11.08.2005, 21:57
Muh
âLuke? Bist du da?â
Müde brummte er sein Kopfkissen an, bevor er sich schlieÃlich seufzend erhob und zum Telefon wankte. Welche Verrückte rief bloà um drei Uhr nachts bei ihm an und wagte es zudem auch noch, so furchtbar undeutlich auf seinen Anrufbeantworter zu sprechen?
Eigentlich hatte er vorgehabt, das Geplapper der Person am anderen Ende einfach zu ignorieren...doch dieses Vorhaben löste sich sofort in Luft auf, als er Lorelais Stimme erkannte, welche merkwürdig dumpf klang und von einem permanenten Schniefen begleitet wurde...
âLorelai, warum zur Hölle rufst du mitten in der Nacht bei mir an?â, knurrte er schlieÃlich in den Telefonhörer und rieb sich die Augen, während er verzweifelt versuchte, wach zu werden.
âDu...du bist ja doch daâ, kam abermals ein Schniefen aus dem Hörer, âtut mir leid...wenn du willst kann ich auch wieder auflegen...ich wollte nur...â
âIst schon okay,â unterbrach er sie hastig, bevor sie â was nun wirklich oft genug passierte â wieder damit anfing, so schnell zu reden, dass sich ihre Stimme beinahe überschlug und ihr Gerede jeglichen Sinn verlor....
âWirklich?â Er konnte förmlich sehen, wie sie beinahe schüchtern zu Boden blickte und nervös mit einer Strähne ihres leicht gelockten Haars spielte, wie sie es immer tat, wenn sie unsicher war.
âWo steckst du überhaupt?â, fragte er, anstatt auf ihre Frage zu antworten.
Wieder vernahm er zuerst nur ein Schniefen, doch er war sichtlich erleichtert, als er schlieÃlich hörte, dass ihre Stimme wieder klarer zu werden schien.
âIch weià nichtâ, antwortete sie vorsichtig, als wäre sie ein Kind, das ihren Eltern eine Dummheit beichten muss. âIrgendwo.â
âWas heiÃt irgendwo?â
âNa...irgendwo halt...Gott, Luke, ich hab doch keine Ahnung...â
Okay, allmählich verwirrte sie ihn. Aber das war ja ohnehin typisch für diese Frau.
âLorelai, was ist passiert?â
âKannst du mich bitte einfach abholen?â, wich sie seiner Frage verlegen aus und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Wenn er nur wüsste wie peinlich es ihr war, mitten in der Nacht bei ihm anzurufen und ihn um Hilfe zu bitten...und das alles nur, weil sie so furchtbar dumm gewesen war...
âWie soll ich das denn machen, wenn du nicht weiÃt, wo du bist?â Luke seufzte. Machte sie das etwa mit Absicht?
âIch könnte dir beschreiben wo ich binâ, schlug sie mit Hoffnung in der Stimme vor.
âMeinetwegen.â Er lieà sich auf einen Stuhl sinken, straffte die Schultern ein wenig und machte sich darauf gefasst, sämtliche Städte in der Umgebung vor seinem inneren Auge aufzurufen.
âAlso, hier ist Gras...â
âGras?â
âSag ich doch. Und...da...da ist ein Filmplakat, das an einem dieser Strompfosten hängt...â
âWelcher Film?â
âPretty Woman. Himmel, nicht gerade aktuell. Und...hier ist so eine LandstraÃe...und ein Zaun...â fuhr sie mit ihrer durchaus detaillierten und ohne Zweifel furchtbar hilfreichen Beschreibung fort, âund oh mein GOTT,â ein spitzer Schrei entfuhr ihr, und alarmiert horchte Luke auf, obwohl Lorelai ihm gerade beinahe das Ohr abgeschrieen hätte...
âLorelai? Was ist los? Alles in Ordnung?â
âSpinnst du eigentlich? Wie kannst du mich so erschrecken?â
âAber...â
âWeiÃt du überhaupt wie gruselig das ist, wenn du mutterseelenallein in der Dunkelheit stehst und auf einmal eine Zunge in deinem Nacken spürst?â
Er runzelte die Stirn. Wo war sie denn da gelandet?
Und redete sie überhaupt noch mit ihm?
