12.12.2005, 22:37
[B]Kapitel zweiundachtzig
[/B]Nach einer Weile gingen Rory und Lane weiter. Rory hatten Sandys Worte nicht kalt gelassen, sie dachte die ganze Zeit darüber nach. Wusste Sandy mehr als sie? Oder die anderen? Es machte sie schon verrückt genug, dass Jess nie mit ihr über die Vergangenheit redete, aber wenn die anderen, mit denen er schlieÃlich aufgewachsen war, mehr wussten, .... das war noch schlimmer. Sie musste es rausfinden, sie musste einfach endlich wissen, was mit ihm los war. Aber das konnte sie nicht mit Lane tun. Es war ihr letzter Tag in New York, und sie wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte oder sie sogar von ihrem Plan abhielt. SchlieÃlich wandte sie sich an Lane.
"Lane, mir geht es nicht so gut." Sie hasste es, sie anzulügen, aber diesmal musste es sein. Es versetzte ihr zusätzlich einen Stich, als sie sah, wie besorgt Lane sie musterte.
"Ist es wegen dieser Sandy? Wegen dem, was sie gesagt hat?" Sie kannte sie einfach zu gut. Doch Rory schüttelte den Kopf.
"Nein, ich fühl mich einfach nicht so gut. Es ist ja noch früh, ich glaub, es ist besser, wenn wir einfach zum Hotel gehen und ich mich etwas hinlege, damit wir heute Nachmittag oder Abend noch etwas mit euch machen können, bevor ihr fahrt. Ok?" Lane nickte und gemeinsam gingen sie zurück. Rory fühlte sich jetzt wirklich schlecht, Lane so angelogen zu haben. Sie konnte nur hoffen, dass Jess nicht im Hotel war.
Was keine von beiden bemerkte war, dass sie beobachtet wurden.
SchieÃlich stand Jess auf. "Ich muss ihn finden, bevor er mich findet." Er schnappte sich seine Jacke vom Bett und lief zur Tür.
"Hey" Dave kam ihm hinterher. "Ich komm mit."
Jess nickte nur und ging voraus. "Ich glaub, ich weià wo er ist."
Lorelai schob Davey vergnügt ins Haus der Gilmores und lieà die Tür hinter sich offen. Sie parkte den Wagen im Flur, nahm Davey heraus und setzte sich mit ihm aufs Sofa.
"Hast du Hunger?" Sie kitzelte ihm am Bauch, und er brachte ihr ein zahnloses Lächeln entgegen. Er brabbelte munter vor sich hin und sah Lorelai dabei an. Aufmerksam "hörte" sie ihm zu.
"Oh ja, ich frag mich auch, wo der Onkel Luke bleibt.", antwortete sie grinsend.
"Haha", kam es trocken von der Tür, wo sich Luke verzweifelt mit sieben Tüten durch die Tür quetschte. "WeiÃt du, ich glaube ich streich dir die extra Pommes für die nächste Zeit, um meinen seelischen Schaden von diesem Höllentrip wieder gutzumachen." Resignierend lieà er schlieÃlich alle Tüten fallen, stieg über sie hinweg und setzte sich zu ihr und Davey. Spöttisch sah Lorelai ihren Freund an.
"Na komm, dir haben die Sachen ja wohl gefallen!" Mit einer hochgezogenen Augenbraue wanderte ihr Blick auf die Tüte mit der Aufschrift "Victoria´s Secret". Da konnte sich selbst der mürrische Luke kein Grinsen verkneifen.
"Hm", brummte er. "Ich denke, eine Vorführung der Sachen würde den Schaden ebenso wettmachen. Ist das nicht sowieso das Lieblingshobby der Frauen? Erst stundenlang shoppen, und dann zuhause nochmal alles durchprobieren."
Lorelai lachte. "Seit wann bist du ein Experte in Sachen Frauen?"
"Ich wurde achtzehn Jahre lang mit einer Schwester gestraft, die das regelmäÃig getan hat."
"Ooh, armer Luke." Lorelai legte ihm eine Hand an die Wange und küsste ihn. Zu gerne erwiederte er den Kuss und lieà seine Hand über ihren Rücken wandern. "Wie sind wir mit der Vorführung geblieben?", raunte er ihr ins Ohr. Lorelai grinste und löste sich ein wenig von ihm, um ihm in die Augen sehen zu können.
"Du vergisst Davey!", sagte sie etwas schadenfroh und deutete auf das munter vor sich hin brabbelnde Baby auf ihrem SchoÃ.
Luke wiegte nur den Kopf. "Der schläft ja auch irgendwann mal, oder?"
