29.03.2005, 15:32
Richard war ganz in seinen Gedanken versunken und bemerkte nicht das Hopie soeben wieder in das Zimmer gekommen war. Sie stellte den Tee auf den Beistelltisch und auch Richards Whiskey wurde daneben hingestellt. Hopie sah ihren Schwager an, wie er so da saÃ, ganz in sich gekehrt, irgendwie kam er ihr so hilflos wie ein Baby vor. Sie setzte sich neben ihn auf das Sofa und legte den Arm um seine Schulter. Erst als Richard den Arm von Emilys Schwester auf sich spürte, drehte er sich erschrocken um. Sie sah ihm tief in die Augen und auch Richard konnte sich dem Blick Hopies nicht entziehen. Sie hatte wunderbare Augen, es war ein wunderschönes blau, nicht so ein blau wie Lorelais Augen es hatten, doch die Intensität war die gleiche. Er hätte noch stundenlang in diese Augen sehen könne, sie wahrscheinlich auch in seine ... .
Doch dann â wie immer in solchen Momenten â klingelte das Telefon und störte diesen sonderbaren Moment. Beiden versuchten das penetrante Klingeln des Telefons zuüberhören und hoffentlich war das Hausmädchen auch schon weg, denn ansonsten, er mochte gar nicht dran denken. Richard und Hopie bewegten sich nicht und warteten. Das Warten schien eine Ewigkeit zu dauern und noch länger dauerte es bis sich einer der Beiden wieder bewegte. Die Schwester seiner Frau machte den ersten Schritt und rutschte näher an Richard und dieser fühlte wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief, so etwas hatte er schon lange nicht mehr gespürt. Er schüttelte den Kopf, richtete sich aus seiner Kauerstellung auf und wollte Hopies Hand von seiner Schulter nehmen, er durfte dies nicht tun, das alles durfte nicht passieren â er war ein verheirateter Mann und verdammt noch einmal, er war vor allem glücklich verheiratet, doch ihre Hand klammerte sich an seiner Schulter fest und dann fiel sie Richard um den Hals.
âHopie!â Richard wusste nicht was dies nun sollte, warum hielt sich seine Schwägerin bloà so fest an ihm? Er versuchte sich aus ihrer Umklammerung zu lösen, doch sie hielt ihn umso fester. âHopie, ich bitte dich, lass mich los!â entgegnete er ihr harsch. Hopie sah ihn an und Richard wusste was nun kommen würde, doch ob er es wirklich wollte wusste er nicht. Er wusste überhaupt nicht, was er denken sollte und was er vor allem von Hopies Benehmen erwarten konnte beziehungsweise durfte. Sie befanden sich in einer Situation die ihm äuÃerst unangenehm war ...
Hopie lehnte sich vor und ganz langsam näherten sich ihre Lippen seinem Gesicht. Richard saà wie versteinert am Sofa, wollte seine Schwägerin ihn wirklich küssen, oder bildete er sich das alles nur ein? Ihre Hand löste sich von seiner Schulter und fuhr ihm durch das Haar. Erneut spürte er einen kalten Schauer über seinen Rücken laufen, doch er war wie gelähmt und konnte nichts tun. Ihre Lippen näherten sich gefährlich den seinen und bevor er etwas sagen, geschweige denn tun konnte, spürte er den sanften Druck ihrer Lippen auf den seinen und es war um ihn geschehen, wie lange hatte er sich nach einem solchen Kuss gesehnt? Hatte ihn Emily schon einmal mit einer solchen Intensität geküsst? Oder Pennilyn Lott? Er wusste es nicht und so schnell der Kuss auch gekommen war, so schnell war er auch wieder vorbei. Hope löste ihre Umarmung Richards und stand auf und sah ihn mit groÃen Augen an und Richard starrte ihr hinterher. Was war hier bloà passiert? Hopie stand vor ihm und ging langsam, den Blick nicht von Richard abwendend auf den Cd Spieler zu und drückte die Play-Taste. Richard sah ihr hinterher, sein Herz begann immer schneller zu pochen ... Leise Musik ertönte aus den Lautsprechern und Hopie begann dazu zu tanzen. Richard war von ihr fasziniert, mit was für einer Leichtigkeit und Graziösität sie sich zu der Musik bewegte, sie schien zu schweben und dann stand auch er auf â er konnte sich dem Ganzen nicht mehr entziehen. Alles war so anders, das Licht im Raum war gedämmt, die leise Musik im Hintergrund, das Knistern im Kamin und Hopie, die so verdammt schön war. Warum hatte sie bloà keinen Mann? Richard seufzte leise und ging zur tanzenden Hopie, die ihn anlächelte und ihre Arme um ihn legte. Es war so schön, seit langem fühlte Richard sich wieder richtig geborgen und dann begann Hopie zu singen.
I could have danced all night,
I could have danced all night,
And still have begged for more.
I could have spread my wings
And done a thousand things
I've never done before.
I'll never know what made it so exciting
Why all at once my heart took flight.
I only know when he began to dance with me
I could have danced, danced, danced all night!
Sie hatte ihn verzaubert, er war völlig fasziniert von ihr und dann begann auch er, mit seiner tiefen Stimme zu singen.
Daddy always thought that I married beneath me
That's what he said, that's what he said.
When I proposed he informed my mother
That this was probably her very last chance.
