11.03.2007, 12:50
So, nun denke ich, wurde genug gewartet... neuer Teil ist da, ich hoffe er gefällt euch.
Kapitel 17. Trauer
Als wir im Krankenhaus ankommen, sehe ich Lucas und Sam im Flur sitzen. Um uns herum rennen dutzende von Leuten. Ãrzte, und jene die es nicht sind. Ungeduldige Angehörige, die einen nur noch nervöser machen. Sam fährt sich immer wieder mit der Hand über die Stirn. Lucas sitzt bewegungslos da. Er starrt auf die Wand gegenüber. Seine Krawatte hängt lose um seinen Hals, sein Haar, verwühlt und zerzaust.
Sam sieht nicht viel besser aus. Die beiden schweigen. Als sie mich sehen, reagieren sie vollkommen verschieden. Lucas sieht nur auf und schweigt weiterhin. Sam springt auf die Beine und kommt auf mich zu. Er schlieÃt mich in die Arme und ich kann nicht anders: ich schluchze. Jess neben mir, geht an uns vorbei und setzt sich neben Lucas.
WeiÃt du schon mehr? Fragt er vorsichtig.
Er weiÃ, Lucas ist ein Hitzkopf. Wenn ihm etwas nicht passt, wird er schnell handgreiflich. Das jedoch niemals gegen Afrika... er liebt sie von ganzem Herzen, davon bin ich überzeugt.
Doch Jess hat ihn nicht gereizt. Lucas schluckt trocken und sieht auf. Seine Augen sind gerötet. Er schweigt weiterhin, nickt zu Sam, der sich von mir gelöst hat. Er wird nervös, setzt sich.
Die Ãrzte sagten, sie hätte viel Blut verloren. Sie hat zahlreiche Platzwunden, Schürfwunden... sie und die Polizei ist sich einig, dass es ein Autounfall war...
Bei diesen Worten dreht sich Sam demonstrativ zu Lucas um. Dieser schnauft augenblicklich auf und beginnt zu zittern. Tränen treten aus meinen Augen, als ich ihn so leiden sehe.
...Sie haben sie... sie liegt in einem künstlichem Koma... vollendet Sam und ich fühle wie meine Beine versagen. Wären er und Jess nicht aufgesprungen um mich aufzufangen, ich wäre hart auf dem Boden aufgekommen.
Als ich die Augen öffne, sehe ich direkt in ein helles Neonlicht. Ich schlieÃe sie sofort wieder und drehe mich zur Seite. Als ich die Augen erneut öffne, sehe ich seine Umrisse, gegen das Licht auf einem Stuhl sitzen. Er liest.
Ich erinnere mich, dass plötzlich alles schwarz wurde. Dann denke ich an Afrika. All das Blut, die Klamotten, ihr zerfetztes Kleid. Dann erinnere ich mich an das, was Sam gesagt hatte. Künstliches Koma.
Ich versuche mich aufzurichten, doch mir wird schwindelig. Sofort lasse ich mich wieder zurück sinken. Er wird auf mich aufmerksam.
Hey... macht er besorgt, springt auf und kommt an das Bett. Er setzt sich neben mich. Wie geht es dir?
Ich greife mir an den Kopf. Was ist passiert?
Er streckt die Hand aus und berührt meine Stirn. Du bist zusammen geklappt, nachdem Sam gesagt hatte, was mit Afrika ist... erklärt er und sieht mich prüfend an. Als hätte er Angst ich würde erneut ohnmächtig werden.
Ich sehe ihn ernst an. Ich weià nicht warum, aber ich kann nicht weinen. Ich würde schreien. Aber ich kann nicht. Stattdessen starre ich Jess nur an, als würde ich hoffen aus einem Alptraum zu erwachen.
Es ist meine Schuld... flüstere ich leise.
Er rückt näher an mich und nimmt meinen Kopf in seine Hände. Was redest du denn da? Natürlich ist es nicht deine Schuld...
Ich nicke leise. Ich hätte sie nie alleine lassen dürfen... ich sehe zum Fenster.
Rory... versucht er etwas zu sagen, doch ich unterbreche ihn.
Nein! Ich bin doch nur hoch gegangen, wollte Esperanza helfen. Als ich wieder nach unten kam um die Schuhe für das Blumenmädchen zu holen, war sie nicht da, und der Koffer, über den ich gestolpert war, war auch weg. Ich dachte, sie wollte ihn zum Auto bringen, ich wollte ihr helfen... ich bin ihr hinterher, und da lag sie. Hätte ich sie doch nicht alleine gelassen, Jess... meine Augen sind so trocken, dass es weh tut und ich wünsche, ich könnte heulen.