Als Rory in ihrem Hotelzimmer ankam, fand sie er leer vor. Erleichtert setzte sie sich aufs Bett. Sie spürte die Nervosität in sich brodeln und durch ihren ganzen Körpern flieÃen. Sie hatte Angst vor dem, was sie vielleicht gleich erfahren würden, und doch konnte sie nicht anders. Sie musste es erfahren. Sie musste. Es gab keinen anderen Weg. Vielleicht war es falsch, vielleicht würde sie dass, was sie erfahren würde, umhauen, vielleicht erleichtern. Sie wusste es nicht. Sie konnte es auch nicht lassen. Sie spürte einfach diesen Drang in sich, diesen verzweifelten Drang, endlich zu wissen, was mit ihrem Freund war. Dem Vater ihres Kindes. Den sie so liebte. Und gleichzeitig hasste, weil er ihr etwas verschwieg, von dem sie ahnte, dass es wichtig war. Sie fühlte all diese Emotionen und Gefühle in sich, und musste etwas dagegen tun. Sie war einfach zu voll mit Gefühlen. Entschlossen stand sie auf und ging aus dem Zimmer. Sie nahm nur den Zimmerschlüssel mit. Und das Kind, das sie unter dem Herzen trug.
Kapitel dreiundachtzig
Sie brauchte nicht lange, um sie zu finden. Während sie, Jess, Lane und Dave mit ihnen umhergezogen waren, hatte Mary erwähnt, dass sie sich öfters am Strand trafen um zu feiern.
Das Lagerfeuer schien ihr schon vom Weitem entgegen. In seinem Schein konnte Rory die Silouetten der sechs Freunde sehen. Ihre Tür zur Vergangenheit. Die Chance, zu erfahren was mit Jess war, lag direkt vor ihr. Zehn Schritte entfernt. Doch sie zögerte. Sollte sie das wirklich tun? Hier konnte sie sich holen, was Jess ihr nicht freiwillig preisgab. Was war sein Grund dafür? Was veranlasste einen Menschen, sich so zu verschlieÃen, sogar der Person, die er liebte?
"Der Kleine schläft." Leise schloss Lorelai die Tür zu Rorys Zimmer hinter sich und kam zu Luke, der auf der Gilmor´schen Couch saÃ. Sie setze sich neben ihn und lehnte den Kopf an seine Schulter.
"Er ist so süÃ", seufzte Lorelai entzückt. Luke nickte und fuhr ihr sanft mit seiner Hand über den Arm.
"Wo waren wir vorhin eingentlich stehen geblieben?", fragte Lorelai leise. Luke küsste sie als Antwort. Als sie sich voneinander lösten, lächelte sie ihn an. "Ich glaube, ich habe es schon wieder vergessen."
Luke schüttelte den Kopf. "Was machen wir nur dagegen?"
"Ich weià auch nicht." Gespielt ahnungslos hob sie die Schultern. "Das liegt in der Familie, meine Mutter vergisst auch immer alles und schreibt es sich aus Post - Its. Du müsstest mal ihr Zimmer sehen, eine Post- It Firma ist dagegen so klein wie Daveys Nase." Luke verdrehte die Augen und küsste sie wieder. "Wir könnten auch nach oben gehen, da ist die Luft dünner, vielleicht ist mein Gedächtnis dann nicht so vollgepumt mit Sauerstoff, und es kann mehr behalten...." Luke zog sie vom Sofa und dirigierte sie unter Küssen nach oben.
Bevor Rory noch weiter denken konnte, kam Mary auf sie zu. "Hi Rory!", rief sie überrascht.
"Hey" Zögernd kam Rory auf sie zu. Es war also entschieden. Sie würde es fragen.
"Kommt Jess noch, oder - "
Rory schüttelte den Kopf. "Ich bin alleine hier. Hör zu, ich muss dringend mit euch reden."
Besorgt legte Mary ihr eine Hand auf die Schulter. "Alles Ok bei dir?"
"Ich muss etwas wissen", antwortete Rory nur.
Etwas unbehaglich musterte Dave das Viertel, in dem er und Jess umhergingen. Es war mehr wie ein Ghetto, und sah nicht gerade so aus, als ob sich hier alle Nachbarn verstanden. Hinter jeder düsteren Ecke sah er Jugendlich in seinem Alter oder sogar jünger, die tranken, rauchten, einmal war sogar eine Nadel durch die Runde gegangen. Er hoffte, dass sie hier schnell wegkamen oder wenigstens von den Junkies, doch Jess steuerte geradewegs auf eine Gruppe rauchender Typen zu.
"Hey" Er steià mit dem Fuà gegen den, der ihm am nächsten auf dem Boden saÃ. Benebelt sah dieser auf und weckte in Dave die Vermutung, dass sie sicher nicht nur Tabak geraucht hatten.
