nehme sie in die Arme. âIch weiÃ, Kleines.â
âBleibst du bei mir?â
Ich schüttele den Kopf. âSarah fühlt sich gar nicht gut, ich muss zurück.â
Elena entzieht sich mir, âAber ich bin im Krankenhausâ, sagt sie. âIch bin im Krankenhaus!â
Ãber ihren Kopf hinweg blicke ich Logan an, âWas geben sie ihr gegen die Schmerzen?â
âSehr wenig. Die Krankenschwester hat gesagt, bei Kindern sind sie mit Medikamenten lieber vorsichtig.â
âDas ist doch lächerlich.â Als ich aufstehe, wimmert Elena und greift nach mir. âBin gleich wieder da, mein Engel.â
Ich spreche die erste Krankenschwester an, die mir über den Weg läuft. Anders als auf der Onkologie kenne ich hier niemanden vom Personal. âSie hat vor einer Stunde Tylenol bekommenâ, erklärt mir die Frau. âIch weiÃ, es geht ihr nicht so gut-â
âRoxicet. Tylenol mit Kodein. Naproxen. Und wenn Sie keine ärztliche Verordnung dafür haben, müssen Sie eben fragen, ob es geht.â
Die Krankenschwester wird ungehalten. âNichts für ungut, Mrs. Huntzberger, aber ich mache das hier jeden Tag und -â
âIch auch!â
Als ich zu Elena zurückkomme, habe ich eine Kinderdosis Roxicet dabei, die entweder ihre Schmerzen lindern oder Elena so betäuben, dass sie nichts mehr spürt. Ich trete ins Zimmer und sehe, wie Logan mit seinen groÃen Händen an dem Miniverschluss eines Halskettchens hantiert, das er Elena umhängt. âIch hab mir gedacht, dass du auch ein Geschenk verdient hast, wo du doch deiner Schwester eins machstâ, sagt er.
Natürlich sollte Elena dafür honoriert werden, dass sie ihr Knochenmark spendet. Natürlich verdient sie Anerkennung. Doch der Gedanke, jemanden für sein Leiden zu belohnen, ist mir ehrlich gesagt nie gekommen. Wir leiden doch schon alle so lange.
Sie blicken beide auf, als ich hereinkomme. âSchau mal, was ich von Daddy gekriegt hab!â, sagt Elena.
Ich halte ihr den Dosierungsbecher mit dem Schmerzmittel hin, der mit dem Halskettchen nicht mithalten kann.
Kurz nach zehn Uhr bringt Logan Elena in Sarahs Zimmer. Sie bewegt sich langsam, wie eine alte Frau, und wird von Logan gestützt. Die Krankenschwestern helfen ihr, Maske, Kittel, Handschuhe und Schuhschützer anzuziehen, damit sie hineindarf . Eine mitfühlende Ausnahme, denn normalerweise dürfen Kinder niemanden im Isolationsraum besuchen.
Dr. Hayes steht neben dem Infusionsständer und hält einen Beutel Knochenmark hoch. Ich drehe Elena so, dass sie es sehen kann. âSchau malâ, sage ich, âdas hast du uns geschenkt.â
Elena verzieht das Gesicht. âIst ja ekelhaft. Das könnt ihr behalten.â
âAngebot angenommenâ, sagt Dr. Hayes und das satte, rubinrote Knochenmark läuft in Sarahs Portkatheter. Ich lege Elena auf das Bett. Es hat genug Platz für sie beide, Schulter an Schulter. âhat es weh getan?â, fragt Sarah. âZiemlich.â Elena zeigt auf das Blut, das durch Plastikschläuche in dem Schnitt in Sarahs Brust verschwindet.
âTut das weh?â
âEigentlich nicht.â Sie setzt sich ein wenig auf. âDu, Elena?â
âJa?â
âIch bin froh, dass es von dir ist.â Sarah nimmt Elenas Hand und legt sie direkt unter den Katheter, eine Stelle, die dem Herzen gefährlich nahe ist.