Kilometerweit entfernt...
Musstest du ausgerechnet den Wagen nehmen? Fragt er und starrt aus dem Fenster.
Wenn du es vorgezogen hättest den anderen zu nehmen, hättest du noch einige Wochen auf die Reparatur warten können... antwortet sie und trinkt aus dem Glas.
Toll... Jetzt sind sie beide kaputt... er wischt die SchweiÃperlen von seiner Stirn und dreht sich zu ihr um. Er nimmt ihr das Glas weg und stellt es auf den Tisch.
Hättest du es riskieren können noch ein paar Wochen zu warten? Fragt sie schnippisch und versucht sich das Glas wieder zu holen.
Wo ist Ray? Fragt er und seine Stimme verbietet jegliche Widerworte.
Er hat sich schlafen gelegt. Ebenso wie Robert und Jake. Sie sind erschöpft. Du ermüdest sie. Du solltest auch mehr schlafen... sagt sie und sieht ihn kalt an.
Ich werde nicht mehr schlafen... sagt er schlaff. Er hat sich doch entsprechend angezogen? Fragt er wacher und sieht sie an.
Sie zieht die Augenbrauen nach oben. Was meinst du?
Herr Gott... er ist doch nicht etwa in Zivil, und ohne Verkleidung dahin! Antworte mir! Sagt er und funkelt sie an.
Nein, er hatte einen Bart an. Und buschige Augenbrauen. Einen Hut und ein Kissen unter der Jacke! Das weiÃt du doch... So war es abgesprochen. Glaubst du etwa, er setzt unser aller Leben aufs Spiel? Sagt sie und versucht sanft zu klingen.
Bei ihm weià man nie... sagt er und legt seine Stirn gegen das kühle Fenster. Der Schweià läuft an seiner Wange herunter. Es ist AngstschweiÃ. Was, wenn das rauskommt? Was, wenn es nicht ewig ihr Geheimnis bleibt? Was, wenn einer von ihnen schwach wird? Vor allem Jake... Er ist so schwach und alleine.
Der kalte Schweià auf seinem Rücken ist unangenehm. Er überlegt, was jetzt am besten ist. Was sollen sie tun? Sollen sie überhaupt etwas tun? Den Plan durchziehen? Das wäre das Vernünftigste... Alles andere würde ihrer aller Leben in Gefahr bringen...
Er atmet tief ein und denkt an das unschuldige Leben, das er gerade beinahe vollkommen zerstört hatte. An das Leben, an die Ehe, die er so eben zerplatzen lieà wie eine Seifenblase.
Er sieht nach drauÃen und schluckt. DrauÃen ist es kalt. Es beginnt zu regnen. Und er weiÃ, der Himmel weint... Raymond hat seinen Job erledigt...
Stumm steht sie an ihrem Bett. Ihre Arme hängen schlaff an ihrem Körper herab. Sie hat die Augen geschlossen, scheint mit Afrika zu träumen. In Gedanken mit ihr zu sprechen. Lucas sitzt neben ihr auf dem Stuhl. Er hat die Ellenbogen auf die Knie gestützt und starrt zu Boden. Trauer. Machtlosigkeit. Ohnmacht. Wir spüren es alle. Ich stehe an der Tür, kann nicht zu nahe an sie heran treten ohne ebenfalls in tiefste Trauer zu fallen. Das kann ich mir jetzt nicht leisten. Ich muss stark sein. Für die anderen.
Ich sehe wie sie da steht. Sie scheint gebrochen, zeigt keine Bewegung. Lucas ebenfalls. Sie scheinen die Zeit still stehen zu lassen. Zeitlose Stunden tun sie das schon. Beide. Sie stehen da, ohne irgendeine Reaktion.
Ich sehe zu Afrika. Ihre Augen sind geschlossen, die Schläuche die ihren Körper verlassen und in ihn eintreten, machen einem Angst. GroÃe Angst. Die Schürfwunden und blauen Flecken auf ihrem Körper sind nicht zu übersehen. Die Nähte an einigen Stellen, dick angeschwollen. Sie sieht schlimm aus. Ich atme tief ein. Sie tut mir so leid.