Er stockte und blickte zu Hopie, die ihn leicht geschockt ansah, denn immerhin sang er da von ihrer Schwester ...
And though she er unterbrach â Emily - was twenty-two,
Though she was twenty-two,
Though she was twenty-two--
She married me.
Life with my parents wasn't ever a picnic
More like a "Come as you are."
But it wasn't something you'd wanna discuss
They weren't warm, well, not to her ... well, not to us
But ev'rything was beautiful at the ballet.
Graceful men lift lovely girls in white.
Yes, ev'rything was beautiful at ballet,
Hey! We were happy at the ballet.
Er sah Hopie an und sie sah in seinen Augen all den Schmerz den er die letzten Wochen ertragen hatte und mit denen er sich noch immer quälte.
Da stand er nun, als Ehebrecher, in den Armen einer anderen, noch schlimmer in den Armen seiner Schwägerin und sang von seinem Leben, dass überhaupt nicht verlaufen war, wie er es sich eigentlich vorgestellt hatte und dann wurde Hopies Umarmung abermals intensiver und sie küsste ihn erneut, zärtlich, aber fordernd.
Hopie:
âMore, more, more!â
Richard:
âI'll put up no resistance
I want to stay the distance
I've got an itch to scratch
I need assistance
Touch-a touch-a touch-a touch me
I wanna be dirty
Thrill me, chill me, fulfill me!â
Hopie:
And that's just one small fraction
Of the main attraction
You need a friendly hand
And I need action
...
âHör auf, Hopie! Ich kann das nicht tun, ich kann nicht und ich will nicht!â Richard riss sich von Hopie los und stürmte aus dem Zimmer. Er ging die Treppe hinauf und auf halbem Weg blieb er stehen. Er streifte sich die Haare aus dem Gesicht und ging weiter, hinauf, nur hinauf. Vor ihrem Schlafzimmer blieb er stehen, er öffnete die Tür einen Spalt und schaute hinein. Da lag sie â Emily, seine Frau â wie ein Engel lag sie da und hatte keine Ahnung was unten vorgefallen war. Er schämte sich, er schämte sich zutiefst und machte sich Vorwürfe, dass er sich so gehen lassen hatte. Wie konnte er nur? Was war da unten passiert?
Hartford war eine Stadt in Connecticut in der Emily schon vor langer Zeit Zuflucht gefunden hatte und auch heute sollte es nicht anders sein. Hartford, diese Glitzertraumstadt, schlief noch in der Dunkelheit vor Morgengrauen. In dieser Stadt wurden Träume wahr, wurden schal und wieder verworfen, und manchmal wurden sie auch zu Alpträumen. Vielen Frauen lagen jetzt im Bett, aufgebracht, verletzt und verzweifelt â Emily war eine von ihnen.
Alles in dem Zimmer war makellos, bis auf das Bett â und die Frau die darin lag. Es war zerwühlt, die Ãberdecke verschoben, Kissen lagen zwischen den Bettüchern, den FuÃboden zerstreut und ihn ihm lag Emily.
Es war 4 Uhr morgens, aus dem Augenwinkel sah sie, dass jemand die Tür geöffnet hatte. War es Richard? Sie traute sich nicht sich zu bewegen, sie hatte Angst. Angespannt lag sie da, sie traute sich doch nicht einmal zu atmen â sie wollte ihn nicht auf sich aufmerksam machen. Sie wollte einfach nur daliegen und ... Ja, was wollte sie eigentlich? Das war eine gute Frage, sie hatte sich diese Frage schon lange nicht mehr gestellt, seit, seit Lorelai weg war. Wollte sie ihr Leben so weiterführen, oder wollte sie es ändern? Sich dem tristen Alltag widersetzen, aufstehen, frei von allen Zwängen sein und wieder unbeschwert leben können? Leben â das war es was sie wollte, sie hatte es verlernt, warum nur? Warum hatte sie sich überhaupt so zurückgezogen, warum hatte sie sich so versteckt, den Schmerz von sich Besitz ergreifen lassen und das Leben als ihren Feind gesehen. War es wirklich ihr Feind? Nein, dass war es auf keinem Fall, nicht seitdem sie wusste, dass sie wieder schwanger war. Dies sollte doch gerade der Grund sein, aufzustehen und âHallo Leben, da bin ich wieder!â zu sagen, wieder zu leben und nicht ständig an die Vergangenheit zu denken. Auf ihrer Stirn bildeten sich diese kleinen Falten, immer wenn sie angespannt war, kamen sie zum Vorschein. Was wollte sie, wie sollte es jetzt weitergehen?
DrauÃen wurde es langsam heller, Emily rührte sich noch immer nicht, obwohl Richard die Tür schon lange wieder geschlossen hatte. Sie hob langsam den Kopf und richtete sich auf, ihr Kopf schmerzte und ihr Arm tat weh, ein seltsamer Schmerz und dann erinnerte sich wieder, was gestern Abend geschehen war. Ein schlanker Arm kam unter der Decke hervor und suchte den Rand. Auch die Hand war schlank, bei genauerem Hinsehen waren jedoch die verräterischen Linien eines gewissen Alters zu erkennen. Sie schlug die schwere Decke auf zur Seite, nahm ihren Morgenmantel und zog sich ihn über das dünne Nachthemd, es war kalt in diesem Raum. Sie fror und eine Gänsehaut zog sich über ihren Rücken, ihre Arme, ihren ganzen Körper, machte auch vor ihrem Inneren nicht halt.
