11.09.2005, 17:01
Hallo meine Lieben :knuddel:
Hab schon weiter geschrieben.
Hoffe, euch gefällt der neue Teil!
19. Teil
Es schienen Jahre vergangen zu sein, als uns das Knarren des alten Bodens aus unseren Gedanken schrecken lieÃ. Carmen betrat lächelnd die kleine Küche, einen dünnen Stoà Papier in der rechten Hand haltend. Ihre Augen wanderten erstaunt von einem zum anderen. âAlles in Ordnung?â Sie runzelte die Stirn.
Ich wischte mir über die Wangen. âNatürlich, mein Schätzchen.â
Carol stand auf und umarmte ihre Tochter. âDu solltest bald schlafen gehen. Es ist spät. Grandpa möchte dich doch morgen mit nach Hartford nehmen. Du musst ausgeschlafen sein.â Sie lächelte. Ihr Schmerz war ihr kaum anzusehen. Sie war stark für ihre Tochter.
Carmen wechselte einen Blick mit Jenny. âDarf ich Jenny zuerst noch meine Geschichte vorlesen? Sie ist schon ganz gespannt darauf.â
âNatürlich. Möchtest du Kaffee?â
âWas denn sonst?â Carmen grinste fröhlich. Sie setzte sich zu uns und begann zu lesen.
âDu liest wundervoll.â Lobte ich, nachdem sie geendet hatte. âMir gefällt es, wie du alles betonst. Und die Geschichte ist wirklich schön.â Lächelnd strich ich ihr durchs Haar.
âDanke.â Carmen errötete leicht.
âIch liebe diese Geschichte. Aber eines würde mich interessierenâ¦â Jenny lächelte. ââ¦was hat dich denn dazu inspiriert? Deine Themen waren meist andere.â
Ihre Nichte nippte an ihrer Tasse Kaffee. âMein Freund.â Sie strahlte.
Ich verschluckte mich beinahe.
Jenny schien die Vorstellung, dass Carmen einen Freund hatte, allerdings zu gefallen. âDu hast einen Freund? Er sieht bestimmt gut aus.â Sie grinste verschwörerisch.
âEr ist ein netter Junge.â Meinte Carol.
âEr ist sehr süÃ.â Carmen errötete. âEddie geht in meine Klasse und ist der Beste im Sportunterricht.â
âEin Sportler? Das ist toll.â Jenny lächelte. âDu musst ihn mir vorstellen, wenn ich euch das nächste Mal besuche.â
âWann kommst du denn wieder?â Carmen blickte ihre Tante fragend an.
âIn den Semesterferien, wenn es deiner Mutter recht ist.â
Carol lächelte. âNatürlich.â
Meinem Herzen versetzte es einen Stich. Die drei hatten ein unglaublich herzliches Verhältnis.
âBringst du Lizzie mit?â Bat Carmen. Sie mochte diese sehr.
âDas geht leider nicht.â Jenny schüttelte den Kopf. âSie ist noch ein dreiviertel Jahr in Paris.â
âWie gefällt es ihr denn?â erkundigte sich Carol.
âSie vermisst uns alle. Aber es gefällt ihr sehr gut.â Jenny strich sich lächelnd eine Haarsträhne hinter ihr Ohr.
âMöchtest du auch ein Auslandsjahr machen?â
Ich warf Carol einen kurzen Blick zu. Jenny hatte nie Interesse für fremde Länder gezeigt. Sehr zu meiner Beruhigung, wie ich zugeben musste. Ich wüsste nicht, was ich machen sollte, wäre Jenny so lange Zeit nicht hier. Sie studierte in Kalifornien. Diese Entfernung war schon viel zu groà für mich.
âVielleicht.â Antwortete Jenny.
âDu könntest bei uns studieren.â Schlug meine Enkeltochter vor. âVielleicht wäre dann Mama deine Lehrerinâ¦â
âDas hätte mir gerade noch gefehltâ¦â Jenny grinste.
âWillst du mir damit irgendetwas sagen?â Carol blickte ihre Schwester gespielt streng an.
âAlejandro würde sich freuen.â Meinte Carmen.
Jennys Miene änderte sich plötzlich. âWie kommst du denn darauf?â Ihre Stimme zitterte ganz leicht.
âEr vermisst dich.â Erklärte Carmen.
Jenny und Carol tauschten einen kurzen Blick. âCarmen, du darfst nicht alles glauben, was dein Onkel dir erzählt. Er phantasiert manchmal, musst du wissen.â
âAber er spricht ständig von dir.â
âSchätzchenâ¦ich glaube, das ist jetzt kein passendes Themaâ¦â begann Carol.