âLorelai, könntest du mir vielleicht sagen, mit wem du da sprichst?â
âLuke? Oh, du bist ja noch da. Entschuldige. Geh WEG!â
Erstaunt riss Luke die Augen auf, als aus dem Hörer auf einmal ein Geräusch kam, welches sich stark nach einer Ohrfeige anhörte. Gleich darauf folgte ein empörtes âMuhâ, und einen Augenblick später kombinierte er messerscharf, dass es sich bei Lorelais Angreifer wohl tatsächlich um eine Kuh handeln musste...
âLass die Kuh in Ruhe, Lorelaiâ, sagte er streng. SchlieÃlich gab es doch wohl im Moment wirklich wichtigeres als sexuelle Belästigung durch Kühe...
âAber sie hat mich angezüngeltâ, verteidigte sich die aufgebrachte Frau am Telefon, während sie schnell einige Schritte von dem Zaun wegtrat, der sie und das aufdringliche Wesen voneinander trennte.
âErklär lieber, wo du bistâ, erklärte Luke ungeduldig und war in der Tat kurz davor, einfach wieder aufzulegen...das war doch vollkommen krank....
âOkay...also hier ist diese StraÃe, und eine Kuh...Oh, die Kuh geht weg...soll ich hinterhergehen?â
âBitte nicht...â
âGut. Dann äh...war es das.â
âDas warâs?â
âNa ja, mein Auto steht noch hier, aber...â
âWarum benutzt du es denn nicht?â
âDer Tank ist leer, Mister Besserwisserâ, schnappte sie und warf der Kuh einen entnervten Blick zu.
âGroÃer Gott...â
âHey!â
Er verdrehte genervt die Augen. âLorelai, da muss es doch noch mehr geben. Was ist mit Schildern? Häusern? Menschen?â
âNein. Negativ. Erst recht nicht.â
Kannst du mir mal erklären, wie ich dich mit dieser Beschreibung finden soll?â
âDas weià ich doch nicht, deswegen rufe ich doch anâ, erwiderte sie aufgebracht, und er konnte hören, dass sie bereits wieder den Tränen nahe war. âLuke...ich will nicht auf irgendeiner blöden LandstraÃe verhungern oder von bösen Truckern aufgegriffen oder von wilden Tieren zerfleischt werden...â
âLorelai, hier gibt es keine wilden Tiere die dich angreifen würdenâ, versuchte er sein bestes, um sie zu beruhigen, doch auch ihm lief es bei dem Gedanken an die dunklen Gestalten, welche die so gut wie wehrlose Frau am StraÃenrand finden könnten, kalt den Rücken hinunter...
Er unterdrückte jegliches Gefühl, welches auch nur im Entferntesten Angst oder Panik glich, und bemühte sich, seiner Stimme einen beruhigenden Klang zu verleihen.
âKeine Angst, dir wird nichts passieren. Setz dich erst mal wieder in dein Auto, und dann...â
âGeht nicht?â
âWas?â
âAusgesperrt...â
Allmählich erwog er ernsthaft die Möglichkeit, dass das alles ein einziger, schlechter Scherz war...
âDann erzähl mir einfach die Kurzfassung von dem, was passiert istâ, schlug er vor und atmete dankbar auf, als sie nicht wieder zu einem Widerwort ansetzte.