Sie ging auf das Fenster zu und spähte zwischen den schweren Vorhängen, die nicht richtig zugezogen waren, durch das beschlagene Fensterglas. DrauÃen war es grau, von der Schneepracht war nichts mehr übrig geblieben. Eine ganze Zeit lang war es nun schon jämmerlich nass und kühl, sie hatte gedacht, dass es endlich vorbei sein würde, denn sie konnte das Grau nicht mehr sehen. Sie schlang die Arme fest um ihren Oberkörper und wandte sich ab.
Der gestrigen Abend â den würde sie am liebsten gleich wieder vergessen â aus ihren Gedanken verbannen, es war schmerzhaft, schmerzhafter als alles zuvor, noch schmerzhafter als das was sie mit Lorelai durchmachen musste.
Was tun wenn einem die eigene Familie so viel Schmerz zufügt? , fragte sie sich, als sie ins Badezimmer ging. Nun, sie würde ihren üblichen Tagesablauf einhalten, sich mit etwas beschäftigen, um nicht nachdenken zu müssen, das sie vom Denken abhielt. Vielleicht würde sie auch im Bett bleiben, denn der Arzt meinte sie solle sich ausruhen! Ausruhen â pah! Was weià der schon? Sagte sie zu sich selbst. Sie würden den Tag ablaufen lassen, wie alle zuvor und sich irgendwie durchschlagen. Als sie wieder aus dem Bad kam, eingehüllt in einem dicken Frotteemantel, das Haar in sämtliche Richtungen abstehend, sah sie noch mitgenommener aus, als die Tage zuvor, mit Flecken im Gesicht und geröteten Augen und immer noch diese schrecklichen Ringen unter den Augen. Sie schüttelte den Kopf als sie ihrem eigenen Spiegelbild begegnete, hielt sich aber nicht weiter auf und verlieà ihr Schlafzimmer.
Langsam ging sie den Flur entlang und ihr Blick blieb an diversen Familienfotografien hängen â sie und Richard, Lorelai als Baby, Lorelai, Richard und sie â das Bild war schon sehr alt, trotzdem blieb sie stehen, sie verharrte dort für einige Zeit und dachte an die Aufnahme ... Wie kompliziert war es doch gewesen â der Fotograph war mit den Nerven schon völlig am Ende gewesen, da Lorelai nicht schreien aufhören wollte. Sie war mit der Kleinen auf dem Arm auf und abgelaufen und Richard hatte für Lorelai gesungen â alles nur um Lorelai zu beruhigen. Sie schaute das Foto nochmals an, was für ein süÃes Baby Lorelai doch gewesen war, mit diesen blauen Augen und dem schwarzen Schopf. Sie war perfekt gewesen, genauso wir ihre Zukunft ... Sie dachte an das Kind in ihr. âDen gleichen Fehler werde ich nicht nochmals machen, das verspreche ich dir!â Sie legte ihre Hand auf den Bauch, er hatte sich schon etwas nach vorne gewölbt ... Und dann sah sie wieder auf das Foto und auf die nächste Fotografie. Wo war es hin? Es fehlte ein Bild â eine Fotografie fehlte! Wer hatte es abgenommen? Richard, das Hausmädchen, oder gar sie selbst? Nein, sie hatte das Bild sicherlich nicht abgenommen. âWo mag das Bild bloà sein?â, ging es ihr durch den Kopf. Es war ihr Lieblingsbild, Lorelai hatte es ihr zum Geburtstag geschenkt, es war eine Erinnerung an glücklichere Tage. âEin Bild kann doch nicht von alleine verschwinden, das ist nicht möglich ...â
Sie ging weiter, die Treppe hinunter, eine Stufe, die zweite und unten lagen Scherben! Scherben? Wie kamen die denn bloà hierher? Sie bückte sich und nahm das zerbrochene Glas in die Hand. Sie drehte es hin und her und sah es einfach nur an. Sie ging noch ein Stückchen hinunter, bückte sich, denn da lag das Foto das sie oben vermisst hatte â das letzte Familienfoto, auf dem auch Rory zu sehen war. Sie drückte das Foto an sich, dann weinte sie, völlig lautlos, aber ihr ganzer Körper bebte. Als sie schlieÃlich zu weinen aufhörte, holte sie tief Luft und lieà das Foto fallen. Der Kummer hatte von ihr Besitz ergriffen. Dieser Schmerz â er war unbeschreiblich. Die Tränen kamen nicht stärker, die blieben aus, doch den Schmerz den sie spürte, zerriss sie beinahe. Bilder tauchten vor ihr auf, es war grauenvoll ... und dann spürte sie einen anderen Schmerz und sah auf ihre Hand hinunter.
âAhh ...â sie biss sich auf die Lippe, Blut tropfte auf den Boden hinunter, es wurde zunehmend mehr â sie hatte das Glas wohl unbewusst zusammengedrückt und es sich dabei in die Hand gebohrt. Sie öffnete die Hand und sah das zerbrochene Glas. Glassplitter steckten in ihrer Hand, sie versuchte die groÃen Splitter herauszuziehen, doch es gelang nicht, mehr Blut tropfte auf den weiÃen Boden. Sie musste hinunter in die Küche um dort die Hand abzuwaschen und zu verbinden. Sie stieg die Treppe langsam hinunter, das Blut tropfte noch immer an ihr hinunter, doch sie blieb stumm â stumm wie der Schmerz in ihr.