âIst schon okay.â Jenny lächelte. Ihre Augen glänzten. Sie unterdrückte ihre Tränen.
Ich strich ihr sanft über den Handrücken. Es waren beinahe drei Jahre vergangen. Aber was er ihr angetan hatte, schmerzte sie immer noch.
âHabe ich etwas Falsches gesagt?â Carmen blickte ihre Mutter besorgt an.
âNein, Kleines. Mach dir keine Sorgen.â Sie strich ihr sanft über die Wange. âAber du solltest nun schlafen gehen. Es ist sehr spät.â Carol lächelte leicht.
Ihre Tochter nickte. Sie umarmte uns alle kurz, bevor sie den Raum verlieÃ.
âEs tut mir leid, Jennyâ¦â Carol blickte sie ernst an. âSie weià es nichtâ¦â
Jenny nickte. âEs ist wirklich in Ordnung. Das mit Alejandro ist Jahrhunderte her.â Sie lachte gequält.â
Carol und ich tauschten einen kurzen Blick. Jenny hatte immer versucht die Starke zu sein. In ihrem Inneren war sie jedoch verletzlicher als wir alle.
Eine unangenehme Schweigepause erfüllte den kleinen Raum. Es war schlieÃlich Jenny, die erneut das Wort ergriff. âIhr werdet es nicht glauben! Beatrice hat mich angerufen!â Sie rollte mit den Augen.
Jenny hatte Beatrice nie âGrandmaâ genannt. Sie hatten nur wenig Kontakt gehabt und ihre Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit. Das hatte schon mit meiner Schwangerschaft begonnen.
Kaum hatte ich den Hörer aufgelegt beschlich mich eine schlimme Vorahnung. Beatrice lud mich normalerweise nicht ohne Logan, Carol oder Matt zum Tee ein. Das Treffen musste einen bestimmten Grund haben. Diesmal konnte ich mir jedoch beim besten Willen nicht vorstellen, worüber sie sich beschweren wollte.
Das Hausmädchen führte mich in den groÃen Salon. Beatrice thronte wie eine Königin auf dem groÃen weinroten Lehnstuhl. Sie hatte ihre Haare, wie sehr oft, zu einem strengen Knoten gesteckt. Beatrice runzelte die Stirn und deutete mir ihr gegenüber Platz zu nehmen.
âNun, Lorelai. Wie geht es dir?â
Mein Misstrauen verstärkte sich. Beatrice interessierte sich normalerweise nicht für mein Befinden.
âDanke, sehr gut. Und dir?â Erkundigte sich mich höflich.
Sie stellte ihre Teetasse schwungvoll ab. âSparen wir uns die Floskeln. Logan erzählte mir gestern von deiner Schwangerschaft.â Er rief seine Mutter täglich an.
Erwartete sie nun eine Antwort. Ich nickte. âJa, ich bin schwanger.â
âEin drittes Kind wird deiner Figur enorm schaden.â Meinte sie verächtlich.
Ich verschluckte meinen Tee und hustete.
Beatrice rollte genervt mit den Augen. âHoffentlich erziehst du dein drittes Kind besser.â
Ich ballte meine Hände unter dem Tisch zu Fäusten, verkniff mir jegliches Kommentar.
âZwischen Logan und dir scheint es ja wieder sehr gut zu laufen.â Meinte sie süÃlich.
Ich seufzte. âWas möchtest du mir damit sagen, Beatrice?â
âLogan klagte mir die letzten Wochen eure Krisen und nun bist du schwanger.â
Ich holte tief Luft. âBeatrice, wenn du irgendwelche falschen Anschuldigungen machen möchtest, sage es mir direkt.â
Ihre Lippen zogen sich zu einem schmalen Strich. âIch habe ihm zu einem Vaterschaftstest geratenâ¦â
âWie bitte?â Ich starrte sie an.
âIch habe es ihm auch bei Matt geratenâ¦â Sie machte eine kurze Pause um mein Gesicht zu untersuchen. Es gelang mir den Schrecken zu verbergen.
ââ¦aber Logan ist davon überzeugt, dass dein Sohn meinem GroÃvater ähnelt. Aber dieses Kindâ¦â Sie blickte verächtlich auf meinem Bauch. ââ¦ich bin gespannt wem es ähneln wirdâ¦â
Ich erhob mich wütend. âDas muss ich mir nicht bieten lassen.â
âLorelai, nur ein freundlicher Hinweis: In unserer Familie sind Bastarde nicht gerne gesehenâ¦â
âIch bin von Logan schwanger!â Ich schrie beinahe.