âIch...ich hatte gerade dieses Buch gelesen, ich hab den Namen vergessen, aber jedenfalls ging es um eine Frau, die mit ihrem Leben unzufrieden ist und deshalb beschlieÃt, einfach mal spontan ins Auto zu steigen und so weit zu fahren, bis der Autotank leer ist.â
âWarum?â
âWill ich doch jetzt erzählen. Also, sie hat diese Theorie, dass schon irgendetwas schicksalhaftes passieren wird, wenn sie nur lang genug wartet, und als sie dann mitten auf irgendeiner gottverlassenen StraÃe zum Stehen kommt, begegnet sie schlieÃlich einem Bus-Liebhaber, der sie mitnimmt, und von da an erlebt sie unglaublich coole Sachen. Drei Jahre später kommt sie irgendwie wieder nach Hause, ist mit dem Freund des angeheirateten Vetters des Besitzers von dem Bus den der Bus-Liebhaber so sehr liebt verheiratet und zieht mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn wieder in ihr altes Haus und ist endlich glücklich.â
âVerrücktes Weib.â
âLuke!â
âNa ist doch wahr...â
âUnd heute Nachmittag saà ich so zuhause, auf meiner Couch...und ich weià nicht...auf einmal war ich so furchtbar einsam, und ich hab mich so schrecklich gefühlt, und dann ist mir die Idee gekommen, dass ich es ja wie Aliceââ
âAlice?â
âDie Frau aus dem Buch.â
âWer auch sonst...â
âJedenfalls wollte ich es so wie Alice machen, und...dann...dann saà ich auch schon im Auto und bin losgefahren...und erst kam mir das alles auch noch ganz lustig vor, und vor einer Stunde war mein Tank schlieÃlich leer, aber es ist niemand vorbeigekommen, und jetzt...jetzt ist mir kalt, ich habe Hunger, und ich hab Angst, Luke...â Bei den letzten Worten war ihre Stimme immer leiser geworden. Wieder hatte er lebhaft Lorelais Bild vor Augen, wie so dastand, eine Haarsträhne um ihren Finger gewickelt, mit einem besorgten Gesichtsausdruck. Und er stellte fest, dass er es nicht ertragen konnte...
âLuke? Luke!â, riss sie ihn schlieÃlich aus seinen fieberhaften Ãberlegungen, wie man ihr helfen könne, und verwundert bemerkte er, dass sich der Ton ihrer Stimme wieder verändert hatte.
âLuke, da kommt ein Auto!â, rief sie freudig in ihr Handy, während vor Lukes geistigem Auge die finsteren Gestalten wieder erschienen....
âFahr nicht mit, Lorelai....â, brachte er heraus, obwohl ihm die Vorstellung, dass sie noch länger an diesem StraÃenrand stehen musste, absolut nicht behagte.
âWarum nicht?â, fragte selbige erstaunt.
âDenk doch mal an die bösen Truckerâ, half er ihr auf die Sprünge. âIch will nicht, dass dir etwas passiert.â
Einen Moment lang stand sie stumm da und lächelte. Sie wusste nicht, ob es ihm klar war, aber dieser letzte Satz war so voller Wärme, voller Besorgnis gewesen, dass sie beinahe zu Tränen gerührt war. Nicht zum ersten Mal in ihrem Leben war sie froh darüber, einen besten Freund wie ihn zu haben....
Doch als das Auto schlieÃlich näher kam, erwachte sie aus ihrer Starre und riss instinktiv die Arme in die Luft.
Erleichterung machte sich in ihr breit, als der Wagen langsamer wurde und sie schlieÃlich durch die Autoscheibe in das Gesicht einer jungen Frau blickte.
âLuke, das Auto hat angehaltenâ, informierte sie ihren Telefonpartner fröhlich, was ihr einen verwirrten Blick der Frau hinter dem Steuer einbrachte.
Lorelai schaute die Fahrerin hoffnungsvoll an. âEntschuldigung, könnten Sie mir vielleicht sagen, wo ich hier bin?â
Luke lauschte aufmerksam am Telefon den Worten der Autofahrerin, welche Lorelai erklärte, wo ungefähr sie sich befand...
Ungefähr zwei Stunden später hielt Luke am StraÃenrand der verlassenen LandstraÃe. Es dämmerte bereits, und er stieg schnell aus seinem Wagen. Es war Oktober, was bedeutete, dass es hier alles andere als warm war, weshalb er Lorelai so schnell wie möglich sicher nach Hause bringen wollte. Ihr kleines Abenteuer hatte sie schon genug mitgenommen, da musste sie nicht auch noch eine Lungenentzündung bekommen....
Verdutzt starrte er auf den Zaun. Denn auf genau diesem saà Lorelai und unterhielt sich äuÃert angeregt mit der vermeintlich notgeilen Kuh, welche jedoch nur gelangweilt vor sich hin vegetierte...
â...und dann gibt es da noch unsere Tanzschule, die wird von Miss Patty geleitet. Oh, du solltest sie sehen, diese Frau ist wirklich unterhaltsam, sie war sogar mal am Broadway ist schon ziemlich viel herumgekommen. Stell dir vor, sie war acht mal verheiratet. Kannst du dir das vorstellen? Natürlich nicht, du bist ja nur eine Kuh, aber macht ja nichts, es gibt schlieÃlich sogar Menschen die weniger Intelligenz besitzen als du, also lass den Kopf nicht hängen.â
âLorelai?â
âLuke!â
Binnen Sekunden hatte sie ihre Arme um Luke geschlungen, kuschelte sich an ihn und murmelte ein âSo froh dass du da bist...â an seinen Hals.