In der Küche hielt sie die Hand unter das kalte Wasser, es war wie Eis auf ihrer Hand. Sie fing an zu zittern, doch hielt die Hand weiter unter den Hahn.
DrauÃen wurde es langsam heller, doch die Nebelschwaden hingen noch immer über dem Pool. Ob sie heute überhaupt verschwinden würden? Emily stellte das Wasser ab, wickelte ihre Hand in ein Tuch und ging nach drauÃen. Sie wollte einen klaren Kopf bekommen und einfach alles vergessen was bisher geschehen war. Sie würde neu anfangen, dass würde sie tun und es würde ihr wahrscheinlich helfen. Emily stand drauÃen in der Kälte, sie konnte ihren eigenen Atem sehen und sog die kalte Luft gierig ein. Sie ging einige Schritte um den Pool herum, im Poolhaus brannte Licht â hatte man vergessen es auszuschalten? Es war ihr vorher gar nicht aufgefallen....
Sie zog den Froteemantel enger um sich, denn es war wirklich kalt hier drauÃen. Ganz langsam ging sie auf das Poolhaus zu, der Nebel hing noch immer über dem Pool, die Lampe an der Hauswand flackerte und erlosch als Emilyâs Hand nach der Türklinke des Poolhauses griff. Sie stand im Dunkeln, hielt inne und lauschte. Der Wind pfiff über das Dach und da war noch etwas, dass sie stutzig machte. Sie hörte Stimmen, Gelächter und ... â was war hier los?
Emily stand da, die Hand auf der Klinke, wollte sie sie wirklich hinunterdrücken, der Tür einen leichten Schubs geben und durch den Spalt in das Poolhaus schauen? Wollte sie tatsächlich wissen, was da drinnen vor sich ging? Wer war überhaupt im Poolhaus, das doch sonst nie benutzt wurde. Nur einmal hatten sie es wirklich benutzt, besser gesagt Lorelai und ihre Freundinnen haben es benutzt und anschlieÃend musste eine Reinigungsfirma kommen und das Poolhaus säubern, da sich das Mädchen geweigert hatte dort aufzuräumen. So schlimm hatte es doch nicht ausgesehen, oder doch?
Lorelai trat von einem Bein auf das andere, sie starrte auf den Boden und Richard saà auf dem Sofa und wusste nicht was er sagen sollte. Ihr fiel jedoch genug ein, sie hätte noch Stunden reden können, aber was hätte es gebracht? âLorelai? Lorelai hörst du mir überhaupt zu? Lorelai!â Emily sah ihr Tochter auffordern an, diese traute sich jedoch nicht nur ein Wort zu sagen. âWie kann man nur auf die Idee kommen eine Essenschlacht zu machen? Habt ihr denn nichts besseres zu tun? Hättet ihr nicht im Pool spielen könne, wie andere Kinder auch? Hineinrutschen? Wasserschlacht machen? Baywatch spielen?â Emily verdrehte die Augen und sah zu Richard der schmunzelte. âRichard was gibt es da zu Lachen?â âAch Emily, hast du denn so etwas nie gemacht?â Sie stutzte, nein hatte sie nie, ansonsten hätte ihr Vater sie über das Knie gelegt. Damals hatte sie auch nicht unaufgefordert gesprochen, wenn Erwachsenen im selben Raum waren wie sie. Nein damals hatte es so etwas nicht gegeben! âWillst du damit sagen, dass du etwas dergleichen Sehrwohl gemacht hast?â Er kam auf sie zu. âLorelai, lässt du uns bitte alleine?â Sichtlich erleichtert stand Lorelai auf und rannte davon. Angewidert sah Emily an den Wänden hoch und Schokoladensauce tropfte auf den teuren Perserteppich. âEmily, sie ist ein Kind und sie und ihre Freundinnen wollten nur etwas Spass haben!â âDas nennst du Spass haben? Sie haben überall auf den Wänden Pizzen verteilt, mit Schokoladensauce und Erdbeeren ihre Namen auf die Wände geschrieben, sie haben Wasser auf den Boden geschüttet um dort âWasser-Laufenâ zu können! Richard Gilmore, dass ist nichts anderes als ...â Ihr fiel nichts passendes ein. Das war Lorelaiâs Geburtstagsparty gewesen, die letzte im Pool Haus und auf dem Gilmorschen Anwesen ... Emily lächelte, ja das war ihre Lorelai gewesen, im Nachhinein konnte sie nur lachen â da, da war es wieder â das Lachen! Sie hörte es laut und deutlich.
Ihr Herz raste, und sie spürte, wie ihr der Schweià ausbrach, als sie die den Metallgriff der Tür berührte: runterdrücken, aufschubsen; runterdrücken, aufschubsen.
Sie wollte die Tür eigentlich gar nicht mehr aufmachen, sie wollte die Hand wegziehen, zurück ins Haus gehen und sich wieder ins Bett legen, doch ihre FüÃe bewegten sich nicht vom Fleck und auch ihre Finger taten nicht das, was sie wollte.