Es war vor drei Wochen gewesen. Ich war auf einer Betriebsfeier Logans Firma gewesen. Er hatte mich wieder einmal bloà gestellt und ich hatte mich aus lauter Wut betrunken. Am nächsten Morgen war ich nackt neben ihm erwacht ohne mich an die Nacht erinnern zu können. Er hatte behauptet ebenfalls nichts mehr zu wissen. Ich weià bis heute nicht, ob er gelogen und meine Situation ausgenutzt hatte.
Beatrice glaubte mir kein Wort. Sie faltete die Hände und blickte mich herausfordernd an. âUnd wer ist Matts Vater?â
Ich hätte es ihr liebend gerne mitgeteilt. Sollte die fragliche Ehre der Huntzbergers doch beschmutzt werden. Doch um meines Sohnes Willen hielt ich mich zurück und biss mir auf die Unterlippe. âIch war Logan stets treu. Vielleicht solltest du ihn einmal auf dieses Thema ansprechen.â
Sie reagierte anders, als ich erwartet hatte. âWas hast du erwartet? Denkst du deine Launen wirken auf einen Mann anziehend?â
Ich blickte Jenny überrascht an. âWas wollte sie denn?â
Meine Tochter winkte ab. âDas übliche. Neugierige Fragen und Vorwürfe.â
Carol schüttelte den Kopf. âWarum lässt sie uns nicht in Ruhe?â
âRuft sie dich denn auch an?â
âJa, aber nur jedes halbe Jahr. Sie will wahrscheinlich überprüfen ob ich mein Leben schon ruiniert habe. Und ich enttäusche sie jedes Mal wieder.â Sie lachte.
Beatrice hatte sich nach der Scheidung noch ein paar Mal bei mir gemeldet. An unser letztes Gespräch, vor etwa zwei Jahren, konnte ich mich noch sehr gut erinnern.
Beatrice hatte anscheinend Wanzen in meiner Wohnung und am Arbeitsplatz montiert, denn sie wusste ganz genau, dass ich nach San Francisco geflogen war um ein Interview durchzuführen.
Sie bat mich um ein Treffen in ihrem Haus. Ich sagte zwar zu, betonte aber meine Eile.
Zu meiner Verwunderung war es sie selbst, die mir die Tür öffnete. âKomm endlich.â Schnaufte sie. âEs ist etwas Furchtbares passiert.â
Sie führte mich in den Salon.
âEs geht um Jenniferâ¦â Sie blickte mich ernst an.
Meinem Herzen versetzte es einen Stich. Jenny hatte sich bereits seit zwei Tagen nicht mehr gemeldet. Ich dachte, dies würde an ihrem Prüfungsstress liegen. Der Druck auf meinem Herzen drohte mich zu ersticken. âIhr ist doch nichts passiert?â Ich blickte meine verhasste Ex- Schwiegermutter ängstlich an.
âDeine Tochter ist verdorben!â
Ich glaubte den Stein zu hören, der mir vom Herzen fiel. âInwiefern?â erkundigte ich mich höflich.
âDu weiÃt ich habe weder diese Beziehung mit diesem Andrew, noch mit Alejandro gut geheiÃen. Aber nun hat Jennifer sich endgültig der Moral entsagt.â
Ich versuchte ernst zu bleiben, obwohl ich am liebsten laut gelacht hätte.
âEine Schande ist das! Lorelai, stell dir vor: meine geschätzte Freundin Dorothy und ich fuhren nach Palo Alto. Wir wollten den Vormittag am Strand verbringen. Vormittags sind dort noch kaum Studentenâ¦â Sie holte tief Luft. âUnd da haben wir deine Tochter bei äuÃerst unmoralischem Verhalten ertappt. Dorothy hätte beinahe einen Herzinfarkt bekommenâ¦â
Ich biss mir auf die Unterlippe. âWas hat sie denn getan?â Dieses Spiel war einfach zu schön.
âZum Glück sitzt du bereits. Sie saà auf einem Badetuch, trug lediglich einen Hauch von Stoff am Körper, und küssteâ¦eine Frau!â Beatrice war ganz blass geworden. âJennifer ist eine Schande für unsere Familie! Ich habe euch stets gewarnt!â
âWar die Frau hübsch?â
âHast du keine anderen Sorgen? Ich habe diese kleine Göre sofort zurecht gewiesen. Und was sagt sie? Sie stellt mir ihre feste Freundin namens Lizzie â was ist das für ein Name! â vor! Feste Freundin!â Beatrice schnaubte.