Luke, der zwar etwas überrumpelt war von ihrer Attacke, sich jedoch weitaus schlimmeres vorstellen konnte, als Lorelai Gilmore in seinen Armen zu halten, tätschelte sanft ihren Rücken.
âKomm...bringen wir dich nach Hause, Alice...â
Trotz der Tränen, die sich wieder ihren Weg gebahnt hatten, lachte sie leise und schluchzte ein paar Mal in seine Jacke.
âHey...ist alles in Ordnung?â Er fasste sie behutsam an den Schultern und schob sie ein wenig von sich weg, um ihr in die Augen schauen zu können. Sie waren gerötet, während der Rest ihres Gesichts aschfahl war. Diese Nacht schien sie noch mehr mitgenommen zu haben, als er gedacht hatte...
Sie nickte und versuchte, ihr Zittern zu verbergen, doch Luke hatte es bereits gemerkt und sie fürsorglich in seine Jacke eingehüllt. Dankbar schaute sie zu ihm auf.
âDanke...â, sagte sie leise, fast unhörbar, und blickte sofort wieder zu Boden. Sofort wanderte ihr Finger wieder zu einer Haarsträhne .
Ein warmes Lächeln überzog seine Lippen, als er beschützend den Arm um sie legte und sie zu seinem Wagen führte.
âBye, Trudyâ, rief Lorelai leise über ihre Schulter hinweg und fing sich ein Stirnrunzeln von Luke ein. Natürlich war sie unglaublich erschöpft und sehr mitgenommen von dieser Nacht, das war klar...aber war sie nun etwa vollends verrückt geworden?
âDie Kuhâ, erklärte sie, seinen Blick richtig deutend.
Und er lachte nur. Drückte sie enger an sich und ahnte nicht, wie froh sie war, bei ihm zu sein.
Müde brummte er sein Kopfkissen an, bevor er sich schlieÃlich seufzend erhob und zum Telefon wankte. Welche Verrückte rief bloà um drei Uhr nachts bei ihm an und wagte es zudem auch noch, so furchtbar undeutlich auf seinen Anrufbeantworter zu sprechen?
Eigentlich hatte er vorgehabt, das Geplapper der Person am anderen Ende einfach zu ignorieren...doch dieses Vorhaben löste sich sofort in Luft auf, als er Lorelais Stimme erkannte, welche merkwürdig dumpf klang und von einem permanenten Schniefen begleitet wurde...
âLorelai, warum zur Hölle rufst du mitten in der Nacht bei mir an?â, knurrte er schlieÃlich in den Telefonhörer und rieb sich die Augen, während er verzweifelt versuchte, wach zu werden.
âDu...du bist ja doch daâ, kam abermals ein Schniefen aus dem Hörer, âtut mir leid...wenn du willst kann ich auch wieder auflegen...ich wollte nur...â
âIst schon okay,â unterbrach er sie hastig, bevor sie â was nun wirklich oft genug passierte â wieder damit anfing, so schnell zu reden, dass sich ihre Stimme beinahe überschlug und ihr Gerede jeglichen Sinn verlor....
âWirklich?â Er konnte förmlich sehen, wie sie beinahe schüchtern zu Boden blickte und nervös mit einer Strähne ihres leicht gelockten Haars spielte, wie sie es immer tat, wenn sie unsicher war.
âWo steckst du überhaupt?â, fragte er, anstatt auf ihre Frage zu antworten.
Wieder vernahm er zuerst nur ein Schniefen, doch er war sichtlich erleichtert, als er schlieÃlich hörte, dass ihre Stimme wieder klarer zu werden schien.
âIch weià nichtâ, antwortete sie vorsichtig, als wäre sie ein Kind, das ihren Eltern eine Dummheit beichten muss. âIrgendwo.â
âWas heiÃt irgendwo?â
âNa...irgendwo halt...Gott, Luke, ich hab doch keine Ahnung...â
Okay, allmählich verwirrte sie ihn. Aber das war ja ohnehin typisch für diese Frau.