Endlich rührt sie sich. Endlich bewegt sie sich. Sie löst sich aus ihrer Starre und geht langsam zum Fenster. Ich kann erkennen wie sie den Finger darauf legt und auf der beschlagenen Scheibe malt. Kleine Kreise. DrauÃen prasselt das Regenwasser gegen die Scheiben. Gegen Autos und Bäume. Gegen kommende Passanten und Regenschirme.
Der Himmel weint... sagt sie leise, doch sehr deutlich.
Ich sehe ernst zu ihr. Lucas reagiert noch immer nicht.
Der Himmel weint und weiÃ, was passiert ist... redet sie weiter, diesmal ein bisschen lauter. Er weiÃ, dass ich schuld bin... sie schluckt und legt ihre Stirn gegen die Fensterscheibe.
Erst bei diesen Worten sieht Lucas auf und dreht sich um. Er steht auf und geht zu ihr ans Fenster. Ich bleibe wo ich bin, denn ich weiÃ, ich wäre überflüssig.
Anders als ich erwartet habe, reagiert Lucas auf ihre Worte. Er stellt sich dicht hinter sie. Alles, was er sagen kann, sagt er leise. Ich verstehe es dennoch.
Erzähl mir was passiert ist... seine Worte sind heiser, seine Stimme versagt.
Ich sehe wie sie schluckt und langsam, ganz langsam, beginnt zu erzählen. Ich bin zu ihr gegangen, wollte ihr bei den letzten Dingen noch helfen. Wir waren in ihrer Wohnung. Sie hat sich im Spiegel betrachtet, leise hin und her gewiegt, um zu sehen wie ihr Kleid tanzt, hin und her wippt. Wir haben gelacht, Esperanza hat mehrere Fotos gemacht. Dann ging sie nach oben und lies den Koffer für die Hochzeitsreise in der Tür stehen. Als ich raus ging um Esperanza mit dem Blumenmädchen zu helfen, stolperte ich über diesen Koffer. Wir lachten noch immer und ich ging ebenfalls nach oben. Das Blumenmädchen rannte vor Esperanza her und wir lachten. Alles war so schön. Esperanza bat mich die Schuhe für die Kleine von unten zu holen. Als ich runter ging war der Koffer weg, und Afrika auch. Ich weià noch, wie ich überlegte, was wir machen würden, wenn sie das Kleid kaputt machen würde, beim ins Auto heben, von dem schweren Koffer. Also lief ich ihr hinterher, nach unten. Auf der Schwelle lag dieses grüne Oberteil... auf dem Bürgersteig sie... ich sehe wie eine Träne aus ihrem geschlossenem Auge flieÃt, ihre Wange hinunter läuft und ihre Lippen benetzt. Wäre ich nicht zu Esperanza nach oben gegangen... ich hätte sie davon abgehalten, den Koffer hinunter zu bringen...
Lange schweigen beide. Lange Zeit steht Lucas da und scheint zu überlegen, was er sagen soll. Endlich, nach fast zehn Minuten Stille, streckt er die Arme aus und dreht sie zu sich um. Er sieht ihr tief in die Augen.
Ich kann nicht sagen, wessen Schuld es war, Rory... Ich kann nicht festlegen, wer es hätte verhindern können. Man sagt immer: Im Zweifel für den Angeklagten... er sieht sich kurz zu Afrika um, wie um sich zu vergewissern, dass sie noch da liegt. ...aber ich klage dich nicht an. Woher hättest du es denn wissen sollen?
Sie schüttelt den Kopf. Ich kenne Afrika seit über zehn Jahren, Lucas. Ich hätte wissen müssen, dass sie den Koffer alleine runter bringt, anstatt zu warten, dass ihr jemand hilft...
Er schnauft durch die Nase. Ich kenne Afrika seit wir vier Jahre alt waren. Ich liebe sie seit wir fünfzehn waren. Und ich wache täglich auf und frage mich, ob ich gut genug bin, ob ich sie überhaupt verdient habe... und jetzt kann ich... jetzt muss ich meine Liebe zu ihr unter Beweis stellen. Ich kann herausfinden, ob ich sie verdient habe. Ich werde das Schwein finden, das ihr das angetan hat, und sie dort liegen lieÃ. Ich werde ihn finden, Rory... Tränen sind in seine Augen getreten. Verzweifelt versucht er sie zu unterdrücken. Bei seinen letzten Worten, ist Rory auf ihn zu gekommen, näher an ihn heran getreten. Sie hat ihre Arme um ihn gelegt, und nun liegen sie sich gegenseitig in den Armen und schluchzen. Unter anderen Umständen, würde ich lächeln, doch meine Mundwinkel sind wie einzementiert, nach unten gezogen.