"Hä?"
"Ist Aaron hier gewesen?" Jess runzelte die Stirn. Er hatte keine Zeit und Geduld für Junnkies, er musste Aaron einfach so schnell wie möglich finden.
Der Typ nickte. "Yo."
"Und?" Auffordernd sah Jess ihn an. "Was wollte er hier?"
"Hat nach dir gefragt... Und was von einer Rory gefaselt..... Kennste die? Wenn ja, kannste mir die ja mal vorstellen.... Bin immer bereit für nen Quickie ...."
"Vergiss es", antwortete Jess und winkte ab. "Man Steve, womit hast du dir jetzt wieder das Hirn weggeraucht?"
Steve kniff die Augen zusammen. "Hab´s vergessen.... Zog aber voll rein.... Ach ja, Aaron hat dich Hurensohn genannt... Sollen wir ihn schlagen?"
Jess schüttelte nur den Kopf. "Hör zu, ich muss gehen. Ich komm nachher nochmal wieder, um zu checken ob du noch lebst. Klar?"
Steve nickte und grinste dümmlich.
Jess drehte sich um und deutete Dave, dass sie weitergingen, als ihm noch etwas einfiel und er sich wieder zu Steve drehte. "Hat er gesagt wo er hin will?"
"Zu dieser Rory."
"Setz dich". Mary deutete auf den Sandboden, auf dem rund ums Feuer Handtücher lagen. Rory setzte sich und Mary lieà sich gegenüber von ihr nieder. Rory spürte die neugierigen Blicke der anderen und knetete nervös ihr Hände.
"Was ist los?" Mary klang ehrlich besorgt und sah Rory ernst an. Jetzt kam auch Josh an, der wieder angetrunken war.
"Hey hey hey, wer ist denn hier?", rief er und kam auf Rory zu. "Willst du diesmal mehr als letzes Mal? Wie ich sehe, hast du deinen Bodyguard nicht dabei!" Dan schob ihn weg und zog ihn unsanft zu sich auf dem Boden.
"Jetzt tu uns allen mal einen Gefallen und halt VEDAMMT NOCHMAL DIE FRESSE!"
Rorys Blick fiel auf Sandy, die ein blaues Auge hatte. "Was ist passiert?", fragte sie erschrocken. Sandy verzog das Gesicht.
"Aaron", sagte sie nur.
Rory holte Luft. Sandy hatte den Nagel auf den Kopf getroffen.
"Darum geht es ja. Ich - ich will von euch wissen, was damals passiert ist. Es ist doch irgendetwas passiert zwischen Jess und Aaron, oder?" Ein Blick in die Gesichter der andern genügte. "Gut, und ihr kennt Jess, er erzählt nichts freiwillig, zumindestens nichts von früher. Aber ich kann nicht so weitermachen. Ich muss wissen, was damals passiert ist. Bitte!" Sie sah die anderen eindringlich an.
"Wieso drängst du den armen Kerl so? Lass ihn zu dir kommen, wenn er reden will. Ich mein, er hatte hier kaum eine feste Freundin, nur ... du weiÃt schon... Ich mein, ... wer sagt, dass das mit euch noch lange hält?" Josh verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück.
"Josh!" Mary sah ihn wütend an. "Warum kannst du nicht mal die Klappe halten?" Besorgt sah sie Rory an.
Sie zog die Stirn kraus und sah Josh kritisch an. "Ich bin schwanger!", sagte sie schlieÃlich.
Stille. Erstaunte Gesichter.
Dann fasste sich Mary wieder. "Wow. Mein Glückwunsch." Sie lächelte sie kurz an. "Na gut", sagte sie nachdenklich. "Ich denke, du hast ein Recht, es zu erfahren."
"ScheiÃe!" Fluchend ging Jess im Laufschritt durch die dunklen StraÃen New Yorks.
"Hast du denn eine Ahnung, wo er ist?", fragte Dave und hielt mit ihm Schritt. Es beunruhigte ihn, wie Jess drauf war. In dieser Verfassung würde er diesem Aaron einfach sofort eine reinhauen. Und was Jess von ihm erzählt hatte, würde der seine Kumpels holen und Jess wäre ... ziemlich demoliert.
Ungläubig sah Rory Mary an. Sie konnte nicht fassen, was sie da gerade gehört hatte. In ihrem Kopf tobte ein Wirbel aus Gedanken. Jess hatte so etwas getan? Wie konnte er nur? Wie um alles in der Welt konnte er einen...