âLorelai, was ist passiert?â
âKannst du mich bitte einfach abholen?â, wich sie seiner Frage verlegen aus und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Wenn er nur wüsste wie peinlich es ihr war, mitten in der Nacht bei ihm anzurufen und ihn um Hilfe zu bitten...und das alles nur, weil sie so furchtbar dumm gewesen war...
âWie soll ich das denn machen, wenn du nicht weiÃt, wo du bist?â Luke seufzte. Machte sie das etwa mit Absicht?
âIch könnte dir beschreiben wo ich binâ, schlug sie mit Hoffnung in der Stimme vor.
âMeinetwegen.â Er lieà sich auf einen Stuhl sinken, straffte die Schultern ein wenig und machte sich darauf gefasst, sämtliche Städte in der Umgebung vor seinem inneren Auge aufzurufen.
âAlso, hier ist Gras...â
âGras?â
âSag ich doch. Und...da...da ist ein Filmplakat, das an einem dieser Strompfosten hängt...â
âWelcher Film?â
âPretty Woman. Himmel, nicht gerade aktuell. Und...hier ist so eine LandstraÃe...und ein Zaun...â fuhr sie mit ihrer durchaus detaillierten und ohne Zweifel furchtbar hilfreichen Beschreibung fort, âund oh mein GOTT,â ein spitzer Schrei entfuhr ihr, und alarmiert horchte Luke auf, obwohl Lorelai ihm gerade beinahe das Ohr abgeschrieen hätte...
âLorelai? Was ist los? Alles in Ordnung?â
âSpinnst du eigentlich? Wie kannst du mich so erschrecken?â
âAber...â
âWeiÃt du überhaupt wie gruselig das ist, wenn du mutterseelenallein in der Dunkelheit stehst und auf einmal eine Zunge in deinem Nacken spürst?â
Er runzelte die Stirn. Wo war sie denn da gelandet?
Und redete sie überhaupt noch mit ihm?
âLorelai, könntest du mir vielleicht sagen, mit wem du da sprichst?â
âLuke? Oh, du bist ja noch da. Entschuldige. Geh WEG!â
Erstaunt riss Luke die Augen auf, als aus dem Hörer auf einmal ein Geräusch kam, welches sich stark nach einer Ohrfeige anhörte. Gleich darauf folgte ein empörtes âMuhâ, und einen Augenblick später kombinierte er messerscharf, dass es sich bei Lorelais Angreifer wohl tatsächlich um eine Kuh handeln musste...
âLass die Kuh in Ruhe, Lorelaiâ, sagte er streng. SchlieÃlich gab es doch wohl im Moment wirklich wichtigeres als sexuelle Belästigung durch Kühe...
âAber sie hat mich angezüngeltâ, verteidigte sich die aufgebrachte Frau am Telefon, während sie schnell einige Schritte von dem Zaun wegtrat, der sie und das aufdringliche Wesen voneinander trennte.
âErklär lieber, wo du bistâ, erklärte Luke ungeduldig und war in der Tat kurz davor, einfach wieder aufzulegen...das war doch vollkommen krank....
âOkay...also hier ist diese StraÃe, und eine Kuh...Oh, die Kuh geht weg...soll ich hinterhergehen?â
âBitte nicht...â
âGut. Dann äh...war es das.â
âDas warâs?â
âNa ja, mein Auto steht noch hier, aber...â
âWarum benutzt du es denn nicht?â
âDer Tank ist leer, Mister Besserwisserâ, schnappte sie und warf der Kuh einen entnervten Blick zu.
âGroÃer Gott...â
âHey!â
Er verdrehte genervt die Augen. âLorelai, da muss es doch noch mehr geben. Was ist mit Schildern? Häusern? Menschen?â
âNein. Negativ. Erst recht nicht.â
Kannst du mir mal erklären, wie ich dich mit dieser Beschreibung finden soll?â
âDas weià ich doch nicht, deswegen rufe ich doch anâ, erwiderte sie aufgebracht, und er konnte hören, dass sie bereits wieder den Tränen nahe war. âLuke...ich will nicht auf irgendeiner blöden LandstraÃe verhungern oder von bösen Truckern aufgegriffen oder von wilden Tieren zerfleischt werden...â
âLorelai, hier gibt es keine wilden Tiere die dich angreifen würdenâ, versuchte er sein bestes, um sie zu beruhigen, doch auch ihm lief es bei dem Gedanken an die dunklen Gestalten, welche die so gut wie wehrlose Frau am StraÃenrand finden könnten, kalt den Rücken hinunter...
