[Lauren132]

7.1
Keine Angst vor Romantik

Lorelai schlenderte die Hauptstraße von Stars Hollow entlang. Sie war mal wieder zu spät aufgestanden, aber wollte sich noch ein wenig Zeit bei ihrem Frühstück lassen. Langsam konnte sie schon das Diner sehen und lächelte. Wie Luke sich gestern aufgeführt hatte, als sie plötzlich in diesem Kleid vor ihr stand... Aber er hatte keinen Schritt gemacht. Nur ein Kompliment und sie konnte sich genauso gut alles andere eingebildet haben. Ihr tat es weh, dass er immer noch nichts über ihren Kuss gesagt hatte. Dieses ganze Pokerspiel schien ihn in keinster Weise zu berühren. Es tat weh, dass er sie nicht beachtete...

"Hey!"

Panisch drehte sich Lorelai um und schaute ihrer Freundin in die Augen.
"Oh mein Gott, oh mein Gott, oh mein Gott!" Sie fasste sich an ihr Herz, beugte sich ein wenig nach vorn und schnappte nach Luft.

"Schätzchen geht es dir gut?", lachte Sookie und legte eine Hand auf ihre Schulter.

"Sookie, wie kannst du mich nur so erschrecken?"

"Ich und dich erschrecken? Ich habe nur ‚Hey!‘ gesagt und dich auch schon erschreckt? Wo warst du bitte in deinen Gedanken?"

"Ist schon..." Sie tätschelte leicht Sookies Hand, gab ihr damit zu verstehen, dass sie diese von ihrer Schulter nehmen konnte.
"Mir geht’s wieder... Wow, Mädchen! Solch ein schreck am frühen Morgen. Da wär es mir ja noch besser ergangen, wenn ich Luke im meinem Bett heute morgen gefunden hätte..." Warum musste sie wieder auf Luke anspielen? Auch wenn er die erste Person war, die in ihren Kopf kam, um eine clevere Antwort zu finden, hätte sie doch noch ein wenig mehr nachdenken müssen.

"Oh ja... Das wäre keine Überraschung gewesen..." Lorelai öffnete ihren Mund vor Empörung.
"Hey... Meidest du mich eigentlich seit gestern?"

"Was? Sook, können wir vielleicht ins Diner gehen und dort alles besprechen? Ich habe Hunger, du sicherlich auch und wir müssen sowieso gleich zum Inn." Langsam gingen die beiden Frauen weiter die Straße entlang.

"Ich meine ja nur. Seit gestern, seitdem du später gekommen bist gehst du mir auf deine verrückte Art aus dem Weg." Sookie öffnete die Türe zum Diner und suchte sich einen Tisch am Fenster aus. Lorelai setzte sich nach ihr, nachdem sie sich noch einmal nach Luke umgesehen hatte, der anscheinend gerade in der Küche war. Jess brachte ihnen ohne zu fragen Kaffe.

"Warum denkst du, dass ich dir aus dem Weg gehe? Denkst du, ich verheimliche dir etwas?"

"Nein. Aber... Ich habe euch gestern gehört. Euch beide." Sie zuckte mit den Augen zu Luke, der gerade aus der Küche kam.

"Was meinst du?"

"Hey, was wollt ihr haben?" Luke tauchte an der Seite, der beiden auf und holte sein Notizbuch heraus.

Lorelai zuckte zusammen, fasste mit einer Hand wieder zu ihrem Herzen. "Oh mein Gott, erschreck uns doch nicht so!"

"Geht es dir heute nicht gut? Gestern, als wir zusammen waren, warst du noch richtig aufgedreht."

Lorelai spürte Sookies Blick im Nacken. Sie drehte sich wieder um, richtete ihren Blick auf den Tisch. "Ich weiß nicht... Mir war heute morgen ein wenig übel. Gott weiß, woher das kommt."

"Jetzt geht es wieder?"

"Ja... Bekomm ich Pancakes?"

"Wirklich wieder etwas mit Zucker, nachdem du so blass bist?"

Sie lächelte , bei der Vorstellung, er würde sich doch wieder um sie sorgen. Auch wenn es nur Freundschaft war... "Ja, bitte" Sie schaute ihn an. "Mit Äpfeln." Sie hörte, dass sich Sookie verschluckt hatte und nun wie verrückt hustete.