"Hey", unterbrach Mary ihre Gedanken. "Hör zu, es ist lang her, und Jess hatte einfach schlechte Einflüsse... Ich weià auch nicht, ob es richtig war dass wir es dir erzählt haben, aber es ist besser dass du es von und erfährst, bevor Aaron es dir erzählt."
Rory nickte. Sie war dankbar dafür, dass die anderen es ihr erzählt hatten, aber jetzt musste sie einfach alleine sein. Ihre Gedanken sortieren. Mit Jess reden. Sie stand auf.
"Danke... dass ihr es mir erzählt habt... ich muss jetzt gehen..." Bevor die anderen noch etwas sagen konnten, lief sie über den Strand zur StraÃe. Sie wünschte, sie hätte es nicht erfahren. Denn jetzt war sie so verwirrt, so ... sie wusste noch nicht mal, wie sie sich jetzt fühlte.
Mit der Zeit verlangsamte sie ihr Tempo und als sie wieder in den StraÃen New Yorks war, ging sie wieder normal. Sie musste einfach mit Jess jetzt reden, sonst würde sie noch verrückt werden.
"Woah, woah! Hey Lady, wohin des Weges?" Erschrocken fuhr sie herum. Dicht hinter ihr stand ein Kerl, vielleicht zwei Jahre älter als sie, mit schulterlangen, blonden Dreads. Er strich sich über sein Kinnbärtchen und musterte sie eingehend.
"Ja?", fragte sie vorsichtig. Der Kerl kam ihr etwas suspekt vor.
"Ich hab gesehen, dass du vom Strand kommst. Freunde von dir? Du bist ziemlich schnell gelaufen. Haben sie dir was getan?"
"Ich - Nicht direkt", stammelte sie. "Ich kenn sie kaum, sie sind alte Freunde von meinem Freund... " Warum erzählte sie ihm das alles? Sie war immer noch so verwirrt, dass sie einfach drauflos redete.
"Dein Freund? Ist er auch hier?" Neugierig musterte der Typ sie. Rory fühlte sich immer noch etwas unwohl, aber sie musste einfach reden. Darüber. Ãber das, was sie erfahren hatte.
"Nein- er ist... ich... " Jetzt war sie völlig aufgelöst. Dass er Jess angesprochen hatte, war zu viel für sie. Sie lieà sich auf den Boden sinken und vergrub den Kopf in den Händen.
"Hey", besorgt hockte er sich neben sie und tätschelte ihr den Rücken. "Was ist denn mit dir los?"
"Ich - tut mir leid, ich mein, du kennst mich gar nicht und so, aber ich hab gerade was über meinen Freund erfahren, und bin deshalb gerade... ich ..." Verzweifelt brach sie ab. "Kennst du einen Aaron? Ich weià nicht wie er weiterheiÃt, aber ich muss ihn finden, weil nur er mir weiterhelfen kann..."
Der Kerl richtete sich etwas auf. Die Erleuchtung würde um ihn herum blinken, wäre sie sichtbar.
"Du hast ihn gefunden!"
[B]Kapitel vierundachtzig
[/B]
Rory lief. Sie lief wie noch nie zuvor ihn ihrem Leben. Sie musste hier weg. Sie konnte es nicht eine Minute, Sekunde hier aushalten. Hier. Wo es passiert gewesen war. In seiner Stadt. Wie hatte er ihr das nur antun können? Wie? Die Fragen hämmerten wie wild in ihrem Kopf und fanden keine Antwort.
Als sie ins Hotelzimmer stürmte, war es zum Glück leer. Sie wüsste nicht was sie getan hätte wenn Jess dagewesen war. Ihre Gedanken wirbelten im Kopf herum, während sie hektisch all ihre Sachen in ihre Reisetasche stopfte, den Autoschlüssel vom Nachttisch nahm und rauslief.
Während sie den Wagen startete, schaltete sie das Radio aus. Jeder Song, den sie auf der Fahrt gehört hätte, wäre für immer verflucht gewesen. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, als sie fuhr. Sie fuhr einfach mechanisch weiter, raus aus der Stadt, die ihr das Herz zerbrochen hatte. Die ihr das Grauen zugefügt hatte.
Sie bog in eine LandstraÃe ein und die Gedanken klärten sich in eine einzige Frage. WARUM?
Ihr liefen heiÃe Tränen über die Wangen, vernebelten ihre Sicht auf die StraÃe und lieÃen sie aufschluchzen. Sie wegzuwischen wäre unnütz gewesen, da für eine weggewischte Träne hundert neue flossen.
Sie fühlte nichts als Trauer und Leere in sich, konnte nur noch weinen und durch einen Nebelschleier von salzigen, verfluchten Tränen die StraÃe erahnen.
Das letzte, was sie sah, war das Auto, dass mit hoher Geschwindigkeit genau auf sie zuraste.