âAch, du meintest Lizzie. Ein nettes Mädchen. Sie studieren gemeinsam. Sie war letztes Wochenende bei uns.â
Beatrice erstarrte. âDu wusstest von den Liebschaften deiner missratenen Tochter?â
âJa, ich wusste, dass Jenny bisexuell ist und derzeit mit einer Frau zusammen ist. Ich mag Lizzie. Sie ist sehr höflich und nett. Allerdings wusste ich nichts von deiner Unart.â
âWie bitte? Wasâ¦â
âNein. Jetzt rede ich, geschätzte Beatrice. Du hast nicht das Recht, so über meine Tochter zu sprechen. Sie ist das Beste was mir in meinem Leben passiert ist. Sie ist eine wundervolle und kluge junge Frau. Es ist allein ihre Angelegenheit, mit wem sie schläftâ¦â Ich beobachtete mit Freude wie Beatrice immer blasser wurde ââ¦und dich geht es schon gar nichts an!â Ich blickte sie selbstbewusst an. Ihre grauen Augen würden mich nie wieder einschüchtern.
Beatrice holte tief Luft. âDu bist wie deine Mutter! Ein kleine Göre vom Land!â
Ich lächelte spöttisch und genoss ihren Wutausbruch. Beatrice konnte mir nichts mehr anhaben. Mein Leben lag in Trümmern, aber ich hatte das Gefühl wenigstens dieses eine Mal alles richtig zu machen.
âMit dir hat das Ende unserer Familie begonnen! Carol hast du vollkommen verzogen und es zu gelassen, dass sie diesen Ramon heiratet! Ihr stand Harvard offen, stattdessen verlieà sie unser Land! Dann hast du auch noch zwei Bastarde in unsere Familie gebracht! Der eine wird früher oder später auf die schiefe Bahn geraten und diese kleine Göre geht unsittlichen Trieben nach! Ich wünschte, Logan hätte dich niemals geschwängert! Ich wollte immer, dass du abtreibst, so hätten wir uns eure Hochzeit erspart!â
Ich ballte die Fäuste. Meine Fingernägel bohrten sich in meine Haut. Ich erhob mich langsam. Das würden die letzten Worte sein, die ich zu ihr sagte. Ich wollte sie mir gut überlegen.
âMeine Kinder sind gute Menschen. Und sie haben weià Gott mehr Anstand als du! Sie würden niemals einen Menschen so behandeln, wie du uns all die Jahre behandelt hast! Nein. Weder Carol, Matt noch Jenny waren Fehler. Logan war mein einziger Fehler! Und weiÃt du was meine beste Entscheidung war? Mich von diesem verzogenen Betrüger scheiden zu lassen! Kein Erbstück der Huntzbergers mehr an meinem Finger zu tragen!â Ich wandte mich zur Tür und ging.
âLorelai! Bleib sofort stehen!â
Ich verlieà ihr Haus, immer noch lächelnd. Strahlend sank ich auf meinen Sitz im Auto. Es war mein zweiter Sieg über meine Vergangenheit gewesen. Ich griff nach meinem Handy.
Plötzlich fiel es mir wie Schuppen vor die Augen. Es war zu spät. Ich konnte niemanden anrufen und davon erzählen. AuÃer Jenny, doch sie konnte ich nicht aus diesem Grund stören. Matt würde kaum Interesse zeigen.
Und die anderen â Mum, Luke, Lane und Carol - würden wahrscheinlich nicht einmal mit mir sprechen wollen. Ich hatte sie alle verloren. Carol war die einzige, mit der ich noch sporadischen Kontakt hatte. Doch dieser war sehr abgekühlt.
Ich wollte mit Mum sprechen, sie anrufen. Ich schaffte es jedoch nicht. Sie hatte gewiss mit mir abgeschlossen. Warum sollte ich sie belästigen?
Der Druck auf meinem Herzen wurde unerträglich. Was hatte ich nur getan? Wie konnte ich zu gelassen haben, dass sie alle aus meinem Leben verschwanden?
Warum war es mir so wichtig gewesen Logan und Beatrice zufrieden zu stellen, nicht aber meine Eltern, meine Tochter und meine ehemalige beste Freundin?
Meine Augen tränten. Meine Erkenntnis war zu spät gekommen. Ich lehnte meinen Kopf an das Lenkrad und schluchzte.
Ich hatte nicht gewonnen, weil ich schon vor Jahren verloren hatte.
Freu mich auf eure FBs!
Bussi Selene
Hab schon weiter geschrieben.