"Obst?"

"Bitte."

"Und du Sookie?" Luke wandte seinen Blick wieder von Lorelai ab und schaute auf sein Notizbuch.

"Frenchtoast."

Er ging wieder zurück. Ohne sich umzudrehen. Natürlich. Er war wieder bei seinem alten ich angelangt... Obwohl sie sich auch nicht bemüht hatte ein Lächeln aus ihm heraus zu kitzeln wie sonst.

"Warum sagst du es mir nicht einfach?"

"Was denn Sookie? Verdammt, warum sagst du es mir nicht einfach?", sie legte ihren Kopf in ihre Hände. Langsam verzweifelte sie richtig. Er, Sookie, Miss Patty, die jetzt sonst etwas über sie dachte. Warum hatte sie Patty auch den Tag davor angefaucht... Tränen stiegen in ihre Augen.

Sookie reichte vorsichtig über den Tisch, streichelte ihre Hand. "Schatz, wenn etwas ist sag es mir doch einfach."

"Laß mich einfach noch ein wenig in Ruhe. Ich weiß nicht was es ist..." Sie konnte doch jetzt nicht vor ihrer Freundin weinen... Noch mehr Fragen würden auftreten und schon jetzt konnte sie es nicht leiden, wie sehr sich Sookie um sie sorgte.

"Lorelai."
Sie schaute auf und sah Luke, der mit seinem Kopf zu der Treppe nickte, die zu seiner Wohnung führte. Er hatte es sicher bemerkt, dass sie weinte, geweint hatte oder dass sie einfach nur den Tränen nah war. Sie konnte es langsam auch nicht mehr einordnen, was gerade passierte.

"Ich komme gleich wieder..."

"Ist gut."
Vorsichtig stand sie auf und verschwand hinter dem Vorhang, durch den Luke wenig später auch trat.

"Hey...", flüsterte er und zog sie zu sich.
Warum machte er es wieder schwer? Noch schwerer als es eigentlich schon war und sie liebte es insgeheim. Warum liebte sie diese Umarmung so sehr? Lorelai legte sanft ihren Kopf auf seine Schulter und atmete ein. Wie sie es gerade liebte gehalten zu werden, die anderen sein zu lassen und sich auf nichts konzentrieren zu müssen.
"Sagst du mir was du hast?"

Ihre Arme legten sich enger um seinen Hals, sie atmete noch einmal ein.
"Ich weiß es nicht."

"Oder du willst es mir nur nicht sagen?"

Sie zitterte leicht. "Ich weiß es nicht. Und das ist das Schreckliche. Es tut mir leid..." Sie stieß ihn sanft zurück, fuhr noch einmal mit ihrer Hand über ihr Gesicht.

"Es wird wieder gut...", versuchte er sie noch einmal zu trösten. Er ging wieder auf sie zu, streckte seinen Arm aus und fuhr leicht mit einer Hand über ihre Wange. Schon wieder fühlte sie sich gefangen. Sie schaute auf, in seine Augen, legte ihre Hand auf seine, die langsam zu ihrem Hals glitt.


Rory hüpfte fröhlich die letzten Stufen hinunter und ging auf Jess zu, der schon auf sie vor der Schule wartete.
"Hey!"
Sie umarmte ihn stürmisch, riss ihn so beinahe um. Endlich konnte sie Tristan zeigen, dass sie mehr als nur Mary war. Sie war es nicht gewöhnt eine solche Rolle zu spielen, aber es machte ihr langsam ein wenig Spaß ihn so an der Nase herumzuführen. Er hatte es immerhin verdient... Das war für Rory der größte Punkt. Einen anderen hatte sie zwar nicht, aber dieser eine Punkt reichte schon aus.

"Ich wußte es. Du willst also Bibel Boy eifersüchtig machen?", flüsterte Jess ihr ins Ohr, worauf sie nur Lächelte.

"Mary. Komischer Freund von Mary." Tristan nickte den Beiden zu, als er an ihnen vorbei ging und sie dabei keinen Blick weiter würdigte. Er spielte für einen kurzen Moment mit dem Gedanken, sich eine neue Freundin zu suchen. Rory Gilmore spielte nur ein abgekatertes Spiel mit ihm. Vielleicht könnte er es nach ein paar Monaten noch einmal versuchen. Sie musste irgendwann anspringen. Tristan wandte sich noch einmal um, bevor er zu Henry ging. Rory ließ die Hand von Jess fallen und ging mit ihm weiter die Straße entlang. Vielleicht musste er sich doch keine neue Freundin suchen...