...
Kapitel 17. Trauer
Als wir im Krankenhaus ankommen, sehe ich Lucas und Sam im Flur sitzen. Um uns herum rennen dutzende von Leuten. Ãrzte, und jene die es nicht sind. Ungeduldige Angehörige, die einen nur noch nervöser machen. Sam fährt sich immer wieder mit der Hand über die Stirn. Lucas sitzt bewegungslos da. Er starrt auf die Wand gegenüber. Seine Krawatte hängt lose um seinen Hals, sein Haar, verwühlt und zerzaust.
Sam sieht nicht viel besser aus. Die beiden schweigen. Als sie mich sehen, reagieren sie vollkommen verschieden. Lucas sieht nur auf und schweigt weiterhin. Sam springt auf die Beine und kommt auf mich zu. Er schlieÃt mich in die Arme und ich kann nicht anders: ich schluchze. Jess neben mir, geht an uns vorbei und setzt sich neben Lucas.
WeiÃt du schon mehr? Fragt er vorsichtig.
Er weiÃ, Lucas ist ein Hitzkopf. Wenn ihm etwas nicht passt, wird er schnell handgreiflich. Das jedoch niemals gegen Afrika... er liebt sie von ganzem Herzen, davon bin ich überzeugt.
Doch Jess hat ihn nicht gereizt. Lucas schluckt trocken und sieht auf. Seine Augen sind gerötet. Er schweigt weiterhin, nickt zu Sam, der sich von mir gelöst hat. Er wird nervös, setzt sich.
Die Ãrzte sagten, sie hätte viel Blut verloren. Sie hat zahlreiche Platzwunden, Schürfwunden... sie und die Polizei ist sich einig, dass es ein Autounfall war...
Bei diesen Worten dreht sich Sam demonstrativ zu Lucas um. Dieser schnauft augenblicklich auf und beginnt zu zittern. Tränen treten aus meinen Augen, als ich ihn so leiden sehe.
...Sie haben sie... sie liegt in einem künstlichem Koma... vollendet Sam und ich fühle wie meine Beine versagen. Wären er und Jess nicht aufgesprungen um mich aufzufangen, ich wäre hart auf dem Boden aufgekommen.
Als ich die Augen öffne, sehe ich direkt in ein helles Neonlicht. Ich schlieÃe sie sofort wieder und drehe mich zur Seite. Als ich die Augen erneut öffne, sehe ich seine Umrisse, gegen das Licht auf einem Stuhl sitzen. Er liest.
Ich erinnere mich, dass plötzlich alles schwarz wurde. Dann denke ich an Afrika. All das Blut, die Klamotten, ihr zerfetztes Kleid. Dann erinnere ich mich an das, was Sam gesagt hatte. Künstliches Koma.
Ich versuche mich aufzurichten, doch mir wird schwindelig. Sofort lasse ich mich wieder zurück sinken. Er wird auf mich aufmerksam.
Hey... macht er besorgt, springt auf und kommt an das Bett. Er setzt sich neben mich. Wie geht es dir?
Ich greife mir an den Kopf. Was ist passiert?
Er streckt die Hand aus und berührt meine Stirn. Du bist zusammen geklappt, nachdem Sam gesagt hatte, was mit Afrika ist... erklärt er und sieht mich prüfend an. Als hätte er Angst ich würde erneut ohnmächtig werden.
Ich sehe ihn ernst an. Ich weià nicht warum, aber ich kann nicht weinen. Ich würde schreien. Aber ich kann nicht. Stattdessen starre ich Jess nur an, als würde ich hoffen aus einem Alptraum zu erwachen.
Es ist meine Schuld... flüstere ich leise.
Er rückt näher an mich und nimmt meinen Kopf in seine Hände. Was redest du denn da? Natürlich ist es nicht deine Schuld...
Ich nicke leise. Ich hätte sie nie alleine lassen dürfen... ich sehe zum Fenster.
Rory... versucht er etwas zu sagen, doch ich unterbreche ihn.
Nein! Ich bin doch nur hoch gegangen, wollte Esperanza helfen. Als ich wieder nach unten kam um die Schuhe für das Blumenmädchen zu holen, war sie nicht da, und der Koffer, über den ich gestolpert war, war auch weg. Ich dachte, sie wollte ihn zum Auto bringen, ich wollte ihr helfen... ich bin ihr hinterher, und da lag sie. Hätte ich sie doch nicht alleine gelassen, Jess... meine Augen sind so trocken, dass es weh tut und ich wünsche, ich könnte heulen.