Die Klinke ging nach unten und die Tür sprang auf, sie spürte die Wärme die langsam nach auÃen kroch, sie hörte die Stimmen noch deutlicher und klarer als zuvor. Sie schloss die Augen und im nächsten Moment ertappte sie sich selber wie sie die Augen wieder öffnete und durch den Spalt spähte. Sie war auf vieles gefasst gewesen, nur nicht auf das was sie sah. Sie wollte die Augen schlieÃen, sich umdrehen, doch sie konnte sich nicht losreisen. Sie war wie gelähmt. Das Blut dröhnte in ihrem Kopf und schien sie erstarren zu lassen, als hätte sie nichts mit dem zu tun, was vor ihr geschah. Doch als eine Hand von hinten ihre Schulter berührte, wachte sie auf. Konnten sie sie sehen?
Doch dann â wie immer in solchen Momenten â klingelte das Telefon und störte diesen sonderbaren Moment. Beiden versuchten das penetrante Klingeln des Telefons zuüberhören und hoffentlich war das Hausmädchen auch schon weg, denn ansonsten, er mochte gar nicht dran denken. Richard und Hopie bewegten sich nicht und warteten. Das Warten schien eine Ewigkeit zu dauern und noch länger dauerte es bis sich einer der Beiden wieder bewegte. Die Schwester seiner Frau machte den ersten Schritt und rutschte näher an Richard und dieser fühlte wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief, so etwas hatte er schon lange nicht mehr gespürt. Er schüttelte den Kopf, richtete sich aus seiner Kauerstellung auf und wollte Hopies Hand von seiner Schulter nehmen, er durfte dies nicht tun, das alles durfte nicht passieren â er war ein verheirateter Mann und verdammt noch einmal, er war vor allem glücklich verheiratet, doch ihre Hand klammerte sich an seiner Schulter fest und dann fiel sie Richard um den Hals.
âHopie!â Richard wusste nicht was dies nun sollte, warum hielt sich seine Schwägerin bloà so fest an ihm? Er versuchte sich aus ihrer Umklammerung zu lösen, doch sie hielt ihn umso fester. âHopie, ich bitte dich, lass mich los!â entgegnete er ihr harsch. Hopie sah ihn an und Richard wusste was nun kommen würde, doch ob er es wirklich wollte wusste er nicht. Er wusste überhaupt nicht, was er denken sollte und was er vor allem von Hopies Benehmen erwarten konnte beziehungsweise durfte. Sie befanden sich in einer Situation die ihm äuÃerst unangenehm war ...
Hopie lehnte sich vor und ganz langsam näherten sich ihre Lippen seinem Gesicht. Richard saà wie versteinert am Sofa, wollte seine Schwägerin ihn wirklich küssen, oder bildete er sich das alles nur ein? Ihre Hand löste sich von seiner Schulter und fuhr ihm durch das Haar. Erneut spürte er einen kalten Schauer über seinen Rücken laufen, doch er war wie gelähmt und konnte nichts tun. Ihre Lippen näherten sich gefährlich den seinen und bevor er etwas sagen, geschweige denn tun konnte, spürte er den sanften Druck ihrer Lippen auf den seinen und es war um ihn geschehen, wie lange hatte er sich nach einem solchen Kuss gesehnt? Hatte ihn Emily schon einmal mit einer solchen Intensität geküsst? Oder Pennilyn Lott? Er wusste es nicht und so schnell der Kuss auch gekommen war, so schnell war er auch wieder vorbei. Hope löste ihre Umarmung Richards und stand auf und sah ihn mit groÃen Augen an und Richard starrte ihr hinterher. Was war hier bloà passiert? Hopie stand vor ihm und ging langsam, den Blick nicht von Richard abwendend auf den Cd Spieler zu und drückte die Play-Taste. Richard sah ihr hinterher, sein Herz begann immer schneller zu pochen ... Leise Musik ertönte aus den Lautsprechern und Hopie begann dazu zu tanzen. Richard war von ihr fasziniert, mit was für einer Leichtigkeit und Graziösität sie sich zu der Musik bewegte, sie schien zu schweben und dann stand auch er auf â er konnte sich dem Ganzen nicht mehr entziehen. Alles war so anders, das Licht im Raum war gedämmt, die leise Musik im Hintergrund, das Knistern im Kamin und Hopie, die so verdammt schön war. Warum hatte sie bloà keinen Mann? Richard seufzte leise und ging zur tanzenden Hopie, die ihn anlächelte und ihre Arme um ihn legte. Es war so schön, seit langem fühlte Richard sich wieder richtig geborgen und dann begann Hopie zu singen.
I could have danced all night,
I could have danced all night,
And still have begged for more.
I could have spread my wings
And done a thousand things
I've never done before.
I'll never know what made it so exciting
Why all at once my heart took flight.
I only know when he began to dance with me
I could have danced, danced, danced all night!
Sie hatte ihn verzaubert, er war völlig fasziniert von ihr und dann begann auch er, mit seiner tiefen Stimme zu singen.
Daddy always thought that I married beneath me
That's what he said, that's what he said.
When I proposed he informed my mother
That this was probably her very last chance.
Er stockte und blickte zu Hopie, die ihn leicht geschockt ansah, denn immerhin sang er da von ihrer Schwester ...
And though she er unterbrach â Emily - was twenty-two,
Though she was twenty-two,
Though she was twenty-two--
She married me.
Life with my parents wasn't ever a picnic
More like a "Come as you are."
But it wasn't something you'd wanna discuss
They weren't warm, well, not to her ... well, not to us
But ev'rything was beautiful at the ballet.
Graceful men lift lovely girls in white.
Yes, ev'rything was beautiful at ballet,
Hey! We were happy at the ballet.