Hoffe, euch gefällt der neue Teil!
19. Teil
Es schienen Jahre vergangen zu sein, als uns das Knarren des alten Bodens aus unseren Gedanken schrecken lieÃ. Carmen betrat lächelnd die kleine Küche, einen dünnen Stoà Papier in der rechten Hand haltend. Ihre Augen wanderten erstaunt von einem zum anderen. âAlles in Ordnung?â Sie runzelte die Stirn.
Ich wischte mir über die Wangen. âNatürlich, mein Schätzchen.â
Carol stand auf und umarmte ihre Tochter. âDu solltest bald schlafen gehen. Es ist spät. Grandpa möchte dich doch morgen mit nach Hartford nehmen. Du musst ausgeschlafen sein.â Sie lächelte. Ihr Schmerz war ihr kaum anzusehen. Sie war stark für ihre Tochter.
Carmen wechselte einen Blick mit Jenny. âDarf ich Jenny zuerst noch meine Geschichte vorlesen? Sie ist schon ganz gespannt darauf.â
âNatürlich. Möchtest du Kaffee?â
âWas denn sonst?â Carmen grinste fröhlich. Sie setzte sich zu uns und begann zu lesen.
âDu liest wundervoll.â Lobte ich, nachdem sie geendet hatte. âMir gefällt es, wie du alles betonst. Und die Geschichte ist wirklich schön.â Lächelnd strich ich ihr durchs Haar.
âDanke.â Carmen errötete leicht.
âIch liebe diese Geschichte. Aber eines würde mich interessierenâ¦â Jenny lächelte. ââ¦was hat dich denn dazu inspiriert? Deine Themen waren meist andere.â
Ihre Nichte nippte an ihrer Tasse Kaffee. âMein Freund.â Sie strahlte.
Ich verschluckte mich beinahe.
Jenny schien die Vorstellung, dass Carmen einen Freund hatte, allerdings zu gefallen. âDu hast einen Freund? Er sieht bestimmt gut aus.â Sie grinste verschwörerisch.
âEr ist ein netter Junge.â Meinte Carol.
âEr ist sehr süÃ.â Carmen errötete. âEddie geht in meine Klasse und ist der Beste im Sportunterricht.â
âEin Sportler? Das ist toll.â Jenny lächelte. âDu musst ihn mir vorstellen, wenn ich euch das nächste Mal besuche.â
âWann kommst du denn wieder?â Carmen blickte ihre Tante fragend an.
âIn den Semesterferien, wenn es deiner Mutter recht ist.â
Carol lächelte. âNatürlich.â
Meinem Herzen versetzte es einen Stich. Die drei hatten ein unglaublich herzliches Verhältnis.
âBringst du Lizzie mit?â Bat Carmen. Sie mochte diese sehr.
âDas geht leider nicht.â Jenny schüttelte den Kopf. âSie ist noch ein dreiviertel Jahr in Paris.â
âWie gefällt es ihr denn?â erkundigte sich Carol.
âSie vermisst uns alle. Aber es gefällt ihr sehr gut.â Jenny strich sich lächelnd eine Haarsträhne hinter ihr Ohr.
âMöchtest du auch ein Auslandsjahr machen?â
Ich warf Carol einen kurzen Blick zu. Jenny hatte nie Interesse für fremde Länder gezeigt. Sehr zu meiner Beruhigung, wie ich zugeben musste. Ich wüsste nicht, was ich machen sollte, wäre Jenny so lange Zeit nicht hier. Sie studierte in Kalifornien. Diese Entfernung war schon viel zu groà für mich.
âVielleicht.â Antwortete Jenny.
âDu könntest bei uns studieren.â Schlug meine Enkeltochter vor. âVielleicht wäre dann Mama deine Lehrerinâ¦â
âDas hätte mir gerade noch gefehltâ¦â Jenny grinste.
âWillst du mir damit irgendetwas sagen?â Carol blickte ihre Schwester gespielt streng an.
âAlejandro würde sich freuen.â Meinte Carmen.
Jennys Miene änderte sich plötzlich. âWie kommst du denn darauf?â Ihre Stimme zitterte ganz leicht.
âEr vermisst dich.â Erklärte Carmen.
Jenny und Carol tauschten einen kurzen Blick. âCarmen, du darfst nicht alles glauben, was dein Onkel dir erzählt. Er phantasiert manchmal, musst du wissen.â
âAber er spricht ständig von dir.â
âSchätzchenâ¦ich glaube, das ist jetzt kein passendes Themaâ¦â begann Carol.