Er unterdrückte jegliches Gefühl, welches auch nur im Entferntesten Angst oder Panik glich, und bemühte sich, seiner Stimme einen beruhigenden Klang zu verleihen.
âKeine Angst, dir wird nichts passieren. Setz dich erst mal wieder in dein Auto, und dann...â
âGeht nicht?â
âWas?â
âAusgesperrt...â
Allmählich erwog er ernsthaft die Möglichkeit, dass das alles ein einziger, schlechter Scherz war...
âDann erzähl mir einfach die Kurzfassung von dem, was passiert istâ, schlug er vor und atmete dankbar auf, als sie nicht wieder zu einem Widerwort ansetzte.
âIch...ich hatte gerade dieses Buch gelesen, ich hab den Namen vergessen, aber jedenfalls ging es um eine Frau, die mit ihrem Leben unzufrieden ist und deshalb beschlieÃt, einfach mal spontan ins Auto zu steigen und so weit zu fahren, bis der Autotank leer ist.â
âWarum?â
âWill ich doch jetzt erzählen. Also, sie hat diese Theorie, dass schon irgendetwas schicksalhaftes passieren wird, wenn sie nur lang genug wartet, und als sie dann mitten auf irgendeiner gottverlassenen StraÃe zum Stehen kommt, begegnet sie schlieÃlich einem Bus-Liebhaber, der sie mitnimmt, und von da an erlebt sie unglaublich coole Sachen. Drei Jahre später kommt sie irgendwie wieder nach Hause, ist mit dem Freund des angeheirateten Vetters des Besitzers von dem Bus den der Bus-Liebhaber so sehr liebt verheiratet und zieht mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn wieder in ihr altes Haus und ist endlich glücklich.â
âVerrücktes Weib.â
âLuke!â
âNa ist doch wahr...â
âUnd heute Nachmittag saà ich so zuhause, auf meiner Couch...und ich weià nicht...auf einmal war ich so furchtbar einsam, und ich hab mich so schrecklich gefühlt, und dann ist mir die Idee gekommen, dass ich es ja wie Aliceââ
âAlice?â
âDie Frau aus dem Buch.â
âWer auch sonst...â
âJedenfalls wollte ich es so wie Alice machen, und...dann...dann saà ich auch schon im Auto und bin losgefahren...und erst kam mir das alles auch noch ganz lustig vor, und vor einer Stunde war mein Tank schlieÃlich leer, aber es ist niemand vorbeigekommen, und jetzt...jetzt ist mir kalt, ich habe Hunger, und ich hab Angst, Luke...â Bei den letzten Worten war ihre Stimme immer leiser geworden. Wieder hatte er lebhaft Lorelais Bild vor Augen, wie so dastand, eine Haarsträhne um ihren Finger gewickelt, mit einem besorgten Gesichtsausdruck. Und er stellte fest, dass er es nicht ertragen konnte...
âLuke? Luke!â, riss sie ihn schlieÃlich aus seinen fieberhaften Ãberlegungen, wie man ihr helfen könne, und verwundert bemerkte er, dass sich der Ton ihrer Stimme wieder verändert hatte.
âLuke, da kommt ein Auto!â, rief sie freudig in ihr Handy, während vor Lukes geistigem Auge die finsteren Gestalten wieder erschienen....
âFahr nicht mit, Lorelai....â, brachte er heraus, obwohl ihm die Vorstellung, dass sie noch länger an diesem StraÃenrand stehen musste, absolut nicht behagte.
âWarum nicht?â, fragte selbige erstaunt.
âDenk doch mal an die bösen Truckerâ, half er ihr auf die Sprünge. âIch will nicht, dass dir etwas passiert.â
Einen Moment lang stand sie stumm da und lächelte. Sie wusste nicht, ob es ihm klar war, aber dieser letzte Satz war so voller Wärme, voller Besorgnis gewesen, dass sie beinahe zu Tränen gerührt war. Nicht zum ersten Mal in ihrem Leben war sie froh darüber, einen besten Freund wie ihn zu haben....