Kilometerweit entfernt...
Musstest du ausgerechnet den Wagen nehmen? Fragt er und starrt aus dem Fenster.
Wenn du es vorgezogen hättest den anderen zu nehmen, hättest du noch einige Wochen auf die Reparatur warten können... antwortet sie und trinkt aus dem Glas.
Toll... Jetzt sind sie beide kaputt... er wischt die SchweiÃperlen von seiner Stirn und dreht sich zu ihr um. Er nimmt ihr das Glas weg und stellt es auf den Tisch.
Hättest du es riskieren können noch ein paar Wochen zu warten? Fragt sie schnippisch und versucht sich das Glas wieder zu holen.
Wo ist Ray? Fragt er und seine Stimme verbietet jegliche Widerworte.
Er hat sich schlafen gelegt. Ebenso wie Robert und Jake. Sie sind erschöpft. Du ermüdest sie. Du solltest auch mehr schlafen... sagt sie und sieht ihn kalt an.
Ich werde nicht mehr schlafen... sagt er schlaff. Er hat sich doch entsprechend angezogen? Fragt er wacher und sieht sie an.
Sie zieht die Augenbrauen nach oben. Was meinst du?
Herr Gott... er ist doch nicht etwa in Zivil, und ohne Verkleidung dahin! Antworte mir! Sagt er und funkelt sie an.
Nein, er hatte einen Bart an. Und buschige Augenbrauen. Einen Hut und ein Kissen unter der Jacke! Das weiÃt du doch... So war es abgesprochen. Glaubst du etwa, er setzt unser aller Leben aufs Spiel? Sagt sie und versucht sanft zu klingen.
Bei ihm weià man nie... sagt er und legt seine Stirn gegen das kühle Fenster. Der Schweià läuft an seiner Wange herunter. Es ist AngstschweiÃ. Was, wenn das rauskommt? Was, wenn es nicht ewig ihr Geheimnis bleibt? Was, wenn einer von ihnen schwach wird? Vor allem Jake... Er ist so schwach und alleine.
Der kalte Schweià auf seinem Rücken ist unangenehm. Er überlegt, was jetzt am besten ist. Was sollen sie tun? Sollen sie überhaupt etwas tun? Den Plan durchziehen? Das wäre das Vernünftigste... Alles andere würde ihrer aller Leben in Gefahr bringen...
Er atmet tief ein und denkt an das unschuldige Leben, das er gerade beinahe vollkommen zerstört hatte. An das Leben, an die Ehe, die er so eben zerplatzen lieà wie eine Seifenblase.
Er sieht nach drauÃen und schluckt. DrauÃen ist es kalt. Es beginnt zu regnen. Und er weiÃ, der Himmel weint... Raymond hat seinen Job erledigt...
Stumm steht sie an ihrem Bett. Ihre Arme hängen schlaff an ihrem Körper herab. Sie hat die Augen geschlossen, scheint mit Afrika zu träumen. In Gedanken mit ihr zu sprechen. Lucas sitzt neben ihr auf dem Stuhl. Er hat die Ellenbogen auf die Knie gestützt und starrt zu Boden. Trauer. Machtlosigkeit. Ohnmacht. Wir spüren es alle. Ich stehe an der Tür, kann nicht zu nahe an sie heran treten ohne ebenfalls in tiefste Trauer zu fallen. Das kann ich mir jetzt nicht leisten. Ich muss stark sein. Für die anderen.
Ich sehe wie sie da steht. Sie scheint gebrochen, zeigt keine Bewegung. Lucas ebenfalls. Sie scheinen die Zeit still stehen zu lassen. Zeitlose Stunden tun sie das schon. Beide. Sie stehen da, ohne irgendeine Reaktion.
Ich sehe zu Afrika. Ihre Augen sind geschlossen, die Schläuche die ihren Körper verlassen und in ihn eintreten, machen einem Angst. GroÃe Angst. Die Schürfwunden und blauen Flecken auf ihrem Körper sind nicht zu übersehen. Die Nähte an einigen Stellen, dick angeschwollen. Sie sieht schlimm aus. Ich atme tief ein. Sie tut mir so leid.
Endlich rührt sie sich. Endlich bewegt sie sich. Sie löst sich aus ihrer Starre und geht langsam zum Fenster. Ich kann erkennen wie sie den Finger darauf legt und auf der beschlagenen Scheibe malt. Kleine Kreise. DrauÃen prasselt das Regenwasser gegen die Scheiben. Gegen Autos und Bäume. Gegen kommende Passanten und Regenschirme.