âIst schon okay.â Jenny lächelte. Ihre Augen glänzten. Sie unterdrückte ihre Tränen.
Ich strich ihr sanft über den Handrücken. Es waren beinahe drei Jahre vergangen. Aber was er ihr angetan hatte, schmerzte sie immer noch.
âHabe ich etwas Falsches gesagt?â Carmen blickte ihre Mutter besorgt an.
âNein, Kleines. Mach dir keine Sorgen.â Sie strich ihr sanft über die Wange. âAber du solltest nun schlafen gehen. Es ist sehr spät.â Carol lächelte leicht.
Ihre Tochter nickte. Sie umarmte uns alle kurz, bevor sie den Raum verlieÃ.
âEs tut mir leid, Jennyâ¦â Carol blickte sie ernst an. âSie weià es nichtâ¦â
Jenny nickte. âEs ist wirklich in Ordnung. Das mit Alejandro ist Jahrhunderte her.â Sie lachte gequält.â
Carol und ich tauschten einen kurzen Blick. Jenny hatte immer versucht die Starke zu sein. In ihrem Inneren war sie jedoch verletzlicher als wir alle.
Eine unangenehme Schweigepause erfüllte den kleinen Raum. Es war schlieÃlich Jenny, die erneut das Wort ergriff. âIhr werdet es nicht glauben! Beatrice hat mich angerufen!â Sie rollte mit den Augen.
Jenny hatte Beatrice nie âGrandmaâ genannt. Sie hatten nur wenig Kontakt gehabt und ihre Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit. Das hatte schon mit meiner Schwangerschaft begonnen.
--------- Flashback --------
Kaum hatte ich den Hörer aufgelegt beschlich mich eine schlimme Vorahnung. Beatrice lud mich normalerweise nicht ohne Logan, Carol oder Matt zum Tee ein. Das Treffen musste einen bestimmten Grund haben. Diesmal konnte ich mir jedoch beim besten Willen nicht vorstellen, worüber sie sich beschweren wollte.
Das Hausmädchen führte mich in den groÃen Salon. Beatrice thronte wie eine Königin auf dem groÃen weinroten Lehnstuhl. Sie hatte ihre Haare, wie sehr oft, zu einem strengen Knoten gesteckt. Beatrice runzelte die Stirn und deutete mir ihr gegenüber Platz zu nehmen.
âNun, Lorelai. Wie geht es dir?â
Mein Misstrauen verstärkte sich. Beatrice interessierte sich normalerweise nicht für mein Befinden.
âDanke, sehr gut. Und dir?â Erkundigte sich mich höflich.
Sie stellte ihre Teetasse schwungvoll ab. âSparen wir uns die Floskeln. Logan erzählte mir gestern von deiner Schwangerschaft.â Er rief seine Mutter täglich an.
Erwartete sie nun eine Antwort. Ich nickte. âJa, ich bin schwanger.â
âEin drittes Kind wird deiner Figur enorm schaden.â Meinte sie verächtlich.
Ich verschluckte meinen Tee und hustete.
Beatrice rollte genervt mit den Augen. âHoffentlich erziehst du dein drittes Kind besser.â
Ich ballte meine Hände unter dem Tisch zu Fäusten, verkniff mir jegliches Kommentar.
âZwischen Logan und dir scheint es ja wieder sehr gut zu laufen.â Meinte sie süÃlich.
Ich seufzte. âWas möchtest du mir damit sagen, Beatrice?â
âLogan klagte mir die letzten Wochen eure Krisen und nun bist du schwanger.â
Ich holte tief Luft. âBeatrice, wenn du irgendwelche falschen Anschuldigungen machen möchtest, sage es mir direkt.â
Ihre Lippen zogen sich zu einem schmalen Strich. âIch habe ihm zu einem Vaterschaftstest geratenâ¦â
âWie bitte?â Ich starrte sie an.
âIch habe es ihm auch bei Matt geratenâ¦â Sie machte eine kurze Pause um mein Gesicht zu untersuchen. Es gelang mir den Schrecken zu verbergen.
ââ¦aber Logan ist davon überzeugt, dass dein Sohn meinem GroÃvater ähnelt. Aber dieses Kindâ¦â Sie blickte verächtlich auf meinem Bauch. ââ¦ich bin gespannt wem es ähneln wirdâ¦â
Ich erhob mich wütend. âDas muss ich mir nicht bieten lassen.â
âLorelai, nur ein freundlicher Hinweis: In unserer Familie sind Bastarde nicht gerne gesehenâ¦â
âIch bin von Logan schwanger!â Ich schrie beinahe.