[/B]Nach einer Weile gingen Rory und Lane weiter. Rory hatten Sandys Worte nicht kalt gelassen, sie dachte die ganze Zeit darüber nach. Wusste Sandy mehr als sie? Oder die anderen? Es machte sie schon verrückt genug, dass Jess nie mit ihr über die Vergangenheit redete, aber wenn die anderen, mit denen er schlieÃlich aufgewachsen war, mehr wussten, .... das war noch schlimmer. Sie musste es rausfinden, sie musste einfach endlich wissen, was mit ihm los war. Aber das konnte sie nicht mit Lane tun. Es war ihr letzter Tag in New York, und sie wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte oder sie sogar von ihrem Plan abhielt. SchlieÃlich wandte sie sich an Lane.
"Lane, mir geht es nicht so gut." Sie hasste es, sie anzulügen, aber diesmal musste es sein. Es versetzte ihr zusätzlich einen Stich, als sie sah, wie besorgt Lane sie musterte.
"Ist es wegen dieser Sandy? Wegen dem, was sie gesagt hat?" Sie kannte sie einfach zu gut. Doch Rory schüttelte den Kopf.
"Nein, ich fühl mich einfach nicht so gut. Es ist ja noch früh, ich glaub, es ist besser, wenn wir einfach zum Hotel gehen und ich mich etwas hinlege, damit wir heute Nachmittag oder Abend noch etwas mit euch machen können, bevor ihr fahrt. Ok?" Lane nickte und gemeinsam gingen sie zurück. Rory fühlte sich jetzt wirklich schlecht, Lane so angelogen zu haben. Sie konnte nur hoffen, dass Jess nicht im Hotel war.
Was keine von beiden bemerkte war, dass sie beobachtet wurden.
SchieÃlich stand Jess auf. "Ich muss ihn finden, bevor er mich findet." Er schnappte sich seine Jacke vom Bett und lief zur Tür.
"Hey" Dave kam ihm hinterher. "Ich komm mit."
Jess nickte nur und ging voraus. "Ich glaub, ich weià wo er ist."
Lorelai schob Davey vergnügt ins Haus der Gilmores und lieà die Tür hinter sich offen. Sie parkte den Wagen im Flur, nahm Davey heraus und setzte sich mit ihm aufs Sofa.
"Hast du Hunger?" Sie kitzelte ihm am Bauch, und er brachte ihr ein zahnloses Lächeln entgegen. Er brabbelte munter vor sich hin und sah Lorelai dabei an. Aufmerksam "hörte" sie ihm zu.
"Oh ja, ich frag mich auch, wo der Onkel Luke bleibt.", antwortete sie grinsend.
"Haha", kam es trocken von der Tür, wo sich Luke verzweifelt mit sieben Tüten durch die Tür quetschte. "WeiÃt du, ich glaube ich streich dir die extra Pommes für die nächste Zeit, um meinen seelischen Schaden von diesem Höllentrip wieder gutzumachen." Resignierend lieà er schlieÃlich alle Tüten fallen, stieg über sie hinweg und setzte sich zu ihr und Davey. Spöttisch sah Lorelai ihren Freund an.
"Na komm, dir haben die Sachen ja wohl gefallen!" Mit einer hochgezogenen Augenbraue wanderte ihr Blick auf die Tüte mit der Aufschrift "Victoria´s Secret". Da konnte sich selbst der mürrische Luke kein Grinsen verkneifen.
"Hm", brummte er. "Ich denke, eine Vorführung der Sachen würde den Schaden ebenso wettmachen. Ist das nicht sowieso das Lieblingshobby der Frauen? Erst stundenlang shoppen, und dann zuhause nochmal alles durchprobieren."
Lorelai lachte. "Seit wann bist du ein Experte in Sachen Frauen?"
"Ich wurde achtzehn Jahre lang mit einer Schwester gestraft, die das regelmäÃig getan hat."
"Ooh, armer Luke." Lorelai legte ihm eine Hand an die Wange und küsste ihn. Zu gerne erwiederte er den Kuss und lieà seine Hand über ihren Rücken wandern. "Wie sind wir mit der Vorführung geblieben?", raunte er ihr ins Ohr. Lorelai grinste und löste sich ein wenig von ihm, um ihm in die Augen sehen zu können.
"Du vergisst Davey!", sagte sie etwas schadenfroh und deutete auf das munter vor sich hin brabbelnde Baby auf ihrem SchoÃ.
Luke wiegte nur den Kopf. "Der schläft ja auch irgendwann mal, oder?"