Er sah Hopie an und sie sah in seinen Augen all den Schmerz den er die letzten Wochen ertragen hatte und mit denen er sich noch immer quälte.
Da stand er nun, als Ehebrecher, in den Armen einer anderen, noch schlimmer in den Armen seiner Schwägerin und sang von seinem Leben, dass überhaupt nicht verlaufen war, wie er es sich eigentlich vorgestellt hatte und dann wurde Hopies Umarmung abermals intensiver und sie küsste ihn erneut, zärtlich, aber fordernd.
Hopie:
âMore, more, more!â
Richard:
âI'll put up no resistance
I want to stay the distance
I've got an itch to scratch
I need assistance
Touch-a touch-a touch-a touch me
I wanna be dirty
Thrill me, chill me, fulfill me!â
Hopie:
And that's just one small fraction
Of the main attraction
You need a friendly hand
And I need action
...
âHör auf, Hopie! Ich kann das nicht tun, ich kann nicht und ich will nicht!â Richard riss sich von Hopie los und stürmte aus dem Zimmer. Er ging die Treppe hinauf und auf halbem Weg blieb er stehen. Er streifte sich die Haare aus dem Gesicht und ging weiter, hinauf, nur hinauf. Vor ihrem Schlafzimmer blieb er stehen, er öffnete die Tür einen Spalt und schaute hinein. Da lag sie â Emily, seine Frau â wie ein Engel lag sie da und hatte keine Ahnung was unten vorgefallen war. Er schämte sich, er schämte sich zutiefst und machte sich Vorwürfe, dass er sich so gehen lassen hatte. Wie konnte er nur? Was war da unten passiert?
Hartford war eine Stadt in Connecticut in der Emily schon vor langer Zeit Zuflucht gefunden hatte und auch heute sollte es nicht anders sein. Hartford, diese Glitzertraumstadt, schlief noch in der Dunkelheit vor Morgengrauen. In dieser Stadt wurden Träume wahr, wurden schal und wieder verworfen, und manchmal wurden sie auch zu Alpträumen. Vielen Frauen lagen jetzt im Bett, aufgebracht, verletzt und verzweifelt â Emily war eine von ihnen.
Alles in dem Zimmer war makellos, bis auf das Bett â und die Frau die darin lag. Es war zerwühlt, die Ãberdecke verschoben, Kissen lagen zwischen den Bettüchern, den FuÃboden zerstreut und ihn ihm lag Emily.
Es war 4 Uhr morgens, aus dem Augenwinkel sah sie, dass jemand die Tür geöffnet hatte. War es Richard? Sie traute sich nicht sich zu bewegen, sie hatte Angst. Angespannt lag sie da, sie traute sich doch nicht einmal zu atmen â sie wollte ihn nicht auf sich aufmerksam machen. Sie wollte einfach nur daliegen und ... Ja, was wollte sie eigentlich? Das war eine gute Frage, sie hatte sich diese Frage schon lange nicht mehr gestellt, seit, seit Lorelai weg war. Wollte sie ihr Leben so weiterführen, oder wollte sie es ändern? Sich dem tristen Alltag widersetzen, aufstehen, frei von allen Zwängen sein und wieder unbeschwert leben können? Leben â das war es was sie wollte, sie hatte es verlernt, warum nur? Warum hatte sie sich überhaupt so zurückgezogen, warum hatte sie sich so versteckt, den Schmerz von sich Besitz ergreifen lassen und das Leben als ihren Feind gesehen. War es wirklich ihr Feind? Nein, dass war es auf keinem Fall, nicht seitdem sie wusste, dass sie wieder schwanger war. Dies sollte doch gerade der Grund sein, aufzustehen und âHallo Leben, da bin ich wieder!â zu sagen, wieder zu leben und nicht ständig an die Vergangenheit zu denken. Auf ihrer Stirn bildeten sich diese kleinen Falten, immer wenn sie angespannt war, kamen sie zum Vorschein. Was wollte sie, wie sollte es jetzt weitergehen?
DrauÃen wurde es langsam heller, Emily rührte sich noch immer nicht, obwohl Richard die Tür schon lange wieder geschlossen hatte. Sie hob langsam den Kopf und richtete sich auf, ihr Kopf schmerzte und ihr Arm tat weh, ein seltsamer Schmerz und dann erinnerte sich wieder, was gestern Abend geschehen war. Ein schlanker Arm kam unter der Decke hervor und suchte den Rand. Auch die Hand war schlank, bei genauerem Hinsehen waren jedoch die verräterischen Linien eines gewissen Alters zu erkennen. Sie schlug die schwere Decke auf zur Seite, nahm ihren Morgenmantel und zog sich ihn über das dünne Nachthemd, es war kalt in diesem Raum. Sie fror und eine Gänsehaut zog sich über ihren Rücken, ihre Arme, ihren ganzen Körper, machte auch vor ihrem Inneren nicht halt.
Sie ging auf das Fenster zu und spähte zwischen den schweren Vorhängen, die nicht richtig zugezogen waren, durch das beschlagene Fensterglas. DrauÃen war es grau, von der Schneepracht war nichts mehr übrig geblieben. Eine ganze Zeit lang war es nun schon jämmerlich nass und kühl, sie hatte gedacht, dass es endlich vorbei sein würde, denn sie konnte das Grau nicht mehr sehen. Sie schlang die Arme fest um ihren Oberkörper und wandte sich ab.