Es war vor drei Wochen gewesen. Ich war auf einer Betriebsfeier Logans Firma gewesen. Er hatte mich wieder einmal bloà gestellt und ich hatte mich aus lauter Wut betrunken. Am nächsten Morgen war ich nackt neben ihm erwacht ohne mich an die Nacht erinnern zu können. Er hatte behauptet ebenfalls nichts mehr zu wissen. Ich weià bis heute nicht, ob er gelogen und meine Situation ausgenutzt hatte.
Beatrice glaubte mir kein Wort. Sie faltete die Hände und blickte mich herausfordernd an. âUnd wer ist Matts Vater?â
Ich hätte es ihr liebend gerne mitgeteilt. Sollte die fragliche Ehre der Huntzbergers doch beschmutzt werden. Doch um meines Sohnes Willen hielt ich mich zurück und biss mir auf die Unterlippe. âIch war Logan stets treu. Vielleicht solltest du ihn einmal auf dieses Thema ansprechen.â
Sie reagierte anders, als ich erwartet hatte. âWas hast du erwartet? Denkst du deine Launen wirken auf einen Mann anziehend?â
--------- Flashback Ende ---------
Ich blickte Jenny überrascht an. âWas wollte sie denn?â
Meine Tochter winkte ab. âDas übliche. Neugierige Fragen und Vorwürfe.â
Carol schüttelte den Kopf. âWarum lässt sie uns nicht in Ruhe?â
âRuft sie dich denn auch an?â
âJa, aber nur jedes halbe Jahr. Sie will wahrscheinlich überprüfen ob ich mein Leben schon ruiniert habe. Und ich enttäusche sie jedes Mal wieder.â Sie lachte.
Beatrice hatte sich nach der Scheidung noch ein paar Mal bei mir gemeldet. An unser letztes Gespräch, vor etwa zwei Jahren, konnte ich mich noch sehr gut erinnern.
--------- Flashback ---------
Beatrice hatte anscheinend Wanzen in meiner Wohnung und am Arbeitsplatz montiert, denn sie wusste ganz genau, dass ich nach San Francisco geflogen war um ein Interview durchzuführen.
Sie bat mich um ein Treffen in ihrem Haus. Ich sagte zwar zu, betonte aber meine Eile.
Zu meiner Verwunderung war es sie selbst, die mir die Tür öffnete. âKomm endlich.â Schnaufte sie. âEs ist etwas Furchtbares passiert.â
Sie führte mich in den Salon.
âEs geht um Jenniferâ¦â Sie blickte mich ernst an.
Meinem Herzen versetzte es einen Stich. Jenny hatte sich bereits seit zwei Tagen nicht mehr gemeldet. Ich dachte, dies würde an ihrem Prüfungsstress liegen. Der Druck auf meinem Herzen drohte mich zu ersticken. âIhr ist doch nichts passiert?â Ich blickte meine verhasste Ex- Schwiegermutter ängstlich an.
âDeine Tochter ist verdorben!â
Ich glaubte den Stein zu hören, der mir vom Herzen fiel. âInwiefern?â erkundigte ich mich höflich.
âDu weiÃt ich habe weder diese Beziehung mit diesem Andrew, noch mit Alejandro gut geheiÃen. Aber nun hat Jennifer sich endgültig der Moral entsagt.â
Ich versuchte ernst zu bleiben, obwohl ich am liebsten laut gelacht hätte.
âEine Schande ist das! Lorelai, stell dir vor: meine geschätzte Freundin Dorothy und ich fuhren nach Palo Alto. Wir wollten den Vormittag am Strand verbringen. Vormittags sind dort noch kaum Studentenâ¦â Sie holte tief Luft. âUnd da haben wir deine Tochter bei äuÃerst unmoralischem Verhalten ertappt. Dorothy hätte beinahe einen Herzinfarkt bekommenâ¦â
Ich biss mir auf die Unterlippe. âWas hat sie denn getan?â Dieses Spiel war einfach zu schön.
âZum Glück sitzt du bereits. Sie saà auf einem Badetuch, trug lediglich einen Hauch von Stoff am Körper, und küssteâ¦eine Frau!â Beatrice war ganz blass geworden. âJennifer ist eine Schande für unsere Familie! Ich habe euch stets gewarnt!â
âWar die Frau hübsch?â
âHast du keine anderen Sorgen? Ich habe diese kleine Göre sofort zurecht gewiesen. Und was sagt sie? Sie stellt mir ihre feste Freundin namens Lizzie â was ist das für ein Name! â vor! Feste Freundin!â Beatrice schnaubte.