Doch als das Auto schlieÃlich näher kam, erwachte sie aus ihrer Starre und riss instinktiv die Arme in die Luft.
Erleichterung machte sich in ihr breit, als der Wagen langsamer wurde und sie schlieÃlich durch die Autoscheibe in das Gesicht einer jungen Frau blickte.
âLuke, das Auto hat angehaltenâ, informierte sie ihren Telefonpartner fröhlich, was ihr einen verwirrten Blick der Frau hinter dem Steuer einbrachte.
Lorelai schaute die Fahrerin hoffnungsvoll an. âEntschuldigung, könnten Sie mir vielleicht sagen, wo ich hier bin?â
Luke lauschte aufmerksam am Telefon den Worten der Autofahrerin, welche Lorelai erklärte, wo ungefähr sie sich befand...
Ungefähr zwei Stunden später hielt Luke am StraÃenrand der verlassenen LandstraÃe. Es dämmerte bereits, und er stieg schnell aus seinem Wagen. Es war Oktober, was bedeutete, dass es hier alles andere als warm war, weshalb er Lorelai so schnell wie möglich sicher nach Hause bringen wollte. Ihr kleines Abenteuer hatte sie schon genug mitgenommen, da musste sie nicht auch noch eine Lungenentzündung bekommen....
Verdutzt starrte er auf den Zaun. Denn auf genau diesem saà Lorelai und unterhielt sich äuÃert angeregt mit der vermeintlich notgeilen Kuh, welche jedoch nur gelangweilt vor sich hin vegetierte...
â...und dann gibt es da noch unsere Tanzschule, die wird von Miss Patty geleitet. Oh, du solltest sie sehen, diese Frau ist wirklich unterhaltsam, sie war sogar mal am Broadway ist schon ziemlich viel herumgekommen. Stell dir vor, sie war acht mal verheiratet. Kannst du dir das vorstellen? Natürlich nicht, du bist ja nur eine Kuh, aber macht ja nichts, es gibt schlieÃlich sogar Menschen die weniger Intelligenz besitzen als du, also lass den Kopf nicht hängen.â
âLorelai?â
âLuke!â
Binnen Sekunden hatte sie ihre Arme um Luke geschlungen, kuschelte sich an ihn und murmelte ein âSo froh dass du da bist...â an seinen Hals.
Luke, der zwar etwas überrumpelt war von ihrer Attacke, sich jedoch weitaus schlimmeres vorstellen konnte, als Lorelai Gilmore in seinen Armen zu halten, tätschelte sanft ihren Rücken.
âKomm...bringen wir dich nach Hause, Alice...â
Trotz der Tränen, die sich wieder ihren Weg gebahnt hatten, lachte sie leise und schluchzte ein paar Mal in seine Jacke.
âHey...ist alles in Ordnung?â Er fasste sie behutsam an den Schultern und schob sie ein wenig von sich weg, um ihr in die Augen schauen zu können. Sie waren gerötet, während der Rest ihres Gesichts aschfahl war. Diese Nacht schien sie noch mehr mitgenommen zu haben, als er gedacht hatte...
Sie nickte und versuchte, ihr Zittern zu verbergen, doch Luke hatte es bereits gemerkt und sie fürsorglich in seine Jacke eingehüllt. Dankbar schaute sie zu ihm auf.
âDanke...â, sagte sie leise, fast unhörbar, und blickte sofort wieder zu Boden. Sofort wanderte ihr Finger wieder zu einer Haarsträhne .
Ein warmes Lächeln überzog seine Lippen, als er beschützend den Arm um sie legte und sie zu seinem Wagen führte.
âBye, Trudyâ, rief Lorelai leise über ihre Schulter hinweg und fing sich ein Stirnrunzeln von Luke ein. Natürlich war sie unglaublich erschöpft und sehr mitgenommen von dieser Nacht, das war klar...aber war sie nun etwa vollends verrückt geworden?
âDie Kuhâ, erklärte sie, seinen Blick richtig deutend.
Und er lachte nur. Drückte sie enger an sich und ahnte nicht, wie froh sie war, bei ihm zu sein.
Love is sweet as summer showers
Love is a wondrous work of art
But your love, oh your love
Your love
Is like a giant pigeon... crapping on my heart.
Love is a wondrous work of art
But your love, oh your love
Your love
Is like a giant pigeon... crapping on my heart.