Als Rory in ihrem Hotelzimmer ankam, fand sie er leer vor. Erleichtert setzte sie sich aufs Bett. Sie spürte die Nervosität in sich brodeln und durch ihren ganzen Körpern flieÃen. Sie hatte Angst vor dem, was sie vielleicht gleich erfahren würden, und doch konnte sie nicht anders. Sie musste es erfahren. Sie musste. Es gab keinen anderen Weg. Vielleicht war es falsch, vielleicht würde sie dass, was sie erfahren würde, umhauen, vielleicht erleichtern. Sie wusste es nicht. Sie konnte es auch nicht lassen. Sie spürte einfach diesen Drang in sich, diesen verzweifelten Drang, endlich zu wissen, was mit ihrem Freund war. Dem Vater ihres Kindes. Den sie so liebte. Und gleichzeitig hasste, weil er ihr etwas verschwieg, von dem sie ahnte, dass es wichtig war. Sie fühlte all diese Emotionen und Gefühle in sich, und musste etwas dagegen tun. Sie war einfach zu voll mit Gefühlen. Entschlossen stand sie auf und ging aus dem Zimmer. Sie nahm nur den Zimmerschlüssel mit. Und das Kind, das sie unter dem Herzen trug.
Kapitel dreiundachtzig
Sie brauchte nicht lange, um sie zu finden. Während sie, Jess, Lane und Dave mit ihnen umhergezogen waren, hatte Mary erwähnt, dass sie sich öfters am Strand trafen um zu feiern.
Das Lagerfeuer schien ihr schon vom Weitem entgegen. In seinem Schein konnte Rory die Silouetten der sechs Freunde sehen. Ihre Tür zur Vergangenheit. Die Chance, zu erfahren was mit Jess war, lag direkt vor ihr. Zehn Schritte entfernt. Doch sie zögerte. Sollte sie das wirklich tun? Hier konnte sie sich holen, was Jess ihr nicht freiwillig preisgab. Was war sein Grund dafür? Was veranlasste einen Menschen, sich so zu verschlieÃen, sogar der Person, die er liebte?
"Der Kleine schläft." Leise schloss Lorelai die Tür zu Rorys Zimmer hinter sich und kam zu Luke, der auf der Gilmor´schen Couch saÃ. Sie setze sich neben ihn und lehnte den Kopf an seine Schulter.
"Er ist so süÃ", seufzte Lorelai entzückt. Luke nickte und fuhr ihr sanft mit seiner Hand über den Arm.
"Wo waren wir vorhin eingentlich stehen geblieben?", fragte Lorelai leise. Luke küsste sie als Antwort. Als sie sich voneinander lösten, lächelte sie ihn an. "Ich glaube, ich habe es schon wieder vergessen."
Luke schüttelte den Kopf. "Was machen wir nur dagegen?"
"Ich weià auch nicht." Gespielt ahnungslos hob sie die Schultern. "Das liegt in der Familie, meine Mutter vergisst auch immer alles und schreibt es sich aus Post - Its. Du müsstest mal ihr Zimmer sehen, eine Post- It Firma ist dagegen so klein wie Daveys Nase." Luke verdrehte die Augen und küsste sie wieder. "Wir könnten auch nach oben gehen, da ist die Luft dünner, vielleicht ist mein Gedächtnis dann nicht so vollgepumt mit Sauerstoff, und es kann mehr behalten...." Luke zog sie vom Sofa und dirigierte sie unter Küssen nach oben.
Bevor Rory noch weiter denken konnte, kam Mary auf sie zu. "Hi Rory!", rief sie überrascht.
"Hey" Zögernd kam Rory auf sie zu. Es war also entschieden. Sie würde es fragen.
"Kommt Jess noch, oder - "
Rory schüttelte den Kopf. "Ich bin alleine hier. Hör zu, ich muss dringend mit euch reden."
Besorgt legte Mary ihr eine Hand auf die Schulter. "Alles Ok bei dir?"
"Ich muss etwas wissen", antwortete Rory nur.
Etwas unbehaglich musterte Dave das Viertel, in dem er und Jess umhergingen. Es war mehr wie ein Ghetto, und sah nicht gerade so aus, als ob sich hier alle Nachbarn verstanden. Hinter jeder düsteren Ecke sah er Jugendlich in seinem Alter oder sogar jünger, die tranken, rauchten, einmal war sogar eine Nadel durch die Runde gegangen. Er hoffte, dass sie hier schnell wegkamen oder wenigstens von den Junkies, doch Jess steuerte geradewegs auf eine Gruppe rauchender Typen zu.
"Hey" Er steià mit dem Fuà gegen den, der ihm am nächsten auf dem Boden saÃ. Benebelt sah dieser auf und weckte in Dave die Vermutung, dass sie sicher nicht nur Tabak geraucht hatten.