"Genau! Hey... Wenn du magst leih ich dir auch noch einmal ‚Die Brüder Karamasov‘ aus." Rory und Jess saßen im Starbucks in Hartford. Es war noch früh und Rory wollte sich bei ihm mit einer Einladung bedanken, dass er ihr geholfen hatte. Auf die Idee, dass er wie Luke keinen Kaffee trank war sie natürlich erst später gekommen, aber die Beiden hatten Spaß daran sich wieder über Bücher auszutauschen.

"Hast du auch noch etwas von Ginsberg? Ich suche schon die ganze Zeit ‚Illuminated Poems‘. Anscheinend hat kein vernünftiger Buchladen das vorrätig."

"Klar. Ich bring es dir heute Abend vorbei." Rory legte den Löffel, mit dem sie gerade ihren Cappuccino umgerührt hatte zur Seite und nahm einen Schluck. "Als ich das bei Andrew bestellt hatte, meinte er es wäre ein Fachbuch und es würde 2 Wochen dauern, bis er es geliefert bekommen würde..."

"Vielleicht bestelle ich es mir doch..."

"Bist du ein verdammter Stalker geworden?" Rory schaute Tristan geschockt an, der gerade durch die Tür kam und sich mit Henry einen Tisch suchen wollte.

"Rory, komm schon. Kann ich mit dir kurz reden?" Er schaute Jess fragend an, der sich daraufhin erhob und mit seinem Buch nach draussen ging.
Tristan setzte sich auf den freien Platz.
"Du wolltest mich eifersüchtig machen?"

Natürlich musste jetzt wieder ihre schauspielerische Unfähigkeit durchscheinen. Gerade jetzt... "Yep..."

"Es tut mir leid."

"Was? Tristan DuGrey entschuldigt sich in der Öffentlichkeit bei mir?"

"Ja."

"Hol mir noch einen Kaffee, dann sind wir quitt." Als Tristan sich wieder setzte, schaute er sie eine Weile an. Sie sah unglaublich niedlich aus, wie sie sich über den Kaffee freute, langsam einen Schluck nahm und ihr dabei eine Strähne in die Augen fiel.
"Willst du mit mir zu dem Ball gehen?"

"Wirklich?"

"Ich renn schon die ganze Zeit hinter dir her, wenn es dir noch nicht aufgefallen ist. Warum soll ich dann mit dir nicht zu diesem Ball wollen?"

"Okay...", lächelte sie zaghaft.


Lorelai hüpfte wie gewohnt durch die Küchentür des Inns zu Sookie. Ihr ging es wieder besser. Sie wußte nicht, was sie an diesem Morgen gehabt hatte. Nur wegen ihm. Nur wegen ihm, durfte sie so etwas nicht passieren lassen. Nur wegen ihm durfte Stars Hollow nicht denken, dass sie vollkommen verrückt geworden war. Nur wegen ihm, ging es ihr nun wieder besser...

"Schatz, hast du noch einen Kaffee?"

Sookie lächelte sie an und gab ihr eine Tasse. "Geht es dir besser?"

"Ja..."

"Darf ich dich dann etwas fragen?" Sookie sah leicht verzweifelt aus, klang auch so wenn Lorelai richtig hingehört hatte. Sie nickte.
"Sagst du mir endlich warum du mir seit gestern aus dem Weg gehst?"

"Sookie...", seufzte Lorelai und sah sie enttäuscht an.

"Es ist etwas passiert. Es muss etwas passiert sein. Seitdem du gestern mit Luke zusammen warst. Davor auch schon, aber danach... Und heute morgen warst du auch so komisch. Mein Gott, du hast beinahe geweint. Und nachdem Luke dich gerufen hat und du wieder zu mir an den Tisch kamst, warst du wie ausgewechselt." Sie rührte noch einmal die gedünsteten Broccoli um und setzte den Pfannendeckel erneut über das Gemüse. "Du hast mit ihm geschlafen, oder?"