Der gestrigen Abend â den würde sie am liebsten gleich wieder vergessen â aus ihren Gedanken verbannen, es war schmerzhaft, schmerzhafter als alles zuvor, noch schmerzhafter als das was sie mit Lorelai durchmachen musste.
Was tun wenn einem die eigene Familie so viel Schmerz zufügt? , fragte sie sich, als sie ins Badezimmer ging. Nun, sie würde ihren üblichen Tagesablauf einhalten, sich mit etwas beschäftigen, um nicht nachdenken zu müssen, das sie vom Denken abhielt. Vielleicht würde sie auch im Bett bleiben, denn der Arzt meinte sie solle sich ausruhen! Ausruhen â pah! Was weià der schon? Sagte sie zu sich selbst. Sie würden den Tag ablaufen lassen, wie alle zuvor und sich irgendwie durchschlagen. Als sie wieder aus dem Bad kam, eingehüllt in einem dicken Frotteemantel, das Haar in sämtliche Richtungen abstehend, sah sie noch mitgenommener aus, als die Tage zuvor, mit Flecken im Gesicht und geröteten Augen und immer noch diese schrecklichen Ringen unter den Augen. Sie schüttelte den Kopf als sie ihrem eigenen Spiegelbild begegnete, hielt sich aber nicht weiter auf und verlieà ihr Schlafzimmer.
Langsam ging sie den Flur entlang und ihr Blick blieb an diversen Familienfotografien hängen â sie und Richard, Lorelai als Baby, Lorelai, Richard und sie â das Bild war schon sehr alt, trotzdem blieb sie stehen, sie verharrte dort für einige Zeit und dachte an die Aufnahme ... Wie kompliziert war es doch gewesen â der Fotograph war mit den Nerven schon völlig am Ende gewesen, da Lorelai nicht schreien aufhören wollte. Sie war mit der Kleinen auf dem Arm auf und abgelaufen und Richard hatte für Lorelai gesungen â alles nur um Lorelai zu beruhigen. Sie schaute das Foto nochmals an, was für ein süÃes Baby Lorelai doch gewesen war, mit diesen blauen Augen und dem schwarzen Schopf. Sie war perfekt gewesen, genauso wir ihre Zukunft ... Sie dachte an das Kind in ihr. âDen gleichen Fehler werde ich nicht nochmals machen, das verspreche ich dir!â Sie legte ihre Hand auf den Bauch, er hatte sich schon etwas nach vorne gewölbt ... Und dann sah sie wieder auf das Foto und auf die nächste Fotografie. Wo war es hin? Es fehlte ein Bild â eine Fotografie fehlte! Wer hatte es abgenommen? Richard, das Hausmädchen, oder gar sie selbst? Nein, sie hatte das Bild sicherlich nicht abgenommen. âWo mag das Bild bloà sein?â, ging es ihr durch den Kopf. Es war ihr Lieblingsbild, Lorelai hatte es ihr zum Geburtstag geschenkt, es war eine Erinnerung an glücklichere Tage. âEin Bild kann doch nicht von alleine verschwinden, das ist nicht möglich ...â
Sie ging weiter, die Treppe hinunter, eine Stufe, die zweite und unten lagen Scherben! Scherben? Wie kamen die denn bloà hierher? Sie bückte sich und nahm das zerbrochene Glas in die Hand. Sie drehte es hin und her und sah es einfach nur an. Sie ging noch ein Stückchen hinunter, bückte sich, denn da lag das Foto das sie oben vermisst hatte â das letzte Familienfoto, auf dem auch Rory zu sehen war. Sie drückte das Foto an sich, dann weinte sie, völlig lautlos, aber ihr ganzer Körper bebte. Als sie schlieÃlich zu weinen aufhörte, holte sie tief Luft und lieà das Foto fallen. Der Kummer hatte von ihr Besitz ergriffen. Dieser Schmerz â er war unbeschreiblich. Die Tränen kamen nicht stärker, die blieben aus, doch den Schmerz den sie spürte, zerriss sie beinahe. Bilder tauchten vor ihr auf, es war grauenvoll ... und dann spürte sie einen anderen Schmerz und sah auf ihre Hand hinunter.
âAhh ...â sie biss sich auf die Lippe, Blut tropfte auf den Boden hinunter, es wurde zunehmend mehr â sie hatte das Glas wohl unbewusst zusammengedrückt und es sich dabei in die Hand gebohrt. Sie öffnete die Hand und sah das zerbrochene Glas. Glassplitter steckten in ihrer Hand, sie versuchte die groÃen Splitter herauszuziehen, doch es gelang nicht, mehr Blut tropfte auf den weiÃen Boden. Sie musste hinunter in die Küche um dort die Hand abzuwaschen und zu verbinden. Sie stieg die Treppe langsam hinunter, das Blut tropfte noch immer an ihr hinunter, doch sie blieb stumm â stumm wie der Schmerz in ihr.
In der Küche hielt sie die Hand unter das kalte Wasser, es war wie Eis auf ihrer Hand. Sie fing an zu zittern, doch hielt die Hand weiter unter den Hahn.