"Hä?"
"Ist Aaron hier gewesen?" Jess runzelte die Stirn. Er hatte keine Zeit und Geduld für Junnkies, er musste Aaron einfach so schnell wie möglich finden.
Der Typ nickte. "Yo."
"Und?" Auffordernd sah Jess ihn an. "Was wollte er hier?"
"Hat nach dir gefragt... Und was von einer Rory gefaselt..... Kennste die? Wenn ja, kannste mir die ja mal vorstellen.... Bin immer bereit für nen Quickie ...."
"Vergiss es", antwortete Jess und winkte ab. "Man Steve, womit hast du dir jetzt wieder das Hirn weggeraucht?"
Steve kniff die Augen zusammen. "Hab´s vergessen.... Zog aber voll rein.... Ach ja, Aaron hat dich Hurensohn genannt... Sollen wir ihn schlagen?"
Jess schüttelte nur den Kopf. "Hör zu, ich muss gehen. Ich komm nachher nochmal wieder, um zu checken ob du noch lebst. Klar?"
Steve nickte und grinste dümmlich.
Jess drehte sich um und deutete Dave, dass sie weitergingen, als ihm noch etwas einfiel und er sich wieder zu Steve drehte. "Hat er gesagt wo er hin will?"
"Zu dieser Rory."
"Setz dich". Mary deutete auf den Sandboden, auf dem rund ums Feuer Handtücher lagen. Rory setzte sich und Mary lieà sich gegenüber von ihr nieder. Rory spürte die neugierigen Blicke der anderen und knetete nervös ihr Hände.
"Was ist los?" Mary klang ehrlich besorgt und sah Rory ernst an. Jetzt kam auch Josh an, der wieder angetrunken war.
"Hey hey hey, wer ist denn hier?", rief er und kam auf Rory zu. "Willst du diesmal mehr als letzes Mal? Wie ich sehe, hast du deinen Bodyguard nicht dabei!" Dan schob ihn weg und zog ihn unsanft zu sich auf dem Boden.
"Jetzt tu uns allen mal einen Gefallen und halt VEDAMMT NOCHMAL DIE FRESSE!"
Rorys Blick fiel auf Sandy, die ein blaues Auge hatte. "Was ist passiert?", fragte sie erschrocken. Sandy verzog das Gesicht.
"Aaron", sagte sie nur.
Rory holte Luft. Sandy hatte den Nagel auf den Kopf getroffen.
"Darum geht es ja. Ich - ich will von euch wissen, was damals passiert ist. Es ist doch irgendetwas passiert zwischen Jess und Aaron, oder?" Ein Blick in die Gesichter der andern genügte. "Gut, und ihr kennt Jess, er erzählt nichts freiwillig, zumindestens nichts von früher. Aber ich kann nicht so weitermachen. Ich muss wissen, was damals passiert ist. Bitte!" Sie sah die anderen eindringlich an.
"Wieso drängst du den armen Kerl so? Lass ihn zu dir kommen, wenn er reden will. Ich mein, er hatte hier kaum eine feste Freundin, nur ... du weiÃt schon... Ich mein, ... wer sagt, dass das mit euch noch lange hält?" Josh verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück.
"Josh!" Mary sah ihn wütend an. "Warum kannst du nicht mal die Klappe halten?" Besorgt sah sie Rory an.
Sie zog die Stirn kraus und sah Josh kritisch an. "Ich bin schwanger!", sagte sie schlieÃlich.
Stille. Erstaunte Gesichter.
Dann fasste sich Mary wieder. "Wow. Mein Glückwunsch." Sie lächelte sie kurz an. "Na gut", sagte sie nachdenklich. "Ich denke, du hast ein Recht, es zu erfahren."
"ScheiÃe!" Fluchend ging Jess im Laufschritt durch die dunklen StraÃen New Yorks.
"Hast du denn eine Ahnung, wo er ist?", fragte Dave und hielt mit ihm Schritt. Es beunruhigte ihn, wie Jess drauf war. In dieser Verfassung würde er diesem Aaron einfach sofort eine reinhauen. Und was Jess von ihm erzählt hatte, würde der seine Kumpels holen und Jess wäre ... ziemlich demoliert.
Ungläubig sah Rory Mary an. Sie konnte nicht fassen, was sie da gerade gehört hatte. In ihrem Kopf tobte ein Wirbel aus Gedanken. Jess hatte so etwas getan? Wie konnte er nur? Wie um alles in der Welt konnte er einen...
"Hey", unterbrach Mary ihre Gedanken. "Hör zu, es ist lang her, und Jess hatte einfach schlechte Einflüsse... Ich weià auch nicht, ob es richtig war dass wir es dir erzählt haben, aber es ist besser dass du es von und erfährst, bevor Aaron es dir erzählt."