âAch, du meintest Lizzie. Ein nettes Mädchen. Sie studieren gemeinsam. Sie war letztes Wochenende bei uns.â
Beatrice erstarrte. âDu wusstest von den Liebschaften deiner missratenen Tochter?â
âJa, ich wusste, dass Jenny bisexuell ist und derzeit mit einer Frau zusammen ist. Ich mag Lizzie. Sie ist sehr höflich und nett. Allerdings wusste ich nichts von deiner Unart.â
âWie bitte? Wasâ¦â
âNein. Jetzt rede ich, geschätzte Beatrice. Du hast nicht das Recht, so über meine Tochter zu sprechen. Sie ist das Beste was mir in meinem Leben passiert ist. Sie ist eine wundervolle und kluge junge Frau. Es ist allein ihre Angelegenheit, mit wem sie schläftâ¦â Ich beobachtete mit Freude wie Beatrice immer blasser wurde ââ¦und dich geht es schon gar nichts an!â Ich blickte sie selbstbewusst an. Ihre grauen Augen würden mich nie wieder einschüchtern.
Beatrice holte tief Luft. âDu bist wie deine Mutter! Ein kleine Göre vom Land!â
Ich lächelte spöttisch und genoss ihren Wutausbruch. Beatrice konnte mir nichts mehr anhaben. Mein Leben lag in Trümmern, aber ich hatte das Gefühl wenigstens dieses eine Mal alles richtig zu machen.
âMit dir hat das Ende unserer Familie begonnen! Carol hast du vollkommen verzogen und es zu gelassen, dass sie diesen Ramon heiratet! Ihr stand Harvard offen, stattdessen verlieà sie unser Land! Dann hast du auch noch zwei Bastarde in unsere Familie gebracht! Der eine wird früher oder später auf die schiefe Bahn geraten und diese kleine Göre geht unsittlichen Trieben nach! Ich wünschte, Logan hätte dich niemals geschwängert! Ich wollte immer, dass du abtreibst, so hätten wir uns eure Hochzeit erspart!â
Ich ballte die Fäuste. Meine Fingernägel bohrten sich in meine Haut. Ich erhob mich langsam. Das würden die letzten Worte sein, die ich zu ihr sagte. Ich wollte sie mir gut überlegen.
âMeine Kinder sind gute Menschen. Und sie haben weià Gott mehr Anstand als du! Sie würden niemals einen Menschen so behandeln, wie du uns all die Jahre behandelt hast! Nein. Weder Carol, Matt noch Jenny waren Fehler. Logan war mein einziger Fehler! Und weiÃt du was meine beste Entscheidung war? Mich von diesem verzogenen Betrüger scheiden zu lassen! Kein Erbstück der Huntzbergers mehr an meinem Finger zu tragen!â Ich wandte mich zur Tür und ging.
âLorelai! Bleib sofort stehen!â
Ich verlieà ihr Haus, immer noch lächelnd. Strahlend sank ich auf meinen Sitz im Auto. Es war mein zweiter Sieg über meine Vergangenheit gewesen. Ich griff nach meinem Handy.
Plötzlich fiel es mir wie Schuppen vor die Augen. Es war zu spät. Ich konnte niemanden anrufen und davon erzählen. AuÃer Jenny, doch sie konnte ich nicht aus diesem Grund stören. Matt würde kaum Interesse zeigen.
Und die anderen â Mum, Luke, Lane und Carol - würden wahrscheinlich nicht einmal mit mir sprechen wollen. Ich hatte sie alle verloren. Carol war die einzige, mit der ich noch sporadischen Kontakt hatte. Doch dieser war sehr abgekühlt.
Ich wollte mit Mum sprechen, sie anrufen. Ich schaffte es jedoch nicht. Sie hatte gewiss mit mir abgeschlossen. Warum sollte ich sie belästigen?
Der Druck auf meinem Herzen wurde unerträglich. Was hatte ich nur getan? Wie konnte ich zu gelassen haben, dass sie alle aus meinem Leben verschwanden?
Warum war es mir so wichtig gewesen Logan und Beatrice zufrieden zu stellen, nicht aber meine Eltern, meine Tochter und meine ehemalige beste Freundin?
Meine Augen tränten. Meine Erkenntnis war zu spät gekommen. Ich lehnte meinen Kopf an das Lenkrad und schluchzte.
Ich hatte nicht gewonnen, weil ich schon vor Jahren verloren hatte.
--------- Flashback Ende ---------
Freu mich auf eure FBs!
Bussi Selene