DrauÃen wurde es langsam heller, doch die Nebelschwaden hingen noch immer über dem Pool. Ob sie heute überhaupt verschwinden würden? Emily stellte das Wasser ab, wickelte ihre Hand in ein Tuch und ging nach drauÃen. Sie wollte einen klaren Kopf bekommen und einfach alles vergessen was bisher geschehen war. Sie würde neu anfangen, dass würde sie tun und es würde ihr wahrscheinlich helfen. Emily stand drauÃen in der Kälte, sie konnte ihren eigenen Atem sehen und sog die kalte Luft gierig ein. Sie ging einige Schritte um den Pool herum, im Poolhaus brannte Licht â hatte man vergessen es auszuschalten? Es war ihr vorher gar nicht aufgefallen....
Sie zog den Froteemantel enger um sich, denn es war wirklich kalt hier drauÃen. Ganz langsam ging sie auf das Poolhaus zu, der Nebel hing noch immer über dem Pool, die Lampe an der Hauswand flackerte und erlosch als Emilyâs Hand nach der Türklinke des Poolhauses griff. Sie stand im Dunkeln, hielt inne und lauschte. Der Wind pfiff über das Dach und da war noch etwas, dass sie stutzig machte. Sie hörte Stimmen, Gelächter und ... â was war hier los?
Emily stand da, die Hand auf der Klinke, wollte sie sie wirklich hinunterdrücken, der Tür einen leichten Schubs geben und durch den Spalt in das Poolhaus schauen? Wollte sie tatsächlich wissen, was da drinnen vor sich ging? Wer war überhaupt im Poolhaus, das doch sonst nie benutzt wurde. Nur einmal hatten sie es wirklich benutzt, besser gesagt Lorelai und ihre Freundinnen haben es benutzt und anschlieÃend musste eine Reinigungsfirma kommen und das Poolhaus säubern, da sich das Mädchen geweigert hatte dort aufzuräumen. So schlimm hatte es doch nicht ausgesehen, oder doch?
Lorelai trat von einem Bein auf das andere, sie starrte auf den Boden und Richard saà auf dem Sofa und wusste nicht was er sagen sollte. Ihr fiel jedoch genug ein, sie hätte noch Stunden reden können, aber was hätte es gebracht? âLorelai? Lorelai hörst du mir überhaupt zu? Lorelai!â Emily sah ihr Tochter auffordern an, diese traute sich jedoch nicht nur ein Wort zu sagen. âWie kann man nur auf die Idee kommen eine Essenschlacht zu machen? Habt ihr denn nichts besseres zu tun? Hättet ihr nicht im Pool spielen könne, wie andere Kinder auch? Hineinrutschen? Wasserschlacht machen? Baywatch spielen?â Emily verdrehte die Augen und sah zu Richard der schmunzelte. âRichard was gibt es da zu Lachen?â âAch Emily, hast du denn so etwas nie gemacht?â Sie stutzte, nein hatte sie nie, ansonsten hätte ihr Vater sie über das Knie gelegt. Damals hatte sie auch nicht unaufgefordert gesprochen, wenn Erwachsenen im selben Raum waren wie sie. Nein damals hatte es so etwas nicht gegeben! âWillst du damit sagen, dass du etwas dergleichen Sehrwohl gemacht hast?â Er kam auf sie zu. âLorelai, lässt du uns bitte alleine?â Sichtlich erleichtert stand Lorelai auf und rannte davon. Angewidert sah Emily an den Wänden hoch und Schokoladensauce tropfte auf den teuren Perserteppich. âEmily, sie ist ein Kind und sie und ihre Freundinnen wollten nur etwas Spass haben!â âDas nennst du Spass haben? Sie haben überall auf den Wänden Pizzen verteilt, mit Schokoladensauce und Erdbeeren ihre Namen auf die Wände geschrieben, sie haben Wasser auf den Boden geschüttet um dort âWasser-Laufenâ zu können! Richard Gilmore, dass ist nichts anderes als ...â Ihr fiel nichts passendes ein. Das war Lorelaiâs Geburtstagsparty gewesen, die letzte im Pool Haus und auf dem Gilmorschen Anwesen ... Emily lächelte, ja das war ihre Lorelai gewesen, im Nachhinein konnte sie nur lachen â da, da war es wieder â das Lachen! Sie hörte es laut und deutlich.
Ihr Herz raste, und sie spürte, wie ihr der Schweià ausbrach, als sie die den Metallgriff der Tür berührte: runterdrücken, aufschubsen; runterdrücken, aufschubsen.
Sie wollte die Tür eigentlich gar nicht mehr aufmachen, sie wollte die Hand wegziehen, zurück ins Haus gehen und sich wieder ins Bett legen, doch ihre FüÃe bewegten sich nicht vom Fleck und auch ihre Finger taten nicht das, was sie wollte.
Die Klinke ging nach unten und die Tür sprang auf, sie spürte die Wärme die langsam nach auÃen kroch, sie hörte die Stimmen noch deutlicher und klarer als zuvor. Sie schloss die Augen und im nächsten Moment ertappte sie sich selber wie sie die Augen wieder öffnete und durch den Spalt spähte. Sie war auf vieles gefasst gewesen, nur nicht auf das was sie sah. Sie wollte die Augen schlieÃen, sich umdrehen, doch sie konnte sich nicht losreisen. Sie war wie gelähmt. Das Blut dröhnte in ihrem Kopf und schien sie erstarren zu lassen, als hätte sie nichts mit dem zu tun, was vor ihr geschah. Doch als eine Hand von hinten ihre Schulter berührte, wachte sie auf. Konnten sie sie sehen?