Rory nickte. Sie war dankbar dafür, dass die anderen es ihr erzählt hatten, aber jetzt musste sie einfach alleine sein. Ihre Gedanken sortieren. Mit Jess reden. Sie stand auf.
"Danke... dass ihr es mir erzählt habt... ich muss jetzt gehen..." Bevor die anderen noch etwas sagen konnten, lief sie über den Strand zur StraÃe. Sie wünschte, sie hätte es nicht erfahren. Denn jetzt war sie so verwirrt, so ... sie wusste noch nicht mal, wie sie sich jetzt fühlte.
Mit der Zeit verlangsamte sie ihr Tempo und als sie wieder in den StraÃen New Yorks war, ging sie wieder normal. Sie musste einfach mit Jess jetzt reden, sonst würde sie noch verrückt werden.
"Woah, woah! Hey Lady, wohin des Weges?" Erschrocken fuhr sie herum. Dicht hinter ihr stand ein Kerl, vielleicht zwei Jahre älter als sie, mit schulterlangen, blonden Dreads. Er strich sich über sein Kinnbärtchen und musterte sie eingehend.
"Ja?", fragte sie vorsichtig. Der Kerl kam ihr etwas suspekt vor.
"Ich hab gesehen, dass du vom Strand kommst. Freunde von dir? Du bist ziemlich schnell gelaufen. Haben sie dir was getan?"
"Ich - Nicht direkt", stammelte sie. "Ich kenn sie kaum, sie sind alte Freunde von meinem Freund... " Warum erzählte sie ihm das alles? Sie war immer noch so verwirrt, dass sie einfach drauflos redete.
"Dein Freund? Ist er auch hier?" Neugierig musterte der Typ sie. Rory fühlte sich immer noch etwas unwohl, aber sie musste einfach reden. Darüber. Ãber das, was sie erfahren hatte.
"Nein- er ist... ich... " Jetzt war sie völlig aufgelöst. Dass er Jess angesprochen hatte, war zu viel für sie. Sie lieà sich auf den Boden sinken und vergrub den Kopf in den Händen.
"Hey", besorgt hockte er sich neben sie und tätschelte ihr den Rücken. "Was ist denn mit dir los?"
"Ich - tut mir leid, ich mein, du kennst mich gar nicht und so, aber ich hab gerade was über meinen Freund erfahren, und bin deshalb gerade... ich ..." Verzweifelt brach sie ab. "Kennst du einen Aaron? Ich weià nicht wie er weiterheiÃt, aber ich muss ihn finden, weil nur er mir weiterhelfen kann..."
Der Kerl richtete sich etwas auf. Die Erleuchtung würde um ihn herum blinken, wäre sie sichtbar.
"Du hast ihn gefunden!"
[B]Kapitel vierundachtzig
[/B]
Rory lief. Sie lief wie noch nie zuvor ihn ihrem Leben. Sie musste hier weg. Sie konnte es nicht eine Minute, Sekunde hier aushalten. Hier. Wo es passiert gewesen war. In seiner Stadt. Wie hatte er ihr das nur antun können? Wie? Die Fragen hämmerten wie wild in ihrem Kopf und fanden keine Antwort.
Als sie ins Hotelzimmer stürmte, war es zum Glück leer. Sie wüsste nicht was sie getan hätte wenn Jess dagewesen war. Ihre Gedanken wirbelten im Kopf herum, während sie hektisch all ihre Sachen in ihre Reisetasche stopfte, den Autoschlüssel vom Nachttisch nahm und rauslief.
Während sie den Wagen startete, schaltete sie das Radio aus. Jeder Song, den sie auf der Fahrt gehört hätte, wäre für immer verflucht gewesen. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, als sie fuhr. Sie fuhr einfach mechanisch weiter, raus aus der Stadt, die ihr das Herz zerbrochen hatte. Die ihr das Grauen zugefügt hatte.
Sie bog in eine LandstraÃe ein und die Gedanken klärten sich in eine einzige Frage. WARUM?
Ihr liefen heiÃe Tränen über die Wangen, vernebelten ihre Sicht auf die StraÃe und lieÃen sie aufschluchzen. Sie wegzuwischen wäre unnütz gewesen, da für eine weggewischte Träne hundert neue flossen.
Sie fühlte nichts als Trauer und Leere in sich, konnte nur noch weinen und durch einen Nebelschleier von salzigen, verfluchten Tränen die StraÃe erahnen.
Das letzte, was sie sah, war das Auto, dass mit hoher Geschwindigkeit genau auf sie zuraste.