Der Himmel weint... sagt sie leise, doch sehr deutlich.
Ich sehe ernst zu ihr. Lucas reagiert noch immer nicht.
Der Himmel weint und weiÃ, was passiert ist... redet sie weiter, diesmal ein bisschen lauter. Er weiÃ, dass ich schuld bin... sie schluckt und legt ihre Stirn gegen die Fensterscheibe.
Erst bei diesen Worten sieht Lucas auf und dreht sich um. Er steht auf und geht zu ihr ans Fenster. Ich bleibe wo ich bin, denn ich weiÃ, ich wäre überflüssig.
Anders als ich erwartet habe, reagiert Lucas auf ihre Worte. Er stellt sich dicht hinter sie. Alles, was er sagen kann, sagt er leise. Ich verstehe es dennoch.
Erzähl mir was passiert ist... seine Worte sind heiser, seine Stimme versagt.
Ich sehe wie sie schluckt und langsam, ganz langsam, beginnt zu erzählen. Ich bin zu ihr gegangen, wollte ihr bei den letzten Dingen noch helfen. Wir waren in ihrer Wohnung. Sie hat sich im Spiegel betrachtet, leise hin und her gewiegt, um zu sehen wie ihr Kleid tanzt, hin und her wippt. Wir haben gelacht, Esperanza hat mehrere Fotos gemacht. Dann ging sie nach oben und lies den Koffer für die Hochzeitsreise in der Tür stehen. Als ich raus ging um Esperanza mit dem Blumenmädchen zu helfen, stolperte ich über diesen Koffer. Wir lachten noch immer und ich ging ebenfalls nach oben. Das Blumenmädchen rannte vor Esperanza her und wir lachten. Alles war so schön. Esperanza bat mich die Schuhe für die Kleine von unten zu holen. Als ich runter ging war der Koffer weg, und Afrika auch. Ich weià noch, wie ich überlegte, was wir machen würden, wenn sie das Kleid kaputt machen würde, beim ins Auto heben, von dem schweren Koffer. Also lief ich ihr hinterher, nach unten. Auf der Schwelle lag dieses grüne Oberteil... auf dem Bürgersteig sie... ich sehe wie eine Träne aus ihrem geschlossenem Auge flieÃt, ihre Wange hinunter läuft und ihre Lippen benetzt. Wäre ich nicht zu Esperanza nach oben gegangen... ich hätte sie davon abgehalten, den Koffer hinunter zu bringen...
Lange schweigen beide. Lange Zeit steht Lucas da und scheint zu überlegen, was er sagen soll. Endlich, nach fast zehn Minuten Stille, streckt er die Arme aus und dreht sie zu sich um. Er sieht ihr tief in die Augen.
Ich kann nicht sagen, wessen Schuld es war, Rory... Ich kann nicht festlegen, wer es hätte verhindern können. Man sagt immer: Im Zweifel für den Angeklagten... er sieht sich kurz zu Afrika um, wie um sich zu vergewissern, dass sie noch da liegt. ...aber ich klage dich nicht an. Woher hättest du es denn wissen sollen?
Sie schüttelt den Kopf. Ich kenne Afrika seit über zehn Jahren, Lucas. Ich hätte wissen müssen, dass sie den Koffer alleine runter bringt, anstatt zu warten, dass ihr jemand hilft...
Er schnauft durch die Nase. Ich kenne Afrika seit wir vier Jahre alt waren. Ich liebe sie seit wir fünfzehn waren. Und ich wache täglich auf und frage mich, ob ich gut genug bin, ob ich sie überhaupt verdient habe... und jetzt kann ich... jetzt muss ich meine Liebe zu ihr unter Beweis stellen. Ich kann herausfinden, ob ich sie verdient habe. Ich werde das Schwein finden, das ihr das angetan hat, und sie dort liegen lieÃ. Ich werde ihn finden, Rory... Tränen sind in seine Augen getreten. Verzweifelt versucht er sie zu unterdrücken. Bei seinen letzten Worten, ist Rory auf ihn zu gekommen, näher an ihn heran getreten. Sie hat ihre Arme um ihn gelegt, und nun liegen sie sich gegenseitig in den Armen und schluchzen. Unter anderen Umständen, würde ich lächeln, doch meine Mundwinkel sind wie einzementiert, nach unten gezogen.
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